Wie Zuckerwatte mit Silberfäden Sophia Bennett
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AlleRechtevorbehalten.
UnbefugteNutzungen,wieetwaVervielfältigung, Verbreitung,SpeicherungoderÜbertragung, könnenzivil-oderstrafrechtlichverfolgtwerden.
EinChickenHouse-BuchimCarlsenVerlag
©derdeutschenErstausgabebyCARLSENVerlagGmbH, Hamburg2010
©derenglischenOriginalausgabebyTheChickenHouse, 2PalmerStreet,Frome,Somerset,BA111DS,2009
Text©SophiaBennett,2009
Theauthorhasassertedhermoralrights.Allrights reserved.
Originaltitel:Threads
Umschlagbild:GettyImages,TamaraStaples
Umschlaggestaltung:Hauptmann&Kompanie,Vivien
AusdemEnglischenvonSophieZeitz
LayoutundHerstellung:SteffenMeier
Für Emily, Sophie, Freddie und Tom und Alex, der alles möglich gemacht hat, und Noney wegen ihrer Freude an schönen
Dingen

WirstehenimAteliereinesModedesignersin HoxtonundbewundernunsimSpiegel.Dasheißt, eigentlichsollsichJennyindemKleidbewundern, dassieaufdemrotenTeppichtragenwird.Wassie
bestimmtauchtunwürde,wennsiedarinnicht aussähewieeineKirschtomate.Edieundich begleitensienur,aberderSpiegelnimmtdieganze Wandein,undesistschwer,sichnichtheimlich selbstanzusehen.
BisaufdenSpiegelistdasAteliergroßund leer.LauterBacksteinwändeundhoheFensterund Kleiderstangen.MeineMutterwürde»LoftÄsthetik«dazusagen.Ichsage,esfehlenein bisschenLiebeundeinpaarPolstermöbel.
ImSpiegelbegutachteichmeineConverse,die ichheutezumerstenMalausführe,nachdemichsie mitTipp-Exaufgepeppthabe.Jetztsteheneinpaar gemäßigtefranzösischeSchimpfwörterdrauf(und einitalienischesvonmeinemBrieffreundMarco). Ichkennevielschlimmere.Ichfandsielustig,und Jennyauch.Ediestehtnatürlichübersolchen Dingen.AbermeineMutter,alsichheuteMorgen dieTrepperunterkam…niemandwürdeglauben, dasssiefrüherModelwarundHALBNACKT
überdenLaufsteggegangenist.Siehättemichgern sobravundintelligentwieEdieundmöchte,dass icheineJugendhabe,wiesiesieniehatte.Dabei klingtdieJugend,diesiehatte,ziemlichaufregend.
BeidensilbernenLeggingsbinichmirnicht mehrganzsosicher,obwohlsieeigentlich wunderschönsind.ZuHauseinmeinemZimmer habensiegeschmeidigundverführerischgewirkt, aberhierimLichtdesAtelierssiehtesaus,alsob ichgleichabhebe.DafüristdasSamttopechtsüß. EswarmaleinKleid,dochohnedieÄrmelund denRockistesvielschöner.Unddiefingerlosen schwarzenSpitzenhandschuhedazusindeinechtes Schmuckstück.Allesinallembinichziemlich zufriedenmitmeinemOutfit.
Edieversuchtsozutun,alswürdesiesichnicht ansehen.SiehateineModelfigur(imGegensatzzu mir–ichkommenachmeinemVater,derFranzose ist,GitanesrauchtundpraktischLiliputanerist), abersieträgtimmernurknielangeRöckeund
Kate-Middleton-Blazer.Gähn.Wahrscheinlich könntesiedirektnachderSchuleKatalogmodel werden,abernein,siewilllieberzuden VEREINTENNATIONEN.MumistTOTAL beeindruckt.
EdiebetrachtetverstohlenihrGesicht.Sieist hübsch,aufdieseblonde,mittelscheiteligeArt. HinterihrenstahlgrauenAugenistdasSuperhirn nichtsofortzuerkennen.Sieüberlegt,obsiesich einenPonyschneidenlassensoll.Dasüberlegtsie schonseitfünfJahrenundistimmernochzu keinemErgebnisgekommen.Dannmerktsie,dass ichsieansehe,undtutschnellso,alswürdesie Jennybewundern,wassiesofortverrät.
