eigenart #76-80

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eigenart

eigenart #80 Juni 2011

AStA-Studierendenmagazin der Universit채t der K체nste Berlin Zur체ck in die Vergangenheit


herzlich willkommen in der vergangenheit.

Du hast die Gegenwart hinter dir gelassen und befindest dich im Jahr 1991. Ein wun­der­volles Jahr. Ein ereignisreiches Jahr: Das Rebhuhn ist Tier des Jahres, die ersten ICEs durchkreuzen Deutschland, während sich die deutschsprachigen Schwestern der Perpetuellen Indulgenz gründen. Ein ganzer Haufen Staaten, damals noch Teile der UdSSR, erklären ihre Unabhängigkeit, die Scorpions können daraufhin mit „Wind of Change“ einen Nummer-Eins-Hit landen. Zwangsläufig sterben Serge Gainsbourg und Miles Davis. Dafür erweckt die 5300 Jahre alte Gletschermumie Ötzi in Österreich zu neuem Leben und Nirvana veröffentlichen ihr Album „Nevermind“. Die Schweizer fei­­­ern 700 Jahre Eidgenossenschaft, in Deutschland dagegen fällt wegen des Golfkriegs der Karneval aus. In Berlin findet dafür die erste Mayday-Veranstaltung statt und Diego Maradona wird als Koksnase entlarvt. Außer­­dem wird das World Wide Web welt­­­weit zur allgemeinen Benutzung frei­­gegeben und die eigenart gegründet. Ein kleiner Kreis aus schreib- und kopier­ wütigen Studierenden hatte es sich 1991 zur Aufgabe gemacht, mit einem gefalteten Din A3 Blatt – in Xerox-Ästhetik – Informationen unter die Studierenden zu streuen. Sie nannten es EigenArten, wohl im Bezug auf die unzähligen, verwirrten HdK-Stu­ dierenden, und legten damit den Grundstein für die hier materialisierte Ausgabe #80.

Intro

Das haben wir zum Anlass genommen, nicht nur 20jähriges Jubiläum zu feiern, son­­­­­dern auch zu fragen, wie wir die Vergan­ genheit gestalten.

P.S.: Ausgabe 80? „Könnt ihr nicht

Einerseits erschaffen wir diese erst durch die Handlungen in der Gegenwart, andererseits formen wir das Vergangene immer wieder neu. Wie wir erinnern ist identitäts- und kulturstiftend; und damit auch immer Teil der Zukunft. Neben dem kulturellen Aspekt ist Erinnerung und Gedächtnis auch ein neurologischer, biochemischer Prozess im Ge­­hirn. Elektrische Signale durchlaufen Neuronen; Transmitter übertragen diese Signale an den Synapsen von einer auf die nächste Nervenzelle.

hat uns die Vergangenheit in Form von

zählen?!“ wird sich der ein oder andere fragen, denn die letzte Ausgabe zierte die Zahl 75. Mit einfacher­Addition haben wir keine Schwierigkeiten, nur vier bisher unbekannten Ausgaben ein­ geholt und damit sind wir jetzt weiter als gedacht.

Aus der Gegebenheit heraus eine Kunstuniversität zu sein, widmen wir uns im Heft vor allem den kulturellen Aspekten. Ihr habt uns Beiträge zum Thema Sammeln und Ausstellen, zu künstlerischer Intervention und (kunst-)geschichtlicher Auseinandersetzung geschickt. Die biologische Thematik haben wir aufgegriffen, indem wir die Gehirnforschung des 19. Jahrhunderts zitieren und deren Erkenntnisse im visuellen Teil den künstlerischen Arbeiten gegenüberstellen. Inzwischen sind wir schon lang wieder im Jahr 2011 angekommen, 1991 bleibt und ist Vergangenheit, aber ohne sie könnten wir jetzt nicht Geburtstag feiern. Prost! Eure Redaktion


inhalt

VISUELL

TEXTE

UNIVERSITÄT

BERLIN

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Intro Inhalt Holzhirn It‘s called tomorrow Flamethrower / The Ceremony Homeless Genesis Raumschiff Antik Auf den Punkt kommen Meine Chucks als Archiv „Sammler sind glückliche Menschen.“

Sich bedienen

Kunst zeigen Viel Zeit Hammer nicht

Kommunikation im Kontext „Junge war det een zeck“ Aus dem AStA Brilliant Void Jubiläum Im Rausch der Seiten Jubiläum Cover Jubiläum drucken und pressen Das Erbe Liebermann

Berlin. Damals Das olympische Dorf Bücher Termine & Infos make your own zine Impressum


V

visuell

„Ich erinnere mich noch lebhaft. Ich stand auf dem Klo und wollte’ne Uhr aufhängen. Der Beckenrand war nass; also rutschte ich ab und schlug hart mit dem Kopf auf. Als ich wieder zu mir kam, hatte ich eine Offenbarung... eine Vision! Ich hatte ein Bild in meinem Kopf! Ein Bild hiervon. Dieser Kasten macht Reisen durch die Zeit überhaupt erst möglich! Der Fluxkompensator!“

Von was spricht der Doc im Film „Zurück in die Zukunft“ eigentlich? Von einer Zeitmaschine oder von seinem Hirn? Jedenfalls kann man mit beiden Apparaten in die Vergangen­ heit reisen. Oder in die Zukunft. Wir haben dazu die Bilder, denen wir Zitate der Gehirnforschung aus dem 19. und 20. Jahrhundert gegenüberstellen.


Frank Förster, Holzhirn, 2011


„Schon wenn wir mittels der Erinnerung an unsere Vergangenheit, jener Fähigkeit, die wir als ein gewolltes und gekonntes Neuauf­ leuchten aller der Ganglien bezeichnen müssen, welche bei einem früheren, einmal gegenwärtigen Ereignis direkt in Flammen­ zeichen aufglühten, an unser Ich in solch einem rückwärts gelegenen Moment hin-­ zureichen versuchen, so schwebt schon um dies vergangene Ich ein Nebelschleier, eine verdunkelnde Wolke des Gewesenen herbei zwischen dem Jetzt-Ich und dem von damals.“ Carl Ludwig Schleich: Das Ich und die Dämonen, Berlin: Fischer Verlag, 1920 S. 28f

Josephine Hans, it’s called tomorrow, 2011


ďœ¸

Chie Ying, The Ceremony of Burial, 2010


„Das Gedächtnis verbindet die zahllosen Einzelphänomene zu einem Ganzen, und wie unser Leib in unzählige Atome zer­ stieben müsste, wenn nicht die Attraktion der Materie ihn zusammenhielte, so zerfiele ohne die bindende Macht des Gedächtnisses unser Bewusstsein in so viele Splitter, als es Augenblicke zählt.“ Ewald Hering: Über das Gedächtnis als eine allgemeine Funktion der organi­ sierten Materie. Leipzig: Akademische Verlagsgesellschaft, 1870

Chie Ying, Flamethrower and the Attacking Action in the Distance, 2009


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Florian Reimann, Homeless, 2009-2010


„Das Gehirn, ringsum in Schädelknochen eingemauert, ist das unzugänglichste aller Organe; noch verborgener ist sein innerer Bau: am dunkelsten aber ist sein Leben. Denn, selbst ein Körperliches, äussert das Gehirn keine eigenmächtige Bewegung, keine unmittelbare Bildung oder Umwandlung von Stoffen, kurz, keine materielle Tätigkeit, durch welche es in das Leben der übrigen Organe eingriffe; selbst ein Ge­genstand der äussern Sinne, übt es nur eine innerliche Wirksamkeit aus, die wir teils nur durch Folgerungen aus sinnlichen Beobachtungen mittelbar erreichen, teils nur in unsrem Bewustseyn inne werden. Dieses Innewerden selbst aber, diese Gemeinschaft unsres Ichs mit einem körperlichen Dasein, diese Verknüpfung des Denkenden mit einem Raumerfüllenden scheint einen Wi­derspruch zu enthalten, dessen Lösung vielleicht unsre Kräfte übersteigt.“ Karl Friedrich Burdach: Vom Baue und Leben des Gehirns. Leipzig: Dyk, 1826

www.florianreimann.com

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genesis Text: Jonas Hofrichter

Am Anfang war das Licht. Dann verlegte Gott Fließestrich. Keine einfache Bodenausgleichsmasse, deren geringe Belastbarkeit keinesfalls seinen Ansprüchen genügt hätte. Nein. Denn die Sonne, die zuvor entstanden war, schimmerte heilig aus dem Him­­melszelt und ermunterte Gott zu handwerklich hochgradiger Wertarbeit. Die Mörtelwanne war schon aufbereitet und Gott goss. Wasser goss er in die körnige Masse, die er zuvor aus ihren Säcken befreit hatte und zärtlich schöpfend mit seinen Fingern durchkämmt hatte. Durchkämmt hatte er die Körner und Spaß hatte es gemacht. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, wo man nur noch schluckweise goss. Das tat auch Gott. Klack und klack. Mit diesen Lauten öffnete Gott den Kunststoffkoffer und entnahm ihm die feuerrote Hilti. Das war kein Kinderspielzeug. Der Quirl wurde eingespannt. Klackend schnalzte das Bohrfutter, als es das Aufnahmeende des Quirls in sich verschlang. An dieser Stelle sei festgehalten, dass Gott natürlich den Quirl, der über ein zylindrisches Ende verfügte, keinesfalls direkt in das Bohrfutter der Hilti stecken konnte. Manche Dinge gingen einfach nicht. Schließlich handelte es sich um einen Kombihammer mit SDS-Plus-Aufnahme, der mit zylindrischen Quirlenden über alle Maßen inkompatibel war. Ein Adapter mit Zackenkranzbohrfutter musste her und erfüllte seinen Zweck. Gott benutzte keinen Betonmischer. Soviel stand fest. Es ging ihm um Hingabe bei der Schöpfung. Und Estrich galt es zu verlegen. Eimer für Eimer. Schluck für Schluck. Nun quirlte die Hilti in Gottes Händen. Gott, was war das für ein Genuss. Erst hatte Gott überlegt, ob eine andere Maschine es nicht auch getan hätte. Doch jetzt wo er es quirlen ließ, da wusste er,

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dass er die richtige Wahl getroffen hatte. Irren war ohnehin nicht sein Stil. Gerade bei der Schöpfung bot es sich an, alles richtig zu machen. Und da Gott zu Anfang ja das Licht erschaffen hatte, hatte er eine gesunde Basis für mehr geschaffen. Dieses herrlich helle Licht war wahrlich eine Grundlage für schöpferische Arbeit, die Spaß machte und wach hielt. In Windeseile hatte sich Gott in eine meditative Arbeitswut hinein­begeben, die es ihm ermöglichte, ohne jede Ermüdung und vol­­ler Eifer fortzufahren. Nicht einmal die Spur von Langeweile schlich sich ein, als Gott eine Mörtelwanne nach der anderen vorbereitete, wässerte und quirlte, um im Anschluss ihren gesamten Inhalt mit göttlicher Gleichmäßigkeit über die Erde zu verteilen. Dunkelgrau schimmerte das wässrige Gemisch und Gott wusste, dass es unbedingt nötig war, den Fließestrich zu verdichten. Die Rüttelplatte dröhnte, weil Gott sie dröhnen ließ. Es störte ihn dabei kein bisschen, dass die Vibrationen, die durch seine Arme strömten, keinesfalls von ihm selbst ausgingen, sondern von der Rüttelplatte. Denn Gott war genügsam in seinem Schaffen. Hätte er es anders herum lieber gehabt, so hätte er es geschehen lassen. Sicherlich hätte er die Rüttelplatte tausendmal so stark durchrütteln können, wie sie es mit ihm tat. Doch wozu hätte er eine Rüttelplatte verwenden sollen, wenn er derselben an dieser Stelle nicht den ihr eigenen, natürlichen Freiraum zum Rütteln gewährt hätte? Gott war nicht unbarmherzig und ließ die Maschine in ihrem unruhigen Wesen deshalb unangetastet. Er akzeptierte sie in ihrer Nützlichkeit und gab sich selig ihrem Rütteln hin. Dass Gott vor dem Verlegen des Estrichs natürlich die Erde mit all ihrer Masse und Schönheit geschaffen hatte, dürfte sich wohl von

Lola Göller, Raumschiff Antik, 2010

selbst erklären. Dieser Punkt wurde übergangen, weil sich der kluge Leser ja im Stillen denken kann: Ohne Erde kein Fließestrich und ohne Estrich keine Sonne. Und wie Gott dort nun schuf unter der Sonne, die da schien, da merkte er in seinem Arbeitseifer um ein Haar nicht, dass er den dünnflüssigen Beton schon auf dem gesamten Teil der Erdoberfläche ausgebreitet hatte, der nicht dem Wasser gehörte. Und Gott sprach, als ihn diese Erkenntnis traf wie ein Donnerschlag: „Jetzt bin ich fertig für heute.“ Sieben Tage brauchte der Estrich, bis er soweit ausgehärtet war, dass er begehbar war, und über alles Weitere nachgedacht werden durfte. Dann kamen die Dinosaurier.

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„Unser vergangenes Ich, der Versuch ihm nachzudenken, scheitert an der Vergeblich­ keit, unser Ich aus verzuckten Phasen zu rekonstruieren. Es ist eine Grenze der Erinnerung da, wo eben noch kein volles Ich­bestand, resp. wo es scheinbar, wie in Milliarden Fällen, so unbeteiligt war, dass wir keinerlei Erinnerungen an dennoch sicher Erlebtes mehr besitzen […]“ Carl Ludwig Schleich: Das Ich und die Dämonen, Berlin: Fischer Verlag, 1920, S. 28f

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Daniel Kupferberg, Auf den Punkt kommen, 2008


T texte

„Marty! Ich habe die Zeitmaschine nicht erfunden um Profitstreben zu unterstützen. Sondern mein Ziel ist es, neue Erkenntnisse über die Menschheit zu sammeln. Wo wir waren, wo wir hingehen. Die Probleme und die Möglichkeiten, die Gefahren und die Versprech­ungen. Vielleicht sogar eine Antwort auf die allumfassende Frage: Warum?“ Diese letzte Frage werden wir dem Doc aus „Zurück in die Zukunft II“ nicht beantworten können. Eure Auseinander­ setzungen wie wir unsere Vergangenheit gestalten, generiert auf den folgenden Seiten immerhin ein paar Erkenntnisse über die Menschheit.


meine chucks als archiv EIN

ERZÄHLTHEORETISCHER

ZUGANG

ZU

DINGKULTUR

UND

MATERIALWISSEN

Text: Lea Gimpel

Meine zwölf Jahre alten Chucks, in denen ich meine ersten Schritte in der Welt der Erwachsenen getan habe, tragen Wis­sen. Sie sind Zeugen einer Zeit, in der erste Zigaretten von mir geraucht wurden und die Welt zur Eroberung offenstand; in der Gerhard Schröder Bundeskanzler werden sollte, Wikipedia gerade im Entstehen begriffen war und so etwas wie ein iPhone Lichtjahre entfernt schien. Meine Erlebnisse und damaligen Gedanken lassen sich an diesem ausgelatschten Paar Schuhe wortwörtlich ablesen: Zitate und Symbole finden sich überall auf den Schuhen. Die Chucks sind aber mehr als das: Sie haben ihre eigene Geschichte vom Basketball­­schuh zu Beginn des 20. Jahrhunderts, über den Punk der 70er bis zur Mainstream-Mode der Gegenwart. Zu der Zeit, als ich sie leidenschaftlich­getragen habe, verstand man sie in meinem Umfeld als krude Mischung linker Popkultur und Konsumkritik, Vintagestyle und Reminiszenz an Bands wie die Ramones; das Bekritzeln der Schuhe selbst war so ein Zitat. All das sagt schon eine Menge darüber aus, wie ich mich damals gesehen habe und wie ich mich heute sehe – in einer anderen Zeit hätte ich zu den Chucks eine andere Geschichte erzählt.

e i n d i n g. v i e le g e sc h i c h ten  — Objekte wie diese könne Wissensträger sein: Sie geben Auskunft über unser Selbst(bild) der Vergangenheit und von heute, aber auch über eine ganze Generation von Chucksträgern. Der Vergleich von vielen persönlichen Geschichten zu einem Paar Chucks würde Interessantes zu Tage fördern, das mehr ist als die Summe seiner Teile: Die Befindlichkeiten einer Konsumentengruppe, zusammengefasst in Gemeinsamkeiten und Differenzen. Unter erzähltheoretischen Gesichtspunkten ist der Ansatz, Dinge nach ihrem Wissen zu befragen, neu: Schlossen die Strukturalisten in den 60er Jahren alles Nicht-textliche wie Bilder, Filme, Musik und Theaterstücke noch von einer Definition von Erzählungen und damit per se von einer Untersuchung als Wissensträger aus, so ist heute die Leitfrage des zeitgenössischen kulturwissenschaftlichen Diskurses für die Inklusion oder Exklusion von Dingen unter dem Begriff der Erzählung eher, ob ein Ding von einem Gegenüber eine narrative Antwort evozieren kann. Das heißt, gefragt nach der persönlichen Bedeutung eines Objekts, kann der Antwortgebende eine Geschichte erzählen, in der Ereignisse chronologisch geordnet und kausal miteinander verbunden werden. Meine Chucks erzählen beispielsweise eine Geschichte von Freundschaft, die in der Schule begann, sich bald im Szene­viertel der Stadt fortsetzte und bis heute reicht.

