Ausgabe 37 November 2022
Fachmagazin Jugendarbeit
Jugendkulturen
Die ersten Worte
Jugendkulturen Jugendliche wollen ihrer eigenen Mentalität und einzigartigen Identität Ausdruck verleihen und sich damit gleichzeitig von den vorherigen Generationen abgrenzen. Das ist ein ganz normaler Entwicklungsprozess, der zum Erwachsenwerden dazugehört. Doch welches sind diese (etablierten?) Kulturen und Subkulturen? Gibt es noch Punks und Gothics, Hipster und Hippies? Schon lange keine mehr gesehen? Kann es sein, dass die Generation Z „nur“ noch in digitalen Jugendkulturen unterwegs ist, sich als E-Boy/E-Girl definiert? Gabi Rohmann (S. 4 – 7) gibt in ihrem Artikel einen breiten Überblick über die Geschichte der Jugendkulturen bis ins Heute. Daniel Hajok (S. 8 – 11) bespricht in seinem Artikel die neuen – digitalen – Vorzeichen der Identitätsbildung und welche Bedeutung diese auf die Sozialisation haben. Danach tauchen wir mit Susanne Studeny (S. 12 – 14) in die Gaming Szene ein. Wie schaut das Freizeitverhalten der Vorarlberger Jugendlichen aus? Die Ergebnisse aus den Vorarlberger Jugendstudien Lebenswelten 2016 und 2020 werden prägnant auf den Seiten 15 – 18 vorgestellt. Um gleich darauf die Jugendlichen selbst zu Wort kommen zu lassen: Wie sehen sie selbst die Szenen? Und was zeichnet die Generation Z aus ihrer Sicht aus? Wir hoffen mit dieser Diskurs-Ausgabe einen weitläufigen Überblick sowie praktischen Einblick geben zu können und wünschen eine stimulative Lektüre. Regina Sams und Sabrina Bürkle-Schütz für das Redaktionsteam
Alle bisherigen Diskurs-Ausgaben und Abo kostenlos bestellen unter www.jugend-diskurs.at
PS: Wir begrüßen ganz herzlich Mag. Christian Netzer, MBA (Kinder- und Jugendanwalt) in unserem Redaktionsteam! Wir freuen uns auf eine aktive Zusammenarbeit! Vielen Dank!
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Autor*innen
Mag.a Gabriele Rohmann, Sozialwissenschatlerin, Journalistin, Mitgründerin und Leiterin des Archivs der Jugendkulturen e.V. Berlin. (S. 04 – 07)
Prof. Dr. Daniel Hajok ist Gründungsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Kindheit, Jugend und neue Medien (AKJM) und Honorarprofessor an der Universität Erfurt. (S. 08 – 11)
Susanne Studeny, MA ist Sozialarbeiterin, Sozialinformatikerin, Wissensmanagerin. Zertifizierte Datenschutzbeauftragte, Zertifizierte eLearning Managerin, Zertifizierte Erwachsenenbildnerin. Forschung und Lehre mit Schwerpunkt Digitalisierung in der Sozialen Arbeit. (S. 08 – 11)
Inhalt 04 – 07 Generation Woke 08 – 11 Digitale Jugendkulturen Identitätsbildung unter neuen Vorzeichen? 12 – 14 Blitzlichter aus der Gaming-Szene Real Life? Ist das nicht das Spiel mit der brutalen Grafik und der miesen Story?
15 – 18 Jugendliche und ihre Freizeit Ergebnisse aus den Vorarlberger Jugendstudien Lebenswelten 2016 und 2020
19 –21 Mein Statement Fühlst du dich einer Jugendszene/Community (online oder offline) zugehörig und wenn ja, welcher? Warum fühlst du dich dieser zugehörig? An welchen Vorbildern orientierst du dich? Was meinst du zeichnet deine Generation (GEN Z) aus?
22 – 23 Manga Bungaku-Sakuru Das japanische Exportprodukt erobert die Welt Praxisbeispiel
24 – 25 Grrrl* Power! Queerfeministische Arbeit mit FLINTA* Jugendlichen – ein Praxisbericht Praxisbeispiel
26 – 27 Infos & Weiterbildungen
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Generation Woke Text Mag.a Gabriele Rohmann
Jugendkulturen heute Vor rund 120 Jahren begann in einigen europäischen Staaten im Zuge der Industrialisierungsprozesse das „gesellschaftliche Moratorium Jugend“, eine „Auszeit“, in der Gleichaltrige Gleichgesinnte suchten und gemeinsam bestimmte Kleidungsstile, Frisuren, Musik, Medien und Haltungen prägten. Erstmalig hatten junge Menschen klassenübergreifend überhaupt Zeit und (Frei)Räume, sich zu treffen, auszutauschen, sich zu vernetzen und Neues auszuprobieren. Schnell entwickelten sich daraufhin Jugendkulturen wie der Wandervogel, Wilde Cliquen, Leipziger Meuten, Wiener Schlurfs, Swingkids und Edelweißpiraten. Es folgten viele weitere Szenen, Subszenen und Trends: Halbstarke und Existentialist*innen, Teds, Mods und Skinheads, Rocker, Hippies
Jugend und Jugendkulturen heute zeichnen sich dadurch aus, dass alles möglich scheint, Chancen und Risiken inklusive.
