UT 20 Kompetenzstatus

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Umsetzungstipp

Kompetenzstatus

Bestandsaufnahme von aktuellen Kompetenzen

In unserem Vademecum «ÜberPrüfen» haben wir die Herausforderungen kompetenzorientierter Prüfungen vorgestellt und ein Spektrum verschiedener Prüfungsformen aufgezeigt, die das Überprüfen von Handlungskompetenzen möglich machen.

Die Umsetzungstipps knüpfen an das Vademecum an, vertiefen jeweils eine darin aufgeführte Prüfungsmethode oder stellen eine neue Methode vor. Fokus der Umsetzungstipps –sie tragen ihn bereits im Namen – ist die Umsetzung. Während im Vademecum vor allem das WAS ins Zentrum gestellt wurde, so geht es in den Umsetzungstipps nun um das WIE bei den zentralen Prüfungsmethoden.

Wir hoffen, Ihnen mit den Umsetzungstipps wertvolle, praxisnahe und vor allem hilfreiche Impulse für die Umsetzung der Prüfungsmethoden in der «Prüfungsrealität» geben zu können.

einführung

Im Kompetenzstatus stellen die Kandidat/innen den Stand ihrer Kompetenzentwicklung sowie ihre berufliche Erfahrung in Form einer Gesamtschau dar. Sie erarbeiten sozusagen ein Profil von sich selbst als Berufsperson und bringen ihre eigenen Erfahrungen, Fähigkeiten und Einstellungen zum Ausdruck. Von diesem Profil ausgehend leiten sie Massnahmen für ihre berufliche Entwicklung ab.

Als Grundlage für die Erarbeitung ihres Kompetenzstatus nutzen die Kandidat/innen verschiedene Analyseinstrumente. Den Kompetenzstatus selbst erstellen sie anhand einer Vorlage. Beurteilt wird der Kompetenzstatus mithilfe von standardisierten Kriterien. Im Fokus der Beurteilung steht die Fähigkeit der Kandidat/innen, eigene Stärken und Schwächen zu erkennen, diese zu belegen und entsprechende Konsequenzen daraus abzuleiten.

Der Einsatz des Kompetenzstatus als Prüfungsmethode eignet sich, wenn die Kandidat/innen ihr Erfahrungswissen und ihre Reflexionsfähigkeit unter Beweis stellen sollen. Voraussetzung ist, dass die Kandidat/innen bereits die Möglichkeit hatten, berufliche Erfahrung aufzubauen.

Berufliche Laufbahnen gestalten sich heute lange nicht mehr so linear wie noch vor 15 bis 20 Jahren. Entwicklungen wie die fortschreitende Digitalisierung tragen dazu bei, dass sich viele Berufsfelder stark verändern oder sogar ganz verschwinden. Für entstehende neue Aufgabenfelder gibt es kaum erfahrene Expert/innen oder passende formale Ausbildungen. Die Berufsbiografie vieler Menschen ähnelt deshalb heute oft einem Flickenteppich. Auch Unterbrechungen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit sind nicht ungewöhnlich (vgl. Blickle 2019).

Solche neuen Karrieremodelle werden mit Begriffen wie «Boundaryless Careers» oder «Protean Careers» bezeichnet, also Karrieren, die jenseits organisationaler Grenzen stattfinden. Ihnen gemeinsam ist, dass diese Karrieren vermehrt in der Selbstverantwortung von Berufspersonen stehen. Sie bestimmen ihren beruflichen Werdegang ausserhalb von vorgezeichneten Laufbahnen weitgehend selbst (vgl. Resch 2016).

Was dabei wichtig ist:

> Berufliche Erfahrung und die Fähigkeit, diese zu explizieren

> Die Bereitschaft zu Veränderung und der Wille, sich in neue Tätigkeitsfelder einzuarbeiten

> Ein erfolgreiches Management der eigenen Ressourcen

> Eine realistische Einschätzung der eigenen Kompetenzen und das Festlegen von Entwicklungsschwerpunkten

Mithilfe des Kompetenzstatus zeigen die Kandidat/innen, dass sie über Kompetenzen und Einstellungen verfügen, die den Anforderungen des Arbeitsmarktes im 21. Jahrhundert entsprechen. Sie belegen ihr Können und ihre berufliche Erfahrung nachvollziehbar.

Einen theoretischen Einblick zu den Themen berufliche Laufbahn und Erfahrungswissen ermöglichen die folgenden Werke:

Blickle, G. (2019). Berufswahl und berufliche Entwicklung.

In: F. W. Nerdinger, G. Blickle & N. Schaper (Hrsg.), Arbeits­ und Organisationspsychologie, S. 209–234. Berlin: Springer.

