Franz der Dachs auf der Eisenstraße Südwestfalen

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Großvater Dachs erzählt

Die Abenteuer von Franz dem Dachs auf der Eisenstraße Südwestfalen


© Eisenstraße Südwestfalen Altena, 2014 www.eisenstrasse-suedwestfalen.de


Großvater Dachs erzählt Die Abenteuer von Franz dem Dachs auf der Eisenstraße Südwestfalen Eine Geschichte von Susanne Thomas mit Bildern von Gerhard Kania



Irgendwo und irgendwann in einem Wald in Südwestfalen: die Sonne schickt ihre letzten Strahlen über die Fichtenwipfel, die Tiere des Tages ziehen sich in ihre Höhlen zurück und überlassen den Wald den Tieren der Nacht. Die Vögel stellen einer nach dem anderen ihr Trällern ein und stecken ihre Köpfchen zwischen die Flügel. Allmählich senkt sich das graue Zwielicht über die grünen Berge und taucht die Landschaft in eine schläfrige Stille.



„Das ist für mich die schönste Zeit eines Dachstages,“ brummelt Großvater Dachs zufrieden und macht es sich wie jeden Abend behäbig auf seinem Lieblingsplatz, dem kleinen Mooshügelchen neben der Dachshöhle, bequem. Falls ihr euch mit Dachsen noch nicht so gut auskennt, müsst ihr wissen, dass ein Dachstag eine Menschennacht ist.



Wie jeden Abend sind auch seine beiden Enkelfrechdächse zur Stelle. Franz und Frieda lümmeln sich neben dem Großvater ins Gras und schließen genießerisch die Augen. In der Abendstille hört man nur die Blätter rauschen und … einen Regenwurm husten? Das arme Kerlchen hat sich wohl wegen des ewig feuchten und kalten Wetters eine dicke Erkältung geholt. Schlimm genug, aber schlimmer als ein Schnupfen sind für Regenwürmer Dachse, denn Dachse haben Regenwürmer zum Fressen gern.



Sofort und auf der Stelle ist Franz wieder auf den Beinen. „Großvater, mir fällt gerade ein, dass ich noch etwas Hunger habe!“ „Aber Kind, wir haben doch gerade erst leckere Beeren auf Mistkäferragout mit Mehlwürmerbeilage gefrühstückt! “ Franz reibt sich seinen kleinen dicken Dachsbauch. „Großvater, einen kleinen Nachtisch, einen ganz kleinen, winzigen und süßen Regenwurm. Regenwürmer sind doch unsere Lieblingsspeise.



„Fressdachs, du weißt doch, dass zu viel Eiweiß nicht gesund ist und mit der Riesenportion an Mistkäfern und Mehlwürmern hast du deinen Tagesbedarf dreimal abgedeckt. Vor allem, da du auch von meiner Portion genascht hast.“ Über ihre rosafarbene Brille hinweg schaut Frieda ihren Bruder vorwurfsvoll an.



Aber letztendlich halten Geschwister dann doch zusammen. „Großvater, erzähl uns doch nochmal, wie unsere Dachsfamilie in diesen schönen Bau im alten Hohlweg eingezogen ist?“ Mit großen neugierigen Augen rutscht Frieda näher an Großvater Dachs heran, dreht sich kurz um und zwinkert Franz heftig zu. Ob ihr ein Glühwürmchen in die Augen geflogen ist? Verständnislos und mit fragendem Gesicht schaut Franz seine kleine Schwester an. Frieda verdreht die Augen nach oben – manchmal ist der große Bruder echt begriffsstutzig.



Großvater Dachs hat von der stummen Unterhaltung der Geschwister nichts mitbekommen. Erfreut über so viel Wissbegierde holt er erstmal ganz tief Luft, um genug Atem für seine Geschichte zu schöpfen. Dann setzt Großvater zum Erzählen an: „Na, ich habe euch doch gestern noch..., aber schön, dass ihr euch so für unsere Familiengeschichte interessiert. Unsere Dachsfamilie lebt hier schon seit zehn Generationen, also seit knapp 200 Jahren…“



Damals sind Menschen tagein tagaus mit schwer beladenen Pferde- und Ochsenkarren hin- und hergefahren und die Karrenräder haben tiefe Spuren in die weiche feuchte Erde gegraben. Der viele Regen hat dann die Spuren noch weiter ausgehÜhlt. Auf diese Weise ist dieser Hohlweg entstanden, in dessen Hängen unser Dachsbau liegt.



“So ging das jahrhundertelang, bis sich die Menschen irgendwann entschieden haben, feste Wege zu bauen. Als der alte Weg aufgegeben wurde, hat euer Ur-Ur-Ur-Großvater in diesem Wegehang unseren Bau angelegt. Seitdem lebt unsere Familie hier und der Bau kommt mittlerweile auf stolze 30 Wohnkammern. Wisst ihr, euer Ur-Ur-Ur-Großvater hat... und mein Vater ...und ...“.



Der alte Dachs erzählt und erzählt. Mittlerweile hat sich die Dunkelheit vollkommen über den Wald gelegt, der Mond schickt sein gütiges und helles Lächeln durch die Blätterzweige und kitzelt Großvater Dachs keck an der Nase. Aus der Ferne hört man nur noch das Rauschen der Autobahn. Moment - nur das Rauschen der Autobahn? Sonst nichts? Kein Gezanke, kein Gekichere, kein Gemeckere, kein Gegrunze und Gerülpse? Verdutzt schaut sich Großvater um und schüttelt schmunzelnd den Kopf. Wie jeden Abend sind die zwei Frechdächse wieder ihre eigenen Wege gegangen - wie viele Generationen Dachskinder vor ihnen auch.



Übrigens fressen die Dachskinder den Wurm nicht auf. Franz hat Mitleid mit dem armen kranken Würmchen und nimmt es bei sich auf. Würmeken, wie das kleine Tierchen von Franz liebevoll genannt wird, lebt nunmehr in einer Blechdose in schöner, frischer und trockener Erde. Nun läuft die Nase nicht mehr ganz so schlimm.


Mehr zu der Dachsfamilie findest du auf der Homepage der Eisenstraße Südwestfalen: www.eisenstrasse-suedwestfalen.de Hier findest du auch tolle Programme und Veranstaltungen für Kinder in den Museen an der Eisenstraße Südwestfalen.


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