Abschlussbericht pfeifermobil andalusien

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!Andalusien!! Juni:Juli!2015!! !

Bri-a!Schmi-!&!Carles!Guisado! !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!www.duojoncol.com! !!!Gitarrenduo!


Zwei Monate in Andalusien mit dem PfeiferMobil Die spanische Musik ist ein Hauptbestandteil des klassischen Gitarrenrepertoires. Der Einfluss der andalusischen Folklore in Werken klassischer spanischer Komponisten wird vor allem in der Nutzung typischer Rhythmen und Melodiefragmente sowie in der Imitation der Gitarre, auch ihrer Spielweise deutlich. Seit der Gründung unseres Gitarrenduos „Duo Joncol“ beschäftigen wir uns mit diesem Thema und sind fasziniert von dem Einfluss des Flamencos auf die klassische spanische Musik. Mit einer zweimonatigen Reise durch Südspanien mit dem PfeiferMobil sind wir weiter in das Thema eingetaucht. Nach einer ersten Recherche-Phase in der Bibliothek der Escola Superior de Música de Catalunya in Barcelona mit ersten neuen Ideen und Kompositionsansätzen und einem Treffen mit der Flamencosängerin Anna Colom, haben wir im Naturpark Cabo de Gata in Almería mit neuen Transkription und Kompositionen begonnen. Die beeindruckende Landschaft des Naturparks und die Ruhe waren genau das richtige zu diesem Zeitpunkt. Von Cabo de Gata geht es weiter nach Granada – mit einem Zwischenstop im Museum von Antonio Torres in Almería, einem wegweisenden Gitarrenbauer aus dem 19. Jahrhundert und im „La casa del Poeta“, dem Haus des Dichters José Ángel Valente. In Granada sind wir verabredet mit der Flamenco-Dozentin des Konservatoriums. Nach einer Kennenlernphase ist ein fruchtbarer Austausch entstanden, wir treffen uns mehrere Male und erhalten vielfältiges Material und Antworten auf zahlreiche Fragen. Auch lernen wir weitere Flamencogitarristen und eine Tänzerin kennen, mit denen wir die Stadt erkunden. Granada beeindruckt uns mit seiner Atmosphäre, den kleinen, verwinkelten Gässchen und natürlich mit der Sicht auf und in die Alhambra. Am letzten Tag können wir noch das Museum von Manuel de Falla besichtigen, welches in seinem Wohnhaus zu Füssen der Alhambra liegt. Die Flamencogitarristen von Granada erzählen uns von der „Noche blanca del Flamenco“, einer Nacht, die der Flamencomusik gewidmet ist, mit zahlreichen Freiluft-Konzerten an wunderschönen Orten in Córdoba. Spontan entscheiden wir uns, das nicht verpassen zu wollen und machen uns auf den Weg Richtung Córdoba. Bei einem Zwischenstop in Linares besuchen wir das Museum von Andrés Segovia, dem berühmten klassischen spanischen Gitarristen, der die Gitarre in die grossen Konzertsäle gebracht hat und einen grossen Einfluss auf die Entwicklung des Instruments im 20. Jhd. hatte, zum einen durch seine Konzerttätigkeit, zum anderen durch seinen Kontakt zu Komponisten. Die „Noche blanca del Flamenco“ beginnt abends um 22:30 mit einem Konzert von El Pele, Dorantes und Farruquito. Beeindruckende Bühnenpräsenz lässt sich selbst aus der Ferne erkennen. Weiter gehen wir zu einem Konzert „Homenaje a Enrique Morente“, welches im Alcázar viejo stattfindet, wo auch Córdobas berühmte Patios (Innenhöfe) wegen der Noche blanca geöffnet sind. Estrella Morentes Konzert findet in dem wunderschönen Innenhof der Mezquita statt und lässt nur durch die vielen Orangenbäume mit der Sicht hadern. Bis um fünf Uhr morgens finden weitere Konzerte statt, allerdings ohne uns..


