Juli-August 2014

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Geschäftlich hatte, zogen die Beiden ihr Ding durch, nachdem sie auf dem Sunderhof eine Bleibe gefunden hatten. Jutta Hartung: „Das passte genau für uns. Anders als auf einem Industriegelände können wir hier durch den Hofladen Synergieeffekte nutzen.“

UNTERNEHMEN DES MONATS

Inzwischen hat sich der Erfolg eingestellt, denn die Kunden haben Vertrauen entwickelt, weil alles transparent abläuft. Dafür sorgt auch der Computer: Böcke und Hartung haben sich ein eigenes Programm schreiben lassen, das auf ihre Arbeit abgestimmt ist. Es sortiert die Ware und listet jeden einzelnen Artikel auf. Es fertigt Formulare an, in dem der Verkäufer auch über seinen möglichen Gewinn informiert wird, nachdem die Käufer der Handelsleine den Gegenstand in Augenschein genommen und sich mit dem Verkäufer auf einen Verkaufspreis geeinigt haben. Danach wird die Ware ausgestellt. Nach Ablauf der Kommissionszeit von drei Monaten, wird der Verkäufer informiert, dass er zur Abrechnung vorbeikommen kann. Eine Besonderheit noch: Sollte ein Artikel im Wert von über 10 Euro nach zwei Monaten nicht verkauft sein, reduziert der Computer den Verkaufspreis automatisch um 20 Prozent. Die Abrechnung wird natürlich per Computer erstellt. Sie ist schnell und unkompliziert. Ist die Ware verkauft, erhält der Verkäufer 50 Prozent des Verkaufspreises, die Provision der Handelsleine beträgt ebenfalls 50 Prozent. Also alles transparent. Und das bei über 150.000 Einzelposten, also eine gewaltige Dimension. Alle zwei Wochen überprüft der PC den Gesamtbestand, also wird jede zweite Woche letztlich Inventur gemacht.

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Mittwoch, 9.30 Uhr in Rehmerloh. Noch ist es ruhig auf dem Sunderhof. Man muss aber sagen, es ist die Ruhe vor dem Sturm. Denn ab 9.45 Uhr füllt sich der Parkplatz und kurz nach 10 Uhr muss auch die Zufahrt von der Sunderhofstraße zu Parkzwecken genutzt werden. Der Großteil will zur Handelsleine, die nach einem langen Wochenende wieder geöffnet hat und zum Stöbern einlädt bzw. neue Ware bekommt, natürlich von Privatkunden, die von weither kommen, sehr viel aus dem Kreis Minden-Lübbecke, aus Bielefeld, Osnabrück und gar aus Münster, mittlerweile natürlich auch aus Kirchlengern und der Umgebung. Früher war das anders, da war es verpönt, in einen Trödelladen zu gehen und etwas zu kaufen. Das tat man lieber inkognito. Früher, das war im Dezember 1995, als die Hausfrau Solange Böcke aus Bad Oeynhausen und die Kinderkrankenschwester Jutta Hartung aus Kirchlengern die Handelsleine auf dem Sunderhof eröffneten, wo Wilhelm Obersundermeier ihnen einen alten Schweinestall zur Verfügung stellte. Inzwischen ist aus kleinen Anfängen eine Lager- und Verkaufsfläche von 1.500 Quadratmetern entstanden, denn auch eine Scheune ist integriert worden. Solange Böcke und Jutta Hartung lernten sich bei einem Skiurlaub in Österreich kennen. Die Idee, sich zusammen selbstständig zu machen, hatte Solange Böcke. Die gebürtige Französin: „In Frankreich gab es früher an jeder Milchkanne solch einen mehr oder weniger professionellen Trödelhandel, heute zumindest noch in jedem Dorf.“ Obwohl die Industrie- und Handelskammer ihre Zweifel

In der Handelsleine wird alles verkauft außer Bekleidung und großen Möbelteilen. Alles muss angeliefert werden, einen Holservice gibt es nicht. Das unterscheidet das Geschäft von den Recyclingbörsen, die aber auch finanziell unterstützt werden. Solange Böcke und Jutta Hartung sehen aber in den Recyclingbörsen keine Konkurrenz. Wenn man das Gewusel in der Handelsleine sieht, wenn angeliefert oder nach Herzenslust gestöbert wird, um ein Schnäppchen, angefangen vom Modeschmuck über Kronleuchter, alte Stehlampen und ausgediente Gitarren, zu ergattern, dann kann man sich vorstellen, dass die beiden Inhaberinnen das nicht mehr allein bewältigen können. Inzwischen sind im Schnitt täglich acht Personen im Einsatz, um das Geschäft weiter laufen zu lassen. In Verkauf und Verwaltung, zweifellos eine abwechslungsreiche Tätigkeit. Und alle waren mit Spaß bei der Sache, als die Elsestifte zu Besuch waren.


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