4 | Im Interview spricht Bayerns Digitalminister Dr. Fabian Mehring über seine Pläne für das neue Jahr.
5 | Prof. Dr. Dr. Björn Niehaves thematisiert in seiner Kolumne die Künstliche Intelligenz.
6 | Die Zentrale Statistik-Komponente macht die tatsächliche Nutzung von Online-Verwaltungsleistungen sichtbar.
7 | Hintergründe zum Ansatz „Government as a platform“.
9 | Überblick zu Fellowships in den Ministerien.
Praxis & Innovation
12 | Aktuelle Zahlen aus dem eGovernment.
13 | Der Forschungswettbewerb der Cyberagentur geht in die zweite Runde.
14 | Der Einsatz von CloudTechnologien in Ämtern ist nach wie vor ein komplexes Thema.
15 | Die Verbindung von Mensch und Maschine durch Exoskelette markiert einen technologischen Meilenstein .
16 | Massive-Open-Online-Courses beim eGov-Campus.
17 | Relevante Veranstaltungen für den Public Sector.
Impressum Seite 24
Digitalbeirat Der „Beirat Digitalstrategie Deutschland“ und seine Arbeit an den Leuchtturmprojekten.
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NKR-Jahresbericht
Mehrwert
Ein „European Identity Wallet“ der EU soll dem Thema digitale Identitäten neuen Schwung verleihen.
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Digitalisierung braucht
Projektmanagement
Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) kritisiert die schleppende Verwaltungsdigitalisierung. Kritikpunkte sind das Onlinezugangsgesetz, fehlende Basisinfrastruktur und Steuerungsstrukturen. Das Bundesministerium des Innern sieht das positiver.
„Die Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland kommt viel zu langsam voran und liegt abgeschlagen hinter den meisten europäischen Staaten“, so das verheerende Urteil des NKR zum Stand der Digitalisierung. „Nachdem das maßgebliche Onlinezugangsgesetz seine Umsetzungsziele weit verfehlt hat, lassen auch das Nachfolgegesetz inklusive seiner Finanzierung die Schlagkraft vermissen, die für eine spürbare Beschleunigung der Verwaltungsdigitalisierung nötig ist.“ Doch woran scheitert es bisher genau?
Prof. Dr. Sabine Kuhlmann, stellv. Vorsitzende des NKR, verweist hier etwa auf die SchnittstellenProblematik. Es werde immer betont, dass einheitliche Schnittstellen und interoperable Strukturen entscheidend seien, erklärte sie, jedoch müsse sich dafür auch jemand Gedanken machen, wo diese definiert werden und wie die Basisinfrastruktur der Verwaltungsdigitalisierung aussehen soll. „Das ist aus unserer Sicht eigentlich der Schritt, der als erstes
Open Data Bayern: eigene Präsenzen für Kommunen Über 2.000 Datensätze, mehr als 50 Bereitsteller – das OpenData-Portal „open bydata“ in Bayern wächst zügig. Der Prototyp wurde in einem Fellowship-Projekt der Digitalschmiede Bayern erarbeitet, danach übernahm byte, die Bayerische Agentur für Digitales, um gemeinsam mit dem Digitalministerium des Landes die Plattform aufzubauen. Basis ist das DatenmanagementÖkosystem von Fraunhofer
gegangen werden muss – bevor man einzelne Softwarelösungen oder Leistungen angeht.“
Das BMI zeigt sich deutlich positiver: „Der Bund hat seine Pflichten aus dem geltenden OZG weitgehend erfüllt“, so ein Sprecher des Ministeriums. Kommunen und Länder arbeiteten unter Hochdruck an der Umsetzung. Bezüglich der Basisinfrastrukur verweist er auf das Eckpunktepapier für eine moderne und zukunftsgerichtete Verwaltung. Dort würden Lösungswege zu den Kritiken aufgezeigt. „Zum Beispiel die fehlende Basisinfrastruktur: Der Bund stellt ein Bürgerkonto (BundID) und einen Siegeldienst für die Bundesbehörden zentral bereit. Unter Einbeziehung des IT-Planungsrates wird geprüft, welche IT-Komponenten zukünftig zentral bereitgestellt werden.“
Föderalismus überwinden
Doch es gibt noch mehr Kritik: „Die Art und Weise, wie das Projekt ‚OZG’ aufgesetzt ist, ist hoch-
gradig unbefriedigend“, erklärt NKR-Leiter Lutz Goebel. Es gebe weder einen klaren Kostenplan noch eine Terminplanung. Kuhlmann verweist zudem auf die fehlenden Steuerungsstrukturen „im komplizierten föderalen System“. Der NKR fordert daher, den „im Koalitionsvertrag angedachten Föderalismusdialog“ ernsthaft zu führen, um eine „klügere Aufgabenverteilung im Föderalstaat“ zu erreichen. Diesen gebe es, kontert das BMI, dezentral im Rahmen der laufenden Aufgabenwahrnehmung. Dabei werde besprochen, ob und in welchem Umfang die Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen angepasst werden muss. Dies sei unter anderem wegen der Registermodernisierung notwendig. Bei dieser sei laut Goebel auch kein Fortschritt zu sehen. Dabei sei sie Voraussetzung, um überhaupt digitalisieren zu können. Und es braucht noch mehr, um Digitalisierung und Registermodernisierung voranzubringen: Es braucht einen Plan. Der NKR
18. Dezember 2023
FOKUS. Seit Herbst ist die aktuelle Portalversion verfügbar. Das Beste daran, sagt Bayerns Digitalminister Dr. Fabian Mehring: „Auch die bayerischen Kommunen können jetzt mit einer eigenen Präsenz auf unserem Open Data-Portal vertreten sein". In den dafür konzipierten Bereichen kann jede Verwaltungsstelle in Bayern kostenlos ihre eigene Open-Data-Präsenz mit individualisierten Inhalten aufbauen. Vorreiter war Augsburg mit der Pilot-Präsenz augs-
burg.bydata.de. Sechs neue Präsenzen kamen jetzt hinzu: Amberg, Deggendorf, Haßfurt, Ingolstadt, Kempten und der Landkreis Regensburg. „Mit unseren Open-Data-Präsenzen und unserem breiten Beratungsangebot wollen wir sowohl für Datennutzung als auch Datenteilen echte Enabler werden – gerade für kleine Kommunen und Landkreise", sagt Luis Moßburger, Produktverantwortlicher für Open Data bei byte. Dafür können auch Synergien mit anderen
SPEZIAL
Unser Themenschwerpunkt „Best Practice“ zeigt Lösungsansätze rund um die digitale Verwaltung.
Lutz Goebel, Leiter des Nationalen Normenkontrollrates
plädiert daher für eine föderale Digitalstrategie, in der gemeinsame, organisatorische und technische Ziele verbindlich festgelegt sind. Diese entstünde aktuell mit der föderalen Digitalstrategie des IT-Planungsrates, gibt das BMI zu bedenken. Der Bund werde sich hier für eine flächendeckende Ende-zu-Ende Digitalisierung auf nutzerfreundlichen Plattformen einsetzen. „Die Rahmenarchitektur des Architekturboards des ITPLR soll dafür die Bedingungen und Vorgaben formulieren. Dabei wird es vor allem darum gehen, Basiskomponenten und Standards, dem Once-Only-Prinzip und der Digitalisierung der Register und dem EfA-Prinzip mehr Wirksamkeit zu geben.“ na
Den NKR-Jahresbericht können Sie online einsehen: [ voge.ly/vglDhjQ ]
Projekten des Digitalministeriums genutzt werden: So entwickeln derzeit mehrere bayerische Kommunen im Förderprojekt „TwinBy“ digitale Zwillinge. Die Datensätze daraus lassen sich automatisch in die eigene open-bydataPräsenz übertragen. Über Schnittstellen liefert die Bayern-Plattform ihre Daten auch zum bundesweiten Portal GovData und zum Datenportal der EU. nh
open.bydata.de
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Politik & Verwaltung
Digitalbeirat der Bundesregierung
Dr. Fabian Mehring zum Status quo der Verwaltungsdigitalisierung in Bayern.
Beirat Digitalstrategie: Signalwirkung im Fokus
Der „Beirat Digitalstrategie Deutschland“ dient der Regierung als wichtiger Impulsgeber. Wir haben mit Beiratsmitglied Ann Cathrin Riedel über die Aufgaben und Herausforderungen des 19-köpfigen Gremiums gesprochen.
Ende August 2022 hat die Bundesregierung ihre Digitalstrategie beschlossen. Darin sind die digitalpolitischen Vorhaben der einzelnen Ministerien verankert, aber auch sogenannte Leuchtturmprojekte, von denen eine besondere Signalwirkung ausgehen soll. Jedes Ressort hat hier mindestens ein Projekt beigesteuert. Um deren Umsetzung zu begleiten, rief Verkehrs- und Digitalminister Dr. Volker Wissing im November 2022 den „Beirat Digitalstrategie Deutschland“ ins Leben. Er ist mit 19 Vertretern und Vertreterinnen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft besetzt und soll den Bundesministerien externe Impulse geben.
Projektpaten
„Wir machen das qualitative Monitoring der Leuchtturmprojekte“, sagt Ann Cathrin Riedel, die in ihrer ehrenamtlichen Funktion als Vorsitzende des LOAD e. V. in den Digitalrat berufen wurde. Der Beirat trifft sich zehnmal im Jahr und schaut sich in jeder Sitzung zwei Projekte an. Da die Sitzungszeit mit etwa eineinhalb Stunden pro Projekt recht knapp bemessen ist, arbeiten sich die Beiräte im Vorfeld intensiv ein. „Dass sich jeder auf alle Projekte vorbereitet, das schaffen wir nicht, wir machen das ja ehrenamtlich“, betont Riedel. DeshalbgibtessogenannteProjektpatenschaften, bei denen die Beiratsmitglieder einzelne Projekte betreuen. Riedel betreut beispielsweise die digitalen Identitäten (Innenministerium), das digitale Gefechtsfeld (Verteidigungsminis-
terium), den Familienassistenten (Familienministerium) und das GovStack vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. „Wir treffen uns als Paten mit den Projekten einmal vorab und machen ein bisschen Deep Dive“, erläutert Riedel. Dabei werden die Projekte vorgestellt und ein Fragebogen ausgefüllt. Anhand dieses eigens entwickelten Fragebogens sollen bereits im Vorfeld Meilensteine geklärt und Fragen wie „Welches Problem soll dieses Projekt lösen?“ oder „Wird das BSI miteinbezogen?“ beantwortet werden. „Damit haben wir schon mal einen guten Einblick in das Projekt“, sagt Riedel. Und dadurch brauche das Projekt in der Beiratssitzung nicht mehr erst vorgestellt werden – und „wir können die Zeit intensiv nutzen, um detailliert über das Projekt zu sprechen“.
Und auch bei den Projektteilnehmern selbst kommt das Engagement der Paten gut an. „Die Leute aus den Projekten freuen sich und sind dankbar für den Blick von außen“, sagt Riedel, „um den Blick zu schärfen, andere Dinge mitzudenken oder einfach als Bestätigung.“ Manche Paten werden sogar zusätzlich zu internen Workshops rund um das jeweilige Leuchtturmprojekt eingeladen. Die meisten Projektteilnehmer seien dankbar für das Feedback ihrer Paten und der anderen Beiratsmitglieder.
Schwächen aufzeigen
Der Digitalrat unterstützt die Projekte, soll diese aber auch kritisch
würdigen. Dabei gibt es Schwachpunkte, die sich durch alle Leuchtturmprojekte ziehen:
W Infrastruktur: „Es wird immer ganz viel ganz neu aufgebaut und eingekauft, es gibt kein festes Repertoire“, moniert Riedel.
W Nachhaltigkeit: „Was passiert, wenn die Finanzierung endet? Was passiert mit dem aufgebauten Know-how?“, fragt Riedel und verweist auf einen „lernenden Staat“, der als Handlungsfeld in der Digitalstrategie verankert ist.
Design, technisch gut aufgezogen, tipptopp Projekt.“ Aber der positive Eindruck sei vorbei, sobald die Menschen dann auf die Ausländerbehörden träfen. Auch das sehen die Beiratsmitglieder als ihre Aufgabe: Solche guten Ansätze und Projekte wie das Auslandsportal in jene Gremien einzubringen, in denen sie ebenfalls vertreten sind. „Wir sind alle gern im Beirat und wollen das wirklich voranbringen“, macht Riedel klar.
Und auch bei den Projektteilnehmern selbst erkennt sie „große Leidenschaft“ und viel Engagement.
„Man schimpft ja so gern auf Verwaltung, auf die Beamten, aber da sitzen total tolle Leute, die das echt gut machen, vor allem mit den Mitteln, die sie haben – nicht nur finanziell, sondern auch, was das Projektmanagement angeht“, betont die Digitalrätin.
Mehr Kooperation
„Die Menschen, die an den Leuchtturmprojekten arbeiten, sind unglaublich engagiert und setzen die Projekte gut bis sehr gut um“, freut sich Riedel. Von ihnen komme auch der Wunsch, voneinander lernen zu können und entsprechende Strukturen vorzufinden – „dass nicht immer alles neu erfunden oder beschafft werden muss“, so Riedel. Sie nennt als Beispiel „Open Data“ – ein übergeordnetes Thema, bei dem der Austausch und eine größere Plattform gewünscht seien, und zwar sowohl von den Projekten als auch aus den Ministerien heraus.
