Eimsbüttel KW44

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AUS HAMBURGS WESTEN

MITTWOCH, 2. NOVEMBER 2011

Trommeln und Jazz

▼ PERSÖNLICH

„Ich hätte gesagt: Das kann ich nicht!“

Gertraud Lange pflegte ihren demenzkranken Mann bis zu dessen Tod CHRISTIANE HANDKE, ALTONA

W

enn man mir früher gesagt hätte: Das musst du mal machen, hätte ich gesagt: Das kann ich nicht. Aber man kann alles“, sagt Gertraud Lange (70) nachdenklich. „Das“ ist die Pflege ihre demenzkranken Manns bis zu seinem Tod vor zweieinhalb Jahren. Gertraud Lange unterstützt das Projekt „Dementenfreundliches Altona“ und wird am 9. November im Rathaus aus ihren Erfahrungen berichten (siehe Info-Kasten). Briefmarkenhändler Claus Prinzhorn war ein liebevoller, aufmerksamer Ehemann, seinen Freunden ein großzügiger und gebildeter Freund. 1995 heiratete er 65-jährig in zweiter Ehe Gertraud Lange. Als er 74 Jahre alt war, wurde festgestellt: Er ist demenzkrank. Gertraud Lange: „Die ersten Anzeichen gab es aber schon Jahre vorher: Dass er den Rasen nicht mehr mähte...“ Gertraud Lange steigen die Tränen in die Augen: „Ich dachte, er wollte nicht, dabei konnte er nicht“. Als die Diagnose fiel, war er schon nicht mehr in der Lage, sie zu begreifen. Doch noch immer war er der liebenswerte, freundliche Mann, den sie geheiratet hatte. „Aber er machte nichts mehr, saß nur stundenlang am Fenster und guckte in den Garten“. Bekannte meinten ihr zu helfen, indem sie ihr Demenz-Horrorgeschichten erzählten. Was wirklich geholfen hätte: Besuch von Freunden. Aber die blieben weg, waren verunsichert. „Eine Freundin sagte: ‘Mit deinem Mann kann man ja gar nicht mehr reden!’“ erzählt Gertraud Lange. Claus Prinzhorn wurde dreimal die Woche von einem Pflegedienst versorgt, ging zur Tages-

pflege. Doch im Grunde war das Paar in den schlimmen letzten Jahren auf sich gestellt. Der hochgebildete Mann konnte nicht mehr lesen. Er konnte nicht mehr unterscheiden, was er aß. Er war nicht mehr so reinlich wie vorher. „Manchmal bin ich ausgerastet, hab ihn angebrüllt. Ich hätte mehr Geduld haben müssen“, sagt sie und kann wieder die Tränen Gertraud Lange und ihr kleiner Hund Chico, den sie und ihr Mann 1999 in einem Italienurlaub von der nicht zurückStraße retteten. Foto: ch halten. „Es gab Momente, wo ich sehr verzweifelt war, weil ich nirgends abladen konnte, keine Stütze hatte.“ „Doch die Floskeln und Höflichkeiten Fremden gegenüber die hatte er noch lange drauf“, erzählt seine Frau. Deswegen weiß sie: „Unter uns leben viel mehr Demente, als wir wissen - sie sind Meister darin, eine Fassade zu schaffen.“

In Deutschland ist mit einem Anstieg der Demenz von heute 1,3 Millionen Betroffenen auf voraussichtlich 2,6 Millionen in 2050 zu rechnen. 2005 gab es in Hamburg 23.472 Demenzerkrankte, darunter 3.375 Menschen in Altona.

Mehr Verständnis für Demenzkranke und die Menschen, die mit ihnen leben Der Bezirk Altona soll dementenfreundlicher werden. Das Bewusstsein für diese Krankheit, die noch immer häufig versteckt und verschwiegen wird, soll geweckt werden und die Lage der Kranken, ihrer Angehörigen und Pfleger erleichtert werden. Das hat sich die Arbeitsgruppe „Leben im Alter“ vorgenommen und das Projekt „dementenfreundliches Altona“ gegründet. Zu einer öffentlichen Auftakt- und Informationsveranstaltung wird am Mittwoch, 9. November, von 14 bis 17 Uhr in den Kollegiensaal des Altonaer Rathauses, Platz der Republik 1, eingeladen. Experten werden zum Thema referieren; es gibt Infos zu Unterstützungs- und Entlastungsangeboten. „Leben im Alter“ weiß, dass die Betreuung und Pflege von demenzkranken Menschen oft sehr schwierig ist. Zudem wurde der AG bewusst, dass Ärzte, Apotheken, Pflegeeinrichtungen, Geschäfte, Banken und andere Organisationen aufgerufen sind, sich Gedanken zu machen, wie mit demenzerkrankten Menschen umzugehen ist. Das gilt auch für das bezirkliche Gesundheits- und Pflegewesen, die Geschäftswelt, die Feuerwehr, die Polizei und andere gesellschaftliche Gruppen. Interessierte sind herzlich eingeladen. In der Pause gibt es Kaffee und Kuchen. Die Veranstaltung ist kostenlos. Mehr Info gibt es unter 428 11 20 91. CH

AFC muss sich mit 1:1 begnügen ALTONA Im Oberliga-Heimspiel gegen Oststeinbek mussten sich die Fußballherren von Altona 93 mit einem mageren 1:1 begnügen. Der AFC war nach dem frühen Rückstand die dominierende Mannschaft, doch klare Torgelegenheiten blieben Mangelware. Beim 1:1 durch Sebastian Clausen war dann aber auch der gut aufgelegte OSV-Keeper machtlos. Die 93er reisen am Sonntag (14 Uhr, Sander Tannen) als Tabellenzweiter zum immergrünen Derby beim FC Bergedorf 85. RP

Culturhaus SternChance: Programm für kleine und große Gäste SABINE DEH, EIMSBÜTTEL

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ie Programmplaner vom Culturhaus SternChance haben ein Herz für kleine und große Kulturfreunde. In der kommenden Woche ist die Hexe Knickebein zu Besuch, auf der Bühne im Gastraum wird Djembe-Spiel geboten, außerdem zeigt Ludwig Geiß seine neue Fotoausstellung „Jazz im Schanzenviertel“. Aber zunächst gibt es für die Fans von Hexe Knickebein brandneue Hörgeschichten. Diesmal geht es um den Strickwolf der freundlichen Hexe. Darüber hinaus macht ihr ein neuer Verehrer den Hof und Knickebein konstruiert mit Hilfe ihres Roboters eine Zeitmaschine. Die Lesung beginnt am Sonntag, 6. November, um 15 Uhr im Norwegensaal. Der Eintritt kostet drei Euro Ebenfalls am Sonntag, 6. November, wollen Gabriel Daly, Egbert Scheunemann und Tapuac Mantilla mit ihrem dyna- Auch was für die Augen: Zur Musikreihe Jazz im Schanzenviertel gibt es Foto: pr mischen, kraftvollen Djembe- eine Ausstellung mit eindrucksvollen Fotos zu sehen. Spiel ihr Publikum auf der CaHut. tag, 7. November, ab 20 Uhr gefébühne im Gastraum Die Vernissage zu Ludwig feiert. Für die passende Musik begeistern. Das Konzert beginnt Geiß’ Fotoausstellung „Jazz im sorgt Tadeuzs Jakubowski. Der um 19 Uhr. Eintritt: Spende mit Schanzenviertel“ wird am Mon- Eintritt ist frei.


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