und Funkies, Metals, Punks und „Grufties“, HipHop, Techno, Jesus Freaks, Ultras oder Dancehall. Heute immer noch populär sind HipHop, Techno, Skaterboarding, Snowboarding, für einige Grunge, Antifa und die Auseinandersetzung mit Riot Grrrls, Girlies, Lady*festen. Zu Beginn des neuen Jahrtausends fielen auffällig androgyn gestylte Visual-Kei-Anhänger*innen und Manga/ Anime bzw. Cosplay ins Auge, hoch im Kurs sind heute K-Pop, Gaming und überhaupt E-Sport. Weitere gesellschaftliche Veränderungen und sich rasant verändernde Medien- und Konsumgewohnheiten brachten schließlich die von Medien so bezeichneten Hipster hervor, ein Phänomen der Gegenwart, in der in Zeiten des Internet, von Social Media und fortgeschrittener Globalisierung Vieles schnell zugänglich, oft geschichtslos kopier- und kombinierbar geworden zu sein scheint. Medienkompetenz als Schlüssel qualifikation Das Internet und Social Media, in dem YouTuber*innen als „neue“ Popstars, Role Models und Influencer*innen jungen Menschen scheinbar unmittelbar auch kulturelle Impulse geben und kulturelle Praktiken mehr oder
weniger kreativ präsentieren, haben eine zentrale Rolle im Leben vieler junger Menschen eingenommen. Das gilt für Vermittlung, Vernetzung und Austausch, aber auch für Gefahren und Belastungen in Hinblick auf Gewalt-, Ideologie- oder Sucht-verherrlichende Haltungen, Hate Speech, Verschwörungserzählungen, gefährliche Challenges, abwertende Pranks und Bullying. Aktuelle Jugendstudien wie die JIM-Studie 2021 (Jugend, Information, Medien) des deutschen Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest stellen einen beunruhigenden Anstieg von Hate Speech, Bullying und Berührungen mit Verschwörungsnarrativen fest. Ein kompetenter Umgang mit und die kritische Reflexion über (Selbst)Repräsentationen, Optimierungswahn, der Umgang mit Fakten, Wahrheit, Kreativität und Abwertungen sind zentrale Herausforderungen sowohl für junge Menschen als auch für Erwachsene. Medienkompetenz ist mehr denn je zu einer zentralen Schlüsselqualifikation für alle geworden. Spiegel und Seismograf der Verhältnisse Jugend und Jugendkulturen heute zeichnen sich dadurch aus, dass alles möglich scheint, Chancen und Risiken inklusive. Die von Ju-
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und politische Bildung und Arbeit. Gerade weil Jugendkulturen nicht für sich und an sich kategorisiert werden können, sondern eine Vielfalt an Engagement, Vorstellungen, Haltungen, Lebensentwürfen, individuellen und sozialen Prägungen, kulturellen Praxen, Vermittlungen, Gestaltungsspielräumen und Risiken enthalten, sind sie wunderbare Orte, um mit jungen Menschen in einen Dialog über politische, historische, soziale und kulturelle Artikulationen zu treten – über Identitäten, Gesellschaft, jugendliche Reflexionen, Risiken.
gendforschern so kategorisierten Generationen x (Jahrgänge 1965 bis 1980), Generationen y (Jahrgänge 1980 bis 1999) und Generationen z (Jahrgänge 1995 bis 2010) geben den Staffelstab an die jeweils Jüngeren weiter. Dabei scheint seit einiger Zeit eine „neue“ Politisierung mit nationalen und globalen Vorbildern wie den Jugendprotest und -kulturpopstars Greta Thunberg oder Billie Eilish deutlich zu werden, in der sich junge Menschen entweder Kultur-übergreifend punktuell, virtuell und analog zu Themen äußern, die sie unmittelbar betreffen – aktuell vor allem über die Klimakrise, Kriege, Pandemien und die Digitalisierung – oder aber empfänglich sind für Hate Speech, Verschwörungsnarrative und politische Radikalisierungen gerade gegen bzw. von rechts. Und schließlich mehren sich Stimmen und Kampagnen, die sich kritisch bis fordernd mit dem Zusammenwirken von Diskriminie-
rungen und Postkolonialismus beschäftigen, dabei Antisemitismus manchmal leider ausblenden und die seit einigen Jahren als Generation Woke gelabelt werden. Bedeutung von Jugendkulturen Doch welche Rolle spielen hier Jugendkulturen? Jugendkulturen oder -szenen werden auch heute noch von jungen Menschen beachtet und (mit)gestaltet. Sie sind immer noch zugleich Spiegel und Seismograf der Verhältnisse, in denen die Menschen leben. Sie sind ein Ergebnis geschaffener, reflektierter und gelebter, auch kultureller Auseinandersetzungen mit ihrer Umwelt. Als solche geben sie Auskunft über die Gesellschaft, ihre Werte, ihre Räume, ihre politischen, sozialen und kulturellen Entwicklungen. Diese Kennzeichen von Jugendkulturen bergen ein großes Potential für die kulturelle, medienpädagogische, sozialpädagogische
Vermittlung und Empowerment Jugendkulturen oder -szenen erfüllen für junge Menschen immer noch wichtige Funktionen. Mit ihnen können Sie sich sowohl von Kindern als auch von Erwachsenen abgrenzen und eigene Räume entdecken und füllen. Sie können Erfahrungen mit Gleichaltrigen oder Peers sammeln, die sie oft ein Leben lang prägen, auf die sie später in Freundschaften oder aber auch in Feindschaften zurückblicken und mit denen sie verbunden sind. In Szenen engagierte Menschen erwerben überwiegend nonformal und informell jenseits schulischer oder familiärer Rahmen Fähigkeiten oder Skills, die für ihre Lebens-, Medien-, Risiko- und Arbeitskompetenz hilfreich und unterstützend, manchmal auch beruflich qualifizierend sein können. Das beginnt beim Organisieren von Treffpunkten, Partys oder Konzerten, geht über die Kommunikation und Gestaltung von Medien, offline von Flyern, Buttons, Badges oder Plakaten, online über das Gestalten und Bespielen von Chats, Social-Media-Kanälen und Charakteren im Gaming, bis zum Mitspielen in einer Band oder dem Filmen und Fotografieren von Szenen-Events. „Do it yourself“ oder „Each one teach one“, das Credo vieler Jugendkulturen, beinhalten
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In Szenen engagierte Menschen erwerben überwiegend nonformal und informell jenseits schulischer oder familiärer Rahmen Fähigkeiten oder Skills, die für ihre Lebens-, Medien-, Risiko- und Arbeitskompetenz hilfreich und unterstützend, manchmal auch beruflich qualifizierend sein können.