„Im Koalitionsvertrag ist das stärker ressortübergreifende Arbeiten festgeschrieben, und das sehen wir
„Was es dringend braucht, ist eine Steuerungsfunktion auf Bundesebene.“
Ann Cathrin Riedel
W Zusammenarbeit: „Es geht nicht nur um Hard- und Software oder Schnittstellen. Es geht auch um Organisation, um Laufbahnmöglichkeiten und um ressortübergreifende Zusammenarbeit“, erläutert Riedel. Dies sei ein Erfolgsfaktor, der fehle – auch angesichts der Pensionierungswelle.
Was passiert mit der geäußerten Kritik? „Meistens haben die Projekte das selbst schon auf dem Schirm und fühlen sich bestätigt“, sagt Riedel. Es sei nicht der Job des Beirats, ein Projekt sterben zu lassen, zudem seien es „alles gute bis sehr gute Projekte“. Riedel nennt als Beispiel das Auslandsportal des Auswärtigen Amts, worüber online Anträge für Visa gestellt werden können. Für Ann Cathrin Riedel ein gelungenes Projekt: „Sehr nutzerzentriertes
auch“, betont Riedel. „In den Leuchtturmprojekten gibt es ganz viel Potenzial, noch stärker zusammenzuarbeiten und Synergien zu schaffen, aber auch voneinander zu lernen.“
Strategie des Bundes
„Ich finde die Digitalstrategie der Bundesregierung prinziell nicht verkehrt“, sagt Riedel. Gleichwohl teile sie auch die breite Kritik –dass sie sehr umfangreich sei und aus vielen Projekten bestehe. „Ich würde mir mehr Strategie dahinter wünschen, es ist ja eher eine Sammlung von Einzelprojekten.“ Ein eigenständiges Digitalministerium auf Bundesebene hingegen sei nicht unbedingt nötig, da die Digitalisierung sämtliche Lebens-
Gemeinsam digitalisieren: Teams aus Ministerien und externe Fellows.
bereiche betreffe und beispielsweise ein Thema wie die elektronische Patientenakte ohnehin im Gesundheitsministerium verbleiben müsse.
„Aber was es dringend braucht, ist eine Steuerungsfunktion“, fordert Riedel. Ob diese Steuerung im Digitalministerium, im Kanzleramt oder woanders liege, sei nebensächlich. „Wir haben zwar ein Digitalministerium und einen Digitalminister, aber wir haben auch die Aufsplittung auf verschiedene Ministerien – und dadurch gibt es eben viele Parteien, die mitreden. Ich glaube, das ist nicht immer klug“, meint Riedel. Wichtig sei deshalb eine stärkere Koordinierung. „Gerade für die grundlegenden Fragen braucht es eine bessere Steuerung“, sagt Riedel und bezieht sich dabei beispielsweise auf die Frage, mit welchen Plattformen gearbeitet wird. Sie betont aber auch: „Das sind unsexy Themen, damit wird man politisch nichts gewinnen können.“
Vertrauen in den Staat
Sie würde sich generell wünschen, dass das Digitale einen höheren Stellenwert habe – „den hat es immer noch nicht“. Als Beispiel nennt sie die Einmalzahlung 200, die Energiepreispauschale für Studierende und Fachschüler. Ein Projekt, dessen Entwicklung und Umsetzung eigentlich sehr schnell ging. „Trotzdem ist das Urteil von außen: Der Staat ist unfähig“, sagt Riedel. „Ich mache mir wirklich grundlegend Sorgen um diesen Staat, um diese Gesellschaft. Wenn man immer wieder sieht, dass der Staat einfachste Lösungen nicht hinkriegt, geht das Vertrauen in den Staat verloren.“
Dass der Staat Digitalisierung kann, dazu soll die Digitalstrategie mit ihren vielen Projekten, aber auch die Arbeit des Beirats beitragen. „Wir haben sehr viel Digitalkompetenz in den einzelnen Ministerien in den letzten Jahren entwickelt“, sagt Riedel. „Das sieht man an den Leuchtturmprojekten und auch an anderen Themen.“ Eine Basis also, auf der aufgebaut werden kann. su
Zur Person
Ann Cathrin Riedel ist Geschäftsführerin des NExT e.V., einer gemeinnützigen Plattform aus der Verwaltung für die Verwaltung für die digitale Transformation. Sie ist außerdem Vorsitzende des unabhängigen Vereins LOAD e.V. – Verein für liberale Netzpolitik. Seit November 2022 ist Riedel Mitglied des Digitalbeirats des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr. Leuchttürme
Eine Auflistung der Leuchtturmprojekte und weitere Informationen zur Digitalstrategie der Bundesregierung gibt es online hier:
Interview zum Stand der bayerischen Verwaltungsdigitalisierung
„Der Staat muss wieder positiv konnotiert sein“
Seit nunmehr einem Monat ist das Digitalministerium in Bayern neu besetzt. Im Interview mit eGovernment berichtet Minister
Dr. Fabian Mehring über den Status quo der Verwaltungsdigitalisierung im Freistaat sowie zu den Plänen für das kommende Jahr.
In kaum einem Bundesland wird Kontinuität seit Jahrzehnten derart groß geschrieben wie in Bayern. Für viele Brancheninsider kam daher der Führungswechsel beim bayerischen Staatsministerium –das bislang einzige seiner Art – zur neuen Legislaturperiode durchaus überraschend. Schließlich galt und gilt das Digitalministerium als Her-
minister und Parteivorsitzenden Hubert Aiwanger sieht Mehring –gerade in Hinblick auf das Thema KI, welches in seinen Augen nicht weniger als eine industrielle Revolution innerhalb der nächsten Jahre auslösen wird – als entscheidend für die Wirtschaftsstandorte Bayern und Deutschland an. Eine weitere Schlüsselposition für die
nicht in Zukunftstechnologien investieren, werden uns andere Nationen den Rang ablaufen und die kommenden Generationen müssen diese Zeche doppelt bezahlen“, betont Mehring. Es sei für ihn weiterhin völlig klar, dass der Digitalisierung die Zukunft gehöre. Man habe jetzt die Wahl, ob man als Gesellschaft lediglich vom Rücksitz
Dr. Fabian Mehring ist seit Anfang November 2023 bayerischer Staatsminister für Digitales und möchte langfristig die Transformation zu einem Digitalministerium 2.0 schaffen.
zensprojekt des bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder. Dr. Fabian Mehring von den Freien Wählern beerbt die Juristin Judith Gerlach, die das Digitalministerium im Freistaat – im Stile eines politischen Start-ups – von der Pike auf aufgebaut und damit Bayern an die Spitze der Verwaltungsdigitalisierung geführt hat.
„Diese Art der Zusammenarbeit ist ein echter Gamechanger“
Mehring hatte zwar bislang keine Ministerposition inne, ist aber alles andere als ein politischer Newcomer in Bayern. In den vergangenen fünf Jahren war er parlamentarischer Geschäftsführer der Freien Wähler im bayerischen Landtag. Diese Position habe ihn in seinen Augen perfekt auf seinen Ministerposten vorbereitet, sagt Mehring im Gespräch mit eGovernment. Die ressortübergreifende Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Ministerien mache einen bedeutenden Teil seiner täglichen Arbeit aus. Den „extrem kurzen Draht“ zum Wirtschafts-
Zukunft sehe er im Kultusministerium. Die Digitalisierung des Bildungswesens sei ein wichtiger Schritt hin zu einer Gesellschaft, die bestmöglich für die weitreichenden Änderungen innerhalb der Arbeitsmarktes der nahen Zukunft gewappnet ist. „Wir müssen die jungen Menschen von heute fit für morgen machen.“ Zwischen Digital- und Kultusministerium gebe es „engste Zusammenarbeit, zwischen die kein Blatt passe“, betont Mehring. In seinen Augen sei diese Kultur der Kollaboration ein echter „Gamechanger“ für den Freistaat.
Vom Fahrersitz aus die Zukunft mitgestalten
Weniger positiv betrachtet Minister Mehring die aktuellen Entwicklungen innerhalb der Bundesregierung, die in den vergangenen Wochen empfindliche Rückschläge in ihrer Finanzplanung durch das Bundesverfassungsgericht hinnehmen musste. „In meinen Augen wäre es ein kapitaler Fehler, zu diesem Zeitpunkt an der Zukunft zu sparen. Wenn wir jetzt
schon in der Vergangenheit – über die eigenen Füße stolpern könnte. Mehring möchte deshalb als Digitalminister seiner „Querschnittszuständigkeit“ gerecht werden und das Thema KI für den bayerischen Mittelstand und die öffentliche Verwaltung attraktiv machen. Er ist überzeugt: „KI ist die Schlüsseltechnologie schlechthin für den modernen Staat.“ Als konkrete Maßnahme möchte er demnächst – im Sinne eines Innovationsbeschleunigers – in seinem Haus ein Projekt starten, welches tausende von Unternehmen in Bayern schnell und insbesondere kostengünstig zur Compliance mit der Vielzahl von Regulierungen, insbesondere dem AI Act führt. Dabei soll auch Platz zum Ausprobieren von neuen Technologien wie KI innerhalb eines geschützten Raumes vor Markteintritt sein. „Meine Sorge ist, dass wir zu deutsch an die Sache herangehen und einmal mehr der Bürokratie den Vortritt vor dem Fortschritt lassen“, sagt Mehring. Grundsätzlich befürworte er, dass der Staat neue Technologien, wie die des Software-Unternehmens Palantir, für die KI-assistierte Polizeiarbeit ergebnisoffen für einen möglichen Einsatz testeten. „Es muss einer Institution wie der bayerischen Polizei, die mit höchster Kredibilität ausgestattet ist, möglich und gestattet sein, den Einsatz solcher technischen Neuerungen zu prüfen und auf der Basis der aktuellen Rechtslage dann auch einsetzen zu können“, betont Mehring. „Wir dürfen uns nicht bei jeder Innovation automatisch selbst den Riegel vorschieben.“
„Für den Public Sector wird KI von immenser Bedeutung sein“
Er sehe es als seine Aufgabe, ein modernes, frisches und cooles Image des Staates zu vermitteln. „Da fängt es schon im Kleinen an.“ Es könne nicht sein, dass man auf der Fahrt zwischen Augsburg und München mehre Male den Mobilfunkempfang verliere oder dass man für einen 90-sekündigen Verwaltungsakt, wie etwa der Zulassung eines Autos, mehrstündige Wartezeiten in Kauf nehmen müsse, schimpft Mehring. Umso mehr freue er sich darüber, dass es in Bayern nun ein Online-Verfahren gibt, welches das An- und Abmelden von Fahrzeugen auch digital ermöglicht.
„Ein digitales und modernes Zeitalter liegt vor uns. Dazu benötigen wir eine vollausgebaute GlasfaserInfrastruktur, die die Mindestanforderung für die Digitalisierung darstellt. Wir als bürgerliche Mitte müssen uns darüber hinaus klar nach rechts abgrenzen. Für die Demokratie ist es hochrelevant, dass das Vertrauen in den Staat erhalten bleibt und rechtsextremen Strömungen sowie Antisemitismus jeglicher Art kein Raum geboten wird.“
Digitalisierungspläne für Bayern
aus die technischen Innovationen erleben oder in den Fahrersitz gehen und weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten wahrnehmen möchte.
Der bayerische Haushalt sei – im direkten Vergleich zum Bundeshaushalt – durchaus üppig auf das Thema Digitalisierung eingestellt. 2,2 Milliarden Euro seien dafür dieses Jahr eingeplant. Im Rahmen der bayerischen „HightechAgenda“ investiere der Freistaat sogar 5,5 Milliarden Euro, freut sich Fabian Mehring. Aktuell sei Deutschland „Nettozahler Nummer eins“ in Europa, ein G7-Land und stark bei den Technologien von heute vertreten.
Um diesen Wohlstand und Technologievorsprung weiterhin erhalten zu können, bedarf es in seinen Augen einer raschen Umsetzung des kürzlich beschlossenen European AI Act in nationales Recht. Diesbezüglich befürchtet Mehring, dass sich Deutschland zwar durchaus „im Startblock“ positioniert, jedoch durch überbordende Bürokratie und Überregulierungsmaßnahmen „den Schuhbändel zusammenbinde“ und dadurch – wie
In der Öffentlichen Verwaltung sieht Dr. Mehring überwiegend Vorteile durch den Einsatz von KIassistierten Systemen. Die vor etwa einer Dekade geführte Debatte, ob KI den Beruf der Verwaltungsfachangestellten über kurz oder lang obsolet mache beziehungsweise diesen gravierend verändere, sei in seinen Augen aufgrund des grassierenden Fachkräftemangels nicht mehr gegeben. Vielmehr hätten viele Bürgermeister und Landräte die Sorge, ihre Stellen nicht mehr adäquat besetzen zu können. Der clevere Einsatz von KI könne laut Mehring dabei helfen, bei den Bürgerinnen und Bürgern das teilweise verloren gegangene Vertrauen in staatliche Strukturen wiederherzustellen. Die KI sei dazu in der Lage, den Angestellten im Public Sector stetig wiederkehrende Arbeiten abzunehmen, sodass diese sich stärker ganz direkt und persönlich mit den Bürgerinnen und Bürgern austauschen können. Das Leben der Bürgerinnen und Bürger finde schon jetzt zumeist digital statt. Vom Aufstehen über den Arbeitsalltag bis hin zum abendlichen Fernsehbild. „Nur wenn sie mit dem Staat in Berührung kommen, wird diese digitale Routine unterbrochen.“ Viele hätten das Gefühl, dass „Staat“ das Wälzen von verstaubten Aktenordnern bedeute.