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Es kommen Konzerte und durchgetanzte Nächte darin vor, erste Verliebtheiten und gebrochene Herzen, Zigaretten, Alkohol und kleine Notlügen gegenüber den Eltern.

das wis s en der din ge  — Unter diesen Vorzeichen werden alle semantischen Objekte zu potenziellen Wissensträgern und können einer Analyse unterzogen werden. Also Objekte der Mode wie meine Chucks oder das iPhone, das die halbe Menschheit vor sich her trägt – aber auch Architektur, Websites und vieles mehr. Unsere Gegenwart, in der die Fähigkeit zu konsumieren über die Zugehörigkeit zur Gesellschaft entscheidet und das Kaufen von Gütern mehr denn je über den Wert des Produkts „Selbst“ entscheidet, das an den Markt gebracht werden muss, ist geprägt von einer Dingkultur. Durch die Materialität der von ihr hervorgebrachten Objekte bietet sich uns ein unüberschaubares Repertoire möglicher Wissensquellen.

das din g un d das s elbst — Daraus ergeben sich mehrere Schlussfolgerungen: Die Dinge, mit denen wir uns umgeben, ­ sind „Schöpfer der Menschen“, wie der Anthropologe Daniel Miller so schön sagt. Ihr Besitz manifestiert durch ihr Produktversprechen unsere Beziehungen zur Welt und dient uns als Instrument der Identitäts­konstruktion, Präsentation und Selbstreflexion. Nach der Bedeutung unserer Besitztümer befragt, spiegelt unsere Geschichte zu den Dingen unseren gegenwärtigen Selbstentwurf in Relation zur Vergangenheit wider. Denn diese Besitzgeschichten sind immer retrospektiv, sie beginnen mit dem Erwerb des Objekts oder manchmal sogar davor. Gleichzeitig werden sie von einem Standpunkt in der Gegenwart erzählt, sodass sich die Geschichten im Er­­­zählen verändern, da Motive und Gedanken von damals im Licht von heute erzählt werden. mi t er zäh lung en ordnen  — Die kognitive Erzählforschung hat in solchen persönlichen Geschichten ein Moment der Glorifizierung entdeckt, das durch unser Bedürfnis nach Kohärenz und Kau­salität entsteht. Diese Sinngebung und die logische Verknüpfung von Ereignissen, die vielleicht nicht viel miteinander zu tun haben, hilft uns darüber hin­wegzusehen, dass die Welt um uns herum chaotisch ist. Mit unseren Geschichten zu den Dingen und zu unseren Erlebnissen ver­suchen wir, unserem Dasein im An­­gesicht des Chaos der Welt Sinn zu geben. Deswegen wird so oft von den „gu­ten, alten Zeiten“ gesprochen, aus denen die Dinge stammen. Sie sind Zeu­gen der Zeit ihrer Produktion und Ver­wendung, denn hinter dem Rücken des Produ­zenten und Verwenders schreibt sich in die Geschichte des Dings unbemerkt die Gegenwart ein. Gesellschaftliche und persönliche Nutzungskontexte werden ebenso dokumentiert wie die Einschreibungen des Produzenten, der ein Ding mit Bedeutung auflädt und mit einer Nutzungsintention versieht. Unsere narrative Antwort lässt sich dann nicht nur von unserem individuellen Erleben, sondern auch von der Produktionsintention der Dinge leiten, wie beispielsweise dem Produktver­ sprechen und der Produktpräsentation. Das Unter­nehmen Converse Inc. verkauft heute beispielsweise Chucks, auf denen das Anarchiesymbol der Punks bereits aufgenäht ist. Umwertungsund Aneignungs­prozesse der Marke wie sie in den 70ern durch die Punks stattfand oder in den 90ern von Teenagern wie mir, stehen damit unter stark veränderten Vorzeichen.


Unter diesen Voraussetzungen wird jedes persönliche Ding zu einem Dokument, welches das Potential einer persönlichen Er­zählung ­ birgt. In ihrer Gesamtheit bilden unsere persönlichen Gegenstände individuelle Archive. Da sich Archive nicht durch einen ungehemmten Sammelreflex auszeichnen, sondern die Selektion vielmehr eine entscheidende Funktion von Archiven ist, gibt die An- und die Abwesenheit der Dinge bereits eine Auskunft an sich. Wir nennen diese Auswahl dann „Erinnerungsstücke“.

w ie w i r aus w äh len  — Mit Bezug zur Kunsttheorie von Boris Groys lässt sich unsere Auswahl mit einem Abwägen des Neuen gegenüber dem bereits Vorhandenen erklären. Groys unterteilt die Welt in kulturelle Archive, dem materialisierten Ge­dächt­nis einer Gesellschaft, und den profanen Raum, der frei von Archiven ist. Ein Ding wird für das kulturelle Archiv ausgewählt, „wenn es nicht einfach nur für irgendein bestimmtes indivi­duelles Bewusstsein neu ist, sondern wenn es in Bezug auf die kulturellen Archive neu ist“, so wie etwa Duchamps „Fontaine“. Kunstgeschichte ist deswegen die unendliche Geschichte neuer Aneignungen aus dem unerschöpflichen Raum des Profanen. Das Neue ist dann immer die Übertretung einer vorhandenen Wertgrenze. Für das Aufbewahren unserer persönlichen Dinge lässt sich da­raus ableiten, dass wir etwas gekauft und eventuell aufgehoben haben, weil sie eine neue Geschichte über uns und die Welt er­zählen. Andere werden aussortiert, weil sie zu profan sind und eine redun­dante Geschichte erzählen.

kon t e x t w i s s e n i n mu seen  — Die Museumswissenschaft hat bereits ein Interesse am Wissen der Dinge. In klassischen Heimat­­museen findet man beispielsweise eine Auswahl von Alltags­gegenständen, die durch ihre Repräsentationsfunktion Auskunft über frühere gesellschaftliche Kontexte und lokale Entwicklungen

Illustration: Lasse Wandschneider, 2011

geben sollen. Seit einigen Jahren stellt zudem das Museum of Broken Relationships in Zagreb Überbleibsel zerbrochener Beziehungen aus – hier werden auch die persönlichen Geschichten der früheren Besitzer zu ihrem Objekt dokumentiert, um die Bedeutung der Dinge im Kontext der Beziehung nachvollziehbar zu machen.

er zählun gen er fors c hen  — Das Materialwissen der Dinge, das sich in ihrer Anwesenheit manifestiert und das in nar­rativen Antworten weitergegeben wird, kann aber erst von echtem Interesse sein, wenn sich daraus mehr als eine individuelle Geschichte gewinnen lässt. Der Vergleich vieler narrativer Antworten auf ein und dasselbe Ding und ihre Einbettung in den gesellschaftlichen Diskurs könnten einen solchen Ansatz fruchtbar machen. Es ließe sich ein Mosaik von Lebensent- und -verwürfen erstellen, das Ant­wort auf eine entscheidende Frage geben kann: Wie sich gesellschaftlicher Wandel in der Dingkultur vollzieht und in den Lebens­entwürfen der Menschen reflektiert. Eine Nutzbarmachung dieses Ansatzes über die Museumswissenschaft und ihre verwandten Bereiche hinaus wäre dann beispielsweise als Komplement zu den quantitativen Methoden der Sozialwissenschaften zu denken und ließe sich im Kontext der Kulturwissenschaft etablieren. Weiterlesen:

Moritz Baßler, Die kulturpoetische Funktion und das Archiv. Eine literaturwissenschaftliche Text-Kontext-Theorie. Tübingen: Francke Verlag, 2005 Boris Groys, Über das Neue, München: Carl Hanser Verlag, 1992 Daniel Miller, Der Trost der Dinge, Berlin: Suhr­­kamp Verlag, 2010 Lea Gimpel studiert Gesellschafts- und Wirtschafts­ kommunikation und forscht für ihre Diplomarbeit zum Thema „Erzählungen als Wissensquelle“.

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Zahnspangen-Sammlung von Norbert Jakobsen, Foto: Katrin Gruber


„sammler sind glückliche menschen.“ EIN

EXKURS

IN

DIE

WELT

DER

SYSTEMATISCHEN

AUFBEWAHRUNG

Text: Katrin Gruber

innerhalb der Gesellschaft anhob. Schon vor 40.000 bis 60.000 Jahren tauchten die ersten privaten Sammlungen auf. Die Bewohner einer Höhle in Frankreich haben Muscheln, Fossilien und Bleikristalle in ihrer Höhle zusammengetragen. Nichts von den Dingen hatte einen Gebrauchswert – man konnte sie weder essen, noch als Werkzeug benutzen, aber sie waren schön. Heute ist diese Art der Sammlung nicht mehr nötig, trotzdem lebt es in unseren Genen weiter fort. Evolutionär gesehen unnötig, doch menschlich verhaltenstypisch und vielleicht sogar notwendig.

akkumul ation un d ästhe tik  — Grob lässt sich das

Begegnungen mit Sammlern hinterlassen Spuren. Man beneidet sie ein wenig. Ihr Tun und ihr Leben scheinen erfüllt. Sie sind getriebene und zugleich zufriedene Menschen, denn Sammler haben keinen Zweifel daran, dass das, was sie tun, seine Richtigkeit und seine Berechtigung hat. Trotzdem wirken sie oft zurückhaltend. So als würden sie sich fragen, ob es jemand wert ist, ihre Schätze kennenzulernen. In das Universum eines Sammlers einzudringen, ist immer Schock und Glück zugleich. Eine Sammlung ist Hort unzähliger Erinnerungen, der rote Faden einer Biografie, das Rückgrat eines Lebens. Sammeln ist eine Leidenschaft, sie ist Sehnen und Bedürfnis, mitunter gar Besessenheit. Etwas zu finden, zu ordnen und zu bewahren bedeutet, die Dinge zu würdigen und sie vor dem Verschwinden zu retten. Wer systematisiert, setzt die Dinge untereinander neu in Beziehung, lässt so im Unübersichtlichen eine Ordnung erkennen und verleiht in der Anhäufung auch Wertlosem eine eigene Qualität. Sammeln ist Sisyphusarbeit. Es endet niemals. Und das macht das Glück des Sammlers aus.

u r spru n g de s s ammel ns  — Man könnte sagen, dass der Sammlertrieb tief in den Genen sitzt, da schon in der fernen Urzeit für die kalten Winter gesammelt und gehortet wurde. Wer am meisten gesammelt und gut gelagert hat, konnte sicher den Winter überstehen. Bei der Jagd fielen ausserdem viele Nebenprodukte wie Felle und Knochen an. Die Felle dienten als Kleidung und aus den Knochen konnten Werkzeuge hergestellt werden. So wurden auch Waffen und Felle gesammelt und getauscht. Als Medizin wur­den Kräuter gesammelt. Damit waren diejenigen, die viel angesammelt hatten, klar im Vorteil und wurden von den anderen geachtet. Bald darauf stellte der Mensch auch Schmuck her. Schmuck war ein Statussymbol, das Menschen, die viel davon hat­ten, in ihrer Stellung

Sammeln in zwei Kategorien einteilen. Da wäre zum einen die Samm­lung, die einzig damit beschäftigt ist, Gleiches zusammenzuhorten, ohne zu differenzieren, inwiefern sich diese Gleichen unter­scheiden. Frei nach Manfred Sommer, Professor für Philosophie in Kiel, wird dies als akkumulierende Sammlung bezeichnet. So zu finden bei der Müllsammlung oder beim Anhäufen von Klei­dungs­ stücken. Viele Menschen sind der Meinung, dass sie nicht zur Gruppe der Sammler gehören, weil ihnen gar nicht bewusst ist, wieviel sie im Alltag sammeln. Sei es der Müll im Mülleimer oder Bonuspunkte auf der Payback-Karte. Die zweite Art des Sammelns, das ästhetische Sammeln, ist eine ganz bewusste Tätigkeit, deren letztendliches Ziel es ist, möglichst viel Gleiches zusammenzutragen. Dabei achtet der Sammler sehr genau darauf, welche Unter­schiede zwischen seinen doch gleichen Objekten bestehen. Diese kleinen Unterschiede machen die Objekte für seine Sammlung­so begehrenswert und einzigartig. Von jedem Objekt möchte er genau eines seiner Sammlung zuordnen. Zwei völlig Gleiche könnte er nicht gebrauchen, es sei denn, er kennt Menschen, die das Gleiche sammeln wie er, so kann er die Doppelten zum Tauschen benutzen. Das was beide Sammlungen miteinander verbindet ist die Tatsache, dass Dinge, die sich vorher weit verstreut im Raum befunden haben, nun zusammen sind. Der Unterschied ist die Erhaltung. Während eine akkumulierende Sammlung nur für kurze Zeit erhalten wird – vom Müll trennt man sich und die Bonuspunkte löst man ein – haben ästhetische Sammlungen das Ziel, alles Gesammelte zu erhalten und vor dem endgültigen Verschwinden zu bewahren. Ein weiterer Unterschied ist der Nutzen. Die akkumulierende Sammlung ist immer von einer Nützlichkeit gekennzeichnet, was man von einer ästhetischen Sammlung nicht behaupten kann. Hier verliert der Sammelgegenstand seine eigentliche Funktion. Man sammelt keine 1000 Radios, weil man soviel Radio hören möchte, aber man sammelt Bonuspunkte, weil man sie später einlösen möchte.

die kun st de s s am m eln s  — Oft sammeln wir Dinge nur, um sie anderen zeigen zu können. Wollen wir dies öfter tun, müssen wir die Dinge mitnehmen, nach Hause tragen und ihnen einen Platz in unserer Nähe geben. Nicht zuletzt, weil wir die Hoffnung in uns tragen, dass auch wir durch das her- und vorzeigen von Absonderlichem und Kuriosem als beson­deres Individuum betrachtet werden. Doch inwiefern geht es dem Sammler ums Herzeigen und Präsentieren? Werden die Dinge wirklich immer und immer wieder hervorgeholt, um sie zu betrachten und sich an ihrer Schönheit, an ihrem besonderen Wesen, ihrer Abnormität schauend zu berau-

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„Waffensammler sind Menschen wie alle ande­ren auch. Sie wollen nur diese Art von Kultur­gütern erhalten. Die Waffen sind Teil der Zeitgeschichte und müssen genauso aufgehoben werden.“ Hans-Peter Schmid 653 Waffen: Hans-Peter Schmid bewahrt seine Sammlung im Keller auf. Der Raum ist mit einer 15cm dicken Panzertür gesichert. Um die Tür zu öffnen, muss man einen fünfstelligen Code eingeben. So wie es in Deutschland vorgeschrie­ ben ist. In seiner Sammlung findet man Waffen aus beiden Weltkriegen, denen man deutlich ansieht, dass sie dort auch zum Einsatz kamen. Herr Schmid verbringt seine ganze Freizeit mit dem Ordnen, Archivieren und Säubern der Waffen. Außerdem ist er der Vorsitzen­ de des Kuratoriums zur Förderung von

schen? Ist es nicht viel wichtiger zu besitzen? Sammeln und Ordnung sind untrennbar miteinander verbunden. Und Ordnungsprinzipien sind so zahlreich wie die zu ord­nen­den Sammlungen, sie sind höchst individuell und verraten über den Ordnungsschaffenden vielleicht mehr als seine eigentliche Sammlung. Auch dem Chaos kann eine Ordnung zu­­grunde liegen, die nur von ihrem Verwalter begriffen und genutzt werden kann. Am Anfang einer Sammlung ist ein Ordnungssystem noch nicht von Nöten. Aber bald werden es mehr und mehr Sammelobjekte und der Sammler macht sich Gedanken wie er seine Samm­lung am besten ordnen und katalogisieren kann. Wichtig ist dabei, dass das Ding einen Namen hat und eine Nummer. Oft kommen dann noch Kategorien wie Alter, Farbe und Grösse hinzu. Auch der Faktor Zeit spielt beim Sammler und Sammeln eine grosse Rolle. Zuerst muss der Sammler das Objekt seiner Begierde finden. Sei es auf Flohmärkten, Börsen oder im Internet. Wenn er es erworben hat und nach Hause bringt, wird es erst einmal er­forscht. Er hat Fachliteratur zu Hause in der er den Gegenstand nachschlagen und sich darüber informieren kann. Dann wird der Gegenstand katalogisiert und in seine Sammlung eingeordnet.

historischen Waffen, schreibt regel­ mäßig Fachartikel und organisiert

j eder sam m elt an ders  — Nicht nur die Sammlungsobjek-

Ausstellungen. Seiner Meinung nach

te können kategorisiert werden, auch Sammler lassen sich in verschiedene Sammlertypen einteilen: Der historische Sammler sammelt aus historischen Gründen. Der Reiz liegt am Erkennen geschichtlicher Zusammenhänge, welche durch die Sammelobjekte veranschaulicht werden. Je älter ein Objekt, desto wertvoller erscheint es in seiner historischen Bedeutung. Der idealistische Sammler sammelt Dinge, die im Laufe der Zeit in einer hochentwickelten Konsumgesellschaft anfallen, um sie aufzuheben, damit sie aufgehoben sind, denn sonst würden sie in den Müll wandern. Dieser Sammler achtet nicht auf den Wert, er hat einfach Freude am Erhalten eines Objektes, welches einen Teil der Geschichte darstellt. Der Wert-Sammler ist ein Händler, der immer auf der Suche nach einem Schnäppchen ist, um diese dann an oft schon bekannte Sammler mit Gewinn weiterzuverkaufen. Der Wert Sammler kauft eher im Hinblick auf den steigenden Wert als auf den lang andauernden Besitz. Er kann sich leichter vom Objekt lösen, vorrausgesetzt der Gewinn stimmt. Der sentimentale Sammler sammelt eher aus Sehnsucht an die gute, alte Zeit. Sie versuchen, über ihre Sammelobjekte einen ewigen Bezug zu ihrer Vergangenheit, meist ihrer Kindheit, aufrechtzuerhalten. Dass manche Dinge im Laufe der Zeit wertvoller werden, interessiert sie nicht. Der Wert wird eher am Gefühlszustand gemessen: Wie sehr erinnert einen der Gegenstand an früher und wie gut ist er erhalten. Die ästhetischen Sammler sammeln aus Freude am ästhetischen Objekt. Dieses Sammelgebiet ist sehr stark von vorherr-

gehören historische Waffen zum Kultur­gut des Menschen, wie Gemälde, Möbel oder Automobile. Dieses Kulturgut gilt es zu bewahren und die damit ver­ bundenen geschichtlichen Ereignisse aufzuarbeiten.

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Waffensammlung von Hans-Peter Schmid, Foto: Katrin Gruber


schenden Trends beeinflussbar. Der Wert eines Objektes spielt kaum eine Rolle und so werden diese Sammlungen dann auch diskret entfernt, wenn die Freude am Objekt nachgelassen hat. Der praktische Sammler sammelt praktische Dinge, die man ja vielleicht noch mal gebrauchen kann. Ihnen geht es überhaupt nicht um den Wert ihrer Sammlung. Eher sind sie darum bemüht, praktische Dinge zu besitzen, egal ob man sie oft benötigt oder ob man sie nur einmal benutzt. Ein Vollständigkeits-Sammler ist nie zufrieden zu stellen. Erst wenn eine Sammlung vollständig ist – was heutzutage fast unmöglich ist – sind sie in ihrem Sammeltrieb befriedigt. Die Freude des Sammelns liegt in der Vollständigkeit der Sammlung. Dazu braucht man meist viel Geduld und Fachwissen. Der chaotische Sammler sammelt von allem ein bisschen. Sie haben kein System und auch kein besonders grosses Interesse am Ordnen.

Wandmasken-Sammlung von Claudia Gailus-Pölloth, Foto: Katrin Gruber

Sie sammeln aus Freude am Sammeln, vermischt mit einer gewissen Besitzfreude. Chaotische Sammler sind nicht bereit, sich von Stücken aus ihrer Sammlung zu trennen. Extreme Formen dieser Sammelwut äussern sich darin, das es in der Wohnung kaum einen Platz zum Stehen gibt. Texte und Fotografien sind Auszüge aus der Diplomarbeit von Katrin Gruber. Sie studierte bis 2009 Visuelle Kommunika­ tion an der UdK und entwarf im Rahmen ihrer Abschlussarbeit ein Magazinkonzept, mit dem Sammlungen und die dahinterste­ henden Persönlichkeiten vorgestellt werden sollten.

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EINE VON

the atl as gr o up / walid raad (1 96 7)

ZUSAMMENSTELLUNG ZITATEN, DIE

VOM

UMGANG

MIT

DOKUMENTEN, ARCHIVEN

UND

GESCHICHTSSCHREIBUNG

BERICHTEN.

