#44
Winter | Inviern 2012 | 2013
COVER
AM KÜCHENTISCH DER GROSSFAMILIE Hierbleiben muss man aushalten
DER SCHLOSSHERR SCHWÄRMT Tarasp als Lieblingsprojekt
SEIT 100 JAHREN FÄHRT DIE RHB BIS SCUOL Eine Bahn für grosse und kleine Fische
[ Generaziuns ]
Generationen
INHALT / CUNTGNU Editorial. Mehr als eine Familiensache.
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«Hierbleiben muss man aushalten.» Diskussionen
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am Küchentisch einer Grossfamilie.
«Tarasp ist mein Lieblingsprojekt.» Der Sanierer
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von Schloss Tarasp über sein Engagement und seine Ideen – eine Fiktion aus dem Sommer 1912.
Zeitlauf am See. Die Künstlerin Gabriele Horndasch
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hat am frühen Morgen die Stimmungen am Lai Nair in Tarasp dokumentiert.
Strecke für grosse und kleine Fische. Seit genau
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hundert Jahren fährt die RhB ins Unterengadin. Dazu ein Blick ins Bahnmuseum Albula.
Olympias Riesendefizite. Köbi Gantenbein über
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die Geschichte und die hinterlassenen Finanzlöcher der Grossveranstaltungen.
Dad ons grass e dad ons majers. Üna spassegiada
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tras la ils ultims decennis da la culrua rumantsch ladina – mit einer deutschen Zusammenfassung.
Kindergärtnerin der Kindeskinder. Tina Puorger
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betreut bereits die Kleinen ihrer ersten Kindergärtler.
Engiadina narrais-cha. Extracts da las nardats dad
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Alfons Clalüna e Caricaturas da Jürg Parli.
Warum Töchter die Eltern pflegen. Fast immer
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kümmern sich Töchter um ältere Familienangehörige.
Das Geschäft bleibt in der Familie. Obwohl es
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nicht immer einfach ist: Oft werden die gleichen Berufe gelernt und die Unternehmen weitergeführt.
Der Rollator neben dem Kinderwagen. Betagte
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und Kinder unter einem Dach, das kann funktionieren.
Die Zukunft der «Fränzlis» ist weiblich. Drei junge
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Frauen in den musikalischen Fussstapfen ihrer Väter.
Paradies der Worte und Gedanken. Die Biblioteca
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Engiadinaisa in Sils ist das Werk einer Stifterin.
Bücher. Neuerscheinungen aus der Region.
60
Pizzeria. Aktuelles aus Südbünden.
62
Vorschau. Impressum.
66
Titelbild Gabriele Horndasch, Bild rechts: pictore/istockphoto.com
www.intersportrent.ch
No. 1 worl dwid over 80
The rent experts
0 sho
ps
e
Mehr als eine Familiensache Liebe Leserinnen und Leser – chara lectura, char lectur
S
eit Generationen bebaut die Familie dieses Stück Land.» Wir verstehen den Satz sofort: Es geht um Väter, Grossmütter und Urgrossväter –
um eine Familienangelegenheit, um Traditionen.
D
aspö generaziuns cultivescha la famiglia quist toc terrain». Dalunga inclegiaina la frasa: I’s tratta da baps, da nonas e da tats – i’s tratta
d’üna fatschenda da famiglia, da tradiziun. Ma il pled
Doch der Begriff «Generationen» geht darüber hin-
«generaziuns» tendscha sur quai oura. In quist’ediziun
aus. Wir gehen in dieser Ausgabe zwar auch den tradi-
muossaina bainschi eir purtrets tradiziunals, ingio
tionellen Bildern nach, wo Grossfamilien über Gene-
cha famiglias grondas vivan insembel düront genera-
rationen zusammenleben und wo die Jugend in die
ziuns e generaziuns, ingio cha’ls giuvens surpiglian
Fussstapfen der Eltern und Grosseltern tritt und Ho-
l’hotel o l’affar dals genituors e da lur nonas e bazeg-
tels, Unternehmen oder die Musikgruppe der «Fränz-
ners, uschè sco ch’eir ils «Fränzlis» chüran e mainan
lis» weiterpflegen und weiterführen. Wir stellen Ih-
inavant lur tradiziun musicala. No As preschantain
nen eine Kindergärtnerin vor, die bereits die Kinder
üna muossadra chi accumpogna fingià als uffants da
EDITORIAL
ihrer ersten Kinder auf einem Stück Lebensweg beglei-
seis prüms scolarins sün ün toc da lur via ed i’s tratta
Urezza Famos
tet, und es geht um Töchter, die ihre Eltern pflegen.
implü da figlias chi pisseran per lur genituors.
Aber wir zeigen Ihnen auch, wie nichtfamiliäres Zu-
No As muossain però eir co chi funcziuna la convi-
sammenarbeiten und -leben über Generationen hin-
venza e la collavuraziun sur plüssas generaziuns tan-
weg funktioniert. Etwa im «Neugut» in Landquart, wo
ter persunas na paraintas. Quai es per exaimpel il cas
Alterszentrum und Kindergarten unter dem gemein-
i’l «Neugut» a Landquart, ingio ch’ün center d’attem-
samen Dach untergebracht sind – ein Modell, über das
pats ed üna scoulina as rechattan suot il listess tet – ün
man auch im Engadin intensiv nachdenkt.
model chi vain tut in consideraziun intensivamaing
Wir befassen uns mit dem Generationenwechsel in
eir per l’Engiadina.
der romanischen Literatur und blenden zurück in die
No ans occupain cun la müdada da generaziuns illa
hundertjährige Geschichte der Bahnverbindung ins
litteratura rumantscha e dain ün sguard inavo sün
Unterengadin und – provokativ im Hinblick auf die
100 ons istorgia da la viafier in Engiadina Bassa – e pro-
Bündner Abstimmung im März 2013 – in die Verände-
vochain ün sguard inavant sün las müdadas i’l circus
rungen im Olympia-Zirkus. Symbolträchtig zeigt die
olimpic chi han da gnir admissas illa votumaziun
Fotostrecke den Lauf der Zeit – auch ein Element des
chantunala in marz 2013. Las fotografias simbolise-
Generationenbegriffs. Wir laden Sie ausserdem ein zu
schan l’ir dal temp – ün ulteriur elemaint chi’d es col-
einem Ausflug in die Fiktion, wenn es darum geht, zu
lià cul term generaziuns. Dasper tuot quist As invi-
ergründen, was der Retter von Schloss Tarasp vor ge-
daina da far ün’excursiun fictiva e tadlar che cha
nau 100 Jahren gesagt hat – gesagt haben könnte!
l’iniziant restoratur dal Chastè da Tarasp ha dit precis
All diese Geschichten wollen Ihnen zeigen, dass über
avant 100 ons – o pudess avair dit!
die Generationen nicht nur Materielles weitergegeben
Tuot quistas istorgias muossan cha las generaziuns nu
wird, sondern auch soziale Kompetenz und kulturelle
dan inavant be mezs materials, mobain eir cumpeten-
Werte. Freuen Sie sich also wieder auf ein Heft voller
zas socialas e valuors culturalas. S’allegrai dimena da
überraschender Geschichten und abonnieren oder
leger darcheu ün magazin plain istorgias surprenden-
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tas ed abunai o regalai il piz: www.pizmagazin.ch
piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
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«Hierbleiben muss man aushalten» Was prägt eine Jugend im Engadin? Unterscheidet sie sich in globalisierten Zeiten überhaupt noch von einer in Basel oder Zürich? Wir versuchen die Frage am Küchentisch einer Grossfamilie in St. Moritz zu klären.
Text: Mathias Balzer Fotos: Flurin Bertschinger
D
as Haus an der Via Spelma in St. Moritz ist die
sind doch in etwa dieselben wie in grossen Agglome-
Antithese zur Behauptung, dass der Lebens-
rationen. Die elektronischen Netzwerke garantieren
raum für Einheimische im Oberengadin bald
wie anderswo die Teilhabe am globalen Informations-
so knapp wird wie für Bären. In der Gemeinschaftskü-
fluss. Persönliche Kontakte können dank Facebook,
che des hundertjährigen Hauses gehen drei Generati-
Twitter und schnellen Verkehrswegen auch über die
onen einer Grossfamilie ein und aus. Die Spaghetti
Berge hinweg intensiv gepflegt werden.
schmecken hervorragend und nach zwei Stunden Gespräch am grossen Tisch stellt sich so was wie Gebor-
Weg – und wieder zurück
genheit ein. Man fühlt: Das hier ist ein Zuhause.
«Es ist eben nicht so einfach, sich selbst zu finden, sei-
Am Tisch mit uns sitzen Marcella Maier, die 92-jährige
nen eigenen Weg zu beginnen in einem Tal, in dem es
Schriftstellerin, engagierte Journalistin und streit-
doch eng ist, wo alles schon vorgegeben ist, wo man
bare Politikerin, im Haus Nona genannt; ihre Tochter,
sofort auffällt, wenn man nur ein bisschen aus der
Corina Huber, und deren Tochter, Selina Huber. Drei
Reihe tanzt», sagt Selina, die jüngste der drei Frauen.
Frauen, drei Generationen St. Moritzerinnen, die ge-
Sie habe schon ab der sechsten Klasse gewusst: «Ich
meinsam Erfahrungen teilen, die beinah ein ganzes
muss hier weg.» Dank des weltoffenen Elternhauses
Jahrhundert umfassen. Sie empfangen uns stellvertre-
hat sie ihre Kontakte anderswo gesucht, gefunden und
tend für den gesamten Haushalt. Zwei weitere Töchter
gepflegt. Als sie nach der KV-Ausbildung nach Zürich
von Marcella Maier leben mit ihren Familien eben-
zog, erging es ihr aber doch ein wenig wie Johanna
falls unter demselben Dach, fünf Enkel und einige Un-
Spyris Heidi in Frankfurt: Die Menschenmassen, die
termieter gehen hier ein und aus. Eine Lebensgemein-
Vielzahl der Lebensentwürfe, die tägliche Hektik wa-
schaft, wie sie in unseren Breitengraden nur noch
ren ebenso erschlagend wie inspirierend. Ganz zu
selten anzutreffen ist.
Gibt es noch Unterschiede?
schweigen vom Ausgeh- und Kulturangebot, das die Angebote im Engadin doch etwas alt aussehen lasse. Und doch: Nachdem die Stadt «erobert», einige neuste
St. Moritz ist ein janusköpfiger Ort, Dorf und Mini-
Trends ausprobiert waren, verblasste der Reiz des Un-
stadt in einem. Die Mischung aus provinziellem Dorf-
bekannten. Und dann wurde auch Selina sachte von
leben und mondäner Weltläufigkeit bestimmt hier
der ältesten aller Engadiner Krankheiten gestreift,
den Lauf der Dinge und die Biografien derjenigen, die
vom Heimweh.
hier aufwachsen, ihre Jugend verbringen und viel-
«Der Drang, wegzugehen, die Welt zu sehen, keimt
Foto rechte Seite:
leicht auch bleiben. Obwohl das die wenigsten tun,
hier oben besonders gut», meint ihre Grossmutter.
Eine Grossfamilie über
wie Corina Huber sagt. Aus ihrer ehemaligen Schul-
Das kommt natürlich auch durch Begegnungen mit
drei Generationen lebt im
klasse sei es gerade mal eine Handvoll, die sich für ein
Gästen, die einem allein schon durch ihre Herkunft –
selben Haus. Drei Frauen
Leben im Engadin entschieden hätte. Die anderen ha-
sei es Hamburg, London oder São Paulo – ständig den
ben sich über die Berge davongemacht.
Duft der weiten Welt durch die Nase ziehen. «Ist man
diskutieren als Stellvertreterinnen: Marcella Maier (Mitte),
Davongemacht, weil hier oben etwas Entscheidendes
aber länger in der Stadt, beginnt man die Natur zu ver-
deren Tochter Corina Huber
fehlt für ein «erfülltes» Leben? Unterscheidet sich die
missen. Und dann auch wieder umgekehrt», erklärt
(rechts) und die Enkelin,
Kindheit und Jugend im Engadin überhaupt noch von
Selina, die vorläufig zurückgekommen ist in die WG
Selina Huber (links).
derjenigen im Unterland? Die Einkaufsmöglichkeiten
der Nona. Die Enkelin arbeitet bei einem Tourismus-
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büro, weiss aber genau, dass sie es hier oben nicht
St. Moritz war damals ganz und gar nicht unberührt
allzu lange aushalten wird. Zu viel gebe es noch zu ent-
von den Kulturimpulsen, die aus San Francisco und
decken in dieser Welt. Indien und Nepal hat sie bereits
London über den grossen Teich wehten. So entschied
intensiv bereist. Weitere Ziele, als Ferien- oder als Ar-
sie sich, als nach einer neunmonatigen Indienreise
beitsort, stehen auf ihrer Wunschliste. Auch ihr
mit ihrem Mann die Familiengründung anstand, in
Freundeskreis wohne weit um den Piz Nair herum.
Andere Zeiten – andere Bedingungen
St. Moritz zu bleiben. «Mir ist das leicht gefallen», sagt sie heute. «Ich bin eben ein Naturkind.» So unterschiedlich die zeitlich bedingten Umstände
Für Marcella Maier, 1920 geboren, stand ein solch glo-
dieser drei Biografien sind, so klar wird beim Gespräch
baler Lebensentwurf vorerst nicht zur Disposition. In
hier in der Küche, dass es ohne einmal wegzugehen
den Dreissigerjahren verbrachte sie das damals auch
kein Hierbleiben gibt. Dass nur wenige zurückkom-
für Engadinerinnen obligate Welschlandjahr als Au-
men, liege vor allem an den Arbeitsmöglichkeiten,
pair-Mädchen bei einer kulturell engagierten Familie
meint Selina Huber. «Das Jobangebot ist sehr be-
in Genf. Nach einem darauf folgenden Italienaufent-
schränkt, etwas wirklich Interessantes zu finden, ist
halt war es aber bereits fertig mit der Entdeckung der
schwierig.» Demnach sind die Engadiner, wie zu Zei-
Welt. Die Jahre des Zweiten Weltkriegs verbrachte sie
ten der Zuckerbäcker, im Grunde immer noch Aus-
fast ausschliesslich in St. Moritz. «Wo hätte man auch
wanderer. Nur sind die Bodenpreise mittlerweile zu
hingehen sollen? Die Grenzen waren dicht. Am
hoch, um sich als Rückkehrer ein Sommerhaus zu
Abend wars im ganzen Land dunkel», erinnert sich die
bauen, wie es vorhergehende Generationen taten.
heute beinah erblindete Schriftstellerin. «Aber das war kein langweiliges Leben», sagt sie nachdrücklich.
Einheimische als Zaungäste
«Der Zusammenhalt im Dorf war gross. Man half sich
Für diejenigen, die hier bleiben, haben sich die Mög-
mit dem Nötigsten aus. Die Frauen nähten oder strick-
lichkeiten, mit dem globalen Dorf in Kontakt zu blei-
ten gemeinsam. Kulturell lief wenig. Die Hotels waren,
ben, durch die Mobilität und die Oberflächen der elek-
mit Ausnahme des ‹Palace›, geschlossen. Einige vom
tronischen Kommunikationsmittel erweitert. Vom
Krieg geflüchtete Musiker gaben ab und zu ein Kon-
realen Gast bekomme man heute aber weniger mit, als
zert. Dann ging man eben zu Fuss nach Silvaplana
früher, meint Selina und stellt ihrer Grossmutter die
und kehrte nach dem Konzert unter dem Sternenhim-
Frage, ob es denn früher nicht interessanter gewesen
mel nach Hause zurück.»
sei, als die Gäste nicht wie heute nur drei Tage, son-
Als es nach der Olympiade 1948 wieder aufwärtsging,
dern drei Wochen oder drei Monate geblieben seien.
in den Fünfzigern die Hollywoodstars wieder anreis-
Grossmutter und Mutter bestätigen, dass sich das Ver-
ten, war Marcella Maier bereits Mutter und hatte sich
hältnis zu den Gästen bestimmt verändert habe. Für
für ein engagiertes Leben im Engadin entschieden.
Selina hat der Tourismus im Spiegel der Erzählungen
Die Welt habe sie erst später bereist.
ihrer Grossmutter, die immerhin Persönlichkeiten
St. Moritz weiss, woher der Zeitgeist weht
wie Hermann Hesse oder Charlie Chaplin begegnet ist, an persönlichem Charme eingebüsst.
Corina Huber, heute Leiterin der Dokumentationsbi-
Die Nona lächelt: «Wir leben hier in einem Theater.
bliothek in St. Moritz, steht quasi in der Mitte der Er-
St. Moritz ist eine Bühne und die Einheimischen sind
fahrungen ihrer Mutter und derjenigen ihrer Tochter
dabei Zaungäste und Zudiener. Das ertragen nicht alle.
Selina. Sie widerspricht der Tochter, wenn diese das
Diese Rolle muss man schon aushalten, wenn man
hiesige Kulturangebot etwas belächelt. Es gebe mitt-
hier lebt.»
lerweile Anlässe, wie das Jazzfestival oder das Art Masters, die internationalen Wind ins Kulturleben brächten und den Vorteil hätten, dass man hier, im Dorf, den Künstlern auch persönlich begegnen könne. Ihr, die Ende der Sechzigerjahre zwanzig war, habe es hier oben auch in der Jugend nicht an Essentiellem gefehlt. Natürlich hätten auch sie oft Freunde in Zürich besucht und spätestens nach dem ersten Openair-Besuch in Wetzikon, an dem «Deep Purple» aufspielten, habe auch sie gewusst, woher der Zeitgeist weht. 8
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Hier noch das Bild der Frauen am Tisch, ganz klein?
vivanda
g ev ni vuai n nd a ae g ne gn i audi n i na a e n g i a d i n a
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«Tarasp ist mein Lieblingsprojekt» Tarasp verdankt den Wiederaufbau der Ruine zum Schloss vor hundert Jahren dem «Odolkönig» Karl August Lingner. Lingner-Biograf Walter A. Büchi hat den damaligen Schlossherrn zu einem Interview auf der Baustelle überreden können – eine Fiktion aus dem Sommer 1912.
Text: Walter A. Büchi Fotos: Susanna Fanzun
D
as ist er also, der Mann mit den vielen Millio-
tor (als Ehrendoktor der Medizin der Universität
nen, Fabrikant, Reklamegenie, Bazillenkrieger,
Bern)? Oder (da ich gehört hatte, er möge Schmeiche-
Aufsteiger aus einfachen Verhältnissen. Freun-
leien nicht) einfach Herr Lingner? Ich versuche es:
de sagen: Ausnahmemensch.
Das «Teehaus» unterhalb des Schlosses ist unser Treff-
Exzellenz.
punkt. Ein flacher Holzbau, zwei Räume mit Telefon,
Lingner wehrt ab: Einfach Doktor, bitte.
wenige Möbel, ein Harmonium, alles rauchgeschwän-
Dann will er alles über mich erfahren, wer ich sei, wel-
gert. Lingner begrüsst mich freundlich-skeptisch. Er
che Ausbildung ich genossen habe, in wessen Dienst
trägt Bart, ist von blasser Gesichtsfarbe, etwas steif
ich stehe und so weiter.
nackig, ausgesucht höflich im Umgang. Die warme Nacht lockt auf die Korbstühle im Freien. Das Heer der
Warum gerade Tarasp?
Grillen gibt den Ton an und die Fledermäuse stürzen
Endlich ergibt sich Gelegenheit für die erste Frage: Die
sich in ihre Jagdgründe.
Menschen möchten immer zuerst wissen, wieso Sie über-
Ich bin auf 22 Uhr bestellt worden. Bausekretär Vaja
haupt nach Tarasp gekommen sind.
hat mich hierhin begleitet, sich ein paar Bemerkun-
Oh, der Name Tarasp begegnete mir erstmals anläss-
gen zu Lingner gestattet, mir dann etwas von einer
lich eines wohltätigen Basars in Dresden, und zwar in
Staubsauganlage erzählt, die nun doch nicht einge-
Gestalt eines Aquarells, welches unsere damalige Kö-
richtet werde, den vielen elektrischen Steckdosen und
nigin Carola, eine grosse Frau, gemalt hatte. Sie besass
der Zentralheizung und dass der Chef immer das Mo-
in Tarasp ein Hausgrundstück, verbrachte gern den
dernste wolle. Ich hörte nur mit halbem Ohr zu.
Sommer hier oben, malte fleissig. Neugierig geworden,
Lingner kramt einen dünnen Karton aus seinem lei-
fuhr ich im Jahr 1900 hin, damals noch mit der Kut-
nenen Anzug und steckt ihn wieder ein – seine Agenda,
sche über den Pass. Natürlich lockten mich ebenso die
die er jeden Tag wegwerfen kann, er mag es nicht, das
arzneikräftigen Glaubersalz-Quellen, die grossartige
Erledigte verflossener Wochen mit sich herumzu-
Trinkhalle, das vorzügliche Alpenklima, die ganze
schleppen. Offenbar bin ich heute sein letzter Gast.
wilde Gebirgsnatur – Marienbad und Vichy erschei-
Ein smarter junger Mann füllt zwei Gläser mit franzö-
nen mir demgegenüber geradezu als langweilig.
sischem Rotwein, stellt etwas Gebäck dazu, sein Auftreten hat etwas Mondänes, steht in eigenartigem
Hatte denn eine Krankheit Sie geplagt?
Kontrast zur natürlichen Umgebung aus Wiese und al-
Nein, nein, ich war damals etwas überarbeitet, da
lerlei Buschwerk.
braucht man Gratifikation. Aber man geht ja auch aus
Lingner schaut mich prüfend an, setzt dann, gemes-
anderen Gründen in die Kurhäuser, trifft sich dort mit
sen und kunstvoll, eine Zigarre in Brand, nimmt ei-
interessanten Menschen.
nen Zug und betrachtet sichtbar entspannt, fast liebe-
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voll das glühende Ende. Derweil mache ich mir über
Und dann haben Sie sich in Schloss Tarasp verguckt?
die korrekte Anrede Gedanken. Nach seiner Weltge-
Verguckt? Da ist nichts bloss gefühlsmässig. Es gibt lei-
sundheitsausstellung in Dresden vom letzten Jahr
der viele mittelalterliche Burgen in Deutschland und
wurde er mit Ehrungen aller Art überhäuft. Also Ex-
der Schweiz, die zerfallen oder, was fast noch schlim-
zellenz (der Wirkliche Geheime Rat)? Oder Herr Dok-
mer ist, die ungeschickt oder kitschig restauriert wer-
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Im «Teehaus» unterhalb des Schlosses unterhält sich Biograf und Interviewer Walter A. Büchi mit «Odolkönig» Karl August Lingner. Lingner liess die Ruine vor hundert Jahren wieder zum Schloss ausbauen.
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den. Mein Ziel ist klar: Das Alte erhalten, das Neue ge-
da irren sich die Leute. Wer allerdings findet, Schloss
stalten! Dabei vertraue ich mich ganz der Führung der
Tarasp sei mein Lieblingsprojekt, der irrt nicht.
Wissenschaft an. Ich will etwas Einmaliges hinstellen, eine mustergültige Rekonstruktion.