Im kommenden Jahr möchte es der bayerische Digitalminister Mehring schaffen, dass die Digitalisierung einen „echten Mehrwert“ für die Bürgerinnen und Bürger Bayerns und auch Deutschlands schaffe. „Ich will, dass sowohl die Oma im Bayerischen Wald als auch der Grundschüler am Bodensee verstehen, welchen Wert die Digitalisierung für ihre Lebenswirklichkeit hat.“ Nur wenn man die Menschen bei der Digitalisierung mitnehme, habe man als Staat Chancen auf Erfolg. Dazu gehöre es laut Mehring, die großen Megatrends wie KI aus ihrem Nischendasein bei den „großen Tech-Konzernen“ zu befreien und dem Mittelstand, der Bayern in seinen Augen zu weiten Teilen ausmache, zugänglich zu machen. Es sei sozusagen sein persönlicher Weihnachtswunsch, dass man in Bayern diese Herkulesaufgabe bewältige und man darüber hinaus bei der Umsetzung von Zukunftstechnologien weiterhin die Speerspitze in Deutschland und auch europaweit bilde. Dazu gehöre in erster Linie die Leitidee einer allumfassenden Alltagsdigitalisierung, die das Leben der Bürgerinnen und Bürger ideal und möglichst niederschwellig ergänze. Dass dies ein großes Stück Arbeit bedeutet und es mit Blick auf das derzeitige Umsetzungstempo wohl noch einige Zeit dauern wird, bis auch im hinterletzten Weiler Glasfaser anliegt, dürfte dem bayerischen Staatsminister für Digitales Dr. Fabian Mehring durchaus bewusst sein.
Der Weihnachtswunsch des Ministers muss schließlich auch nicht ad-hoc im kommenden Jahr umgesetzt werden. Die Bayern-Koalition aus CSU und Freien Wählern hat bis 2028 Zeit, um die Bürgerinnen und Bürger Bayerns von ihrer Politik zu überzeugen und fit für die Zukunft zu machen. jk
Cui Bono: Wem nutzt KI in der Verwaltung?
In einer Zeit, in der Künstliche Intelligenz (KI) zunehmend Einzug in die öffentliche Verwaltung hält, stellt Professor Dr. Dr. Niehaves die Frage, wer die eigentlichen Nutznießer dieser fortschreitenden Digitalisierung sind.
KI rettet die Welt! Oder zerstört sie. Das hängt davon ab, wen man fragt. Und wann. Und wie oft. Kurzum, wir stehen noch am Anfang, die langfristigen Auswirkungen dieser Technologie zu verstehen. Diese Unsicherheit spiegelt das breite Spektrum an Meinungen und Prognosen wider. Doch eines ist sicher: KI ist längst kein bloßes Zukunftsszenario mehr, sondern hat sich bereits fest in unserem Alltag etabliert, nicht erst seit dem Siegeszug von ChatGPT. Auch die öffentliche Verwaltung kann enorm von den Möglichkeiten (generativer) KI profitieren. Viele Fachverfahrenshersteller, GovTech-Startups, einige Verwaltungen und sogar öffentliche IT-Dienstleister basteln an ihren Visionen einer KIgestützten öffentlichen Verwaltung. Und sie liefern. KI ist nicht mehr nur eine Idee, sie ist eine Realität mit immensem Disruptionspotenzial, die die Art und Weise, wie Verwaltungsarbeit geleistet wird, grundlegend verändern kann. KI ist hier, um zu bleiben. Doch was bringt KI wirklich? Wenige Forschungsarbeiten haben
hier so hohe Wellen geschlagen, wie die jüngst im September 2023 erschienene Harvard-Studie „Field Experimental Evidence of the Effects of AI on Knowledge Worker Productivity and Quality“. Zwar fokussierte sich diese Studie auf Unternehmensberater, doch ihre Erkenntnisse lassen sich gut auf den Bereich der Wissensarbeit in der öffentlichen Verwaltung übertragen. Und die Ergebnisse sind beeindruckend: So erledigten KINutzer 12,2% mehr Aufgaben, waren 25,1% schneller und in puncto Qualität 40% besser als ihre Kollegen ohne KI-Unterstützung. Dies bedeutet eine signifikante Reduzierung von Kosten und Bearbeitungsdauern, bei gleichzeitigem Anstieg der Qualität – ein Traum für jede Verwaltungseinheit. Besonders beeindruckend ist der KI-getriebene Produktivitätsanstieg bei geringer qualifizierten Mitarbeitenden, der mit einem Plus von 43% zu Buche schlägt. Selbst bei hochqualifizierten Kräften wird im Rahmen der Studie eine Leistungssteigerung von 17% durch KI-Nutzung verzeichnet. Somit bie-
tet KI Vorteile für alle Ebenen der Belegschaft, und angesichts der Herausforderungen des demografischen Wandels sowie des Fachund Arbeitskräftemangels kann sie einen entscheidenden Beitrag leisten. Kleiner Wermutstropfen: Die genannten Produktivitätsgewinne gelten nur für Bereiche, die im Leistungsspektrum der KI liegen. Auch mit Blick auf dieses Ergebnis spricht vieles für spezifisch trainierte KI-Modelle, die sich mit klar umrissenen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung befassen, so wie sie aktuell auch an vielen Stellen entwickelt werden. Doch wem nützt KI wirklich? Während die möglichen Vorteile für Bürger nicht von der Hand zu weisen sind – schnellere und bessere Services –, lohnt es sich, einen genauen Blick auf die Motivationslage der Verwaltungsmitarbeitenden zu werfen. Der anfängliche Enthusiasmus für KI ist aktuell unübersehbar, doch einschlägige Akzeptanztheorien enthüllen oft eine komplexere Wahrheit. Es mag unbequem sein, dies anzusprechen, aber in vielen Fällen spielen per-
sönliche, ja sogar egoistische Motive eine wichtige Rolle. Mitarbeitende betrachten KI im Allgemeinen weniger als ein altruistisches Werkzeug zum Wohle des Staates, sondern vielmehr als ein Mittel, umauchihreneigenenArbeitsalltag zu erleichtern. Sie erwarten, dass KI ihnen hilft, Zeit zu sparen, Stress zu reduzieren und letztlich einen persönlichen Nutzen zu erzielen. Dieser Aspekt ist entscheidend, um die praktische Akzeptanz und Nutzung von KI in der öffentlichen Verwaltung zu verstehen. Im Sales Talk zwischen KI-Anbietern und der Verwaltung schafft es diese Wahrheit naturgemäß selten ins Gespräch. Die Vorstellung, dass KI in der Verwaltungsarbeit ausschließlich aus selbstlosen Beweggründen genutzt wird, scheint ziemlich unrealistisch. Hier offenbart sich eine wichtige Dimension in der Diskussion um den KI-Einsatz: Es geht nicht nur darum, was KI leisten kann, sondern auch darum, welche konkreten Vorteile sie den sie Nutzenden bieten kann. Wie sollte mit dieser Realität umgegangen werden? Hier bieten sich mehrere Ansätze an. Erstens könnten die Vorteile der KI-Nutzung primär bei der Verwaltung verbleiben, was bedeutet, dass die Mitarbeitenden unter Nutzung von KI schlichtweg mehr Aufgaben bewältigen müssten. Dieser Ansatz stößt jedoch auf die oben diskutierten Grenzen, besonders solange die effiziente Nutzung von KI noch nicht in der breiten Masse üblich ist. Zweitens besteht die Möglichkeit, die Mitarbeitenden durch Arbeitszeitreduzierung zu entlasten. Dieser Ansatz könnte besonders attraktiv sein, da er direkt auf die Produktivitätssteigerung durch KI
reagiert: Wer seine Aufgaben schneller erledigt, erhält mehr Freizeit. Allerdings wird dies aus arbeitsrechtlicher Sicht sicher nicht ohne Weiteres umsetzbar sein. Eine dritte und zunehmend diskutierte Option ist die Höhergruppierung. Mitarbeitende, die durch den Einsatz von KI von routinemäßigen Aufgaben befreit werden und sich anspruchsvolleren Tätigkeiten widmen können, könnten eine Höhergruppierung erfahren. Dieser Ansatz bietet sowohl für die Mitarbeitenden als auch für die Verwaltung einen klaren Vorteil: Er schafft Anreize für die Nutzung von KI und ermöglicht, dass die Verwaltung von den Produktivitätssteigerungen profitiert. Vor- und Nachteile haben all diese Lösungen und wir brauchen die Diskussion darüber, wer wie von den Vorteilen des KI-Einsatzes profitieren sollte, genau jetzt. Andernfalls werden sich manche Anfangsmotivationen erschöpfen und enttäuschte Mitarbeitende das Gefühl haben, mit einem freundlichen „Danke“ für Mehrarbeit und Mehrleistung abgespeist zu werden. So viel Realismus muss drin sein. Die Frage „Cui bono?“ im Kontext der KI in der Verwaltung ist also nicht nur eine rhetorische, sondern eine zentrale strategische Überlegung.
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Der Autor Prof. Dr. Dr. Björn Niehaves ist Informatikprofessor und Politikwissenschaftler, leitet die Arbeitsgruppe„Digitale Transformation öffentlicher Dienste“ an der Universität Bremen und berichtet in der wissenschaftlichen Kolumne über aktuelle Forschungsergebnisse zur digitalen Verwaltung.
[ voge.ly/vglaCrp ]
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Zentrale Statistik-Komponente
Je besser, desto öfter
Online-Verwaltungsleistungen? Ja bitte! Aber nur, wenn sie nutzerfreundlich sind. Denn nur Dienste, die für Bürgerinnen und Bürger verständlich sind, werden auch wirklich genutzt. Um auswerten zu können, wie häufig Leistungen genutzt werden, hat der Bund nun ein Tool entwickelt.
Die Nutzungsfreundlichkeit und die Nutzungshäufigkeit digitaler Verwaltungsleistungen sind zwei unweigerlich zusammenhängende Faktoren – schließlich nutzen weniger Bürgerinnen und Bürger einen Dienst, den sie nicht verstehen oder der in der Anwendung zu kompliziert ist. Dass es so also nicht nur auf die Verfügbarkeit von Leis-
tungen ankommt, sondern dass auch die Information, wie häufig sie letztlich wirklich genutzt werden, von Bedeutung ist, hat der ITPlanungsrat bereits in einem Beschluss im Juli festgestellt. Ziel war deshalb die Entwicklung einer Plattform, auf der die Nutzungsdaten der jeweiligen Leistungen aufgelistet werden. Nach einer
Pilotierung im ersten Halbjahr steht nun die vom Bund entwickelte und betriebene Zentrale Statistik-Komponente (ZSK) bereit.
Die Zentrale StatistikKomponente (ZSK)
Um einen möglichst weitreichenden Überblick über die Nutzungs-
Leitfaden für sichere KI-Systeme
Intelligenz:
Um Künstliche Intelligenz und besonders ihre Potenziale und Fallstricke ranken zahlreiche Diskussionen. Internationale Cybersicherheitsbehörden haben nun einen Leitfaden veröffentlicht, durch den einerseits Gefahren minimiert, andererseits Risiken gegenüber Nutzern klarer kommuniziert werden sollen.
Die Potenziale Künstlicher Intelligenz (KI) wurden mittlerweile vielfach diskutiert, nun haben die Partnerbehörden des BSI aus Kanada und den USA einen Leitfaden zur Entwicklung sicherer KI Systeme veröffentlicht, an dem auch das BSI selbst mitgewirkt hat. Egal ob die Technologien Vorhersagen zum Klima oder zu Finanzmärkten bieten, automatisiert medizinische Diagnosen treffen oder in (teil-)autonomen Fahrzeugen eingesetzt werden soll – im Dokument „Guidelines for Secure AI System Development“ (dt. „Richtlinien zur Entwicklung sicherer KISysteme“) listet die Behörde Leitlinien, die KI-Entwickler und -Be-
treiber in Zukunft dabei helfen sollen, unbedenkliche und zuverlässige Systeme zu entwickeln, die so nicht nur sicher geplant und entwickelt, sondern auch sicher eingeführt und betrieben werden. Konkret erklärt das BSI dazu, dass Systeme so jederzeit bei Bedarf verfügbar sein müssen und erwartungsgemäß arbeiten. Zudem habe auch die Sicherheit und Wahrung sensibler personenbezogener Daten stets Priorität.
Dazu bietet das Dokument einen Überblick über KI-spezifische Schadensanfälligkeiten und erklärt, wie diese in Kombination mit bestehenden Prinzipien wie „security-by-design“ und „security-by-
häufigkeit der Onlineservices zu erhalten, hatte der IT-Planungsrat nach seinem Beschluss Bund und Länder darum gebeten, die nichtpersonenbezogenen Nutzungsdaten aller derjenigen Verwaltungsleistungen bereitstellen, deren Regelungskompetenz beim Bund liegt. Zusätzlich konnten auch Länder und Kommunen die Nutzungsdaten für diejenigen Leistungen beitragen, die auf Grundlage ihrer eigenen Regelungskompetenz erstellt wurden.
