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Humor

Redaktion DRAUSSENSEITER – Sprachrohr für die Menschen am Rande der Gesellschaft. Foto: OASE

Von Köln in die Welt

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VON CHRiSTiNA BACHeR

Das International Network of Street Papers (INSP) wurde 1994 auf Initiative der Londoner Zeitung The Big Issue gegründet. Mitglieder sind Straßenzeitungen aus der ganzen Welt, die nicht nur Bilder und Texte, sondern auch Erfahrungen und Ideen austauschen möchten. Das INSP veranstaltet jährliche Konferenzen, unterstützt Zeitungen in den Entwicklungsländern bei Neugründungen und betreibt einen eigenen Nachrichtendienst, den Street News Service. Auch das Strassenmagazin DRAUSSENSEITER ist – als älteste deutsche Strassenzeitung – seit vielen Jahren Mitglied in dem Verband, der seinen Sitz in Glasgow hat. Als BANK EXPRESS von Obdachlosen selbst mithilfe des Pfarrers KarlHeinz Kreutzmann auf dem Friedhof in Zollstock gegründet, gilt der DRAUSSENSEITER als Sprachrohr derjenigen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen und ist nach 30 Jahren aus der Kölner Zeitungslandschaft nicht mehr wegzudenken. Umso mehr freut es uns, dass das Magazin auch über die Stadtgrenzen hinaus von Kolleg*innen in ganz Deutschland und darüberhinaus wahrgenommen wird. Das ist auch der Verdienst guter Netzwerkarbeit. Danke, INSP, für eure Unterstützung!

30JAHRE

Foto: Christina Bacher

Linda, die Fleißige

Autorin, DRAUSSEnSEITER-Verkäuferin,

Gründerin des Vereins „Heimatlos in

Köln e.V.“

Die kölsche Linda ist heute bekannt wie ein bunter Hund – das war nicht immer so. Aufgewachsen in KölnMülheim, musste sie sich aus einem schwierigen Elternhaus befreien und sich später – als junge Mutter – gegen einen gewalttätigen Ehemann wehren. Das hinterließ Spuren und ihre angeschlagene Gesundheit zwang sie in die Arbeitslosigkeit. Schwer getroffen, musste sie sich nun alleine durchschlagen und fand ein zweifelhaftes Zuhause auf einem Friedhof – in der Nähe des Grabes ihrer geliebten Großmutter. Zum Glück wurde ihr Hilfe angeboten, die sie annehmen konnte. Linda Rennings hat sich immer durchgeboxt – durch eine RealityTVShow im Privatfernsehen, die Gründung ihres Vereins Heimatlos in Köln e.V. und letztlich auch durch die Szene am Wiener Patz, für die sie als „Genesungsbegleiterin“ und Ansprechpartnerin auf Augenhöhe nicht mehr wegzudenken ist. Immer an ihrer Seite ihr Hund Clayd, der aus Rumänien stammt und ebenfalls ein hartes Schicksal hinter sich hat er stützt, beschützt und fängt sein Frauchen immer wieder auf, wenn es notwendig ist. Zehn Jahre lang hat Linda als engagierte DRAUSSENSEITERVerkäuferin gearbeitet, als Stadtführerin unsere Sozialen Stadtrundgänge begleitet und ihre beliebte Kolumne aus der Sicht ihres vierbeinigen Freundes verfasst. Jetzt wollen die beiden neue Wege gehen und sich mehr der Vereinsarbeit widmen. Danke, Linda und Clayd, für zehn Jahre Berichterstattung „von ganz unten“. Ihr wart sicher für viele ein gutes Vorbild, das unvergessen bleiben wird!

Barbara Feltes

Lektorin

Seit Februar 2011, nach dem Abschluss ihres Magisterstudiums, als sie auf der Suche nach einer beruflichen Einstiegsmöglichkeit war, engagiert sich Barbara Feltes ehrenamtlich als Lektorin für den DRAUSSENSEITER. Dabei entgeht ihrem Adlerauge kein Fehler und obwohl sie inzwischen neben einer festen Stelle beim WDR auch noch die Aufgabe einer Mutter zu bewältigen hat, ist sie unserem Straßenmagazin weiterhin eine verlässliche Kraft. Für uns ein riesiges Glück! Danke, Barbara, für deinen wertvollen, unverzichtbaren Einsatz!