Und nun Ihr Ziel, Herr Doktor? Am Ende wird Schloss Tarasp als eine herrliche Baute
Also kein Neuschwanstein …
dastehen, verwandelt in ein Fest-, Kunst- und Gäste-
... ums Himmels willen! Eine mustergültige Rekonst-
haus, wo meine Freunde sich aufhalten und sich im
ruktion unter Mitwirkung der besten Herren vom
Tempel der Kunst ergehen können. Wo Männer der
Fach. Die Wiederherstellung deutscher Burgen ist üb-
Tat sich zum Gedankenaustausch treffen, Neues in die
rigens auch ein Herzensanliegen unseres Kaisers Wil-
Wege geleitet wird. Oberstes Gesetz wird das Wohl der
helm, einer seiner Burgenforscher war mehrfach hier.
Was möchten Sie mit dieser Burg?
Gäste sein, weshalb es auch einen Tennisplatz geben wird, Bootsfahrten auf dem Wildsee und anderes mehr. Auch der Tempel der Natur soll zu seinem Recht
Man arbeitet bereits sechs Jahre am Schloss – wann wird
kommen. Zurzeit wird grad über die Bepflanzung des
man fertig sein? Die Leute denken ja, Sie hätten beliebig
schrecklich kahlen Schlosshügels verhandelt, ich
Mittel zur Verfügung. Auch weiss niemand so recht, was ei-
denke an Ahorn, Esche, Vogelbeere, Birke, Silberpap-
gentlich Ihr Ziel ist. Werden Sie dereinst darin wohnen?
pel, Blautanne, Berberitze, Legföhre, Wildrebe, Aka-
Halt, halt. Sie sollten eine Frage nach der anderen stel-
zie, Holunder, Efeu und habe angeordnet, dass nur ge-
len, und jetzt sind es schon deren drei! Um die Über-
pflanzt wird, was auch tatsächlich hierher gehört.
sichtlichkeit zu wahren, nochmals von vorn. Die Bau-
Spätere Generationen können sich dann in Botanik
zeit: Ich suche bei all meinen Bestrebungen kristallene
üben! Lingner setzt seine «Romeo y Julieta» nochmals
Klarheit – was hier nicht gleichermassen möglich ist,
in Brand, schmunzelt dabei. Die Tarasper werden mit
weil es viele Überraschungen gibt und zu viele Ent-
Giessen alle Hände voll zu tun haben!
scheide aus der Situation heraus geschehen müssen. Die Beschaffung der Inneneinrichtung, der Möbel
12
Und die «schöne Gräfin», von der alle reden und für die im
und Kunstwerke, verläuft gut. Mit dem Aufrichtfest
Schloss ein Schlafzimmer reserviert sei?
rechne ich in spätestens zwei Jahren. Bitte bedenken
Einen Moment lang blicke ich in Lingners Abwehr-
Sie, dass wir im Winter nicht viel machen können!
maske, jene Mischung von Entrüstung und Arroganz,
Wir freuen uns jedenfalls, dass die Engadin-Bahn im-
welche in Dresden berüchtigt sei. Ich bitte Sie! Solche
mer näher kommt. Schon nächstes Jahr fährt sie bis
Fragen sind nicht verabredet! Und bis jetzt bestimme
Schuls – elektrisch!
immer noch ich, wer wo zu Bette geht!
Die Mittel?
Nach einigem Schweigen versuche ich es mit der
Gewiss ging eine intensive Planarbeit voraus! Einen
nächsten Frage: Nun haben wir vom Besten noch gar
Kostenvoranschlag festzusetzen, war nicht einfach.
nicht gesprochen: Es soll ein klingendes Schloss werden?
Denn die Burg fordert uns ständig heraus, die jewei-
Ein rascher Zug an der Zigarre. Lingner blickt mich er-
lige Sachlage befiehlt, was zu tun ist. Was meine Mit-
neut eindringlich an. Misstrauen flackert auf. Der
tel angeht, so sind diese selbstverständlich begrenzt,
Glutstängel ist jetzt bedrohlich auf mich gerichtet.
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Wer hat dies austrompetet?
Ein Wirklicher Geheimer Rat, das bewohnbare Schloss,
Impressionen aus dem Schloss
Ich weiss nicht, was antworten. Jeder auf dem Hügel
Ihre Nachforschungen bei früheren adeligen Besitzern in
Tarasp und der Plan für
hat doch schon davon gehört. Und den Bausekretär
Österreich – könnte es sein, dass Sie mit Schloss Tarasp auf
Lingners «Schnellen Seekreuzer
will ich keinesfalls denunzieren: Er hat mir geflüstert,
die Übernahme eines Adelstitels hofften?
Tarasp».
gerade eben seien erste Pläne für den Einbau einer rie-
Die Frage gefällt ihm nicht. Energisch drückt er das
senhaften Orgel nach Dresden abgegangen, und die
Rauchzeug ins Gras. Und dann, nach einiger Zeit:
werde um die 20'000 Mark kosten – etwa gleich viel
Ach, dieses Geschwätz wegen der Rangerhöhung.
wie damals der Erwerb der ganzen Burgruine. Lingner
Sehen Sie, ganz Dresden hatte im vergangenen Jahr
sei ein verhinderter Künstler und begnadeter Organist.
erwartet, dass mich der sächsische König adeln würde.
Und ich brauche jetzt dringend eine begnadete Frage,
Diese Gnade wurde mir nicht zuteil. Ansonsten habe
um Lingners Goodwill zurückzugewinnen. Hatte
ich fast alle Ehrungen bekommen, die ein deutscher
man mich nicht gewarnt, der Krösus lasse seine Pläne
Bürger bekommen kann. Auch diejenige der Dresdner
nicht gern durchschauen und sei in solchen Dingen
Bürgerschaft, die – spät genug – einsah, dass ich Idea-
ziemlich zart besaitet?
list bin. All die Jahre blieb ich meiner Stadt treu, habe
So kommt Geld ins Dorf Ich habe bemerkt, dass die Tarasper Sie sehr schätzen, auch
nach besten Kräften dem Gemeinwohl gedient, Ideen eingebracht und Schenkungen gemacht. Aber eigentlich waren wir ja bei Schloss Tarasp.
am liebsten mit Ihnen persönlich verhandeln … … und ich mag halt die Tarasper ebenfalls gut leiden!
Sie fahren gern zur See, verfügen über eine 18-Meter-Luxus-
Nicht wenige können von uns profitieren. Dies soll
Yacht, welche den Namen «Tarasp» trägt …
auch für die Zukunft gelten – die wieder belebte Burg
… den exklusivsten Namen, den man sich denken
wird für die Aufgeschlossenen unter ihnen allerlei
kann! Sehen Sie, ich mag die Extreme, das tiefe Meer
Möglichkeiten bieten. So kommt etwas Geld ins Dorf.
und die hohen Berge. Für Letzteres … Der smarte junge
Tarasp soll aufblühen. Meinerseits biete ich gerne
Mann erscheint wieder, macht Lingner im Flüster-
Hand für Neuerungen, doch die Wasserversorgung ist
ton – beinahe ein bisschen sehr intim – darauf auf-
leider immer noch ungelöst. Ich habe dafür doch An-
merksam, die Geschäftsherren warteten im Hotel
gebote gemacht. Stattdessen erzählt man sich, ich
Waldhaus schon geraume Zeit auf die Exzellenz.
würde über den Inn eine Brücke bauen, was ich ins
Sind Sie beauftragt, mich hier abzuholen, und wenn
Land der Fabeln verweisen muss. Ich denke, die Ein-
ja: Wer glaubt mir Befehle erteilen zu müssen? Damit
heimischen sollten da und dort sich selber mehr rüh-
kann der junge Mann nicht dienen – er tat dies aus ei-
ren anstatt auf Hilfe von aussen zu warten.
genem Antrieb, um Lingner nützlich zu sein, vielleicht auch um eines Trinkgeldes willen. Barsch wird
Konflikte gibt es auch?
er weggewiesen. Und Lingner denkt nicht daran, un-
Wir haben das Baden im Wildsee einschränken müs-
ser Gespräch zu beenden.
sen. Dass unsere Arbeiter am Feierabend nackt in den See sprangen, war zwar einerseits unverschämt, ihnen
Sie wollten dereinst Musiker werden?
anderseits an den heissen Tagen zu gönnen. Aber die
Meine musikalische Leidenschaft geht bis in die Ju-
Empfindlichkeiten der Dorfbevölkerung gehen vor.
gendjahre zurück und fand lange keine Erfüllung.
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Kaufmann wurde ich wider Willen, was mir heute kei-
die Katz war. Es muss doch jemanden geben, der wie
ner mehr glaubt. Aber ohne Musik kann ich nicht sein,
ich Freude daran hat, Gastgeber zu sein und die schö-
sie ist mehr als wohltuend, sie ist heilend, heilsam, gibt
nen Künste zu fördern.
Kraft. Wenn ich schmutzig bin, nehme ich ein Bad,
Als wir uns verabschieden, äussert Lingner den
wenn ich mich seelisch reinigen will, spiele ich Orgel.
Wunsch, ins Manuskript Einblick zu nehmen, mur-
Das klingende Schloss
melt etwas von schlechten Erfahrungen. Ist er das Schosskind des Glücks, wie viele denken? Ich weiss
Dann wird Schloss Tarasp tatsächlich ein klingendes
nicht. Wie ich zum Teehaus zurückschaue, sehe ich
Schloss werden?
hinter dem Fensterglas ein Streichholz aufflammen.
Ja. Und was auch immer ein späterer Besitzer treibt, die Musik darf keinesfalls aus dem Schloss mehr ent-
Dem Publikum öffnen? Sicher!
weichen, man soll sie im ganzen Schloss vernehmen
Auf dem Weg ins Dorf komme ich am Wachthaus vor-
können, sie bringt Leben ins riesige Gehäuse wie
bei, wo noch Licht brennt. Sekretär Vaja öffnet das
nichts anderes sonst. Dafür steht die Orgel. Verschie-
Fenster, sein Arbeitstag ist nicht zu Ende, eine Kiste
dene weitere passende Anlässe sind denkbar – als Gast-
voller rostiger Türschlösser sei auszupacken, frühmor-
geber hier oben muss man die Zweieinigkeit von mu-
gens kämen die Fachleute.
sischer und kaufmännischer Begabung mitbringen.
Meine Frage, ob Lingner denn die fertige Burg wenigs-
Übrigens habe ich damit begonnen, alte Musikinstru-
tens zeitweise auch dem Publikum öffnen werde, be-
mente zu sammeln, um sie erforschen zu lassen und zu
antwortet er mit «sicher!» In der Tat: Lingners Unter-
vervollkommnen – auch diese könnten hierher passen.
nehmungsgeist hat immerfort Öffentlichkeit gesucht. Dementsprechend, mutmasse ich, wird er auch
Inzwischen geht es gegen Mitternacht. Es scheint zu
Schloss Tarasp nicht als verriegeltes Anwesen gedacht
stimmen, was ich sagen hörte: dass Lingner regelmäs-
haben, vielmehr soll es die Menschen anziehen und
sig die Nacht zum Tag mache. Eine persönliche Ar-
ihr Interesse an Geschichte, Musik und Kunst wecken.
beitszeiteinteilung sei ihm fremd. Ausgerüstet mit
Und während ich mutmasse, sagt Sekretär Vaja: «Ex-
enormem Erkenntnisdrang und einem phänomena-
zellenz Lingner war mit dem Gespräch offenbar zu-
len Gedächtnis sei er stets ganz bei der Sache, was im-
frieden – ganz zufrieden ist er nie! – und hat jedenfalls
mer es sei. Unter Freunden soll er geäussert haben, er
grad angerufen, ich solle Ihnen unbedingt die Denk-
habe wenig vom Leben, müsse immerfort grübeln
schrift mitgeben!»
und sinnen Nächte hindurch.
Vaja steckt mir ein Büchlein zu: «Denkschrift zur Errich-
Lingner lehnt sich zurück. Tja, es ist ein köstlicher Be-
legt von Dr. med. h. c. K. A. Lingner, Wirklicher Geheimer
sitz – genau so werde ich es ins Vermächtnis schreiben.
Rat, März 1912».
tung eines National-Hygiene-Museums in Dresden, darge-
Schloss Tarasp möchte ich gewissermassen dem Adel zurückschenken. Falls dies nicht gelingen sollte,
Was lädt sich dieser Mann noch alles auf?
müsste es wegen der hohen Kosten an einen reichen Mann verkauft werden. Dieser sollte keine Steuern dafür zahlen müssen. Aber: Trau, schau wem! Es darf nicht sein, dass Schloss Tarasp wieder in Untätigkeit und Zerfall gerät und meine ganze Arbeit hier oben für
PS: Der Interviewer macht darauf aufmerksam, dass Karl August Lingners Worte zum Teil nicht im wissenschaftlichen Sinn zitierbar sind. Gleichwohl beruhen die meisten Aussagen dieses fiktiven Textes zumindest sinngemäss auf Aussagen von Lingner selbst, einige von mit ihm Vertrauten.
Karl August Lingner besuchte die Tarasper Schlossbaustelle nicht nur 1912,
LITERATURHINWEIS: Walter A. Büchi: Karl August Linger: Das grosse Leben des Odolkönigs, Edition Sächsische Zeitung, 2006, Fr. 29.50
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sondern auch in den darauf folgenden Sommern. 1914 gab es ein grandioses Aufrichtfest. Letztmals kam er 1915 nach Tarasp, bereits kränkelnd, doch immer in der Hoffnung, die Fertigstellung des Schlosses mitsamt der Orgel zu erleben. Es kam anders: Er starb am 5. Juni 1916 in einer Berliner Klinik – ohne Tarasp wieder gesehen zu haben. Das Schloss ging testamentarisch an den Grossherzog Ernst Ludwig von Hessen. In neuester Zeit sind Bestrebungen im Gang, es in die Hand einer öffentlichen Stiftung zu überführen. Bereits in den 1990er Jahren hat eine Orgelstiftung das kostbare Instrument wieder zum Klingen gebracht.
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Schwarzes Loch, 26.8.2012 / 12
Zeitlauf am See Im Sommer 2012 lief die Künstlerin Gabriele Horndasch jeden Morgen hinauf zum Lai Nair in Tarasp, um diesen im Morgenlicht zwischen 6 und 7 Uhr einmal zu umkreisen. Dabei hat sie eine Art Flügelpaar getragen, das neonrot leuchtet. Mit Video und Fotografie festgehaltene Bildsequenzen dokumentieren diese tägliche, meist publikumslose Performance, in der die Künstlerin das frühe Tageslicht mit dem Kunstlicht Zwiesprache halten lässt und auf diese Weise dem Betrachter den Lauf der Zeit vermittelt.
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Schwarzes Loch, 26.8.2012 / 24
GABRIELE HORNDASCH (*1969) lebt in Düsseldorf.
haben scheinen», schreibt Jürgen Kisters im Kölner
Nach ihrer Ausbildung in Bildhauerei und Film an der
Stadtanzeiger über die Künstlerin. Zuletzt hatte sie
Kunstakademie Düsseldorf widmet sie sich vor allem
mit einer beweglichen Neobuchstaben-Installation
«Dingen, die in Bewegung sind». Ihre Arbeiten zeigt
auf der Fassade des Japanischen Kulturinstituts in
sie an Gruppen- und Einzelausstellungen weit über
Köln immer wieder neue Sätze kreiert und so den Sinn
Deutschland hinaus. Nach verschiedenen Arbeitsauf-
der geschriebenen Sprache in Frage gestellt, denn da-
enthalten in Frankreich, Südkorea, Polen und den
bei ist Sinnloses und Paradoxes entstanden. Dabei
Niederlanden war sie im Sommer 2012 Stipendiatin
«verlieren wir nicht nur die Sicherheit der Orientie-
im Zentrum für Gegenwartskunst Nairs in Scuol.
rung, sondern unsere Fantasie wird zugleich mit aller-
Die Künstlerin bewegt sich zwischen den Disziplinen
hand Verrücktheiten beflügelt», schreibt Kisters – eine
von Bildhauerei, Film und Fotografie. Sie setzt dort an,
Wirkung, die die Künstlerin erklärtermassen erzielen
«wo wir unsere Alltagswirklichkeit, unser Denken und
will. Auch die den Lai Nair umkreisende rote Figur soll
Verhalten mit den Zeichen der Sprache fest im Griff zu
uns beflügeln.
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Fotos: Gabriele Horndasch
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Schwarzes Loch, 26.8.2012 / 35
AUSSTELLUNGSTIPP Horndaschs Arbeit «Schwarzes Loch» (1-Kanal-Videoprojektion, HD, 9 Min., Farbe) wurde zur Jahresausstellung der Bündner Kunstschaffenden im Kunstmuseum Chur eingeladen und ist dort bis zum 20. Januar 2013 zu sehen.
Schwarzes Loch, 26.8.2012 / 50
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SCUOL-TARASP AROSA
THUSIS
DAVOS FILISUR
ST. MORITZ
BEVER
Strecke für grosse und kleine Fische
PONTRESINA
POSCHIAVO
Text: Thomas Kaiser
Vor 100 Jahren wurde die Eisenbahn durchs Unterengadin eröffnet. Hier fuhren und fahren nicht nur berühmte Menschen mit, sondern auch lebende Fische. Und die Bahn verbindet über Generationen hinweg die Geschichte mit der Gegenwart.
D
ie Fahnen sind gehisst, die Kanonen in Stellung
eidgenössischen Oberforstinspektors vollzieht: Jo-
gebracht und die Rollen verteilt. Kinder und
hann Wilhelm Fortunat Coaz, bekannt als Erstbestei-
Jungfrauen werden den Ehrentrunk kredenzen,
ger der Bernina, nimmt an der Feier ebenso teil wie
die Männer singen und die hohen Herren halten Re-
sein Freund Jakob Christoph Heer, Verfasser des viel-
den. Noch hat im Unterengadin alles seine Ordnung,
verkauften Heimatromans «Der König der Bernina».
und von Bever bis Scuol wird das Glas erhoben und
Und die Dorfjugend trägt dessen Gedicht «Arven-
angestossen. Und man solle die Traditionen nicht ver-
weihe in Zuoz» vor.
gessen, heisst es, weder die vaterländische Gesinnung
100-JAHRE-JUBILAUM Am Wochenende vom 29. / 30. Juni 2013 wird im Unterengadin das 100-jährige Bestehen der Bahnstrecke Bever–Scuol-Tarasp gefeiert. Weitere Infos unter www.rhb.ch
22
noch die Vergangenheit noch das Rätoromanische –
Streckenführung mit Kometenschweif
auch nicht an einem Tag wie diesem.
Doch die Feier ist nur kurz, der Zug entschwindet bald
Es ist der Samstag, 28. Juni 1913. In Zuoz erwartet die
in Richtung S-chanf. Dort ist der Halt noch kürzer,
Festgemeinde den ersten Zug – und damit den Beginn
sehr zur Enttäuschung des Redaktors des «Fögl
der Zukunft. Dann donnern die Geschützsalven in
d’Engiadina», der eine Rede halten will, aber als einer
den klaren Morgen hinein und dem Zug entsteigen
der Ersten im Engadin wortwörtlich erfährt, was es
Bundes-, National- und Regierungsräte, Bundes- und
wirklich auf sich hat mit der Redewendung «der Zug
Kantonsrichter, Bezirks-, Kreis- und Gemeindepräsi-
ist abgefahren».
denten und einige wichtige Herren mehr. Blumen
Angekommen ist der erste Zug im Engadin allerdings
werden in die Luft geworfen. In den Reden wird auch
bereits vor einem Jahrzehnt. Ende Juni 1903 war «die
die Jugend gepriesen, sie sei die eigentliche Zukunft,
erste völkerverbindende Lokomotive unter dem Don-
die Trägerin des Fortschrittgedankens.
ner der Salutschüsse» in die Bahnhofshalle von Same-
Die Herren Bundesräte Schulthess, Calonder und
dan eingefahren, erinnert das illustrierte Fremden-
Hoffmann stehen Pate, als ein Jugendbaum gepflanzt
blatt «Engadin Express & Alpine Post» an die
wird, ein Vorgang, der sich unter dem sachverständi-
Einweihung der Albulastrecke. Seit dem 1. Juli 1903
gen Blick des ersten und damals bereits 91-jährigen
fuhr die Bahn von Thusis bis Celerina, seit dem 10. Juli
piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
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3
1904 bis St. Moritz. Aber erst jetzt, mit der Einweihung
4
«Waldhaus», Darbietungen der Engadiner Chöre mit
1, 3 Mit einem Festumzug
der Strecke bis «Schuls-Tarasp» wird Bever das «enga-
nahezu 800 Mitwirkenden und am Abend einen «Bal
wurde 1913 die Ankunft der
dinerische Olten», wie das Fremdenblatt urteilt.
Engiadinais» im «Viktoria». Offiziell nimmt die Bahn
Bahn in Scuol-Tarasp gefeiert.
Knapp 50 Kilometer misst die neue Strecke Bever–
am Dienstag, 1. Juli 1913, den Betrieb auf.
(Fotos: Archiv RhB)
Schuls-Tarasp mit ihren 18 Tunnels und den 29 Brücken und Viadukten. Den grössten Höhenunterschied
Mit dem «Rhätischen Krokodil» unterwegs
2,4 Eines der letzten «Rhäti-
meistert sie mittels einer grosse Schlaufe, die «wie ein
Genau 62 Jahre später, am 1. Juli 1975, tritt Alfons
schen Krokodile» steht vor dem
langer Kometenschweif nach Zernez hinunter» führt.
Ernst seine Stelle als Lokführer in Samedan an – bei
Bahmuseum Albula in Bergün.
«Ausserordentlich pittoresk», so das Fremdenblatt, sei
30 Zentimeter Neuschnee, wie er sich erinnert. Die
Auch den Führerstand gibts
dann die Strecke vor Scuol, wo sich Felsstürze und Ab-
Witterung beeindruckt ihn allerdings weniger als das
zu bestaunen.
gründe eröffneten, aber die Waldidylle von Vulpera
historische Datum – und die Bahn an sich. Alfons
(Fotos: Maurice Haas und
mit ihrer prachtvollen Hotelfront diesen starken Ein-
Ernst bleibt der RhB bis zur Pensionierung 2008 treu,
Gian Marco Castelberg)
druck doch gleich mildere.
30 Jahre führt er von Scuol aus Züge durchs Unter engadin, später durch ganz Graubünden, unter ande-
Die Hotels finanzieren den Bahnbau mit
rem mit dem «Rhätischen Krokodil». Und 1999 lenkt
Den touristischen Wert der Bahn schätzt man im
er auch den ersten Zug durch den Vereinatunnel, der
«Kurhaus» Tarasp» und im «Waldhaus» Vulpera hoch
die Reisezeit vom Unterland markant verkürzt.
ein. Beide Hotels zeichnen Aktien von je 117’000
Die Vereinalinie ist die erste Streckenerweiterung der
Franken. Insgesamt ist die Verbindung – samt Rollma-
RhB seit dem Ersten Weltkrieg. Ursprünglich sollte die
terial, Bahnhofbauten und Landkauf – mit 17 Millio-
Unterengadiner Linie ein Teilstück einer Bahnverbin-
nen Franken budgetiert. Bislang, so rechnet das
dung von Chiavenna nach Landeck werden und Mai-
«Fremdenblatt» vor, brauchte man von Chur nach
land mit München verbinden. Dieser grössere Kon-
Scuol «eine tüchtige Tagesreise, nun wird die Strecke
text sei «unmöglich zu verkennen», hatte schon der
mit den Schnellzügen in 4 ½ bis 5, mit den gewöhnli-
Bahningenieur Friedrich Hennings 1905 festgehalten.
chen Reisezügen in 5 ¾ Stunden zurückgelegt».
