UT 19 Werkschau

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Umsetzungstipp Werkschau

Praxisleistungen illustrieren und reflektieren

In unserem Vademecum «ÜberPrüfen» haben wir die Herausforderungen kompetenzorientierter Prüfungen vorgestellt und ein Spektrum verschiedener Prüfungsformen aufgezeigt, die das Überprüfen von Handlungskompetenzen möglich machen.

Die Umsetzungstipps knüpfen an das Vademecum an, vertiefen jeweils eine darin aufgeführte Prüfungsmethode oder stellen eine neue Methode vor. Fokus der Umsetzungstipps –sie tragen ihn bereits im Namen – ist die Umsetzung. Während im Vademecum vor allem das WAS ins Zentrum gestellt wurde, so geht es in den Umsetzungstipps nun um das WIE bei den zentralen Prüfungsmethoden.

Wir hoffen, Ihnen mit den Umsetzungstipps wertvolle, praxisnahe und vor allem hilfreiche Impulse für die Umsetzung der Prüfungsmethoden in der «Prüfungsrealität» geben zu können.

einführung

Mithilfe der Werkschau dokumentieren und reflektieren die Kandidat/innen ihr Handeln in der Praxis in spezifischen Situationen. Dazu erhalten sie konkrete Aufträge zur Umsetzung bestimmter beruflicher Aufgaben. Nach Ausführung dieser Aufträge halten sie die einzelnen Arbeitsschritte, die Reflexion der Umsetzung sowie daraus abgeleitete Massnahmen schriftlich fest. Beurteilt werden die Ausgestaltung der Werkschau, die Qualität der Reflexionen sowie die Eignung der daraus abgeleiteten Learnings.

Der Einsatz der Werkschau eignet sich, wenn die Kandidat/ innen ihre berufliche Erfahrung unter Beweis stellen sollen. Sie zeigen zum einen, dass sie für den jeweiligen Beruf zentrale Handlungen korrekt umsetzen können, und zum anderen, dass sie in der Lage sind, ihr Handeln aus einer Metaebene zu betrachten und daraus Konsequenzen für die Zukunft abzuleiten.

Megatrends wie Globalisierung, Digitalisierung, Upskilling, der demografische Wandel oder die steigende Mobilität und Flexibilität in den Arbeitsbeziehungen stellen Berufspersonen laufend vor neue Herausforderungen. Routineaufgaben entfallen und kreative, anspruchsvolle und kooperative Tätigkeiten nehmen zu (vgl. Erpenbeck et al. 2016). Um diese Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen, benötigen Berufspersonen vor allem eins: berufliche Erfahrung. Sie ermöglicht es ihnen, mit unvollständigen Informationen umzugehen, in komplexen oder wenig berechenbaren Situationen kompetent zu handeln und auch unter schwierigen Umständen schnelle und richtige Entscheidungen zu treffen (vgl. Hacker 1992; Plath 2002).

Doch berufliche Erfahrung – auch Erfahrungswissen genannt – entsteht nicht einfach von allein. Wichtig für den Aufbau von beruflicher Erfahrung ist eine systematische Auseinandersetzung mit dem eigenen Handeln. Zentral dabei ist das Explizieren – also das eigene Bewusstmachen – von Handlungen und Handlungsschritten, die im Berufsalltag oft ohne langes Nachdenken ausgeführt werden. Hilfreich hierfür sind Fragen wie:

> Welche Teilschritte führe ich überhaupt aus?

> Warum handle ich so und nicht anders?

> Welche Konsequenzen hat mein Handeln?

Im Rahmen der Werkschau zeigen die Kandidat/innen, dass sie sich mit Fragen wie diesen auseinandersetzen können.

Einen theoretischen Einblick zum Thema Erfahrungswissen ermöglichen die folgenden Werke:

Ectaveo (2018). Zukunftsimpuls Erfahrungswissen – vom Wissen zum Können. Wie viel Erfahrung steckt im Wissen?

Erpenbeck, J., Sauter, S. & Sauter, W. (2016). Social Workplace. Kompetenzentwicklung im Arbeitsprozess und im Netz der Enterprise 2.0. Wiesbaden: Springer.