Foto: Privat

Grußwort von Jens Hüttenberger

1. Vorsitzender im Verein deutzkultur e.V. und langjähriger ehrenamtlicher Mitarbeiter beim DRAUSSEnSEITER

30 Jahre DRAUSSENSEITER, wow. Was für eine Erfolgsgeschichte! Seit mehr als zehn Jahren besteht dabei eine besondere Verbindung zwischen dem Verein deutzkultur e.V. und der Straßenzeitung. Der Verein und der DRAUSSENSEITER betrachten Kultur als Lebensmittel. Jung und Alt, Arm und Reich, Bildungsbürger*innen und Menschen, die nicht täglich Arte schauen, benötigen Kultur wie Brot, Wasser oder Kleidung. So unsere feste Überzeugung. Veranstaltungen bereichern uns, bringen uns zusammen und bilden einen Kitt in unserer Gesellschaft. So finden sich Kulturtipps in der Zeitung, ob für Bücher, CDs oder zu kostenlosen Veranstaltungen, wie sie deutzkultur organisiert. Besonders freuen wir uns, dass wir zusammen mit der OASE Kulturevents organisieren konnten, auch in diesem Jahr wieder. Es wird musiziert, geschauspielert und gelesen – auch von Obdachlosen. So erleb(t)en wir unvergessliche Abende.

Foto: Privat

Edgar Lange

Layout und Produktion

Im März 2020 stieg Edgar Lange als neuer Grafiker ins Boot und bereichert unser Magazin seitdem durch konstruktive Vorschläge und ein fachkundiges Layout. Der Mediengestalter ist seit über 30 Jahren in seinem Designbüro selbstständig tätig und spezialisiert auf Kommunikations und Gestaltungsprojekte für Print und Online. Der begeisterte Musikliebhaber ist übrigens „ganz nebenbei“ oft als DJ bei Events und Partys hinter dem Mischpult anzutreffen und präsentiert zudem als Sendungsmacher seine Idee von „guter Musik“ in der monatlichen RadioShow KILLING TIME beim freien Kölner Internetsender 674FM.

Markus Düppengießer

Redaktionsassistent, Lektor, Journalist und Hand-Model

Ich steh nicht gerne im Rampenlicht. Eigentlich. Aber manchmal lockt mich die Bühne doch. Wenn die Rolle nicht allzu groß ist. Das war schon zu Schulzeiten so. TheaterAG ja, aber keine Hauptrolle. Omas Kleid anziehen und gemeinsam mit meinem Bruder ein altes Schwesternpaar spielen, das war okay – aber bloß nicht in die erste Reihe. Schauspieler zu werden war für mich nie eine Option. Aber der Film lockte mich immer. Irgendwann ergab sich dann doch die Gelegenheit, mal „am Set“ dabei zu sein. Als Komparse. Bei einer ComedySerie, weil ich einen der Drehbuchautoren kannte. Einen Journalisten sollte ich spielen – für einen Journalisten gar nicht so schwer. Das hatte Spaß gemacht und nachher war ich richtig im Fernsehen drin! Ich hatte Blut geleckt. Das wollte ich wiederholen, ich ließ mich in eine Kartei aufnehmen. Bei der Krimireihe „Heldt“ gehörte ich zur Spusi, zur Spurensicherung; für „Köln 50667“ lief ich als Polizist durchs Bild. Bei „Wilsberg“ hab ich in einer Brotfabrik gearbeitet, für „Marie Brand“ schob ich eine Seniorin durch den Krankenhauspark. Der Reiz ließ mit der Zeit nach. Stundenlang warten, um für ein paar Sekunden zu sehen zu sein. Ob ich ansatzweise meine „15 minutes of fame“ zusammenbekommen habe, weiß ich nicht. Ist mir auch egal, mir reicht‘s. Eigentlich. Vor knapp zwei Jahren habe ich beim DRAUSSENSEITER die Position der Redaktions assistenz von der lieben Sabrina Burbach übernommen. Ich weiß, wir machen hier eine gute Arbeit, wir berichten über wichtige Themen, die bei vielen anderen Zeitungen nur wenig Berücksichtigung fi nden. Dabei lerne ich Menschen kennen, die ich sonst wahrscheinlich nicht kennengelernt hätte. Ich lerne viel – auch über mich selbst. Die erste Geige muss ich auch hier nicht spielen. Manchmal jedoch schaue ich kurz aus dem Orchestergraben hervor. So wie bei dem Fotoshooting damals für die „Danke!“Anzeigen, zu dem ich mich nicht lange überreden lassen musste. Später wurden aus den Fotos sogar Plakate („Das Herz der Straße schlägt weiter“). Weitere Minuten des Ruhms kamen so dazu. Dass auf den Plakaten nur meine Hände zu sehen sind, kommt mir entgegen. Bloß nicht zu viel Rampenlicht.