JennysiehtimMomentnämlichüberhauptnicht bewundernswertaus.EinreizendesMädchenund meinebesteFreundin,aberDIESESKLEID.Es stehtihrganzundgarnicht.UnddieVorstellung, dasssieesnächsteWochebeiderFilmpremiere anziehenmuss…
JennyhatindenletztenanderthalbJahreneine
Mengegeleistet.Siehatsichvoneinerquirligen, sommersprossigen,lustigenZwölfjährigenineine vollkommenneueVersionihrerselbstverwandelt. Esfingdamitan,dasssieBusenbekommenhatund eineganzeKollektionvonPickelnimGesicht. AußerdemhatsieineinemActionfilm mitgespielt–mitHollywoodsheißestem PromipaarundDEMneuenTeenager-Sexgott. Nichtunbedingtdas,wovonmanträumt,wenn BusenundPickelgeradesprießen.Undneuerdings hatJennyKomplexewegenihrerFigur.
VorfünfzigJahrenhättesiegenauimTrend gelegen.SiehatinetwadieGrößeunddieFigur vonMarilynMonroe.DochbeidemMagerwahn, derheuteherrscht,findetsiesichzudickundihre Brüstesindihrpeinlich.Ichbindiesbezüglich Spätentwickler,undEdiewirdniemehrals Spiegeleierhaben.JennyhatsogarKomplexe wegenihrerHaut,weilsiesoschnellrotwird.
UndsiehasstihreSommersprossenundihr kupferrotesHaar.Wahrscheinlichwäresieam liebstenunsichtbar.
Darauswirdnichts,wennsiedas Kirschtomatenkleidanzieht.DerDesignerheißt PabloDodo.DenNamenmussmansichnicht merken,dennwennerweitersolchenSchrott produziert,wirdesihnnichtmehrlangegeben.Er istderCousinvoneinemderFilmproduzenten,und nurdeshalbhaterdenAuftragbekommen.Erhatte dieIdee,ausJennyeinen»TrauminRot«zu machen.Waszeigt,wiewenigFantasieerhat.Mit ihremHaarundihrerHautistsiedasschonvon Naturaus.
BeiihremletztenBesuchimAtelierhatJenny PablovonihremBusenkomplexerzählt,underhat versprochen,ihnzukaschieren.Wenigstensdashat erhinbekommen.IhreBrüstesindirgendwounter demwallendenpurpurnenChiffonversteckt,der amSchlüsselbeinansetztundsichbiszurMitteder
Oberschenkelbauscht,wodasKleidabruptendet, alshätteesplötzlichweggemusst,undJennysrosaweißeBeineetwasverlorenzurücklässt.
Mirfälltnichtsein,wasichsagenkönnte,das passiertmirsonstnie,aberdashieristeine ziemlicheHerausforderung.AuchEdiebeißtsich aufdieLippen.
PablosAssistentinbereitetdieletzteAnprobe vor.IhrMundistvollerStecknadelnundsiefängt an,andemKleidherumzufummeln,wobeisie irgendwasvon»fröhlicheFarbe«murmelt.
»Wiefindestdues,Nonie?«,fragtJennymich undschlüpftineinPaargoldeneStilettos.Siesieht nervösundunsicheraus(undwürdesich hervorragendaufRucola-Salatmachen).
Ichlächeleermutigend,aberichsagenichts. WennichmirihrenAuftrittaufdemrotenTeppich vorstelle,tutesweh.
Ediekannsichnichtbeherrschen.
»DusiehstauswieeineKirschtomate«,platzt
sieheraus.»InStöckelschuhen.«
AusgerechnetsiewillDiplomatinwerden. ZehnMinutenspäter,nachallerhandVerrenkungen undÄnderungenhintereinemaltenverschlissenen Vorhang,kommtJennyinJeansundT-Shirtwieder herausundwirktvölligfertig.Ichhabeschonoft versuchtihrzuerklären,wietollsiein abgeschnittenenJeansundeineminderTaille geknotetenHemdàlaMarilynaussehenwürde, abersieistzudeprimiert,ummirzuzuhören.