viele empowernde, auf Selbstermächtigung und Wertschätzung zielende Faktoren, die jungen Menschen Stabilität geben und sie gerade von gefährdenden Verhaltensweisen wie übermäßigem Alkohol- und Drogenkonsum, Gewalt und menschenfeindlichen Haltungen abhalten können. Wer sich intrinsisch motiviert engagiert und dafür Zuspruch und Wertschätzung erhält, hat deutlich weniger Anlass, den eigenen Frust über das soziale Umfeld oder das Weltgeschehen aggressiv nach außen oder autoaggressiv nach innen zu kompensieren. Weniger Freiräume Allerdings ist es für junge Menschen heute schwieriger geworden, diese Räume als „eigene Räume“ auch jugendkulturell füllen zu können. Denn Jugendkulturen sind gealtert, viele werden von Menschen gestaltet und/ oder konsumiert, prosumiert oder für gut und spannend befunden, die dem Jugendalter längst entwachsen sind. Und auch die fast alle Jugendkulturen berührenden Kommerzialisierungen und deren rasante Vertriebswege online und offline haben ihre Spuren hinterlassen: kaum entdeckt, wird auch schon vermarktet, für die Masse produziert und Generationen-übergreifend kommerziell angeboten, was im Kleinen als
Nische und oft mit antikommerziellem Anspruch von jungen Menschen geschaffen wurde. Ambiguitäten Jugendkulturen sind ambivalent und ambiguitär, denn sie werden von Menschen gestaltet, die ihre individuelle Persönlichkeit und biografische Prägungen in die Kultur miteinbringen. Und so können wir nicht von der einen Hip-Hop-Kultur oder dem Cosplay oder der Ultra- oder der Techno-Szene und von eindeutigen Trends sprechen. Es zeigen sich viele Subszenen, die global und oberflächlich betrachtet von außen homogener erscheinen, als sie lokal von innen gelebt werden. Für die Bildungsarbeit und die Jugendsozialarbeit heißt das, sich mit Jugendkulturen intensiv auseinanderzusetzen, Kenntnisse darüber zu gewinnen, diese immer wieder zu aktualisieren und zu lernen, die Vielfalt, Ambivalenz und Ambiguität von Jugendkulturen und Szenen zu erkennen und sich selbst als ältere Person in Ambiguitätstoleranz zu üben.
Kontakt Mag.a Gabriele Rohmann Archiv der Jugendkulturen e.V. Berlin E gabi.rohmann@jugendkulturen.de Archiv der Jugendkulturen e. V. Das Informations- und Kompetenzzentrum für Jugend-, Pop- und Subkulturen mit Sitz in Berlin sammelt, erforscht und vermittelt seit 1998 Kenntnisse zu Jugendkulturen und deren Lebenswelten. Dabei verfolgt es den Anspruch, eine von Werturteilen freie, dennoch kritische und differenzierte Auseinandersetzung mit Jugendkulturen und Szenen zu ermöglichen. Drei Beispiele für Angebote aus dem Bildungsbereich des Archivs: sUPpress - Medienkompetenz für Engagement und Selbstwirksamkeit: ein Bundesmodellprojekt zu Hate Speech, Verschwörungsphantasien, Desinformationen, Aufmerksamkeitsökonomien im Kontext von Demokratieförderung und Jugendkulturen (www.stand-up-participate.de) Der z-weite Blick: eine Ausstellung, die Einblick in die Problembereiche von Jugendkulturen gibt und den Blick für verschiedene Formen von Diskriminierung schärft. Begleitend dazu gibt es mehrere Publikationen, die es zum kostenlosen Download oder als Print gratis (nur gegen Porto) gibt. (www.der-z-weite-blick.de) Culture on the Road: ein Bildungsprogramm des Archivs mit vielen Workshop- und Vortragsangeboten zu Jugendkulturen, realisierbar in Berlin und im gesamten deutschsprachigen Raum (www.culture-on-the-road.de) Zur Bildungsarbeit gibt es auch zum kostenlosen Download eine umfangreiche Wirkungsanalyse: https://www.jugendkulturen.de/files/ archiv/pdfs/ausstellungen/jugendkulturen-und-gmf.pdf
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Digitale Jugendkulturen Identitätsbildung unter neuen Vorzeichen?
Text Prof. Dr. Daniel Hajok
Jugendfreizeit ist (digitale) Medienzeit! Schon einige Jahrzehnte ist die Freizeit von Jugendlichen entscheidend von Medien geprägt. Fernsehen, Musik hören, Radio, Bücher und die an sie adressierte Magazine hatten von Beginn an einen besonderen Stellenwert. Ab Mitte der 1980er-Jahre tauchte die Jugend immer häufiger in die Welten der Videospiele ein. Mitte/Ende der 1990er-Jahren war sie dann zunehmend von Computer und Internet fasziniert. Mit Smartphones, Tablets, Spielkonsolen auf der einen bzw. den Onlinediensten und Apps auf der anderen Seite stellt sich das Bild nun etwas anders dar: Freizeit ist nicht nur immer mehr Medienzeit. Sie wird auch immer häufiger digital ausgestaltet, ohne dass „klassische“ Medienzugänge vollends an Bedeutung verloren haben. Paradebeispiel sind hier das Radio- und Musikhören sowie das Lesen gedruckter Bücher.