1 Firsching, Ulrich Raphael: Hasselblad Preis für Walid Raad, in: www.kunstmarkt.de/pagesmag/kunst/_ id229571-/news_detail.html?_q=%20%22 (stand: 25.03.2011) 2 Raad / Nakas / Schmitz: The Atlas Group (1989-2004) - A Project by Walid Raad. Köln: König, 2006, s.11 3 Schmitz, Britta: Nicht auf der Suche nach Wahrheit, in: Raad/ Nakas/ Schmitz: The Atlas Group (1989-2004) - A Project by Walid Raad. Köln: König, 2006, s. 13 4 Schmitz, Britta: Nicht auf der Suche nach Wahrheit, in: Raad/ Nakas/ Schmitz: The Atlas Group (1989-2004) - A Project by Walid Raad. Köln: König, 2006, s. 14 5 Schmitz, Britta: Nicht auf der Suche nach Wahrheit, in: Raad/ Nakas/ Schmitz: The Atlas Group (1989-2004) - A Project by Walid Raad. Köln: König, 2006, s. 14 6 Alan Gilbert: Walid Raad. in: Bomb 81 (2002), s.40, (http://bombsite. com/issues/81/articles/2504) 7 Schmitz, Britta: Nicht auf der Suche nach Wahrheit, in: Raad/ Nakas/ Schmitz: The Atlas Group (1989-2004) - A Project by Walid Raad. Köln: König, 2006, s. 18

Text: Flavia Spichtig / Claudia Dorfmüller

Mit der fiktiven Stiftung The Atlas Group hat der 1967 in Chbanieh (Libanon) geborene und heute in New York lebende Walid Raad die libanesische Gegenwartsgeschichte und hierbei vor allem die blutigen Bürgerkriege des Landes von 1975 bis 1991 erkundet. Dazu ist er seit 1999 mit Vorlesungen, Filmen, Fotoausstellungen, Videos und weiterem dokumentarischen Material an die Öffentlichkeit getreten. Walid Raad hinterfragt mit seinem künstlerisch-imaginären Archiv die vermeintliche Objektivität der Geschichtsschreibung.1 Es sind Fragen nach subjektivem Erleben und persönlicher Erfahrung, nach dem Erinnern und Erfinden von „Geschichte“ durch das Individuum. Die Atlas Group findet, bewahrt, erforscht und produziert audiovisuelle, fotografische, literarische und andere Dokumente. Diese sind in einer eigens geschaffenen Einrichtung mit Sitz in Beirut und New York organisiert, dem Atlas Group Archive. Das Archiv ist nach drei Aktenkategorien geordnet: Typ A (einem identifizierbaren Individuum zugeordnet), Typ FD (aufgefundene Dokumente), Typ AGP (der Atlas Group zugeordnete Dokumente). […] Die Ordnungs- bzw. Verwaltungskriterien des Archivs werden in einem gut nachvollziehbaren Diagramm öffentlich transparent gemacht.2 Walid Raad wählt für das Anliegen der Atlas Group die Form eines staubtrockenen, neutralen Archivsystems, in dem Serien potentiell dokumentierter Ereignisse gehütet werden. Wobei die Dokumente

selbst undurchsichtig sind. [Walid Raad's] Hinweis, die Dokumente erzeugt zu haben, wird kaum wahrgenommen, weil sie ein so überzeugendes Wirklichkeitspotential enthalten.4 Walid Raad verwies darauf, dass die Dokumente nicht real an die Erinnerung einer konkreten Person gebunden sind, sondern sich aus dem kollektiven Gedächtnis rekrutieren.5 Durch den fiktiven Charakter der Atlas Group formuliert Walid Raad explizit, dass Archive und ihre Dokumente, in welcher Form auch immer, nicht Abbilder einer an sich gegebenen Realität sind. Vielmehr legt er deren Konstruktion am Beispiel des libanesischen Krieges offen.6 Walid Raad ist Mitglied der Arab Image Foundation, einer gemeinnützigen Organisation, gegründet 1997 in Beirut, die es zum Ziel hat Fotografie aus dem Mittleren Osten, Nordafrika und dem arabischen Kulturraum zu sammeln, aufzuheben und zu studieren.



Bildzitat aus dem Buch The truth will be known when the last witness is dead. von Hélène Chouteau, (2004)

sich bedienen


c hr istian boltan s ki (*1 94 4)

1 Edition Christian Boltanski, in: Texte zur Kunst 20 (1995), http://www.textezurkunst.de/editionen/ christian-boltanski/ (stand: 25.03.2011) 2 Schwerfel, Heinz Peter (regie): Die möglichen Leben des Christian Boltanski, 2009, in: http://videos.arte.tv/de/videos/ _die_moeglichen_leben_des_christian _boltanski_auszug_nr_2-3137138.html (stand: 25.03.2011) 3 http://de.wikipedia.org/wiki/ Christian_Boltanski 4 Szeemann, Harald: Visionäre Schweiz – aus Anlass der Ausstellung Visionäre Schweiz im Kunsthaus Zürich, Aarau: Sauerländer, 1991, s.225 5 Gros, Dominique (Regie): Christian Boltanski, Plastiker, 2007, in: http://www.arte.tv/de/Christian Boltanski/2990426,CmC=2990334.html (stand: 25.03.2011)

Bildzitat aus dem Buch Christian Boltanski von Lynn Gummpert, (1992)

Christian Boltanski arrangiert in quasi-musealen Anord­nungen scheinbar wertlose Alltagsgegenstände – Fotografien, Kleider, Dosen etc. – und verweist damit auf ihre Funktion als Erinnerungsträger, als Aufbewahrungsorte des persönlichen und kollektiven Gedächtnisses.1 „Ich glaube, die Kunst ist ein Versuch dem Tod zu entkommen. Dem Fluch der Zeit. Die Kunst ist immer eine Art Scheitern. Ein Kampf den du nicht gewinnen kannst. Man kann nichts konser­ vieren. Aber viele Künstler – nicht alle – versuchen es zu tun, wissend, dass es unmöglich ist. Und es ist gewiss, dass die ganze Archivierungsarbeit die ich von Anfang an betreibe, dass dieser Wille Spuren von allem zu erhalten, einem Wunsch dieser Art entspricht. Einem Wunsch den Tod aufzuhalten. Für mich gibt es keinen Fortschritt in der Kunst. Es gibt nur einen zeitlichen Ablauf. Man verwendet eine andere Sprache als in der Vergangenheit, um die gleichen Fragen zu stellen, aber die Fragen bleiben immer die Gleichen. [...]"2 Christian Boltanski setzt sich in seinen Arbeiten [...] intensiv mit der eigenen Vergangenheit und ihrer Rekonstruktion auseinander. 1967 begann er, Vitrinen mit Objekten wie Zuckerstücken, handgeformten Erdkugeln und Spielzeugwaffen auszustatten, um so eine

typisch bürgerliche Kindheit fragmentarisch zu skizzieren. [...] In den 1970er Jahren arbeitete Boltanski wiederholt an den sogenannten Inventaren – Installationen, in welchen persönliche Gegenstände aus dem Besitz unbekannter, verstorbener Personen arrangiert und ausgestellt wurden.3 Momente seines [eigenen] Lebens konserviert [Boltanski] in beschrifteten Biskuitschachteln [...].4 „Das ist so ein Lieblingswitz von mir: Ich glaube ein Künstler ähnelt mit zunehmendem Alter seinem Werk und irgendwann ist er dann nur noch sein Werk. Ich sage immer Giacometti sah aus wie ein Giacometti. Francis Bacon mit seinem vom Alkohol verwüsteten Gesicht sah aus wie Francis Bacon. Und ich sehe aus wie eine Keksdose, weil ich so viel mit Keksdosen gearbeitet habe. Man wird zu seinem Werk. Ja, dem ist nichts hinzuzufügen. Ich bin mein Werk. Ich bin eine Keksdose.“ 5




ha nn e da r b ov e n ( 19 4 1 - 2 009 )

Elemente. Sie erkannte, dass die Ziffern, die im gregorianischen Kalender das Datum markieren, als ein neutrales „grafisches Äqui­valent des im Grunde nicht-visuellen Phänomens Zeit“ herangezogen werden können und damit die Möglichkeit bieten, zu schreiben ohne zu beschreiben. Die Aufzeichnung der Zeit, die sich in Darbovens täglicher Datumsnotierung in verschiedenen Schreib­ arten (Ziffern, Wörter) konkretisiert und auf einem ständig ver­feinerten, selbst erfundenen System basiert, wurde Schlüsselaspekt ihres künstlerischen Schaffens.2 In diese geordnete Struktur fügt Hanne Darboven literarische, poetische, politische Texte anderer Autoren ein. Die gesetzmässige Struktur ermöglicht es, die Texte so zu integrieren, dass sie nicht einem entwicklungsgeschichtlichen Nacheinander untergeordnet werden, sondern in Relation zu dem Zahlensystem stehen. Das Gesetz der Zahl, das Hanne Darboven fasziniert, ist dabei kein starres Korsett, vielmehr stellt sie ihm die Relativität der Zahl zur Seite. Darboven erweitert die Perspektive damit, „dass eine 2 plus sein kann und minus sein kann“. Sie spricht so zwei Bewegungen an, die einem linearen Erzählen entgegenstehen.3 Ab 1975 befasste sich Darboven mit ihrem Hauptwerk, der Schreibzeit, in der sie erlebte Geschichte durch Zahlencodierungen, Worttexte, Diagramme und Fotografien festhält, „um sich des weitgehend unbewußten Zeitflusses mit all seinen Informationen und Nachrichten zu vergewissern.“4

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Bildzitat aus dem Buch Hanne Darboven. Schreibzeit von E.A. Büsche, (2000)

1 Bippus, Elke; Westheider, Ortrud: Hanne Darboven – Kommentiertes Werkverzeichnis der Bücher, Köln: König, 2002, s. 11 2 Bippus, Elke; Westheider, Ortrud: Hanne Darboven – Kommentiertes Werkverzeichnis der Bücher, Köln: König, 2002, s. 11 3 Hillings, Valerie: Hanne Darboven, in: http://www.deutsche-guggenheim- berlin.de/d/ausstellungen-darboven01.php (stand: 25.03.2011) 4 http://de.wikipedia.org/wiki/ Hanne_Darboven 5 Busche, Ernst A.: Hanne Darboven, in: http://www.hanne-darboven stiftung.org/frameset_german.html?load URL=german/02_founder/content.html (stand: 25.03.2011)

Bildzitat aus dem Buch Der Text als Grundlage des Visuellen von Ilja Kabakov, (2000)

[Hanne Darboven] schreibt ab und auf, rechnet und zählt, liest und eignet sich durch diese Tätigkeit Kulturgeschichte an. Durch Zitate kulturgeschichtlich kanonisierter Quellentexte und deren Zusammenstellung schreibt sie Geschichte, ohne sie zu interpretieren. Die von ihr geschriebene Geschichte verlangt nach keiner wissenschaftlichen Objektivität oder Verallgemeinerbarkeit, vielmehr ist sie eingebunden in das komplexe Beziehungsgeflecht von Hanne Darbovens eigener Situation: Der Burgberg, ihre Familie, ihre Kindheit, ihr Leben in der alten und neuen Welt, die politischen Ereignisse, das „Tierleben“ und ihr Befinden geben dem delinearistischen Geflecht von Texten und Geschriebenem die Perspektive.1 Hanne Darboven entwickelte ihr eigenes konzeptuelles Schema bereits in den 60er Jahren. In der neutralen Sprache der Zahlen und mit Materialien wie Feder, Bleistift, Schreibmaschine und Millimeterpapier legte sie einfache lineare Ziffernkonstellationen an, die sie als Konstruktionen bezeichnete. Im Lauf der Zeit gelangte Darboven zu einem neuen Verwendungsschema ihrer numerischen


ilya kabakov (*1 933)

1 Kabakov, Il’ja I.: Die 60er und 70er Jahre. Wien: Passagen-Verlag., 2001, klappentext 2 http://de.wikipedia.org/wiki/ Ilja_Kabakow 3 Kabakov, Il’ja I.: Der Text als Grundlage des Visuellen. Köln: Oktagon, 2000, s. 92f 4 Sand, Gabriele: Die Erfindung der Erinnerung, in: Kabakov, Il‘ja I.: Tentoonstelling Ilya Kabakov. Tekeningen <1998 - 1999, Heerlen; Hannover>: Ilya Kabakov, Zeichnungen. Hannover: Schlüter, 1998, s. 68f 5 Kabakov, Il’ja I.: Die Kunst des Fliehens. München u.a.: Hanser, 1991, s. 105

Ilya Kabakov, der international erfolgreichste Vertreter des Mos­kauer konzeptualistischen Kreises, ist als bildender Künstler bekannt für seine visuell-narrativen Installationen (post-)totalitärer Befindlichkeiten im musealen Raum.1 1981 begann [Kabakov] seine Geschichte vom Mann, der niemals etwas wegwarf, eine Installation von verschiedenen Kisten mit Papieren, Notenblättern und allerhand Alltagsmüll.2 Die Installation ist ein schmales, kleines Zimmer, vielmehr ein kleiner Korridor von unregelmäßiger Form, der zwei Türen hat, von denen eine stets geschlossen ist. Das Zimmerinnere stellt eine Art Museum dar, überall sind Sammlungen zahlloser „Müllgegenstände“ zu sehen – Papierschnipsel, Stoffetzen, leere Schachteln und Büchsen, die gebündelt sind; alles ist sorgfältig in Schränken (es sind 2) und Vitrinen aufgebaut sowie auf besondere Papptafeln aufgeklebt, die an den Wänden hängen. Alles, selbst das kleinste Fitzelchen, ist mit Etiketten und Titeln versehen, durchnummeriert und katalogisiert. Dieses eigenartige Museum ist zugleich ein Zimmer, das bewohnt wird, vom Sammler und Besitzer

dieses Müllmuseums, doch nirgends sind Gebrauchsmöbel zu sehen, weder ein leerer Tisch noch ein Stuhl, nur eine schmale Liege, die in die Ecke hinter dem Schrank unter das Regal mit der Konservendosensammlung geschoben ist.3 Kabakov [erfindet] die Person des „kleinen Menschen“, der in seinem Leben nichts wegwirft. „Abfall“ und „Müll“ werden zu einem Synonym für die Geschichte des Lebens. [...] In einem 1991 aufgezeichneten Gespräch definiert Kabakov den Müll:4 „Mit dem Müll assoziiere ich dreierlei. Erstens gibt er ein genaues Bild der sowjetischen Gesellschaft. Die gesamte Wirklichkeit ist ein einziger großer Müllhaufen. Zweitens ist der Müll für mich ein Archiv der Erinnerung, weil jeder weggeworfene Gegenstand immer mit einer bestimmten Lebensphase zu tun hat. Und drittens stellt sich mir unsere gesamte Kultur, die durch Unfertigkeit, Unvollkommenheit in der Form, Undurchdachtheit, Unaufgeräumtheit gekennzeichnet ist, als Müll dar. … Dreck und Müll bleiben konstante Faktoren unseres Lebens.“ 5




kunst zeigen

1

EINE DES

KLEINE

GESCHICHTE

AUSSTELLENS

Text: Maria Fountoukis 5

Im Laufe der Jahrhunderte hat sich die Museumswelt stetig ver­ ändert und war somit immer auch ein Spiegel sich wandelnder Gesellschaftsstrukturen. Die verschiedenen Ausstellungskonzepte, die sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelten, waren Thema des Blockseminars „Ausstellung ausstellen“ im Sommersemester 2010. Die Studierenden Jochen Moravek, Friederike Delius und Melanie Freier untersuchten und entwickelten Raummodelle von der Wunderkammer bis zum White Cube im Maßstab 1:20.

w u n de rkammer — Die in der Renaissance entstandenen Wunderkammern waren die frühesten Formen von Kunstdepots, die nach fester Systematik die fassbare Welt nach Kategorien und Klas­­sifizierungen zu vereinen versuchten. Der für diese Sammlungen be­nutzte Begriff „Wunderkammer“ bezieht sich sowohl auf das Wunderliche des Betrachtungsgegenstandes als auch auf die Verwunderung des Betrachters. Im Zentrum des Interesses stand eine Faszination für Raritäten und Kuriositäten, die teilweise aus mittelalterlicher Volks­kunde, humanistischer Wiederbelebung der antiken Geisteswelt und technisch-wissenschaftlichen Neuerungen herrührte. Die fürstlichen Sammlungen bezweckten, den universalen Zusammenhang aller Dinge darzustellen, mit dem Ziel, eine Welt­anschauung zu vermitteln, in der Geschichte, Kunst, Natur und Wissenschaft zu einer Einheit verschmolzen. Als eigentliche Verdichtung der Ästhetik der Kunst- und Wunderkammern gelten die raumfüllenden Kunstschränke, die zur Aufbewahrung von Sammlungsobjekten dienten, aber ihrerseits Sammlungsobjekt waren; versteckte Schubladen und symbolbeladene Verzierungen luden zum Sich-Wundern, also zur Suche und Deutung ein. 1 —

s al on de par is — Ein entscheidender Auslöser für den Funktionswandel der privaten Schatzkammern zu bürgerlichen Museen war die Französische Revolution, welche die Institution Museum endgültig zu einer Bildungseinrichtung der bürgerlichen Öffentlichkeit machte. Im 18. Jahrhundert entstand in Frankreich mit dem Salon de Paris die erste reine Ausstellungsinstitution und es wurden allerorts Museen, öffentliche Galerien und Kunstvereine gegründet. Im Ausstellungswesen spiegelte sich das neue Selbstverständnis des 2 —

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Bürgertums, das seine Emanzipation durch Nachahmung höfischer Repräsentationsformen auszudrücken suchte. Die Ausstellungsmethodik dieser ersten Museen wie zum Beispiel des British Museum oder des Louvre führte zu düsteren, überhäuften Innenräumen, in denen die Gemälde die gesamte Galeriewand bedeckten. Größere Gemälde wurden dabei auf farbigen Wandbespannungen im oberen Teil der Wand aufgehängt und nach vorn geneigt, damit sie besser zu sehen waren. Als Beleuchtung hatte man vor der Elektrifizierung nur das natürliche Oberlicht, welches durch raffinierte Konstruktionen in die Räume geleitet wurde.