Hacker, W. (1992). Expertenkönnen. Erkennen und Vermitteln. Arbeit und Technik: Praxisorientierte Beiträge aus Psychologie und Informatik (Hrsg. M. Frese & H. Oberquelle). Band 2. Göttingen: Verlag für Angewandte Psychologie.

Plath, H. E. (2002). Erfahrungswissen und Handlungskompetenz –Konsequenzen für die berufliche Weiterbildung.

In: G. Kleinhenz (Hrsg.), IAB­Kompendium Arbeitsmarkt­ und Berufsforschung. Beiträge zur Arbeitsmarkt­ und Berufsforschung, BeitrAB 250, S. 517–529.

anforderungen an die prüfungsform

Für den erfolgreichen Einsatz der Werkschau als Prüfungsmethode sind eine konkrete Aufgabenstellung sowie standardisierte Beurteilungskriterien von Bedeutung.

Aufgabenstellung

Vor der Erarbeitung einer Werkschau erhalten die Kandidat/ innen einen konkreten Praxisauftrag. In diesem wird ihnen erläutert,

> was sie konkret in der Praxis umsetzen müssen,

> wie sie die Dokumentation der Arbeitsschritte ausgestalten sollen und

> worauf sie bei der Reflexion und dem Aufführen der Learnings achten sollen.

Der Praxisauftrag muss klar und verständlich formuliert und vor allem auch für alle Kandidat/innen in ihrem jeweiligen beruflichen Umfeld umsetzbar sein. Für die Erstellung ihrer Werkschau sollte den Kandidat/innen eine Vorlage zur Verfügung gestellt werden.

Beurteilungskriterien

Die Werkschau wird anhand von standardisierten Kriterien beurteilt. Diese müssen so formuliert sein, dass sie auf alle Ausarbeitungen anwendbar sind. Ausserdem sollte der Korrektheit der Umsetzung innerhalb der Dokumentation der Arbeitsschritte nicht zu grosse Bedeutung beigemessen werden. Viel wichtiger ist es, dass die Kandidat/innen in ihrer Reflexion erkennen, was ihnen gut bzw. weniger gut gelungen ist, um entsprechende Konsequenzen daraus ableiten zu können.

tipps für die ausgestaltung eines praxisauftrags

Der Erfolg dieser Prüfungsmethode steht und fällt mit der Qualität des Praxisauftrags zur Erstellung der Werkschau.

Folgende Aspekte sollten Sie bei dessen Ausarbeitung beachten:

Inhalt des Praxisauftrags

Die Kandidat/innen sollen aufgefordert werden, eine Handlung umzusetzen, die ausführbar, zentral für den jeweiligen Beruf und vollständig ist. Handlungen, die nicht Teil des betrieblichen Alltags sind, eignen sich genauso wenig für eine Werkschau wie solche, deren Beginn und Ende nicht klar definiert sind.

Vorlage für die Werkschau

Damit die Kandidat/innen ihre Werkschau erstellen können, muss ihnen eine entsprechende Vorlage zur Verfügung gestellt werden. Diese kann entweder analog als Word­Vorlage ausgearbeitet werden oder die Kandidat/innen erhalten die Möglichkeit, ihre Werkschau direkt in einer digitalen Umgebung zu erstellen.

Beispiel: Ausgestaltung der Vorlage für eine Werkschau

Titel: Kundengespräch führen

Das habe ich gemacht: Begründungen, Hinweise usw.

Schritt 1:

Schritt 2:

Schritt 3:

Schritt 4:

Das ist mir gut gelungen: Das ist mir weniger gut gelungen: Das habe ich gelernt / diese Tipps würde ich meinen Kolleg/innen geben:

Leitfragen für die Reflexion

Je nach Inhalt der umzusetzenden Handlung können konkrete Leitfragen für die Reflexion vorgegeben werden.

Beispiele möglicher Leitfragen

> Wie schätzen Sie Ihre Gesprächsvorbereitung ein? War diese vollständig und hilfreich? Warum? Warum nicht?