EdiehatvonmireinenbösenBlickkassiert,den siemiteinemSchulterzuckenbeantwortet.Sie glaubtanEhrlichkeitunterFreundinnen.Weilsie zusehrdamitbeschäftigtist,hochintelligentzu sein,bemerktsiedieKonsequenzennicht.
IhretwegenmüssenwirzurU-Bahnrennen,um wiederansandereEndevonLondonzukommen. SamstagnachmittagsgibtEdieKindernmit LernschwächenehrenamtlichNachhilfe.InEdies
Lebendrehtsichallesdarum,Extrapunktefürihren Lebenslaufzusammeln,weilsiesichindrei JahrenanderHarvard-Universitätbewerbenwill. AnscheinendmussmaninHarvardstudierthaben, umzurUNOzugehen.ReeseWitherspoonwarin Natürlich blond auchinHarvard.Icherinnere michvage,wiedieFilm-Reesefürihre BewerbungeinVideovonsichamSwimmingpool gedrehthat,unddieHarvard-Professorenhaben siepromptaufgenommen.BeiEdieklingtesetwas komplizierter.Nichtnur,weilesinLondonso wenigeSwimmingpoolsgibt.
InderZwischenzeithabeichversprochen,Jenny zueinemSmoothieimVictoria-&-Albert-Museum (»V&A«,fürFreundedesMuseums)einzuladen, dasgleichbeiunsumdieEckeist.DasV&Aist dercoolsteOrtinLondonundeshatdasschickste Café:mitwunderschönenaltenFliesenanden Wänden,riesigenLampen,diewieHüpfbälle aussehen,unddenbestenSmoothies,dieichim
LaufjahrelangerMarktforschunggekostethabe.
EsistJennysletzteGelegenheit,etwas Normaleszuunternehmen,bevordiePromotionTourfürdenFilmrichtiglosgeht.DieLondoner PremierefindetnächstenSamstagstatt.Davorhat siejedeMengeInterviews,Fernseh-und Fototermine.DanachnochmehrInterviews.Dann fliegensienachNewYork,LosAngelesundJapan undallesgehtvonvornelos.
PabloDodosagt,fürdieNewYorkerPremiere hatersicheinenTrauminRosaausgedacht.Gnade unsGott!

hältmeineHand,aberichbindasgewohnt.Undes machtmireigentlichgarnichtsaus.Würdeein umwerfendtollerModegottmeinOutfit runtermachen,wäreichvielleichteinbisschen irritiert,abervonTypen,dievonKopfbisFußin Jeansstecken,braucheichmichwirklichnicht verunsichernzulassen.
EdieversuchtdasThemazuwechseln.Mit Betonungauf»versucht«.
»DumüsstestmaldasMädchensehen,demich Nachhilfegebe«,sagtsie.»Dieziehtsichrichtig ausgeflipptan.Siehatteschondieverschiedensten Phasen,aberimMomentsindesTutusund Elfenflügel.Ichmeine,Ballettröckchenan Fünfjährigensindechtsüß,abersieistzwölf.Und manweißnie,inwassiealsNächstesaufkreuzt. Dasheißt,fallssieüberhauptaufkreuzt.Dieletzten beidenMalehatsiegeschwänzt,undwennsie diesmalwiederfehlt,kriegtsieRiesenärgermit derSchule.«
»Wasmachstdueigentlichmitihr?«,fragtJenny.
»Wirlesen.SieistLegasthenikerin.Ernsthafte Legasthenikerin.IhrGehirnistfürRechtschreibung einfachnichtgeschaffen.LetzteWochehabenwir unseineStundelangmitdemWort›Stuhl‹ beschäftigt.IchversucheihrLesestrategien beizubringen.«
JennyundichhabenkeineAhnung,was Lesestrategiensind,aberwirfragenliebernicht. SonstwürdeunsEdiedieganzeFahrtdamit zutexten.
AlswirinderU-Bahnsitzen,holtsieeinpaar BücherausderTascheundzeigtuns,womitsiedas MädchendieseWochezumLesenverführenwill.