per iod r o om — Ab dem 19. Jahrhundert konzentrierte sich die Zielsetzung der Museen und Ausstellungsinstitute im Wesentlichen auf folgende vier Arbeitsfelder: Sammeln, Bewahren, Forschen und Ausstellen. Der am Ende diese Jahrhunderts durch Wilhelm Bode entstandene Period Room war ein Ausstellungskontext, in dem alle Ausstellungsstücke (Gemälde, Möbelstücke, architektonische Fragmente) aus derselben Epoche stammten. Als Vorbild dienten mit Kunstwerken überladene Stadtvillen großbürgerlicher Kunstsammler. Der Period Room kann als Vorstufe der heutigen Showrooms angesehen werden. 3 —

dioram a — Im Verlauf des 19. Jahrhunderts wurden die Wunderkammern von den heute üblichen Naturkundesammlungen abgelöst. Als größte Neuerung bei den Visualisierungskonzepten innerhalb dieser Sammlungen galt die Erfindung des Dioramas, einer Kombination aus Malerei und Objekten zur realistischen Nachbildung natürlicher Lebensräume. Die generelle Illusion von Raum, Distanz und Umgebung entsteht durch die richtige Veränderung des Maßstabs vom Vorder- zum Hintergrund, den scheinbar nahtlosen Übergang von plastischen Landschaftselementen in den gemalten Hintergrund und durch geschickte Beleuchtung. Dadurch kann eine fast perfekte Illusion von räumlicher Tiefe und Wirklichkeitsnähe erreicht werden – eine Art dreidimensionaler Trompe-l’œil-Malerei. 4 —

white cube — Die in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts entstandene Atelierästhetik des White Cube wurde zur modernen Konvention musealer Ausstellungspraxis. Seither ist es 5 —

Jochen Moravek, Friederike Delius, Melanie Freier, Raummodelle zu verschiedenen Ausstellungskonzepten, 2010


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üblich, insbesondere zeitgenössische Kunst, in farbneutralem Weiß zu zeigen, um die Ausstellungsarchitektur deutlich hinter das Kunstwerk zu stellen und eine Interaktion zwischen Architektur und Kunstwerk zu vermeiden.

mus é e s e n t i m enta l — Das Museum wurde in den 1980er Jahren nicht mehr als ein elitärer Ort der Hochkultur verstanden, sondern als ein Ort im Gesamtsystem eines demokra­ tischen Kultur- und Bildungswesens. Deshalb trat neben die klassisch musealen Tätigkeiten des Sammelns, Bewahrens, Erforschens und Ausstellens nun auch der Begriff des Vermittelns hinzu und viele Museen gründeten in den siebziger und achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts museumspädagogische Abteilungen, um den Anforderungen und Erwartungen des Publikums – einer bis dahin oft vernachlässigten Kategorie – zu entsprechen. Einerseits führte dies zu einer forcierten Pädagogisierung, Didaktisierung und Verschrift­lichung der Museen. Andererseits wurde schnell deutlich, dass Betextung allein nicht ausreichen konnte, um dem Bildungsauftrag für den ungeführten Besucher gerecht zu werden. In dieser Zeit entstand ein neuer Ausstellungstypus, das Museé Sentimental von Daniel Spoerri. Bei diesem Konzept werden Alltagsgegenstände, die durch eine Geschichte emotional aufgeladen sind, wie museale Exponate behandelt, alphabetisch geordnet und in einem Ausstellungskontext präsentiert. Durch die narrative Ebene von personifizierten Gegenständen wird der Besucher emotional eingebunden. 6 —

vermittelt werden, sondern auch engagiert an der Erzeugung von Atmosphären, Inszenierungen und Situationen gearbeitet wird. Die Mise en Scène beschreibt ursprünglich die Inszenierung einer Theater- oder Filmszene, bei der die räumliche Anordnung der Figuren im Verhältnis zum Bühnenbild definiert ist. Übertragen auf die Gestaltung einer Ausstellung führt das zu einer Integration des Besuchers in die Szenografie des Ausstellungsraums, bzw. in das Spektakel der Ausstellung.

v irtuel ler raum — Mit Beginn der 1990er Jahre erhielten erstmals neue Medien Einzug in die Museumslandschaft. Die Menge der angebotenen Informationen war plötzlich an keine räumliche Ausdehnung mehr gebunden. Datentiefe und Informa­ tions­menge erforderten lediglich Speicherkapazität, keine Ausstellungsfläche, sondern nur den virtuellen Raum. Dadurch verschwimmen Raumgrenzen oder lösen sich vollkommen auf, während die Vermittlung von Information immer indivi­dueller und komplexer wird. 8 —

Maria Fountoukis studierte bis 2009 Industrial Design an der UdK und realisierte für ihr Diplom eine begehbare Ausstel­ lungsarchitektur. Im Sommersemester 2010 lehrte sie im Rah­ men des Blockseminars „Ausstellung ausstellen” an der UdK.

m i s e e n s c è n e — Ein aktueller Begriff des Museums­ wesens des 21. Jahrhunderts ist das „Erlebnismuseum”: Der Druck durch die wirtschaftlichen Gegebenheiten eines Kultur- und Freizeitmarktes hat dazu geführt, dass der Begriff der Kunden­orien­ tierung sich auch in der Museumsszene etablieren konnte. Längst sehen sich auch Museen gezwungen mit besonderen Angeboten und Leistungen am Wettbewerb der Freizeit- und Bildungslandschaft mit ihren vielfältigen Alternativen teilzunehmen und sich dort zu behaupten. Aufmerksamkeit und Ansehen, Besucherzuspruch und Weiterempfehlung hängen in hohem Maße davon ab, wie tief und nachhaltig ein Museum im Bewusstsein und Gedächtnis der Zielgruppen verankert ist. Das wird erreicht, indem nicht nur Dinge 7 —






Foto: anonym, „El Martillo“ während der Proteste zur Klimakonferenz in Cancún, 2010


viel zeit hammer nicht ÜBER VON

GEBURT EL

UND

TOD

MARTILLO

Text: Artúr van Balen, Jakub Simcik, Pablo Hermann

Das Künstlerkollektiv Eclectic Electric gibt politischem Aktivismus eine visuelle Seite und produziert damit Bilder, die durch die Medien gehen. Für die 16. UN-Klimakonferenz, die vom 29. November bis 10. Dezember 2010 in Cancún, Mexiko stattfand, entwarfen sie El Martillo, den aufblasbaren Hammer, mit dem sie auf die unverantwortliche Klimapolitik der Vergangenheit und Gegenwart aufmerksam machten. Als sich die kleine Gruppe Klima-Aktivisten aus dem großen, viel­köpfigen Demonstrationszug loslöste, einen zwölf Meter großen, aufblasbaren Hammer tragend, hatte der Reuters-Journalist ­Omar Younis endlich seine Story. Die Sonne schien auf die Straßen von Cancún, als sich die glänzende Skulptur in rasender Fahrt dem mehrere Meter hohen Eisenzaun näherte. Dieser war von der Polizei aufgestellt worden, um die Politiker während der Klimakonferenz vor der Masse der Demonstranten zu schützen. Für einen kurzen Augenblick schien es allen Beteiligten, als ob die Erstürmung dieser Sicherheitshochburg vielleicht doch gelingen könnte: das wollten die Aktivisten, die gekommen waren, um gegen den Klimagipfel zu demonstrieren, weil dieser nur zum Ausbau des grünen Kapitalismus führt und zudem ungerecht und ineffektiv ist. Darüber hinaus waren in Cancún unzählige Journalisten der internationalen Presse, um über die Konferenz-Proteste zu berichten. Euphorisch und mit unglaublichem Gekrächze und Gelächter­ stieß die belagernde Masse den Hammer gegen die Wand der Mäch­­tigen. Aber die Skulptur prallte ab wie ein Strandball. Daraufhin fingen die Aktivisten an, den Hammer über den Zaun zu heben – zum Vergnügen der versammelten Presse, die, wie Schakale auf Beute lauernd, auf ein Spektakel warteten. Mit hungrigen Kameras filmten und fotografierten die Journalisten der Welt, inklusive Omar Younis, wie dunkelblau gekleidete und wie Militär anmutende Polizisten den Hammer mit Messern rasch zerrissen. Am Tag danach waren diese Bilder auf der ganzen Welt zu sehen. Die Nachrichtensprecher so verschiedener Fernsehsender wie CBC, ITN oder ZDF sprachen alle von einem Hammer, der symbo­lisch den Klimagipfel einstampfen solle. So erreichte unsere Arbeit, die meh­rere Monate schlaflose Nächte und Schuften bedeutet hatte, ihr jähes Ende. Unser Baby war tot. Die Luft war raus, aber unser Zeichen des Protests lief auf allen Kanälen. Insgesamt hatten wir mehr als 1000 Stunden harter Arbeit in das Projekt gesteckt und es war deswegen ein trauriges Gefühl, zu sehen, wie der aufblasbare Hammer innerhalb von Sekunden zerfetzt wurde. Aber ohne Zerstörung keine Medienaufmerksamkeit  – damit konnten wir uns ein wenig trösten. Live in Mexiko mit dabei waren wir allerdings nicht – den Hammer hatten wir in Berlin genäht, zusammengefaltet und im Reisegepäck einer Bekannten zur Klimakonferenz geschickt. Dort wurde er von Cristian Guerrero in Empfang genommen und aufgeblasen. Cristian ist ein engagierter Klima-Aktivist in Mexiko und er erzählte uns nach der Protestaktion niedergeschlagen von den Ereignissen des Tages. Eigentlich war der Plan gewesen, den Hammer Teil des Demonstrationszuges sein zu lassen. Unter den Demonstranten




ent­wickelte sich allerdings eine heftige Diskussion darüber, wieviel der Protest bringe und ob man nicht mehr tun könne. Frustration war auch darüber zu spüren gewesen, dass die mächtigeren Organisationen wie die Gewerkschaften oder die ökologisch und sozial engagierte Bewegung Via Campesina eine zurückhaltende Strategie befürworteten. Aus dieser Situation heraus und mit dem Willen ein Zeichen zu setzen, löste sich spontan eine kleine Gruppe von Akti­visten aus dem Demonstrationszug und fing an zu rennen. „AntiCOP! Anti-COP!“ schrien sie. Nach mehreren hundert Metern hatten sie den Zaun erreicht und versuchten den Hammer über die Absperrung zu wuchten, um damit die Klimakonferenz sinnbildlich zu stürmen. Danach wollten sie die Skulptur wieder zurückholen; Cristian selbst musste aber seine Rettungsaktion abbrechen, als ein Polizist ein Gewehr auf seinen Kopf richtete. Wenige Momente spä­­ter war von dem Hammer nichts mehr übrig, das man hätte retten können. Ein Freund versuchte ihn deshalb nach der Aktion zu trösten: „Hey, der Stiel ist noch da. Wir können immer noch einen Schraubenzieher daraus machen.” Die Geburt der Skulptur hatte im Berliner Wedding stattgefunden. Das Eclectic Electric Collective, in Glasgow von Artúr van Balen und Jakub Simcik gegründet, veranstaltete einen dreiwöchigen Work­shop im okk/raum29 (Organ Kritischer Kunst). Dies ist ein Projek­­traum aus dem Verbund von Künstler_innen der KolonieWedding, die ihren Fokus auf Kunst setzt, die an der Schwelle zwischen Politik, Protest und Aktivismus agiert. Die Arbeitsgruppe war groß und mannigfaltig mit einer täglichen Fluktuation der Mitarbeitenden: sie bestand aus Kunststudierenden, Künstler_innen und Theoretiker_innen aus der UdK, der HGB Leipzig und aus dem Bekanntenkreis der Gruppe. Rafael Ibarra, ein junger mexikanischer Muralismo-Maler, kam die Idee, eine aufblasbare Skulptur zu bauen, da diese in Lateinamerika sehr ungewöhnlich sind und somit die Aufmerksamkeit der internationalen Presse gesichert wäre. Am ersten Tag des Workshops warfen wir verschiedene Ideen durch die Luft, welche Form die Skulp­tur haben sollte. In unseren Köpfen kreisten Ideen von aufblasbaren Globen, von toten Schildkröten, die mit Luft gefüllt sind, und von einem aus Folie zusammengeklebten Scheißekatapult, welches symbolisch den ideologischen sowie den realen Müll der Industrienationen und Energiekonzerne über die hermetischen Mauern des Gipfelcenters schleudern sollte. Und dann war da noch die Idee des Hammers. Jakub erinnerte sich an ein unter Aktivisten oft benutztes Zitat, welches angeblich von Bertolt Brecht, aber wahrscheinlicher von dem russischen Dichter Wladimir Majakowski stammt: „Kunst ist kein Spiegel, der die Welt abbildet, sondern ein Hammer, der sie formt.“ Das Zitat ist aber ganz offensichtlich an die Geburtsperiode des Kommunismus geknüpft. Eine Periode und ein Versprechen von sozialem Aufbegehren, das wir aufblasen und dem wir Form geben wollten.

Das Eclectic Electric Collective ist eine autonome Platt­­­ form für Projekte an der Schnittstelle zwischen Kunst und Medien-Aktivismus. Sie wurde im Herbst 2008 von Artúr van Balen und Jakub Simcik gegründet. Der Idee des Kollek­ tivs liegt zugrunde, medien- und gestal­tungs­­bewusst politische Aktionen durchzuführen und so die Menschen auf einer visuellen und ästhetischen Ebene zu reizen und auf diesem Weg mit den Inhalten des Protests zu konfrontieren.



Momentan arbeiten wir im Kollektiv an einer Publikation auf Spa­ nisch und Englisch über das El Martillo-Projekt. Die Publikation wird unterschiedliche klimapolitische sowie kunsttheoretische Hintergründe des Hammerprojektes bearbeiten und wird sowohl in Mexiko als auch in Deutschland vertrieben werden. Vom 8. bis 17. August 2011 werden wir zusammen mit der Lon­doner Kunst & Aktivismus-Gruppe Laboratory of Insurrectionary Imagination einen offenen Workshop zum Thema Kunst, Aktivismus und Permakultur halten. Es findet im Rahmen der Über Lebenskunst-Initiative im Haus der Kulturen der Welt statt. Mehr Information zu uns und dem Workshop findet ihr auf unserem Blog: www.eclectic-electric-collective.blogspot.com

Foto: anonym, El Martillo in Cancún (oben) und nach der Fertigstellung im Wedding (unten), 2010


U universität Doc: Sind das meine Uhren, die ich da höre? Marty: Ja, es ist jetzt genau acht. Doc: Perfekt. Mein Experiment hat funktioniert! Die Uhren gehen alle genau 25 Minuten nach. Marty: Moment mal, einen Moment, Doc. Heißt das, es ist eigentlich 25 nach acht? Doc: Korrekt. Marty:Verdammt! Ich komm zu spät zur Schule!

Zeitreisen bringt manchmal die ein oder andere Schwierigkeit mit sich. In der außerfilmischen Realität besteht diese bei Zeitreisen in die Vergangenheit vor allem darin, die Schlacht mit den Dokumenten nicht zu verlieren. Universitäre Archive, Protokolle und alte Ausgaben der Eigenart haben wir auf den nächsten Seiten für euch zusammengefügt und schicken euch damit auf die Reise.


kommunikation im kontext DIE

GESCHICHTE

GANGS

GWK

DES

STUDIEN-

ODER:

VOM KRITISCHEN UMGANG MIT DEN

TECHNIKEN

DES

WERBENS

Text: Mirus Fitzner

vom in ter n ation alen zum be s c hrän kten zugan g — Ab 1936 waren Studenten an der Reichswerbe­schule zur Mitgliedschaft im Nationalsozialistischen Studentenbund verpflichtet, das Studium konnte nur mit „Ariernachweis“ begonnen werden. Gleichzeitig stammten allerdings 120 der 583 Studenten, die von 1936 bis 1939 die HRWS besuchten, aus anderen Staaten – die Ausbildung war ein europäisches Novum und wurde von Delega­ tionen aus verschiedenen Nationen als vorbildlich gerühmt. Es wird deutlich, dass staatliche und private Einrichtungen nicht immer übereinstimmend urteilten: Zwar wurde 1938 jüdischen Werbeleuten die Tätigkeit gesetzlich untersagt, die Werbe-Formulierungen „arisch seit Gründung“ oder „entjudeter Betrieb“ wurden vom (privaten) Werberat allerdings gerügt.

pr oblem atis c he weiter be s c häf tigun g der lehren den — Durchaus bemerkenswert ist, wie die verantDie Universität der Künste bietet die Möglichkeit, in den freien und angewandten Künsten zu studieren, zu arbeiten und zu lehren: es gibt die Bereiche Freie Kunst und Musik, Architektur und Design, Schauspiel und Gesang; selbst Tanz und Jazz sind an die UdK angegliedert. Was aber, so haben sich sicherlich schon zahlreiche Studierende gefragt, hat eigentlich ein Studiengang namens Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation hier zu suchen? Um dies zu begründen, muss man etwas weiter ausholen. Die Universität der Künste, bis 2001 „Hochschule“, wurde 1975 aus verschiedenen anderen Institutionen gegründet, darunter die Akademie für Grafik, Druck und Werbung. Diese hatte nach dem Zweiten Weltkrieg Studiengänge fortgeführt, die seit 1936 an der Höheren Reichswerbeschule (HRWS) und davor seit 1931/32 an der Höheren Fachschule für Graphik in Berlin angeboten worden waren.

l e hr i n h alt e de r p r i vaten S c h u l e — Die HRWS war keine staatliche Schule, sondern ging auf eine private Initiative zurück. Dies dürfte auch der Grund dafür sein, dass die national­ sozialistische Regierung sich nicht für eine grundsätzliche Ideologi­ sierung der Ausbildung an der HRWS einsetzte. Stattdessen gab es einige –  gescheiterte  – Versuche, eine staatliche Propagandaschule einzurichten, deren Ausbildung viel stärker am rassistischen Menschenbild der Nazis orientiert gewesen wäre. 1940 wird die HRWS umbenannt – sie musste den Namensbestandteil „Reichs-“ abgeben. Die Studiengänge hießen Werbung und Schaufenster- und Aus­­­stellungsgestaltung und waren gewissermaßen Weiter­bildungs-­ Studiengänge: Voraussetzung waren mindestens zwei Jahre prak­ tische­Tätigkeit im Beruf. Gelehrt wurden unter anderem Betriebsanalyse, Marktanalyse, Werbeplanung, Werbemittelgestaltung und Werbeerfolgskontrolle. Hinzu kamen Werbepsychologie, Werbe­­recht und Staatsbürgerkunde. Bis auf wenige Vorlesungsverzeichnisse aus den späten dreißiger Jahren lassen sich allerdings kaum Origi­nale im Archiv der UdK, das auch die Unterlagen der Vorgängerinstitutionen sammelt, finden. Alle vorhandenen Dokumente pas­­sen in eine Kiste von der Größe eines Schuhkartons. Das erschwert die genaue Beschreibung der Lehrinhalte. Gegründet wurden diese Ausbildungsgänge, weil ein großer Be­darf an Fachleuten herrschte: Seit dem Ende des 19. Jahrhundert hatte die Werbung sich immer weiter professionalisiert, es gab aber keine geregelte Ausbildung – d.h. es fehlte ein Nachweis über die Qualifikation von Bewerbern. Gleichzeitig gab es wenig öffentlichen Respekt vor der Werbung als eigenem Berufsstand und Profession; auch dem sollte durch eine formalisierte Ausbildung abgeholfen werden.



wortlichen Werbetreibenden – zu großer Zahl auch Ausbilder und Lehrkräfte an der HRWS – sowohl im Nationalsozialismus als auch in der Bonner Republik Karriere machten.1 Gerade über diesen Umstand sollte man nicht so einfach hinweggehen: Schließlich betrachtete man die Werbung vor allem als neutrale Technik. Hans Domizlaff nannte sein noch heute zitiertes Hauptwerk im Untertitel Ein Handbuch der Markentechnik.2 Und gerade Domizlaff ist ein Beispiel für die hinter dem technizistischen Verständnis stehende, nur vermeintlich neutrale Haltung: Für Domizlaff sind die Menschen „Masse“, und das heißt „denkunfähig“,„triebhaft“,„animalisch“,„brutal“. Brutal ist aber vor allem der auch explizit geäußerte Rassismus Domizlaffs. 1952 schreibt er in Die Seele des Staates: „Die Schwarzen haben natürliche Regulative (mangelnde Hygiene, schwierige Daseinsbedingungen und intellektuelle Unterworfenheit) verloren [...], so daß die Frage auftaucht, wie lange noch die zwar unzweifelhaft edlere, höher gezüchtete und kulturtragende weiße Rasse den zukünftigen Ansturm der entfesselten primitiven Neger aushalten kann“. Domizlaff lehrte auch an der HRWS. Noch heute erscheinen Auszüge der Schriften Domizlaffs in Lehrbüchern – ohne Kommentar.3

für ein e kr itis c he aus ein an ders e tzun g — Das zeigt, wie gefährlich das Verständnis von Werbung als reiner Tech­nik sein kann. Nicht zuletzt aus diesem Grund beinhaltet das Curri­culum des Studiengangs GWK die sogenannten Ergänzungsfächer – Politologie/Soziologie, Wirtschaftswissenschaften, Kunst- und Kulturwissenschaften. Diese sollen den Studierenden vor Augen führen, dass Techniken der Einflussnahme nicht nur der Steigerung des Absatzes dienen, sondern die verfolgten Interessen in einen größeren gesellschaftlichen Kontext eingebettet sind. Ziel ist es, über ein reines „Nie wieder“ hinaus verständlich zu machen, wie Kom­munikation in der Gesellschaft funktioniert. Deswegen sind die Studierenden zur Kritik auch anerkannter Positionen angehalten – und natürlich zum Hinterfragen ihrer eigenen ProfessorInnen und DozentInnen. Den Fokus der Werbung hat der Studiengang lang hinter sich ge­­lassen. Dass er heute an der UdK beheimatet ist, könnte man als institutionellen Zufall bezeichnen. Sowohl die Lehrenden wie auch die Studierenden verstehen es aber als Ansporn und Inspiration, von so vielen Menschen umgeben zu sein, die mit Kreativität, Inter­pretation und Abweichung beschäftigt sind. Die Herausforderung besteht darin, die eigene wissenschaftliche und gestalterische Arbeit mit den – für eine wissenschaftliche Arbeit manchmal ungewöhn­ lichen – Einflüssen der direkten Umgebung zu verquicken und zu neuen Erkenntnissen zu gelangen.