Hauptverlierer der Entwicklungen sind die Treffen mit Freund*innen in den Settings physischen Beisammensein.
Dreh- und Angelpunkt quasi von allem, was Jugend umtreibt, sind heute die Smartphones. Im Alter von neun, zehn Jahren haben in Österreich, der Schweiz und Deutschland die meisten bereits ihr eigenes Gerät und erschließen sich damit unbefangen die digitale Welt. Neben Fernsehen, YouTube und Streamingdiensten werden für die meisten dann auch WhatsApp und SpieleApps alltagsrelevant. An der Schwelle zum Jugendalter taucht die Mehrheit in die Social Media Welten von TikTok ein und ist wenig später auch bei Snapchat und Instagram aktiv. Hauptverlierer der Entwicklungen sind die Treffen mit Freund*innen in den Settings physischen Beisammensein. Sie fanden schon vor Corona immer seltener statt und waren zunehmend digital durchdrungen. Der Digitalisierungsschub in der Lebenswelt Jugendlicher hat sich mit den pandemischen Bedingungen dann noch weiter forciert. Digitale Jugendkulturen? Es steht also außer Frage, dass Medien im Allgemeinen und ihre digitalen Vertreter im Speziellen heute eine große Relevanz im Jugendalltag haben. Besonders markant sind die Veränderungen beim kommunikativen Austausch, der immer seltener faceto-face und immer häufiger via WhatsApp, Instagram, TikTok, Snapchat und in den vernetzten Spielewelten erfolgt. Eng damit
verbunden sind digitale Medien heute unverzichtbares Element von Jugendkulturen. Zwar folgen die meisten Heranwachsenden noch immer bekannten Pfaden juveniler Vergemeinschaftungsformen (Gothic, Hip Hop, Metal, Punk, Skatboarding, Ultras etc.). Sie konstituieren sich heute aber vielerorts im Netz und werden nicht zuletzt dort ausgelebt. Andere Jugendkulturen sind direkt dem Digitalen entsprungen (Beauty-Communities, Demos, E-Sport, Warez etc.) und kaum noch mit der analogen Welt verbunden. Eine Besonderheit bleibt heutigen Jugendkulturen aber gemein: Die Heranwachsenden etablieren hier eigene Handlungs- und Erfahrungsräume, in denen sie unter sich bleiben und sich ‚ungestört‘, also weitestgehend den Einflüssen von Erziehenden und pädagogischen Fachkräften entzogen, austauschen und erproben können. In ihren Netzwerken, Freundeskreisen, Gruppenchats, Clans etc. überwinden die Jugendlichen die zeitlichen, räumlichen und sozialen Grenzen der analogen Welt. Sie müssen nicht zur gleichen Zeit am gleichen Ort sein und können mit Menschen zusammenkommen, denen sie anderswo nie begegnet wären. Die neuen Gruppenzugehörigkeiten sind längst essenziell für das soziale Zusammenleben im Jugendalter und entfalten neues partizipatives Potenzial.
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Zwar folgen die meisten Heranwachsenden noch immer bekannten Pfaden juveniler Vergemeinschaftungs formen (Gothic, Hip Hop, Metal, Punk, Skatboarding, Ultras etc.). Sie konstituieren sich heute aber vielerorts im Netz und werden nicht zuletzt dort ausgelebt. Andere Jugendkulturen sind direkt dem Digitalen entsprungen (Beauty-Communities, Demos, E-Sport, Warez etc.) und kaum noch mit der analogen Welt verbunden.
Online-Communities sind gesellschaftlich relevant! Das Soziale ist mit dem veränderten Zusammenleben der Jugend nicht verschwunden, wie zu Zeiten von SMS, Facebook und SchülerVZ dystopisch prophezeit. Es ist vielmehr immer weiter ins Netz ‚gewandert‘, zu Messengerdiensten und Social Media Angeboten, die Jugendliche als wichtige Orte von Artikulation und Selbstthematisierung, Austausch und Vernetzung etabliert haben. Dabei haben die Jugendlichen auch neue Wege eines partizipativen Medienhandelns beschritten, aus dem eine immer größere gesellschaftliche Relevanz erwächst. Das wird bereits mit den neuen Formen von Information, Orientierung und Wissensaneignung, dem öffentlichen Austausch im Netz und kreativen Selbstausdruck über Texte, Stories, Bilder, Videos etc. deutlich und mit den mediatisierten Formen von Kooperation und Kollaboration offenkundig. Längst macht sich die Jugend aktiv die Möglichkeiten der digitalen Welt zu eigen, um ihre Perspektive in gesellschaftliche Diskur-
se einzubringen, auf soziale, ökologische, politische, globale Probleme hinzuweisen und eigene Vorschläge zur Bewältigung der „großen“ Themen einzubringen. Ihre OnlineCommunities sind der Startpunkt für neue Formen politischer Partizipation, die sich auch in den vorgegebenen (kommerziellen) Strukturen der digitalen Welt ihren Weg bahnen können. Bestes Beispiel ist noch immer die Fridays for Future-Bewegung, bei der sich Heranwachsende gekonnt der Möglichkeiten des sog. Hashtag-Aktivismus bedienen und ihre Sicht auf die Dinge dann mit niedrigschwelligen, lebenswelt- und erlebnisorientierten Beteiligungsformen auf die Straße tragen.
nandersetzung mit den identitätstypischen Fragen (Wer bin ich? Wer will ich sein? Als wen sehen mich die anderen?) für Jugendliche heute ohne Social Media und die Vorlagen der Influencer*innen eigentlich gar nicht mehr vorstellbar. Allerdings unterliegt in den mediatisierten Gemeinschaften jedes noch so kleine Detail von Ich-Erprobung und sozialem Rückkanal den Besonderheiten der digitalen Welt: Persistenz, Duplizier- und Skalierbarkeit sind hier die Stichworte. Das Selbst und die Reaktionen der anderen werden nicht nur sichtbar und öffentlich verhandelt, sondern auch dauerhaft konserviert, auffindbar, kopierbar und in andere Kontexte übertragbar.