Aber der Weltkrieg, der «Zusammenbruch der vielge-
Am Eröffnungssamstag dauert die Reise allerdings ei-
rühmten Zivilisation des alten Europas», machte die
niges länger. In Lavin wird der Zug mit einer Chalanda
Pläne zunichte und – zumindest kurzzeitig – musste
marz-Inszenierung begrüsst, in Ardez lässt der Män-
auch das «Illustrierte Fremdenblatt» sein Erscheinen
nerchor
einstellen.
den
«Bart
Guglielm»
aufleben,
den
Freiheitshelden des 15. Jahrhunderts. Dazwischen gibts weitere Ansprachen – und eine Ehrung der acht
Auf einen Schwatz oder einen Schnaps
Opfer, die der Zusammensturz des Baugerüstes des
«Den ersten Zug durch den Vereina zu führen, das war
Val-Mela-Viaduktes im August 1911 gefordert hatte.
schon eine grosse Ehre», sagt Alfons Ernst heute, aber
Das Fest dauert das ganze Wochenende. In Scuol ver-
er erinnert sich auch noch gut, wie sich damals die
anstaltet man einen Umzug zum Hotel «Belvédère».
Bauern gegen den Tunnel gewehrt haben, wie Schilder
wo «feurige Toasts» ausgebracht werden, am Abend
mit der Aufschrift «Verei – Na» die Wiesen geschmückt
lädt das «Kurhaus Tarasp» zum «Bierabend», am Sonn-
hatten. Die damaligen Vorbehalte kennen auch Si-
tag gibts einen Festgottesdient, ein Mittagsbankett im
mon Rohner, RhB-Verkaufsleiter im Unterengadin,
piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
23
5
5 Gian Meyer (links) und Simon
und Gian Meyer, Leiter Betrieb Scuol / Zernez. Aber ob
6
Kurhaus Tarasp geliefert.» Heute ist der Güterum-
Rohner erinnern sich noch
die Unterengadiner Linie ohne Vereinatunnel heute
schlag an den kleinen Stationen eingestellt und der
gut an die RhB-Fischtransporte.
noch bestehen würde, ist für diese beiden Bähnler
Transport von Schweinen, Ziegen und Forellen durch
fraglich. Zumindest sei es zweifelhaft, ob man noch je
die Tierschutzvorschriften verboten.
6 Alfons Ernst fährt noch
über 20 Millionen in die Umbauten der Bahnhöfe von
einmal mit dem «Rhätischen
Scuol (2009) und Zernez (2011) investiert hätte – beide
Eine Bahn, die Generationen verbindet
Krokodil» – im
sind inzwischen erneuert. Jetzt ist die Zukunft der
Güter und Personen hat Alfons Ernst jede Menge
Simulator des Bahnmuseums.
Bahn gesichert und die bereits realisierten und noch
transportiert. Früher waren in Scuol nur zwei Lokfüh-
(Fotos: Thomas Kaiser)
geplanten Erneuerungen kosten rund 100 Millionen.
rer stationiert, erzählt er, einer für die Früh-, einer für
Nach der abgeschlossenen Sanierung des Tasnatun-
die Spätschicht, an den Wochenenden habe mal der
BAHNMUSEUM ALBULA, BERGUN / BRAVUOGN Die Linien der Rhätischen Bahn zwischen Thusis und Tirano sind seit 2008 Unesco-Welterbe. Das Bahnmuseum Albula in Bergün / Bravuogn liegt an der Albulalinie. Gezeigt werden dort aber auch andere RhBStrecken und das Museum richtet sich nicht nur an Bahn spezialisten. Neben Technik und Bahngeschichte werden auch kulturelle und soziale Aspekte in teils multimedial inszenierten Räumen, interaktive Installationen, in Klangräumen oder an Simulatoren gezeigt. Im Simulator sind Fahrten mit dem «Rhätischen Krokodil» möglich. Winter-Öffnungszeiten: Di-Fr 10-17 h, Sa, So 10-18 h www.bahnmuseum-albula.ch
24
nels 2009 wird von 2014 bis 2017 der Magnacun
eine, mal der andere gearbeitet. Heute fahren die Lok-
tunnel saniert und verlängert.
führer durch ganz Graubünden. Mit der Eröffnung
Einige kleine Bahnhöfe sind aber heute nahezu ver-
des Vereinatunnels ergab sich eine eigentliche «Tour
waist. Simon Rohner und Gian Meyer erinnern sich
des Grisons»: Vom Unterengadin ins Prättigau, weiter
noch an andere Zeiten. «In Madulain, S-chanf, Gu-
nach Chur und über die Albulastrecke zurück ins En-
arda oder Cinuos-chel war der Bahnhofvorstand
gadin. Heute rollen die Zugskompositionen von Scuol-
gleichzeitig auch Pöstler», blendet Meyer zurück. Er
Tarasp durch den Vereina nach Landquart und weiter
selbst arbeitet schon seit 39 Jahren bei der RhB. Als
nach Chur bis Disentis-Mustèr und zurück.
früherer Bahnhofvorstand brachte er den Pensionier-
Und was war sein schönstes Bähnlererlebnis? Da muss
ten jeweils die AHV ins Haus. «Dann wurde man zu-
Alfons Ernst nicht lange überlegen: Eines Tages habe
weilen auf einen Schnaps eingeladen. Da durfte man
es bei ihm geklingelt und eine junge Frau und ein jun-
die Zeit nicht aus den Augen verlieren, denn ich
ger Mann aus Deutschland seien an der Türe gestan-
musste am Bahnhof auch die Weichen stellen.» Tempi
den. Vor 25 Jahren, so erklärten sie ihm, da habe ih-
passati. Heute werden die Weichen ferngesteuert ge-
nen ein gewisser Lokführer das «Rhätische Krokodil»
stellt, von Klosters oder Landquart aus.
gezeigt und alle Schalter erklärt, den Stromabnehmer,
Mit Geissböcken und Fischen unterwegs Simon Rohner, seit 21 Jahen bei der RhB, erinnert sich
den Motor … Das habe sie fürs Leben geprägt, sagten die beiden. Deswegen seien sie heute gekommen, um sich zu bedanken – das habe ihn doch sehr gerührt.
an besondere Transporte: «In den kleinen Bahnhöfen
Eines der letzten «Rhätischen Krokodile» steht nun
wurden nicht nur Koffer verladen, sondern auch
vor dem Bahnmuseum Albula in Bergün. Von 1922 bis
Schafe und Ziegen. Und wenn ein Bauer seinen Geiss-
1985 fuhr die 66 Tonnen schwere Lok über vier Milli-
bock brachte, dann hat man das manchmal noch Tage
onen Kilometer – auch Alfons Ernst lenkte sie. Und ein
später riechen können.» Bis vor 50 Jahren transpor-
paar virtuelle Kilometer kommen für ihn noch dazu.
tierte die RhB auch Fische, «und zwar nicht nur ‹gro-
Bei seinem Besuch im Bahnmuseum fährt er per Simu-
sse Fische› wie Politiker, sondern auch echte: «Im
lator Richtung Engadin. Wenn man ihm zuhört, be-
Oberengadin verdiente man sich mit der Fischerei da-
greift man, warum für so viele Kinder Lokomotivfüh-
mals ein Zubrot, die lebenden Forellen wurden in Bot-
rer der Traumberuf ist und warum so viele Bähnler
tichen im Zug nach Scuol gefahren und von hier ans
jahrzehntelang ihrem Beruf treu bleiben.
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K a r l A egert er Als er sich 1924 zur Erholung ins Bündnerland begeben musste, fand er in der grossen Bergnatur ein Ebenbild des Menschenschicksals. Hans Fürst, Basel, 1957
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ie in St. Moritz und Zürich etablierte Galerie Andrea
der Nobilitierung der dargestellten Konsum-, Kultur- und Natur-
Caratsch eröffnet diesen Winter neue Räumlichkeiten
landschaften dient, aber auch auf eine tiefergehende Kritik an
an der Via Serlas 12, unterhalb des Kulm Hotels. Die
den Werten des heutigen Zeitgeists und des Kunstbetriebs ab-
moderne Architektur der neuen Galerie mit ihren grossflächigen
zielt. Dass sich Gegenstände und Lichtquellen der Umgebung
Fensterfronten lädt zu einem Kunstbesuch in drei Räume auf
sowie der Betrachter selbst, je nach Blickwinkel, im Goldhinter-
500 Quadratmetern ein. In diesem grosszügigen Volumen wer-
grund spiegeln, macht diese Kunstwerke wandelbar und betont
den Werke der klassischen Moderne und der zeitgenössischen
den immateriellen Wert ihrer selbst. Das Traumartige von Kunc'
Kunst dem Publikum präsentiert.
Visionen, das sich als roter Faden durch sein Werk zieht, findet damit auf feierlichem Goldgrund seinen Höhepunkt.
Am ursprünglichen Standort, an der Via Serlas 35-37, zeigt die Galerie Andrea Caratsch ab Dezember «Goldbilder» von Milan
Milan Kunc ist ein tschechischer Vertreter einer postmodernen
Kunc aus den Jahren 2005 bis 2012. Gross- und mittelformatige
Pop Art und Mitbegründer der «Gruppe Normal» in Düsseldorf.
Ölgemälde auf Goldgrund bespielen die Räume und werden
Sein Kunststudium hat er unter der Leitung von Joseph Beuys
zum ersten Mal als geschlossene Werkgruppe gezeigt. Mit
und Gerhard Richter an der Kunstakademie in Düsseldorf ab-
Blattgold hinterlegt der 1944 in Prag geborene Künstler seine
solviert.
surrealen Bildmotive und bringt mit der künstlerischen Verwendung von Gold nicht nur Materialwert und Lichtglanz des Edel-
Beide Galerien in St. Moritz sind in der Hauptsaison von Montag
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Olympias Riesendefizite Im März 2013 wird im Kanton Graubünden über den Olympia-Kredit abgestimmt. Im Jahr 2022 wollen die Promotoren die Spiele nach St. Moritz und Davos holen. Köbi Gantenbein schildert die Geschichte und kommentiert Geld und Geist des gigantischen Sport-Events.
Text: Köbi Gantenbein *
D
as Heldenfähnlein aus Graubünden setzt stolz
hörte auch, dass edle Wilde in Form von verwegenen
die Zahl XXIV vor sein Vorhaben, im Jahr 2022
Berg- und Tundraburschen sich mit stiebenden Eisläu-
Olympische Spiele in St. Moritz und Davos zu
fen und tollkühnen Skifahrten mit den adeligen Müs
veranstalten. Welch ein Bewusstsein von Ahnenfolge
siggängern massen und den Klassen- und Völkerfrie-
und Generationengeschichte! Zuerst waren die Pio-
den zelebrierten. 1932 fand die erste Generation der
niere des 19. Jahrhunderts. Auf sie folgten in der zwei-
Spiele ihr Ende in Lake Placid mitten in der Krise der
ten Generation die Machtmenschen. Sie haben der
Weltwirtschaft. Olympia war beinahe pleite.
dritten Generation den Weg geebnet: den Medienund Geschäftemachern. Diese regieren die Spiele bis
Garmisch und Berlin: die zweite Generation
heute mit fester Hand als weltumspannendes Milliar-
Die 1930er-Jahre hatten keine offenen Ohren für Völ-
dengeschäft. Und jetzt steht also die vierte Genera-
kerverständigung und edle Ritterspiele. Der Faschis-
tion am Horizont: Das Heldenfähnlein aus Graubün-
mus in Italien und vor allem in Deutschland ent-
den will «Weisse Spiele», klein und fein wie einst.
Athen und St. Moritz: die erste Generation Die Pionierzeit begann am 25. März 1896 mit olympi-
* Der Autor ist Chefredaktor von «Hochparterre». Er lebt und arbeitet in Fläsch und Zürich und kandidiert für einen Sitz im Comitée Internationale Olympique IOC.
28
deckte den Sport als Massen- und Propagandamedium und erfand den Sportler als Protagonisten des arischen Helden. Die Generation Macht und Anspruch löste den vornehmen und verarmten Adel ab. Nun galt
schen Spielen in Athen. Es waren Spiele des edlen
schiere Grösse der Spiele zur Darstellung von Macht
Menschen, der mit einem Fuss im schon lange unter-
und Herrlichkeit. Ein schöner, edler, und gestählter
gegangenen Griechenland stand und mit dem andern
Sportlerkörper als Zeichen von Überlegenheit, Wille
in der noch nicht so lange toten Romantik. Gegründet
und Disziplin, und das nicht mehr nur in der Arena,
von einem alternden Baron und gefördert vom grie-
sondern gefilmt und weltweit im Kino verbreitet.
chischen König Georg I. war Olympia der Reunions-
Eindrücklich hat die Regisseurin Leni Riefenstahl
platz ihresgleichen und der Parvenus des Geldes. Lau-
(1902–2003) diesen Generationenbruch angefeuert
fen, Speere werfen, Kugeln stossen; und ab 1924 in
und dokumentiert. Die ehrgeizige, künstlerisch und
Chamonix mit Skis durch Abhänge brausen, über
technisch versierte Bergfilmerin drehte reihenweise
Schanzen springen und mit Schlitten tollkühn durch
Streifen mit dem Adjektiv «weiss», von der Hölle über
Eiskanäle brettern – all das gehörte zum exquisiten Le-
den Rausch bis zum Paradies. Der Führer soll ein gros
bensstil der oberen Klassen. Arbeiten mussten sie
ses Faible für die sportliche Schönheit gehabt haben,
nicht, deshalb war auch sonnenklar, dass Sport eine
er war ihr Schutzherr und Förderer, sie von 1932 bis
Freude des Amateurs zu sein hat – zwecklos schön, rit-
1945 seine «Reichsfilmregisseurin». Sie inszenierte
terlich und edel.
monumentale Parteitagsschwarten und filmte die
Die «Weissen Spiele» von 1928 in St. Moritz waren
Olympischen Spiele von Berlin 1936 und bekam dafür
kein Versprechen, sondern mühselige Realität. Denn
eine olympische Goldmedaille.
die Schneetechnik beschränkte sich aufs Schaufeln
Das adlige Antikenspiel, bereichert von Naturbur-
und Eisschleppen. Halbverrückte pröbelten an Berg-
schen, hatte der grossen und mächtigen politischen
bahnen und Skiliften. Die Pistenmaschinen und die
Inszenierung Platz gemacht, die die Bewegung der
Schneekanonen waren noch nicht einmal ein Thema
Massen feierte. Die zweite Generation ging 1945 unter
von Science-Fiction-Romanen. Zum Amusement ge-
und blieb dennoch am Leben. Die altersschwachen
piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
Diktatoren in Moskau widmeten ihr 1980 eine Renais-
Spiele ihre Ferien in Vancouver verbracht? Wer weiss,
sance, die chinesischen Kommunisten peitschten
wo auf der Landkarte Nagano liegt? Und wer wird
Machtspiele ebenso durch wie es der Autokrat Putin
künftig in Sotschi statt in Laax snowboarden?
2014 in Sotschi tun wird.
Tokio: die dritte Generation
St. Moritz und Davos: die vierte Generation Das kann so nicht weitergehen. Ein vierter Generatio-
Der Generationenbruch geschah in Tokio, wo sich ein
nenbruch ist fällig. Diesen wollen die Heldenfähn-
politisch und militärisch ruinierter Staat in neuem
leinträger aus Davos und St. Moritz mittels der Farben-
Licht zeigen konnte. Weltweit präsent, denn erstmals
lehre einfädeln. Das ist klug und symbolträchtig. Leo
wurden die Leistungen der Kugelstösser und Läuferin-
Trotzki erfand die «Rote Armee», die Palästinenser ter-
nen per Satellit bis ins Engadin geschickt. Gleichzeitig
rorisierten die Welt mit dem «Schwarzen September»,
wurde die Welt massenhaft mit TV-Apparaten aus Ja-
Jimmy Carter setzte auf die «Grüne Revolution» als
pan versorgt. Geld, Medien und Spiele waren wirksam
Friedensprojekt. Der Bündner Olympia-Promotor
und vielfältig profitabel verknüpft.
Gian Gilli will nun «Weisse Spiele». Das ist ein ge-
Leni Riefenstahl überstand die Reinigung Deutsch-
schicktes Design, denn mit Weiss kann man vorab die
lands von den Nazis wundersam. Ihre Filme von den
romantischen, bodenständigen und vernünftigen
Olympischen Spielen wurden Wegbereiter für diese
Menschen begeistern: Die Skirennfahrerinnen sollen
nächste Generation Olympia. Ihre Ästhetik der
über weissen Schnee brettern, die Schlittschuhläufer
grossen Massen und der schönen Körper war nun das
über weisses Eis flitzen und die Biathlonisten durchs
Mass der Dinge.
weisse Schneegestöber schiessen. Weiss steht auch in
Die Spiele lernten schnell im neuen Massstab laufen.
der Tagespolitik hoch im Kurs. Bundesrätin Widmer-
Sie übernahmen aus der Zeit der faschistischen Herr-
Schlumpf ruft nach einer «Weissgeld-Strategie», da-
lichkeit die Logik, dass der Staat und die Allgemein-
mit das «Schwarze Geld» auf den Bahamas bleibe.
heit alles bezahlen, von Infrastrukturen bis zur Linde-
Die 60 Millionen schwere Designkampagne für die Be-
rung der Schäden und die Defizite, wogegen die
werbung der «Weissen Spiele» fordert auch zum Wi-
Privaten – von den Weltkonzernen bis zum Wirt vor
derspruch auf. Weiss soll die bunten, geldgierigen Vö-
Ort – den Profit kassieren. Diese unverfrorene Ökono-
gel im und ums IOK verscheuchen. Doch dort hält
mie beschleunigte das Wachstums rasant. Denn sie
man sich wohl vor Lachen die Bäuche ob dieser klei-
war und ist für die Waren- und Werbekonzerne und
nen Bündner Truppe mit ihrer weissen Fahne. Das
für den Gastwirt vor Ort ebenso wie für das IOC und
IOC wird seine fetten Pfründe kaum verlassen.
seine Klientel vollkommen ohne Risiko. Letzteres
Die «Weisse Spiele»-Truppe will die Kassenwarte der
bleibt bei den Gemeinde- und den Staatskassen.
Eidgenossenschaft und der Kantone dazu überreden,
Es gab seit 1896 in Athen keine Olympischen Spiele
im Fall der Fälle 4,3 Milliarden (bisher) herzugeben.
ohne mittleren oder grossen Kater für die öffentlichen
Hoffentlich sind die Politiker nicht chinesisch ange-
Haushalte: In Lillehammer stottern Stadt und Region
haucht. In China bedeutet Weiss nämlich hinterlistig.
die gigantischen Schulden von 1994 auch nach zwan-
Und das wollen die Fähnleinträger gewiss nicht sein,
zig Jahren noch ab, die Eishalle ist eine Ruine, die
obschon sie keck fordern, dass nicht sie und andere
Hälfte der Hotels gingen Pleite und die Skilifte koste-
Private, sondern die Steuerzahler im Land die unge-
ten umgerechnet einen Dollar, inklusive aller Sesseli.
deckten Checks von 1,3 Milliarden Franken (bisher)
In Nagano hinterliessen die Spiele von 1998 unge-
bezahlen sollen. Die unter Finanzlasten ächzenden
deckte Milliarden, die die Stadt noch lange Jahre ab-
Städte und Agglomerationen werden wohl in Weiss-
bezahlen muss. In Salt Lake City blieben 2002 unge-
glut geraten, wenn sie hunderte Millionen an Medien-
deckte Checks von 600 Millionen Dollar zurück. In
multis und IOC-Klienten überweisen müssen.
Turin musste der italienische Staat 2006 ein 4-Milliar-
Doch dazu kommt es kaum: Die Bündnerinnen und
den-Dollar-Defizit bezahlen. Wer will, kann dort
Bündner sind schon lange nicht mehr katholisch, wo
noch eine Bobbahn abholen, deren Abbruch aber
Weiss unschuldig und jungfräulich heisst. Sie wissen,
250 Millionen Dollar kostet. Und schliesslich Van-
dass Weiss in Tasmanien für Armut steht, im Budd
couver. Hier ist seit 2010 der Schuldenberg eine Milli-
hismus Trauer und in afrikanischen Kulturen Tod be-
arde Dollar gross und für die «grünsten Spiele aller
deutet. Allein schon ihrer Kultiviertheit wegen wer-
Zeiten» mussten 100’000 Bäume gefällt werden. Wel-
den sie die «Weissen Spiele» im nächsten Frühling mit
che Bündner aber haben wegen der Olympischen
Karacho an der Urne versenken.
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Romanische Literatur Die ladinische Kultur hat in den letzten Jahrzehnten Höhen und Tiefen durchlebt. Autor Romedi Arquint geht im romanischen Text den Entwicklungen im Detail nach und kommt in seiner deutschen Zusammenfassung zum Schluss, dass heute die Zweisprachigkeit zur Normalität wird – so wie es die Jungen sagen: «Ebain, here we are.» Seite 35
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Dad ons grass e dad ons majers Üna spassegiada tras la ils ultims decennis da la culrua rumantsch ladina. Ons grass ed ons majers, fluraschun, normalità o resignaziun as dan il man. Nouvas spranzas a l'orizont ladin: I vain giovà cun las linguas, il patagon balla roc e'ls pleds fan nozzas culs purtrets.