Mirus Fitzner schließt 2011 sein Studium der Gesellschaftsund Wirtschaftskommunikation an der UdK ab. Der Artikel auf der gegenüberliegenden Seite beruht auf einem Vortrag, den er gemeinsam mit Claudia Elm und Gabriel Yoran im WS 2007/2008 in der Veranstaltung „National­sozialismus und Propaganda“ gehalten hat. Gemeinsam diskutierten sie damals intensiv die Geschichte des Studiengangs und die Ergebnisse dieser Ausein­andersetzung sind auch Teil dieses Beitrags.

1 Vgl. Peer Heinelt: „PR-Päpste“. Berlin 2002. 2 Hans Domizlaff: Die Gewinnung des öffentlichen Vertrauens. Hamburg 1982 [1939]. 3 Manfred Bruhn: Handbuch Markenführung. Band 1, Wiesbaden 2004. Seite 8 aus der Eigenart #31, 1997




„junge   war   det een  zeck und   een   zirkus da.“ WAS

DAS

UDK-ARCHIV

ÜBER

DEN

ZINNOBER

ERZÄHLT

Text: Claudia Dorfmüller

Am 02. November 1953 erscheint im Berliner Montags Echo eine Meldung über einen Beschluss, der an der Hochschule für Bildende Kunst von den Professoren verfasst worden war. Die Zeitung ist entrüstet, denn der beliebte Faschingsball Zinnober soll nicht mehr so wie bisher stattfinden: ‚ Aus sittlichen Gründen‘, so heißt es, sollen zahlreiche Professoren der Hochschule für Bildende Künste in einer Resolution ge­for­dert haben, dass der jährlich stattfindende Faschings-Akademie-Ball - populär geworden unter dem Motto ‚Schräger Zinnober‘ - nicht mehr in der bisherigen Form stattfinden soll... Wie war denn diese ‚bisherige Form‘? Zu schräg? [...] Will man jetzt vielleicht anordnen, dass die Leichtgeschürztheit der Damen einen bestimmten Grad nicht über- bzw. unterschreitet? Oder daß Zärtlichkeiten nur bei Beleuchtungskörpern ab 25 Watt aufwärts erlaubt sind? [...]“ Der Redakteur hat auch gleich noch einen Vorschlag für den Kundendienst: „jedem Gast am Eingang einen Sturzhelm verpassen. Zum Schutz gegen die Bier- und Schnapsflaschen, die dort in vorgerückter Stunde nicht immer nur schräg durch die Räume zu segeln pflegen.“ Auch ein Jahr zuvor schien es schon überaus wild zugegangen zu sein. In einem Hochschulbericht vom 13. März 1952 ist zu lesen:



„Der Besuch des Festes war sehr gut. Am 23., 25. und 26. waren die Räume überfüllt. Am 25. war der Andrang so stark, dass die Studen­tenpolizei dem Ansturm nicht gewachsen war und ich das Überfallkommando alarmierte. Es erschienen 3 Funkwagen, die allein aber nicht genügten. Um ein durch­brechen der Türen zu verhindern, alarmierte ich ein größeres Polizeikommando, das für Ordnung sorgte.“ Noch ein Jahr zuvor, 1951, beschwerte sich Professor W. Tank, der in den Jahren 1919-1937 das Kostümfest geleitet hatte, über die Dekoration und Feierlaune des damaligen Zinnobers: „Die Gänge, vor allem die Treppen waren kaum funktionell gelöst, die Treppen waren geradzu be­drückend quälend; überhaupt alles wenig freudig-­ festlich. Ich hatte immer den Ein­druck eines bedrückenden Kz. Hier konnte man

meiner Meinung nach nur toben, angeben oder saufen. Ich ging daher bald wieder.“ Auch sah er voraus, dass es in den kommenden Jahren noch wilder werden würde: „Ich fürchte für die Zukunft eine Verschlechterung des Publikums. Der Sohn meines Aushilfsportiers in der Charité äußerte sich so: „Ach Herr Professor, jroß­artig war det in Ihrer Hochschule. Haben wir angegeben und getobt und nachher waren wir alle wunderbar blau. Bloß eine Dämlichkeit habe ich gemacht. Ich habe da einem Manne drei Mark vor eine Karte gegeben, der bei det Jedränge am Eingang die Lust verloren hatte. Na, ihm hatte sie ja 10 dm jekostet. Alle meine Freunde waren so rin jekommen. Na, det nächste Mal komme ich och so rin. Da kennen Se Jift druff nehmen. Junge, Junge war det een Zeck und een Zirkus da.“


oben: Fotografie aus dem Tagesspiegel vom 01. Februar 1955 • unten: Protokoll über die Verletzungen während des Zinnoberballs 1953




7500 € FÜR

EURE

PROJEKTE

Jedes Semester stehen dem AStA 3500 € zur Verfügung, um damit studentische Projekte und Vorhaben zu unterstützen. Das ist euer Geld! Anträge könnt ihr dienstags 19 Uhr auf dem AStA-Plenum in Raum 9 stellen, Formulare für die Projektförderung findet ihr auf www.asta-udk-berlin.de. Außerdem könnt ihr Geld bei der Fachschaftsrätekonferenz für eure Projekte bekommen. Diese findet zwei Mal im Semester statt und es gibt insgesamt 4000 € für Projektförderungen. Auch Interflugs stellt Geld für Projektförderung zur Verfügung. Projektanträge können montags während des Plenums ab 19 Uhr in Raum 9 gestellt werden. Auch die Fachschaften verfügen über Geld. Die Fachschaftsräte können u.a. Lehraufträge vergeben, Veranstaltungen organisieren und auch Projekte fördern. Fachschaftsräte: Bildende Kunst / Kunst im Kontext / GWK / Architektur / Industrial Design / Visuelle Kommunikation bzw. Kunst und Medien / Musikpädagogik / Darstellende Kunst / Tonmeister AStA-Projektförderung im WS  2010/2011 VERANSTALTUNG ESTAG

DER

ZUM

50.

JAHR-

UNABHÄNGIGKEIT

AFRIKAS

Die Perspektive afrikanische Studierende Berlin/Brandenburg (PASBB) organisierte vom 17.-19. Dezember 2010 eine Veranstaltung zum 50. Jahrestag der Unabhängigkeit Afrikas, um über die Themen Beziehung Nord-Süd, Afrika und Demokratie, Afrika und die Frage der Schuld, die neue Partnerschaft mit China und über Chancen der Zukunft zu diskutieren. Förderungsbetrag: Euro 100,––



SCHLAFEN

NICHT

Studierende der Studiengänge Schauspiel und Bühnenbild führten vom 11.-19. Dezember das Theaterstück Wir schlafen nicht von Kathrin Röggla auf. Darin geht es um die Konteststruktur unserer Leistungsgesellschaft: Wer hält sich am längsten wach? Wer ist der/die Fitteste? Wer bringt die höchste Leistung? Wer schafft es am besten die ureigensten menschlichen Bedürfnisse wie etwa Schlaf, Vertrauen und Zuneigung zu unterdrücken, das Selbst auf ein Minimum zu reduzieren, um somit den größtmöglichen beruflichen Erfolg zu erzielen. Förderunsbetrag: Euro 100,–– THE

SCOTTISH

PUB

In ihrem Klassenraum haben Studierende der Klasse Melitopoulos (Fakultät 1) für eine Woche einen Scottish Pub eingerichtet, Bands eingeladen und gefeiert. Über diesen Zeitraum war dieser Ort Anlaufpunkt für alle Studierenden, um sich in echt schottischer Manier zu vernetzen. Förderungsbetrag: Euro 60,–– FEBRUARY

4TH

(HÄTTE KÖNNTE WÜRDE)

Die Ausstellung February 4th fand vom 04. bis 07. Februar 2011 in Berlin statt und widmete sich dem Möglichen, dem Wahrscheinlichen, dem Utopischen. Das Projekt wurde gemeinsam von Studierenden der UdK Berlin und der HfbK Hamburg organisiert. Förderungsbetrag: Euro 150,–– TRANSKONTINENTALE

ERÖFFNUNG

Dieses Ausstellungsprojekt war eine Zusammenarbeit von UdK Studierenden der bildenden Kunst und japanischen Künstlern. Über drei Wochen stellten sie gemeinsam im Februar und März im Kyoto Art Center aus. Förderungsbetrag: Euro 150,–– INVENTUR

-

KOPFSTRASSE

16

Das Videoprojekt Inventur - Kopfstrasse 16 untersucht die Formen einer Selbstbeschreibung der Bevölkerungsgruppen im Rollbergviertel in Neukölln. Den Anstoß zu diesem

Projekt gab den Kunst im Kontext - Studierenden der Kurzfilm Inventur - Metzstrasse 11 des Filmemachers Želimir Žilnik aus dem Jahr 1975. In dem Film stellen sich Gastarbeiter verschiedener Nationalitäten vor. Nach der Fertigstellung des Films soll eine Podiumsdiskussion im Gemeinschaftshaus des Rollbergviertel Morus 16 stattfinden. Förderungsbetrag: Euro 241,30 DER

NEUE

MENSCH

Diese Zusammenarbeit von Studierenden der Gestaltung, bildenden und darstellenden Kunst sowie Sound Studies widmet sich dem menschlichen Körper und dessen Mutierbarkeit. Bestehende Körper werden filmisch auseinander genommen und in einer 3D-Installation neu zusammen gesetzt. Förderungsbetrag: Euro 100,–– VERRATE,

WER

DU

NICHT

BIST

Studierende des Studiengangs Rhythmik, Tanz/Choreographie und Bildende Kunst erarbeiten eine PerformanceProduktion, die sich mit Identität und der Verleumdung derselben auseinander setzt. Im Juni wird das Stück in der Theaterkapelle in Friedrichshain aufgeführt. Förderungsbetrag: Euro 150,–– BRIDGES

UND

BARRIERS

Gemeinsam mit der Klasse Charlie Stivens des Edinburgh College of Arts plant die Klasse Thomas Zipp ein Austausch- und Ausstellungsprojekt. Der Einladung der Studierenden aus Edinburgh folgt ein Besuch der Berliner in Schottland. Während des Austauschs wird jeweils eine Ausstellung stattfinden. Förderungsbetrag: Euro 120,–– FIVETON

Musikstudierende der Vokalband FiveTon realisieren gemeinsam mit einer GWK- und einer Fotografie-Studentin einen Präsentationsflyer der Band. Das Ziel ist, den Bekanntheitsgrad der Band über die Konzertsäle der UdK hinaus zu erweitern. Förderungsbetrag: Euro 100,––

Želimir Žilnik, Filmstills aus „Inventur – Metzstrasse 11“, 1975

Der erste Rundgang der HdK wird 1993 in der eigenart #12 angekündigt

WIR


Eine Meldung 端ber eine gescheiterte Coca-Cola Kooperation aus der eigenart 02/2006


Ebenso fehlen die Stimmen der Alumni. Es existieren keine Proto­­­­­­Unter dem ebenso vielversprechenden wie nichtssagenden Titel kolle, die diesen Zustand nachvollziehbar machen, keine paritätische „Brilliant Volume“ fand an der UdK, Fakultät Bildende Kunst, im Arbeitsgruppe erarbeitete das Konzept – kurz: die gewählte Organi­ November letzen Jahres ein Symposium zur künstlerischen Lehre sations­form in informellen Treffen unter der ProfessorInnenschaft statt. Be­­reits die Wortkombination des Titels gibt erste Rätsel auf: stand den Ansprüchen diametral gegenüber und die demo­kratischen Brilliant (aus frz. „brillant, glänzend, strahlend“) Volume (lat. Gremien wie der Fakultätsrat und der Institutsrat wurden in den volumen = Buch, Windung, Krümmung). Worauf dieses TitelkonGe­staltungsprozess nicht einbezogen.5 strukt hinaus will und wie es mit dem Untertitel „Zur Autonomie Den Blick von den Problematiken eines solchen Kontextes künstlerischer Praxis” zusammenhängt, bleibt Spekulation. ab­wendend, konzentrieren wir uns im Folgenden auf das inhaltliche „Autonomie“ (altgriechisch autonomía, „sich selbst Gesetzegebend, Auf und Ab der Veranstaltung. Den sicherlich beeindruckendsten Eigengesetzlichkeit, selbstständig“)… man denkt an SelbstbestimVor­trag liefert Bazon Brock in Form eines eurozentrischen Galopps mung, an Befreiung von Konvention und Regierung, an soziale auf dem Einhorn der Kunstgeschichte. Bewaffnet mit dem Schwert Forderungen der neuen Linken. Doch unglücklicherweise gesellt der Autonomie bahnt er sich seinen Weg durch den Dschungel des sich die „künstlerische Praxis” hinzu, und schon sieht mensch sich ins Gedachten und schlägt eine Schneise der linearen Geschichte und Zeitalter verstaubter monographischer Bände der Kunstge­schichte Funktionsweise der künstlerischen Akademie. Uns interessiert zurückkatapultiert. „Autonomie künstlerischer Praxis”: was könnte die Entstehung von Sinnhaftigkeit in der künstlerischen Produktion. heute unter einer solchen Androhung, eine Generation nach Laut Brock stehe die Qualität des eigenen Schaffens im Zusammenihrer postmodernen Dekonstruktion, in einer Universität der Künste hang mit der Betrachtungsfähigkeit der Arbeit anderer, denn zu ver­stehen sein? „die akade­mische Gemeinschaft ist diejenige, welche sich reziprok der Auf der Suche nach Antworten fokussieren wir unseren Blick auf Sinnhaftigkeit ihrer Tuns versichert.“ Wir denken an die öde Leere Rahmenbedingungen, Programmblättchen und einzelne Aspekte der vieler Klassenbesprechungen und den kaum vorhandenen Austausch Vorträge von Bazon Brock und Hartmut Rausch. Doch um auf zwischen den künstlerischen Fachklassen die inhaltlichen Auseinandersetzung eingeund Instituten, der auch in diesem Sympohen zu können, sollte zunächst geklärt wer­ sium gerinnt: die Lehrenden der Insti­­tute den, wie es dazu kam, dass die alte Mensa der Kunstgeschichte und Kunst im Kontext6 technischen Universität zum funkeln gesind offensichtlich nicht beteiligt, bzw. unter­bracht wurde. Auskunft hierzu erteilt die Ab­ repräsentiert – hier beginnt und endet ein teilung Kommunikation und Marketing der Strang der wechselseitigen Versicherung von UdK, deren Zuständigkeitsbereich die RealSinnhaftigkeit innerhalb der UdK. Der isierung und Umsetzung der Veranstaltung Gedanke muss enden um Brock weiter zu war (während das inhaltliche Konzept durch folgen, der im Nebensatz den Islam als den akademischen Lehr­körper der Fakultät „religiöse Hegemonie“ bezeichnet, welche Bildende Kunst gestaltet wurde ). Zu er– so der Unterton – zu autonomen künstlerfahren gibt es auf dieser Ebene einiges über ischen Handlungen nicht fähig sei. Das die Ansprüche und Wirkungen dieses SymEinhorn kollidiert mit al-buraq und unser posiums – es ginge um die „Ausstrahlung des Muli der Kritikalität kommt nur schwer Events innerhalb der Kunsthochschulszehinterher. Es folgen noch viele bemerkensne“.1 Der Präsident, auf dessen Initiative die werte Punkte, allen voran die Beschreibung UdK-Symposienreihe zurückgeht, erhofft Text: Naomi Hennig und Markues der europäischen Akademietradition als sich von den nationalen und internationalen einer, die von der „Autonomie des IndividuGästen „vor dem Hintergrund einzelner ums“ geprägt sei, welches „eigenständige Disziplinen, die betreffenden Themenfelder Behauptungen aufstellen“ könne, „ohne von zu reflektieren und damit eine weitergehende Papst, Markt oder Professor dazu ermächtigt worden zu sein“. hochschulinterne Diskussion zu initiieren.“ 2 Aus dem PressenewsletDie von Bazon Brock angeführten humanistischen Ideale der ter geht hervor, dass die Fakultät ihre eigene Entwicklung reflekakademischen Gemeinschaft und der geistigen Autonomie prallen tieren möchte und das Kollegium mit dem Sym­­­posium „progressive im weiteren Verlauf der Veranstaltung schmerzvoll mit einigen Einschätzungen und kritische Erwartungen an eine Kunstakademie Darstellungen der ProfessorInnen über die Prioritäten und Inhalte einfangen und sich institutionelle Erfahrungen vergegenwärtigen” ihrer Fachklassen zusammen. Sinnhaftigkeit, bzw. deren reziproke will, um „die eigene engagierte Diskussion zur künstlerischen Lehre Versicherung stellt sich auch hier leider nur bedingt ein, denn und zur Bedeutung der Autonomie künstlerischer Praxis weiter zu über bloße Berichterstattung hinaus findet kein Austausch auf der forcieren.“ 3 Die entstandene Form beschreibt der Präsident so: „In Bühne statt. Von einigen hören wir Ausführungen über den der bildenden Kunst bedeutet das, dass sowohl Testimonials als auch gemeinsam geübten Einstieg in die Ausstellungs- und Galerieszene, Vorträge, Diskussionen und eine Ausstellung zu dem Konzept ge­von anderen eher meditative Einblicke in den existentiellen Status hören. Eine große Zahl unserer Kolleginnen und Kollegen werden des künstlerischen Materials. Bei anderen wieder geht es um aktiv beteiligt sein, wie auch Studierende und Personen von außerPartys und kollektive Besäufnisse. Uns Unsichtbaren im Auditorium halb der UdK.”4 dämmert indessen die Erkenntnis, dass diese Veranstaltung kaum Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, wurden 16.232,59 Überschneidungen mit den existierenden und diskussionsbedürftiEuro in die Hand genommen. Derweil lässt sich am Firmament das gen Fragestellungen unserer Ausbildungssituation und deren teilweise lückenhafte Bouquet des Feuerwerks erkennen – „die Stu­institutionellen Bedingungen anbieten wird. dierenden waren im Verlauf des Tages im Programm unterrepräsenBelassen wir es also dabei und wenden uns dem Vortrag von tiert” allerdings wurden „Studierende der bildenden Kunst als Hartmut Rausch zu. Rausch ist Hausmeister an der Frankfurter Hilfskräfte bevorzugt eingestellt” 1 – konkret heißt das: im gesamten Stä­delschule. Unklar sind die Beweggründe für dessen Einladung zu Tagesablauf ist lediglich eine Studierende auf der Bühne zu sehen „Brilliant Volume”. Hier spricht nun ein „Original“, ein echter und einige Hilfskräfte verteilen die Pressemappen für die Gäste.

