Diskurs 28 - Medienkompentenz

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Medienkompetenz


AutorInnen

Seite 04 – 06 AD Herbert Rosenstingl, MA ist ausgebildeter Freizeit- und Medienpädagoge. Er studierte an der Universität Wien und an der Donau-Universität Krems, wo er den Masterabschluss in Applied Game Studies erlangte. Seit 1994 ist er in der Abteilung Jugendpolitik, derzeit im Bundeskanzleramt, tätig. Einer seiner Arbeitsschwerpunkte ist „(digitale) Medien und Jugend“. Er hat die „Bundesstelle für die Positivprädikatisierung von Computer- und Konsolenspielen“ (kurz: BuPP, www.bupp.at) sowie die „Medien-Jugend-Info“ aufgebaut.

Impressum Medieninhaber, Herausgeber: koje - Koordinationsbüro für Offene Jugendarbeit und Entwicklung, Bregenz und aha Jugendinformation Vorarlberg, Dornbirn | Redaktions­ leitung: Regina Sams | Redaktionsteam: Thomas Müller, Michael Rauch, Sabrina Schuetz, Isabel Baldreich - redaktion@ jugend-diskurs.at | Lektorat: Margit Schneider Gestaltung & Illustrationen: chilidesign.at | Coverbild: shutterstock Druck: Vorarlberger Verlagsanstalt GmbH, Dornbirn | Finan­ zierung: Land Vorarlberg - Fachbereich Jugend & Familie Diskurs kostenlos bestellen: abo@jugend-diskurs.at Aktuelle und weitere Infos im Netz: www.jugend-diskurs.at Im Diskurs haben Menschen als AutorInnen Gelegenheit, ihre Interpretationen von Zahlen und Fakten sowie persönliche Meinungen und Haltungen als redaktionellen Beitrag darzustellen.

Seite 07 – 09 Mag.a Dr.in Margarita Köhl, MAS ist wissenschaftliche Projektmitarbeiterin am Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft/Universität Wien und Lehrbeauftragte am Institut für Politikwissenschaft/Universität Wien am Kooperationsschwerpunkt Kunst und Wissenschaft der Paris Lodron Universität und der Universität Mozarteum sowie am Studiengang InterMedia der FH Vorarlberg.

Seite 10 – 11 Michael Rauch, DSA ist Vorarlberger Kinder- und Jugendanwalt.


Inhalt 04 – 06 Medienkompetenz

Vernetzte Jugend zwischen Befreiung und Einschränkung

10 – 11 Rechtliche Aspekte

bei der Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen

12 – 13 Interviews Welche Medien sind für dich wichtig und benutzt du täglich? 14 – 17 Angebote zur Medienkompetenz in Vorarlberg

Kompetent im Leben, kompetent mit Medien (SUPRO) Präventionsprogramme der Polizei Lost in Information (aha)

18 – 19 Digital Scouting 20 – 21 BE FAME

„Digitale Medien- und Informationstechnologien ermöglichen es uns, permanent mit anderen verbunden und ständig up-to-date zu sein, was in unserem engeren, aber auch weiteren sozialen Umfeld passiert“ beschreibt Magarita Köhl in ihrem Artikel.

Eine Ermutigung!

07 – 09 Distanzierte Verbundenheit oder Zwang zur Dauerkommunikation?

Die ersten Worte

Wie viel Klicks bin ich wert?

22 – 23 Infos & Weiterbildungen

Was bedeutet das für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen? Müssen sie immer online sein? Kann das zwanghaft werden? Wie können wir als PädagogInnen, JugendarbeiterInnen, LehrerInnen oder auch Eltern die Jugendlichen zu einem kritischen Medienkonsum bewegen? Diese Diskursausgabe greift diese Fragen auf und versucht Antworten zu geben. Einige Organisationen in Vorarlberg setzten sich mit diesen Fragestellungen bereits intensiv auseinander und haben maßgeschneiderte Workshops rund um die Erlangung von Medienkompetenz entwickelt (S. 14). Ergänzend zum Printmedium finden sich online, im Diskurs-Blog, die vorliegenden und weiterführenden Infos, Fachartikel und Veranstaltungstipps: www.jugend-diskurs.at. Wir wünschen eine interessante Lektüre und willkommene Abwechslung für die screengewöhnten Augen! Sabrina Schuetz für das Redaktionsteam

Alle bisherigen Diskurs-Ausgaben und Abo kostenlos bestellen unter www.jugend-diskurs.at


Medienkompetenz

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Eine Ermutigung!


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In seinem Kern geht der Begriff der Medienkompetenz auf den Erziehungswissenschaftler und Medienpädagogen Dieter Baacke zurück. Dieser hat 1973 seine Habilitationsschrift mit dem Titel „Kommunikation und Kompetenz – Grundlegung einer Didaktik der Kommunikation und ihrer Medien“ veröffentlicht. Medienkompetenz weist nach Baacke vier Dimensionen auf: • Medienkritik, • Medienkunde, • Mediennutzung und • Mediengestaltung.

kompetenz und den vielfältigen Definitionen und Konzepten dazu. Für alle Konzepte von Medienkompetenz gilt, dass diese nicht als etwas Monolithisches verstanden wird. Vielmehr ist sie ein Bündel von Teilaspekten, die situationsspezifisch mehr oder weniger zum Tragen kommen. Medienkompetenz stellt zudem eine – je nach Sichtweise – übergeordnete, untergeordnete oder gleichrangige Kompetenz neben anderen Kompetenzen dar: am häufigsten genannt sind dabei die Kommunikationskompetenz und die Informationskompetenz.

Der Begriff oder besser das Konstrukt verließ die bislang üblichen bewahrpädagogischen Ansätze, also die Fokussierung auf die Kontrolle der Medien zum Schutz der Heranwachsenden. Demgegenüber sah Baacke den (jungen) Menschen als ein selbstbestimmtes und gesellschaftlich handelndes Subjekt. Mehr noch: „Medienkompetenz ist eine moderne Ausfaltung der kommunikativen Kompetenz, über die wir alle schon verfügen“, stellt Baacke fest1. Die Stärkung von Medienkompetenz beginnt also nicht bei null, sondern setzt bei dem an, was bereits gekonnt wird. Es liegt keine grundsätzliche Inkompetenz vor, die es zu kompensieren gilt, sondern eine vorhandene Kompetenz soll gestärkt und zur Entfaltung gebracht werden! Wesentlich ist jedoch, was auch Baake selbst betont: „Diese Medienkompetenz ist ein ‚Globalbegriff‘; er muss konzeptionell und praktisch ausgearbeitet werden.“2

Was bedeutet „kompetent“?

Gemeinsamer Nenner Literatur und Internet bieten eine Fülle an Lesestoff für eine weitere theoretische Auseinandersetzung mit dem Begriff Medien-

Es lohnt sich daher, auch den Begriff der „Kompetenz“ näher zu betrachten. Im Feld der Pädagogik sind mit „Kompetenz“ die Fähigkeit und Fertigkeit gemeint, in einem bestimmten thematischen Gebiet Probleme zu lösen, sowie die Bereitschaft, dies auch zu tun3. In anderen Zusammenhängen, beispielsweise von Odo Marquard für die Philosophie genannt, spielt zudem die „Zuständigkeit“ eine wichtige Rolle4. Kompetent bin ich also dann, wenn es ein Problem5 gibt, es mir zukommt, das Problem zu lösen, ich die erforderlichen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse dafür besitze und ich bereit bin, es auch zu tun. Auch hier gäbe es jede Menge Material, sich vertiefend – und durchaus kritisch – am Kompetenzbegriff abzuarbeiten. Das kann für die Praxis sehr relevant sein, vor allem, wenn mit anderen Einrichtungen kooperiert

wird, die möglicherweise (institutionell bedingt) andere oder sehr spezifische Begrifflichkeiten verwenden.

Einige Fragen Aus dieser Dekonstruktion des Begriffs ergeben sich aber jedenfalls einige interessante Fragen. Bevor die konkreten Bemühungen zur Stärkung von Medienkompetenz konzipiert und im Handlungsfeld umgesetzt werden, ist es sinnvoll, sich (und den Auftraggebenden!) diese Fragen zu stellen: 1. Was können die Jugendlichen bereits? Welche konkreten Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse besitzen sie, die für Medienkompetenz relevant sind? Wie sehen die realen Rahmenbedingungen aus? Was kann von den Jugendlichen erwartet werden? Das Bedienen des Smartphones und chatten, gut. Aber wie ist es mit dem Erkennen von Fake-News? Welche Möglichkeiten haben sie, einem Posting auf den Grund zu gehen? 2. Was können die JugendarbeiterInnen? JugendarbeiterInnen können ganz, ganz viel! Das Tolle an der Sache ist: das, was die JugendarbeiterInnen und das, was die Jugendlichen mitbringen, ergänzt sich (zumindest zum Teil) komplementär! Gerade die (Offene) Jugendarbeit weiß das und praktiziert diesen Ansatz in vielen Feldern seit langer Zeit. Warum nicht auch im Kontext der Medienkompetenz? Die kritischen Fragen der Jugendarbeitsfachperson gemeinsam mit dem Youtube-Kanal des/der Jugendlichen und schon können Loot-Boxes6 mit anderen Gamern diskutiert werden.