L
as uniuns Patagonas vaivan invidà al cunt-
sta Murk). Il pegasus d’ün’otra Musa (Artur Caflisch)
text: Romedi Arquint
schaint professer Struz per cha quel detta impuls
galoppaiva cun penna fina e schluppet da fraud tras la
illustraziun: Gregor Gilg
e nouv schlantsch al movimaint Patagon. La sala
val, e gnanca la gronda lavina nun es statta buna da til
da l’Uors d’eira stachida plaina cur ch’el ha cumanzà
paschantar. Pac temp davo sun eu stat al bal da la Pata-
seis referat: «Sch’eu pens inavo a meis 7 ons ch’eu n’ha
gonia giuvna (inscunter da stà da la Ladinia) ed eu
pudü passantar pro Vus, il pövel Patagon, am vain adi-
n’ha realisà, cun quant entusiassem cha eir ils giuvens
maint il sömmi da Josef da las vachas grassas e da quel-
as ingaschaivan: Ün cun la festa pro Antonio (Clo Duri
las maigras chi seguan – set ons abundanza e davo ün
Bezzola), chi trattaiva l’integraziun, quella vouta das
temp da s-charsdà. Ed eu am dumond, scha quist
las famiglias talianas, tschel chantaiva dals tragliuns
sömmi nun es forsa eir üna sumaglia pels trends e las
e disegnaiva Comics Patagons (Paulin Nuotcla), in-
modas, forsa dafatta per las tambas-charias cha nus
tant cha’l Corv (periodic studentic) cratschlaiva sü da
nomnain istorgia mundiala».
l’Öli (ustaria da Gottfried Keller a Turich) e cha’l Char-
Davo quista introducziun filosofica fixa el il public:
dun (periodic ladin) pizchaiva, i daiva apa-raintama-
«Sco cha savais – quai d’eira avant 50 ons – am vaiva ün
ning ün erbari critic in poesia e prosa (Armon Planta),
stipendi dat la pussibiltà da stübgiar lingua e cultura
perfin il diavel pizzaiva sü da l’infiern cul piz da la
dals Patagons culla spranza cha quellas experienzas
corna tschanca (Jon Demarmels).
possan eir gnir trattas a nüz dad oters pövelets. Apaina
Casü illas nüvlas liricas tscherchaiva la randulina La
rivà «sü ot illas muntagnas blovas d’ingiuonder ve-
terra impromissa (Andri Peer), intant cha suot il sulai
gnan gio als ovas» (Selina Könz) sun eu gnü invidà ad
d’avuost battaiva il cour da la liunessa plü plan (Luisa
üna rapreschantaziun da teater. «Nus d’eiran adüsats
Famos). Aint il «Fögl» (Fögl Ladin) as dispittaivan
a teaters populars illa lingua da noss chantunais, dra-
quels chi van e quels chi stan (Cla Biert e Duri Gau-
mas tanter guardgiachatscha, frodulader e’ls duos
denz); Laina verda annunzchaivan l’entrada dal sex
amants tanteraint ed otras cumedgias cun ün nivo so-
illa litteratura Patagona; ma la vaira sensaziun dasper
lalà…, ed uschè vaina cumanzà a scriver agens tocs, ra-
tuot quista richezza: I d’eira güst cumparü il prüm ro-
gischats ill’istorgia da nossa val e chi a listess temp
man patagon! Propcha üna Müdada! (Cla Biert). A nos
trattaivan dumondas existenzialas da la vita.
referent glüschivan ils ögls, sco schi’s vess averta üna
Il temp dal fain grass
aint il public a Jonni: «Be plan, uossa am para’l dad es-
Be la lingua patagona es buna da tocker las ragischs
ser sfuondrà bel e bain in sömmis nostalgics – tuorna
chafuollas da nos pövelet. Ma, na be quai», manzuna
darcheu sün terra, sar professer!»
l’autur chi, insembel cun sia duonna, faiva eir la re
sfalizcha dal paradis, intant cha Gisep scuttaiva cagio
dschia, «avant ün pêr ons ans vaina miss insembel ca-
Ils set ons majers
gio ill’ustaria e vain scrit e lura eir inscenà ün cabaret,
«Eu sun hoz amo cha’m dumond, co ch’üna tala dina-
ingio cha vain fat ir dür e tender tras la Panaglia (Men
mica es insomma statta pussibla pro ün pövelet sco chi
Rauch, Jon e Menhia Semadeni, Cla Biert)». Davo la ra-
sun ils Patagons! In mincha cas nu m’esa stat pussibel
preschantaziun n’haja fat la cugnuschentscha da quel
dad impizzar in mia patria ün tal fö litterar. Ok, tuor-
da las Neglas cotschnas da Müstair, ün homet viscul
naina a la realtà dad hoz. L’on passà sun eu dimena
chi giraiva cul microfen per la Patagonia intuorn (Ti-
tuornà davo bod 50 ans per la prüma vouta darcheu
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illa Patagonia. Che scuvertas n’haja fat? Ün cuntschaint,
morts. Ils Patagons paran d’as fixar sül passà. Eu pre-
mort massa bod, am vaiva tradi il misteri: «Als Pata-
sum chi darà amo oters morts ch’els fan reviver. Min-
gons mauncha ün Homer u ün Dante, be ün’ouvra da
chatant vez eu la Patagonia sco ün grond desert, raras
reputaziun mundiela pudess der nouv fö a quist tröpet
las oasas cun aua frais-cha chi sadaja. «Nus eschan
spers (Giuliano Pedretti).» Talas vuschs sun suspettu-
bain amo qua, pels Patagons daja amo ün avegnir», pa-
sas e cur ch’el am muossa publicaziuns rezaintas – in
ran ils Patagons da clomar sur il mür dal sunteri oura,
custüms exteriurs chi fan parada – crescha il suspet. E
dond aua da prümavaira a las fluors e suogliond d’u-
pelvaira: Che müdada incredibla. I cumparan bainschi
tuon las fossas cun dascha.
amo adüna ils chalenders e’ls periodics in parada moderna, tas-chabels ed in culur, reminiscenzas biografi-
Here we are!
cas schloppan sco Ovas da savun, intant cha gio da Fex
«Avuonda cul lamentöz!» interrumpa qua ün da quels
boffan Ventins e ventatschs ed otras publicaziuns bio-
intellectuals our dal public: «Eir ils Patagons sun cuol-
graficas (Martin Rascher / Attilio Bivetti); i dà amo
pits da mega-trends globals, da sdarlossadas chi toc-
adüna Vardats e nardats (GionTscharner) e Roba da
can la fundamainta da la società. Nun esa logic, cha’l
tschel muond (Dumenic Andri).
pled scrit perda da valur in vista als mezs electronics
Ün pêr instancabels ramassan Raschladüras (Göri
ed a la surabundanza da purtrets? Eir noss vaschins as
Klainguti), publicheschan Bras-chers, Pennarias e ca-
lamaintan, cha la cugnuschentscha da la lingua giaja
ricaturas (Jacques Guidon), il pavel cuort es qua,
almain, chi nu vegna plü discurri, ed amo damain
sainza dubi, quel pavel züjus ed indispensabel per
scrit correctamaing; co vessan ils Patagons dad esser
l’orma patagona. I dà dafatta eir trats squisits illa Cha-
ün’excepziun?» «Hei, intant cha da plü bod i d’eiran ils
dafö gio Giarsun (Leta Semadeni) e prosa fina sü Ftan
homens, magisters e ravarendas chi portaivan l’ierta
(Rut Plouda); gio’l fuond da la val as doda La rumur da
patagona, sun quels hozindi svanits davo computers
l’En (Oscar Peer). Üna fluraschun ha la lavur scienti-
ed oters mobels moderns. Sport ed economia domine-
fica; uschè es cumparü – i vaivan lönch spettà –
schan, intant cha lingua e litteratura sun dvantats
ün’ouvra remarchabla da la vita e lavur dad ün dals
chomps d’occupaziun per pensiunats.» Ed uossa esa
monumaints Patagons (Peider Lansel da Rico Valär), la
gnü ad ün’ erupziun, cha’l moderatur ha gnü fadia da
distanza dal temp dà lapro eir l’ocasiun da tillas lovar
tgnair in frain. Eu vögl finir meis rapport cun trais ci-
aint il context sozial e politic da seis temp. Stut suna
tats da quella discussiun animada.
stat dal resun litterar dal Patagon Grischun; lapro
Il prüm quel d’ün patagon chi viva a «Pürich»: «Nun
vaiva Flurin Spescha lantschà la nouva scripziun cul
esa remarchabel co cha la bilinguità vivüda dals Pata-
prüm crimi rumantsch. L’inspecter Linard Lum (Göri
gons driva las portas per publicaziuns da texts in dif-
Klainguti) chargia pero inavaunt sia püppa cun s-chet
ferentas linguas, e nun esa remarchabel cun quanta
tabac patagon. E lstess, eu nun ha plü chattà quel fluid
bainvuglientscha, cha quels vegnan acceptats da la
vital, quella dinamica chi’m vaiva impreschiunà pro
critica litterara naziunala.» Üna duonna plü veglia:«Il
mia prüm visita. Per resümar: In congual cun mia
Patagon es plü preschaint co quai ch’el d’eira, cur
prüma visita pasculeschan hoz vachas maigras süls
ch’eu d’eira giuvna. Eu passaint meis dis suletta in
rars clerais Patagons.
Inscunter sül sunteri patagon
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stüva, e dürant di e not m’accumpognan il radio patagon e la televisiun patagona. Eu nun ha mai vivü in ün muond uschè patagon sco hoz!». Ün’otra vusch, quista
Da pensar am dà alch oter; eu sun schmort da la pre-
vouta d’ün giuven: «Quist cuntinuant marmuognöz
mura cha’ls Patagons as dan per cultivar las fossas sül
es tipic per vus vegliets, vus tuots in età avanzada. Da
sunteri patagon. Ünguott’incunter il cult dals morts,
tschella vart, da tschella vart, «Bibi vaplan» (Bianca
quel ha tradiziun e seis lö pro’ls Patagons. El es segn
Mayer), hei quai nu resguardais vus sco cultura. Per
d’ün respet e d’üna valütaziun da las prestaziuns dals
nus es il patagon dvantà ün hit! Bod in mincha chan-
antenats, po però eir servir per suogliar il vöd, pü mal
tun da la Patagonia sunaina, registraina e prodüaina
füssa sch’el impediss la cultivaziun dals vivs. La Pata-
songs in rap o roc cun nossas bands. Nus scrivain da-
gonia es plaina da reediziuns da cudeschs chi per part
fatta svess ils texts patagons. Giuvnas artistas ed ar-
d’eiran güst cumparüts pro mia prüma visita, dad edi-
tists actualiseschan cun musica, texts bilings e sot
ziuns, reediziuns e nouvas da reediziuns bilinguas. I
l’jerta culturala da noss babuns! In voss discuors da
dà eir in ögl cun che verva e fantasia chi vegnan festa-
dumengias dschais vus adüna, cha la giuventüna saja
giats rituals commemorativs da Patagons e Patagonas
l’avegnir. «Ebain, here we are!»
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«Here we are» Ein Spaziergang durch die letzten Jahrzehnte der ladinischen Kultur zeigt einen kuriosen Ahnenkult, aber er zeigt auch, dass die Zweisprachigkeit neue Chancen birgt.
A
ls ich vor einigen Jahren mit dem in-
Klassiker boomen, oft genügt ein entfernter
Werke von Leta Semadeni oder Ruth Plouda.
zwischen verstorbenen Giuliano Pe
Bezug zum Engadin. Dies mag nach aussen
Sie machen deutlich, wie sehr die Zweispra-
dretti bei einem Glas Wein zusam-
als Zeichen von Vitalität empfunden wer-
chigkeit heute zur Normalität der Rätoro-
mensass, bemerkte er: «Es müsste ein Dante
den. Doch selbst die ausserordentlich gefäl-
manen geworden ist. Man mag dies als ei-
oder ein Homer her. Nur eine ausserge-
lige Ausstattung der Neuerscheinungen
nen weiteren Salamischnitt zum Untergang
wöhnliche literarische Kapazität könnte es
lässt einen leicht müffelnden, resignativen
des Romanischen bedauern oder aber als
schaffen, dem Romanischen Auftrieb und
Geruch zurück.
Ausdruck eines bewussten und selbstver-
Zukunft zu geben.» Ich meinte, aus seinen
ständlichen Umganges mit der Sprache und
Worten eine leise Resignation herauszuhö-
Hochblüte und Zweisprachigkeit
ren. Tatsächlich bewegt sich die literarische
Zugegeben, einem ergrauten Romanen
Im Vergleich zu den «fetten» Jahren der
Debatte in einer Kleinsprache ständig zwi-
kann nostalgische Träumerei vorgeworfen
Hochblüte leben wir heute in literarisch
schen (zu) hohem Anspruch und einer un-
werden, wenn er sich bei der Betrachtung
mageren Zeiten. Der Ruf nach dem erlösen-
kritischen Beliebig keit. Diese Bandbreite
des zeitgenössischen literarischen Betriebes
den Ausnahmewerk oder die inflationäre
aus zuloten und das eigene literarische
von seinen Jugenderfahrungen leiten lässt.
Pflege «dal sunteri rumantsch» (des «Fried-
Schaffen mit einer kritischen Brille zu ana-
Tatsächlich lässt sich die Gegenwart nicht
hofes der Rätoromanen») könnten dies be-
lysieren, fällt den Rätoromanen schwer,
mit der Hochblüte des ladinischen Kultur-
stätigen. Vielleicht sind magere Jahre aber
treffen wir doch in der Kleinräumigkeit auf
schaffens der ersten Jahrzehnte nach dem
einfach der normale Alltag einer Kleinspra-
personelle Verflechtungen, Rücksichtnah-
Zweiten Weltkrieg vergleichen. Damals
che, wobei sich diese Normalität der litera-
men und Sensibilitäten. Kommt dazu, dass
wurden dem deutschsprachigen Volksthea-
rischen Produktion im Vergleich mit
nur schon der Einsatz für die Erhaltung ei-
ter romanische Stücke entgegengesetzt, die
deutschsprachigen Bündner Talschaften
ner bedrohten Sprache Lob verdient; die lei-
die historischen Wurzeln der Engadiner
immer noch auf einem hohen Niveau bewegt. Selbst grosse Kulturräume beklagen,
den Sprachen deuten.
seste Kritik wird in diesen Kreisen im besten
mit Lebensfragen konfrontierten, die sich
Fall als nicht qualifiziert, normalerweise je-
die französischen Existenzialisten stellten.
die schriftliche Sprache werde immer
doch als Nestbeschmutzung ausgelegt.
In der Zeitung «Fögl Ladin» duellierten sich
schlechter beherrscht, und weitherum ist
«quels chi van e quels chi stan»: Jene, die ge-
eine Abnahme des Leseverhaltens festzu-
hen, und jene, die bleiben, und es fanden
stellen. Das traditionelle Buch hat mit der
Ein Überblick über das ladinische Kultur-
sich hier auch ironische und kämpferische
medialen
schaffen der letzten Jahre zeigt einen leicht
Kommentare. Die Studenten liessen den
schwemmung mächtige Konkurrenz erhal-
kuriosen Trend zum Ahnenkult. Nichts ge-
«Corv» («Rabe») krähen und schossen sich
ten und hat einen schweren Stand.
gen die Achtung und Verehrung der Toten,
auf das Establishment ein. Das Integrati-
Kurioser Trend zum Ahnenkult
und
elektronischen
Über-
Die Jugend machts vor
eine lebendige Erinnerungskultur ist im-
onsproblem wurde in Form einer romani-
mer auch Nährboden für die Bewältigung
schen Adaption eines Stücks des bekannten
Die positive Seite der Medaille: Noch nie
der Gegenwart – dies wird manchmal ver-
Berliner Grips-Theaters thematisiert.
war die Präsenz des Romanischen in Radio
gessen. Gegenwärtig scheint das Pendel
Solche Zeiten lassen sich nicht wiederholen.
und Fernsehen derart breit und qualitativ
aber eher in die andere Richtung auszu-
Obwohl die Entwicklung der Standardspra-
ansprechend wie heute. Und in beinahe je-
schlagen. Bücher, die vor weniger als fünf-
che Rumantsch Grischun vor allem bei der
dem Luftschutzkeller der Rumantschia pro-
zig Jahren zum ersten Mal herausgegeben
studentischen Jugend auf euphorische Be-
ben Jugendbands und schreiben Songs,
wurden, werden neu aufgelegt. Es erschei-
geisterung gestossen ist, gibt es bisher kaum
die – zur grossen Überraschung – auf Ro-
nen kommentierte Neuausgaben. Andere
Literatur im noch jungen Idiom. Doch es
manisch von Liebe und Alltag erzählen. Die
werden, obwohl zweisprachig schon vor-
gibt auch Erfreuliches zu berichten: In letz-
Jungen entwickeln – zweisprachig – mit
handen, neu übersetzt und die alt-neuen
ter Zeit sind vermehrt bilinguale – zum Teil
Musik, Wort und Tanz Neues. «Ihr Alten be-
Bände werden gerne öffentlich präsentiert.
von den Autorinnen und Autoren selber
schwört bei jeder Gelegenheit, die Zukunft
Gedenkveranstaltungen für tote ladinische
übersetzte – Bücher erschienen, etwa die
gehöre der Jugend; here we are!» RA
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Foto by Robert Bösch
COME SKI WITH US
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Kindergärtnerin für Kindeskinder Seit Mitte der Siebzigerjahre engagiert sie sich als Kindergärtnerin in Sent, als Mutter und als Künstlerin mit Herzblut: Tina Puorger-Zanetti. Generationen von Kindern begleitet sie seit bald vierzig Jahren auf dem Entwicklungsweg Richtung Schule.
Text: Esther Scheidegger Fotos: Susanna Fanzun
T
alina, Scoulina Sent, so meldet ein helles Mäd-
schrieben, eine inspirierende Wörterspielerei: Kopf-
chenstimmchen. Ich frage förmlich nach der
nuss / Nusstorte / Tortenguss / Gusseisen / Eisenkraut /
Kindergärtnerin. Und höre, wie Talina fröhlich
Krautstiel. Vor der Balkontüre sitzt dekorativ die Katze
und unbefangen nach Tina ruft. Tina! Tina! Nicht
Dolly. Auf dem Tisch stehen frisches Brot und eine Fla-
etwa duonna Puorger oder tanta Tina, wie es früher
sche Wasser.
wohl geheissen hätte. Aber damals hatte der Kinder-
38
garten noch kein eigenes Telefon. Bis 1997 war die
Jedem Kind sein «Ämtli»
Scoulina im Schulhaus einquartiert gewesen, dann
«Die Telefonansage haben wir in der Klasse richtig ge-
erst bekam sie ihr jetziges, grosszügigeres Quartier,
übt», erzählt Tina. Ihre derzeit 18 Senter Buben und
das ehemalige Gemeindehaus in Schigliana – wie im
Mädchen teilen sich nämlich im Wochenrhythmus in
Paradies. Daraus wird man unweigerlich vertrieben,
verschiedene Ämtchen, eines ist der Telefondienst.
wenn man erst einmal in die richtige Schule muss. Die
Oder dem behinderten Gspänli beim Schuhebinden
Kinder haben ihre Tina sehr gern.
und in den Rollstuhl helfen. Die Marenda-Täschli ver-
Angefangen als Kindergärtnerin hat Tina 1975/76,
teilen – den Zvieri essen die Kinder gemeinsam.
nach dem Seminar in Chur. In Sent mit seinen heute
Wer was zu tun hat, ist auf einem farbigen Plan ver-
knapp 900 Einwohnern ist sie aufgewachsen, hat ge-
merkt, der an der Wand hängt. Jedes Kind hat am ers-
heiratet und hier arbeitet sie seit 25 Dienstjahren, die
ten Schultag ein Symbol für sich auswählen können,
Familienpause mit reduzierten Pensen nicht mitge-
weil Fünfjährige ja noch kaum lesen und schreiben
rechnet. Die drei Töchter sind erwachsen, alle künst-
können. Das Emblem von Talina ist ein Mäuschen,
lerisch «erblich belastet», wie die Mutter sagt, und
üna mürina. Nein, keine Computermaus. Auch Han-
nach Zürich ausgeflogen. Aber an den Wochenenden
dys haben im Chindsgi noch nicht Einzug gehalten.
kommen sie immer noch gern nach Hause, in die
Vor bald vierzig Jahren übernahm Tina für ihre erste
wohnliche Familienküche, in der wir nun sitzen, am
Klasse 32 Schülerinnen und Schüler, «happig» sei das
schulfreien Samstagmorgen. An der Wand, handge-
schon gewesen, erinnert sie sich. Aber sie habe bald
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gelernt, was es heisst, in der Praxis aufmerksam, liebe-
dergärtnerinnen, und natürlich von den Kindern seit
voll und konsequent zu sein, nicht nur in der Theorie.
rund zehn Jahren mit viel Engagement und Herzblut
dem Kindergarten, von Sent, wo
Die Kinder sollen spielend lernen, altersgemäss. Ihre
bearbeitet. Kindergarten ist heute aber auch lernen.
Tina Puorger seit vierzig Jahren
«Defizite» müsse man checken, und man könne auf
Fünf Mädchen und Buben haben zweimal wöchent-
mit Generationen von Kindern
ihre natürliche Neugier bauen. Zuhören muss man
lich eine halbe Stunde Romanischunterricht, denn
spielt, bastelt, singt und lernt.
lernen, auch einmal stillsitzen, sich konzentrieren,
die Umgangssprache in der Scoulina ist Vallader, das
mit verschiedenen Materialien experimentieren und
die Kleinen bald wie im Schlaf beherrschen werden.
spielen. Auch Langeweile darf einmal sein, dann kön-
Mehr als fünf Ausländerkinder gab es in Sent übrigens
nen neue Ideen kommen. Auf Technik will Tina ihre
(noch) nie.
Schützlinge nicht trimmen. Aber demnächst wird sie ihren Fünfjährigen beibringen, wie man ein Blatt Pa-
Erholung mit der Kunst
pier zu Konfetti zerreisst. Und später wird auch der
Ihre Lust am Kindergartengeben sei nach so vielen
Umgang mit einer Schere geübt.
Jahren gottlob ungebrochen, sagt Tina Puorger. Aber
Auch in den Bergen sind Kinder gestresster
Impressionen aus der Scoulina,
sie weiss auch, wie sie auftanken kann. Im Integrativen Ausbildungszentrum Zürich IAC hat sie sich be-
Kinder fordern heute anders heraus als früher, sagt
rufsbegleitend zur Gestaltungspädagogin ausbilden
Tina, ohne moralisierenden oder anklagenden Unter-
lassen, und seither erschafft sie kunstvolle schwe-
ton. Auch in Sent sind sie gestresster als in den fernen
bende, federleichte Figuren aus Draht und Papierma-
1970er-Jahren, ihre Freizeit ist häufig heftig verplant
ché, aus Schwemmholz und den Trouvaillen, die sie
mit Turnen, Fussball, Hockey, Tennis und einigem
auf ihren Spaziergängen unten am Inn sammelt. Ihre
mehr. Die meisten Eltern wollen ihre Sprösslinge nach
beseelten Frauen und Engel hat sie schon mehrfach
Kräften fördern. «Ja, auch die Elternarbeit ist anders,
ausstellen können, mit Erfolg, um den sie sich aber
ist anspruchsvoller geworden», das bestreitet Tina
nicht reisst. Schade findet sie in diesem Zusammen-
nicht. Heutige Eltern nehmen den Kindergarten nicht
hang, dass es in Sent die Grotta da Cultura nicht mehr
auf die leichte Schulter, er ist nicht einfach nur ein Ort,
gibt. Hier hatte sie auch eine Ausstellung mit Kinder-
wo man seinen Nachwuchs vertrauensvoll parkieren
zeichnungen organisiert. Doch die Gewölberäume ge-
kann, Eltern wollen einbezogen werden, helfen gerne
hören nun zum neuen Kunsthotel.
mit, wenn es sich ergibt.
Doch zurück in die heimelige Küche. Tina sagt:
Tina Puorger versteht sich nicht als Animatorin, ob-
«Quista lavur nun es amo lönch na a fin, ne in quai chi re-
wohl sie mit ihrer Klasse bald Bauchtanz übt und vor
guarda il tema, ne il material.» Die Arbeit sei noch längst
Weihnachten mit Gewürzen kocht und backt. Weil
nicht fertig, weder aus thematischer Sicht, noch was
das gemeinsame Jahresprogramm der drei Kindergär-
die Materialien im Kindergarten betrifft. Sie spricht
ten in Sent und in Scuol diesmal der Orient ist, mit ei-
zwar explizit über ihre Figuren – es könnte aber ebenso
nem gemeinsam inszenierten Musical im Frühling als
gut ihre Arbeit in der Scoulina gemeint sein. Denn was
krönendem Abschluss. Solche wechselnden fächer-
sie sich niemals vorstellen könnte: Alle paar Jahre die
und klassenübergreifenden Jahresthemen – «Zirkus»
immer gleichen alten Vorbereitungen aus der Mappe
zum Beispiel oder «Wasser» und nun eben «Orient» –
zu ziehen und nochmals anzubieten, weil das Leben
werden von den verschiedenen muossadras, den Kin-
doch weitergeht!