Identitätsbildung ganz anders? Sowohl für die Ausbildung einer (einmaligen/besonderen) persönlichen Identität als auch einer (mit anderen geteilten) sozialen Identität sind medial vermittelte Identitätsentwürfe, Wertvorstellungen, gesellschaftliche Ansprüche etc. längst unabdingbar. Getreu dem heutigen Motto „Sein heißt, medial stattzufinden“ ist die aktive Ausei-
Identitätsbildung im Netz ist noch aus ganz anderen Gründen ein risikoreiches Unterfangen. Denn hier ist das Streben nach Aufmerksamkeit – als grundlegendes menschliches Bedürfnis – die zentrale Währung kommerzieller Verwertbarkeit. Dies lässt nicht nur ganze Serverstädte heiß laufen, sondern treibt die Jugend fast schon ungebremst in den Wettstreit um Beachtung. Der
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Druck, sich sichtbar zu machen und von den (vielen) anderen abzuheben, evoziert nun mal auch exzessives Onlinehandeln bzw. das Austesten und Überschreiten von Grenzen. Mit seinen ökonomischen Prinzipien geht es im Netzwerkkapitalismus ohnehin nicht um das kritisch-reflexive Subjekt, sondern um das sich situativ-anpassende, flexible Individuum: Auch die Jugend soll sich den (jeweils) neuen Marktentwicklungen anpassen, sich nicht allzu sehr an Ort und Zeit binden und Fragmentierung ihres Lebens als Gewinn verbuchen.
Der Druck, sich sichtbar zu machen und von den (vielen) anderen abzuheben, evoziert nun mal auch exzessives Onlinehandeln bzw. das Austesten und Überschreiten von Grenzen.
Einflüsse in allen Bereichen der Persönlichkeitsentwicklung! Mit digitalen Medien steht nicht nur die Identitätsbildung Jugendlicher unter neuen Vorzeichen. Vielmehr ist die Aneignung der neuen Möglichkeiten auch in anderen markanten Bereichen der Entwicklung und Sozialisation mit je spezifischen Chancen und Risiken verbunden. Dies lässt sich bei der körperlichphysiologischen, kognitiven, sprachlichen, sexuellen, sozialen und ethisch-moralischen Entwicklung ebenso beobachten wie bei der religiösen und politischen Sozialisation. Mögliche positive und negative Einflüsse auf die Persönlichkeitsentwicklung sind allerdings keine Einbahnstraße von Medienwirkungen, sondern das Resultat eines mehr oder minder komplexen Zusammenspiels von medialen, situativen, individuellen und sozialen Faktoren, die obendrein noch gesellschaftlich gerahmt sind. Entscheidend ist also die Frage, was die Jugendlichen aus dem breiten Angebot an Medien auswählen, wie sie es im Alltag vor dem Hintergrund ihrer individuellen Dis-
positionen und Vorerfahrungen nutzen und im sozialen Umfeld, allen voran den Peers, verhandeln. Da liegt es dann nahe, dass die Nutzung gut gemachter Aufklärungs- und Beratungsangebote die Entwicklung einer selbstbestimmten und gleichberechtigten Sexualität befördern kann, dem widersprechende Erfahrungen mit Pornografie und sexueller Gewalt sexualethisch desorientieren oder nachhaltig gefährden können. Im Hinblick auf die ethisch-moralische Entwicklung ist wiederum relevant, ob die beliebten Influencer*innen die „erwünschten“ Werte und Normen selbstverständlich vorleben oder Devianz und Delinquenz als erfolgreiches Handeln propagieren. Und für die politische Sozialisation sind die Diskurse in den eigenen Echokammern und Filterblasen der Social Media Welt längst von besonderer Relevanz.
Kontakt Prof. Dr. Daniel Hajok E: daniel.hajok@uni-erfurt.de
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Blitzlichter aus der Gaming-Szene Real Life? Ist das nicht das Spiel mit der brutalen Grafik und der miesen Story?
Text Susanne Studeny, MA
Jugendliche spielen online mit Gleichgesinnten und arbeiten im Team, um Erfolg zu haben. Wer sich unsozial verhält, wird aus der Gruppe ausgeschlossen. Spielende nehmen im Team eine wichtige Rolle ein. Videospiele sind sozial und kommunikativ!