EssindlauterGeschichtenvonkleinenKindern undTieren,mitgroßenBuchstabenundkurzen Wörtern,keinsmehralszweiSilbenlang.Dann ziehtsiedenJane-Austen-Romanraus,densie geradeliest,undvertieftsichdarin.Wieichsie kenne,istsiebisheuteAbenddamitfertig.
JennyundichsteigeninSouthKensingtonausund verabschiedenunsvonEdie.ZumV&Aistesein kurzerSpaziergangdurchdieFrühsommersonne. IchliebedasV&A.DieGebäudesindgroßund buntundimposantundweitläufig.Mankannsich tagelangdarinverlaufen.Wieimmernehmenwir denWegdurchdieKostümsammlung,damitich meineDosismodischerInspirationinhalieren kann.
VollerEhrfurchtbleibeichvoreinem HochzeitskleidvonJohnGallianostehen,alsJenny nachmeinerHandgreiftunddaranzerrt.
»Au!«
»Schaumal!«,flüstertsiesolaut,dasssie genausogutineinMegafonschreienkönnte. »Wasdenn?«
Siefängtzukichernan.»Ichfürchte,Ediehat heutekeinGlück.«
IchfolgeihremBlick.Dort,vormeiner Lieblingsvitrine–indereinebestickteRobeaus
demachtzehntenJahrhundertausgestelltist–,sitzt einkleinesschwarzesMädchenmiteiner SchultascheundeinemNotizblockundzeichnet fleißig.Dannseheich,wasJennymeint.Das MädchenhatblaueBaumwolllatzhosenan,doch darüberträgteseinriesigesrosaTutuundanden SchulterneinPaarabgewetzteElfenflügel.Auf demKopfhatsieeinehimmelblaue
Häkelbaskenmütze,dieüberundübermitbunten Perlenbesticktist.Londonisteineschrille Modestadt,aberdiesesOutfitfälltsogarhierauf.
DasMädchenistsoversunken,dassesunsgar nichtbemerkt.
»Sollenwirsieansprechen?«,fragtJenny.
IchschütteledenKopf.»NichtunserProblem.«
»AberEdiehatwasvonRiesenärgergesagt, wennsienichthingeht.«
»Wirkönnendochnichteinfachzueinem wildfremdenMädchengehenundihmsagen,dass eszurNachhilfegehensoll.Siehältunsfürgaga.«
»Naja,ganznormalistsiejaauchnicht.«
DasfasseichalspersönlicheBeleidigungauf.
IchvertretedieMeinung,dassMenschen,diesich anderskleidenalsdieMasse,nichtinSchubladen gestecktundverurteiltwerdendürfen.Deshalb schnaubeichentrüstetundlasseJennystehen.Sie läuftmirhinterher.
»Tutmirleid,Nonie.Daswarnichtso gemeint…duweißtdoch,wasichmeine.« ImCafétrinkenwirschweigendunsereSmoothies.
Ichversuche,immernochgekränktzuwirken,aber ichhabeeinschlechtesGewissen.Wahrscheinlich hatteJennyRecht.DasMädchenbekommtÄrger undwirhättensiewahrscheinlichdavorbewahren können.IchbininsolchenDingeneinfachnichtso anständigwieJenny.
JennymachteinsorgenvollesGesicht. Schließlichgebeichnachundfragesie,waslos ist.
»Ach,nichts…Ichhabenurgeradeannächste Wochegedacht.«
Jetzthabeicherstrechteinschlechtes Gewissen.Heutesolltederletztefröhliche FreundinnentagfürJennysein,bevorderRummel mitdenInterviewsundPresseterminenlosgehtund siesichnurnochvonihrerbestenSeitezeigen kann.
VielevierzehnjährigeMädchenträumendavon, einHannah-Montana-Lebenzuführenundneben HollywoodsheißestemPaarunddemgrünäugigen, siebzehnjährigen,rattenscharfenJoeYule(oder JoesoCool,wieervonderPresseund sabberndenFansgenanntwird)aufdemroten Teppichzustehen.Jennynicht.Ihrgrautesvordem großenAuftritt,undwirmachenesihrauchnicht geradeleichter.