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A d'eir'a Segl ün signur, na grand amih d'la lavur. Ma'l faiva affers in Taiwan Per na murir da la fam.
I d'eir'a Sent üna matta, tant jent mangiaiv'la salata, garnida cun verms e lindornas. Ün di as sdruagl'la cun cornas.
A d'eir'a Puntraschigna 'na giuva taunt bella e fina, vivaiva be da salata, numneda «miss secha» dafatta.
I d'eir'aint a Samignun be'n moppel, mo ün grond furbun. Quel inventà ha 'na maschina chi our da naiv sa far benzina.
I d'eir'a Brail ün barbet chi spettaiva l'uors cul schluppet. Dal campel s'ho quel culozzo ed el nu s'ho mê pü musso!
Engiadina narrais-cha Zeichner Jürg Parli und Autor Alfons Clalüna haben einen kleinen Band mit Karikaturen und witzigen kleinen Gedichten in den romanischen Idiomen Puter und Vallader über fiktive Personen aus den Engadiner Dörfern veröffentlicht . Erhältlich in den Buchhandlungen im Engadin oder bei der Uniun dals Grischs. www.udg.ch
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piz : Publireportage
1
2
1 - Bestens ausgerüstet auf die Piste: Kevin Weiner in seinem Element. 2 - In den letzten 40 Jahren nicht weniger als sechs Mal geklaut: die Amerika-Flagge vor dem La Fainera-Hauptgeschäft. 3 - Richard Weiner als Segellehrer in den 1970er-Jahren.
40 Jahre La Fainera Sport An den XI. Olympischen Winterspielen von Sapporo sorgten Marie-Theres «Maite» Nadig und Bernhard Russi für Schweizer Triumphe, im deutschen Fernsehen wurde die erste Folge von «Raumschiff Enterprise» ausgestrahlt und in Schweden nahmen vier junge Leute namens Agnetha, Björn, Benny und Anni-Frid ihre erste Single auf – Abba startete die Erfolgskarriere. Und es gab noch ein wichtiges Ereignis im Jahr 1972: Am 18. Dezember öffnete in Sils-Maria das Sport- und Modegeschäft La Fainera seine Türen. Ein Amerikaner im Engadin
Im Sommer und im Winter eine Top-Adresse
Als der junge, sportbegeisterte Amerikaner Richard Weiner im
In der Silser Sportscheune haben mittlerweile Sohn Kevin Wei-
Jahr 1970 das erste Mal das Engadin besuchte, verguckte er
ner und seine Frau Francesca das Zepter übernommen. Sie sind
sich nicht nur in die Landschaft, sondern auch in Arlette Moeckli
mit der gleichen Begeisterung für ihre Kundinnen und Kunden
aus Sils-Maria. Das Paar heiratete und gründete 1972 in einem
da wie die Eltern in den letzten 40 Jahren. La Fainera gilt heute
alten Stall am Dorfrand sein gemeinsames Sport- und Mode-
als Top-Adresse im Engadin für Sport und Sportmode. Ob
Fachgeschäft La Fainera. Richard kümmerte sich um alles
Langlauf, Alpinski, Snowboard oder Schneeschuhwandern im
Sportliche. Arlette, die bei einem Sprachaufenthalt in London ihr
Winter sowie Biken, Wandern oder Golf im Sommer – La Fainera
Faible für Boutiquen und trendige Fashion-Labels entdeckt
garantiert für kompetente Beratung, ein umfassendes Sortiment
hatte, war für die Mode zuständig. Die Kombination von Sport-
an Top-Marken und einen perfekten Service, zu dem auch ein
artikeln und modischem Chic war ein Novum in dieser Zeit, kam
grosses Mietangebot im Rahmen des Intersport-Rent-Network
jedoch von Beginn weg hervorragend bei den Kundinnen und
Engadin gehört.
Kunden an. Segelschulpionier der ersten Stunde Parallel zur Tätigkeit im Sportgeschäft brachte Richard Weiner als Gründer einer Segelschule am Silsersee und mit einer Surfschule am oberen Ende des Silvaplanersees kräftig Wind in den Engadiner Sommer-Tourismus. 1992 wurde La Fainera umgebaut und mit einem Mountainbike-Kompetenzzentrum erweitert. Ein weiterer Meilenstein bildete die Eröffnung des zweiten La Fainerageschäfts mit Fokus Fashion im Zentrum von Sils-Maria
2 x in Sils-Maria:
Engadin – St. Moritz
im Jahr 2008. In diesem gibt auch heute noch Arlette Weiner-
Für Sport am Dorfeingang, Casual-Mode im Zentrum.
Moeckli modisch den Ton an.
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3
Warum Töchter die Eltern pflegen Im gewohnten Umfeld alt werden und zu Hause sterben dürfen, wer will das nicht? Umsetzbar ist der Wunsch nur, wenn genügend gute Seelen da sind, die bei Haushalt und Pflege zur Hand gehen. Fast immer sind das Frauen, Töchter und Schwiegertöchter. Warum eigentlich?
Text: Daniela Schwegler Fotos: Spitex Verband Schweiz, Alan Meier
M
eine Mutter ist eine Rosinenpickerin», sagt Ur-
unpersönlich. Die Mutter geniesst zu Hause eine auf
sina *, die ihre Mutter pflegt und anonym blei-
sie zugeschnittene individuelle Rundum-Betreuung
ben möchte. Die Tochter, um die sechzig, ist
durch ihre Tochter. Und als sie im vergangenen Win-
ins Bergdorf zurückgekehrt, um sich um ihre über
ter wegen sehr starker Rückenschmerzen eine Zeit
90-jährige pflegebedürftige Mutter zu kümmern. Der
lang ganz bettlägerig war, organisierte die Tochter ei-
Vater wohnt unterm selben Dach des stattlichen Enga-
nige Tage zur eigenen Entlastung den Mahlzeiten-
diner Hauses. Für ihn allein wäre das alles zu viel ge-
dienst der Spitex. Doch die Mutter mochte das Essen
worden. Und da bei Ursina privat nicht alles so lief,
nicht: «Das Fleisch war nicht gar genug.» Die Tochter
wie sie sich das gewünscht hatte, stand einer Rückkehr
steht nun wieder selber am Herd: «Meine Mutter ist
ins Elternhaus nichts mehr im Weg. Sie schickt sich in
halt verwöhnt.»
ihr neues Leben als Privatpflegerin ihrer Mutter.
* Name geändert
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Rund um die Uhr ist sie für die alte Frau da und küm-
Grosse Erwartungen
mert sich auch um Haushalt und Garten. Ein Vollzeit-
Das Modell der pflegenden Tochter entspricht auch
job. Der Vater geht zur Hand, wo er kann. Manchmal
dem Altersleitbild der Bündner Regierung. Nach den
kommt auch die Schwägerin vorbei. Ursina steht auf,
im Februar 2012 verabschiedeten Richtlinien sollen
wenn die Schmerzen der rheumageplagten Seniorin
ältere Menschen so lange wie möglich zu Hause blei-
zu gross werden. Und sie schildert jenen Sonntag-
ben können und erst ins Heim müssen, wenn es gar
abend, als die Mutter notfallmässig ins Spital über-
nicht mehr anders geht. Damit das möglich ist, müs-
führt werden musste. «Das Schwierigste ist, jeden Tag
sen die ambulanten Dienste der häuslichen Pflege und
präsent zu sein», räumt die Tochter ein. Aber weil es
Betreuung gestärkt und ausgebaut werden. Was aber
ihre Mutter ist, «macht man das». Mehr ist ihr über die
die Spitex oder eine privat angestellte Pflegeperson
aufopfernde Pflege nicht zu entlocken: «Ich an ihrer
nicht leistet, müssen die Angehörigen übernehmen.
Stelle wäre auch froh.» Die Mutter ins Pflegeheim zu
In der überwiegenden Mehrheit sind es die Töchter
geben, kommt für Ursina nicht in Frage. Zu teuer, zu
und Schwiegertöchter.
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Ob immer aus freien Stücken, ist eine andere Frage. In
schäftsleiterin der Spitex Valposchiavo. Das schlechte
Wenn die Töchter und Schwie-
der kürzlich im rätoromanischen Fernsehen ausge-
Gewissen stehe ihnen im Weg, und sie denken, sie
gertöchter Entlastung von
strahlten Dokumentation «Vegl e cuntent – alt und zu-
könnten das doch selber. Das Umdenken, sich auch
der Pflege ihrer Angehörigen
frieden» hat Filmemacherin Susanna Fanzun fürs In-
mal einen Tag frei zu nehmen, brauche Zeit. Genauso
brauchen, springt die Spitex ein.
terreg-Projekt «Insieme sano – gemeinsam gesund»
wie die Tatsache, dass in der Pflege auch Männer tätig
alte Menschen im Südtirol und in Südbünden besucht.
sind. Zwei ältere Damen im Tal beharrten beispiels-
Darunter Anna Pezzei im Südtiroler Gadertal, die dort
weise strikte darauf, dass eine Frau von der Spitex
ihre 90-jährige Mutter pflegt. «Die Frauen überneh-
kommen müsse. Obwohl zum vierzigköpfigen Spitex-
men die pflegerische Aufgabe nicht immer ganz frei-
Team im Puschlav auch zwei Männer gehören.
willig», stellt diese Tochter fest: «Der gesellschaftliche Druck und die Erwartungen sind sehr hoch.» Im ka-
Warum fast immer die Frauen?
tholisch-konservativen Südtirol sicher noch höher als
Frauen sind nicht nur in der privaten, sondern auch in
in den Bündner Südtälern, wie Susanna Fanzun beob-
der professionellen Pflege stärker gefragt. Woran liegt
achtet hat: «Bei uns ist der Druck nicht mehr so hoch.»
das? Sind Frauen die besseren Pflegerinnen? Können
Ambulante Dienste bringen Entlastung
Männer das nicht auch? Schliesslich sind auch heute noch die meisten Ärzte Männer. In der Arztpraxis darf
Dennoch: Die Erwartungen an die Töchter und
ein Mann einem also an den Leib, aber zu Hause
Schwiegertöchter sind noch immer massiv. Ein de-
nicht? Warum? Mit dieser Frage beschäftigte sich
menter Vater, der von der Schwiegertochter gepflegt
Frank Spreeuwers, stellvertretender Geschäftsleiter
wird und sie ständig fertig macht, kann zur Belastung
der Spitex Oberengadin, in seiner Abschlussarbeit zur
werden. Oft opfern sich die Frauen so lange auf, bis sie
Kaderausbildung in der Pflege. «Pflegen wird mit
selber krank werden, bis der Rücken schmerzt oder sie
Frauen assoziiert, auch heute noch, trotz Genderdis-
mit den Nerven am Ende sind. Dann erst verwerfen sie
kussion», stellt er fest. Frauen hätten heute zwar die-
die Hände, halten es nicht mehr aus, schlagen Alarm.
selben Rechte, aber nicht dieselben Chancen. Sprich:
«Zum Glück werden solche Konstellationen immer
Die Eltern haben bezüglich Hilfe und Pflege im Alter
seltener. Die Leute nutzen Entlastungsangebote deut-
höhere Erwartungen an die Töchter als an die Söhne.
lich schneller als früher», beobachtet Ursla Pedotti,
«Die Frauen erfüllen diese Erwartungen und überneh-
Sozialberaterin der Pro Senectute Südbünden. «Frü-
men zu 80 Prozent die Pflege», schätzt Frank Spreeu-
her hatte man mehr Hemmungen. Wegen des biss-
wers. Wenn ein Mann am Pflegebett stehe, dann sei es
chen Waschens, Anziehens und Pflegens wollte man
oft der Ehemann oder Partner, der sich um seine Frau
nicht gleich Unterstützung holen.» Dank des heute
kümmere. Söhne seien viel weniger eingebunden.
gut ausgebauten Entlastungsnetzes sei der Druck auf
«Sie verstecken sich hinter dem Argument, sie müss-
Angehörige deutlich geringer, so Ursla Pedotti.
ten arbeiten. Aber viele haben auch schlicht keinen
Die Angebote müssen allerdings auch genutzt werden.
Zugang zur Pflege.»
FILM-TIPP
Noch in den Startlöchern steckt das Tageszentrum «la
Frank Spreeuwers selber hat den Draht, steht er doch –
girandola» in Poschiavo. «Die Töchter und Schwieger-
wenn auch seltener – an Krankenbetten. Dass die
töchter haben Mühe, ihre dementen Angehörigen ei-
Pflege in Frauenhand ist, zeigt sich auch bei der Ober-
nen Tag zu uns zu bringen», sagt Pia Mathiuet, Ge-
engadiner Spitex. Hier ist er der einzige Mann unter
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Den Film «vegl e cuntent – alt und zufrieden» gibt es auf DVD. Bestelladresse: Gesundheitsamt Graubünden, Gesundheitsförderung & Prävention, Tittwiesenstr. 27, 7000 Chur
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ENTLASTUNGSANGEBOTE Angebote für Angehörige, um sich bei der Pflege zu entlasten, gibt es viele: Für demente oder psychisch kranke Senioren zum Beispiel die Tagesstrukturen des Pflegeheims Promulins in Samedan, der Chasa Puntota in Scuol, der Girandola in Poschiavo oder der Tagesklinik in St. Moritz. Dazu existieren Ferienangebote für alte Menschen mit pflegerischer Betreuung, Mahlzeitendienste, Weiterbildungsabende für Angehörige.
45 Angestellten. «Wenn ein Mann im Pflegebereich
«Den alten Menschen daheim helfen zu können, und
arbeitet, rutscht er häufig und rasch in Kaderpositio-
ihnen geduldig eine herzliche, empathische und pro-
nen – wie ich selber auch», stellt er fest. Dass der Pfle-
fessionelle Pflege zu bieten: Das ist der schönste Job
geberuf für Männer wenig attraktiv sei, hänge auch
der Welt!» Und Männer könnten das wohl ebenso gut,
mit den tiefen Löhnen zusammen. Die Rollenteilung
wenn sie wollten.
sei aber auch schon in der Erziehung angelegt, denn
Marina Giacometti, Einsatzleiterin der Spitex im Ber-
Kinder werden normalerweise von Müttern grossge-
gell, beschäftigt ausschliesslich Frauen. Aber auch sie
zogen und lernen dabei, dass es Frauensache sei, für
sieht, dass die Rollenverteilung zwischen Männern
die anderen zu sorgen.
und Frauen nicht mehr so starr ist. In einigen Jahren
«Männer haben Mühe damit, zu Hause den dienenden
werde es auch im Bergell ganz normal sein, dass Män-
Part zu erledigen», stellt Spreeuwers fest und fügt halb
ner in der Pflege arbeiten. «Es würde mich allerdings
im Ernst und halb schelmisch hinzu: «Wir möchten
sehr erstaunen, wenn ich das noch selber erlebe», sagt
herrschen, nicht dienen. Die Frauen zwar auch, aber
sie augenzwinkernd.
sie geben es weniger zu.»
Professionalisierung nimmt zu
Pro Senectute berät
Samantha Ieronimo, Einsatzleiterin der Spitex im Un-
Beratung rund um die Pflege und Entlastungsmög-
terengadin, zeichnet allerdings ein anderes Bild.
lichkeiten gibt es auch bei Pro Senectute. Im Engadin
Heute seien auch in den Bergregionen die meisten
bricht bei dieser Organisation eine neue Ära an: Ursla
Frauen berufstätig. Immer weniger Töchter können
und Reto Pedotti werden nach 25 Jahren pensioniert.
deshalb die Pflege der Angehörigen übernehmen. Und
Neu im Team sind Hermann Thom und Anna Bisaz
viele aus den nachfolgenden Generation wollen diese
und sie beziehen neue Büros in Bahnhofsnähe in Sa-
Verantwortung auch nicht. Dafür hat sie volles Ver-
medan. Anna Bisaz ist im Oberengadin aufgewachsen
ständnis: «Dass sich jemand heute 24 Stunden um
und mit ihrer Familie zurückgekehrt. Sie wagt einen
seine Eltern kümmert, kann man nicht mehr erwar-
Wiedereinstieg in die professionelle Sozialberatung.
ten. Jeder hat sein eigenes Leben, seine eigene Fami-
Hermann Thom stammt aus dem Unterengadin, hat
lie.» Und immer mehr Kinder ziehen auch weg. Dann
Sozialarbeit studiert und steigt nach vielen Jahren der
bleiben viele Leute allein in ihrem grossen Haus.
journalistischen Tätigkeit bei Pro Senectute ein.
Für die Spitex-Krankenschwester Gaby Schmid aus La-
Pro Senectute Beratungsstelle Südbünden
vin ist es «ein grosses Glück, für solche Leute da sein
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zu dürfen. Ich bin geboren für die Pflege», sagt sie.
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Das Geschäft bleibt in der Familie Es hat viel mit Tradition zu tun und irgendwie auch mit einer nostalgisch-heilen Wirtschaftswelt: Irgendwann übergibt der Firmengründer sein Geschäft an den Nachfolger aus der eigenen Familie und der führt das Unternehmen weiter. Doch dieser Weg ist nicht hindernisfrei.
Text: Andreas Kneubühler Fotos: Mayk Wendt
D
as Ideal ist bekannt: Die Chefin oder der Patron
Erb- und Eherecht spielen eine wichtige Rolle. Nicht
bleiben als Berater oder als Verwaltungsräte im
zuletzt muss neben der Altersvorsorge der abtreten-
Hintergrund, geben hin und wieder einen Tipp,
den Generation auch geklärt werden, womit sie sich
lassen die Jungen aber machen. Gerade in wirtschaft-
künftig beschäftigen, wenn das Unternehmen immer
lich eher klein strukturierten Regionen wie in Südbün-
der Lebensinhalt war.
den gilt dieser Weg als ideales Modell. Es gehen ihn
Anspruchsvoll sind auch die Fragen, die sich die Nach-
aber nicht nur Klein- und Mittelbetriebe. Auch be-
folgerinnen und Nachfolger stellen müssen. Wollen
kannte Konzerne sind im Familienbesitz: Denner
sie in die Fussstapfen der Älteren treten oder lieber et-
wurde vor dem Weiterverkauf an Migros vom Enkel
was Eigenes aufbauen? Vielleicht ziehen sie es vor, zu-
übernommen, Swatch vom Sohn, die EMS-Chemie
erst Erfahrungen in anderen Bereichen zu sammeln
ging an die Tochter. Unter den Grossbetrieben sind das
und erst dann zu entscheiden. Ist die ältere Genera-
zwar die Ausnahmen, aber schweizweit bleiben nach
tion überhaupt bereit, die Verantwortung auch tat-
wie vor 40 Prozent der Firmen in den Familien und
sächlich abzugeben – oder muss man sich ständige
werden von einer Generation an die nächste überge-
Kritik oder Einmischungen gefallen lassen? Nicht sel-
ben. Bei der grossen Bedeutung, die diese Nachfolge
ten führen solche Überlegungen zum Schluss, dass es
weiterhin hat, geht gerne vergessen, wie komplex und
für alle Beteiligten besser ist, eine Geschäftsführung
anspruchsvoll solche Entscheidungen sind – und zwar
ausserhalb der Familie zu suchen und bloss noch im
für alle Beteiligten. Das beginnt bei der Besitzerin oder
Verwaltungsrat mitzubestimmen oder das Unterneh-
dem Patron, die sich möglichst rechtzeitig Gedanken
men ganz zu verkaufen.
über die Nachfolge machen müssten. Das Kunststück dabei: Die Planung sollte beginnen, wenn sich die äl-
Viele Beratungsangebote
tere Generation noch voll im Saft fühlt und nicht erst,
Bei der Komplexität solcher Nachfolgeregelungen ist
wenn gesundheitliche Probleme auftreten.
es kein Wunder, dass es dafür zahlreiche spezialisierte
Auf die lange Bank geschoben
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Beratungsangebote gibt. Die meisten grösseren Banken preisen sich als Spezialisten und organisieren re-
Die Erfahrungen zeigen allerdings, dass das Thema
gelmässig Informationsveranstaltungen zu diesem
gerne auf die lange Bank geschoben wird. Zum einen,
Thema. Es gibt diverse Unternehmensberatungen, die
weil sich vor allem charismatische Unternehmerin-
sich spezialisiert darauf haben, oder auch Steuerex-
nen und Unternehmer gerne für unersetzlich halten,
perten, die sich um Lösungen kümmern. Mediatorin-
zum anderen, weil das Tagesgeschäft in einer Firma
nen und Coaches helfen mit, bei familiären Streitig-
anspruchsvoll ist und kaum Raum für längerfristige
keiten zu schlichten und eine Lösung zu finden.