Ectaveo (2018). Zukunftsimpuls Erfahrungswissen – vom Wissen zum Können. Wie viel Erfahrung steckt im Wissen?

Resch, K. (2016). Karrieren im Wandel.

In: J. Fritz & N. Tomaschek, N. (Hrsg.), Gesellschaft im Wandel. Band 5, University Society Industry. Beiträge zum lebensbegleitenden Lernen und Wissenstransfer, S. 29–41. Münster: Waxmann Verlag.

anforderungen an die prüfungsform

Der Erfolg des Kompetenzstatus wird wesentlich von der Qualität der eingesetzten Analyseinstrumente, dem Aufbau der Vorlage, der Anleitung der Kandidat/innen sowie der Eignung der Beurteilungskriterien bestimmt.

Analyseinstrumente

Um den Kompetenzstatus zu erarbeiten, setzen sich die Kandidat/innen vorrangig systematisch mit ihren Kompetenzen, ihren Einstellungen und Haltungen sowie ihrer beruflichen Erfahrung auseinander. Hierfür müssen ihnen geeignete Instrumente zur Verfügung gestellt werden. Diese können entweder auf Papier oder innerhalb einer digitalen Umgebung bearbeitet werden.

Mögliche Analyseinstrumente

> In Form einer Werkschau dokumentieren und reflektieren die Berufspersonen ihre berufliche Erfahrung.

> Durch eine Einschätzung des aktuellen Stands der Kompetenzentwicklung erhalten die Berufspersonen ein detailliertes StärkenSchwächen-Profil.

> Das Ergebnis einer Fragebogeneinschätzung gibt Aufschluss über die eigenen Einstellungen und Haltungen, die das Handeln im Berufsalltag prägen.

Stärken und Schwächen

Berufliche Erfahrung

Quelle: Ectaveo

Reflexionsbericht

Einstellungen und Haltungen

Die eingesetzten Instrumente müssen auf den entsprechenden Beruf bzw. das entsprechende Tätigkeitsfeld massgeschneidert und einfach in ihrer Handhabung sein. Auch die Ergebnisse sollten möglichst selbstsprechend und eindeutig zu interpretieren sein.

Vorlage Kompetenzstatus

Die Kandidat/innen erstellen den Kompetenzstatus nicht auf einem weissen Blatt Papier, sondern mithilfe einer digitalen oder analogen Vorlage. Diese gibt die Kapitelstruktur vor.

Mögliche Kapitelstruktur eines Kompetenzstatus

Kapitel 1: Das mache ich Berufsrolle und Aufgabenbereiche

Kapitel 2: Das habe ich schon geschafft

Kapitel 3: Das bin ich

Kapitel 4: Das kann ich

Kapitel 5: Das hat sich mir gezeigt

Wichtige Aufgaben, Tätigkeiten, die besonders gut gelungen sind, Erfolgserlebnisse oder Herausforderungen

Eigene Haltungen und Einstellungen in beruflichen Situationen

Ausprägung zentraler Handlungskompetenzen

Aha­Erlebnisse und Erkenntnisse

Anleitung Kandidat/innen

Mithilfe eines Leitfadens wird den Kandidat/innen aufgezeigt, wie sie beim Erstellen des Kompetenzstatus vorgehen sollen und welche Dinge sie beachten müssen. Wichtige Informationen im Leitfaden sind z. B.:

> Ziel des Kompetenzstatus: Es geht nicht darum, sich in einem möglichst guten Licht darzustellen, sondern die eigenen Stärken und Schwächen zu reflektieren.

> Beilagen: Die Ergebnisse der Analyseinstrumente sowie weitere Belege werden grundsätzlich im Kompetenzstatus als Beilagen angeführt. Innerhalb des Kompetenzstatus sollen die Kandidat/innen regelmässig auf diese Beilagen Bezug nehmen.

> Organisatorisches: Wann muss der Kompetenzstatus wo und wie eingereicht werden?

> Formale Rahmenbedingungen, wie z. B. Umfang der einzelnen Kapitel

Beurteilungskriterien

Die Beurteilung des Kompetenzstatus erfolgt anhand von standardisierten Kriterien. Wichtig ist, dass die Kriterien auf die Anleitung der Kandidat/innen abgestimmt sind und somit eine Beurteilung aller geforderten Aspekte ermöglichen. Auch sollte darauf geachtet werden, die Ergebnisse der Arbeit mit den Analyseinstrumenten nicht direkt in die Beurteilung einfliessen zu lassen. Wie gut oder schlecht jemand die Ausprägung der eigenen Kompetenzen einschätzt, ist bei der Beurteilung des Kompetenzstatus weniger relevant als die Schlüsse, die er bzw. sie aus dieser Einschätzung zieht.

tipps für den einsatz des kompetenzstatus als prüfungsmethode

Zuerst einmal gilt es zu überlegen, ob der Kompetenzstatus überhaupt geeignet ist, um das Ziel der jeweiligen Prüfung zu erreichen. Geht es darum, die berufliche Erfahrung und Reflexionsfähigkeit der Kandidat/innen zu überprüfen, stellt er sicherlich die Methode der Wahl dar. Steht hingegen die korrekte Umsetzung konkreter beruflicher Handlungen im Fokus, sollten andere Methoden gewählt werden.