Foto: Simon Veith

Ingrid Müller-Münch

Expertin für Kriminalromane und Konsorten

Seit wir denken können, führt Ingrid MüllerMünch – gestandene Journalistin aus Köln – die Leserschaft monatlich durch den Bücher dschungel und rezensiert für den DRAUSSENSEITER fachkundig die besten Kriminalromane, die sich gerade auf dem viel umkämpften Markt tummeln. Hin und wieder dürfen wir zudem eins ihrer Features abdrucken, die sie als Radiojournalistin durch ganz Europa führen. Stellvertretend für die vielen freien Mitarbeiter*innen, die das Straßenmagazin monatlich zur anspruchsvollen Lektüre machen, möchten wir uns hiermit herzlich für dieses ehrenamtliche Engagement bedanken: Heiko Sakurai für die immer unfassbar treffenden Cartoons, Mirijam Günter für die guten Kommentare, Karin Volberg für die zahlreichen Artikel, christiane Rath für die brillanten Fotos und Texte, Marie Breer, Tamara Klein und Bastian Exner für jahrelange Treue, Thomas Dahl für die vielfältigen Themen, Georg Valerius als Fotograf und Rico und Lothar als Stadtführer mit dem speziellen Blick für den „doppelten Stadtplan“. Und, last but not least, Martin Stankowski als Mentor, Berater und Freund.

Foto: Privat

VERKÄUFERPORTRÄT

YAVUZ, DER nATURScHLÄFER

TexT UND FOTOS: MARCel GeiTMANN

„Ich bin wie Tarzan“, scherzt Yavuz, während er einem schmalen Trampelpfad folgt, gesäumt von dichtem Grün. Angekommen an seinem persönlichen Rückzugsort, lächelt er. Neben einer hohen Mauer unter einigen Bäumen hat er seine Decken ausgebreitet. „Hier ist es schön grün.“ Direkt neben seiner Schlafstätte lagern in Tüten viele Zeitungen, ein paar Schuhe und einige andere Kleidungsstücke. „Das ist ein schöner Ort“, merkt er an, während er den Blick über die Büsche und durch die Baumkronen schweifen lässt. „Hier kann ich mich verstecken, hier habe ich meine Ruhe.“ Schon eine ganze Weile schläft Yavuz hier. Zu den vielen Zeitungen sagt er: „Ich bleibe gerne auf dem Laufenden, dann kriege ich mit, was in der Welt passiert. Außerdem weiß ich immer die aktuellen Zahlen und wie es mit Corona weitergeht.“

Doch langsam nehmen die vielen alten Zeitungen überhand. BILD und EXPRESSAusgaben, die schon lange nicht mehr aktuell sind, stapeln sich dicht aufeinander. „Das muss dringend mal weg“, sagt er, „sieht ja unmöglich aus“. Doch auch wenn schon ein ganzer Container gefüllt wurde, die Papierflut in seinem Lager nimmt kein Ende. Trifft man Yavuz auf der Straße, ragt meistens schon das nächste Tageblatt aus seiner Jacke. Gut, dass er wenigstens den DRAUSSENSEITER nicht einbehält, sondern neuerdings im Stadtteil Ehrenfeld verkauft.

Stellvertretend für alle Verkäufer*innen sagen wir von Herzen Danke, dass Ihr bei Wind und Wetter hinter dem Blatt steht.

Hier kann ich mich verstecken, hier habe ich meine Ruhe.

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