Demgegenüber sah Baacke den (jungen) Menschen als ein selbstbestimmtes und gesellschaftlich handelndes Subjekt.


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3. Was ist das Problem? Oder noch besser: wer hat ein Problem? Nicht alles, was besorgte Erwachsene als problematisch wahrnehmen, ist für Jugendliche ein Problem. In manchen medialen Bereichen ist es so, dass die gleiche Situation tatsächlich unterschiedliche „Konsequenzen“ hat – beispielsweise wenn Erwachsene den Verlust von ihnen wichtigen und „lieben“ Dingen beklagen (Sprache, Wissen etc.), die für Jugendliche schlicht keine Bedeutung haben und deren Fehlen auch keine negativen Auswirkungen für die Jugendlichen haben wird. 4. Wer muss das Problem lösen? Ist es vielleicht so, dass immer wieder die Verantwortung der Wirtschaft oder der Gesellschaft auf die einzelnen Jugendlichen abgewälzt wird? Warum sollen Jugendliche alle drei Monate neue Privacy-Einstellungen lernen müssen? Sosehr Medien die Gesellschaft prägen, sosehr sind Medien dabei aber immer auch ein Spiegel für die gesellschaftliche Wirklichkeit. Alle Vorwürfe und Erwartungen, die wir an die Medien oder an einzelne NutzerInnen richten, treffen in gleicher Weise uns selbst und unsere Gesellschaft! Liegt es an den Jugendlichen, Fake-News zu erkennen, wenn gleichzeitig höchste Politik-Kreise mit alternativen Fakten argumentieren?

Baacke, Dieter: Was ist Medienkompetenz? Fünf Statements zu einem facettenreichen Begriff. In: Schell, Stolzenburg und Theunert (Hrsg., 1999): Medienkompetenz. Grundlagen und pädagogisches Handeln, KoPäd Verlag München, S.19 2 Ebd. 3 Vgl. Wolfgang Klafkis Kompetenzmodell der kritisch-konstruktiven Didaktik, https://de.wikipedia.org/wiki/Kompe-

5. Besteht der Wille, das Problem zu lösen? Probleme sind manchmal willkommen! In bestimmten Situationen suchen wir Schwierigkeiten aktiv oder wir akzeptieren bereitwillig negative Folgen. Dies gilt insbesondere dann, wenn es um Spaß und Unterhaltung geht! Medienkonsum hat – nicht nur für Jugendliche – immer auch den Aspekt des Spaßes und der Unterhaltung! Medien machen Spaß und sie sollen es auch dürfen, selbst wenn, oder gerade weil damit ein Problem verbunden ist.

Kernkompetenz der Jugendarbeit Es hieße Eulen nach Athen zu tragen, an dieser Stelle Begriffe wie „Interesse“, „Offenheit“ oder „Lebensweltorientierung“ zu erläutern. Es ist die Grundlage jeder pädagogischen Arbeit, die auch hier gefragt ist! Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Grundlage ist vorhanden. Die Auseinandersetzung kann im Methodenkanon des jeweiligen pädagogischen Settings beginnen. In einem ersten Schritt ergibt sich auch keinerlei „neue“ oder spezifische Anforderung an die pädagogisch handelnde Person! Mit offenem, akzeptierendem Interesse zuhören. Ohne Wertung Fragen stellen. Und so weiter ... In einem weiteren Schritt bedeutet professionelle Jugendarbeit aber auch, dass es wichtig ist, dass sich JugendarbeiterInnen aktiv

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tenz_(P%C3%A4dagogik) (abgerufen: 01.03.2018) Marquard, Odo: lnkompetenzkompensationskompetenz? Über Kompetenz und Inkompetenz der Philosophie. Vortrag im Kolloquium »Philosophie - Gesellschaft - Planung«, Hermann Krings zum 60. Geburtstag, am 28.09.1973 in München. Zitiert aus: Giessener Universitätsblätter; 071; S. 89-99; http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2013/9769/

und selbstreflektiv(!) mit den Phänomenen der Medialisierung und der Digitalisierung unserer Gesellschaft auseinandersetzen.

Du bist nicht allein! Aber Kopf hoch! Seriöse Informationen zum Thema, Ideen für pädagogische Interventionen, fachliche Beratung und Unterstützung – all das gibt es! Eine Liste hilfreicher Seiten im Web findet sich online im Diskurs-Blog und unter www.jugend-diskurs.at/rosenstingl. Und nicht zu vergessen: Ein Austausch im Team und eine regionale Vernetzung können wertvolle Erkenntnisse und Ressourcen bringen. Du bist nicht allein! Die von Baacke geforderte konzeptionelle und praktische Ausarbeitung von Medienkompetenz kann beginnen. Viel Erfolg und viel Spaß dabei! AD Herbert Rosenstingl, MA

Kontakt AD Herbert Rosenstingl, MA Abteilung V/5 – Jugendpolitik Bundeskanzleramt Untere Donaustraße 13-15, 1020 Wien T: 01/ 53115 633247 E: herbert.rosenstingl@bka.gv.at www.bka.gv.at

(abgerufen am 01.03.2018) Um die Dekonstruktion nicht zu weit zu treiben, ist mit „Problem“ hier wertfrei alles gemeint, das einer Aktivität oder Lösung bedarf, wobei die Aktivität oder Lösung mit Schwierigkeiten verbunden bzw. nicht trivial ist. 6 Erklärung siehe: http://bupp.at/de/lexicon/9/letter_l (abgerufen am 01.03.2018) 5


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Distanzierte Verbundenheit oder Zwang zur Dauerkommunikation? Vernetzte Jugend zwischen Befreiung und Einschränkung „Bei mir beginnt es schon in der Früh, wenn ich den Wecker abdrehe, dass ich dann auch gleich schau, wer mir geschrieben hat und dann da gleich schon antworte. Und dann halt am Weg zur Schule, in der Schule halt dann nicht, weil da haben wir ein Handyverbot, das ist auch verständlich und ich finde es eigentlich auch gut. Und dann nach der Schule, also in der Freizeit, schaut man dann wieder und am Abend. In der Nacht schalte ich es auch nicht aus.“ Julia, 14 Jahre Julia ist eine typische Vertreterin der Generation der so genannten Digital Natives (Prensky, 2001), jener jungen Menschen, die bereits mit digitalen Medien- und Informationstechnologien aufgewachsen sind. Dass dieser Begriff angesichts der Heterogenität der Gruppe der jugendlichen NutzerInnen, was ihre Kompetenzen, Präferenzen

und Nutzungsweisen betrifft, zu kurz greift, unterstreichen aktuellere Befunde (Hugger, 2014, S. 21). Treffender als das Narrativ der „Digital Natives“ erscheint der Begriff der Mediengeneration: Menschen bilden auf Basis ihrer Erfahrungen mit bestimmten Medieninhalten und Medientechnologien bestimmte Handlungsstile aus, die sich in Medienpraxiskulturen verdichten (Schäffer & Schorb, 2009). Dennoch – Jüngere nutzen Smartphone und Co. viel intensiver und selbstverständlicher als Ältere (Valkenburg & Peter, 2011), wie auch aktuelle Zahlen zeigen: Während laut Statistik Austria (2017) beinahe alle 16- bis 24-jährigen ÖsterreicherInnen (92 %) das Smartphone nutzen, um auf soziale Netzwerkplattformen zuzugreifen, sind es bei den 45- bis 54-Jährigen nur weniger als die Hälfte (44 %). Digitale Medientechnologien unterstüt-

zen junge Menschen bei der Erfüllung von Grundbedürfnissen – wie jenem der sozialen Anerkennung und Einbettung (Taylor 1997, S. 15). Die Online-Sphäre ist dabei nicht mehr von der „realen Welt“ zu trennen, denn Heranwachsende und junge Erwachsene sind „always on“ (Hepp, 2014a; Würfel & Keilhauer, 2009): Wie wichtig die unmittelbare Verbundenheit ist, zeigt sich daran, dass der Instant Messenger WhatsApp bei österreichischen Jugendlichen zwischen elf und 17 Jahren laut Jugend-Internet-Monitor (2017)1 das meistgenutzte (93 %) und als am wichtigsten eingeschätzte (77 %) soziale Netzwerk ist.