Nachfolgeplanungen lässt. Fällt schliesslich der Ent-
Bei all den schwierigen und heiklen Fragen, die es zu
scheid, sich damit auseinanderzusetzen, geht es zu-
besprechen gilt, ist es nicht selbstverständlich, wenn
erst um die Frage, wer überhaupt für die Nachfolge in
eine Nachfolge im Einvernehmen mit allen Beteilig-
Betracht kommt: Sind Sohn oder Tochter fähig? Wol-
ten gelöst wird. Wenn es gestandene Familienbetriebe
len sie überhaupt? Und wann? Falls ein Nachkomme
gibt, die gar von mehreren Generationen gemeinsam
für die Nachfolge ausgewählt wird, müssen die An-
geleitet werden, dann darf das fast schon als Kunst-
sprüche der anderen Erben gelöst werden. Steuern,
stück bezeichnet werden.
piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
DEM EDELSTEN LEBENSMITTEL VERSCHRIEBEN. «Wir sind drei Brüder und jeder hätte gerne die Metzgerei übernommen, die schon unser Grossvater vor rund 100 Jahren aufgebaut hat», sagt Ludwig Hatecke (Mitte). Als Ältester der drei hatte er ebenfalls Metzger ge-
Sohn David (links) quer durch den Laden: «Er hat mich hier hinein-
lernt und hat den Betrieb von seinem Vater Anton (rechts) übernom-
geprügelt.» Dass das nicht stimmen kann, merkt man sofort an der
men, «aber meine Brüder würden das sicher mindestens so gut ma-
selbstverständlichen Zusammenarbeit der Generationen. Vater Lud-
chen.» In der Familie leben die Väter den Söhnen die Qualitätsarbeit
wig und Sohn David waren diesen Herbst zusammen in Paris, «um
vor: Fleisch als edelstes Lebensmittel hat grösste Sorgfalt verdient.
uns schlau zu machen, was auf uns zukommt». Denn sie sind über-
Entsprechend präsentieren sich auch die Geschäfte: Auf das eher
zeugt, dass das, was sie dort entdecken, bald auch ins Engadin kom-
grobschlächtige einer Metzgerei trifft man hier nicht. – Und was hält
men wird. Dass Sohn David, der gelernte Koch, der zwischen zwei
die vierte Generation davon? «Eigentlich arbeite ich ja hier für mich
Jobs und dem Militär ganz routiniert in Scuol in der Metzgerei steht,
und meine Generation, aber wenn die Jungen weitermachen, dann
den Familienbetrieb weiterführen wird, zeichne sich ab, sagt der Va-
freut einen das natürlich», sagt Ludwig Hatecke, und lachend ruft
ter – und der Sohn dementiert das nicht. Foto: Bernadette Steiner
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WAS IMMER DU MACHST, MACH ES GUT. «Zwang gab es nie in der Familie», sagt Thomas Walther (sitzend, 2. v.r.) vom gleichnamigen Hotel in Pontresina. Die Urgrosseltern mit ihrem Betrieb in Films mitgezählt, gehört er zur vierten Generation Hoteliers – seit drei Generationen in Pontresina. Als Bub habe er allerdings noch die übli-
triebsführung zusammen mit Thomas’ Frau Anne-Rose (sitzend
chen Berufswünsche gehabt, erinnert er sich: Lokführer oder Pilot.
rechts) verlief dann sehr harmonisch. Drei Generationen Walther –
Aber dann kam es doch zur klassischen Karriere: Kochlehre im «Pa-
mit den Kindern Valeria, Janick und Annina (stehend v.l.n.r.) – tref-
lace» in St. Moritz und später Hotelier. Zehn Jahre war Thomas Wal-
fen sich jeden Tag gemeinsam am Familientisch. So wie er es mit sei-
ther weg und nie hatten die Eltern Barbara und Christian (sitzend, 1.
nen Eltern erlebt habe, so hält es Thomas Walther auch mit seinen
und 2. v.l.) gedrängt, sondern immer nur eines geraten: «Wenn du et-
Kindern. Wenn im Hotel ein Anlass stattfindet, sagt er zu ihnen:
was machst, mach es richtig.» – Lange vor der Rückkehr in den Fa-
«Kommt, wenn ihr mögt.» Das Rezept funktioniert: Valeria hat sich –
milienbetrieb wurde über die Generationen hinweg diskutiert. Über
ganz von sich aus – für eine kaufmännische Lehre in einem Hotel
die Ziele war und ist man sich immer einig. Der Wechsel in der Be-
entschieden. Foto: Mayk Wendt
48
piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
DIE GRENZWÄCHTER-TRADITION IST ZU ENDE. Seit drei Genera tionen waren und sind die Rietmanns «Zöllner», Grenzwächter. Jacques (links) und schon dessen Vater Robert (auf dem Foto). Sohn Robert (mit schwarzer Jacke) arbeitet sei den frühen Achtzigerjahren beim Zoll, doch Sohn Patrick (rechts) hat die Tradition unterbrochen. Zwar liebäugelte auch er mit dem Beruf seiner Vorfahren, aber
Job von Grossvater und Vater her gekannt.» Heute geniesst Robert
als er die Ausbildung als Elektromonteur beendet hatte, war die Struk-
Rietmann die Berge in der Freizeit und fliegt nur gelegentlich mit
turanpassung bei der Grenzwacht im Gange und eine Berufskarri-
den Heli-Kontrollen mit. Schmuggel zu Fuss über die Berge gibt es
ere alles andere als sicher – jetzt arbeitet er bei der Kraftwerksgesell-
nicht mehr. Heute geht es um grosse Mengen Schmugglerware, und
schaft. Der Vater hat dafür Verständnis, denn der Beruf habe sich
die kommt mit den Lastwagen. Und der Computer hat Einzug gehal-
stark gewandelt. «Früher waren wir noch auf zweitägigen Kontroll-
ten. Seit Robert vor rund dreissig Jahren bei der Grenzwache begann,
touren in den Bergen unterwegs», das sei damals eine wichtige Mo-
ist der Personalbestand halbiert worden. Mit ein Grund, dass der Ju-
tivation für die Berufswahl gewesen, «und natürlich habe ich den
nior, Patrick, eine andere Karriere gewählt hat. Foto: Mayk Wendt
piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
49
Der Rollator neben dem Kinderwagen Altersheime mit integrierten Kindertagesstätten. Firmenkantinen und Hotels, die Mittagstische anbieten. Was sich in der Theorie als vorbildliche Vermischung der Generationen anhört, erweist sich in der Praxis – mit Ausnahmen – als eher unspektakulär.
Text: Franco Brunner Fotos: Gabriele Horndasch
E
ine Gruppe Kinder rennt durch einen Gang. Es
die Kinder den natürlichen Umgang mit der älteren
wird gelacht und gespielt. Ein Junge hat ein we-
Generation lernen und treffen manchmal auch auf
nig den Anschluss verloren und springt deshalb
die gesundheitlich handicapierte Generation», er-
gleich noch ein wenig schneller, um seine Kollegen
gänzt Rosmarie Holzknecht, die stellvertretende Lei-
wieder einzuholen. Zu schnell. Er stolpert über die ei-
terin der Kindertagesstätte.
genen Füsse und fällt. Die ersten Tränen lassen nicht
50
lange auf sich warten. Die erste Hilfe aber auch nicht.
Bisher einziges Beispiel
Ein älterer Herr mit einer – nicht qualmenden – Bris-
Im «Neugut» gilt das Prinzip «alles kann, nichts muss».
sago im Mund hat das fröhliche Kindertreiben amü-
Spontane Begegnungen zwischen Jung und Alt sind
siert mitverfolgt und ist sogleich zur Stelle. Kurzer-
jederzeit möglich, im Gang, in der Kantine beim Essen-
hand legt er seinen Gehstock zur Seite und hilft dem
holen, auf den Stationen, im Garten, im Saal, auf dem
Jungen wieder auf die Beine. Das Weinen hat aufge-
angegliederten Bauernhof oder in der Cafeteria. Aber
hört. Der Junge und der Mann stehen sich gegenüber
es gibt auch geplante Begegnungen. Zweimal im Mo-
und lachen einander an.
nat findet «Turnen im Heim» statt, einmal im Monat
Es ist keine Szene aus einem kitschigen Familienfilm,
«offenes Spielen». Und vor Weihnachten werden ge-
sondern aus dem «Neugut» in Landquart. Das «Neu-
meinsam Guetzli gebacken, es gibt den Samichlaustag
gut» ist der Inbegriff eines generationenübergreifen-
und einiges mehr.
den Projektes: eine Alterssiedlung mit integrierter
Das Landquarter Beispiel zeigt eindrücklich, dass Pro-
Kindertagesstätte. Und entscheidend: Im «Neugut»
jekte
wird tatsächlich mit- und nicht nebeneinander gelebt.
tischen und Kinderbetreuungen nicht nur funktio-
von
generationenübergreifenden
Mittags
«Der Austausch zwischen Jung und Alt soll auf eine
nieren, sondern für alle Beteiligten auch ein Gewinn
möglichst ungezwungene Art und Weise stattfinden»,
sind. Umso erstaunlicher, dass das Beispiel im Kanton
sagt Marica Juric, langjährige Pflegefachfrau und
Graubünden noch immer eine Ausnahme ist. Ähnli-
Qualitätsverantwortliche des Betriebs. «So können
che Ansätze gibt es immerhin in der Alterssiedlung
piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
5
Bodmer in Chur. Dort gibt es einen Mittagstisch für
wäre. Derzeit benötige in Bever nur eine Familie ein
die Seminaristinnen und Seminaristen. Zum eigentli-
Mittagstischangebot. Das betreffende Mädchen kann
chen Generationenaustausch kommt es dort aber
bei der Familie eines ihrer Schulkollegen essen.
nicht. «Es ist mehr ein animiertes Nebeneinander», sagt der Leiter der Alterssiedlung, Andrea Menn. Trotz-
Scuol sucht nach einer Lösung
dem habe sich das Angebot seit mittlerweile sieben
In Scuol diskutiert man schon länger über einen Schü-
Jahren bewährt. «Der Schüler-Mittagstisch belebt den
ler-Mittagstisch im Altersheim Chasa Puntota. Noch
Betrieb und fördert den Kontakt und das Verständnis
bleibt es bei der Idee und die involvierten Stellen –
unter den Generationen», so Menn. Auch im Senesca
Schule, Gemeinde, Altersheim und Eltern – warten
Alterszentrum in Maienfeld holen die Primarschüler
auf einen ersten Schritt der jeweils anderen. Doch mit
ihr Essen am gleichen Ort wie die Seniorinnen und Se-
dem neuen Schulgesetz können Gemeinden ab dem
nioren. Gegessen wird jedoch in separaten Räumen. In
nächsten Schuljahr zu Tagesstrukturen respektive
Laax ist ein Projekt, das sich Landquart als Vorbild ge-
Mittagstischen verpflichtet werden, weiss Anna Ma-
nommen hatte, vor zwei Jahren abgelehnt worden,
this, Schulratspräsidentin in Scuol: «Die Blockzeiten
noch bevor es konkret geplant werden konnte.
Essen im Hotel oder in der Kantine
die mit dem neuen Schulgesetz eingeführt werden, und die stetig steigenden Schülerzahlen geben die Richtung vor.» Anna Mathis ist klar, dass ein generati-
Auch im Engadin haben sich die Mittagstische noch
onenübergreifender Mittagstisch eine ideale Lösung
nicht durchgesetzt, weder im eher urbanen Ober-
wäre. «Die Idee steht bei uns ganz klar an erster Stelle»,
noch im eher ländlichen Unterengadin.
doch das Projekt stecke noch in den Kinderschuhen.
Beispiel S-chanf: Die Primarschule bietet einen Mit-
Immerhin seien alle Beteiligten positiv eingestellt.
tagstisch im Hotel Scaletta an. Da die Kinder mit den
Doch generationenübergreifende Angebote können
Lehrpersonen jeweils erst um 12.15 Uhr im Hotel er-
auch zu Problemen führen. In der Montalin-Schule in
scheinen und es schon vor 13 Uhr wieder verlassen,
Chur wurde das gemeinsame Essen im nahen Alters-
würden sich nur selten Kontakte mit den Hotelgästen
heim nach kurzer Zeit wieder aufgegeben, denn die
ergeben. «Von generationenübergreifenden Kontak-
Heimbewohner fühlten sich vom Lärm und dem Trei-
ten und Begegnungen zu sprechen, wäre übertrieben»,
ben der Kinder überfordert. Heute gibt es dort eine (ge-
sagt Eva Pünchera von der Primarschule S-chanf. Das
nerationen-)gestaffelte Essensabgabe. – In Landquart
Angebot werde aber rege genutzt: «Wir haben seit
kennt man solche Probleme nicht. Wohl auch, weil
sechs Jahren sehr gute Erfahrungen gemacht.»
dort nicht gemeinsam gegessen wird und es – für beide
Beispiel Bever: Dort steht die Kantine der Baufirma Le-
Seiten – immer Rückzugsmöglichkeiten gibt. «Das Ge-
natti als Mittagstisch für die Schulkinder bereit. Doch
meinschaftsprojekt hat sich bei uns bewährt», zieht
die Nachfrage ist derzeit zu klein und das Projekt ist
Rosmarie Holzknecht Bilanz. Bei den gemeinsamen
bis auf weiteres auf Eis gelegt, wie Schulleiterin Tania
Unternehmungen sei jeweils rundum Freude zu spü-
Badel erklärt: «Wir sind eine sehr kleine Gemeinde, in
ren, die sie nicht mehr missen möchte. Muss sie auch
der das soziale Umfeld noch intakt ist.» Trotzdem
nicht, denn der nächste Fasnachtsumzug durch das
könne und würde man das Angebot von heute auf
Betagtenheim samt Rollator-Mitfahrgelegenheit für
morgen wieder aktivieren, wenn Bedarf vorhanden
die Kleinen folgt bestimmt.
piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
Informationen über das Zentrum für Betagte und Kinder Neugut, Landquart: www.neugut-landquart.ch
51
Die Zukunft der Fränzlis ist weiblich Sie sind keine Volksmusik-Quotenfrauen. Das haben ihre in die besten Jahre gekommenen Väter, «Ils Fränzlis da Tschlin», fürwahr nicht nötig. Und ihre musikalischen Töchter Madlaina, Cristina und Anna Staschia Janett sowieso nicht.
Text: Esther Scheidegger Fotos: Maurice Grünig
S
tubete am See 2012: Im romantischen Sommer-
Madlaina kontrastiert die alten Lieder unbefangen
garten «Bauschänzli» mitten in Zürich singen
mit heutigen Sichtweisen einer modernen Frau. Wer
drei bildhübsche junge Frauen glockenhell und
sie in dieser Rolle erlebt, ist nicht nur begeistert, son-
inbrünstig «s’ Landidörfli», jene überschwängliche,
dern auch beruhigt: «Ils Fränzlis da Tschlin» bleiben
walzerselige Liebeserklärung an die Landesausstel-
unermüdlich spielfreudig und «in viadi», sie sind
lung 1939, die für Generationen eine Art sentimentale
auch in Zukunft unterwegs. Sie bleiben die Profis des
Nationalhymne war. Es sind Madlaina (27), Cristina
melodischen «Increschantüm», des Heimwehs, das
(25) und Anna Staschia (18), Töchter der Musiker von
die Engadinerinnen und Engadiner auch dann plagt,
den «Fränzlis da Tschlin» (siehe piz 36, Winter
wenn sie zuhause sind – wo auch immer.
2008/2009). Sie singen kapriziös, herzerweichend, eine Augen- und Ohrenweide, ständig in Bewegung,
Eine musikalische Bergtour
wippend, tänzelnd. Alle drei musizieren konzertreif.
Zusammen mit der Historikerin Dorothea Zimmer-
Ihr Liedchen ist ein Highlight im Programm «Zürich
mann (sie lernten sich beim Jobben im Service ken-
wackelt», mit dem die Engadiner Musikerfamilie Ja-
nen) hat Madlaina aufgrund ihrer Masterarbeit an der
nett Zürich als Ländlerstadt rehabilitieren, wenn
Zürcher Hochschule der Künste («Projekt für eine
nicht gar reaktivieren, will. Denn das war Zürich tat-
Stadtintervention») zum Thema Volksmusik eine
sächlich einmal, eine Ländlerstadt, in den 1920er-
«vergnügliche Bergtour durch die Zürcher Innenstadt»
und 1930er-Jahren.
als Stadtführung konzipiert. «Es ist nicht immer überall Land drin, wo Ländler draufsteht», provoziert die
Widerborstige Moderationen
Foto rechte Seite: Die Frauen der jüngsten Generation der Grossfamilie
Heimwehbündnerin Madlaina vergnügt: «In Zürich
Madlaina Janett ist diplomierte Grafikerin und Illust-
hat vor nicht allzu langer Zeit einiges begonnen, was
ratorin. Sie spielt aber auch Bratsche, und dies mehr
wir heute als uralte, bäuerlich-ländlich geprägte
als nur hobbymässig. Mit Musik, vielen romanischen
Volkskultur wahrnehmen. So hat etwa die Trachten-
Kinderliedern und Flötenunterricht aufgewachsen,
bewegung von Zürich aus ihren Siegeszug ins Land hi-
wollte sie aber nie Musik studieren. Obwohl ein Leben
naus begonnen.» Und sie zitiert genüsslich die heute
ohne Musik für sie nicht auszuhalten wäre. Sie gestal-
unerhört pathetische Prosa eines Landi-Journalisten,
tet die Drucksachen und Flyer für die Konzerte. Auch
der damals einen Umzug beschrieb: «In diesem Trach-
das witzige Cover der jüngsten CD «Fränzli live! Da la
tenvolk, das in seiner Herrlichkeit vor uns Städtern vo-
Turnhalla a la Tonhalla», trägt ihre Handschrift. Sie
rüberzog, erkannten wir uns plötzlich selber in den
moderiert auch «Giodim», den rumantschen Lieder-
besten Zügen unseres eigenen Wesens. Wir spürten
abend mit tieftraurigen Balladen, bösen Spottliedern
alle leise in uns das Bauernblut rollen, das immer wie-
und lüpfigen Tänzen. Sie ist dabei der verschworen
der die Bevölkerung der Städte mit neuen Säften
eingespielten, schwarz gekleideten «Fränzli»-Män-
durchsetzt», die Passage findet sich im Goldenen Buch
nerrunde spürbar zugeneigt und sie über setzt die
der Landi, 1939.
volkstümlichen
Mit von der Partie an dieser unvergesslichen Stadtfüh-
Herzschmerztexte
brillant
und
Janett spielen auf:
manchmal widerborstig aus dem Romanischen:
rung war auch der Klarinettist, Saxophonist und Kom-
Madlaina, Cristina und
«Wieso meinen diese Mädchen bloss immer alle, hei-
ponist Domenic Janett (63), das musikalische Gewis-
raten sei das Wichtigste überhaupt?»
sen der Grossfamilie. Ihr Star, ihr Primus inter
Anna Staschia (v.l.n.r.)
52
piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
Der Fototermin am Zürcher
Pares – ohne ihn geht eigentlich nichts! Madlaina, die
Stadthausquai wird zum
Älteste der nachfolgenden Janett-Generation, ist in
durchs Land tourt. Als sie ihr Vater damals fragte, ob
spontanen Konzert mit begeis-
Sulgen im Thurgau aufgewachsen. Die Mutter, Kin-
sie mitmachen wolle, erinnert sich Madlaina, sei sie
terten Touristen als Zuhörer:
dergärtnerin, hat ihren Vollblutmusiker-Ehemann
perplex gewesen: «Machsch en Witz?»
Madlaina, Cristina und
Curdin (59) – wie im Bilderbuch – schon als Mäd-
Anna Staschia Janett (v.l.n.r.)
CD-TIPP Fränzlis live. Da la Turnhalla a la Tonhalla. Zytglogge Verlag, 2009. CHF 28.50
54
heute wieder als Multiinstrumentalist und Kabarettist
chen in Tschlin kennengelernt, wo sie oft in den Fe-
Schwester und Cousine
rien war. Tochter Madlaina war noch nicht einmal auf
Neu ist nun auch ihre Schwester Cristina mit dabei,
der Welt, als ihr Vater und seine Brüder Domenic (Kla-
die klassische Konzertcellistin und Cellolehrerin. An
rinette) und Duri (Kornett) zusammen mit Men Stei-
der Hochschule der Künste in Bern hat sie mit einem
ner (Violine) und Flurin Caviezel (Bratsche) «Ils Fränz-
Master in Musikpädagogik abgeschlossen. In Zürich
lis da Tschlin» gründeten. Der «Urfränzli», der Erfinder
absolvierte sie den Studiengang Master Perfomance.
der eigenwilligen, auch manchmal schrägen Volks-
Cristina war Mitglied des Schweizer Jugend-Sinfonie-
musik, war der blinde Geiger und Klarinettist Franz-
Orchesters. Heute spielt sie in verschiedenen Kam-
Josef «Fränzli» Waser (1858–1895).
mermusik-Ensembles und auch in der Formation für
«L’amur nun es pulenta». Für die «Fränzlis» ist – wie
neue Schweizer Volksmusik namens «C’est si B.O.N.».
im romanischen Sprichwort – die Volksmusik wie die
Zusammen mit Barbara Gisler, ebenfalls eine bravou-
Liebe keine gewöhnliche Polenta, keine Alltagskost.
röse klassische Cellistin und früher einmal Nachbars-
Musiziert haben sie alle von Kindsbeinen an. Wie
kind, mit Madlaina, mit Bruder Niculin (22), dem
schon ihre Onkel, baba Clà und baba Giovanin, die
Jazz-Saxophonisten, und mit Curdin Janett. Die Beat-
zuhause im Unterengadin im legendären (ehemali-
les werden auf Romanisch übersetzt, Streicher jo-
gen) Hotel Muttler für ihr Dorf und bei Hochzeitsfes-
deln – es bleibt kein Auge trocken.
ten, aber auch bei Beerdigungen lüpfig aufspielten. Ihr
Zur jüngsten Janett-Generation gehört auch Anna Sta-
Grossvater Men Janett war langjähriger Dirigent der
schia, die Tochter von Domenic und seiner indisch-
Tschliner Dorfmusik und des gemischten Chors.
schweizerischen Frau Rupali. Sie leben in Stugl im Al-
«Machsch en Witz?»
Ärztin möchte sie vielleicht werden. Oder doch lieber
Die lavuratori (Musikwerkstatt) der «Fränzlis», die je-
Berufsmusikerin? Zur Geigenstunde fährt sie nach
den Sommer in Tschlin stattfindet, hat mittlerweile
Davos. Auch bei ihrem Onkel Jachen Janett hat sie Un-
Kultstatus und wachsenden Zulauf, mit täglichen
terricht. Bei ihren anderen Onkeln und Cousinen
Platzkonzerten und einem Abschlussfest. Ihr 30-Jahr-
spielt sie mit, wann immer es möglich ist. Sie schlingt
bulatal. Ins Gymi geht Anna Staschia nach Samedan,
Jubiläum feiert die Formation mit dem neuen Pro-
eine Schärpe um die Taille, trägt auch einmal den Uni-
gramm «3 x 7 = 21 + 9 = 30, nimm den Löffel und iss
formhut mit Federbusch aus dem Fundus der Vorfah-
die Polenta». Den geradezu dadaistischen Titel ver-
ren – und sie spielt virtuos!
danken sie einem Kollegen, dem er vor 150 Jahren zu
Die Grossfamilie Janett spielt traditionelle und neue
einem alten Engadiner Schottisch einfiel.
Volksmusik, sie bewegt sich lustvoll auch in anderen
Madlaina ist seit 2002 eine «Fränzli», sie übernahm
Stilen, selbst Klassik ist nicht tabu: Weltmusik mit
den Part von Flurin Caviezel, der fünf Jahre lang das
Tschliner Wurzeln. Der Applaus ist nicht enden wol-
Amt für Kultur des Kantons Graubünden leitete und
lend – auch im Unterland.
piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
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Paradies der Worte und Gedanken Die Biblioteca Engiadinaisa in Sils ist ein spezieller Ort – ein ruhiges Paradies der Worte und Gedanken, mehr stilvolles privates Wohnhaus denn öffentlicher Raum. Die Bibliothek geht zurück auf eine grosszügige und vorausschauende Stifterin: Louise Silverberg.
Text: Marina U. Fuchs Fotos: Biblioteca Engiadinaisa
A
ls Luise Silverberg am 26. November 1905 in
beschwerte Zeit zu Ende. Der Vater musste an die
dass ihr – später französisch geschriebener
Front, die Mutter eröffnete zu Hause eine Pflegesta-
Name «Louise» – im Engadin lange über ihren Tod hi-
tion. 1917 wurde die Ehe der Silverbergs geschieden,
naus ein Synonym für Grosszügigkeit und Weitblick
für die Tochter ein existentieller Schock. Die Mutter
sein würde. Louises Vater, Paul, war der einzige Sohn
hatte sich neu verliebt und Louise kämpfte zeitlebens
von vier Kindern, wurde Rechtsanwalt und trat nach
mit Schuldgefühlen, da sie sich als Vermittlerin der
dem plötzlichen Tod seines Vaters 1903 in die Fami
Bekanntschaft mit dem neuen Mann, den die Mutter
lienunternehmungen ein. Er war jüdischer Herkunft
1920 heiratete, verantwortlich fühlte.
und trat mit neunzehn Jahren zum protestantischen
Quelle: u.a. Louise Silverberg, Stationen ihres Lebens, Zur Erinnerung an die Gründerin der Stiftung Biblioteca Engiadinaisa, Sils/Segl, 2001
56
Ausbruch des Ersten Weltkriegs, 1914, ging diese un-
Köln geboren wurde, hätte niemand gedacht,
Glauben über, baute ein Wirtschaftsimperium auf,
Der Vater emigriert 1933 in die Schweiz …
das zu den bedeutendsten der Weimarer Republik ge-
Die späteren schulischen Leistungen waren schlecht
hörte. Er hatte über fünfzig Vorstands- und Aufsichts-
und Louise verliess das Berliner Lyceum. Sie zog zum
ratsmandate inne, engagierte sich politisch, sozial
Vater nach Köln, besuchte dort eine Landwirtschafts-
und kulturell. 1905 heiratete er die katholische Jo-
schule, absolvierte ein Haushaltsjahr und arbeitete
hanna Stieger und Tochter Louise wurde katholisch
auf dem Gut des Vaters. Dieser entschloss sich 1933,
getauft, war aber nach dem Verständnis der National-
nach der Machtübernahme Hitlers, in die Schweiz ins
sozialisten trotzdem Halbjüdin. Louise wuchs behü-
Exil zu gehen. Er verkaufte den Hof, das Geld floss an
tet in Köln auf und verbrachte die Sommerferien am
Louise, da es bereits nicht mehr aus Deutschland her-
Starnberger See, bei der Grossmutter väterlicherseits
austransferiert werden konnte.
in Bozen und wohl auch schon im Engadin.