WenigstenskommtihrVatermitundleistetihr Gesellschaft.DerselbeVater,derihreMutter wegenseinerzweitenGeliebtenunddrittenFrau
sitzenließ,alsJennyzweiwar,unddannFÜNF JAHRELANGihreExistenzignorierthat.
AndererseitsisterinletzterZeitetwasnetter gewesen,alsogebenwirihmeinezweiteChance.
TrotzihresVaters,derfrühermaleinwichtiger Theaterregisseurwar,wollteJennySchauspielerin werden,seitsievierwar.IhreImitationvonSimon CowellausderX-Factor-Jury,wennersichüber einenKandidatenaufregt,istsokomisch,dasses wehtut.SiemachtauchdieKandidatennach, meistenseinenalterndenBreakdancerodereine schüchternegraueMaus,diediehohenTönenicht trifft.WirmüssenjedesMalbetteln,dasssie aufhört,damitwirwiederLuftbekommen.
VoreinpaarJahrenhatJennyinderSchuledie HauptrolleimMusical Annie gespielt.Musicals undalles,wasmitTheaterzutunhat,werdenan unsererSchuleganzGROSSgeschrieben.Manche gehendirektnachdemAbschlussaufdie Schauspielschule.Jennywarzwölfundspieltemit
Leuten,diesechsJahreälterwarenalssie. Trotzdemwarsiewitziger,lauterund unterhaltsameralsalleanderen.Natürlichhates geholfen,dassihrdieRollederniedlichen RothaarigenmitdertollenStimmeaufdenLeib geschriebenwar,aberfürsovielApplausund Zugabe-RufebrauchtmanauchTalent.
AmEndestelltesichraus,dassunterdenEltern imPublikumeineCasting-Agentinausder Filmbranchewar.Undehsiesich’sversieht,ist JennyinHollywoodundunterhältsichmit HollywoodsheißestemPaaramPoolvonderen Strandvilla.SiewarengeradeaufderSuchenach einemMädchenmitbritischemAkzentfürdie RollevonJoeYuleskleinerSchwesterineinem neuenActionstreifen. Kid Code,dieabenteuerliche GeschichteeinesLondonerJungen,der Hieroglyphenlesenkann. Die Mumie trifftauf Jäger des verlorenen Schatzes,miteinem Teenagerheldenundseinenunfassbarschönen
UndsogingJennynachHollywood,drehte überallaufderWelt,jagteFieslinge,wurdevon FieslingengejagtundführtewitzigeDialogemit JoesoCool.Wasmanmitdreizehnebensomacht.
DasProblemwar,dasskeinerdarandachte,sie aufdieArbeitvorderKameravorzubereiten.
DavonerzähltesiemirinlangenE-Mails,diesie nachtsnachhektischenDrehtagenschrieb.Eswar kaumZeitfürProben.SiesollteeinfachihrenText auswendiglernenunddannrausgehenundihn aufsagen.Ständigwarfmanihrvor,siedürfe nicht schauspielern.Alles,wassiegelernthatte–dass manfürdieBühneübertreibenmuss–,solltesie fürdenFilmwiederverlernen.VorderKamera mussmanuntertreiben.WennderRegisseursagte, siesollmitdenAugenspielen,spranger anschließendfrustriertimDreieckundschriesie an,siewürdeihn»FERTIGMACHENMIT
IHRERUNAUFHÖRLICHEN
UndwennsienichtvorderKamerastand,kam sieumvorLangeweilewegenderstundenlangen Warterei,sagtesie.MankannnurbegrenztSudokus lösenundMario-Kartsspielen,bevormansich fragt,obeinemdasGehirnwegschmilzt.
Ichglaubenicht,dassJennynureineneinzigen TagamSetrichtigglücklichgewesenist.Undjetzt, wodieDreharbeitenzuEndesind,musssiejedem Journalistenerzählen,wietollundwasfüreine großeEhreeswar,mitsovielenberühmten Schauspielernzuarbeiten,undwiesehrsiesich darauffreut,dassderFilmendlichrauskommt.
Umsieaufzumuntern,schiebeichmeinen SmoothiezurSeiteundlüge,dasssichdieBalken biegen,indemichihrversichere,dasssieindem Kleidsupertollaussehenwird,wennihreHaare erstmalgemachtsindundsierichtiggeschminktist undsoweiter.Sieglaubtmirbeinah.