Distanzierte Verbundenheit oder Zwang zur Dauerkommunikation? Digitale Medien- und Informationstechnologien ermöglichen es uns, permanent mit anderen verbunden und ständig up-to-date zu sein, was in unserem engeren, aber auch


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weiteren sozialen Umfeld passiert. Heranwachsende orientieren sich, was ihre Leitwerte und Lebensstile betrifft, vor allem an ihren Peergroups. In Zeiten des Web 2.0 hat sich diese Peergroup-Orientierung stark ins Internet verlagert – Social Media können damit als Super-Peers bezeichnet werden. Zu wissen, was dort vor sich geht, ist entscheidend für die soziale Integration. Umso größer ist die Angst, etwas zu versäumen. FOMO (Fear of missing out) treibt viele NutzerInnen dazu, ständig die Benachrichtigungen auf ihren Smartphones, die neuesten Bilder auf Instagram und den Facebookstatus ihrer FreundInnen zu checken. Immer auf dem Laufenden sein zu müssen, was im digitalen Umfeld passiert, kann auch zwanghaft werden. Denn mittlerweile ist die Smartphone-Nutzung zu einem unbewussten Reflex geworden: Laut einer Studie der Universität (Markowetz, 2015), bei der die Daten von 60.000 Smartphone-NutzerInnen ausgewertet wurden, griffen die TeilnehmerInnen im Schnitt 88-mal am Tag nach ihrem Gerät. Davon entsperrten sie es 53mal, um auf eine App zuzugreifen. Zudem ist durch die mobile Verfügbarkeit sämtlicher Informations- und Kommunikationsdienste auch der Erreichbarkeitsdruck speziell bei den Heranwachsenden gestiegen. Präsenz bedeutet nicht mehr nur physisch anwesend, sondern permanent erreichbar und antwortbereit zu sein, was neue Aufmerksamkeitsregime entstehen lässt. Wer kennt die Situation nicht? Mehrere Personen sitzen beisammen und starren auf ihr Smartphone, interagieren mit „abwesenden Anwesenden“. Häufig überlagern sich somit (ko-)präsente Interaktionssysteme mit medial konstruierten Vergegenwärtigungsformen. Dieses Multitasking kann durchaus zu Konflikten führen, wie folgender Auszug aus einer Gruppendiskussion mit 20- bis 25-jährigen TeilnehmerInnen veranschaulicht:

Anna: „Ich finde es nervig, dass, wenn ich mit irgendwem irgendwo bin, dann ständig irgendein blödes Gerät vibriert und jeder offensichtlich diesen Druck verspürt, das sofort abzurufen und sofort zurück zu schreiben und das ist eigentlich weniger für die Person selbst ein Problem, die das macht, sondern eher für alle anderen, die drum herum sind und das gilt sowohl fürs Arbeitsleben, wie auch fürs Privatleben, dass einen das ständig aus dem Konzept wirft.“ Leonie: „Stimmt, das nervt halt auch einfach, wobei ich auch, ehrlich gesagt, genau dasselbe mache.“

Zeit und Aufmerksamkeit als knappe Güter Junge Menschen navigieren heute von einem kleinen Informationshappen zum nächsten. Besonders beliebt ist die Kommunikation mittels Bildern, welche komplexe Zusammenhänge schneller erfassbar machen und Emotionen und Stimmungen komprimiert vermitteln. Bereits seit einigen Jahren wenden sich Heranwachsende verstärkt sozia­ len Netzwerken mit Bild- und Videofokus zu, während die Popularität von Facebook sukzessive abnimmt, nicht zuletzt, weil sich hier vermehrt die Eltern- und Großelterngeneration aufhält. YouTube (90 %), Instagram (68 %) und Snapchat (65 %) sind bei österreichischen Jugendlichen nach WhatsApp (93 %) die beliebtesten sozialen Netzwerke (Jugend-Internet-Monitor 2017). In unseren informationsdichten Umwelten ist Aufmerksamkeit zu einem raren Gut geworden und gilt als Währung in Social Media. Umso wichtiger ist es für junge Menschen, aufzufallen und das in einer Art und Weise, die bei anderen gut ankommt. Gekonnte Social Media Präsenz und Selbstinszenierung wird belohnt: Dabei gelten „Likes“ als Messlatte für Popularität und soziale Anerkennung. Die Generation „Selfie“ orientiert sich dabei vorrangig an marktförmigen

Immer auf dem Laufenden sein zu müssen, was im digitalen Umfeld passiert, kann auch zwanghaft werden.

Selbstinszenierungen, welche dem Mainstream entsprechen (Großegger 2016). Insgesamt lässt sich mit Hayles (2007, S. 187) ein intergenerationaler Wandel von kognitiven Stilen feststellen: Hyperaufmerksamkeit („hyper attention“) ersetzt dabei tiefe Aufmerksamkeit („deep attention“), wobei erstere durch das schnelle Switchen zwischen Episoden gekennzeichnet ist, letztere die längere Konzentration auf ein Objekt oder einen Kommunikationszusammenhang beschreibt. Auch werden Zwischenzeiten meist mit medienbezogenen Tätigkeiten gefüllt. Langeweile kann dadurch kaum entstehen. Hier lässt sich das Paradoxon erkennen, dass Jugendliche ihren Alltag häufig als zu durchrationalisiert empfinden, jedoch gleichzeitig den Drang verspüren, „leere Zeit“ medial zu „bewirtschaften“. (Grossegger 2014, S. 31) Diese Phänomene können auch als Symptome einer Gesellschaft betrachtet werden, in der Zeitoptimierung als Leitwert gilt. Jugendkulturelle Interpretationen halten der Erwachsenenwelt insofern einen Spiegel vor. Das heißt nicht, dass Jugendliche automatisch Gefahr laufen, „digitales Burn out“ zu erleiden.


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Kontakt Mag.a Dr.in Margarita Köhl, MAS Universität Wien/Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft Währinger Straße 29, 1090 Wien E: margarita.koehl@univie.ac.at www.univie.ac.at/Publizistik/

Referenzen Deutsches Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet (2014): DIVSI U25 Studie. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in der digitalen Welt.

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Großegger, B. (2016): Pics or it didn’t happen. Online unter https://jugendkultur.at/pics-or-it-didnt-happen/, zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018.

Vielmehr zeigt sich, dass sich auch neue Taktiken etablieren, um sich dem allgegenwärtigen Druck der Erreichbarkeit zu entziehen: So gilt es etwa als durchaus gängige Praxis, eine WhatsApp Nachricht nicht zu öffnen, um den Eindruck zu erwecken, diese nicht gelesen/gesehen zu haben. Dennoch wird es immer schwieriger, sich dem ununterbrochenen Informations- und Kommunikationsstrom zu entziehen. Zentrale Fragen in diesem Zusammenhang sind: Wer kontrolliert wen? Wie sieht es mit der (digitalen) Selbstbestimmung aus? Inwieweit sind NutzerInnen in der Lage, die Vernetzungs- und Informationspotenziale im Sinne ihrer gesellschaftlichen Teilhabe zu nutzen?

Digital Literacy und Selbstbestimmung fördern Bereits 2012 titelte die New York Times „Wasting Time is New Divide in Digital Era“. Entscheidend ist, ob digitale Medien- und Informationstechnologien nur für das Zeittodschlagen, das Bekämpfen von Langeweile, zur Unterhaltung genutzt werden oder der Vernetzung, der Aneignung von Wissen und neuen Kompetenzen und dem kreativen Selbst2

ausdruck dienen. Denn die neue digitale Kluft, also die Spaltung zwischen jenen, die die Potenziale vernetzter Technologien für sich nutzen können und jenen, die das nicht können, ist heute nicht mehr ausschließlich eine Frage des (technischen) Zugangs. Vielmehr sind es die Kompetenzen, welche unter dem Konzept der „digital literacy“ zusammengefasst werden, die zukünftig über die gesellschaftliche Teilhabe entscheiden werden. Es hat sich gezeigt, dass bildungsnahe Personengruppen das Internet facettenreicher und kreativer als bildungsferne Bevölkerungsteile nutzen (Livingstone & Helsper 2007, S. 684). Die DIVSI U25 Studie (2015) unterstreicht, dass milieuspezifische Unterschiede, was die Souveränität und Sicherheit im Umgang mit dem Internet betrifft, weiter bestehen. Die Vermittlung von „digital literacy“ im Sinne eines umfassenden Konzeptes, das sowohl technologiebezogene, soziale und kreative Komponenten sowie den bewussten und verantwortungsvollen Umgang mit Informationen umfasst, muss daher ein zentrales Anliegen der Arbeit mit Heranwachsenden darstellen. Mag.a Dr.in Margarita Köhl, MAS

