Eine kleine Machtmusik - Bericht aus dem Depot. René Block kuratiert Werke aus der Sammlung Essl

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INHALT

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Vorwort Prof. Karlheinz Essl

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Kurator René Block im Gespräch mit dem Sammlerpaar Agnes und Karlheinz Essl

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Werke der Ausstellung

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Werkliste

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Copyrights & Fotonachweise

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Impressum


Vorwort

Prof. Karlheinz Essl

Museumsdirektor, Galerist, Kurator, Sammler und Protagonist der deutschen Fluxus-Bewegung – das alles ist René Block. René Block hat die „Art Cologne“ mitbegründet, hat Biennalen in Sydney und Istanbul kuratiert und lange Jahre die Kunsthalle Fridericianum in Kassel geleitet. Nicht zuletzt gilt er als einer der bedeutendsten Förderer der deutschen Fluxusbewegung und hat Konzerte, Aktionen, Performances und Happenings mit Künstlern der internationalen FluxusBewegung veranstaltet. Neben Joseph Beuys sind das vor allem Nam June Paik und John Cage. Block: „Mich hat immer interessiert, was abseits des ‚Hauptstroms‘ – um einen Beuys-Begriff zu benützen – passiert.“ Schon früh entdeckt er Künstler, die heute Rang und Namen haben wie Gerhard Richter, Joseph Beuys, Nam June Paik und Sigmar Polke. Als 22-Jähriger eröffnet er in Berlin 1964 die Galerie René Block mit der Ausstellung „Neodada, Pop, Decollage, Kapitalistischer Realismus“. 1974 ruft Block unter der New Yorker Adresse 409, West Broadway in Soho eine Galerie

ins Leben. Er startet mit einer Aktion von Joseph Beuys mit dem Titel „I like America and America likes me“, bei der sich Beuys vier Tage lang mit einem Kojoten zusammen in der Galerie einschließt – was einem Grenzgang seiner physischen und psychischen Belastungsfähigkeit gleichkam. Wenngleich sich René Block in seiner New Yorker Galerie vorrangig den Fluxus-Künstlern widmet, konzipiert er dort 1977 eine Ausstellung mit dem Titel „The spirit of Vienna“, in welcher Werke österreichischer Künstler den Schwerpunkt bildeten. Mit vielen dieser Künstler, die Österreich in den 1960er- und 1970er Jahren verlassen und in Westberlin ein Exil gefunden hatten, gibt es Berührungspunkte, so lebt Block ein Jahr lang mit H. C. Artmann in einer Wohngemeinschaft in Berlin. Im selben Haus hat sich auch Christian Ludwig Attersee eingemietet. Häufiger Gast ist Gerhard Rühm, mit dem Block bei Ausstellungen und Soiréen eng zusammenarbeitet.

01 Nam June Paik, Charlotte Moorman, Fluxuskonzert, 1965. 02 Joseph Beuys, „Der Chef“ (Fluxusgesang), 1964.

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03 Fluxuskonzert 1967, Gerhard Rühm. Wolf Vostell, „Phänomene“, Happening, 1965. 04 H. C. Artmann mit J. Petersen (vorne stehend), Markus Lüpertz (im Auto). 05 Arthur Köpcke, „Music while you work“. Auf der Bühne: Emmett Williams (liegend), Al Hansen, Arthur Köpcke, Eric Andersen, Marianne Filliou, Robert Filliou, Carolee Schneeman, Tomas Schmit.

Noch bevor meine Frau und ich René Block kennenlernten, besucht er 2003 die von Harald Szeeman im Essl Museum kuratierte Ausstellung „Blut und Honig – Zukunft ist am Balkan“. Zur gleichen Zeit stellt Block als Direktor der Kunsthalle Fridericianum in Kassel die Ausstellung „In den Schluchten des Balkans“ zusammen, sozusagen eine Parallele zu unserer Schau. Man kann sagen, dass der Balkan auch jener Ansatzpunkt ist, der uns mit René Block zusammengeführt hat. Als wir im Jahr 2005 den „Essl Art Award for central and southeast Europe“ ins Leben rufen, ist es für uns nahe liegend, René Block einzuladen, an diesem Projekt als Vorsitzender der Jury mitzuwirken. Diese Aufgabe nimmt er mit großem Engagement, Sachkenntnis und viel Einfühlungsvermögen bis zum heutigen Tag wahr. Während dieser intensiven Zusammenarbeit ist in mir der Wunsch gereift, René Block zu bitten, eine Ausstellung aus den Beständen des Essl Museums zusammen zu stellen. Die Konzeption der Ausstellung geht vom Geist der FluxusBewegung aus und wird die österreichische Avantgarde der 1960er Jahre zum Inhalt haben, besonders den Wiener Aktionismus (Hermann Nitsch, Günter Brus, Otto Muehl). Aber auch KünstlerInnen, die im Umfeld dieser Bewegung gewirkt haben, wie z.B. Maria Lassnig oder VALIE EXPORT. Es sind auch einige Positionen vertreten, die in der Tradition des Wiener Aktionismus wirken, wie Franz West und Erwin Wurm. Der Titel „Eine kleine Machtmusik“ hat bei mir anfänglich Erstaunen hervorgerufen. Auf meine Frage, warum er gerade

diesen Titel gewählt habe, erwähnt René Block, dass er für seine Ausstellungen immer gerne Titel aus der Literatur bzw. der Musik auswählt, wie z.B. „Fremd bin ich eingezogen“, die erste Zeile aus Schuberts „Winterreise“, für seine letzte Ausstellung in der Kunsthalle Fridericianum. René Block: „So dachte ich nun, in diesem Zusammenhang, mit der Ausstellung hier in der Nähe von Wien, natürlich an Mozart, an seine beliebteste Komposition, ‚Eine kleine Nachtmusik‘, die beispielsweise in der Nationalgalerie Seoul 15 Minuten vor Schließung gespielt wird.“ Auf meinen Einwand, dass man vorsichtig sein muss, dass der Begriff „Macht“ nicht auch auf die Sammler übertragen wird, meint der Kurator: „Die Macht der Kunst auf unser Sehen und Handeln steht im Mittelpunkt, also die Macht des Bildes, die Macht des Kunstobjekts…“, und damit konnte ich mich dann auch völlig identifizieren. Ich danke René Block für seine Bereitschaft, die Ausstellung „Eine kleine Machtmusik“ im Essl Museum zu kuratieren. Diese Ausstellung verstehe ich als einen Höhepunkt unserer langjährigen freundschaftlichen Zusammenarbeit – ich bin von der Herangehensweise an das Thema bzw. der Auswahl und Zusammenstellung der Präsentation sehr beeindruckt. Andreas Hoffer hat die Ausstellung mit großer Umsicht und in Abstimmung mit René Block kuratorisch in allen Phasen begleitet. Ihm gilt ebenso mein Dank wie auch dem gesamten Museumsteam, sowie Johanna Weiß für die grafische Gestaltung des Katalogs. Karlheinz Essl

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Hermann Nitsch 38. Malaktion, Schรถmer-Haus, Klosterneuburg, 1996 Fotodokumentation: Heinz Cibulka, Installation von 20 Farbfotografien, je 70 x 49 cm

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Franz West Die Eisenbahner und ihre Gewerkschaft, 1974 - 1996 17-teilige Bilderwand

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Erwin Wurm Wittgenstein House melting, 2005 Aluminium, Acrylfarbe 68 x 68 x 60 cm

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Erwin Wurm Ohne Titel aus der Serie: „59 Stellungen“, 1992 C-Print (Videostills), je 50 x 70 cm

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