Die ZSK erfasst diese Daten systemisch und nutzt die Transaktionszahl eines Online-Services, also die Anzahl an initialen Antragstellungen, Anzeigen oder Meldungen über einen Onlinedienst an eine Behörde, als zentralen Indikator und kann diesen dabei bis auf Kreisebene aufschlüsseln. Berechtigte Nutzerinnen und Nutzer erhalten mit der Zentralen Statistik-Komponente eine Möglichkeit, sich die Werte grafisch darstellen zu lassen, sie monatlich, quartalsweise oder jährlich auszuwerten und Zeiträume, Portale oder Regionen zu vergleichen.
Priorisierung und
Anbindung der Services
Da sehr viele URLs zu den 484 OZG-Leistungen im Portalverbund Online-Gateway (PVOG), das die Verwaltungsportale des Bundes und der Länder ermöglicht, existieren, wurden die Services unterschiedlich entsprechend der fünf Kriterien
W Programmbezug, W Flächendeckung, W Transaktionsstärke, W politische Bedeutung sowie W Regelungs- und Vollzugsebene priorisiert, um zuständige Behörden zielgerichtet hinsichtlich ihrer
Anbindung an die ZSK anzusprechen. Dennoch fordert der IT-Planungsrat alle zuständigen Stellen unabhängig ihrer Priorisierung auf, sich an das ZSK anzubinden. Die Anbindung der Services erfolgt dabei über Systeme wie etwa die Open-Source-Webanalytik-Plattform Matomo. Derzeit läuft außerdem eine Testphase, in der die Datenanlieferung automatisiert über eine externe Schnittstelle erfolgt. Über die ZSK-Benutzeroberfläche können die Daten zudem als CSVDatei oder manuell über ein Formular erfasst werden. Bislang sind so zwölf Onlineservices sowie das Verwaltungsportal des Bundes mit bisher 19 Diensten an die ZSK angebunden (Stand: 1. Oktober). Die Anbindung weiterer Dienste soll sukzessive erfolgen. Auch die ZSKInfo-Website sowie ein umfassendes Informationspaket für die Anbindung, bestehend aus Anleitungen zur Nutzung und zu den technischen Schnittstellen, sollen fortlaufend optimiert werden. Zudem ergänzt der Normenkontrollrat, dass auch Nutzungsdaten aus Typ-4/5-Leistungen von der ZSK abgebildet werden können und so auch hier entsprechende Behörden dazu eingeladen sind, sich an die ZSK anzubinden. Bislang sind, gemessen an der Gesamtheit aller verfügbaren OnlineServices, nur sehr wenige Dienste an die Zentrale Statistik-Komponente angebunden, und einige Dienste liefern Daten nur unvollständig oder unregelmäßig. Um zu einem Gesamtbild der Nutzung elektronischer Verwaltungsleistungen in Deutschland zu gelangen, betont der Rat deshalb, dass alle Länder und Kommunen eingeladen sind, durch die Bereitstellung von Daten zu mehr Verwaltungsleistungen beizutragen. cm
default“ bei der Entwicklung berücksichtigt werden können. Die Cybersicherheitsbehörden fordern außerdem, dass Betreiber dieser Systeme ihre Anwenderinnen und Anwender über potenzielle Gefahren informieren, da diese darüber bisher in den meisten Fällen unaufgeklärt sind.
Potenziale nutzen
Für das BSI ist die gemeinsame Veröffentlichung ein wichtiger Schritt bei der Lösung von Problemen und dem Entgegenwirken von Unsicherheiten im Umgang mit KI. Denn, so heißt es von Seiten der Behörde, Fragen der Si-
Ziel ist es, eine zuverlässige Zusammenarbeit zu ermöglichen.
cherheit von KI-Systemen könnten nur im Verbund mit gleichgesinnten internationalen Partnern gelöst werden. Insgesamt unterstützen 23 internationale Cybersicherheitsbehörden aus 18 Ländern den Leitfaden. „Das BSI gestaltet die Cybersicherheit bei der Entwicklung von KI-Systemen von Anfang an mit. So können wir sicherstellen, dass wir die Potenziale
dieser Schlüsseltechnologie für die Digitalisierung Deutschlands sicher nutzen und Risiken transparent kommunizieren. Bei den Nutzerinnen und Nutzern sorgt das für mehr Vertrauen und insgesamt für eine höhere Cyberresilienz der Gesellschaft. Ich freue mich, dass wir international dafür an einem Strang ziehen“, so Claudia Plattner, Präsidentin des BSI. cm
Nur wenn ein Dienst nutzerfreundlich ist, wird er von den Bürgerinnen und Bürgern auch wirklich genutzt.
Plattformansatz
Government as a Platform für Deutschland?
Gute Ideen sind im Kern meist einfach. So auch der Plattformansatz „Government as a platform“ (GaaP). GaaP betrachtet den Staat und seine Verwaltung als eine Plattform, auf der Co-Kreation mit Bürgern und Unternehmen stattfinden kann. Eine Dimension dieser Plattform ist die Realisierung der digitalen Verwaltung nach den Prinzipien der Plattformökonomie. Eine zentrale IT-Basisinfrastruktur (wie z. B. Identifikations-, Transport- oder Bezahlkomponenten) mit einheitlichen IT-Standards bildet den Plattformkern und ermöglicht ohne großen Koordinationsaufwand interoperable Interaktionen zwischen staatlichen und privaten Akteuren im dezentralen Plattform-Ökosystem.
Die IT-Basiskomponenten werden dabei zentral finanziert, gesteuert und für sämtliche Verwaltungsebenen verbindlich vorgegeben. Insofern bedeutet GaaP eine Zentralisierung der IT-Infrastrukturkompetenz und Finanzierungsverantwortung und eine partielle Einschränkung der Organisationshoheit der dezentralen Aufgabenträger.
Sowohl bei der (kooperativen) Eigenentwicklung als auch bei der Beschaffung von IT-Komponenten auf dem freien Markt (wie beispielsweise Fachverfahren oder Online-Diensten) sind sämtliche Aufgabenträger durch die verbindliche Vorgabe gebunden, dass die entwickelten und beschafften ITKomponenten mit den einheitlichen IT-Basiskomponenten und -Standards kompatibel sein müssen.
Zentralisierung des Plattformkerns, Dezentralisierung des Plattform-Ökosystems
Man wird GaaP jedoch nicht gerecht, wenn man einseitig den Zentralisierungsanteil in den Vordergrund stellt. Im Gegenteil: Die partielle Zentralisierung von Infrastrukturkompetenz und Finanzierungsverantwortung für IT-Basiskomponenten auf der einen Seite zielt gerade darauf ab, dezentrale Gestaltungsspielräume wirksam zu erhalten oder sogar praktisch zu eröffnen. Die verbindliche Festlegung einheitlicher IT-Basiskomponenten und -Standards gibt dezentralen Aufgabenträgern wie privaten IT-Dienstleistern (und insbesondere Start-ups) Planungssicherheit und ist geeignet, deren Innovationskraft und Entscheidungsfreude zu fördern. IT-Lösungen, die im Plattform-Ökosystem auf Basis der offenen PlattformStandards entwickelt werden – beispielsweise Online-Dienste und Fachverfahren – können jederzeit auf der einheitlichen Plattform skaliert werden.
Der Ansatz „Government as a platform“ (GaaP) sieht Staat und Verwaltung als Plattform, auf der eine Co-Kreation mit Bürgern und Wirtschaft stattfinden kann. Die IT-Basiskomponenten werden dabei zentral finanziert und gesteuert.
GaaP im Diskurs zwischen Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Politik und Staatspraxis
Angesichts dieser positiven Verheißung überrascht es nicht, dass sich in den letzten Jahren zunehmend Akteure aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Politik und in
Kompetenzverteilung umsetzen?
Ein Alleingang des Bundes ist verfassungsrechtlich derzeit nicht zulässig, selbst dann nicht, wenn die Länder dies billigen würden. Anders als bei bestimmten anderen Infrastrukturen (z. B. den Bundeswasserstraßen, Bundesautobahnen, der Bundesbahn oder auch dem IT-Verbindungsnetz) gibt es
lens von Bund und Ländern können sie ohne Weiteres einheitliche bundes- und länderübergreifende IT-Basiskomponenten und ITStandards festlegen und diese in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich im Wege der Simultangesetzgebung auch für die mittelbare Staatsverwaltung (insbesondere die Kommunen) verbindlich
Der Plattformansatz legt einheitliche IT-Basiskomponenten und -Standards fest, eröffnet aber auch dezentrale Gestaltungsspielräume.
jüngster Zeit auch aus der Staatspraxis mit dem GaaP-Ansatz auch in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland auseinandersetzen bzw. sich für seine Umsetzung aussprechen. Prominentester Befürworter dürfte wohl der Nationale Normenkontrollrat (NKR) sein (siehe zuletzt im Jahresbericht 2023, insb. Kernbotschaft 3). Erwähnenswert sind auch die im Auftrag der FITKO (Föderale ITKooperation) 2021 von fortiss erstellte Kurzstudie „Verwaltung. Digitalisierung. Plattform“ sowie das im Mai dieses Jahres veröffentlichte NEGZ-Impulspapier „Rechtliche Wege hin zu einem föderalen Plattform-Ökosystem“ und die kürzlich veröffentlichte NEGZKurzstudie „Government as a Platform in Deutschland“.
Rechtliche und politische Umsetzbarkeit
Doch inwiefern ist der GaaP-Ansatz mit der gegenwärtigen Ausprägung des Föderalismus vereinbar? Lässt er sich bei entsprechendem politischen Willen bereits auf der Grundlage der bestehenden
derzeit im Grundgesetz weder eine allgemeine Infrastrukturkompetenz noch eine entsprechende Finanzierungskompetenz des Bundes für IT-Basiskomponenten. Insofern hat der Bund lediglich die umfassende Infrastrukturkompetenz für die Bundesverwaltung und daneben die partielle, übergreifende Infrastrukturkompetenz für die IT-Basiskomponenten des Portalverbundes (wie z.B. das Nutzerkonto des Bundes). Im Übrigen liegt die Infrastrukturkompetenz bei den Ländern. Der Bund kann daher derzeit den Ländern zentrale IT-Basiskomponenten (über die der Basiskomponenten des Portalverbundes hinaus) selbst bei entsprechendem politischen Willen weder verbindlich vorgeben noch zentral finanzieren.
Annäherung an GaaP im gegebenen Rechtsrahmen möglich
Können Bund und Länder die Plattform also gemeinsam errichten, betreiben und finanzieren? Unter der Annahme eines entsprechenden einheitlichen politischen Wil-
IT-Basiskomponenten im Sinne des GaaP-Ansatzes dürfte dabei die gemeinsame Finanzierung und deren haushaltsrechtliche Implikationen sein. Denn eine wesentliche Gelingensbedingung des GaaP-Ansatzes ist nämlich, dass eine Institution als sogenannter Platform-Owner aufgrund eines starken Mandats „den Hut aufhat“ und die technische und strategische Weiterentwicklung sowie den Betrieb der IT-Basiskomponenten fachlich eigenverantwortlich vornehmen kann. Für die praktische Gewährleistung einer solchen starken Stellung dürfte bei einer gemeinsamen Finanzierung durch Bund und Länder das Haushaltsrecht eine erhebliche Herausforderung sein, das bei Mitfinanzierung – verstärkt durch seine regelmäßig kurzen Planungshorizonte – auf eine gewisse direkte oder indirekte politische Mitwirkung hinausläuft.
Erfordert die konsequente GaaP-Umsetzung eine Grundgesetzänderung?
Der erwähnte Zusammenhang zwischen Mitfinanzierung und politischer Mitwirkung dürfte der Hauptgrund dafür sein, dass viele Befürworter des GaaP-Ansatzes für eine kraftvolle Umsetzung in der Bundesrepublik im gesamtstaatlichen Interesse perspektivisch die Schaffung einer Finanzierungskompetenz des Bundes für zentrale IT-Basiskomponenten als sinnvoll erachten.
Eine solche Verfassungsänderung könnte sich etwa die Ausgestaltung der Infrastrukturkompetenz des Bundes für das IT-Verbindungsnetz zum Vorbild nehmen, die 2009 ihrerseits „den Grundgedanken auf[nahm], dass der Bund auch für andere länderübergreifende Infrastrukturen wie Fernstraßen und Wasserwege eine Zuständigkeit hat“ (siehe Bundestag-Drucksache 16/12410, S. 8).
vorgeben. Einer solchen Vorgabe stünde auch nicht die kommunale Selbstverwaltung entgegen, die nur „im Rahmen der Gesetze“ gewährleistet ist. Eine umfassende Festlegung einheitlicher IT-Basiskomponenten von Bund und Ländern dürfte politisch auch deshalb herausfordernd sein, weil die Entscheidung für bestimmte IT-Basiskomponenten auch eine Entscheidung gegen andere bedeutet. „Sunk cost“ ist hier das Stichwort, das dezentrale Kollaboration sehr erschwert.
Starker Platform-Owner bei gemeinsamer Finanzierung?
Unterstellt man, dass Bund und Länder diese politische Herausforderung gemeinsam meistern, ließe sich eine gemeinsame Finanzierung der Weiterentwicklung und des Betriebs der zentralen ITBasiskomponenten über eine Institution wie beispielsweise die FITKO rechtlich durchaus gestalten. Eine praktische Herausforderung für die Steuerung der Weiterentwicklung und des Betriebes der
Hinweis: Die Autor:innen geben ausschließlich ihre persönliche Auffassung wieder.