Großegger, B. (2014): Next Generation. Jugend zwischen Problemfall und Hoffnungsträger?, Wien: Institut für Jugendkulturforschung. Hayles, K. (2007): “Hyper and Deep Attention: The Generational Divide in Cognitive Modes” in: Profession, 187-199. Profession, 187–199. Hugger, K.-U. (Hrsg.). (2014): Digitale Jugendkulturen. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden. Jugend-Internet-Monitor (2017) online unter https://www.saferinternet.at/jugendinternetmonitor/, letzter Zugriff 25.02.2018. Ikrath, P. & Speckmayr, A. (2016): Digitale Kompetenzen für eine digitalisierte Lebenswelt. Eine Jugendstudie der AK Wien, durchgeführt vom Institut für Jugendkulturforschung, Wien. Markowetz, A. (2015): Digitaler Burnout, München: Droemer Knaur. Livingstone, S. & Helsper, E. (2007): Gradations in digital inclusion: children, youngpeople and the digital divide. New Media & Society, Vol. 9(4), S. 671–696. Prensky, M. (2001): Digital Natives, Digital Immigrants Part 1. On the Horizon, 9(5), 1–6. Schäffer, B., & Schorb, B. (2009): Mediengenerationen, Medienkohorten und generationsspezifische Medienpraxiskulturen. Zum Generationenansatz in der Medienforschung. In Medien und höheres Lebensalter: Theorie - Forschung - Praxis (S. 31 51). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Valkenburg, P. M., & Peter, J. (2011): Online Communication Among Adolescents: An Integrated Model of Its Attraction, Opportunities, and Risks. Journal of Adolescent Health, 48(2), 121–127.

Befragt wurden 400 Jugendliche im Alter von elf bis 17 Jahren. 2 Richtel, Matt (29. 5. 2015): Wasting Time Is New Divide in Digital Era, online unter http://www.nytimes. com/2012/05/30/us/new-digital-divide-seen-in-wastingtime-online.html, letzter Zugriff 25.02.2018. 1


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Rechtliche Aspekte bei der Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen Neben den jungen Menschen sind auch Erwachsene, insbesondere Eltern und Lehrpersonen mit dieser Thematik befasst und es gibt eine Reihe von Herausforderungen bei der Nutzung von (neuen) Medien.

Ganz allgemein wäre das Einüben von Medienkompetenz und der Erwerb der Fähigkeit, Medien so zu nutzen, dass Inhalte verstanden und kritisch zu bewertet sowie auch rechtliche Rahmenbedingungen beachtet werden, wünschenswert. Nicht alle Kinder und Jugendlichen können von den positiven Aspekten der Digitalisierung im gleichen Maß profitieren. Deshalb braucht es spezifische Schutz- und Fördermaßnahmen. Neben pädagogischen Fragen sind bei jungen Menschen nachfolgende Themen mit Bezug zu rechtlichen Fragestellungen wichtig.

Recht auf das eigene Bild Das Recht am eigenen Bild ist ein Persönlichkeitsrecht und geschützt. Bilder von Personen dürfen nicht veröffentlich werden, wenn insbesondere berechtigte Interessen der/des


11 Abgebildeten verletzt werden. Im Einzelfall kann dies nicht immer eindeutig eingeschätzt werden, sodass sich jedenfalls empfiehlt, in jedem Fall die Zustimmung der/des Abgebildeten einzuholen. Bei Jugendlichen über 14 Jahren ist auch deren Zustimmung einzuholen. Personen, egal welchen Alters, wird empfohlen, sich vor Verwendung und Veröffentlichung von Bildern zu versichern, dass vor allem die Zustimmung zur Veröffentlichung von abgebildeten Personen ebenso vorliegt wie des Inhabers der Rechte auf das Bild.

Recht auf Schutz Die Kinder- und Jugendanwaltschaft macht besonders häufig die Erfahrung, dass der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor pornografischen, rassistischen oder gewalt­ verherrlichenden Inhalten bei der Nutzung des Internets und der Verwendung von Smartphones besonders schwierig ist. Die Verfügbarkeit ist niederschwellig gegeben, Schutz- und Filterprogramme werden häufig umgangen und die Weitergabe und Verbreitung ist problemlos und rund um die Uhr möglich. Das Kinder- und Jugendgesetz verbietet Kindern und Jugendlichen Medien, Gegenstände oder Dienstleistungen, von denen Gefahren für die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen ausgehen, anzubieten, vorzuführen, weiterzugeben oder zugänglich zu machen. Dies gilt besonders auch dann, wenn Gewalt verherrlicht, die Diskriminierung von Menschen aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters, der sexuellen Orientierung, des Geschlechts oder einer Behinderung befürwortet wird oder pornografische Handlungen dargestellt oder vermittelt werden (vgl. Kinder- und Jugendgesetz § 14). Auch wenn Eltern und auch Lehrpersonen nicht zu einer dauernden Kontrolle verpflichtet sind, muss doch das Löschen solcher Inhalte veranlasst werden, wenn dies bekannt wird. Illegale Inhalte auf Handys sollten vor allem dann gemeldet und angezeigt werden, wenn es sich um den Verdacht der Kinderpornografie oder des nationalsozialistischen Gedankenguts handelt.

Cybermobbing Mobbing ist grundsätzlich kein unbekanntes oder neues Phänomen. Wenn einE Schüler­

In gemobbt wird, ist sie bzw. er wiederholt und über einen längeren Zeitraum negativen Handlungen von anderen Jugendlichen ausgesetzt. Ebenso darf als bekannt vorausgesetzt werden, dass mit den sogenannten neuen Medien – die im Übrigen inzwischen bereits so etabliert sind, dass viele Kinder im Volksschulalter damit vertraut sind – Mobbing rund um die Uhr möglich ist. Neben präventiven Angeboten kommt insbesondere der gezielten und konsequenten Intervention zur Beendigung einer Mobbingsituation große Bedeutung zu. Der Übergang zu strafrechtlich relevanten Tatbeständen ist oft fließend und die diesbezüglichen rechtlichen Bestimmungen vor allem bei Jugendlichen weniger bekannt. Beispielhaft und bei der Häufigkeit relevanter seien hier die üble Nachrede, fortgesetzte Belästigung im Wege eines Computersystems (Cybermobbing) oder der widerrechtliche Zugriff auf ein Handy genannt.

Bilder von Personen dürfen nicht veröffentlich werden, wenn insbesondere berechtigte Interessen der/des Abgebildeten verletzt werden.

Umgang mit Medien lernen und üben Der Erwerb von so genannter Medienkompetenz ist ein längerer Prozess und muss von Eltern und pädagogischen Fachpersonen kritisch und geduldig begleitet werden. Beschränkungen oder Verbote bei der Nutzung von Smartphone und Computer sind dabei keinesfalls ein Ersatz für diesen Lernprozess. Auch wenn medienfreie Zeiten durchaus sinnvoll sind und ausgehend von Frankreich die Diskussion über „handyfreie“ Schulen auch Österreich erreichen wird, müssen sich Erwachsene einer veränderten Medienvielfalt für Kinder und Jugendliche stellen. In der pädagogischen Auseinandersetzung und Begleitung soll erreicht werden, dass Kinder und Jugendliche Inhalte einordnen und verarbeiten können. Medienangebote und insbesondere Werbung sollten sie kritisch beurteilen und nicht zuletzt auch die rechtlichen Rahmenbedingungen und Spielregeln kennenlernen. DSA Michael Rauch, Kinder- und Jugendanwalt des Landes Vorarlberg

Kontakt DSA Michael Rauch Kinder- und Jugendanwalt des Landes Vorarlberg Schießstätte 12 (Ganahl-Areal) 6800 Feldkirch T: 05522/84900 E: kija@vorarlberg.at www.kija.at


Interviews Welche Medien sind für dich wichtig und benutzt du täglich?

Pius Himmer, 20 Jahre, Schwarzach In gedruckter Form informiere ich mich jeden Morgen über die Tageszeitung „Der Standard“. Im Laufe des Tages stöbere ich immer wieder durch verschiedenste OnlineNews von Presse, FAZ über VN für regionale News und manchmal auch NYT. Für mich ist es wichtig, Nachrichten aus unterschiedlichen Quellen zu entnehmen, um verschie-

dene Sichtweisen zu erhalten. So bleibe ich über die tagesaktuellen Infos stets auf dem Laufenden. Die sozialen Netzwerke – hauptsächlich Facebook, LinkedIn und Instagram – nutze ich als ergänzende Medien, um mit FreundInnen in Kontakt zu treten oder auch zum Lesen aktueller News von ausgewählten Seiten oder Unternehmen.