> Wie ist Ihnen die Strukturierung des Gesprächs gelungen? Was war gut, was weniger gut?

> Welche Kommunikationstechniken haben Sie eingesetzt und wie haben diese gewirkt?

> Wie schätzen Sie den Gesprächsabschluss ein? Haben Sie das Gesprächsziel erreicht?

Einsatz von Medien

Um ihre Dokumentation der Arbeitsschritte zu veranschaulichen, können die Kandidat/innen angewiesen werden, Fotos, Grafiken, Originaldokumente usw. ihrer Werkschau beizufügen. Erfolgt die Umsetzung digital, ist auch der Upload von Videosequenzen oder Audiodateien möglich.

Transparenz der Beurteilungskriterien

Die Kandidat/innen müssen wissen, worauf es bei ihrer Werkschau ankommt, bevor sie mit der Arbeit daran beginnen. Ist es wichtig, zusätzliche Medien zu verwenden? Gilt es formale Rahmenbedingungen wie z. B. die Länge der Ausarbeitung zu beachten? Machen Sie Beurteilungskriterien deshalb bereits innerhalb des Praxisauftrags transparent.

Die Kandidat/innen sollten den Praxisauftrag zur Erarbeitung einer Werkschau möglichst im Anschluss an die Auseinandersetzung mit dem entsprechenden Thema im Rahmen ihrer Ausbildung erhalten. Auch muss darauf geachtet werden, dass ihnen genügend Zeit für die Umsetzung der Handlung und die Ausarbeitung ihrer Werkschau zur Verfügung steht. Für die Erstellung einer Werkschau wird zirka ein halber Tag benötigt.

In der Erarbeitung ihrer Werkschau sind die Kandidat/innen autonom. Es liegt in ihrer Verantwortung, eine geeignete Situation für die Umsetzung des Praxisauftrags auszuwählen.

Die Expert/innen erhalten die ausgearbeitete Werkschau entweder auf Papier oder sie greifen direkt über die entsprechende digitale Umgebung darauf zu. Sie nehmen ihre Beurteilung anhand der standardisierten Kriterien vor.

In unserer Reihe «Umsetzungstipps» unterstützen wir Sie bei der Ausgestaltung kompetenzorientierter Prüfungen. Wir zeigen Ihnen, wie Sie kompetenzorientierte Prüfungsmethoden punktgenau im Prüfungsalltag umsetzen können.

Unsere Publikationsreihe «Umsetzungstipps» umfasst folgende Prüfungsmethoden:

Prüfungsmethode «Critical Incidents»

Prüfungsmethode «Praxisprüfungen»

Sozialkompetenz prüfen – Utopie oder Realität?

Prüfungsmethode «Postkorb»

Prüfungsmethode «Mini­Cases»

Prüfungsmethode «Geleitete Fallarbeit»

Prüfungsmethode «Fallstudie»

Prüfungsmethode «Wissensfragen»

Prüfungsmethode «Gesprächsanalyse»

Prüfungsmethode «Fachgespräch»

Mündliche Prüfungen

Prüfungsmethode «Rollenspiel»

Prüfungsmethode «Handlungssimulation»

Prüfungsmethode «Präsentation»

Bewerten mit Kriterien

Prüfungsmethode «Gruppendiskussion»

Prüfungsmethode «Projektarbeit»

Prüfungsmethode «Praxisarbeit»

Prüfungsmethode «Werkschau»

Prüfungsmethode «Kompetenzstatus»

Prüfungsmethode «Statusgespräch»

Möchten Sie die Umsetzungstipps in gedruckter Form beziehen, tragen Sie sich ein unter: www.ectaveo.ch/abonnement-umsetzungstipps

Herausgeberin

Ectaveo AG

Riedtlistrasse 15a CH-8006 Zürich info@ectaveo.ch www.ectaveo.ch

Autorin

Ectaveo AG

Gestaltung und Satz dezember und juli gmbh www.dezemberundjuli.ch

Auflage 1. Auflage, Dezember 2019

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