wie Angehörige anderer Jugendszenen. Sie verbringen den Großteil ihrer Freizeit mit Freund*innen und Bekannten. Die Gaming-Szene kommuniziert weltweit und beschränkt sich nicht auf virtuelle Kontakte. Es hat sich ein realer Szenetourismus von Ort zu Ort etabliert. Gaming vergrößert den Freundeskreis und schafft zusätzliche Anreize für neue persönliche Kontakte. (vgl. Großegger, Heinzlmaier 2004, S. 114f)
Mysterium Gaming-Szene? Die Gaming-Szene ist in sich äußerst inhomogen. Gamer*innen unterscheiden sich nach Alter, Geschlecht, Herkunft, Bildung, Familie, etc. Diese Jugendlichen sind genauso intensiv in Peergroups eingebunden
Bei den 16- bis 29-Jährigen beträgt der Anteil der Gamer*innen 88 Prozent, davon sind 48 % weiblich. „Gaming“ steht auch für den Austausch mit Gleichgesinnten über Spielinhalte, gemeinsame Spielerfahrungen und
das Gefühl, zu einer Gruppe dazuzugehören. Gemeinsam fiebern sie neuen Spieletiteln entgegen und schauen Streams von anderen Gamer*innen an. Für Jugendliche ist ein solches Gemeinschaftsgefühl von großer Bedeutung und bietet hohes Identifikationspotential. In Spielgemeinschaften lernen sie mit Kritik umzugehen, müssen Regeln aushandeln und werden dazu befähigt, Verantwortung zu übernehmen. Organisatorisches Geschick ist ebenso notwendig wie taktisches und vernetztes Denken. (vgl. Kruse 2021) Die Jugendlichen erfahren hohe Wertschätzung über ihre Leistungen im Spiel. (vgl. Lutz 2019, S. 23)
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In Spielgemeinschaften lernen sie mit Kritik umzugehen, müssen Regeln aushandeln und werden dazu befähigt, Verantwortung zu übernehmen. Die Community von Guild Wars 2 organisiert jedes Jahr einen „Pride March“ durch die Spielwelt Tyria. Als ein Spieler aus Ultima Online verstarb, hielt die Community eine Trauerfeier im Spiel ab. Spielende von Elite Dangerous arbeiteten mit dem Entwicklerteam zusammen, um einem sterbenden Jungen die letzten Tage in seinem Lieblingsspiel zu verschönern. Die Initiative Extra Life hat seit 2008 mehr als 70 Millionen US-Dollar für kranke Kinder über Streams gesammelt. Allerdings führen mangelnde Strukturen auch zu Rassismus, Homophobie, Transfeindlichkeit und Mobbing. Auf der Spieleplattform Steam finden sich zahlreiche Communities mit verfassungsfeindlichen Symbolen und extremistischen Inhalten. (vgl. Zimmermann/ Falk 2020, S. 148-149)
Kulturgut Gaming? Jugendkultur Gaming-Szene? In Deutschland gilt das Computerspiel seit 2008 offiziell als Kulturgut. Auch die US-Library of Congress in Washington D. C. hat Computerspiele 2006 zu einem bedeutsamen Kulturgut ernannt. Das heißt, dass sich im Medium Computerspiel kulturelle Errungenschaften unserer Gesellschaft widerspiegeln und digitale Spiele selbst Kulturstifter geworden sind. (vgl. Rheingans 2014, S. 55) Gaming definiert die zeitgenössische Jugendkultur maßgeblich mit. Das gemeinsame Erleben, die gemeinsame Sprache
und das verbindende Wissen über Symbole, Codes, Verhalten und Habitus sind die Grundlage jugendkultureller Ausdrucksformen. (vgl. Großegger 2022, S. 8) Spielkulturen, aber auch Themen der Realität und der Politik, fließen in die Entwicklung des Spiels ein und wirken auf die Spielenden. In Videospielen werden nicht nur Normen und Werte kommuniziert, sondern auch Stereotypen und Mythen reproduziert. Ein Paradebeispiel dafür ist die Rolle der Frau in Spielen. (vgl. Rosenstingl/Mitgutsch 2010, S. 13f) Sexismus und toxisches Verhalten in der Gaming-Szene „Geilen Knackarsch hast Du da, Süße!“ Solche Kommentare muss sich Gnu anhören. Sie ist die erste deutsche Streamerin mit über einer Million Abonnements. Sie spielt Videospiele und kommentiert das Spielgeschehen für ihr Publikum. In einigen ihrer Videos zitiert sie aus den Tausenden toxischen Kommentaren auf ihrem Kanal: „Du bist eine Missgeburt!“, „Du kannst eh nicht spielen, zieh Dich aus, Du bist doch eine Frau, zeig Melonen.“ (vgl. Nowak 2021) 72 % der Frauen im Spiel Overwatch verbergen ihr Geschlecht aus Selbstschutz beim Spielen. 80 % der Frauen haben bereits Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts erfahren, aber nur 27 % der Männer. Besonders schlimm betroffen sind Spiele wie League of Legends und Dota 2, aber auch Overwatch und Rainbow Six Siege. (vgl. Zauner 2021) Frauen, wie Anita Sarkeesian, die sich im Bereich Sexismus im Gaming engagieren, werden täglich beleidigt und bedroht. In einer Facebook-Gruppe haben Männer den Klub „Ligue du LOL“ gegründet und dort digitale Attacken gegen Frauen koordiniert. (vgl. Peteranderl, 2019)
Fallout 76 und Warframe sind eine Ausnahme. Spielende geben sich gegenseitig Tipps und helfen Neulingen mit wichtigen Items weiter. Grund dafür: kein offener PvPModus. Wer andere angreift, richtet kaum Schaden an, bis der angegriffene Spieler dem Kampf zustimmt. (vgl. Dietrich 2021) Warum wird gespielt? Videospiele ermöglichen es, in fantastische Welten einzutauchen und verschiedene Identitäten anzunehmen, dem Alltag zu entfliehen und Dinge zu tun, die im realen Leben nicht möglich sind. Macht und Kontrolle spielen eine wichtige Rolle: Wer spielt, ist am Drücker. Ziel ist es, das Spiel in den Griff zu bekommen. Games schaffen ein Gefühl der Zugehörigkeit und sorgen für gemeinschaftliche Erlebnisse. (vgl. Jugend und Medien) Bestimmte Mechaniken kommen in vielen Spielen vor und wirken motivierend: Belohnung, Wettbewerbscharakter, Teamgedanke, Storytelling, Schwierigkeitsstufen, Trial-and-Error-Prinzip. (vgl. Schmidt, 01) Wer Herausforderungen im Spiel meistert, hat ein intensives Erfolgserlebnis und gesteigertes Selbstwertgefühl. Insbesondere im Bereich der Ego-Shooter gelten innerhalb der Szene Spitzenteams als Vorbilder.