Die junge Frau zog es nach München, wo sie schnell ei-
Aus ihrer Kindheit rührt ihre Liebe zu Hunden und
nen grossen Bekanntenkreis hatte und sportlich sehr
Katzen, zur Bergwelt und der Natur. Sie wurde zu
aktiv war. Die Urlaube verbrachte sie mit dem Vater im
Hause von Privatlehrern unterrichtet. Doch mit dem
Hotel «Waldhaus» in Sils oder im «Suvretta House» in
piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
St. Moritz. Dort lernte sie die verwitwete Gertrud
gen. Die wichtigste und bekannteste ist die Biblioteca
Louise Silverberg (links) hat die
Thyssen kennen und es entstand eine enge Beziehung
Engiadinaisa in Erinnerung an ihren Vater und des-
Biblioteca Engiadinaisa in Sils-
mit vielen gemeinsamen abenteuerlichen Reisen.
sen Liebe zum Engadin. Zum Erbe Paul Silverbergs ge-
Baselgia gegründet. Heute ist
Der Verfolgung durch die Nazis entging Louise Silver-
hörte auch eine umfangreiche Bibliothek. 2600 Bü-
daraus eine moderne Freihand-
berg auch deshalb, weil ihre Freundin sie immer wie-
cher aus den Bereichen Geschichte und Belletristik
bibliothek geworden, in einzel-
der versteckte und ihr Vater Aktien an die Nationalso-
sollten zum Grundstock einer Bibliothek werden, wie
nen Räumen mit dem Charme
zialisten abtrat. Diese hatten gedroht, im Falle einer
es sie im Engadin noch nicht gab. Ihr schwebte eine
der Gründungszeit.
Weigerung gegen die Tochter vorzugehen. Nach den
Freihandbibliothek vor, in der Einheimische und
ersten Bombenangriffen auf München 1944 brachten
Feriengäste kostenlos Bücher ausleihen und in schö-
sich die beiden Frauen auf dem Land in Sicherheit.
nem Ambiente vor Ort lesen können. Ihre Freundin
Dort entstand ihr Plan, ein Geburts- und Wohnheim
Anita Forrer bot ihr Bauland in Sils-Baselgia an, an ei-
für Mütter und Kinder zu gründen, dazu später noch
nem Ort, den Louise besonders schätzte, weil er fernab
ein Kinderheim. In Wartaweil, westlich von Mün-
von Glamour und Partys lag. Vom ererbten Vermögen
chen, fanden sie ein passendes Anwesen. Gertrud
werden aber auch zahlreiche kulturelle Projekte im
Thyssen, eine gelernte Hebamme, übernahm die Lei-
Engadin und in den Südtälern unterstützt.
tung, Louise Silverberg kümmerte sich um Verwaltung und Küche. Doch ob all der Arbeit lebten sich die
Treffpunkt der Generationen
Freundinnen auseinander.
Am 5. Juni 1962 wurde die Bibliothek mit einem Fest-
… die Tochter folgt dem Vater 1957
akt eröffnet. In ihrer Ansprache betonte die Stifterin die Dankbarkeit ihres Vaters gegenüber der Schweiz,
Louise Silverberg verliess Bayern 1957, begleitet von
die ihm 1933 eine Heimat bot und die er bis zu seinem
ihrer Sekretärin Marianne Hauer. Die Entscheidung
Tode nie mehr verlassen hatte. Und sie verwies auch
für das Engadin fiel nicht nur, weil sie dort als Kind
auf ihre eigene Liebe zum Engadin. Schnell etablierte
und Jugendliche glückliche Zeiten verbrachte, son-
sich die Bibliothek. Anita Forrer, die im Obergeschoss
TAUSENDE BUCHER
dern auch, weil sich die starke Raucherin von der Hö-
auf Lebzeiten Wohnrecht hatte, berichtete beim fünf-
In der Biblioteca Engiadinaisa stehen 18’000 Bücher. Eine umfangreiche Sammlung über das Engadin, aber auch Klassiker, aktuelle Bestseller, Sachbücher, Zeitschriften und Kinderbücher, dazu fast 2’000 Kassetten und CDs sowie mehr als 600 DVDs. In den fünfzig Jahren des Bestehens der Biblioteca wurden die Bestände gut 350’000-mal ausgeliehen.
henlage Besserung für ihre angegriffene Gesundheit
jährigen Jubiläum von bis zu fünfzig Besuchern täg-
versprach. Zunächst bewohnten die beiden Frauen Sil-
lich. Trotzdem wurden Erweiterungspläne verworfen,
verbergs Ferienwohnung in der «Chesa Serlas» in
um den intimen Charakter nicht zu zerstören.
St. Moritz, zogen aber schon bald mit den Hunden
Louise Silverberg starb am Weihnachtstag 1969, und
und Katzen in die neu erbaute Villa «Peter und Paul»
nach dem Tod von Anita Forrer wurde auch das Ober-
an die Via Anemona im Suvrettagebiet. Louise Silver-
geschoss zur Bibliothek. Der grösste Anziehungs-
berg lebte dort sehr zurückgezogen, widmete sich der
punkt ist die ständig wachsende Sammlung an Bü-
Literatur, der Musik und der Naturfotografie und be-
chern, die sich mit dem Engadin und der romanischen
suchte oft ihren Vater, der inzwischen in Lugano lebte
Sprache befassen, sowie die Bände heimischer Auto-
und Bürger von Liechtenstein geworden war. 1959
rinnen und Autoren. – Am grossen Holztisch, mit
starben sowohl Vater Paul wie Mutter Johanna.
Blick in die faszinierende Natur, treffen sich regelmäs-
Selbst gesundheitlich sehr angeschlagen, gründete
sig die Generationen, denn Kinder und Senioren sind
Louise mit dem ererbten Vermögen mehrere Stiftun-
die intensivsten Nutzer der Biblioteca.
piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
Biblioteca Engiadinaisa Via da Baselgia 46 7515 Sils/Segl-Baselgia www.bibliotecasegl.ch Öffnungszeiten: Mo–Fr 10–11.30 und 15–18 h Do bis 21 h
57
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BUCHER Bewegte «Schwarze Geschichte»
Eine persönliche Reise
Kindheitserinnerungen
Scuol dokumentiert
Patrick A. Wild: «Die Buchdruckerkunst im
Angelika Overath: «Fliessendes Land»,
Martin Raschèr: «Ova da Savun – Seifen-
Paul Eugen Grimm: «Scuol, Landschaft –
Engadin», Verlag Casanova, 2012, Fr. 37.–
Luchterhand, 2012, Fr. 24.50
wasser». Chasa editura rumantscha, Ru-
Geschichte – Menschen», Druckerei Gamme-
mantsch puter / deutsch. 2012, Fr. 29.–
ter, St. Moritz, 2012, Fr. 79.–
Romanisch war lange
«Fliessendes Land» ist
«Die Zeit, die ich auf der
Ein 600 Seiten dickes
eine gesprochene
vielleicht das persön-
Stallbank neben dem
und schweres Buch
Sprache. Mit der Refor-
lichste Buch der in Sent
Grossvater verbrachte,
hat der Historiker
mation im 16. Jahr-
wohnhaften Schriftstel-
ist unvergesslich.
Paul Eugen Grimm
hundert nahm das
lerin Angelika Overath:
Manchmal denke ich,
zur Geschichte von
(religiöse) Lesebedürf-
eine Reise in die eigene
dass ich auf dieser Bank,
Scuol verfasst. Er be-
nis vielerorts zu. Im Sommer 1659
Vergangenheit, in andere Länder und
wenn nicht mehr, so doch ebenso
schreibt darin alle Facetten: Land-
bekamen die beiden reformierten
Kulturen, in die Welt des Schreibens.
Wichtiges gelernt habe wie auf den
schaft, Geschichte und Menschen.
Pfarrer Joan Pitschen Salutz und Ja-
Ihre Geschichten erzählen von der
unzähligen Schulbänken, die ich in
Das wissenschaftliche Werk ist aber
chen Andri Dorta die Erlaubnis, in
Begegnung mit ungewöhnlichen
meinem Leben habe drücken müs-
keineswegs trocken, sondern schil-
«Schultz» (Scuol) eine Druckerei zu
Menschen und geben uns Einblick in
sen.» In «Ova da savun / Seifenwas-
dert auch zahlreiche amüsante Anek-
eröffnen. Sie fuhren nach Poschiavo,
ihre Werkstatt. Sie kehrt zurück ins
ser» beschreibt der heute 91-jährige
doten. Der Band ist reich illustriert
machten sich in der dort schon 1548
verlorene Atlantis der Kindheit und
Autor Martin Raschèr in 35 Episoden
und man entdeckt hier auch die ers-
gegründeten Offizin Dolfino Lan-
der Jugend. Sie erzählt von Verheis
und Erinnerungen seine Kindheit
ten Fotos, die von Scuol gemacht
dolfi kundig und veröffentlichten
sung und Scham, von väterlichen
und sein Leben. Er hatte die Ge-
wurden. Autor Paul Eugen Grimm
1679 die erste romanische Bibel. In
Fussballritualen, von den Irritatio-
schichten zuerst auf Deutsch für
war bis vor kurzem Lehrer am Hoch-
Chur war ab 1672 der aus Vorarlberg
nen erster Sexualität unter Kirsch-
seine Familie niedergeschrieben.
alpinen Institut Ftan und er hat auch
stammende Drucker Johann Georg
bäumen und den scheuen Gesten er-
Die Puter-Fassungen sind speziell für
bereits eine Chronik von Ftan ver-
Barbisch tätig, der sich als Wander-
hoffter Freundschaft. Sie fragt immer
das Buch entstanden. Eine der Ge-
fasst. Scuols Geschichte schildert er
drucker etablierte. All das erfahren
wieder, was Wirklichkeit ausmacht
schichten erzählt vom milchig-
immer in grösseren Zusammenhän-
wir im leidenschaftlich recherchier-
und wie die Grenzen zwischen geleb-
blauen Seifenwasser, mit welchem
gen. Der Blick geht über die Nachbar-
ten neuen Buch über die Buchdru-
tem Augenblick und Traum, Glücks-
sich die Kinder wuschen – es gab
gemeinden hinaus bis nach Chur,
ckerkunst im Engadin. (es)
erfahrung und Angst verlaufen.
dem Buch den Titel.
Bern oder Innsbruck.
Bergeller Architektur
Aus dem Dunkeln leuchten
Neu aufgelegt: Hotelgeschichte
Von Jägern und Hirten
Bündner Heimatschutz Sektion Engadin
Ulrich Wismer, Hrsg.: «Glasmaler Gian
Isabelle Rucki: «Das Hotel in den Alpen. Die
Thomas Reitmaier (Hrsg.): «Letzte Jäger,
und Südtäler: «Bergell – Architekturrundgänge
Casty – Aus dem Dunkeln leuchten», Verlag
Geschichte der Oberengadiner Hotelarchitektur
erste Hirten, hochalpine Archäologie in der
in Graubünden», Verlag Desertina, 2012,
Wälchli, Aarwangen, 2012, Fr. 62.–
ab 1860». Fotos: Heinrich Helfenstein.
Silvretta», Amt für Kultur Graubünden /
Fr. 12.– (auch als italienische Ausgabe)
Bestelladresse: bwf@bluewin.ch
Verlag hier + jetzt, 2012, Fr. 69.–
Südostschweiz Buchverlag, 2012, Fr. 32.–
Der erste Architektur-
Gian Casty (1914–
Vor über 20 Jahren
Seit Jahrtausenden rin-
führer des Heimat-
1979) stammte aus
war das Buch zum
gen Menschen auch in
schutzes erschien
Zuoz und arbeitete
ersten Mal erschie-
den Alpen der Natur
2003 zu Poschiavo.
als Glasmaler in
nen, aber seit Jahren
ihr tägliches Brot ab.
Jetzt ist der zweite
Basel. Seiner Heimat
vergriffen. Die Auto-
Wenig scheint dabei so
Band dem Bergell ge-
Oberengadin aber
rin, Isabelle Rucki,
selbstverständlich wie
widmet. Er führt zu 25 Stationen der
blieb er immer verbunden. In den
die kurz vor der Fertigstellung des Bu-
die sommerliche Nutzung der rei-
Baukultur zwischen Maloja und Cas-
1970er-Jahren wurden seine Werke
ches starb, hat ihre Forschungen wei-
chen Hochweiden. Die Ursprünge der
tasegna. Der Führer wurde von der
im selben Atemzug genannt wie jene
tergetrieben und sie verfolgte die En-
Alpwirtschaft sind bislang unbe-
Kunsthistorikerin Ludmila Seifert-
von Marc Chagall. Seine Arbeiten
gadiner Hotelgeschichte bis in die
kannt. Seit 2007 untersucht ein breit
Uherkovich verfasst und ist mit Auf-
sind weitgehend vergessen, obwohl
Gegenwart. Sie konnte die Neuauf-
angelegtes Forschungsprojekt die Sil-
nahmen des Fotografen Ralph Feiner
sie bis heute zu bewundern sind,
lage noch bis fast zum Schluss beglei-
vrettagruppe zwischen dem Unter-
illustriert. Es gibt ihn in Deutsch und
etwa in den Kirchen in St. Moritz-
ten. Neue Schwerpunkte sind das Ho-
engadin, Paznaun und Montafon.
Italienisch.
Bad, in Madulain und Zuoz oder am
telbauverbot von 1915, die klassische
Die reich bebilderte Publikation gibt
grossen Fenster mit den dreizehn
Moderne und deren weitgehendes
Einblick in die vielseitigen Methoden
Lämmern in der reformierten Kirche
Fehlen im Engadiner Hotelbau. Auch
der Archäologie im Hochgebirge.
in Scuol. Castys Werke findet man
die in den 1940er-Jahren angestrebte
17 Beiträge informieren über den ak-
aber in der ganzen Schweiz. Der
«Sanierung» ist ein grosses Thema.
tuellen Stand des Projektes: Von der
Künstler stellte seine Glasfenster sel-
Der Band ist mit aktuellen Aufnah-
Entdeckung der ältesten Schweizer
ber her und entwickelte neue Techni-
men des Architekturfotografen
Alphütte im Fimbertal bis zum wie-
ken. Er legte grossen Wert auf die
Heinrich Helfenstein grossformatig
der aufgetauchten «Veltliner Hüsli»
Wirkung des Lichtes.
illustriert.
im Silvrettasee.
Buchhandlung · Papeterie ST. MORITZ
60
piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
Ausflugstipps Engadin / Valposchiavo Bernina Express
Panoramawagen
Von den Gletschern zu den Palmen
Auf der Albulalinie
Erleben Sie eine der spektakulärsten Alpenüberquerungen: Die Berninastrecke der Rhätischen Bahn von St. Moritz oder Pontresina nach Poschiavo und bis ins südliche Tirano. Sie verbindet ohne Zahnrad den Norden und den Süden Europas. Ein besonderer Hochgenuss ist die Panoramafahrt im Bernina Express – vorbei an Gletschern, hinunter zu den Palmen. Steigungen von bis zu 70 Promille meistert der Zug mit Leichtigkeit. Auf 2 253 Metern über Meer thront das Dach der RhB, Ospizio Bernina.
In allen Zügen zwischen St. Moritz und Chur oder umgekehrt bieten wir Ihnen den gesamten Winter durch Panoramawagen 1. und 2. Klasse an. Reservieren Sie Ihren Sitzplatz frühzeitig. Die Reservationsgebühr beträgt CHF 5.00 pro Person und Weg.
Vollmondfahrt Alp Grüm Erleben Sie bei Vollmond die Berninastrecke in einem Panoramawagen der Rhätischen Bahn. Bahnfahrt von St. Moritz / Pontresina im Extrazug nach Alp Grüm. Nach dem Aperitiv auf der Terrasse geniessen Sie einen Gletscherfondue-Plausch im Ristorante Alp Grüm. Anschliessend Rückfahrt durch die grandiose Bergwelt.
täglich 15.12.2012 — 10.03.2013
Bahnmuseum Zeitreise in Bergün In Bergün, unmittelbar an der Albulalinie der RhB, steht das neue Bahnmuseum Albula. Ein Ort für Familien und Bahnliebhaber. Profitieren Sie mit einem Kombiangebot. Dienstag bis Sonntag geöffnet
Januar 2013: 26. / 27. / 28. – Februar 2013: 24. / 25. / 26. März 2013: 26. / 27. / 28.
Schlittelwelt Preda — Bergün
100 Jahre Bever-Scuol
Auf weltberühmten Schienen zum einzigartigen Vergnügen auf Kufen. Das Schlittelabenteuer Preda/Darlux — Bergün der RhB. Von 1800 m ü. M. in Preda geht es bergab: sechs Kilometer Schlittenfahren vom Feinsten nach Bergün. Die Schlittelbahn ist nachts beleuchtet (Di – So).
Am 29. und 30. Juni 2013 feiert die RhB ihre Jubiläumslinie entlang der Strecke Bever – Scuol-Tarasp. Reservieren Sie sich das Datum. Detailinformationen unter:
täglich ab 14.12.2012
www.rhb.ch/bever-scuol
Beratung / Reservation / Verkauf An jedem bedienten RhB-Bahnhof oder direkt am Bahnhof St. Moritz, Tel +41 (0)81 288 56 40, stmoritz@rhb.ch www.rhb.ch
PIZZERIA Kulturagenda Hotel Laudinella, Winterprogramm 2012/2013 Details: www.laudinella.ch; Die Abendveranstaltungen beginnen, wo nicht anders vermerkt, um 20.30 Uhr. 26.12.
Sauna erneuert
28.12.
Das Bogn Engiadina in Scuol präsentiert nun auch
5.1.
seine Saunalandschaft aufgefrischt und vergrös
7.1.
sert. Gestaltet wurde sie von Innenarchitekt Cord Glantz und seinem Team aus Stuttgart. Grosszügige Fenster gewähren Aus blick auf das Bergpanorama. Die Duschen sind gross zügiger und ein Tauchbecken und ein Eisbrunnen er gänzen die Anlage. Schon im vergangenen Jahr wurde die Bäderlandschaft reno viert. Das Gesamtprojekt hat 6,6 Mio. Franken gekostet.
Hotel Holz-Ellipse In Form einer fünfzig Meter langen, mit unregelmässigen Holzbrettern verschalten Ellipse präsentiert sich der Neu bau des Hotels Arnica in Scuol. Der aussergewöhnliche Bau wurde vom bekannten Scuoler Architekten Teodor Biert entworfen. Er hat Engadiner Tradition innovativ und frech inszeniert. Auf der Fassade hat er die sich verjüngenden Holzlatten gegeneinander verdreht montieren lassen, so dass ein lebendiges Bild entsteht. Der grosszügige, offene Frühstücksraum besticht durch frische Farben. Aus der Lounge mit Cheminée und den bis zum Boden verglasten Zimmerfenstern geniesst man die Aussicht auf die Un terengadiner Bergwelt und das wilde Flusstal des Inn. Im Neubau sind 12 Zimmer, eine Suite und der Wellnessbe reich sowie die Tiefgarage untergebracht. In den Zimmern stehen die Badewannen frei im Raum. Die Arvenholz Betten stehen auf einem erhöhten Podest und wurden von einer Schreinerei speziell für das Hotel produziert. Mit dem Neubau gibt es in Scuol im oberen 3SterneHotelsegment ein neues Haus mit zeitgenössischem Design.
Büvetta retten Anlässlich des UNOWeltwassertages 2012 wurde im Früh ling der Verein zur Rettung der Trinkhalle Büvetta in Nairs gegründet. Die wegen Felssturzgefahr nicht mehr zugäng liche Trinkhalle Tarasp am Ufer des Inn war ein Bijou der Bädertradition und sie ist die letzte erhaltene Trinkhalle der Schweiz. Geplant wurde sie vom Architekten Bernhard Simon, dem «Erfinder» von BadRagaz. Rund siebzig Perso nen waren zur Gründung des Vereins Pro Büvetta Tarasp gekommen. Präsidiert wird der Verein von Architekt Werner Reichle aus Uster. In früheren Jahren hatte sich der ehemalige Hotelier Rolf Zollinger für die Erhaltung der Trinkhalle eingesetzt, doch aus den verschiedenen Plänen und Studien ist bisher nichts geworden. Wichtig sind als erste Schritte die Sicherung des Hanges oberhalb des historischen Gebäudes und erste Reparatu ren an der Bausubstanz. Dafür sind rund sieben Millionen Franken nötig. Der Verein will danach ein Nutzungskon zept für den historischen Bau erarbeiten. Das bedrohte Gebäude steht auf der «Roten Liste» des Schweizer Hei matschutzes. 62
piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
13.1. 17.1. 21.1. 4.2.
5.2. 6.2. 12.2. 16.2. 22.2. 23.2. 4.3.
14.3. 17.3. 22.3. 27.3.
31.3. 6.4. 14.4. 1.5.
Weihnachtskonzert: Familie Saitkoulov Oppert spielt Bach, Mozart, Rachmaninov, Grieg. Kasperlitheater: «Rotkäppchen». Für Kinder ab 4 Jahren. Eintritt 12.– / 10.–, 17 Uhr. Konstantin Scherbakov: Russische Werke für solo Klavier. Eintritt 45.– Laura de Weck liest aus ihren Stücken und Kolumnen. SushiZubereitungskurs. Gebühr 120.–, 15 Uhr. Vom Essen in der Literatur. Vortrag von Mirella Carbone und Joachim Jung. Menschen erzählen ihre persönliche Geschich te: Marco Mehli, RegaPilot und Bergführer. Vortrag von Chasper Pult: Romanisch und Deutsch geben Rätsel auf. Sind Morteratsch, Corvatsch und Rosatsch verwandt? Highheels, oder wie Schuhe mit hohen Absätzen zum Vergnügen werden. Kursgebühr 150.– Saxophonquartett Signum. Annette Postel erzählt aus dem OpernNähkäst chen und präsentiert Opernparodien. Jahreskonzert der Musikgesellschaft St. Moritz. Giuliano Pedretti – Filmporträt. Neues Zürcher Orchester. Menschen erzählen ihre persönliche Geschich te: Diana Segantini, Urenkelin von Giovanni Segantini, und ihre Mutter Ragnhild. Friedrich Nietzsche: Die Kunst der Gesundheit. Vortrag von Mirella Carbone und Joachim Jung. ThaiKochkurs, Teilnahmegebühr 120.–, 15 Uhr. Handtaschenmonolog. Theaterstück von und mit Eliane Barth Poltera. Eingemacht – Dramödie von Crusius & Deutsch und Matthias Fankhauser, mit Songs von Roman Riklin. Musik: Marc Bänteli. Osterkonzert: The Zurich Ensemble. Werkstattkonzert des BlockflötenSeminars. Hochzeitstorte selbst gemacht, 15 Uhr. Schweizer JugendSinfonieOrchester: öffentli che Generalprobe, 19.30 Uhr.