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Lea Winder, 18 Jahre, Kennelbach

Tobias Barth, 14 Jahre, Alberschwende

Für mich sind vor allem soziale Medien wichtig, weil ich es spannend finde zu sehen, auf welche Art und Weise sich jedeR Einzelne zum Beispiel auf Instagram durch sein Profil präsentiert, denn es macht mir ja selbst großen Spaß, mich über Instagram oder Snapchat auszudrücken und zu dokumentieren, was gerade in meinem Leben geschieht. Mir ist aber auch wichtig, dass ich dieser virtuellen Realität nicht zu viel Aufmerksamkeit und Zeit schenke, darum folge ich fast nur Menschen, die ich wirklich kenne und mit denen ich im echten Leben auch befreundet bin, mit ein paar wenigen Ausnahmen, wie zum Beispiel Beyoncé. Ich folge Leuten, deren Posts meinen Tag verschönern und mich inspirieren.

Ich nutze hauptsächlich das Internet als Medium. Selten lese ich eine Zeitung. Wenn ich Unterhaltung möchte, schaue ich YouTube und wenn ich mich informieren will oder auf dem neuesten Stand sein will, dann lese ich die digitale „Welt“. Ab und zu lese ich auch eine analoge Zeitung, wenn ich irgendwo eine Zeitung finde. Aber das ist selten. Und ich schaue, nicht täglich aber schon regelmäßig, Tagesthemen, Heute Journal und ZIB.

Letitia Einsle, 14 Jahre, Bregenz

Anton Beer, 16 Jahre, Dornbirn

Meine liebsten Social Media Plattformen sind Snapchat und Instagram. Die lustigen Bilder meiner FreundInnen amüsieren mich immer wieder aufs Neue. Über WhatsApp-Chats halte ich mich und meine Familie auf dem Laufenden, was Neuigkeiten und wichtige Infos betrifft. So wird auch nichts vergessen. Besonders interessant finde ich Reiseberichte aus dem Urlaub. Nach wie vor bevorzuge ich Bücher anstelle eines E-Books und auch Zeitschriften nehme ich gerne zur Hand.

Online Tageszeitungen lese ich über Google News. Da bekomme ich Infos maßgeschneidert auf meine Interessensgebiete. So habe ich vor allem auch Zugriff auf technische Artikel, die ich spannend finde. Soziale Medien wie Instagram, WhatsApp und Twitter benütze ich auch mehrmals täglich. Auf Twitter schau ich in erster Linie die Tweets von Elon Musk und anderen berühmten Personen an. Über Instagram und WhatsApp kommuniziere ich mit FreundInnen und Familie.

Eva Antonia Schweiker, 11 Jahre, Dornbirn Für mich sind WhatsApp, Musical.ly und YouTube sehr wichtig. Über WhatsApp rede ich mit meinen FreundInnen, Musical.ly macht einfach Spaß. So bekomme ich auch mit, was meine FreundInnen machen. Diese beiden Apps benutze ich täglich. Auf YouTube schaue ich mir manchmal Filme an und folge einigen YouTubern. Das mache ich ca. jeden dritten Tag. Außerdem lese ich gerne Bücher. Ich lese E-Books und normale Bücher.


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Angebote zur Medienkompetenz in Vorarlberg


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Kompetent im Leben, kompetent mit Medien Medien – wie Fernseher, Smartphone, Computer oder Tablet – nehmen mittlerweile eine zentrale Rolle im Alltag vieler Menschen ein und sind fester Bestandteil ihrer Freizeitgestaltung. Dadurch haben sich die Anforderungen an die Medienerziehung in den letzten Jahren gewandelt, denn es braucht mehr als nur die Vermittlung von technischen Fertigkeiten und Hintergrundwissen. Eine selbstbestimmte, verantwortungsvolle und kritische Mediennutzung zu entwickeln ist ein Prozess, der durch die Stärkung von Lebenskompetenzen unterstützt werden kann.

läufer wird. Sie kann durch Selektions- und Strukturierungsfähigkeiten mit der Fülle an Informationen umgehen, die täglich auf sie einprasseln und kann diese Inhalte wiederum bewerten, weil sie gelernt hat, kritisch zu denken. Sie darf im echten Leben Anerkennung und Wertschätzung erfahren und muss sich dies nicht im Computerspiel oder durch Selbstpräsentation in sozialen Medien holen. Diese Kompetenzen wirken sich langfristig nicht nur positiv auf die Mediennutzung aus, sondern spielen auch in der Prävention von Gewalt, Sucht oder Suizidalität eine große Rolle.

Gemeinsames Ziel Mit Herausforderungen konstruktiv umgehen Eine lebenskompetente Person kann sich selbst und ihre Gefühle gut wahrnehmen und damit umgehen, sie muss ihren Frust nicht im Internet loswerden. Dafür kennt sie andere Wege. Sie mag sich selbst mit all ihren Stärken und Schwächen und kann auch andere so akzeptieren, wie sie sind. Sie weiß, was sie stresst oder ihr Angst macht und kann das auch ausdrücken. Zum Beispiel, wenn sie im Netz Inhalten begegnet, die sie überfordern, wie Pornographie oder Gewalt. Sie kann sich selbst behaupten, „nein“ und „da mache ich nicht mit“ sagen. Das gibt ihr den Mut, hinzuschauen und Hilfe zu holen, wodurch sie bei (Cyber-)Mobbing-Fällen nicht zum Mit-

Durch ihren regelmäßigen Kontakt mit Jugendlichen kann die Jugendarbeit einen wichtigen Beitrag dazu leisten. Zum einen durch lebenskompetente Vorbilder – denn Vorbilder wirken. Zum anderen dadurch, dass mit Kindern und Jugendlichen zu Themen wie Kommunikation, Selbstwahrnehmung, Empathie, Selbstbehauptung, Umgang mit Stress, Konflikten und starken Gefühlen gearbeitet wird. Die Digitalisierung unseres Alltags wird auch in Zukunft weiter zunehmen, deshalb wird es immer wichtiger, dass wir uns gemeinsam auf den Weg machen, um Kindern und Jugendlichen Orientierungshilfe zu geben und sie bestmöglich auf diese digitale Zukunft vorzubereiten.

Kontakt SUPRO – Werkstatt für Suchtprophylaxe Am Garnmarkt 1 6840 Götzis E: info@supro.at T: 05523/54 941


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Präventionsprogramme der Polizei Die Kriminalprävention mit der Zielgruppe Jugendliche stellt einen wichtigen Teilbereich der polizeilichen Präventionsarbeit dar. Durch die österreichweit einheitliche Umsetzung von Präventionsprogrammen für die Zielgruppe der 13- bis 17-Jährigen kann eine nachhaltige Präventionsarbeit geleistet werden. Diese wichtige Aufgabe leisten mit Beginn des Schuljahres 2017/18 österreichweit insgesamt 300 Präventions- bzw. Polizeibedienstete. Jugendpräventionsprojekte des BMIs in Sachen „Moderne Medien“ sind „Click & Check“ und dessen Zusatzmodul „Cyberkids“. Diese Themenbereiche sind gemeinsam mit dem Programm „All Right – Alles was Recht ist!“ im Gesamtkonzept „UNDER18“ zusammengefasst.

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Kriterien der Programme Die Zusammenarbeit bei der Erstellung der Schulungsprogramme erfolgt eng mit dem Bundesministerium für Bildung. Die Ausbildung der Präventionsbediensteten erfolgt österreichweit einheitlich durch interne und externe Vortragende. Die Programme werden im Mehr-EbenenAnsatz angeboten (Informationsangebote für PädagogInnen und Erziehungsberechtigte sowie in weiterer Folge die Umsetzung der Präventionsprogramme mit den SchülerInnen). Die Programme sind daher nachhaltig und setzen auf eine sehr starke Interaktion mit den Jugendlichen. Das Zusatzmodul CyberKids kann für die Altersklasse von zehn bis 12 Jahren angeboten werden. Das Gewaltpräventionsprogramm „Click & Check“ befasst sich mit der Förderung eines verantwortungsvollen Umganges mit den

digitalen Medien. Darüber hinaus wird ein besonderes Augenmerk auf die präventive Rechtsinformation im Speziellen mit den Jugendschutzbestimmungen gelegt, da Jugendliche in ihren unterschiedlichsten Lebenswelten mit verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen konfrontiert werden. Auch der kompetente Umgang mit digitalen Medien, Hinweise auf Möglichkeiten und Gefahren und eine Sensibilisierung stehen im Fokus. Ziele der Programme sind eine altersangepasste Förderung des Rechtsbewusstseins, die Erarbeitung von Handlungsstrategien für ein positives Miteinander, die Vermittlung von Sachinformation über die Gefahren im Internet, die Förderung des verantwortungsvollen Umganges mit digitalen Medien, die Erweiterung und Verinnerlichung von Handlungsstrategien in sozialen Netzwerken und die Verbesserung der Kommunikationsfähigkeiten in der Interaktion zwischen SchülerInnen, Lehrenden und Erziehungsberechtigten.