Am nächsten Tag machen wir uns auf Richtung Cádiz. Die Costa de la Luz ist, wie es der Name schon sagt, für ihr besonderes Licht bekannt. Wir machen den Anfang von der gegenüberliegenden Seite der Provinzhauptstadt und beginnen in Algeciras, der Geburtsstadt Paco de Lucías. Von dort aus geht es weiter Richtung Tarifa, ein schönes Städtchen, von dem man die afrikanische Küste sehen kann, was uns doch beeindruckt hat. Am Playa de Bolonia bestaunen wir alte Ausgrabungen und eine riesige Sanddüne und landen in Zahara de los Atunes, wo die besonderen Lichtverhältnisse uns absolut faszinieren. Seit einiger Zeit spielen wir das Stück „El Puerto“ von Isaac Albéniz, welches wir von der Klavierfassung für zwei Gitarren bearbeitet haben. Mit El Puerto bezieht sich Albéniz auf die Stadt „El Puerto de Santa María“. Schon vor Reisebeginn stand die Stadt auf unserer Wunschliste und war nun an der Reihe. Mit den Velos besuchen wir die Stadt, den Hafen und das Museum von Rafael Alberti, einem berühmten spanischen Dichter und Maler. Per Zufall entdecken wir eine Peña flamenca (ein Zusammenschluss von Flamencointeressierten zu einem Verein), die uns zu einer Veranstaltung am kommenden Tag einladen, bei der uns der Dichter Julio Rivera vorgestellt wird, der uns eines seiner Bücher widmet. Von El Puerto fahren wir mit der Fähre nach Cádiz, der wunderschönen Stadt, die der Region ihren Namen gibt. Zahlreiche Statuen und Kacheln mit Inschriften über Flamencomusiker und -tänzer prägen das Bild der Stadt. Später am Nachmittag sind wir mit einem Flamenco-Jazz-Pianisten verabredet, den wir zu seinem Konzert begleiten. Mit einem kurzen Zwischenstop in Sanlúcar de Barrameda ist die nächste Station Jerez de la Frontera. Jerez gilt als eine der Wiegen des Flamenco. Dank einer Empfehlung können wir uns auch hier mit dem Flamenco-Dozenten des Konservatoriums treffen, der uns zu verschiedenen Veranstaltungen führt. Interessant ist vor allem auch der Austausch über aktuelle und vergangene Künstler, von denen einige für uns eine wirkliche Entdeckung waren. Mit zahlreichen Hörbeispielen verlassen wir die Stadt in Richtung Córdoba, wo das berühmte Gitarrenfestival beginnt. Ein besonderer Zufall, dass das Festival in Córdoba in unsere Zeit in Andalusien fällt. Hier finden wir alles vereint: grosse Namen aus Klassik und Flamenco, sowie zahlreiche Workshops und Konzerte. Wir treffen Manolo Sanlúcar, José Antonio Rodríguez, Josemi Carmona, Pepe Habichuela, Jorge Pardo, Vicente Amigo, David Russell, Roland Dyens, Pablo Villegas, Manuel Barrueco. In Workshops und Gesprächen haben wir viel Zeit für Fragen und einen interessanten Austausch, der uns viel Inspiration und Material für die kommenden Monate bringt. Von Córdoba machen wir uns auf Richtung Huelva, die einzige Provinz Andalusien, die wir noch nicht kennen. Der Kontrabassist Pablo Báez, der in Córdoba das Konzert von Jorge Pardo gespielt hat, hat uns eingeladen, mit ihm den Tag zu verbringen. Wir treffen uns am Mittag auf einem Platz im Zentrum und landen etwas später in seinem Studio, wo wir zusammen den ganzen Nachmittag und Abend musizieren. Ein sehr schönes Erlebnis, welches wir hoffentlich bald wiederholen können.


Von dort fahren wir weiter in den westlichsten Zipfel Andalusien, direkt vor der Grenze Portugals und verbringen zwei Tage auf dem Campingplatz in Isla Cristina, wo wir uns intensiv mit neuen Transkriptionen und Kompositionen beschäftigen. Carles Guisados Stück „La Calita“ basierend auf dem Flamencorhythmus Soleá wird hier fertiggestellt. Über La Herradura an der Küste im Süden von Granada fahren wir nach Murcía. Die Peña flamenca de Cartagena hat für uns ein Mittagessen mit Antonio Piñana organisiert. Sein Vater, Flamencosänger, hat die Cantos de Levante, die Flamencogesänge der Region Cartagena, gesammelt und wiederbelebt. Antonio Piñana ist Flamencogitarrist, hat seinen Vater bei vielen seiner Aufnahmen begleitet und während einiger Jahre in Madrid im berühmten Tablao Torre Bermeja zusammen mit Lola Flores, Camarón, etc. gespielt. Ein Mann voller Geschichten und eine Ehre ihn kennenzulernen. Über Barcelona machen wir uns auf den Rückweg nach Luzern. Ein Zwischenstop in Genf und Neuchâtel helfen uns bei der Wiedereingewöhnung. Es waren zwei sehr intensive Monate, von denen wir noch lange zehren werden. Besonders interessant war die Suche nach den Inspirationen die beispielsweise Albéniz bei seiner Komposition Córdoba bewegt hatten. Welcher Rhythmus hat ihn inspiriert? Wie hat er versucht, dies auf das Klavier zu übertragen? Wie hat er versucht, die Gitarre zu imitieren? Wie können wir uns mit unserer Transkription auf die Gitarre der Quelle nähern? Erste Ergebnisse der Reise werden wir am 17. Oktober 2015 im Marianischen Saal in Luzern mit einem Konzert unter dem Titel „Joncol4 – Aires de Andalucía“ mit spanischer Musik für zwei Gitarren, Perkussion und Flamencogesang vorstellen. Vielen Dank an die Otto-Pfeifer-Stiftung für die Unterstützung unseres Vorhabens. Britta Schmitt&Carles Guisado Moreno www.duojoncol.com !



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