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Verkäuferporträt

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Humor

Humor

was bei den populären Methoden, das Thema LIEBE zu bearbeiten, sträflich vernachlässigt wird. Nämlich die Tatsache, dass es sich bei LIEBE um etwas handelt, was sich auf eine Weise zu entwickeln und zu vollziehen vermag, die sich über alle äußeren Vorgaben und Bedingungen hinwegsetzt. Oft manifestiert sie sich doch am deutlichsten, wo es kein Mensch vermuten würde. Anderseits gibt es immer wieder Situationen, wo sich zeigt, dass sie nie vorhanden gewesen ist, wo alle Welt sie längst als sicher existent wähnte.

Das Ent und Bestehen von LIEBE ist nicht gebunden an einen speziellen äußeren Rahmen oder an andere bestimmte Gesetzmäßigkeiten. LIEBE entwickelt sich und existiert auf einer Ebene, die sich unserem kognitiven, rationalen Erfassungsbereich weitgehend entzieht. All dies macht LIEBE von Anfang an zu einem wahrhaftigen Mysterium. Und als solches lässt es sich naturgemäß auch nur sehr unzureichend – weil unvollständig – mit unserer sprachlichen Begrifflichkeit erfassen und beschreiben. Deshalb habe ich in meinem Text die Metapher als Hilfsmittel benutzt, um zu beschreiben, dass LIEBE auf der Platte sich zwar unter erschwerten Bedingungen entwickeln und erhalten muss, sie dies jedoch hin und wieder mit beachtlichem Erfolg durchaus vermag. Wie erwähnt, habe ich selbst diese Erfahrung gemacht, wurde mir Teilhabe an jenem Mysterium gewährt. Diesen eigenen Erfahrungen und dem, was sie mir bedeuten Ausdruck zu verleihen, diesem Anliegen sei nun der letzte Teil dieses Textes gewidmet.

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Abschnitt V: Letzter Teil / Für S.

Eigenen Erfahrungen mit und daraus resultierenden persönlichen Gedanken zu dem Mysterium der LIEBE in diesem Text Ausdruck zu geben, das führt entweder automatisch wieder auf jene bereits erwähnten Hürden und Hindernisse zu, die sich aus den Unzulänglichkeiten sprachlicher Begrifflichkeiten ergeben – oder aber man versucht, diese Klippen zu umschiffen. Zu Letzterem habe ich mich entschlossen. Zu diesem Zwecke wende ich mich nun ab von üblicher trockener Prosa und versuche mittels „Moderner Lyrik“ zu einer Lösung zu gelangen:

FÜR S.

1. Die LIEBE, die von Dir zu mir geströmt ist in den letzten Jahren, hat in mir etwas AUFgeweckt. Etwas, das ich verloren glaubte, verloren irgendwo – irgendwo auf der Platte.

2. Als DEINE LIEBE mich berührte, wurde es in mir erWECKT: Das Gefühl und das Bewusstsein, dass LIEBE IN MIR lebt. So kann ich, dankbar, jetzt, Deine Liebe empfangen und Dir meine schenken.

3. Diese LIEBE war und IST für mich DIE QUELLE, AUS der ich HOFFNUNG und den neuen LEBENSWILLEN schöpfte. EIN WEGWEISER IM Irrgarten des LEBENS... des Lebens auf der Platte.

4. Die LIEBE IST mein LICHT in großer Finsternis. Sie ist mein Mut in Zeiten großer Verzweiflung. SIE IST Medizin gegen gegen Traurigkeit und LEBENSüberdruss.

5. Möge diese UNSERE LIEBE nie zerbrechen – nie! Möge sie uns stets begleiten überallhin! So, wie Du mich begleitest und ich Dich. Sie MACHT DAS LEBEN LEBENSWERT, und sei es auch am Ende nur EIN LEBEN AUF DER PLATTE.

„Wir haben den Menschen etwas mitzuteilen“

VON CHRiSTiNA BACHeR

Im Juni 1992 wurde – übrigens nach der Big Issue in London ein Jahr zuvor – in Köln die erste Straßenzeitung Deutschlands gegründet: Die BANK EXPRESS*. Die Zeit war offenbar reif dafür, den Menschen auf der Straße eine Stimme zu geben. Nachdem man einen namenlosen Punk, der in einem besetzten Haus an Unterkühlung verstorben war, auf dem Südfriedhof beerdigt hatte, fassten Pfarrer KarlHeinz Kreutzmann, der damals obdachlose Rolf Bünger und seine Mitstreiter*innen den Entschluss, in Zukunft in Heftform über die Situation und die Belange von obdachlosen Menschen zu informieren, um ihnen eine Lobby zu schaffen. „Wir sind doch Bürger, wie alle anderen“, fasste es der Kleine Günter, auch ein Mitarbeiter der ersten Stunde, schon damals zusammen. Heute feiert das Straßenmagazin, das von BANK EXPRESS zur BANK EXTRA und schließlich zum DRAUSSENSEITER avancierte, seinen 30. Geburtstag. Als „niederschwelliges Beschäftigungsprojekt“ mit der Einrichtung OASE – Benedikt Labre e.V. im Rücken garantiert es den Verkäufer*innen ein kleines Zubrot, eine sinnvolle Tagesstruktur und auf Wunsch auch eine wichtige Anlaufstelle für alle Belange. Und den geneigten Leser*innen gibt es einen wertvollen Einblick in Kölns doppelten Stadtplan.

* Das Straßenmagazin DRAUSSENSEITER hieß bei seiner Gründung im Juni 1992 zunächst

BANK EXPRESS, wurde jedoch kurze Zeit später in BANK EXTRA umbenannt, weil der Dumont

Verlag eine Verwechslung mit dem Kölner EXPRESS befürchtete und eine Klage androhte – eine immer wieder gern erzählte Anekdote.

30JAHRE

Quelle: OASE-Archiv

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