brilliant void




Mensch und kein mit akademischen Phrasen programmierter Roboter des Kunstdiskurses. Etwas ungeübt, doch nicht ohne Stolz, präsentiert Herr Rausch dem Publikum die Fotos einer Kunstsammlung, deren Eigentümer er ist. Bedeutend ist das deshalb, weil diese Sammlung aus Werken ehemaliger Studierender einer Stars produzierenden Kunsthochschule besteht, welche die Studierenden Hartmut Rausch über die Jahre geschenkt haben. Eine Kunstsammlung als Momentaufnahme Frankfurter Kunstsoziologie, ähn­lich den zwischendrin gezeigten Fotos von Grillparties im Städelgarten – die Konstellation ruft leise Empörung hervor. (Oder ist es nur der Neid im Angesicht der altbekannten Old-Boys-Networks und einer zufällig zusammengewürfelten Sammlung, die sich un­versehens an den Wänden der Portikus-Galerie und der Berliner Kunst­werke wiederfindet?) Hartmut Rausch selbst trifft dabei keinerlei Vorwurf, sondern vielmehr diejenigen, die ihn auf die UdK-­Bühne bestellt haben; diejenigen, die auf den Kontext der informellen Kunst­hochschulnetzwerke als Karriere-Katalysator setzen und die diese Kultur des gegenseitigen Schulterklopfens und VorteileZuschanzens nicht als Probleme thematisieren, sondern durch Herrn Rauschs kuriosen „Fall” anekdotisch aufbereiten. Im weiteren Verlauf nehmen zwei VertreterInnen von Berliner Galerien zu der Frage nach künstlerischem Erfolg Stellung, wobei Giti Nourbakhschs radikal ehrliches Statement, dass Galerien nichts an der Kunsthochschule zu schaffen hätten und dass die Studierenden sich keine großen Illusionen über die Galeriewelt dort draußen machen müssten, noch am gradlinigsten daher kommt. Auch die Forderung nach einer fundierteren Ausbildung im Hinblick auf Kunstkritik ist in Person von Ludwig Seyfarth vertreten, der ein überzeugendes Plädoyer für die notwendige Arti­­ kulationsfähigkeit der Studierenden in Bezug auf die eigene Arbeit im Kontext sowohl der Gegenwartskunst als auch kunstgeschichtlicher Grundlagen hält. Die in der Struktur der künstlerischen Ausbildung an der UdK angelegte strikte Trennung von Praxis und Theorie wird leider ausschließlich durch diesen Gast reflektiert, der kaum Einblick in diese anachronistische und ärgerliche institutionelle Praxis der Fakultät Bildende Kunst hat. An dieser Stelle vermissen wir ein Panel mit Mitarbeiter_innen und Studierenden der Fakultät, die diese Unzulänglichkeit ausführlich und auch im Ver­gleich mit anderen internationalen Kunsthochschulen hätten erör­tern können. Offenbar war diese Problemlage jedoch kaum auf der programmgestaltenden Ebene artikuliert worden. Dies zeigt sich im Rahmen dieses Symposiums auch in der Marginalisierung der theoriebasierten oder theorienahen Institute der Fakultät zugunsten einer Diskussion über Materialkultur und Distributions­ konventionen. Von einigen Andeutungen abgesehen, wurden die Probleme, die wir als Studierende in der Fakultät Bildende Kunst täglich vor Augen haben, fast vollständig ignoriert, auch fehlte jegliche Selbst­kritik der künstlerischen Lehrinstitution. Bei dem vielen Sprechen über Kunstmarkt und Galerien wurde vergessen zu erwähnen, wie viele der UdK AbsolventInnen tatsächlich von künstlerischer Produktion Bauch und Kopf ernähren können. Hilfreich wäre eine strukturelle Kritik des Kunstsystems und darin eine progressive und zeitgemäße Umrandung des künstlerischen Arbeitsfeldes gewesen. Es hätte in diesem Zusammenhang nicht geschadet, eine solche Übersicht bspw. von einem Vertreter / einer Vertreterin des Berufs-

verbandes Bildender KünstlerInnen zu bekommen. Dass die Hochs­ chule solche Erhebungen nicht selbständig vornimmt, liegt nahe. Geradezu zynisch erscheint es in diesem Hinblick, dass die Diskussionsrunde zum Thema „Was ist Erfolg?“ die einzige Gelegenheit bietet, eine Studierende auf der Bühne zu sehen und dass dieser Austausch am Ende des Symposiums stattfindet. Eine Diskussion über den Studienerfolg zu Beginn der Veranstaltung könnte ihn als selbstgewählte Kenngröße der Ausbildung definieren und „Erfolg“ nicht als zufällig eintretendes Zusammenspiel der Kräfte des Marktes und kuratorischer Diskurse erscheinen lassen: bezeichnenderweise hat die Fakultät BK hierzu wenig anzubieten. Auch die in den letzten Jahren erfahrenen Zurichtungen der Kunsthochschulausbildung (oder sollte man gar vom Verlust künstlerischer und akademischer Autonomie sprechen?) bei den KunstpädagogInnen durch die Einführung des BA/MA-Modus wird nicht diskutiert. Stattdessen werden mit den Mythen von Autonomie, Materialverliebtheit, Studio-Individualismus und dem hartnäckigen Glauben an größtenteils männlich geprägte Buddy-Netzwerke weitere Blasen reproduziert. Zu gute halten möchten wir, dass wir die Gesichter und Stimmen aller Lehrenden der Fachklassen (mit Ausnahme der GastprofessorInnen) zu sehen und zu hören bekommen, und mit allerlei Informationen zu den „closed shops” der Fachklassen versorgt werden. Dass diese Berichte teils erfreulich und teils haarsträubend ausfallen würden, war sicherlich schon im Vorfeld abzusehen. Doch genau diese Art von Diver­sität hätte zumindest eine Grundlage für eine interessantere Diskussion als diejenige bieten können, die über den Tag geführt wird. Es gibt viele Gesichter zu sehen, doch um welchen Preis: auf Grund der fehlenden studentischen Mitgestaltung, lückenhafter Repräsentation der Lehrenden, fehlender Partizipationsmöglichkeiten und fehlendem Follow-Up stellt sich die Frage, ob Veränderungen in der Fakultät überhaupt eingeplant waren. Die insgesamt diskursfeindliche Gestaltung des Tagesprogramms legt nahe, dass diese Art von Veranstaltung reinen Repräsentations-Zwecken dient und weit davon entfernt ist, eine Akademie als Potenzial zu verstehen.7

die evaluation des nichts

Anmerkungen:

1 – zitiert aus einem persönlichen Gespräch mit Dehning/Scheffler vom Referat Kommunikation und Marketing am 30.03.2011 2 – Bericht des Präsidenten im Akademischen Senat am 8.7.2009 3 – Pressenewsletter der UdK November 2010 4 – Bericht des Präsidenten im Akademischen Senat am 3.11.2010 5 – lediglich zweimal wird das Symposium in den Protokollen des Institutsrats am 16.6.2010 und im Fakultätsrat am 10.11.2010 erwähnt – das erste mal, um nach Zustimmung zum Titel zu ersuchen, das zweite mal, um einen Tag vorher daran zu erinnern 6 – nur Michael Fehr tritt in Form eines wenig aufschlussreichen Testimonials und in der Rolle des Kurators der begleitenden Ausstel- lung in Erscheinung 7 – zur Akademie als Potenzial siehe Irit Rogoff „Academy as Potentiality“, http://summit.kein.org/node/191, abgerufen am 22.4.2011 Literaturempfehlung:

Jaques Derrida, „The University Without Condition”, in: Alibi, Stanford University Press, 2002. Publikationsreihe „Unbedingte Universitäten”, Diaphanes Berlin




Herzlich Willkommen zu unserer kleinen Revue, mach es dir be­ quem, falls dein Bewußtsein noch nicht erweitert ist, wer­den wir das jetzt tun, zumindest im Hinblick auf das eine: die eigenart. Wir fangen gleich an und wollen beginnen mit einem alten Lied. So, wie es heute gesungen wird, dieses Stück von der studentischen Mitbestimmung in Sachen Hochschule, so sang man es auch schon vor 20, 40, 60 Jahren. 1992 besonders laut und erfolgreich: ein Student hatte sich fast bis ganz oben, bis ins Nest des Präsidenten hochgeträllert. Im Juni berichtet die eigenart in Ausgabe 7 über den Architekturstudenten Jo Panne, der den Willen hatte, Vizepräsident zu werden.­ Für seine Bewerbung schrieb er ein ausführliches Konzept, mit dem damals noch futuristischen Namen HdK 2000. „Eine verant­ wortungs­­bewußte Studentenvertretung, die sich und ihre Aufgabe ernst nimmt, kann aber mit ihrem Engagement und Beitrag zur aka­demischen Selbstverwaltung nicht brav halt machen vor den Zim­mern der Hochschulleitung! Nur mit einem studentischen Vizepräsidenten wäre eine echte Mitgestaltung der Hochschulpolitik möglich; gewissermaßen, so drückt sich Jo Panne aus: E ­ in ständiger Fuß in der Tür des Präsidenten.“ Er lässt sich 1991 für die Wahl aufstellen und wird auch vom akademischen Senat für die Bewerbung zugelassen. Die Wahl sollte dann erst ein Jahr später stattfinden und wieder berichtet die eigenart, inzwischen in Ausgabe ıı: „Die Wahl der Vizepräsidenten wurde dann im Juni 1992 im Konzil durchgeführt. Der Favorit der Studentenschaft liegt im ersten Wahlgang zwei Stimmen vor dem vom Präsidenten vorgeschlagenen konservativen Professor, und es fehlt Jo Panne 1 Stimme zur absoluten Mehrheit. Ein Raunen geht durch den Wahlraum. Die Hochschulleitung scheint besorgt. In der Pause zum zweiten Wahlgang findet dementsprechend starker atmosphärischer Druck, seitens des Präsidenten und Kanzlers auf bestimmte Mitglieder des Wahlgremiums statt. In der anschließenden Stichwahl kann sich der Professor dann knapp gegen den Studenten durchsetzen. Um ein Haar wäre die Sensation für die HdK dagewesen!“ Zehn Ausgaben später ist das hochschulpolitische Hoch abgeflaut und ein Autor nähert sich in Heft 21 den geschriebenen Hinterlassenschaften auf den Toiletten der UdK. „Eßt mehr Ohren!“ lautet da ein Hinweis am Einsteinufer. Naja, denken wir uns, andere Zeiten andere Sitten. Schließlich war die Wende erst fünf Jahre her, da waren Lebensmittel anscheinend knapp. Auch der Hausmeister schien sich öfter damit auseinandersetzen zu müssen, denn er brachte folgenden Hinweis in den Toiletten an: „Es ist verboten, die Kacheln in den Mund zu nehmen. Der Hausmeister.“ Aber Toiletten sind nicht das einzige, was die Studierenden umtreibt. Schließlich ist es inzwischen Mitte der 90er und Ausgabe 26 der eigenart. Auch wenn es heut noch nicht allen klar ist: das mit dem Analogen, das war einmal. Schon damals begann die große Digitalisierung. 1995 – das verbinden viele von uns mit dem Eintritt in eine neue Welt. Das Betriebssystem Windows 95 zog das Interesse der Gesellschaft auf sich. Fasziniert von den Möglichkeiten widmet sich auch die eigenart diesem Thema: „Where do you want to go today? Wenn man der aufstrebenden Softwarefirma Microsoft Glauben schenken darf, dann hat uns unsere Zukunft endlich eingeholt. Mit dem massiv beworbenen Windows 95 soll die Theorie der weltweiten Computervernetzung, die das vielbeschworene globale Dorf für jeden zugänglich macht, endlich in die Praxis umgesetzt werden. Mit einem Klick ins Internet! Oder vielmehr ins MSN, das Microsoft Network, einer der vielen neuen Online-Dienste, die momentan aus dem Boden schießen. Überall schallt es aus den virtuellen Wäldern heraus. Wer sich jedoch als einfacher User mal kurz einloggen will, [...] der wird bald feststellen müssen, daß der Server des Providers, den man ausgewählt hat, leider den Hyperlink in die



im rausch der seiten

Staaten nicht aufrecht erhalten konnte. In der Regel handelt es sich dann um Netzwerküberlastungen, die durch die übermäßige globale Kopplung der größtenteils noch analogen Übertragungswege zustande kommt.“ Neue Welten zu erobern, das war noch nie leicht, aber wer sagts denn, inzwischen gibt es sogar ein W-Lan-Netz in den Gebäuden der UdK. Hat zwar ein bisschen gedauert, aber wie gesagt, das mit der neuen Welt. Visionär wurde in jenem Artikel auch von den neuen Möglichkeiten für die Kunst gesprochen. Das ist jetzt 16 Jahre her, das klang damals aufregend und ist es auch heute noch, im Lehrangebot der UdK ist dazu leider noch nicht allzuviel Neues angekommen: „Das spannende ist, das hierarchische Strukturen passé sind. Filme erzählen keine Geschichte im ursprüng­lichen Sinn mehr, sondern liegen als komplexer Schwamm von Bildern vor. Im Internet entsteht eine neue anarchistische Kunstform. Ein Autor kann beispielsweise ein Gerüst für einen Roman vorgeben und den Leuten, die seinen Computer besuchen, die Möglichkeit einräumen, diesen Roman selbst weiterzuschreiben. Schon nach kurzer Zeit verschmelzen die lesende und die schreibende Masse.“ Verschmelzung, das klingt nach einem Urinstinkt, und so wahnsinnig analog. Ja, es klingt so schön, dem konnte sich selbst die HdK nicht entziehen. Und so verschmolzen zum WS 97 /98 ihre elf Fachbereiche zu vieren zusammen. Dummerweise hat die Hoch-


des Fachbereichs 3 alle Skulpturen entlang der Straße des 17. Junis, damit unsere Kulturstifter nicht das Banausentum der Heutigen mit anschauen mußten.“

EIN

REDAKTIONS-REMIX

AUS

20

JAHREN

EIGENART

Text: Claudia Dorfmüller

schule ‚verschmelzen‘ mit ‚einschmelzen‘ verwechselt, die großen Gefühle blieben aus und das ist auch einen Kommentar in der Ausgabe 29 wert: „Seit vielen Jahren gibt es studentische Vorschläge zur Neustrukturierung der HdK, die von einer Zusammenlegung von einzelnen Studiengängen zu Bereichen ausgehen. Arbeitsgruppen wie die VerfasserInnen des ‚Sauenpapiers‘ von 1993 waren immer dafür Fachbereiche zusammenzufassen, natürlich um die Kommunikation zu fördern und nicht um zu sparen, wie wir es jetzt erleben.“ 1996 wird das Geld großzügig für die Hochschulen gestrichen. Da blieben natürlich die Proteste nicht aus und im Mai machten sich dazu auch die HdKler auf. Am Montag den 20. Mai gab es den Startschuß für eine Woche mit über 50 Aktionen im öffentlichen Raum. „Demonstrieren – aber anspruchsvoll!“ war das Motto unter dem kleine Aktionsgruppen an allen möglichen Stellen der Stadt auf die Bildungsschräglage in Berlin aufmerksam machten. Zirka zwanzig Studierende eines Aktzeichenseminars blockierten die Kreuzung Kleistpark und entblößten sich – zum Schrecken aller anwesenden Polizisten – bis weit über das letzte Hemd hinaus. Das Büro für außerordentliche Maßnahmen stürmte Castorf-Inszenierungen und erschreckte saturierte Baselitzanhänger bei der Eröffnung der Ausstellung des Künstlers in der Neuen Nationalgalerie. In einer Nacht- und Nebelaktion verhüllte eine Gruppe von Studierenden