Videospiele ermöglichen es, in fantastische Welten einzu tauchen und verschiedene Identitäten anzunehmen, dem Alltag zu entfliehen und Dinge zu tun, die im realen Leben nicht möglich sind.
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eSportler*innen bringen eine gute Hand-Augen-Koordination, hohe Reaktionsgeschwindigkeit, räumliches Orientierungsvermögen, taktisches Spielverständnis, Durchhaltevermögen sowie vorausschauendes und laterales Denken mit. Die Wettbewerbe werden vor Live-Publikum gespielt und per Stream übertragen. Preisgelder und Zuschauerzahlen steigen von Jahr zu Jahr. Das WM-Finale von „League of Legends“ in Peking verfolgten 80.000 Zuschauer vor Ort mit, über 40 Millionen vor den Bildschirmen. Stream it! Bekannte Streaming-Plattformen sind YouTube und Twitch. Sie bieten Unterhaltung und einen authentischen Praxiseindruck der Spiele. Während die Streamenden Games zocken, an Turnieren teilnehmen oder über ihr Leben sprechen, sehen ihnen Tausende live zu. (vgl. Müller 2022, Schmidt 02) Zusehende können in Echtzeit miteinander diskutieren, Streamenden ihre Wünsche und Anregungen mitteilen und den Verlauf des Streams beeinflussen. Der Zuspruch des Publikums ist für Streamende ein wichtiger Bestandteil ihrer Tätigkeit. Streamende haben großen Einfluss auf Jugendliche. Es bilden sich Communities, Fanclubs, etc. Die Stars der Streaming-Szene erreichen ein Millionenpublikum. Wenn sie öffentlich auftreten, ähneln diese Events Rockkonzerten, wo Tausende kommen, um „ihre“ Gaming-Idole zu sehen. Viele nutzen ihre Bekanntheit für Charity-Events, greifen wichtige gesellschaftliche Themen auf und
Mahdi Chaghari | unsplash.com
eSport – kann man das ernst nehmen? Sie sind die Elite der Gamer*innen und nehmen an Turnieren, Ligen und anderen Wettbewerben teil. Für eine erfolgreiche Karriere ist physisch und mental viel Training notwendig. In Österreich gibt es ca. 50.000 eSportler*innen. (vgl. Müller 2022) Der professionelle eSport ist für Frauen schwer zu erreichen – nur etwa 5 % sind weiblich. Hindernisse sind fehlende Vorbilder, fehlende Perspektiven und mangelndes Verständnis der Gaming-Community. (vgl. Zauner 2021)
diskutieren darüber mit ihrer Community. Oft nicht ohne Folgen. Besonders weibliche Streamende haben immer wieder Probleme mit Sexismus, Stalking etc.
Voraussetzung sind funktionierende, moderne Computer und eine schnelle Internetverbindung. (vgl. Beranek 2014, S. 92)
Jugendarbeit und Gaming Die Jugendarbeit braucht bedarfsorientierte Konzepte und eine professionelle Haltung auf Basis der aktuellen Spieleforschung. Gaming bietet die Möglichkeit, aktuelle gesellschaftliche Themen wie Inklusion, Integration, Sexualität oder Gender anzusprechen. Zentrale Anknüpfungspunkte sind die Interessen und die Kompetenzen von spielbegeisterten Jugendlichen. (vgl. BjR 2020) Die Jugendlichen bewegen sich in virtuellen Welten. Nimmt man die Jugendlichen in ihrer Lebenswelt ernst, muss man ihnen ein entsprechendes Angebot machen, das an ihren Interessen anknüpft. (vgl. Beranek 2014, S. 91)
Kontakt: Susanne Studeny, MA E: info@sainetz.at www.sainetz.at
Der Hauptpunkt, der einen Computerraum in der Offenen Jugendarbeit spannend macht, ist die Möglichkeit, gemeinsam mit mehreren Personen zur gleichen Zeit, im gleichen Raum, das gleiche Spiel online zu spielen.
Tipp: Einen Einblick in die Gaming-Szene gibts beim am.puls Webinar mit Susanne Studeny am Donnerstag, 1. Dezember 2022. Weitere Infos auf Seite 27.