Kontakt Bei Interesse kann man sich an die örtlich zuständige Polizeiinspektion wenden.


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Lost in Information Wer von uns war nicht auch schon mal „Verloren in Informationen“? Das dichte mediale Informationsnetz mit seinen vielen dahinterstehenden Interessen kann den Einen oder die Andere schon mal verunsichern. Kann ich jeder Information aus dem Internet trauen? Was sind Fake News und welche Wege gibt es, sie zu entlarven? Lügen Bilder wirklich nie? Wer bestimmt eigentlich, welche Meldungen auf meiner Timeline zu sehen sind? Woher weiß Youtube, was ich mir gestern auf Amazon überlegt habe zu kaufen? Ist der erste Treffer auf Google immer der beste? Fragen über Fragen und das aha nimmt sich diesen an. Mit dem Workshop „Lost in Information?“ lernen Jugendliche sich ihrer eigenen Rolle in digitalen Medien und sozialen Netzwerken bewusst zu werden. Neben der Vermittlung von Kriterien zur Quellenkritik werden auch rechtliche Fragen zu Bild- und Urheberrechten im Workshop thematisiert. Das Recht am eigenen Bild, das Urheberrecht und was in diesem Zusammenhang erlaubt und nicht erlaubt ist, werden intensiv behandelt: Ist es zum Beispiel erlaubt, ein Foto in die WhatsApp Gruppe der Klasse zu posten, wenn jemand darauf peinlich dargestellt wird? Denn, es ist ja nur WhatsApp und „nicht öffentlich“. Das aha klärt auf, welche Schritte zu gehen sind oder an wen sich Jugendliche wenden können, um ein unerwünschtes Bild aus dem Netz zu entfernen. Bildern und Videos im Netz Glaubhaftigkeit zu schenken ist heutzutage gar nicht mehr so einfach. Wie fragwürdige Bilder und Videos nachverfolgt und geprüft werden können, ist mit ein paar Tricks nicht schwer und wird gerne beim Workshop aufgezeigt. Ziel des Workshops ist es, Selbstwirksamkeits-

erfahrung und Partizipation zu ermöglichen und kritisches Denken zu vermitteln, damit der Weg durch den Informationsdschungel erleichtert wird. Jugendliche erarbeiten sich in zwei Schulstunden eine Basiskompetenz im Umgang mit Medien und erhalten Orientierung im Informationsüberfluss. Zielgruppe des „Lost in Information“ Workshops sind 13- bis 15-Jährige Jugendliche.

Surf Smart Der Workshop „Surf Smart!“ wurde für die 5. und 6. Schulstufe (ca. 11-/12-Jährige) entwickelt. Er zeigt den Jugendlichen die kompetente Nutzung von WhatsApp, Snapchat & Co. Jugendliche bewegen sich scheinbar mühelos in digitalen Welten. Der kompetente Umgang mit (neuen) Medien will aber gelernt sein, um die sich bietenden Chancen auch nutzen zu können. Im Workshop „Surf Smart!“ werden Jugendliche dabei unterstützt, eine sichere, faire und kreative Nutzung digitaler Medien zu erlernen. Im ersten Teil des Workshops befassen sich die SchülerInnen intensiv mit den von ihnen genutzten

Apps. Wem gehört denn WhatsApp? Muss ich jede Nachricht auf meinem Smartphone sofort beantworten? Warum muss ich kein Geld dafür bezahlen, um die populärsten Apps zu bekommen? Muss ich stattdessen mit etwas anderem bezahlen? Einzelne Programme werden herausgepickt und zusammen mit den Jugendlichen bearbeitet. Dazu zählt auch die Einstellung der Sichtbarkeit und welchen Stellenwert Privatsphäre bei den Jugendlichen hat. Im zweiten Teil werden neben Tipps zur Online-Recherche und zur Überprüfung der Glaubwürdigkeit von Informationen auch rechtliche Fragen zu Bild- und Urheberrechten besprochen. Darf ich Fotos von anderen Personen in sozialen Medien veröffentlichen? Wie kann ich erkennen, ob eine online gefundene Information wirklich glaubwürdig ist? Und was mache ich, wenn es online doch mal hakt? Die beiden Informationskompetenz-Workshops werden seit dem Frühjahr 2017 angeboten und seitdem konnte das aha schon knapp 1.000 Jugendliche erreichen.

Kontakt aha – Jugendinformationszentrum Vorarlberg 6850 Dornbirn, Bahnhofstraße 12 Saskia Helbok E: saskia.helbok@aha.or.at Judith Thurnher E: judith.thurnher@aha.or.at T: 05572/52212-47

„Der Austausch mit den Jugendlichen formt die Workshops immer wieder neu und es ist uns dadurch möglich, sie laufend anzupassen und aktuelle Trends zu checken.“ Saskia Helbok, aha


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Digital Scouting Die digitalen Medien sind in nahezu jedem Lebensbereich der Gesellschaft bereits zur Alltäglichkeit geworden und sind dort nicht mehr wegzudenken – vor allem auch in der Informationsbeschaffung, also auch der Meinungsbildung junger Menschen.

Was haben die PfadfinderInnen damit zu tun? Da dieser essenzielle Teil im Leben der heutigen Kinder und Jugendlichen in der formalen Schulbildung oft nur unzureichend behandelt wird, sehen wir es als unerlässlich, den Kindern und Jugendlichen die wich-

tigsten Fähigkeiten im Umgang mit neuen Medien auf anderen Wegen zu vermitteln. Die PPÖ (Pfadfinder und Pfadfinderinnen Österreich) haben als non-formale Bildungsorganisation die einzigartige Möglichkeit, Kinder und Jugendliche in ihrem Freizeitumfeld zu begleiten und dabei deren Kompetenzen im Umgang mit neuen Medien in den unterschiedlichsten Situationen des Alltags zu stärken.

Was heißt das jetzt konkret? Als PfadfinderInnen möchten wir Kindern und Jugendlichen vermitteln, wie wichtig es ist,

Informationen – egal woher diese stammen – kritisch zu hinterfragen sowie ihnen wichtige Grundkompetenzen zu den Themen Privatsphäre im Internet und Cybermobbing und dessen Prävention mit auf den Weg zu geben. Deshalb haben sich die PfadfinderInnen Österreichs dazu entschieden, ein neues Projekt zum Thema „Verantwortungsvoller Umgang mit neuen Medien und Informationen“ zu starten. Dazu wird derzeit als erster Schritt in einer offenen Arbeitsgruppe ein Positionspapier erarbeitet, welches die Haltung der PPÖ zum Thema darstellt.


19 Das Hauptaugenmerk wird dabei auf folgende Punkte gelegt: • Benennung der Herausforderungen und Chancen einer zunehmend digitalisierten Welt. • Haltung der PPÖ zu einer durch Internetnutzung und Soziale Medien definierten Lebensrealität junger Menschen. • Klärung des Stellenwertes von Mediennutzung durch Kinder und Jugendliche im Rahmen der pfadfinderischen Aktivitäten sowie von Medienbildung innerhalb der pädagogischen Arbeit der PPÖ. • Anwendung des Pfadfindergesetzespunktes „Der/Die PfadfinderIn überlegt, entscheidet und handelt danach“ auf Fragen der Internet- und Mediennutzung. • Erarbeitung von Möglichkeiten, Medien­ bildung in der PPÖ sowie deren pädagogische Arbeit zu vertiefen. Diese Verschriftlichung soll in die Verbandsordnung der PfadfinderInnen aufgenommen werden und langfristig die Basis für die folgenden weiteren Maßnahmen in der PPÖ sein. • Aufruf zu kritischer, analytischer Auseinandersetzung mit medialen Informationen und deren Folgen. • Er- beziehungsweise Zusammenstellung von Toolkits zur Unterstützung der Arbeit unserer LeiterInnen bei deren Arbeit mit Kindern und Jugendlichen während der Heimstunden (diese werden dann auch öffentlich, im Downloadbereich unserer Website, zugänglich sein, um die Arbeit anderen Jugendorganisationen, Schulklassen, Eltern usw. – welche sich für das Thema interessieren – zu erleichtern). • Klärung des Umgangs mit persönlichen Daten und Privatsphäre unserer Mitglieder in der Öffentlichkeitsarbeit sowie im Medienauftritt der PPÖ und der einzelnen Ortsgruppen. • Aufklärung der Kinder und Jugendlichen über die Gefahren von Cybermobbing sowie die Sensibilisierung unserer Leiter­ Innen zum Thema. Um ein möglichst breites Spektrum der PPÖ abzubilden ist jedeR PfadfinderIn herzlich

dazu eingeladen, seinen/ihren Beitrag einzubringen. Aber auch Anregungen von Außenstehenden sind natürlich jederzeit willkommen, da wir gerne so viel Knowhow in einer Arbeitsgruppe wie möglich vereinen möchten, um zeitgemäße sowie langfristig nutzbare Ergebnisse zu erarbeiten.