Geburtstagstisch

Nach diesem kreativen Ausbruch zurück zur Geschichte. 1999 jährte sich zum zehnten Mal der Berliner Mauerfall. Die Öffnung der Grenzen hatte zur Folge, dass es in einer Stadt plötzlich zwei Unis für die künstlerische Ausbildung gab. Eine in Weißensee, eine in Charlottenburg. Die Unterschiede der beiden Schulen werden in der eigenart reflektiert: „Solides Kunsthandwerk im Osten, konzeptionelles, abgehobenes Künstlertum im Westen bildeten – klischeehaft reduziert – die gegensätzlichen Pole nach der Wiedervereinigung. Heute, 10 Jahre nach der Wende, gibt es im wiedervereinigten Berlin immer noch zwei Auffassungen von Kunst, ausgedrückt auch in den Kunsthochschuldoppelungen in Ost und West und ihren unterschiedlichen Lehrkonzepten. […] Auch HdK-Professor Jörg Funhoff, Spezialist für Kunstdidaktik, will Weißensee erhalten.“ Denn er mag die „Ostpädagogen: ‚Die haben so ein Art ‚preußische‘ Zuverlässigkeit‘, lautet sein verschmitztes Urteil.‘ […] Und: Die Studenten seien politischer, besäßen mehr Engagement für Gemeinsinn als die Westler. Auch im Bereich der bildenden Kunst sieht Prof. Funhoff die aus dem Osten stammenden Studenten näher dran an der sozialen Realität, während die Westler nach wie vor zur Nabelschau tendierten.“ Von der Sprengung der Grenzen zur Explosion der Hochhäuser: Der ıı. September 2001 ist einer der historischen Momente, zu dem fast jeder sagen kann, was er gerade machte, als er davon erfuhr. Die Welt sollte sich grundlegend ändern, aber auch im Kleinen sind die Auswirkungen zu spüren. Nur drei Monate nach dem Anschlag sind auch Studierende der UdK betroffen. Die eigenart berichtet in der Ausgabe 01 /2002: „Wie Präsident Romain auf der letzten Sitzung des Akademischen Senats, am 05. Dezember, bekannt gab, hat nun auch die UdK Daten ihrer Studenten im Rahmen der Rasterfahndung herausgegeben. So wurden die Akten von 18 französischen, 16 israelischen und 14 arabisch-stämmigen Studierenden an das Landeskriminalamt (LKA) ausgehändigt. Die Betroffenen werden, so der Präsident, in den nächsten Tagen darüber informiert. Nachdem die erste Welle der Fahndung noch an der UdK vorüberging, sucht das LKA nach Ausweitung der umstrittenen Kritierien auf rund 30 Nationen auch unter den Studenten der Universität der Künste nach potenziellen Terroristen.“ Die UdK eine Keimzelle des Terrorismus? Kunst-Terror. Wenn überhaupt. Doch auch darin gilt es sich als junger Künstler zu behaupten, seine Positionierung zu finden. Wie kann das gehen? Bei einem Gespäch mit Siegfried Zielinski, Professor an der UdK, findet man in der Ausgabe von Juli 2009 eine Antwort: „Indem sie zunächst einmal voll auf Risiko fahren und auch in Kauf nehmen, dass es ihnen einige Jahre ökonomisch nicht so wahnsinnig gut geht. Man braucht, um seinen Weg zu finden ungefähr fünf bis sieben Jahre nach dem Studium – bis man viel besser ist als andere, bis man sich absetzen kann und bis man das Gefühl hat: Das ist das Ding, mit dem ich mich wirklich den Rest meines Lebens beschäftigen will. Das geht nicht sprunghaft, man ist nicht sofort bekannt, die Welt schreit nicht sofort nach einem und bezahlt einen gut, auch wenn man noch so tolle Arbeit als junger Mensch macht.“ Auch die eigenart befindet sich trotz ihrer 20 Jahre noch auf dem Weg des Bekanntwerdens, der eine oder andere Preis wurde schon eingeheimst, aber eingebrannt in das kulturelle Gedächtnis der UdK-Studierenden, das sind wir noch nicht. Egal, denken, wir uns, denn nicht jedes Hirn ist entflammbar. Wir machen lieber eine kleine Revue, rauschen durch die vergangenen 80 Ausgaben und verneigen uns vor diesen vielen Seiten bedruckten Papiers.

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drucken und pressen 20

JAHRE

EIGENART

Die Studierendenschaft, dieser Körper aus sich immer wieder erneuernden Zellen  –  besitzt Organe, die nicht jeder Studierende kennt und doch mit ihnen ver­bunden ist  –  indirekt als Teil des Ganzen. Eines dieser Organe, vielen unbekannt, anderen ans Herz gewachsen, gibt es seit nunmehr 20 Jahren. Die Eigenart. Klein war dieses Organ am Anfang und schwarz-weiß. Es

gab eine Vorder- und eine Rückseite. Und zwei Seiten, die sich dazwischen befanden. Aber durch eingehende Fürsorge und Liebe wuchs es heran zu einem vielfarbigen Magazin; mehr und mehr Seiten reiften heran zwischen Cover und Backcover. Inzwischen ist das Organ ausgewachsen und presst heraus, was sich im Körper der Studierendenschaft ereignet. 1991 war das Jahr, in dem das Organ ins Leben fand, EigenARTen hieß es damals noch und in der ersten Ausgabe, im Juni ’91, schrieb sie über sich selbst: „Die HdK hat eine Zei­tung! Wir sind das studierende Volk. Die Zeitung erscheint monatlich während der Vorlesungszeit […] Wir hoffen, es entsteht ein interessanter Quer-, nicht Durchschnitt, der einer ‚Hochschule der Künste‘, wie es sie vielleicht noch gar nicht gibt, würdig ist. Die Redaktion“. Nach nur drei Ausgaben

wird das noch junge Organ einer ersten Analyse unterzogen und die Redaktion kommt zu einer bedeutsamen Diagnose: „Auch wenn die Resonanz der trägen Masse bisher hauptsächlich aus Kritik und sogar Zuspruch aus dem Bekanntenkreis besteht“, sollte man dieses Experiment fortführen. Denn schließlich: „Früher oder später kommen Leserbriefe, ein paar begnadete HdKKünstler schreiben was von politischer Tragweite oder schicken eine kleine Zeichnung und schon ist man ein vom Markt nicht mehr wegzudenkendes Kulturblatt – könnte man jedenfalls sein, bei einer Kunsthochschule, an der sogar die Kommunikationswirtschaftler schon furchterregend kreativ sind.“ Dieses Blättlein, es lebt und atmet, und der Aufruf von damals aus dem November 1991, der könnte auch von heute sein:


B berlin

Doc: Wir seh’n uns in der Zukunft! Marty: Sie meinen in der Vergangenheit! Doc: Präzise! Äh, wo jetzt genau? Bleiben wir einfach in Berlin, es heißt, dort sind sie gegenwärtig. Die Zukunft und die Vergangenheit.


Am Wannsee engagiert sich eine Bürgerinitiative für den Erhalt der inzwischen denkmalgeschützten Sommerresidenz des Malers Max Liebermann (1847-1935). In den vergangenen Jahrzehnten wurde das Haus Zeuge der Berliner und der deutschen Geschichte und als Wohnraum, Lazarett und Vereinsheim genutzt. Seit 2002 ist es öffentlich zugänglich. Als der Berliner Impressionist Max Liebermann ab 1909 ein Sommerhaus mit Garten nach seinen eigenen Vorstellungen am Wannsee bauen ließ, war er sich unsicher, wie die neue Umgebung sein Werk beeinflussen würde. Noch bei seinem Einzug schrieb er einem engen Freund: „[…] es frägt sich nun blos, ob ich hier werde arbeiten können.“ Bereits einige Jahre später sollte das Motiv des Gartens für ihn zu einem wichtigen Thema seiner Malerei werden  – wie für viele andere impressionistische Künstler. Claude Monet (1840-1926) hatte sich in den 1880er Jahren seinen Künstlergarten in Giverny angelegt. Allerdings schuf sich Monet, im Gegensatz zu Liebermann,

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bewusst ein botanisches Experimentier- und Inspirationsfeld für seine Freiluftmalerei. Am Ende des 19. Jahrhunderts hatte der Bankier Wilhelm Conrad am Wannsee etliche Hektar Land erworben, erschlossen und parzellieren lassen. Industrielle, Künstler und andere erwarben die Grundtücke der „Colonie Alsen“ und errichteten jenseits der Großstadthektik ihre Ferienhäuser. Als eines der bekanntesten Häuser der Kolonie dürfte die Villa Marlier gelten, in der 1942 die Wannseekonferenz abgehalten wurde. 1909 begannen die Bauarbeiten für den Zweitwohnsitz Max Liebermanns, der die Sommermonate mit 62 Jahren nicht mehr in Holland, sondern am nahegelegenen Wannseeufer verbringen wollte. Die Architektur von Haus und Garten ließ er nach seinen eigenen Bedürfnissen und ästhetischen Idealen durch den Architekten Paul Otto Baumgarten gestalten. Nach nur einjähriger Bauzeit konnte Liebermann mit Frau und Tochter den ersten Sommer fernab des Hauptwohnsitzes am Pariser Platz verbringen. Das Haus im Grünen – bis dahin kaum in den künstlerischen Arbeiten

thematisiert – sollte zu dem wichtigsten Sujet des Spätwerkes werden und seinen Niederschlag in mehr als 400 Arbeiten finden. Seit 2002 ist der Entstehungsort der Bilder öffentlich zugänglich und befindet sich seit 2006 nahezu wieder in seinem ursprünglichen Zustand. Nach Jahrzehnten der Zweckentfremdung ist die Liebermann Villa durch bürgerliches Engagement zu einem Raum geworden, in dem ein Zugang zu künstlerischen Prozessen und einem kulturellen Erbe ermöglicht wird, das eng mit der Geschichte des Kaiserreiches, der Weimarer Republik und der NS-Herrschaft verknüpft ist. In der Weimarer Republik wurde die Villa am Wannsee zu dem harmonischen Gegenpol der bitteren Realität einer untergehenden Epoche, in der Max Liebermann als Secessions- und Akademiepräsident ver­stärkt antisemitischen Diffamierungen ausgesetzt war. Nach dem Tod des Künstlers 1935 wurde seine Frau Martha von den Nationalsozialisten drangsaliert und ausgeraubt: Sie durfte das Haus am Brandenburger Tor,


das erbe liebermann GESCHICHTE EINES

UND

REKONSTRUKTION

BERLINER

KÜNSTLERHAUSES

Text: Pay Matthis Karstens

in der sogenannten „Bannmeile“ um den Reichstag gelegen, als Jüdin nicht mehr betreten und musste die Villa 1940 zwangsverkaufen – mit sämtlichem Inventar. Wenige Monate nach ihrem Selbstmord vor der drohenden Deportation im März 1943 wurde der verbliebene Besitz Martha Liebermanns von den Nationalsozialisten inventarisiert und abtransportiert; darunter zahllose Bücher aus der Bibliothek des Ehepaars und neben den Resten der bedeutenden Gemäldesammlung Liebermanns auch etliche seiner Papierarbeiten und einige Ölgemälde. Ob diese Werke, wie die der „entarteten“ Künstler gewinnbringend an ausländische Käufer veräußert worden sind, lässt sich heute nicht mehr in Gänze nachvollziehen. Aus dem privaten Refugium am Wann­see wurde ein Schulungslager der Deutschen

Clemens Jahn, Endzeit (Villa Liebermann), 2011

Reichspost, in den letzten Kriegsmonaten ein Lazarett und anschließend die Chirurgische Abteilung des Städtischen Krankenhauses. In dieser Zeit verlieren sich nicht nur sämtliche Spuren der ehemaligen Einrichtung: Der prächtige Bauerngarten musste einem Parkplatz und die besondere Atmosphäre des Ateliers einem Operationssaal weichen. Zuvor sind mit den Heckengärten und dem Birkenhain bereits jene Gartenflächen abgeholzt worden, die Liebermann als Themen seiner Freiluftmalerei besonders schätzte. Nach der Restitution des Anwesens und dem Verkauf durch die Enkeltochter Max Liebermanns ging die Villa 1958 in den Besitz des Landes Berlin über. Doch bis ein Bewusstsein für die historische Dimension des Ortes entstehen sollte, mussten weitere Dekaden verstreichen, in denen die teils leer

stehende, als schwer vermietbar einge­stufte Immobilie lediglich als Last empfunden wurde. Wenngleich ein Schriftzug an der Fassade an den ehemaligen Bewohner erinnerte, wurde über den Fortbestand des Hauses diskutiert. Letztlich wurde die Sportnutzung präferiert und die Villa verpachtet: Aus dem Atelier des Malers wurde nun der Vortragssaal eines Tauchclubs. Als Liebermanns Oeuvre etwa ab den 1990er Jahren – insbesondere in Berlin – verstärkt von kunst- und kulturhistorischen Ausstellungen thematisiert wurde, entstand ein besonderes Interesse an seinem Erbe in seiner Heimatstadt. Vermehrt setzten sich Bürger für sein Landhaus ein und forderten die Kommunalpolitik zu einem Umdenken auf, so dass Villa und Garten ab 2002 sukzessive zu einem Raum wechselnder Ausstellungen und einer ständigen

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Dokumentation zu Leben und Wirken des Malers werden konnten. In enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz wurde die Villa von den baulichen Veränderungen der Fremdnutzungen befreit. Dabei konnte unter anderem der originale Fassadenputz des Architekten Baumgartens wieder freigelegt werden, der ursprünglich viele seiner Bauten zierte – etwa auch die der Villa Marlier. Das bislang einzige bekannte Wandgemälde Liebermanns, ein antikes Paradiesgartenmotiv in Kombination mit seinen eigenen Bildschöpfungen, wurde ebenfalls entdeckt. Bei der Rekonstruktion des Gartens griff man auf Briefe Liebermanns und seines Beraters Lichtwark, sowie auf fotografische und filmische Aufnahmen zurück, denn von dem ursprünglichen Eindruck des Reformgartens zeugten nur noch wenige

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Hecken und Bäume. Durch die ausführliche Dokumentationen der Planungsphase und die künstlerischen Arbeiten Liebermanns ließen sich bisweilen selbst genaue Bepflanzungen und die Farben einzelner Stauden rekonstruieren, die der Künstler teilweise bei stundenlangen Besuchen in der Gärtnerei Foerster seinem Farb- und Bildkonzept entsprechend ausgewählt hatte. Wenngleich die Stadt Berlin das Gebäude für den Museumsbetrieb zur Verfügung stellt, fällt ihr Bekenntnis zu Liebermanns Erbe verhalten aus. Sie hält keinerlei monetäre Unterstützung für den Umgang mit ihm bereit. Sämtliche Arbeit an und in der Villa wird durch das Engagement der Mitglieder der Max-LiebermannGesellschaft e.V. ermöglicht. Noch immer liegt die Pflege des Denkmals damit ausschließlich in den Händen verantwor-

tungsvoller Bürger, für die es als nächstes gilt, den Garten zu vervollkommnen: Noch immer kann ein Gartenbereich, aufgrund einer 1941 abgetrennten und seitdem anderweitig verpachteten Fläche, nicht in Gänze wiederhergestellt werden. Pay Matthis Karstens ist Student der Kunstgeschichte in Berlin, Mitarbei­ ter des Deutschen Historischen Museums und Mitglied der sich im März 2011 gegründeten Initiative „Junge Freunde der Liebermann-Villa“. Stoße dazu und entwickle zusammen mit der Initia­ tive einen eigenen Umgang mit dem Erbe Liebermanns. Mehr Infos: www.lieber­ mann-villa.de oder bei facebook.

Clemens Jahn, Endzeit (Villa Liebermann), 2011


berlin. damals. BILDER

AUS

DER

TRÜMMERSTADT

Text: Sandra Yvonne Richter

Mit der Ausstellung Berlin unterm Notdach erinnert das Ausstellungshaus C/O Berlin an den Fotografen Fritz Eschen. Dessen Aufnahmen dokumentieren das Leben im Nachkriegsberlin und zeigen Bilder vergangener Zeiten. Wir sehen eine zerstörte Häuserfront. Mehrere Männer stehen auf einer Leiter, ein paar drum herum. Der Wiederaufbau hat begonnen. Und auch der Alltag scheint zurück zu kehren. Eine Frau sitzt lächelnd auf dem Fahrrad, ihre Beine zur Seite geschlagen, während er mit den Füßen in den Pedalen steht. Wer ist das auf dem Bild? Ein Dozent und eine hübsche Studentin am helllichten Tage auf einer der vielen Straßen Berlins? Und wer ist der Mann hinter der Kamera? Der Beobachter dieser und ähnlicher Szenen wird von seinem Sohn als der bestvergessene Fotograf der Stadt bezeichnet. Das C/O Berlin will ihn nun wieder ins Gedächtnis rufen: Fritz Eschen. Geboren 1900 in Berlin in einem jüdischen Elternhaus, begann er eine Karriere als freier Fotograf im Alter von 28 Jahren. Er fotografierte für zahlreiche Agenturen bevor die Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 eine Zäsur für sein Schaffen bedeutete. Seine erste Frau, eine jüdische Unternehmertochter, und zwei seiner Söhne wurden in Auschwitz ermordet. Er selbst konnte sich vor der Deportation nur auf Grund seiner zweiten Ehe mit einer Nichtjüdin retten, nicht jedoch vor Verfolgung durch die Gestapo und dem Berufsverbot. Nach dem Ende des Krieges nahm er seine Arbeit als freier Fotograf wieder auf; seine Bilder waren sehr gefragt und wurden sowohl in der Neuen Zeitung als auch in der FAZ abgedruckt. Eschen hat die Fotografie nie erlernt und bezeichnet sich selbst als Autodidakt mit einem großen Interesse für Land und Leute. Vor allem das kulturelle und öffentliche Leben seiner Heimatstadt Berlin hat Eschen mit Faszination erkundet – mit erstaunlichen Resultaten. Manche bezeichnen Eschen auch als Chronist der Vier -Sektoren Stadt. Entstanden sind Fotografien der ersten zehn Nachkriegsjahre in Berlin. Die Aufnahmen zeigen eine Trümmer­topographie bekannter Straßenecken in Mitte und im westlichen Berlin; sie halten die Ruinen Berlins fest, aber auch wiedererstandene Kaufhäuser, Bahnhöfe und die Wohnpaläste in der Stalinallee. Neben diesen Stadtszenen entstanden auch Porträts von Politikern, Industriellen und Künstlern. Es sind wichtige zeithistorische Dokumente, die an eine vergangene Zeit erinnern – an eine Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, in der der Alltag langsam wieder in das Leben der Bevölkerung zurückkehrte. Beim Betrachten der Fotografien wird für Momente der Alltag früherer Generationen sichtbar. Sie sind nicht nur Mittel der Information, sondern auch der Erinnerung und der Illustration.

Fritz Eschen, Rotes Rathaus (oben), Paar (unten) © Deutsche Fotothek

Für manche ist es in Vergessenheit geraten: Das Nicolai Viertel liegt in Ruinen, das Rote Rathaus wurde stark beschädigt. Besonders spannend ist die Gegenüberstellung der damaligen Ansicht mit der heutigen. Um dies zu ermöglichen entwickelte das Berliner Start-Up Culturetouch eine gleichnamige i-Phone App. Die ausstellungsbegleitenden, multimedialen Inhalte wurden gemeinsam vom C/O Berlin, einem Stadthistoriker und dem Start-Up erarbeitet; dadurch werden zusätzliche Informationen zu den Orten von damals anschaulich gemacht und es kann ein direkter Vergleich mit dem heutigen Ort gezogen werden. Der Besucher kann den Guide mit nach Hause nehmen und so die Ausstellung noch einmal Revue passieren lassen. Neben dem C/O Berlin wird außerdem das Schokoladenmuseum in Paris die Applikation einsetzen. Und auch zur Biennale in Venedig wird es eine Tour geben, die verschiedene Museen und Ausstel­ lungen während des Festivals vorstellt. Fritz Eschen. Berlin unterm Notdach –– Das C/O Berlin prä­ sentierte vom 7. Mai bis 19. Juni 2011 in Zusammenarbeit mit der Deutschen Fotothek Dresden ca. 120 Fotografien aus dem Gesamtwerk von Fritz Eschen. Mit Fritz Eschen setzte C/O Berlin seine Serie zeithistorischer Fotografien fort, in der schon das Lebenswerk von Roger Melis gezeigt wurde.