Die Autoren
Inga Karrer leitet in der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) die Koordinationsstelle E-Government. Sie ist für die DIHK Vorstandsmitglied des Nationalen E-Government Kompetenzzentrums (NEGZ).
Moritz Ahlers ist Referent in der Abteilung Recht und Compliance der FITKO und Mitglied im NEGZ.
Peter Kuhn ist wissenschaftlicher Mitarbeiter, fortiss GmbH, Landesforschungsinstitut des Freistaats Bayern für softwareintensive Systeme.
NEGZ-Kurzstudie
Weitere Informationen zum Plattformansatz liefert die kürzlich veröffentlichte NEGZKurzstudie„Government as a Platform in Deutschland“.
[ voge.ly/vglk78r ]
Impulspapier
Das Impulspapier„Rechtliche Wege hin zum föderalen Plattform-Ökosystem“ von Inga Karrer und Moritz Ahlers ist ebenfalls auf den Seiten des NEGZ abrufbar:
[ voge.ly/vglHbjX ]
Für einen digitalen und souveränen Staat
OZG, Registermodernisierung, Prozesse, Standards, Finanzierung, Kooperation und vor allem: Kompetenz. Auf der diesjährigen Smart Country Convention zogen die IT-Entscheider aus Bund, Land und Kommune eine Bilanz der Verwaltungsmodernisierung und formulierten Forderungen Richtung Berlin.
Auf der Smart Country Convention (SCCON), die vom 7. bis 9. November 2023 in Berlin stattfand, informierten sich rund 15.000 Teilnehmer zu den großen Digitalisierungsthemen. Über 300 Aussteller und 600 Speaker auf vier Bühnen präsentierten ihre Sicht auf die Transformation der öffentlichen Verwaltung. Und gerade bei den Vorträgen und Panels wurde klar, wo die Unterschiede, aber auch die Gemeinsamkeiten liegen. Es geht voran
„Wir haben viel vor uns. Aber wir haben auch viel, worauf wir aufbauen können“, brachte Fedor Ruhose, CIO von Rheinland-Pfalz, den Status quo der deutschen Verwaltungsdigitalisierung auf den Punkt. „Das OZG-Änderungsgesetz weist die Richtung“, machte Ruhose klar und wies auf die Vorgabe der Ende-zu-Ende-Digitalisierung, die Bereitstellung der zentralen Basisdienste durch den Bund sowie die Evaluation im Nachfolger des Onlinezugangsgesetzes (OZG) hin. Verwaltungsdigitalisierung werde aber nicht durch Gesetze gemacht, alle Kollegen müssten befähigt und mitgenommen werden. Noch nicht ganz klar seien hingegen die Finanzierungsgrundlagen, und auch beim Thema Standards gebe es Nachholbedarf. Zusammen mit dem Kollegen Bernd Schlömer, CIO von Sachsen-Anhalt, spreche er sich für eine Standardisierungsagenda aus. Nicht ganz so zufrieden mit dem OZG 2.0 zeigte sich Dr. Rainer Brandl, Bundestagsabgeordneter
der CSU. „Die falsche Antwort ist, den Druck rauszunehmen“, monierte er den Verzicht auf eine Umsetzungsfrist. Die Union arbeite gerade an einem entsprechenden Entschließungsantrag. Vorstellbar sei aus seiner Sicht ein Rechtsanspruch auf digitale Leistungen –„mit dem Bund als Vorbild“, so Brandl. Auch das Thema Standardisierung würde er gern prominenter platziert sehen.
„Wir können keine Standards ins Gesetz schreiben, aber wir können ein Framework schaffen, auf dem andere aufsetzen können“, sagte dazu Volker Redder, Bundestagsabgeordneter der FDP. Die Vision der FDP sei es, „Governance as a Platform“ zu schaffen, also eine Architektur, auf der Unternehmen für eigene Weiterentwicklungen aufsetzen und ihre Dienstleistungen für den Staat anbieten könn-
ten. Cordula Kießling, Ständige Vertretung der Abteilungsleitung Digitale Verwaltung im Bundesinnenministerium, sagte, dass das OZG-Änderungsgesetz widerspiegle, „was uns die OZG-Umsetzung gezeigt hat, wo wir nachjustieren müssen“. Sie sprach aber auch ein anderes Mammutprojekt an: „Die Registermodernisierung ist viel größer als das OZG!“ Die Modernisierung der Register biete auch nach innen, für die Verwaltungen selbst, große Vorteile hinsichtlich der Datennutzung. Kießling verwies in diesem Zusammenhang auch auf den Zensus – ebenfalls ein Mammutprojekt.
Dringend nötig: Kooperationen
„Wenn wir wollen, können wir richtig gut sein“, sagte Bitkom-Präsi-
dent Ralf Wintergerst. Deutschland sei weltweit auf Platz vier bei den Investitionen in Technologie und Forschung, und genau hier müsse man ansetzen. „Auch die Städte machen Tempo“, betonte er und verwies damit auf den kürzlich erschienenen Smart-CityIndex des Bitkom. Es sei also nicht alles schlecht, aber man müsse investieren und brauche Kooperationen – ein Thema, bei dem quer durch alle Vorträge und Panels Konsens herrschte.
„In Berlin müssen wir dringend zentralisieren und standardisieren“, sagte Martina Klement, CDO von Berlin, und sprach damit auch die vielen Insellösungen in der Berliner Verwaltung an. „Wir haben nur begrenzte Ressourcen. Die Personaldecke ist dünn, die Finanzen begrenzt. Wir sollten gemeinsam an Lösungen arbeiten und nicht jeder für sich“, so Klement. Sie betonte, auch die Prozesse zu begutachten. „Denn ein schlechter Prozess bleibt schlecht, auch wenn er digitalisiert wird.“
Fünf Thesen
Silvia Hennig, Gründerin und Geschäftsführerin des neuland21 e. V., brachte fünf Thesen für eine gelungene Verwaltungsdigitalisierung ins Spiel. Zum einen sollten Verantwortlichkeiten neu verteilt werden. „Digitale Bürgerservices müssen nicht mehr nach dem Territorialprinzip erbracht werden“, sagte Hennig. Es brauche zum Beispiel eigentlich keine örtlichen KfzZulassungsstellen mehr. Dieser Punkt führt zum nächsten, denn Hennig sprach personelle Kapazitäten an, die dadurch freigesetzt würden. Die dritte These: „Smart Cities sind keine Inseln.“ Die öffentliche Förderung müsse Skalierung, Transfer und Rahmenbedingungen fokussieren – „wir müssen das Rad nicht neu erfinden“. Hennigs vierte These bezog sich auf mehr Wettbewerb. „Open Source ist kein Selbstläufer“, betonte sie. Mit offenen Standards und Schnittstellen auf allen Ebenen stärke man die digitale Souveränität und den GovTech-Markt. Fünfte These: Finanzierung. „Wir müssen über Geld reden“, sagte Hennig, „sonst ist die digitale Spaltung vorprogrammiert“.
Dirk Schrödter, Chef der Staatskanzlei in Schleswig-Holstein, sprach auf der Messe unter anderem darüber, was einen digital souveränen Staat kennzeichnet. Er sagte, dass ein Staat sowohl Herr über die Daten, über die kritischen Infrastrukturen als auch über seine digitalen Lösungen sein müsse. Und dazu gehöre auch mehr Wettbewerb und mehr Open Source. „Digitale Souveränität bedeutet, zu gestalten, nicht gestaltet zu werden“, sagte Schrödter. Es brauche offene Standards – „dann wird es gelingen, aus der öffentlichen Verwaltung heraus Innovationen zu treiben“.
Starke Präsenz der Bundes- und Landespolitik
Auf der SCCON stark vertreten war auch die Bundesregierung, es gab Keynotes von Bundesinnenministerin Nancy Faeser, Bundesjustizminister Marco Buschmann, Bundesbauministerin Klara Geywitz, Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und Bundesverkehrs- und Digitalminister Volker Wissing.
In ihrer Keynote forderte Nancy Faeser, deren Haus erneut die Schirmherrschaft für die SCCON übernommen hat, mehr Zusammenarbeit über föderale Strukturen hinweg und stellte klar: „Deutschland kann das.“ Sie sagte aber auch, dass die Herausforderungen in einem föderalen Staat andere seien als in anderen Staaten. Deshalb zeigte sie sich erleichtert darüber, dass der Bund-Länder-Gipfel am Tag vor Beginn der Veranstaltung den Pakt zur Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung beschlossen habe und auch bei der Finanzierung gemeinsam vorangehen wolle. Faeser kündigte außerdem an, dass ab Frühjahr 2024 ein Beratungszentrum für Künstliche Intelligenz aufgebaut werde, um dessen Potenzial auch in der Bundesverwaltung nutzbar zu machen. Die digitalen Spitzen der Länderpolitik zeigten sich am zweiten Messetag bei einem öffentlichen Austausch der Digitalisierungsministerinnen und -minister und untermauerten die Bedeutung der SCCON für die eGovernment-Community. „Die SCCON hat einmal mehr gezeigt, dass der Dialog zwischen Expertinnen und Experten, Unternehmen und Behörden entscheidend ist, um die digitale Transformation erfolgreich voranzutreiben“, resümierte Dr. Mario Tobias, CEO der Messe Berlin. Die nächste SCCON findet vom 15. bis 17. Oktober 2024 wieder auf dem Berliner Messegelände statt. su Smart Country Convention 2023
Mehr Eindrücke
Mehr Bilder von der diesjährigen Smart Country Convention finden Sie in unserer Online-Bildergalerie:
voge.ly/vgltqk2 ]
Digitalministerinnen und -minister im Austausch (v. l.): Dr. Dirk Orlamünder, Dr. Fedor Ruhose, Martina Klement, Christine Richter, Dr. Benjamin Grimm, Prof. Dr. Kristina Sinemus, Stefan Krebs
Beim Popup-Bürgeramt konnten Personalausweise beantragt und die Online-Funktion aktiviert werden – ganz ohne Termin.
Fellowships in den Ministerien
Raus aus der Komfortzone
Mut und Veränderungsbereitschaft sind nötig, wenn Teams aus den Ministerien und externe Fellows die Digitalisierung gemeinsam angehen – doch es lohnt sich.
Öffentliche Verwaltungen sind nicht eben Pioniere der Digitalisierung, das bedeutet aber auch: Der Public Sector kann eine Menge lernen von denen, die schon weiter sind auf dem Weg der digitalen Transformation. Und auf der anderen Seite gibt es Menschen, die mit solchen Transformationsprojekten und agilen Methoden Erfahrung haben und die sich einbringen wollen in die Gestaltung einer modernen Verwaltung. Eine Initiative, die diese beiden Ansätze zusammenführt, ist Work4Germany des DigitalService: Im Rahmen von FellowshipProgrammen arbeiten Experten und Expertinnen für Transformation und New Work aus der Wirtschaft für eine bestimmte Zeit an konkreten Projekten der Bundesministerien mit. Die Programme laufen in einem jährlichen Zyklus von Bewerbungen über Auswahl, Matching, Preboarding und die eigentliche Projektarbeit von September bis Februar bis zur Evaluation.
Wer sind die Fellows?
Motiviert, empathisch und kommunikationsstark sollten die Fellows sein, fit in agilen Arbeitsmethoden, mit mindestens fünfjähriger Berufserfahrung in der Team und Organisationsentwicklung oder Agile Coaching, am besten in größeren und komplexen Transformationsprojekten. Vertiefte Kenntnisse der Verwaltung sind nicht gefordert, wohl aber Interesse an deren Aufgaben und Herausforderungen.
Neben den fachlichen Bewertungskriterien zählen auch „cultural fit“ und „cultural addon“, also inwieweit der Bewerber oder die Bewerberin mit ihren Einstellungen und ihren individuellen Fähigkeiten das Team bereichern.
Auch die Ministerien müssen sich für die Teilnahme am Programm bewerben – aktuell von Januar bis März 2024 für die nächste Runde. Voraussetzung ist, dass sich das Projekt zu Beginn des Fellowships in einer frühen Phase befindet und somit noch genügend Gestaltungsspielraum zur Anwendung der neuen Arbeitsmethoden besteht, auch insgesamt muss das Projekt in den zeitlichen Rahmen von sechs Monaten passen. Die Veröffentlichung der methodischen (nicht der inhaltlichen) Ergebnisse ist eine weitere Bedingung. Wichtige Auswahlkriterien sind politische Priorität, Umsetzbarkeit, Wirksamkeit, aber auch die Motivation der Teilnehmenden.
Als eine besondere Herausforderung wird das Matching beschrieben – das Zusammenbringen von Fellows und Projekten. Fellows sollten in Projekten arbeiten, bei denen sie ihre individuellen Fähigkeiten einbringen können, ohne aber in Interessenskonflikte zu geraten. 2023 wurde diese Zuordnung erstmals nicht mehr an eine
externe Jury delegiert, sondern intern ausgeführt, nachdem in den Jahren zuvor die nötige Erfahrung gesammelt wurde.