Was haben wir bis jetzt erreicht? Um uns dem Thema erstmal zu nähern und uns einen Überblick zu verschaffen, wurden in den letzten Monaten in den einzelnen Bundesländern Workshops und verschiedene Vorträge von den Jugendlichen der einzelnen Landesjugendräte besucht und auch die Arbeit der Bundesjugendvertretung, welche sich in den letzten Jahren intensiv mit dem Thema beschäftigt hat, studiert und nützliche Inhalte in unsere Arbeit mit einbezogen. Diese Angebote wurden von den Jugendlichen sehr interessiert aufgenommen und auch die anschließende Reflektion der Inhalte war sehr positiv. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse nützen wir bei der Arbeit in unseren Arbeitsgruppen, um ein für Kinder und Jugendliche interessantes Endprodukt zu erarbeiten, welches zur selbstständigen Auseinandersetzung mit dem Thema motivieren soll. Auch beschäftigten sich einige Gruppen selbstständig mit dem Thema, wodurch die Bekanntheit des Projektes sehr stark zunahm und wir mittlerweile zahlreiche Expertisen und auch einige inhaltliche Arbeiten anderer Organisationen in unsere Arbeit einfließen lassen konnten. Aber auch einige Veranstaltungen zum Thema, wie der Youth IGF der BJV oder die Digital Youth Work Conference, wurden uns empfohlen, welche wir anschließend erfolgreich unseren Mitgliedern näherbringen konnten.

Als PfadfinderInnen möchten wir Kindern und Jugendlichen vermitteln, wie wichtig es ist, Informationen – egal woher diese stammen – kritisch zu hinterfragen ...

Bei Interesse kannst du dich gerne mit Fragen, Ideen oder anderem an E: jugendrat@ pfadis-vorarlberg.com wenden. Patrick Hochschwarzer, Jugendrat der Vorarlberger Pfadfinder und Pfadfinderinnen

Kontakt Jugendrat der Vorarlberger Pfadfinder und Pfadfinderinnen Patrick Hochschwarzer Martin-Kink-Straße 30, 6890 Lustenau E: jugendrat@pfadis-vorarlberg.com T: 0676/4404436 www.ppoe.at/jugendbeteiligung


Offene Jugendarbeit Hohenems

BE FAME Wie viel Klicks bin ich wert?

Erläuterung Projekttitel: „Berühmtsein“ – bei heutigen Jugendlichen dreht sich alles um das Populärsein bzw. die Anerkennung von außen. Mit dem Begriff „fame“ verbinden die Jugendlichen heutzutage die Beliebtheit im Netz, die sich dann wiederum auf die Anerkennung innerhalb ihrer Peergroup im Alltag der Jugendlichen, auswirkt. Die neuen Medien bieten viele verschiedene Plattformen, die vermehrt als Instrumente zur Messung der Beliebtheit verwendet werden. „Klicks“ auf Bewertungsfeldern, wie bspw. das „gefällt mir“ auf Facebook, sind ein solches Instrument. Diese Klicks werden gesammelt und sind entscheidend für die Selbstdarstellung und das Selbstbild der Jugendlichen. Die Jugend lebt in einer sehr schnelllebigen Ära. Doch was bedeutet diese Schnelllebigkeit für unsere Jugend? Für das einzelne Individuum? Kann man das Leben noch genießen in einer Welt, in der ein virtueller „Like“

mehr als eine reale Umarmung zählt? In der heutigen Zeit, in der es immer weniger funktionierende Elternhäuser, kaum mehr wahre Freundschaften und eine starke Jugendarbeitslosigkeit gibt? Jugendliche flüchten sich immer mehr in sogenannte „Scheinwelten“. Das sind Scheinwelten wie das Fernsehen, Facebook, Instagram, Snapchat usw. Fakt ist, diese Medien existieren und sind aus unserem Alltag auch nicht mehr wegzudenken. Umso sinnvoller ist es, die Jugendlichen über eine sinnvolle Nutzung dieser aufzuklären. Ebenso soll ihnen der Unterschied zwischen Realität und Illusion ein Stück nähergebracht werden. Es ist wichtig, sie in ihrer Persönlichkeit zu stärken.

Die Offene Jugendarbeit greift aktuelle Themen auf Wie in der Jugendarbeit üblich, unterhalten wir uns täglich mit unseren Jugendlichen über verschiedenste Themen und so waren damals Aussagen wie

„Drogenkonsum schadet nicht, denn immerhin hat der Artikel bei Facebook auch über 1.500 Likes“, „Das Lied kann nicht gut sein, es hat nur tausend Aufrufe bei YouTube. Meine Lieder haben Millionen von Aufrufe, d. h. mehr Menschen hören das Lied und deshalb muss es gut sein“, „Sie bekommt bei jedem Bild über fünfzig Likes, ich bekomm nicht mal zwanzig. Sie ist voll beliebt in der Schule“, „Kiffen ist doch normal. Schau mal Instagram an, da sind Leute cool und alle mögen sie“ der Grund für die Konzipierung unseres Projektes „BE FAME – WIE VIEL KLICKS BIN ICH WERT?“. Die Idee war es, sich mit den sozialen Netzwerken (Facebook, Instagram, Twitter, Vines, WhatsApp, Snapchat usw.) auseinanderzusetzen und dabei Themen wie „falsche Darstellung des Selbstbildes, Gewalt, Körperkult, Drogen, Cyber-Mobbing usw. anzusprechen. Wichtig war uns dabei, das Thema aus verschiedenen Positionen und Blickwinkeln zu betrachten. Viele Jugendliche nutzen die sozialen Netzwerke insbesondere, um Beziehungsarbeit zu leisten, FreundInnen kennenzulernen und eine gewisse Form der Anerkennung und Aufmerksamkeit zu erzielen. Diese Netzwerke bieten den Jugendlichen genügend Raum, sich selbst zu „präsentieren“, was


Offene Jugendarbeit Hohenems

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nicht unbedingt heißt, dass sie in „Wirklichkeit“ so sind. Gewalt- und Drogenverherrlichung, Mobbing, Fitness- und Magerwahn sind auf diesen Plattformen mittlerweile täglich Brot. Es gibt kaum mehr einen Unterschied zwischen den Geschlechtern in Bezug auf Konsum, Gewalt und falschen Selbstwahrnehmungen. Hier wäre jedoch ein gefestigtes Selbstbewusstsein gefragt, welches aber zuerst im realen Leben gegeben sein muss, um einen sinnvollen Umgang in den Medien praktizieren zu können bzw. in den sozialen Netzwerken klarzukommen.

Aufbau des Projekts So wurden Anhand von Projekttreffen und Diskussionsgruppen die unterschiedlichsten Themen bearbeitet und eine gemeinsame Strategie entwickelt. Die Offenheit der Projektgruppe führte zu einer ständig veränderten Dynamik, durch den regen Wechsel von Altersklassen und Geschlechtern. Beispielsweise ermöglichte dies eine gravierende Differenz der Jugendlichen und deren unterschiedlichen Generationen im Konsum von sozialen Netzwerken zu erkennen. Hier kristallisierten sich dann zwei Gruppen heraus: Gruppe 1: Jugendliche, die in diese „Medienwelt hineinwuchsen“ – sehen die Entwicklung kritisch.

Gruppe 2: Jugendliche, die in dieser „Medienwelt direkt aufwachsen“, kennen kein Leben „ohne“; sehen eher nur die Vorteile. In Form von Workshops mit ReferentInnen wurde den Jugendlichen Neues eröffnet und vermittelt: Selbstfindungsprozess bzw. Selbstwahrnehmung, Abgrenzung reale und virtuelle Welt, Identitätsfindung, Sicherheit soziale Netzwerke, Gewalt, Aggressionsbewältigung, Drogen- und Alkoholaufklärung, Anerkennung, Wichtigkeit im Leben, Selbsttest „ohne Handy“, Redaktionsgruppe um eigenes zu reflektieren, Raplieder, die jeweils ein Thema aufgreifen, Stärkung des Selbstwertes, Auseinandersetzung Körper‚ ’Wer kann ich sein‘ Visagistin, Haarstyling und Photoshop, Identitätskisten erstellen, Medienspezialist usw. (Genauere WorkshopAusführungen auf Anfrage.) So haben sich auch sechs sehr talentierte Rapper aus der OJAH bzw. dem Rheintal dieser Thematik gewidmet. Wichtig war uns dabei, dass wir sechs Jungs zu diesen Themen sensibilisieren und ihr Talent dann unterstützen und fördern.