Dannüberredeichsie,einpaarhoffnungsvolle
neueX-Factor-Kandidatenzuimitieren.Zuerst weigertsiesich,abersiekannnichtandersund machtsoforteinenminderjährigenMöchtegernTenornach,undichbrechevorLachenunterdem Tischzusammen.DieLeuteumunsrumwerfenuns böseBlickezu,undwirbeschließen,dassesZeit istzugehen.
AufdemRückwegdurchdieKostümsammlung istdasMädchenimTutuverschwunden.

AmnächstenTagpassiertetwassehrSeltsames.
IchbingeradeinderKücheundholemirwaszu trinken,alsmeineMuttermitmeinemBruderHarry reinkommt,umirgendwaszubesprechen.Die KücheistbeiunsderOrt,andemnormalerweise
allesstattfindet.Sieistgroßundweißundvoller Markengeräte,beidenenwirkeineAhnunghaben, wiemansiesaubermacht.DerKüchentischistaus italienischemMarmor(»fassihnnichtan,setzdich nichtdrauf,kritzelnichtdraufrumundkleckereum Himmelswillennicht«).DerFußbodenistaus Kalkstein(»fassihnnichtan«,bla,bla,bla).An denWänden,wieimganzenHaus,hängen UnmengenvonFotosundGemälden.DieKüche siehtauswieeineKunstgalerieimWestEndmit Espressomaschine.Aberwennmansichmaldaran gewöhnthat,istesganzgemütlich.
Harrylegt(sehrvorsichtig)einpaarFotosauf denTisch,dieerMumzeigenwill.Harryistfünf JahreälteralsichundstudiertKunstamCentral SaintMartinsCollege,derBESTEN KUNSTSCHULEDERWELT.Ichwürdemich auchdortbewerben,wennichwasanderesals Strichmännchenzeichnenkönnteundmeine perspektivischenVersuchenichtwieschräge3-D-
Puzzlesaussähen.Stattdessenlenkeichmeinen Ehrgeizdahin,einesTagesfürdieOlson-Zwillinge oderVivienneWestwoodTeezukochenundam Fotokopiererzustehen,aberdavonhabeichbis jetztNIEMANDEMerzählt,weilesder ModehimmelaufErdenwäre,undichwillesnicht beschreien.
BeiHarrydrehtsichzurzeitallesums Fotografieren.DavorwaresSiebdruck.Ich glaube,erweißnochnicht,wasfüreinKünstlerer werdenwill,aberaufjedenFallwirderGUT.
HarryistMumsGoldjunge.Wahrscheinlich sollteicheifersüchtigsein,aberichkannsie verstehen.Eristsupercool,weilnichtsanihm aufgesetztist.ErträgtalteJeans,dievom Radfahrenausgefranstsindundnichtvon irgendeinemDesigner,dasT-Shirteiner unbekanntenBand,dieermalvordreiJahrenauf demLandgesehenhat,undFlipflops.Erhat dunkelbrauneLocken,wieich,undervergisst
ständig,sieschneidenzulassen,sodasssieihm insGesichthängen.SeineStimmeisttiefundklingt immer,alswollteergleicheinenWitzerzählen.
Ichbinmirziemlichsicher,dassEdieaufihn steht,abersiegibtesnichtzu.Wäredanichtder krasseAltersunterschiedunddieTatsache,dasser
MEINBRUDERist,würdensievielleichteines TageseinschönesPaarabgeben,dennwieEdieist ersuperlieb,undandersalsEdieziemlich charmant,sodasserihrediplomatischen Schwächenausgleichenkönnte.
HarrykommtnachmeinerMutter,dieimmer nochschönist,unddasnachalldenJahren.Siehat dieseKnochenstruktur,dieModelshabenmüssen (»Wangenknochen,Liebling;wieschade,dassdu diedeinesVatershast«),undglatteHautund Lippen,dieaussehen,alswärensiemit
Bienenwachsaufgepumpt,wassieabernichtsind. AllerdingssolltetihrmalmeineGroßmutter sehen–nebendersiehtMumgeradezuunscheinbar