Politik
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Alles wird gut!?
man nun sicher unterwegs. Zufußgehende können die Fahrbahn beliebig queren – die Fahrzeuge detektieren den Querungswunsch und schaffen die notwendige Zeitlücke zwischen den Fahrzeugen. Effizientere Raumnutzung: Autonome Fahrzeuge brauchen weniger Platz. Durch ride-sharing (Mitfahren im autonomen Fahrzeug) reduziert sich die Gesamtfahrzeugmenge deutlich, was – vor allem durch den Entfall vieler Abstellflächen – Platz für die alternative Nutzung des öffentlichen Raums schafft. Und durch den Wegfall der menschlichen Reaktionszeit können die Fahrzeuge in viel kleineren Abständen hintereinander fahren, was eine viel effizientere Ausnutzung des Verkehrsraums ermöglicht.
Optimistischen Einschätzungen zufolge könnten die Kfz-Verkehrsmengen durch die neue Technologie deutlich zurückgehen und die Verkehrssicherheit drastisch steigen. Zumindest dann, wenn man dieser Prämisse bestimmte Annahmen zugrunde legt: Regeltreue: Autonome Fahrzeuge verhalten sich StVO-konform: sie halten sich an Tempolimits, überholen nur, wenn ausreichend Überholabstand gegeben ist, sie kennen und be- Schöne, neue Welt? folgen Vorrangregelungen und halten Nicht alle Experten teilen allerdings zuverlässig vor Zebrastreifen und Raddiese optimistischen Einschätzungen fahrerüberfahrten. und sehen neue Probleme durch die Weniger Unfälle: Nicht nur die Re- Automatisierung entstehen. Und einigeltreue trägt zur Verkehrssicherheit ge dieser Probleme könnten im Besonbei. Die Fahrzeuge sind so program- deren auch Radfahrende betreffen. miert, dass sie Unfälle unter allen Umständen vermeiden. Momentan sind Mehr Kfz-Verkehr: Mehr Effizienz Unachtsamkeit, Vorrangverletzung, und Komfort der autonomen Fahrzeunichtangepasste Geschwindigkeit, Al- ge könnten zu einer enormen Attraktikohol und mangelhafter Sicherheits- vitätssteigerung des Kfz-Verkehrs fühabstand durch Kfz-Lenkende Ursache ren. Es ist naheliegend, anzunehmen, von fast 60 Prozent aller Unfälle mit dass dadurch neuer Kfz-Verkehr induPersonenschaden und Pkw-Beteili- ziert wird, der als nun „individueller gung. Wären nur noch autonome Fahr- öffentlicher Verkehr“ massiv Fahrgäste zeuge unterwegs, können nur noch vom herkömmlichen, stations- und litechnische Gebrechen oder Software- niengebundenen öffentlichen Verkehr Fehler als Unfallursache auftreten. abzieht. Die staufreie Tür-zu-Tür-Verbindung ohne Parkplatzsuche – bisher Ein Verkehrsraum für alle: Da- ein Alleinstellungsmerkmal des Radmit – so argumentieren die Technik- verkehrs – wird plötzlich für alle verOptimisten – wird die Segregation des fügbar sein. Selbst kürzeste Fußwege Verkehrsraums in Flächen für Fußge- können nun aus Bequemlichkeitsgrünhende, Radfahrende und Kfz teilwei- den mit dem Auto zurückgelegt werse obsolet. Radwege sind nicht mehr den. Mit allen negativen Folgewirkunvonnöten, auch im Mischverkehr ist gen für das Gesundheitssystem.
Wir werden in 20 Jahren nur noch mit Sondererlaubnis selbstständig Auto fahren dürfen Angela Merkel, 2017 Drahtesel 2 ⁄ 2018 – 9
it dem autonomen Fahren erreicht uns im Verkehrswesen der nächste große Hype nach der E-Mobilität. Und wie auch bei der Elektromobilität, die seit über 100 Jahren bekannt ist und im motorisierten Individualverkehr – zumindest hierzulande – trotzdem nur einen äußerst kleinen Anteil der Antriebstechnologie einnimmt, wird die Verbreitungsgeschwindigkeit und die Durchdringung der Flotte mit autonomen Fahrzeugen nicht nur durch die Technik bestimmt, sondern auch maßgeblich von rechtlichen, verkehrsorganisatorischen und ethischen Rahmenbedingungen abhängen. Die Frage, wie sich selbstfahrende Autos auf das Radfahren auswirken könnten, wird von Experten dabei sehr unterschiedlich beantwortet.