Jugendliche für Jugendliche Vielfältige Themen aufzugreifen war hier ein besonders wesentlicher Aspekt für uns. Der

Appell sollte von Jugendlichen an Jugendliche gehen, denn gerade die Rapper haben ihre Fans im „Ländle“ und eine gewisse Vorbildfunktion. In Form von verschiedenen Treffen mit der Gruppe erarbeitete dann jeder einzelne ein Thema zum Projekt „be fame“, welche dann zu einem Lied zusammengetragen wurden. Mit der Hook (dem Refrain) „Lass dich nicht blenden, hör auf dich selbst und versuch zu erkennen zwischen Likes und Fame bist du trotzdem die/derselbe – Mädchen/Junge zieh eine Grenze!“ appellieren die Jungs an die Jugend. Link zum Musikvideo: https://www.youtube. com/watch?v=wo916L2g2tM Generell sind wir froh, dass wir dieses Projekt 2014 in Angriff genommen haben, auch wenn es teilweise für uns ein ganz neues Thema war. Wir sehen aber Veränderungen, teilweise sogar sehr große bei den Jugendlichen bzw. den Teilnehmenden, denen in Form von Workshops und Diskussionsrunden usw. so einiges vermittelt werden konnte. Schön ist es auch in Anbetracht der Tatsache, dass wir ihr Selbstbewusstsein stärken und ihnen das verzerrte Bild von sich selbst abnehmen bzw. verändern konnten. Uns ist bewusst, dass dieses Thema die nächsten Jahre nicht verschwinden wird und stetiger Bearbeitung bedarf. Samantha Bildstein, Offene Jugendarbeit Hohenems

Kontakt Offene Jugendarbeit Hohenems Samantha Bildstein Kaiser Franz Josefstraße. 61, 6845 Hohenems E: samantha@ojah.at T: 0664/88387262 www.ojah.at


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Infos Rechte von Kindern und Jugendlichen Kinderrechte sollen Kindern und Jugendlichen ein Leben in Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit sichern. In der „Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes“ sind die Kinderrechte festgeschrieben. Um Projekte und Initiativen, welche die Rechte von Kindern und Jugendlichen in Vorarlberg bekannt machen und sicherstellen besonders auszuzeichnen, schreibt das Land Vorarlberg und die Kinder- und Jugendanwaltschaft 2018 wieder den „Vorarlberger Kinderrechtepreis“ aus. Der Wettbewerb richtet sich an Kinderbetreuungseinrichtungen, Kindergärten und Schulen, Gemeinden und Städte, Einzelpersonen und private Initiativen, Ehrenamtliche, Vereine und Institutionen. Ausgezeichnet werden Projekte, an denen sich Kinder und Jugendliche beteiligen, die vorbeugend und Schutz bietend sind. Als Preisgeld winken im Gesamten 5.600 Euro für jene Projekte, die von der Jury ausgezeichnet werden! Einreichfrist ist der 13. Juli 2018. Alle Details unter www.vorarlberg.at/familie

Jugendprojektwettbewerb 2018

Jugendredewettbewerb 2018 Andere von der eigenen Meinung zu überzeugen, Argumente klar und präzise ausdrücken und sicher auftreten und Tipps für den Umgang mit Lampenfieber bekommen ... all das können Jugendliche beim Jugendredewettbewerb erfahren (Donnerstag, 05. April 2018 in der Jungen Halle der Frühjahrsmesse „SCHAU!“). Aktuelle Infos unter www.vorarlberg.at/jugend

Eure Ideen sind gefragt! Gesucht werden auch heuer wieder die besten Jugendprojekte aus den Bereichen Jugendkulturen, Lebensraumgestaltung, Soziales usw. An dem Bewerb können Jugendinitiativen, Freundeskreise, Offene und Verbandliche Jugendarbeit, Jugendorganisationen, Vereine, erwachsene InitiatorInnen sowie Gemeinden teilnehmen und insgesamt 4.500 Euro gewinnen. Die besten Projekte können am interregionalen Jugendprojektwettbewerb teilnehmen. Alle Infos unter  www.vorarlberg. at/jugend

Hinweis zum Diskurs „Kinder- und Jugendgesetz“ (Frühjahr 2017) Leider hat sich das Fehlerteufelchen in der Übersicht zum neuen „Kinder- und Jugendgesetz“ eingeschlichen: Unter dem Punkt Ausgehzeiten/Aufenthalt an öffentlichen Plätzen stimmt die erlaubte Zeit für die 12- bis 13-Jährigen nicht. Erlaubte Ausgehzeit ist von 5 bis 23 Uhr (und nicht von 5 bis 22 Uhr). Alle Infos: www.aha. or.at/kiju-gesetz


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Weiterbildungen Das liebe Geld Finanzierungsmöglichkeiten für (Jugend)Projekte Kompakte Informationen zu Unterstützungsmöglichkeiten für Projekte von und mit Jugendlichen. Vom Crowdfunding bis zur EUFörderung, von der Unterstützung für kleine lokale Initiativen bis zur Kofinanzierung für kleinere und größere grenzüberschreitende Kooperationsprojekte im Jugendbereich werden anhand von konkreten Beispielen Finanzierungsmöglichkeiten vorgestellt. Donnerstag, 26. April 2018, 19 – 21 Uhr Ort: aha Liechtenstein, Haus Melliger, Kirchstraße 10, 9490 Vaduz, Liechtenstein Referentinnen: Veronika Drexel, aha Vorarlberg und Virginie Meusburger-Cavassino, aha Liechtenstein Anmeldung: E: ampuls@koje.at, T: 05574/45838 oder E: veronika.drexel@aha.or.at, T: 05572/52212

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Veranstaltungen im Frühjahr 2018 Weitere Veranstaltungen unter jugend-diskurs.at/events

Taking youth work to the digital world

Gutes Gastgeben

Dieser Workshop möchte einen Einblick in gegenwärtige Entwicklungen im Bereich der digitalen Jugendarbeit geben, konkrete Praxis vorstellen und den Teilnehmenden ermöglichen digitale Werkzeuge, die in der täglichen Arbeit nützlich sind, kennenzulernen und auszuprobieren. Wir möchten Lösungen aufzeigen, welche auf die Bedürfnisse sowohl Jugendlicher als auch Erwachsener eingehen, indem wir kreative Wege aufzeigen, wie analoge Aktivitäten in der Jugendarbeit mit digitalen Tools und Apps kombiniert und in die tägliche Arbeit miteinbezogen werden können: „online sein“ als Entwicklungstool um digitale Kreativität zu fördern.

Warum sollen wir in Gruppen arbeiten? Weil in Gruppen mehrere Menschen zur gleichen Zeit am gleich Ort sind. Das gibt uns die besonderen Möglichkeiten, gemeinsam unsere Beziehungen zu pflegen und zu stärken, co-kreativ ein gemeinsames Verständnis für aktuelle Herausforderung von heute zu entwickeln und an neuen Lösungen für morgen zu erarbeiten. Das alles geschieht parallel, an der Schnittstelle von Chaos und Ordnung und braucht einen besonderen „Raum“. In diesem Workshop geht es um die Gestaltungsmöglichkeiten für einen solchen Raum des Austausches und Lernens, die damit verbundene Rolle des Gastgebenden und der Kunst einer vertrauensbildenden Moderation von Gruppen.

Donnerstag, 24. Mai 2018, 17.30 – 20.30 Uhr Ort: Wexelstube Feldkirch, Mühletorplatz 10 Referentin: Martina Nachbaur, Offene Jugendarbeit Dornbirn Anmeldung: E: ampuls@koje.at Achtung begrenzte Teilnehmerzahl!

Mittwoch, 20. Juni 2018, 17.30 – 20.30 Uhr Ort: Hohenems, Marktstraße 7-9 (gegenüber vom Jüdischen Museum) Referent: Mag. (FH) Florian Oberforcher, Büro für Erlebnisgeschichten Anmeldung: E: ampuls@koje.at

Gruppen begleiten und moderieren


DVR 0662321

Österreichische Post AG Info.Mail Entgelt bezahlt

Sollten Sie keine Zusendung des Jugend-Fachmagazins Diskurs wünschen, melden Sie sich bitte unter abo@jugend-diskurs.at oder im aha unter 05572/52212.

Der nächste Diskurs erscheint im Herbst 2018.

Kostenloses Diskurs-Abo bestellen: abo@jugend-diskurs.at Aktuelle und weitere Infos im Netz: www.jugend-diskurs.at

Ausgabe 28, April 2018 www.jugend-diskurs.at


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