Erfahrungen aus den Projekten
„Wie aufgeschlossen, dankbar und mutig sich die Mitarbeitenden auf Neues einließen, wird immer eines meiner Highlights bleiben“, schreibt Lisa Schiemann, die 2022 das BMWKProjekt „Digitales Onboarding neuer Beschäftigter als Fellow begleitete. Im DigitalServiceBlog berichtet sie von einem „Moderationshimmel“, gleichzeitig aber auch von dem Gefühl, durch die detallierten Vorplanungen eingeengt zu sein. Das Spannungsfeld zwischen Struktur und Flexibilität wurde entsprechend thematisiert, geholfen habe die Frage: „Wollt/könnt Ihr Euch überraschen lassen?“ Interviews mit Nutzenden zum Onboarding wurden ergebnisoffen geführt, vorgegeben war nur die Einstiegsfrage. So „unplanmäßig“ in ein Gespräch
im Ministerium zu gehen, sei etwas sehr Besonderes, ein großes Learning gewesen. „Ich hatte immer das Gefühl, dass meine Ideen auf sehr fruchtbaren Boden stießen und mein Referat bereit für Veränderungen und das Ausprobieren neuer Ansätze war“, so die Einschätzung eines weiteren Fellows zum Projekt „Partizipatives Gestalten neuer Prozesse im Personalreferat“, das 2022 im Bundesfinanzministerium durchgeführt wurde. Auch wenn nicht alle Anregungen umgesetzt wurden, es manchmal nicht schnell genug ging: „Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, mutig zu sein und aus meiner Komfortzone herauszugehen“, so sein Fazit.
Gekommen, um zu bleiben Aber was bleibt, wenn ein Projekt abgeschlossen ist, wie nachhaltig sind die Veränderungen und Erfolge? Veränderungen sollen auf allen Ebenen erreicht werden: bei den einzelnen Mitarbeitenden, im Team, in der Organisation. Wie Christian Müller, Programm Lead Work4Germany, erläutert: „Mit der praktischen Befähigung durch die Fellows vor Ort in den Häusern der Bundesverwaltung wollen wir gewährleisten, dass die mitgebrachte Expertise in der Verwaltung bleibt und durch das eigene Erleben und Erlernen der Mitarbeitenden auf lange Zeit genutzt werden kann“.
Fakten
Die Fellowship-Programme von Work4Germany werden seit 2020 jährlich durchgeführt.
Fellowships 2023 Für 2023 hatten sich 37 Projekte aus 15 Ministerien und Behörden beworben. In der Vorbereitungsphase wurden in ca. sechs Wochen 137 Fellow-Bewerbungen bearbeitet.
Die ausgewählten Fellows sind während des gesamten Projekts bei der DigitalService GmbH des Bundes angestellt und werden nach dem Rechtskonstrukt der Arbeitnehmerüberlassung an das jeweilige Bundesministerium entsandt. Die Tätigkeit wird mit ca. 5.400 Euro brutto vergütet. Seit September 2023 laufen insgesamt 19 FellowshipProjekte in verschiedenen Ministerien. Der Fokus lag in diesem Jahr auf Digitalisierungsvorhaben und Projekten zur ministeriellen Gesetzesvorbereitung; dazu gehören: W dieRoadmapDatenkompetenzimBundeskanzleramt, W der ressortübergreifende Aufbau des Dateninstituts beim BMI und BMWK, W „DataHub Community“: agile Methoden für das interne Datenlabor des Bundesgesundheitsministeriums oder W die Konzeption eines Innovation Hubs im Bundesjustizministerium.
W Rollen und Aufgaben klären (Aufgabenboard, „Gebrauchsanleitung für mich selbst“ oder per Rollenklärung);
W Effizientere Regeltermine: moderne Referatsrunde, Spotlights, KOALAMethode oder SprintPlanung;
W Einbindung von Stakeholdern, z. B. durch StakeholdermanagementAnalyse oder Visionsfindung;
Zur Projekt-Halbzeit steht jeweils eine Exkursion an: Fellows und Projektpartner nutzten die letzte Novemberwoche 2023, um außerhalb des Arbeitsumfeldes ihre bisherige Arbeit zu reflektieren.
Auch organisationsübergreifend soll das FellowshipProgramm wirken, denn Ministerien realisierten oftmals ganz ähnliche Projekte, doch: „Sie lernen dabei oftmals weder von noch miteinander“. Durch interministerielle Austausch und Vernetzungsrunden sollen organisationsübergreifendes Lernen, Synergieeffekte und Allianzen gefördert werden. Gleichzeitig stellt sich die Frage, inwieweit auch die erarbeiteten Lösungen von anderen Ministerien nachgenutzt werden können. Wenn etwa in diesem Jahr im Bundesgesundheitsministerium das Stellungnahmeverfahren zu Gesetzgebungsprozessen digitalisiert werden soll, so könnten von einem effizienten Verfahren doch alle Ministerien profitieren? Christian Müller verweist hier auf die Methodensammlung, die im Ergebnis der Fellowships entstand. Wichtig sei, dass die entsprechenden Stakeholder eigenständig die geeigneten Methoden auswählten.
„Eine stärkere Systematisierung würde eine effektive agile Vorgehensweise eher einschränken. Das gilt insbesondere für komplexe Digitalprojekte, die sich im Sinne der Nutzerorientierung schrittweise entwickeln müssen“, so Müller.
Die Methodensammlung findet sich auf der Website des DigitalService. Dort sind die einzelnen Methoden mit SchrittfürSchrittAnleitungen und Praxistipps beschrieben und nach Themenkomplexen zusammengefasst:
W Vorgestellt werden auch CoCreationFormate wie Circle Way, CoKreation Workshops, Conversation Café oder World Café;
W Zielbilder definieren – mit Heldengeschichten, Zukunftsskizzen oder semantischer Analyse; W Nutzerinterviews;
W Prozessanalyse und entwicklung mit MappingMethode, Simulation oder Storyboarding. Und manchmal sind die FellowshipProjekte noch in einem anderen Sinn nachhaltig: Der Fellow, der über seine Erfahrungen im Projekt des BMF und seinen Weg aus der Komfortzone geschrieben hat, ist – Christian Müller. Und er ist nicht der einzige Fellow, der nach dem Programm geblieben ist. nh
Weitere Informationen zu den Fellowship-Projekten finden Sie auf der Website des DigitalService: [ voge.ly/vglvhVy ]
Freunde werden: KI nutzen und an den Feiertagen durchatmen
Wenige Debatten, Diskussionen und Gespräche in diesem Jahr haben sich nicht um Künstliche Intelligenz, Prompts, einhergehende Risiken und Herausforderungen gedreht. Lassen Sie uns also den Anlass der besinnlichen Winterzeit nutzen und die Entwicklungen der letzten Monate reflektieren. Vor diesem Hintergrund wollen wir uns ansehen, was genau eigentlich hinter dem Schlagwort Künstliche Intelligenz steckt – eine einheitliche Definition fehlt bisweilen nicht nur im AI Act – und wollen Potenziale und Möglichkeiten junger Unternehmen erörtern.
In den vergangenen Monaten habe ich immer wieder beobachtet, wie bei Gesprächen rund um Künstliche Intelligenz (KI) Gefahren und Risiken betont wurden. KI als für viele Anwender:innen undefinierbare Masse; undurchsichtiger und potenzieller Ersatz von Menschen. Wenn man es so sieht, ist KI beängstigend. Dabei halte ich es gemeinhin mit Yvon Chouinard, Kletterer und Gründer der Marke Patagonia, der einmal sagte: „Die Angst vor dem Unbekannten ist die größte Angst von allen.“ Deshalb ist es essenziell, zu verstehen, was eigentlich hinter dem Schlagwort KI steckt, um Potenziale zu erkennen und nutzen zu lernen.
Machine Learning
Grundsätzlich beschreibt der Begriff KI eine Vielzahl von Teilbereichen, z.B. Machine Learning (ML), also die Programmierung von Computern mithilfe einer großen Datenmenge (Bilder, Texte, Sprache), um Muster in Datensätzen zu erkennen. Ein Beispiel für die erfolgreiche Nutzung von ML finden wir in Großbritannien, wo der Regierungsdigitalservice (Government Digital Service) in Kooperation mit der Pensionsregulierungsbehörde prädiktive Algorithmen nutzt, um das zukünftige Verhalten der Pensionssysteme zu antizipieren oder um Nutzendenkommentare und anfragen zu automatisieren und zu verarbeiten.
Eine komplexe Form des maschinellen Lernens stellt das sogenannte Deep Learning dar, eine spezifische Form der Informationsverarbeitung. Hierbei werden künstliche neuronale Netze genutzt und zwischen der Eingabe und Ausgabeschicht platziert. Dies wiederum geschieht durch ein kontinuierliches Hinterfragen und eine damit einhergehende Gewichtung von Entscheidungen. Die Maschine lernt, sich ohne menschliches Handeln zu verbessern und Entscheidungen zu treffen.
Generative KI
Auch Generative Künstliche Intelligenz gehört in den Teilbereich des Maschinellen Lernens und beschreibt ein Modell, das lernt, anhand von Beispielen und Trainingsdaten, Inhalte zu generieren.
Diese Ergebnisse können sowohl Texte als auch Bilder oder Programmiercode sein. Das bekannteste Beispiel ist möglicherweise ChatGPT. Aber auch Chatbots, die auf den Webseiten der Bürgerämter Fragen der Bürger und Bürgerinnen beantworten, sind Teil des Bereiches Generative KI. In Anlehnung daran beschreiben
Large Language Modells – große Sprachmodelle – eine spezifische Art der Generativen KI. Diese sind in der Lage möglichst authentisch wirkende Sprache zu erzeugen.
Laut einer Umfrage der Beratungsfirma Strategy& (2023) sehen acht von zehn befragten Personen Risiken in der Nutzung von Künstli
cher Intelligenz und KIgestützten Anwendungen. So stimmen jene Befragte auch der Aussage zu, dass eine unkontrollierte Anwendung von künstlichen Intelligenzen eine potenzielle Gefahr für die Demokratie darstellt.
Bei Risiken und Nebenwirkungen…
Tatsächlich ist das Phänomen von KIgenerierten Falschinformationen ein Problem. Sogenannte Halluzinationen von Sprachmodellen beispielsweise sind Antworten, die wir von einer KI erhalten und die plausibel klingen, inhaltlich allerdings wenig korrekt sind. Zu beobachten ist dies vor allem dann, wenn ein Modell nicht über ausreichend Trainingsdaten verfügt. Langfristig lassen sich Falschantworten laut Google Bericht (2023) nicht ausschließen. Gleichzeitig geben etwa 75 Prozent aller Befragten besagter Umfrage an, dass die Auswirkungen der aktuellen Entwicklungen unvorhersehbar und negative Konsequenzen nicht auszuschließen seien. Auch eine höhere Arbeitslosigkeit halten ebenso viele der Befragten für wahrscheinlich.
Potenziale erkennen und Möglichkeiten nutzen
Vor dem Hintergrund der zu erkennenden Skepsis stellt sich die berechtigte Frage: Warum sollten im öffentlichen Sektor überhaupt KILösungen genutzt werden? Die
Gründe hierfür sind mannigfaltig: Einerseits kann die Nutzung KIgestützter Anwendungen dazu beitragen, Mitarbeiter:innen zu entlasten und Engpässe, die beispielsweise durch den nahenden Fachkräftemangel ausgelöst werden, zu mildern. Wiederkehrende Verfahrensprozesse zum Beispiel können durch KIgestützte Automatisierungen effizienter gestaltet werden.
Ferner ermöglicht die Implementierung KIgestützter Lösungen eine Verbesserung der Services für Bürger:innen. Nicht nur die Qualität von Prozessen kann verbessert, sondern auch Barrieren wie Sprachhürden können abgebaut werden. Des Weiteren ermöglicht die Konsolidierung umfangreicher Dokumente durch KI und die Generierung standardisierter Texte, wie beispielsweise bei Genehmigungsverfahren oder der Erstellung von Ausschreibungsunterlagen, eine Beschleunigung und Erleichterung der Erstellung präziser Leistungsbeschreibungen gemäß festgelegter Kriterien. Das Angebot ist immens: Junge GovTechStartups ebenso wie etablierte Softwarekonzerne entwickeln gleichermaßen innovative, KIgestützte und passgenaue Lösungen, um die digitale Transformation im öffentlichen Sektor voranzutreiben und umzusetzen.
Norwegen
Schauen wir auf konkrete Einsatzgebiete, können wir in Norwegen
sehen, dass Künstliche Intelligenz sich bereits in einigen Teilgebieten des öffentlichen Sektors etabliert hat. So arbeitet der norwegische Zoll beispielsweise mit einer Form des maschinellen Lernens, um Röntgenaufnahmen automatisiert zu interpretieren. Und auch im Bereich der Cybersicherheit findet KI bereits ihren Einsatz: Zum Schutz der nationalen Infrastruktur hat die Norwegische Nationale Sicherheitsbehörde eine Sensortechnologie entwickelt, die ebenfalls mithilfe von Machine Learning arbeitet. Wir sehen: Der Fantasie sind in diesem Kontext kaum Grenzen gesetzt. So wird KI beispielsweise auch in der Nationalbibliothek genutzt, um einen tiefgreifenden Überblick über Text, Bild und Videosammlungen zu erstellen.