Der Verein Pro Büvetta will die Trinkhalle von Tarasp retten.
PIZZERIA Sportanlage Promulins, Samedan Ein auffälliger Bau des örtlichen Architekturbüros Mierta und Kurt Lazzarini ist das Herz der erweiterten Sportanlage Promulins in Samedan. Ins Auge sticht der Bau wegen seiner Rundungen. Die Terrasse des multifunktional nutzbaren Hauses ist gleichzeitig Tribüne für den Sportplatz. Promu lins verfügt nun im Sommer über ein Kunstrasenfussball feld und einen Hartplatz, im Winter über eine Kunst und Natureisbahn. Dazu gibt es eine Kletterwand, Tennisplätze und ein Fitnesszentrum und vieles mehr. Die Arena dient dem Breiten wie dem Spitzensport. Die neue Sportanlage hat 15 Millionen gekostet. www.promulins-arena.ch Wer sich für die in Samedan zahlreich anzutreffende zeitge nössische Architektur interessiert, dem sei die GratisiApp «Samedan baut» von Hochparterre empfohlen. www.hochparterre.ch oder im iTunes Store.
Der Neubau der Sportanlage Promulins, Samedan. © Mierta & Kurt Lazzarini Architekten
Programm Hotel Piz Tschütta, Vnà:
>> Romanischkurse Ab dem 14. Januar bis Ostern bietet das Hotel Piz Tschütta, Vnà, wöchentlich einen Romanischkurs an: Morgens Romanisch lernen und die Geschichte der Sprache er fahren. Nach dem Mittagessen die Kulturlandschaft des Unterengadins erwandern (einfache Wanderungen bis zu drei Stunden). Der pensionierte Lehrer Mario Oswald aus Ramosch begleitet Sie und führt Sie zu Orten in der Kultur landschaft, die Sie neu entdecken werden. Jeweils Dienstag ab 8.30 Uhr bis Donnerstag 18.30 Uhr. Teilnehmerzahl: minimal 6, maximal 10 Personen, Kurskosten: CHF 180.– p.P. Kost und Logis individuell. >> Engadiner Gesangs- und Kulinarik-Abend Jeden Dienstag ab 18 Uhr wird Ihnen im Hotel Piz Tschütta eine Engadiner Spezialität serviert. Zur Auswahl gehören: Ofenfrische Plain in pigna (Kartoffeln mit Speck im Ofen gebraten), Pizzocels cun verdüra, Costinas e ravitscha, Rippli und Sauerkraut mit pizzocels, Capuns (gefüllte Mangoldtaschen), Canedels (Knödel nach Grossmutter art), Micluns cun compott e chaschöl (Kartoffelriebel mit Kompott und Käse). Anschliessend, ab 20 Uhr, lernen und singen wir beim fröhlichen Beisammensein gemeinsam Engadiner Lieder.
Jeden Dienstag kommt im Hotel Piz Tschütta eine Engadiner Spezialität auf den Tisch, zum Beispiel Capuns.
PUBLITEXT
INTERSPORT Rent-Network Engadin
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Weitere Infos: Tel. +41 81 838 73 37
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Dieser befindet sich direkt in der Talstation der Berg bahn Corvatsch. Material abholen und ab auf die Bahn und die Piste. Und nach dem Skivergnügen können Sie Ihre Ausrüstung im praktischen Depot einstellen –
Engadin – St. Moritz
bequemer geht es nicht! Durch die Vernetzung mit den IntersportStandorten in St. Moritz, SilsMaria, Pontresina und Zuoz sind wir als RentExperten im
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Engadin für Sie da! Seit Frühling 2012 besteht das Intersport Rent-Network Engadin-St.Moritz mit seinen sechs Partnern: · INTERSPORT Schweiz, Ostermundigen · Corvatsch Bergbahnen, Silvaplana · Ender Sport Trend Fashion, St. Moritz · Willy Sport, Zuoz · La Fainera Sport und Mode, Sils/SeglMaria · Gruber Sport, Pontresina
piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
63
PIZZERIA Theaterförderverein Der Theaterförderverein Zuoz Globe fördert eine hohe künstlerische Kompe tenz sowie Engagement und Begeisterung für das Theater. Er unterstützt die Engadiner und damit auch die romanisch sprachige Theatertradition und ist gut in der Region verankert. Der Verein fördert insbesondere das Kinder und Jugendtheater im Ober engadin und den Aufbau einer Theatergruppe für die Jüngsten.
Das Zuoz Globe Theater Das Zuoz Globe führt die Theatertradition des Engadiner Dorfs Zuoz und des Lyceum Alpinum Zuoz weiter. Mit seinem spektakulären Vordach, das kühn in die Engadiner Bergwelt hinausragt und die Besucher empfängt, dem grosszügigen Foyer und dem Theaterraum mit seiner besonderen Atmosphäre ist der Bau eine architektonische Perle des Zürcher Architekturbüros Gasser Derungs. Das neue Theater fügt sich sehr selbstverständlich in die älteste Substanz und das ehemalige Schwimmbad des Lyceum Alpinum ein. Es verfügt über eine zentrale Bühne von 30 Quadratmetern mit Sitzplätzen für 99 Zuschauer auf drei Seiten. Schauspieler können auch die halboffenen Gänge hinter den obersten Zuschauerrängen sowie die Fensternischen bespielen. Im Zuoz Globe findet nicht nur Theater statt. Der Raum eignet sich für Anlässe aller Art: Konzerte, Vorträge, Lesun gen, aber auch Workshops und Weiterbildungsveranstal tungen. Die Infrastruktur umfasst eine komplette Licht, Audio und Videoanlage, Leinwand, Beamer, WLAN und Rednerpult mit entsprechendem technischem Support.
Kulturarchiv Unterengadin
Community Skiing Eine weitere neue und angesagte Art des Skifahrens ist das Community Skiing
Das Kulturarchiv Unterengadin (Archiv cultural Engiadina bassa, ACEB) ist nach der Startphase nun in Betrieb. Es sammelt, erschliesst, archiviert und macht Informations material zugänglich. Das Archiv möchte so das kulturelle Wissen über die Region fördern. Gesammelt werden Mate rialien hauptsächlich aus den Gebieten Kunst, Architektur, Archäologie, Geschichte, Fotografie, Literatur, Musik und Naturwissenschaften. ACEB übernimmt Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Fotos, Zeichnungen, Ton und Filmaufnahmen, Postkarten, Pläne, Urkunden, Karten, Notenblätter usw. Das Quellmaterial muss in Verbindung mit dem Unterengadin (Martina bis Brail) stehen. Private und Firmen, die solche Materialien besitzen, sind aufgeru fen, sich mit dem Archiv in Verbindung zu setzen. – Die Diskussionen um die Gründung des Archivs gehen Jahre
Der Restaurationsbetrieb des Lyceum Alpinum übernimmt auf Wunsch das Catering für Apéros und Stehlunches. Am Lyceum Alpinum Zuoz widmet sich die Shakespeare Company unter Theaterleiter Giovanni Netzer konsequent und engagiert dem Werk Shakespeares. Diese wertvolle Bühnenerfahrung lehrt Empathie und Teamgeist, Geduld und Mut und schult für das Leben. Dieses Jahr zeigt die Shakespeare Company die Verwechslungskomödie «Was ihr wollt». Die letzten Vorstellungen finden am 15. und 16. Februar statt. Ticketverkauf unter: zuozglobe@lyceum-alpinum.ch oder Tel. +41 (0)81 851 30 00.
zurück. Vor gut zehn Jahren drängten Privatpersonen den Regionalverband Pro Engiadina Bassa (PEB), vorwärtszu machen. Zuerst wurden provisorische Räume in Vulpera bezogen, dann finanzierte PEB eine Halbtagsstelle. Einer der Grundbestände des Archivs sind Dokumente aus der Sammlung des früheren Hoteliers Rolf Zollinger. Er über gab Materialien des abgebrannten Hotel Waldhaus in Vul pera. Inzwischen ist das Archiv ins ehemalige Schulhaus Schadatsch in Strada eingezogen. www.archivcultural.ch (romanisch) und www.archivcultural-de.ch (deutsch)
in der Gruppe. Es geht um die gemeinsame Aktion und
«Internetskifahren» zur Begegnung und der gemein samen Liebe zum Schnee sport und zur Natur, gepaart mit angesagtem Lifestyle. Bei der Suvretta Snowsports School kann Community Skiing per Telefon oder
Yoga auf der Piste.
Auf der «ParadisoPiste» in
St. Moritz wird erstmals eine Yogapiste eingerichtet. An vier fixen Stationen kann Yoga unter fachkundiger Leitung praktiziert werden. Die Orte sind speziell ge wählt und passen zum jeweiligen Yogathema. Damit
Fotos: Luca Crivelli
Interaktion auf der Piste und danach. Der Link vom
wird die Piste auf eine andere Art «befahren». Es ändern sich der Rhythmus und die Sichtweise des Skifahrens. Eingerichtet wurde die neue Piste von Sabrina und Nick NussbaumBerger, die bereits im Frühling 2012
EMail reserviert werden.
den weltweit ersten Yogawanderweg im Tessin eröffnet
Auf der FacebookSeite «Suv
haben. – Sabrina Nussbaum arbeitet seit 27 Jahren bei
Samstags, 10–13 Uhr: Yoga on Snow
retta Snowsports» kann man
Suvretta Snowsports und ist ausgebildete Yogalehrerin.
Samstags, 17–18.30 Uhr: Yoga Indoor
neue Schneesportfreunde
Die Suvretta Snowsports School bietet begleitete Fahr
Sonntags, 10–16 Uhr: individuelles Training
kennenlernen. Skiprofis
ten an, sie sind individuell oder in der Gruppe buchbar:
www.b-yoga.ch
begleiten die Gruppen.
64
piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
PIZZERIA Engadin WinterFestival
Hotel Waldhaus, Sils-Maria, Winterprogramm 2012 / 2013 Details und Ergänzungen: www.waldhaus.ch
31.12. 5.1. 7.1. 9.1.
11.1.
14.1. 15.1.
16.1. 21.1.
24.1. 30.1.
1.2. 4.2.
«Scheherazade» ist das Thema des Silvesterballs. In der Bar spielt Clau Maissens «Clamür». «TastenTanz». Video und Klavier mit Werken von Tschaikowsky bis Prokofiew. «Love Letters» von A. R. Gurney. Szenische Lesung (Deutsch). Klavierquintette mit Solisten des Sinfonieorches ter Engadin und der koreanischen Pianistin Wonmi Kim. Werke von Mozart und Dvorak. Theater: «Doledo da Silva». Clo Bisaz als Concierge «Giacometti» und Philippe Kuhn als Barpianist «Jeremy» spielen Hotelgeschichten. Autorenlesung: Brigitte Kronauer. «Tafelrunde. Schriftsteller kochen für Freunde». Angelika und Silvia Overath und Manfred Koch haben Lieblingsrezepte und Geschichten zusammengetragen. Mit Abendessen. Autorenlesung: Hans Magnus Enzensberger. «Bruno, Chef de Police.» Martin Walker liest auf Englisch aus «Delikatessen». Mit deutscher Moderation. Film: Porträt über Jacques Guidon, «Persona non grata». Kammerkonzert mit Maja Weber (Violoncello) und Per Lundberg (Klavier): Beethoven, Rachmaninow und De Fallas. Swing und Jazz in der Bar mit der Swiss Ramblers Dixieland Band. Autorenlesung: Maja WickiVogt über «Kreative
9.2. 11.2. 13.2. 18.2. 18.2.
23.2. 25.2. 1.3. 4.3. 8.3. 11.3. 16.3. 25.3. 5.4. 6.4.
Vernunft: Mut und Tragik von Denkerinnen der Moderne». Chansonabend mit Olivia Stahn und dem Pianisten Bari Büyükyildirim. Ziegenhirtin Pia Solèr im Gespräch mit Chasper Pult über ihren Erlebnisbericht «Weite fühlen». «HanneliMusig», 10JahresJubiläumstournee. Vergessene Melodien, quicklebendig und flott. «Der kleine Stern auf Erden». Schattenfiguren theater für Kinder. «Rose. Vom Schtetl nach Miami Beach. Unruhige Fahrt» von Martin Sherman. Mit Graziella Rossi. Boogie Woogie und Blues in der Bar mit Silvan Zingg, Nuno Alexandre und Valerio Felice. Theater: «I tre secondi» zeigen «I Doganieri – Die Zöllner». Komödie. Lukas Hartmann im Gespräch mit Chasper Pult über «Räuberleben». Klaus Henner Russius liest aus «Der Kurgast» von Hermann Hesse. Jazz in der Halle mit Walter Weber und Band. «Der Elegant». Tierische Verse von Peter Zeindler. Film: «Unter Bauern». «Die Grossherzogin von Gerolstein» Operette. Autorenlesung: «Über Bord» von Ingrid Noll. Musik: Der St. Moritzer ACappellaChor Las Lodolas.
Nach dem Erfolg des BSI Engadin Musikfestivals im vergangenen Sommer findet nun auch im Winter eine solche Konzertreihe statt. An jedem Samstag im Februar und März werden bekannte Künstle rinnen und Künstler auftreten. Folgende Konzerte sind geplant: 2.2.: Renaud Capuçon, David Kadouch 16.2.: Sergei Nakariakov, Russische Kammerphil harmonie St. Petersburg 23.2.: Winterreise 2.3.: Gabriela Montero 9.3.: Giora Feidman, Gershwin Quartett 16.3.: Patricia Kopatchinskaja www.engadinfestival.ch
Gore Vidal (1925–2012)
Endstation Scuol-Tarasp Mit dem neuen Prioritätenplan der Bündner Regierung zum Bahnausbau bleibt ScuolTarasp wohl auf Jahrzehnte hinaus weiter Endstation für den Zug. Die Regierung hat sowohl die Weiterführung der Bahn Richtung Landeck zurückgestellt als auch dem Traum von einem Tunnel in den Vinschgau eine Absage erteilt. Für die Verbindung UnterengadinMals kommen auch aus Südtirol wenig ermunternde Signale: Landeshauptmann Luis Durnwalder hatte im Frühling 2012 bei einem Besuch in Chur eingeräumt, kein Geld für ein sol ches Bahnprojekt zu haben. Die EU müsste hier mitzahlen, doch das sei zurzeit so illusorisch, wie für dieses Bahnprojekt private Investoren zu finden.
Ende Juli ist der amerikanische Schriftsteller und Gesell schaftskritiker Gore Vidal gestorben. Berühmt wurde er mit seinen Büchern und mit seiner teils harschen Kritik an der Politik der USA. Bekannt war er aber auch im Unterengadin, das er zuletzt 2006 besuchte. Im ersten Teil seiner 1995 erschienenen Autobiografie «Palimpsest» erzählte er bereits, was er über seine Vorfahren wusste: Sein Urgrossvater war aus Feldkirch in die USA ausgewandert, ein anderer Teil der Familie wohnte auf Schloss Heidegg im Luzerner Seetal. Dass seine Familie mit den Vitals, dem ältesten Geschlecht von Sent, verwandt sein könnte, war ihm immer bewusst. Gore Vidal und der Künstler Not Vital aus Sent waren mit einander bekannt. In der Fundaziun Not Vital sind in einer kleinen Publikation Teile aus Gore Vidals Autobiografie auf Romanisch übersetzt. Dort wird auch der möglichen Ver wandtschaft der Vidals / Vitals nachgespürt. Ausserdem ist die Geschichte des Alesch d'Uina romanisch und englisch nacherzählt. Als Gore Vidal in Sent zu Besuch war, gewähr te er dem «TagesAnzeiger» ein Interview und sagte zur Schweiz: «Ich glaube, die Schweizer haben einen grossen Akt des Gleichgewichts vollbracht: Sie sind auf einem Hochseil, von dem sie nicht herunterfallen.» piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
PUBLIkaTIon Gore Vidal, Los Angeles – Sent, als 27 gün 2006, Fundaziun Not Vital, 2006, www.fundaziun.notvital.com
65
VORSCHAU / PREVISTA
IMPRESSUM
Wandel | Müdamaint Die nächste Ausgabe wird piz-Magazin dem Wandel widmen. Das Thema hat es in der rätoromanischen Literatur zum bekannten Schlagwort gebracht. Cla Biert (1920–1981) hat sich in seinem 1962 erschienenen Buch «la müdada» damit befasst. Inzwischen sind weitere fünfzig Jahre vergangen und die Veränderungen haben sich massiv beschleunigt. piz wird diesem «Müdamaint» nachgehen. Wir werden Ihnen wieder Menschen vorstellen, die diese Veränderungen hautnah miterlebt haben, und wir fragen nach, ob sich das Leben in den Bergtälern Südbündens langsamer wandelt als in den Städten oder ob die Tourismusregionen sich mitten im Strudel des Wandels befinden. Was passiert dabei in der Gesellschaft, in der Wirtschaft, im kulturellen Umfeld und im Privaten? Wo sind die Veränderungen am grössten? Was bewerten wir als gut, was als negativ – und wieso? Und welche Herausforderungen für die Zukunft ergeben sich daraus? Freuen Sie sich also auf piz im Sommer 2013.
Herausgeberin | editura Edition piz, Urezza Famos, Schigliana 183, 7554 Sent Tel. +41 (0)79 610 48 04, info@pizmagazin.ch, www.pizmagazin.ch Redaktion | redacziun Urezza Famos, René Hornung (rhg), redaktion@pizmagazin.ch Anzeigenverkauf | inserats E. Deck Marketing Solutions, Edmund Deck, Via Giovanni Segantini 22, 7500 St. Moritz, Tel. +41 (0)81 832 12 93, e.deck@bluewin.ch Produktion | producziun René Hornung, Eva Lobenwein Artdirektion, Grafik | grafica Eva Lobenwein, Innsbruck, www.dieeva.com Bildredaktion | redacziun da las illustraziuns Urezza Famos Bildbearbeitung | elavuraziun grafica TIP – Tipografia Isepponi, Poschiavo Korrektorat | correctorat tudais-ch Helen Gysin, Uster Copyright Edition piz, Scuol Druck | stampa AVD, Goldach (SG) Autorinnen und Autoren, Fotos | auturas ed auturs, fotografias Romedi Arquint, *1943, ist Theologe, Pfarrer, Kulturförderer und Ex-Politiker. Er lebt in Chapella / Cinuos-chel.
Foto: Edition piz
Mathias Balzer, *1967, aufgewachsen in St. Moritz. Kulturredaktor «Südostschweiz», Theaterproduzent und Dramaturg. www.mathiasbalzer.ch Flurin Bertschinger, *1981, ist in Sent im Unterengadin aufgewachsen und arbeitet als freiberuflicher Fotograf in Zürich. www.flurinbertschinger.com Franco Brunner, *1997, freier Journalist in Chur. www.francobrunner.ch
Magazin für das Engadin und die Bündner Südtäler Magazin per l'Engiadina ed il Grischun dal süd
Walter A. Büchi, *1945, Historiker, Publizist und Erwachsenenbildner. Lebt in St. Gallen. Susanna Fanzun, *1963, Redaktorin bei der Televisiun Rumantscha. Arbeitet und lebt in Scuol. Marina U. Fuchs, *1953, freie Kulturjournalistin, Kulturvermittlerin und -beraterin, Juristin. Lebt und arbeitet in Celerina. www.marinafuchs.ch
www.pizmagazin.ch Erscheint zweimal jährlich. Auflage: 30’000 Ex.
Köbi Gantenbein, *1956, Chefredaktor von «Hochparterre», der Zeitschrift für Architektur und Design, Zürich, lebt in Zürich und Fläsch.
Abonnemente:
Gregor Gilg, *1964, visueller Gestalter und Comic-Zeichner in Bern. www.malepiwo.ch
Nr. 44, Winter | Inviern 2012 / 2013.
Edition piz, Schigliana 183, CH-7554 Sent. Zweijahresabonnement: Fr. 35.– (exkl. Versandkosten und Mehrwertsteuer). Das Abonnement ist mit einer Frist von zwei Monaten vor Ablauf kündbar. Ohne schriftliche Kündigung erneuert es sich
Maurice K. Grünig, 1964, ist freischaffende Fotografin in Zürich, www.mauricegruenig.ch Gabriele Horndasch, *1969, ist Bildhauerin und arbeitet mit Video und Fotografie. Sie lebt in Düsseldorf. www.gabriele-horndasch.de
automatisch um zwei Jahre. info@pizmagazin.ch
Thomas Kaiser, *1979, betreibt in Chur die Denk- und Schreibwerkstatt. www. wortwert.ch
Nächste Ausgabe: Juni 2013
Andreas Kneubühler, *1963, freier Journalist im «Pressebüro St. Gallen»
Für unverlangt eingesandtes Text-, Bild- und Tonmaterial über-
Esther Scheidegger, *1946, freie Journalistin in Zürich.
nimmt der Verlag keine Haftung. – Nachdruck, auch auszugs-
Daniela Schwegler, *1970, freie Journalistin in Wald (ZH).
weise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion.
Mayk Wendt, *1982, ist in Ostdeutschland aufgewachsen und lebt als Fotograf im Engadin. www.maykwendt.com
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piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
SAMEDAN – die letzten exklusiven Eigentumswohnungen zu verkaufen.
In der schönsten Ferienregion der Schweiz erwartet Sie eine einmalige Wohnsituation auf höchstem Niveau: exklusive Eigentumswohnungen (2.5, 4.5 und 5.5 Zimmer) an sonniger, unverbaubarer Lage mit Blick in die imposante Bergwelt des Oberengadins. Der malerische Dorfkern von Samedan mit seinen Sehenswürdigkeiten, dem abwechslungsreichen Tourismusangebot und einer Vielzahl hochstehender Gastronomiebetriebe ist in wenigen Gehminuten erreichbar.
DIE HIGHLIGHTS Z Moderne Architektur und ausgesuchte, exklusive Materialien Z Höchste Wohnqualität mit einer funktionalen aber dennoch flexiblen Raumaufteilung Z Viel Licht dank grosszügigen Fensterflächen Z Verkehrsgünstige Lage (gute Strassen- und Bahnverbindung, Flugplatz in der Nähe) Z Vielfältiges Freizeitangebot vor der Haustüre (3 Golfplätze, Schnee- und Bergsport)
BERATUNG/VERKAUF Markstein AG, Bellerivestrasse 55, CH-8034 Zürich, Telefon +41 43 810 90 10 , zuerich@markstein.ch, www.markstein.ch
www.park-quadratscha.ch
Die Kunst, Werte zu schaffen. Wir verbinden Kompetenz mit Konstanz. International bedeutende Künstler wie Alberto Giacometti liessen sich in und von Graubünden inspirieren. Auch unsere Arbeit ist geprägt von Weitsicht und fortwährender Innovation. Private Banking ist für uns keine Frage des Vermögens, sondern Ihrer Bedürfnisse. Nutzen Sie unser Wissen und unsere Erfahrung für Ihren finanziellen Erfolg. www.gkb.ch/privatebanking