Eine weitere wichtige Voraussetzung für den Einsatz des Kompetenzstatus bildet die Praxiserfahrung der Kandidat/ innen. Nur wenn diese Gelegenheit hatten, sich im Arbeitsalltag zu beweisen, ist es ihnen möglich, konkrete Belege und Beispiele, wie sie innerhalb des Kompetenzstatus gefordert werden, anzuführen.

Der Kompetenzstatus eignet sich somit sowohl für den Einsatz in der Grundbildung als auch für die höhere Berufsbildung. Wichtig ist, dass Auftrag, Leitfaden und Beurteilungskriterien entsprechend auf die Zielgruppe abgestimmt sind.

Häufig ist es sinnvoll, den Kompetenzstatus mit anderen Prüfungsmethoden zu kombinieren. So können zum Beispiel die Kandidat/innen in Form eines Statusgesprächs aufgefordert werden, die wesentlichen Inhalte ihres Kompetenzstatus kurz zu präsentieren und inhaltliche Rückfragen der Expert/ innen zu beantworten. Sie belegen ihre Ausführungen anhand konkreter Praxisbeispiele und leiten Konsequenzen für ihre weitere Kompetenzentwicklung ab.

Die Kandidat/innen sollten umfassend in das Vorgehen beim Erstellen des Kompetenzstatus sowie den Einsatz der Analyseinstrumente eingeführt werden. Idealerweise erhalten sie zusätzlich zu einem schriftlichen Auftrag auch eine kurze mündliche Instruktion mit der Möglichkeit, offene Fragen zu klären.

Ausserdem ist darauf zu achten, dass den Kandidat/innen genügend Zeit für die Erarbeitung des Kompetenzstatus zur Verfügung steht. Durchschnittlich ist mit einem Aufwand von einem Arbeitstag zu rechnen. Dem voraus geht jedoch die Arbeit mit den Analyseinstrumenten.

Die Expert/innen erhalten den ausgearbeiteten Kompetenzstatus entweder auf Papier oder sie greifen direkt über die entsprechende digitale Umgebung darauf zu. Es ist wichtig, die Expert/innen umfassend im Einsatz der Beurteilungskriterien zu schulen. Ihnen muss klar sein, welches Ziel mit dieser Prüfungsmethode verfolgt wird: nämlich die Beurteilung der beruflichen Erfahrung und Reflexionsfähigkeit der Kandidat/innen.

In unserer Reihe «Umsetzungstipps» unterstützen wir Sie bei der Ausgestaltung kompetenzorientierter Prüfungen. Wir zeigen Ihnen, wie Sie kompetenzorientierte Prüfungsmethoden punktgenau im Prüfungsalltag umsetzen können.

Unsere Publikationsreihe «Umsetzungstipps» umfasst folgende Prüfungsmethoden:

Prüfungsmethode «Critical Incidents»

Prüfungsmethode «Praxisprüfungen»

Sozialkompetenz prüfen – Utopie oder Realität?

Prüfungsmethode «Postkorb»

Prüfungsmethode «Mini­Cases»

Prüfungsmethode «Geleitete Fallarbeit»

Prüfungsmethode «Fallstudie»

Prüfungsmethode «Wissensfragen»

Prüfungsmethode «Gesprächsanalyse»

Prüfungsmethode «Fachgespräch»

Mündliche Prüfungen

Prüfungsmethode «Rollenspiel»

Prüfungsmethode «Handlungssimulation»

Prüfungsmethode «Präsentation»

Bewerten mit Kriterien

Prüfungsmethode «Gruppendiskussion»

Prüfungsmethode «Projektarbeit»

Prüfungsmethode «Praxisarbeit»

Prüfungsmethode «Werkschau»

Prüfungsmethode «Kompetenzstatus»

Prüfungsmethode «Statusgespräch»

Möchten Sie die Umsetzungstipps in gedruckter Form beziehen, tragen Sie sich ein unter: www.ectaveo.ch/abonnement-umsetzungstipps

Herausgeberin

Ectaveo AG

Riedtlistrasse 15a CH-8006 Zürich info@ectaveo.ch www.ectaveo.ch

Autorin

Ectaveo AG

Gestaltung und Satz dezember und juli gmbh www.dezemberundjuli.ch

Auflage 1. Auflage, Dezember 2019

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