KI nutzen – transparent und verantwortungsvoll
Die Anwendungsfelder sind vielfältig und der Balanceakt zwischen Risiko und Potenzial scheint schwer. Aus diesem Grund ist Transparenz unabdingbar – sie schafft Vertrauen. Auch wenn Wieland Holfelder, u.a. Regional CTO Google Cloud Security, überzeugt ist, dass wir kein Vertrauen brauchen, wenn wir Datensicherheit und Funktionsweisen technisch belegen können, muss das bislang vorhandene Misstrauen behoben werden, um KILösungen erfolgreich zu implementieren. Und auch mit Blick auf Regulierungen ist Transparenz unabdingbar. Selbstverständlich gibt es sensible Bereiche, in denen die Nutzung von KIgestützten Lösungen bisweilen heikelscheint.VordiesemHintergrund ist es umso wichtiger, Regulierungen zu etablieren, die alle beteiligten Nutzenden und ihre Bedürfnisse inkludieren.
KI jetzt eine Chance geben, die Aufgaben des Jahres effizient abschließen und zwischen den Feiertagen die Zeit im Familienkreis genießen – klingt gut? Probieren wir es doch einfach aus und geben Künstlicher Intelligenz eine Chance. Oder schließen Sie die Geschenkesuche schneller ab und fragen ChatGPT oder BARD nach dem perfekten Geschenk für den Neffen, die Nachbarin oder den Opa, um die eine oder andere Stunde mehr auf dem Weihnachtsmarkt verbringen zu können.
Ich wünsche Ihnen eine effiziente Vorweihnachtszeit mit vielen besinnlichen Stunden, einen grandiosen Start in das kommende Jahr und allzeit Mut zur Innovation. Ihre Laura Detels
Die Autorin
Laura Detels, zuständig für Regierungsbeziehungen bei der GovMarket GmbH, setzt sich mit ihren Kolleginnen für eine innovative Beschaffung ein, um Start-ups und die öffentliche Verwaltung zusammenzubringen.
Praxis & Innovation
Der Einsatz von Cloud-Lösungen im Public Sector bleibt komplex.
Elektronische Identität
Mehrwerte schaffen
Akzeptanz
Elektronische Identitäten wie die Online-Ausweisfunktion werden kaum genutzt. Es fehlen Umfragen zufolge konkrete Anwendungsfälle, um die Anwendung für Bürger und Bürgerinnen attraktiv zu machen. Doch auch das Marketing lässt zu wünschen übrig. Die EU setzt mit dem European Identity Wallet darauf, schnell Mehrwerte zu schaffen.
Knapp über dreizehn Jahre ist es her, dass die Bundesregierung den Personalausweis mit Online-Ausweisfunktion (eID) eingeführt hat. Heute nutzen diese jedoch gerade einmal 14 Prozent der Bürger und Bürgerinnen. Es fehlt einfach an Anwendungsmöglichkeiten – das bestätigen auch Zahlen aus dem aktuellen eGovernment Monitor: 38 Prozent derjenigen, die zwar über einen einsatzbereiten OnlineAusweis verfügen, ihn aber noch
Verwendungsmöglichkeit des Smartphones als Kartenlesegerät vor wenigen Jahren hervorragend herangereift.“ Das rechtsgültige Online-Ausweisen mit der AusweisApp auf dem Smartphone finde in weniger als 20 Sekunden statt. Zudem sei für alle eID-Dienste nur noch eine PIN nötig. „Damit die Bürgerinnen und Bürger derartige Vorteile erfahren und ein paar neue Handgriffe im Umgang mit ihrem Personalausweis lernen,
„Dass es funktionieren kann, zeigt ein Blick ins Ausland: In Europa ist es insbesondere den baltischen und skandinavischen Staaten gelungen, eID-Lösungen fest zu etablieren. Es zeigte sich, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen Regierung und Wirtschaft ein relevanter Erfolgsfaktor ist. Denn für eine breite Nutzung ist es entscheidend, dass eID-Lösungen branchenübergreifend für eine Vielzahl von Online-Diensten geeignet
nicht genutzt haben, sagen, dass ihnen schlichtweg keine Anwendungsmöglichkeiten bekannt seien. 21 Prozent sehen keinen Vorteil oder Nutzen. „In der Bevölkerung herrscht bis heute große Unkenntnis über die Online-Ausweisfunktion, ebenso schenken viele Menschen dem Online-Ausweis kein Vertrauen. Beides ist unter anderem eine Folge mangelnder Öffentlichkeitsarbeit“, erklärt Frank Dobelmann, Senior Director des Geschäftsbereichs Public von adesso. Auf der anderen Seite sei das Angebot unzureichend. „Es gibt mittlerweile genügend Anwendungsmöglichkeiten, aber die Umsetzung ist wenig nutzerfreundlich. Fazit: Statt einer übergreifenden Verwendung der eID gibt es einen Flickenteppich an Lösungen, eine digitale Identifizierung zu ermöglichen.“ Die Nutzerfreundlichkeit bewertet Rudolf Philipeit, Vorstandsvorsitzender bei buergerservice.org, hingegen positiv: „Die eID in Deutschland ist weltweit eines der besten Produkte für die Sichere Digitale Identität“, stellt er klar. „Die Usability zur eID ist seit der
muss eine nach den Regeln des Marketing professionelle Produkteinführung zur eID und den damit nutzbaren Diensten stattfinden. Die Prämisse dabei muss lauten: eID-digital first.“
Ein Plus an Sicherheit
Diese Einstellung hat auch seine Bewandtnis: Sichere Digitale Identitäten seien schließlich ein Schlüssel zur stärkeren Digitalisierung in fast allen Bereichen von Staat, Gesellschaft und Wirtschaft, so Dobelmann. Zudem seien sie ein effektives Mittel gegen Identitätsdiebstahl und schützten damit Verbraucher sowie Unternehmen und Behörden.
„In Deutschland schicken die Banken und andere große und kleine Institutionen – z. B. Versicherungen, Kommunen, Ärzte, Anwälte und Gerichte – zur Gewährleistung von Sicherheit und rechtlicher Vorgaben in ihren Geschäftsprozessen immer noch Briefe“, führt Philipeit aus. Bei Verwendung der eID könne man die Briefe weglassen und auf eine Ende-zu Ende-Digitalisierung umsteigen.
EUID-Wallet
sind“, so Dobelmann. Als treibende Kraft habe sich dort die Finanzbranche erwiesen, wo ein Großteil der eID-Anwendungen stattfindet. „In Schweden etwa etablierte sich das von mehreren privaten Banken ins Leben gerufene eID-Ökosystem BankID. Aus der Bankenwelt heraus erreichte es in Zusammenarbeit mit dem Staat viele weitere Bereiche. Schnell entstanden Anwendungsfälle bei Behörden und Unternehmen. Nach ihren positiven Erfahrungen im Bankenumfeld waren die Menschen offen dafür, diese Angebote anzunehmen.“
Rainer Binder, Geschäftsführer im Bereich Öffentliche Verwaltung bei Accenture, verweist zudem noch auf den Singpass – Singapore Personal Access –, die digitale Identität von Singapur. Diese habe sich durchgesetzt, obwohl die Bevölkerung des Landes ein hohes Durchschnittsalter aufweise – hierzulande ja oftmals ein Argument gegen digitale Identitäten. Dafür seinen mehrere Faktoren ausschlaggebend: Zum einen seien sie mit einfachen, verständlichen Anwendungsfeldern gestartet. „Zum zwei-
Der eGov-Campus vermittelt Digitalkompetenzen für Verwaltungen.
Rechtsrahmen und Mitwirkungsmöglichkeit
Der Rechtsrahmen für das European Digital Identity Wallet (EUID-Wallet) steht. Künftig soll es EU-Bürgerinnen und -Bürgern dadurch möglich sein, sich bei der öffentlichen Verwaltung, privaten Dienstleistungen, aber auch bei großen OnlinePlattformen – etwa Amazon oder Facebook – zu authentifizieren. Daneben sollen Nutzer mit dem Wallet auch Bankkonten eröffnen, Zahlungen tätigen und digitale Dokumente wie einen mobilen Führerschein, ein ärztliches Rezept, Berufszertifikate oder Reisetickets aufbewahren können. Für die genaue Umsetzung sind die Mitgliedsstaaten jeweils selbst verantwortlich. Das Bundesministerium des Innern und für Heimat hat auch bereits einen ersten Architekturvorschlag vorgestellt und auf der Plattform OpenCoDE veröffentlicht. Dort kann er von Unternehmen, Wissenschaft, Verbänden und Verwaltung sowie interessierten Bürgerinnen und Bürger kommentiert, diskutiert und gemeinsam weiterentwickelt werden. Im Januar 2024 sollen dann in Workshops die Themen Datenschutz und Datensparsamkeit sowie die Ausarbeitung der Wallet-Architektur im Fokus stehen.
ten haben sie ein extrem aktives Change Management betrieben. Und das dritte, bei der Umstellung der Prozesse haben sie den Bürger und Bürgerinnen extrem viel Hilfe angeboten.“
Smart-eID: Gamechanger oder reiner Komfort?
Hierzulande arbeitet man zumindest an einem Aspekt: „Mit der Smart-eID besteht die berechtigte Hoffnung, ein großes Hindernis für den Durchbruch zu beseitigen: Die Nutzerfreundlichkeit“, erklärt Dobelmann. Der Personalausweis käme damit auf das Smartphone. „Das wäre dann eine praktische Lösung mit einem hohen Nutzen für Bürgerinnen und Bürger.“ Philipeit sieht in der Smart-eID jedoch nur eine Komfortfunktion in Ergänzung zur eID auf dem Kartenausweis. „Nur auf wenigen Smartphones kann die Smart-eID genutzt werden. Die Medien werden bei Verfügbarkeit umfangreich berichten, was zur Verbreitung der Bekanntheit der eID beitragen wird.“ Ein Gamechanger sei hierbei jedoch nicht zu erwarten. „Ein tatsächlicher Gamechanger wird mit der EUDI-Wallet kommen.“
EUID-Wallet: Use Cases mit Mehrwert
Dafür lässt die EU in einem Zeitraum von zwei Jahren Anwendungsfälle erarbeiten. „Es gibt insgesamt sechs Use Cases, die aktuell erprobt werden“, so Binder. „Beispielsweise die sogenannte Electronic Driver Licence, also der digitale Führerschein. Weitere beschäftigen sich mit dem Thema Kontoeröffnung und der SIM-Karten-Registrierung im Ausland.“ Dies seien alles Use Cases, die ein hohes Nutzungsvolumen hätten. „Bürger und Bürgerinnen kommen mit diesen Anwendungsfällen im Alltag in Berührung und dadurch können sie wirklich einen Mehrwert stiften“, stellt er fest. Auf der anderen Seite seien es jedoch auch nicht die allerkomplexesten und sicherheitsrelevantesten Fälle –abgesehen von der Eröffnung eines Bankkontos. „Da wurde aus
meiner Sicht ein guter Mittelweg gefunden.“ Bei der Erarbeitung setzt die EU jedoch nicht auf rein politische Vorgaben. „Die Anwendungsfälle werden zusammen mit der Privatwirtschaft erarbeitet. Der Gedanke dahinter ist, dass diese sehr viele Ideen für die Umsetzung haben – nicht nur für die Entwicklung der digitalen Identität, sondern auch in Bezug darauf, Mehrwert zu schaffen“, so Binder. Wichtig sei nur, dass diese Ideen im Rahmen der Projekte nicht verloren gehen, sondern zumindest als Perspektive mitgedacht werden, so dass man sie später weiter ausbauen kann. Jedoch ist die Umsetzung sowie die Teilnahme an den Anwendungsfällen Ländersache. „Deutschland beteiligt sich beispielsweise im Rahmen des Konsortiums – aus meiner Sicht leider – nicht an den Use Cases im Gesundheitswesen“, so Binder. Letztendlich sei das Ziel aber natürlich, dass alle Use Cases über die Grenzen hinaus funktionieren – dafür müssen die unterschiedlichen Wallets, egal ob es sich um die Referenzimplementierung der Kommission oder eine eigens entwickelte Lösung handelt, untereinander kompatibel sein. „Das wird über das sogenannte eIDASFramework und die entsprechende Toolbox, die die technischen Spezifikationen für diese Interoperabilität liefert, sichergestellt“, so Binder. Wenn das klappt, ergeben sich für alle Beteiligten einige Vorteile: Bürger und Bürgerinnen sowie Unternehmen profitieren davon, Anliegen schneller, komfortabler und vielleicht sogar auch rechtssicherer abwickeln zu können. Für den Staat hingegen brächten digitale Identitäten einen Effizienzgewinn. na
Weitere Informationen
Hier können Sie den Architekturentwurf des BMI einsehen:
[ voge.ly/vgl7rJ9 ]
Mehr Details zum EUID-Wallet und den Anwendungsfällen finden Sie hier:
[ voge.ly/vglCrgM ] [ voge.ly/vgliyXZ ]
Digitale Technologien
Zwischen Haben und Wollen
Die Potenziale der Digitalisierung sollten eigentlich bekannt sein – zahlreiche Bürgerinnen und Bürger wissen allerdings nicht um die Möglichkeiten, die sie eröffnet. Trotzdem scheitert der Einsatz digitaler Technologien oftmals schon an anderer Stelle.
Obwohl es zur zeitgemäßen Ausstattung gehört, verfügt nicht jede deutsche Schule über schnelles Internet. Die Grafik zeigt den Anteil der Schulen mit einem Breitband-Anschluss mit einer Geschwindigkeit von mindestens 1.000 Mbit/s.