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das olympische dorf LOCHKAMERA-AUFNAHMEN



VON

TERESA

BESSER


HEUTE VOM

DIE

FARBE

DER

WAHRHEIT

„Der dauerhafte Zweifel, die nagende Un­ sicher­heit darüber, ob das, was wir sehen, wahr, realitätsgetreu oder faktisch ist, begleiten dokumentarische Bilder wie ihr Schatten. Dieser Zweifel ist kein Mangel, der verschämt verborgen werden muss, sondern die Haupteigenschaft zeitgenössischer dokumentarischer Bilder.“ Diesen Zweifel an der Wahrheit der Bilder untersucht Hito Steyerl in ihrem Buch Die Farbe der Wahrheit. Als künstlerische Methode erlebte das Dokumentarische seit den 1990er Jahren ein Revival, auch im Zuge dessen, dass Kunst an einer anderen gesellschaftlichen und politischen Einflussnahme interessiert ist. Dokumentarische Bilder scheinen dies glaubwürdiger transportieren zu können, aber welche Politik der Wahrheit drückt sich tatsächlich in den dokumentarischen Bildern und Tönen aus? Welche Rhetoriken der Wahrheit, Aufrichtigkeit, Objektivität oder Echtheit werden artikuliert? Welche Rolle spielen dabei gesellschaftliche Übereinkünfte, Machtverhältnisse und Vorstellungen von Subjektivität? Unter Zuhilfenahme von Beispielen aus dem neueren Kunstgeschehen geht Hito Steyerl diesen Fragen nach und skizziert die Entwicklung verschiedener dokumentarischer Stile. Hito Steyerl: Die Farbe der Wahrheit.

IST

REST

DER

LETZTE

DEINES

TAG

LEBENS

Die Illustratorin und Comic-Zeichnerin Ulli Lust brachte einen Teil ihrer Vergangenheit in Form eines autobiographischen Comics zu Papier. 460 Seiten dick. Es ist die Geschichte zweier Punk Mädchen und Freundinnen, die als Siebzehnjährige bis nach Sizilien reisen, ohne Geld und ohne Papiere; die ein Leben kennenlernen, das die absurden, scheußlichen und unglaublichen Menschen hervorbringt. Sie geraten in Situationen mit der Mafia, kommen in Kontakt mit Drogen, werden belästigt und mißbraucht. Ulli Lust war dabei wichtig, dass Handlungen und Abläufe so geschildert werden, wie sie passiert sind; ihren dokumentarischen Comic-Stil erweitert sie mit Erinnerungsstücken wie Notizzettel, Bettelschilder und Tagebuchnotate, die sie damals auf der zweimonatigen Reise angefertigt hatte. Diese Detailtreue erweitert sie mit surrealen Zeichnungen: emotional grenzwertige Momente und Zustände bekommen so ihre eigene Form. Der Comic wurde inzwischen mehrfach ausgezeichnet; außerdem publiziert Ulli Lust seit 2005 eBooks und Comicstrips internationaler ZeichnerInnen auf ihrem Blog und OnlineVerlag electrocomics.com

ART

&

AGENDA

Kann Kunst politisch sein? Kann Kunst gesellschaftliche Kontexte beeinflussen und sie verändern? Die Antwort darauf gibt das Buch Art & Agenda. Auf 280 Seiten werden mehr als 100 zeitgenössische, internationale Künstler und Künstlerinnen vorgestellt, die mit ihrer Kunst ein Anliegen haben, das gesellschaftliche und politsche Relevanz in sich trägt. Das Buch faßt dabei verschiedene Strömungen zusammen und schafft damit einen Überblick über die zahlreichen künstlerischen Ansätze. Gregor Schneider ist mit seinen Strandkäfigen genauso dabei wie die Voina-Gruppe, die gern mal vor der russischen Präsidentschaftswahl ins Museum kopulieren geht. KünstlerInnen werden jeweils auf ein bis zwei Doppelseiten in Text und Bild vorgestellt, den einzelnen Kapiteln sind Einführungstexte vorangestellt, in denen Bezüge zur Kunstgeschichte gezogen werden. Die Zusammenhänge, die zwischen Kunst, Politik und Aktivismus aufgezeigt werden, sind dabei nicht nur eine Dokumentation aktueller künstlerischer Positionen, sondern verweisen auch auf zukünftige Formen politischer Auseinandersetzung. Klanten, Hübner u.a.: Art & Agenda. Political Art and Activism. Gestalten 2011. ISBN 978-3-89955-342-0

Ulli Lust: Heute ist der letzte Tag vom Rest deines Lebens. Avant-Verlag 2009. ISBN 978-3-939080-36-7

“AT ONE POINT WE CALLED IT IDENTITY CORRECTION. WHERE CRIMINALS USE IDENTITY THEFT TO PREY ON THE POWERLESS AND MAKE MONEY, WE PREY ON THE POWERFUL AND USE THEIR IDENTITIES AND POSITION TO GET THE WORD OUT ABOUT SOMETHING THAT NEEDS TO BE FIXED”

THE YES MEN A guerrilla communication operation in pinstripes, The Yes Men have been posing as representatives of global companies and governments, and carrying out so-called “identity corrections” by means of exaggerated declarations and absurd campaigns for years now. The group cooperates with a number of international activists, but is essentially a duo: Jacques Servin (alias Andy Bichlbaum) and Igor Vamos (alias Mike Bonanno), both of whom are also lecturers at New York universities. On December 3, 2004, which was the 20th anniversary of the chemical catastrophe in Bhopal in India, Bichlbaum appeared on the BBC World channel posing as a representative of Dow Chemical, apologizing for the accident and announcing that the victims would finally receive compensation. The company’s share price immediately fell dramatically—and, after years of obscurity, an accident that left up to 25,000 people dead and 500,000 people injured was finally brought to renewed public attention. In 2006, The Yes Men posed as representatives of the military supplier Halliburton, presenting the SurvivaBall, a huge, round protective suit that they claimed would protect managers from climate change. In 2007 they posed as representatives of ExxonMobil at a gas and oil industry trade fair, presenting the product Vivoleum—oil extracted from corpses. To quote: “With more fossil fuels comes a greater chance of disaster, but that means more feedstock for Vivoleum.” In 2008, they achieved their greatest coup so far by putting out around 1.2 million copies of a counterfeit New York Times newspaper that not only announced the end of the Iraq war, but also the indictment of George Bush for high treason.

Beyond the Golden Parachute 2001, Tampere, Sweden In 2001, Andy and Mike presented a short history of textiles at a conference in Finland, describing how the U.S. Civil War was a waste of money because slavery was replaced by remote sweatshop labor, such as we have today. The only problem now is the efficiency of the sweatshops and a lack of control over workers. Their answer was the management solution of the future: a shimmering golden leotard, whose crotch sports a three-foot-long golden phallus, or the Employee Visualization Appendage. The audience gave a round of applause, but asked no questions—only a few people admitted to being mystified, but no one was bothered by the content of the speech. If the conference attendees could so blithely follow The Yes Men down such paths, real business leaders could convince these “experts” of anything.

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THE HUMAN ELEMENT

THE YES MEN

THE HUMAN ELEMENT

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Dokumentarismen im Kunstfeld. Turia + Kant Verlag: Wien 2008/2010. ISBN 978-3-85132-517-1

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termine & infos SELBSTORGANISIERTE DER

FAKULTÄT

LEHRE

AN

NULL

Fakultät Null/Studies ist ein Vorlesungsverzeichnis für Seminare, Lectures, Workshops, usw., die für jede/n öffentlich zugänglich sind. Die Veranstaltungen können in Universitäten, Kulturinstitutionen, Galerien, Projekträumen, in einer Wohnung in Berlin oder auch auf anderen Erdteilen stattfinden. Die Idee hinter Fakultät Null ist, dass Bildung nicht durch modulare Studienpläne reglementiert sein sollte, sondern frei wählbar sein muss. Um die vielen existierenden Bildungsangebote zusammenzubringen, wurde die Plattform gegründet: Jeder kann sich registrieren und öffentlich zugängliche Veranstaltungen, selbstorganisiert oder institutionell, in das Vorlesungsverzeichnis eintragen. Der Name Fakultät Null verweist auf zwei Dinge: Als Fakultät verweist sie auf sich als Ort der Ausbildung. Mit der Null wird sie zur Meta- bzw. Anti-Institution, die sich an bereits existierende Fakultäten parasitär anhängen kann. Damit erweitert sie das Bildungsangebot und ermöglicht das selbstorganisierte und selbstbestimmte Studium. www.fakultaetnull.interflugs.de/ studies

FESTIVAL

ÜBER

HAUS

KULTUREN

DER

LEBENSKUNST DER

IM

WELT

Über Lebenskunst sucht in künstlerischen und kulturellen Initiativen – mit Imaginationskraft und Sinnlichkeit – nach zeitgemäßen Lebensmodellen. Das Projekt setzt sich mit den konkreten Lebenswelten der Städtebewohner_innen auseinander. In Kooperation mit Künstler_innen, Wissenschaftler_innen und Aktivist_innen werden Projekte in den Bereichen Nahrungsproduktion, Mobilität, Ressourcenverbrauch und Bildung entwickelt. Sie zeigen, dass eine nachhaltige Lebensführung nicht für Verzicht steht, sondern für mehr: für eine Lebensqualität, die der Natur nicht schadet,

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sowie für Besonnenheit und Aufmerksamkeit im täglichen Umgang mit Ressourcen. Das mehrteilige Programm setzt sich zuammen aus einer Veranstaltungsreihe, Aktionen und Installationen im Stadtraum und einem Festival vom 17. bis 21. August und macht Berlin damit zum Schauplatz für künstlerische Projekte, die Kultur und Nachhaltigkeit verbinden. www.ueber-lebenskunst.org/contents/ home

SYMPOSIEN

IN

SKETCHING

UND

PUBLIC

PORTUGAL: ANIMATION

URBAN OF

SPACE

Vom 21.– 23. Juli 2011 findet in Lissabon das 2. International Urban Sketching Symposium statt. Organisiert wird es von der Non-Profit-Organisation Urban Sketchers, die sich dem Zeichnen vor Ort verschrieben haben. Während des Symposiums wird es Zeichen-Workshops im historischen Lissaboner Stadtzentrum geben und an der Fakultät Bildende Kunst der Universität Lissabon werden Lectures abgehalten. Dafür wurden KünstlerInnen und IllustratorInnen unter anderem aus Portugal, England, Schweden, USA und Argentinien eingeladen. Ebenfalls in Portugal, in Coimbra, findet vom 28.– 30. September 2011 das Symposium Animation of Public Space through the Arts statt. Es geht um die Frage, inwieweit künstlerische Intervention an öffentlichen Orten mit dazu beitragen kann nachhaltige und zukunftsfähige Städte zu gestalten. Während des Forums werden künstlerische Ansätze untersucht und entwickelt, die sich unter anderem mit nachhaltiger Stadtplanung, Interaktion von urbanem und Naturraum, künstlerischer Intervention sowie Nachhaltigkeit in Verbindung mit kreativer Bildung auseinandersetzen.

KUNST-STOFFE FÜR

-

ZENTRALSTELLE

WIEDERVERWENDBARE

Die Idee hinter Kunst-Stoffe ist einfach: Es können Rest- und Gebrauchtmaterialien abgegeben werden, welche dann wieder für andere zur Verfügung und zur Weiternutzung bereit stehen. Gerade für Kulturschaffende ist der Zugang zu allen Arten von Material wichtig. Bei Kunst-Stoffe steht ein großer Fundus von verschiedenen und permanent wechselnden Stoffen und Materialien zur Verfügung – eher zu Flohmarkt als zu Einzelhandelspreisen. In diesem „Umverteilungszentrum“ finden sich Farben, Stoffe, Pappe, Acrylgras, Metall- und Holzreste, Fliesen, Folien, usw. Ergänzend zum Materiallager bietet Kunst-Stoffe offene Werkstätten für Metall-, Holz- und Textilverarbeitung sowie Ateliers an. Im Rahmen von Workshops werden unterschiedliche Zielgruppen mit der Praxis ökologischer Gestaltung vertraut gemacht. www.kunst-stoffe-berlin.de

KOLONIE

WEDDING:

OKK/RAUM29

Der Zusammenschluss von Projektund Ausstellungsräumen führte 2001 zur Gründung der Kolonie Wedding. okk/ raum29 ist ein Teil der Kolonie und versteht sich als Plattform für lokale und internationale KünstlerInnen, die an der Schnittstelle von Kunst und Politik arbeiten, und gesell­schafts­kritische Themen aufgreifen. Im okk/ raum29 werden, wie in der gesamten Kolonie, regelmäßig Veranstal­tungen durch­geführt: Vom 30. September – 20. Oktober wird die Ausstellung „Teilen statt Kriegen. Kunst im Frieden des Krieges oder im Krieg des Friedens?“ von Wolfram Kastner präsentiert. Vom 28. Oktober – 20. November widmet sich der Projektraum in Kooperation mit verschiedenen KünstlerInnen dem Thema Bedingungsloses Grundeinkommen.

http://symposium.urbansketchers.org www.encatc.org/cult-management-city

MATE­

RIALIEN

www.koloniewedding.de


planen und organisieren // viele e-mails schreiben // Kontakte knüpfen // diese Uni ein bisschen lieben // immer ein offenes Ohr für interessante Projekte // Arbeit sinnvoll auf andere verteilen // (journalistisch) Schreiben

noch besser planen und organisieren // (journalistisch) Schreiben // Ideen in Magazinform umsetzen // Magazinkonzept entwickeln // Organisation redaktio­ neller Abläufe (Workflow zwischen dir, Autoren, Lektorat, Layout) // Verant­ wortung tragen

Als RedaktionsleiterIn der eigenart bist Du verantwortlich für die Inhalte des Magazins; dabei hast Du Gestaltungsfreiheit und kannst Deine Vision eines studentischen Magazins umsetzen. Die eigenart lebt vom stetigen Wandel und Deinen Ideen sind (fast) keine Grenzen gesetzt. Welche Projekte willst Du vorstellen, welche Kunst zeigen? Mit wem möchtest

Du Interviews führen? Welche Themen beackern? Mit den 4+1 Fakultäten der UdK kannst Du aus einem reichen Fundus schöpfen, um über die aktuellen Entwicklungen aus Design, Kunst, Musik, Architektur, Kommunikation, Theater und Tanz in Wort und Bild zu berichten.

Als RedaktionsleiterIn der eigenart bist Du auch Teil des Allgemeinen Studierenden Ausschuss (AStA) und nimmst an den wöchentlichen Sitzungen teil. Außerdem bist Du AStA-Vertreter/in in ein bis zwei Gremien, deren Sitzungen mit Sitzungsgeld vergütet werden. Für Deine Tätigkeit als RedaktionsleiterIn und AStA-Referent/in erhältst Du für 40 Stunden im Monat eine angemessene Aufwandsentschädigung.

Du bewirbst Dich persönlich auf der Sitzung des StuPa am 06.07.2011 um 18.15 Uhr (Hardenbergstr. 33, Raum 110). Sende Deine Bewerbung (Motivationsschreiben und Lebenslauf ) bitte spätestens bis zum 04.07.2011 an StuPa@asta-udk-berlin.de! Bei weiteren Fragen kannst Du Dich gerne persönlich an die jetzige Referentin Claudia Dorfmüller, oder per Mail an eigenart@asta-udk-berlin. de wenden. Online findest du das Magazin unter www.eigenart-magazin.de

Wir freuen uns auf Dich. Bewirb Dich beim AStA der UdK Berlin!

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Offsetdruck

Werbetechnik

Qualitativ hochwertigen Druck realisieren wir mit unserem leistungsstarken Maschinenpark von Heidelberg. Bis zum Bogenformat 72 x 102 cm, 80er-Raster, 5- und 4-farbig + Lack drucken wir schnell, zuverlässig und brillant.

Wir bieten Ihnen ein breites Angebot an Formaten und Materialien für die Anwendung im Innen- und Außenbereich. Plakate, Displays, Leinwände und mehr produzieren wir auf unseren umweltfreundlichen EcoSolvent-Druckern.

Digitaldruck

OnlineShop

Die Kombination von mehreren Maschinen unterschiedlicher Hersteller im Digitaldruck ist wohl einzigartig. So setzen wir jeden Wunsch wirtschaftlich um: Schnellste Fertigstellung, umfangreiche Personalisierung und kleine Auflagen.

Millionen Produkte finden Sie im OnlineShop unter www.laser-line.de. Preiswert als Topseller/Specials und vielfältig im Individualdruck. Bestellen Sie einfach und schnell über den Onlinekalkulator und profitieren Sie vom automatischen Datencheck.

Verarbeitung

Service

Mit modernster Technik verarbeiten wir die Druckbogen zu Ihrem Produkt. Ob Lackieren, Cellophanieren, Schneiden, Falzen, Wire-O-Binden, Rillen, Perforieren, Kleben, Stanzen oder Prägen – Sie erhalten Full-Service aus einer Hand.

Eilaufträge erhalten Sie im Sofort-Tarif innerhalb von 8 oder 24 Stunden. Im Bonusprogramm PRINT&MORE sammeln Sie mit jedem Auftrag Punkte für attraktive Prämien. Weiterbildung für die Grafik- und Druckbranche bietet Ihnen die LASERLINE ACADEMY.

Bildtitel, Künstler


impressum

Herausgeber:

Allgemeiner Studierenden-Ausschuss (AStA) Universität der Künste Berlin Hardenbergstr. 33 10623 Berlin Redaktionsleitung / Anzeigen / Lektorat

Claudia Dorfmüller, eigenart@asta-udk-berlin.de Layout

Marius Förster, kontakt@mezla.de Robert Preusse, mail@robertpreusse.com Vielen Dank Simone van Eldik Typografie

HM Tilm – designed by Till Wiedeck & Timm Häneke www.tillwiedeck.com, www.timmhaeneke.de Autoren Text / Bild

Artúr van Balen, Teresa Besser, Claudia Dorfmüller, Mirus Fitzner, Frank Förster, Maria Fountoukis, Lea Gimpel, Lola Göller, Katrin Gruber, Josephine Hans, Naomi Hennig, Pablo Hermann, Jonas Hofrichter, Clemens Jahn, Pay Matthis Karstens, Daniel Kupferberg, Markues, Florian Reimann, Sandra Yvonne Richter, Jakub Simcik, Flavia Spichtig, Lasse Wandschneider, Chie Ying Druck

LASERLINE Digitales Druckzentrum Bucec & Co. Berlin KG Die eigenart ist das AStA-Studieren­ denmagazin der Universität der Künste Berlin und erscheint einmal im Semester. Veröffentlichungen stellen die persönliche Meinung des Verfassers dar. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Redaktion. ISSN:

1869-8956



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