Die digitale Signatur
Kommunikation mit Behörden
74%
60%
31%
der befragten Fimen müssen häufig bei der Kommuniktion mit Behörden digitale Dokumente ausdrucken.
müssen ebenso häufig analoge wie digitale Kommunikationswege wählen.
der Unternehmen kommunizieren überwiegend digital mit Ämtern und Behörden.
sind gezwungen, überwiegend analog zu kommunizieren.
Digitale Kluft zwischen den Geschlechtern
Frauen schätzen ihre Fähigkeiten bei der Nutzung digitaler Geräte und Anwendungen zurückhaltender ein als Männer.
Sehen Sie sich in der Lage, ...
... eine Mail zu schreiben?
... im Internet nach Informationen zu suchen?
... Kurznachrichten per SMS oder Messenger-Dienst zu versenden?
Quelle: Bitkom
Elektronische Signaturen gewinnen an Akzeptanz. Dabei sind die Anwendungsfälle sehr vielseitig. Dennoch hat noch lange nicht jeder Deutsche bereits Gebrauch von ihr gemacht – vor allem, weil sie noch keine Gelegenheit dazu hatten. Dennoch sind auch Unwissenheit und die Angst vor Identitätsdiebstahl noch ein Hemmschuh.
Quelle: Ipsos im Autrag von Yousign
Quelle: Bitkom
Quelle: Bundesnetzagentur
Forschungswettbewerb der Cyberagentur
Damit Maschinen nicht überlistet werden
Der Forschungswettbewerb Robustes und Sicheres Maschinelles Lernen, das bislang größte KI-Projekt der Cyberagentur, geht in die zweite Runde. Fünf von elf Teams sind noch im Rennen.
„Bevor Maschinen überlistet werden“ – unter dieser Überschrift informierte die Agentur für Innovation in der Cybersicherheit GmbH (Cyberagentur) im April über den Start ihres neuen Forschungswettbewerbs. Im Fokus: Sicherheit und Robustheit neuronaler KI-Systeme gegenüber unvorhergesehenen Inputs – und gezielten Angriffen. Ein Beispiel für solche Angriffe sind
Prompt Injections – manipulierte Befehle, um Sprachmodelle zu unbeabsichtigten, folgenschweren Aussagen zu verleiten, etwa um sich Zugriff auf geheim zu haltende Informationen zu verschaffen. Im Kontext der inneren und äußeren Sicherheit sowie bei kritischen Infrastrukturen könnten solche Angriffe auf KI-Systeme bedrohliche Folgen haben. Hier müsse also beim Einsatz von Maschinellem
Lernen ein Maximum an Sicherheit gegeben sein, argumentiert die Cyberagentur – was aber derzeit nicht gewährleistet sei. Im Lauf des fünfjährigen Forschungswettbewerbs „Robustes und Sicheres Maschinelles Lernen“ sollen daher die wissenschaftlichen Grundlagen für dieses anzustrebende Maximum an Cybersicherheit von KI-Systemen geschaffen und ausgebaut werden.
Wettbewerb der Ideen
Die Cyberagentur setzt dabei auf das Instrument des Pre-Commercial Procurement (PCP), der vorkommerziellen Auftragsvergabe: Dabei entwickeln mehrere Forschungskonsortien parallel ihre unterschiedlichen Ansätze; nach jeder Projektphase werden die Ergebnisse evaluiert, und die besten Projekte kommen in die nächste Runde. Nach diesem Prinzip wurden nun von elf eingereichten Kurzkonzepten die fünf besten ausgewählt. „Wir haben insgesamt eine große Bandbreite an Forschungsansätzen – von Software-Frameworks und Toolkits bis hin zu eher Hardware-zentrischen und algorithmischen Konzepten – erhalten“, sagt Dr. Daniel Gille, Leiter des Projekts und Referatsleiter Künstliche Intelligenz bei der Cyberagentur. Die Auswahl hat die Cyberagentur nicht allein getroffen,
Hintergrund
Während der fünfjährigen Projektlaufzeit sollen sowohl Grundlagen erforscht als auch Prototypen entwickelt werden.
Dabei wurden folgende Forschungsschwerpunkte herausgestellt:
W Datenabsicherung
W Modellverifikation
W Systemeinbettung
W Ende-zu-Ende-Verifikation sowie
W Entwicklung von Hybridmodellen aus neuronalen und symbolischen Komponenten.
zur Jury gehören auch externe Experten: Vertreter des BSI und des Zentrums Digitalisierung der Bundeswehr und Fähigkeitsentwicklung Cyber- und Informationsraum (ZDigBw) „Damit garantieren wir, dass künftige Nutzer der Forschungsergebnisse bereits in den Wettbewerbsprozess eingebunden sind und mit ihrer fundierten und anwendungsnahen Expertise die Forschungsarbeiten zielorientiert begleiten“, so Dr. Gille. In der zweiten Projektphase haben die ausgewählten Konsortien nun ein halbes Jahr Zeit, ihre Langkonzepte auszuarbeiten – die besten drei kommen dann weiter. nh
Exoskelette
Mensch und Maschine –fließende Grenzen?
Zum Cyborg machen sie einen zwar nicht, dennoch bilden Exoskelette eine Symbiose aus Mensch und Maschine. Die von außen am Körper befestigten „Skelette“ können vielseitig eingesetzt werden. Doch welche Potenziale gibt es konkret?
Die Verbindung von Mensch und Maschine durch Exoskelette markiert einen technologischen Meilenstein – ein erster Schritt auf dem Weg hin zu dieser Entwicklung sind Exoskelette. Die biomechanischen Strukturen werden als „äußere Skelette“ am menschlichen Körper angebracht und unterstützen, verstärken oder ermöglichen auf diese Weise unterschiedliche Bewegungen.
Neue Maßstäbe menschlicher Leistungsfähigkeit?
Exoskelette können so körperliche Grenzen überwinden. Sie verbinden die menschliche Anatomie mit den technischen Fortschritten der Robotik und können die physischen Fähigkeiten des menschlichen Körpers erweitern. Durch präzise Sensoren und Motoren erkennen und verstehen Exoskelette die Bewegungen des Trägers, um sie zu verstärken oder zu korrigieren. Diese Technologie findet Anwendung in Bereichen der Medizin, der Industrie und im Militär. In der Medizin unterstützen Exoskelette Patientinnen und Patien-
ten beispielsweise bei der Rehabilitation nach Verletzungen oder Schlaganfällen, indem sie gezielte Bewegungen fördern. In industriellen Anwendungen ermöglichen sie Arbeiterinnen und Arbeitern das Heben schwerer Lasten, wodurch die Effizienz gesteigert und das Verletzungsrisiko minimiert wird. Im militärischen Kontext können Exoskelette Soldatinnen
Bundesrat bremst Gesetzesvorhaben
Exoskelette im Einsatz
Entlastung für DPD-Mitarbeitende
Bei der DPD (Schweiz) AG kamen in Pilotversuchen Exoskelette zum Einsatz. Depotmitarbeitende in den Orten Wittenwil und Buchs wurden dabei jeweils von aktiven und passiven Modellen unterstützt, um schweres Heben zu erleichtern, ihre Kräfte und den Rücken zu schonen und um die Wirbelsäule zu stabilisieren. Insgesamt konnte ein aktives Exoskelett eine Person pro Stunde durchschnittlich um rund eine Tonne entlasten. Dennoch war die Resonanz der Mitarbeitenden durchwachsen, da besonders das Gewicht der Skelette auf Dauer als unangenehm empfunden wurde und bei nur leichtem Heben für eine zusätzliche Belastung sorgte.
Weniger ins Gewicht fiel das bei den passiven Exoskeletten. Da diese eher wie eine Jacke und somit kleiner und leichter sind, sind sie angenehmer zu tragen, jedoch sind auch die Unterstützung und somit ihr Nutzen nicht so groß. Die DPD erklärt außerdem, dass bei beiden Modellen das Anund Ausziehen der Geräte mit viel Aufwand verbunden seien. Zudem benötigten Mitarbeiter eine Schulung, um mit dem Exoskelett richtig umgehen zu können. Zwar beobachte man derzeit den Markt und wie sich positive Effekte weiterentwickeln, jedoch gebe es noch kein aktives Rollout eines Regeleinsatzes der Exoskelette.
und Soldaten mit zusätzlicher Kraft und Ausdauer ausstatten. Dabei unterscheidet man in aktive und passive Exoskelette. Der wesentliche Unterschied liegt dabei darin, auf welche Art und Weise das Gerät den Menschen unterstützt. Aktive Exoskelette nutzen dazu einen Motor, funktionieren mittels Druckluft. Passive Exoskelette hingegen nutzen zur Unterstützung mechanische Komponenten wie Sprungfedern oder elastische Bänder. Dadurch bieten aktive Exoskelette dem Menschen mehr Unterstützung, sind jedoch auch schwerer. Das macht sie nicht nur sperriger, sondern können bei längerer Tragedauer als Last empfunden werden.
Extra Skelett vs. extra Muskeln
Einen neuen Ansatz bei Exoskeletten präsentierte die Firma Myoswiss auf der diesjährigen Medizinfachmesse Medica in Düsseldorf. Der sogenannte Myosuit greift die Idee der Exoskelette auf, folgt jedoch einer anderen Vision. Anders als ein starres Exoskelett, trägt er sich ähnlich wie eine Latzhose und legt sich wie eine Extraschicht Muskeln. Er funktioniert wie eine aktive Orthese, die Menschen mit Mobilitätseinschränkungen in den Beinen das Training von Kraft, Ausdauer und Gleichgewichtsaktivitäten ermöglicht. Dabei unterstützt der Myosuit die vom Nutzer eigens initiierten Bewegungen, indem er schwache Muskelsignale erkennt und durch Orthesenbewegung individuelle Unterstützung und Kraft im Hüftbereich und den Beinen aktiviert. Dabei ist der Anzug sehr handlich und leicht und kann sowohl in der Physiotherapie als auch im Alltag eingesetzt werden. cm
um Krankenhaustransparenzgesetz
Mit knapper Mehrheit blockierte der Bundesrat das Krankenhaustransparenzgesetz und rief den Vermittlungsausschuss an. Die Debatte dreht sich um die Einführung von Leistungsgruppen und deren eilige Umsetzung bis Oktober 2024, während finanzielle Engpässe der Kliniken zusätzliche Spannungen schaffen.
Das war es vorerst mit dem Krankenhaustransparenzgesetz – zumindest in seiner jetzigen Fassung. Mit einer knappen Mehrheit von 35 Stimmen hat der Bundesrat dieses bei seiner Sitzung am 24. November blockiert und den Vermittlungsausschuss angerufen. „Die Intention des Gesetzes ist richtig, aber so, wie es vorgelegt worden ist, schafft es nicht mehr Transparenz, sondern es stiftet Verwirrung“, erklärte der badenwürttembergische Gesundheitsminister Manne Lucha diesbezüglich. Unter anderem stieß die Zuweisung in Leistungsgruppen, die dazu dienen sollen, das Angebot der Häuser differenziert auszuweisen, bei den Ländern auf Kritik, da sich
Bund und Länder über diese gerade erst einigen. Als Blaupause dienen dafür die in NRW eingeführten Leistungsgruppen. Doch gerade der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann mahnte an, dass die geplante Veröffentlichung ab Oktober 2024 zu früh sei. Die Länder, die noch nicht mit der Zuweisung angefangen hätten, bräuchten dafür mindestens zwei oder drei Jahre. Erst wenn diese Zuweisung erfolgt ist, sei so ein Gesetz richtig, erklärte er.
Gleichzeitig wurde mehrfach auf die finanzielle Lage der Kliniken verwiesen. Die Protokollerklärung zum Transparenzgesetz, nach der die Bundesregierung die Landes-
basisfallwerte möglichst ab 1. Juli 2024, spätestens aber ab dem 1. Januar 2025 anpassen will, sei ein Schritt in die richtige Richtung, so Laumann. „Die Protokollerklärung löst die Probleme nicht“, meinte hingegen Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken und betonte: „Wir brauchen erst die Übergangsfinanzierung für die Kliniken, dann die Krankenhausreform und dann kann ein Transparenzverzeichnis kommen.“
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach warnte zunächst noch vor einem Ausbremsen des Gesetzes. Dies ginge auf Kosten der Patienten und Patientinnen, die etwa ein geeignetes Krankenhaus
für eine Krebstherapie suchten. Die Transparenz sei auch ethisch geboten, so der Minister. „Wir haben diese Daten, aber wir nutzen sie nicht.“ Entsprechend enttäuscht zeigte er sich schließlich auch nach der Abstimmung: „Das ist in der Tendenz eine schlechte Nachricht für Patienten. Wir hoffen, dass wir dieses Gesetz jetzt trotzdem zügig durchbringen können.“ Davon hinge auch die Auszahlung der Liquiditätshilfe ab. Nun ist der Vermittlungsausschuss, bestehend aus 16 Bundestagsabgeordneten sowie 16 Vertreterinnen und Vertretern der Bundesländer, gefragt, Vorschläge zur Beilegung des Konfliktes zu machen.
Eine Gesetzesänderung beschließen kann er jedoch nicht. Diese ist nur möglich, wenn sowohl Bundestag als auch Bundesrat den Vorschlag bestätigen. na