Fakten: Weitere Informationen, Literatur, Projekte, Videos, Artikel etc. sind auf dem folgenden Padlet verfügbar, welches regelmäßig aktualisiert wird: https://padlet.com/SaiNetz/SA_Gaming Literaturangaben: Zu finden unter: www.jugend-diskurs.at/gaming
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Jugendliche und ihre Freizeit Ergebnisse aus den Vorarlberger Jugendstudien Lebenswelten 2016 und 2020
Text Mag.a Katharina Meusburger & Mag.a Martina Ott, MA
Freie Zeit neben dem Schulalltag eröffnet Heranwachsenden Freiräume und Gestaltungsmöglichkeiten. Jugendliche bestimmen weitgehend selbst, ob sie ein Instrument lernen, freie Zeit mit Freund*innen verbringen, einen Sport ausüben oder etwas anderes tun. Bei der Gestaltung der freien Zeit können Jugendliche die Fähigkeit erwerben, auf ihre Umwelt einzuwirken und diese nach eigenen Bedürfnissen zu gestalten (Mataloni, 2021). Sie selbst entscheiden, was sie in dieser Zeit tun wollen und welches Ziel sie dabei
verfolgen. Bei sportlichen Tätigkeiten kann dies vom spielerischen Sporterleben mit anderen Jugendlichen bis hin zur körper- und fitnessbezogenen Selbstoptimierung reichen (Neuber et al., 2021). Wie sieht das nun bei Jugendlichen in Vorarlberg aus? Wie viel Zeit haben sie, über die sie selbst bestimmen können? Mit wem wollen sie diese Zeit verbringen und wie nutzen Jugendliche diese Gestaltungsfreiräume? Der Beitrag liefert einen Einblick in die Freizeitgestaltung von Jugendlichen in Vorarlberg und verweist auf Veränderungen des Freizeitverhaltens in den letzten Jahren. Zur Beantwortung dienen repräsentative
Befragungsdaten zweier Jugendstudien zu den Lebenswelten von jungen Menschen in Vorarlberg aus den Jahren 2016 und 2020 (Böheim-Galehr & Kohler-Spiegel, 2017; Jugendforschung Pädagogischer Hochschulen Österreichs, 2021).
In beiden Befragungen haben jeweils über 1.600 Schüler*innen der 8. bis 10. Schulstufe teilgenommen.
Jugendliche haben im Schnitt an einem Wochentag neben der Schule etwa vier Stunden, über die sie selbst verfügen können.
Grafik 1: Freie Zeit nach Geschlecht Wie viel freie Zeit hast du an einem durchschnittlichen Wochentag, über die du selbst bestimmen kannst?
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n: 2016 weiblich 1.057 | 2016 männlich 1.022 | 2020 weiblich 863 | 2020 männlich 808
5
14 9 8 7 6
6
2016 2020 2016 2020
weiblich 18 11
mehr als 6 Stunden
männlich in %
16
Wie viel freie Zeit haben Jugendliche im Schnitt? Bildung und ein guter Abschluss sind den Jugendlichen sehr wichtig und somit investieren sie viel Zeit in die Ausbildung. Jugendliche haben im Schnitt an einem Wochentag neben der Schule etwa vier Stunden, über die sie selbst verfügen können. Im Geschlechtervergleich fällt auf, dass Mädchen durchschnittlich knapp eine halbe Stunde weniger freie Zeit haben als Jungen. Mädchen besuchen häufiger höhere Schulen, die wiederum mit höherem Lernaufwand verbunden sind, und sie helfen etwas häufiger Zuhause mit (Böheim-Galehr & Kohler-Spiegel, 2017). Werden die Jahre 2016 und 2020 miteinander verglichen, so zeigt sich, dass vor allem in der Kategorie derjenigen, die über sehr viel freie Zeit verfügen, eine Zunahme an Freizeit sowohl bei weiblichen als auch männlichen Jugendlichen zu verzeichnen ist. Im Schnitt sind das etwa 20 Minuten pro Wochentag.
Mit wem verbringen Jugendliche ihre freie Zeit? Jugendlichen sind in ihrem Leben die Beziehungen zu Bezugspersonen am wichtigsten. Mit diesen Menschen wollen sie ihre Zeit verbringen. Enge Bezugspersonen sind häufig Eltern und Geschwister, aber in der Lebensphase Jugend auch zunehmend Freunde und Freundinnen. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen gibt an, sehr häufig ihre Freizeit mit Freund*innen zu verbringen. Wenngleich ein leichter Rückgang der Häufigkeit von 2016 auf 2020 zu verzeichnen ist, so bleiben Freund*innen die wichtigsten Freizeitkontakte von Vorarlberger Jugendlichen. Im Hinblick auf Entwicklungen in der Jugendzeit ist das nicht verwunderlich, denn Jugendliche lösen sich zunehmend von der Herkunftsfamilie, gewinnen an Autonomie und orientieren sich vermehrt an Gleichaltrigen (Quenzel & Hurrelmann, 2022).
Etwa 30 Prozent der Befragten gab bei der Erhebung 2016 an, die freie Zeit (sehr) oft alleine zu verbringen. 2020 sind es um 15 Prozent mehr und dabei insbesondere Mädchen, die oft ihre freie Zeit allein verbringen. Das könnte eventuell auf eine Verschiebung der Freizeit in die digitale Welt zurückzuführen sein in Kombination mit den Covid19-bedingten Kontaktbeschränkungen. Was machen Jugendliche in ihrer freien Zeit? Jugendlichen ist es wichtig, das Leben zu genießen und das können sie in ihrer Freizeit tun. In den letzten Jahrzehnten sehen wir, dass digitale Freizeitaktivitäten zunehmen. Haben 2016 noch 52 Prozent der Mädchen und 64 Prozent der Jungen sehr oft das Internet zur Unterhaltung genutzt, so sind das unabhängig vom Geschlecht schon 73 Prozent der Jugendlichen im Jahr 2020. Auch soziale Netzwerke werden immer häufiger
Grafik 2: Freizeitkontakte nach Geschlecht Mit wem verbringst du deine Freizeit?
sehr oft oft sehr oft oft
weiblich männlich in %
2016
mit Freundinnen und Freunden 66 52 61
2020
2016 2020
2016 2020
cottonbro | pexels.com
2016
online aufrechterhalten. Die sehr häufige Nutzung internetbasierter Vernetzungsangebote nahm zwischen 2016 und 2020 um etwa 20 Prozentpunkte zu, wobei vor allem Mädchen dieses Angebots häufiger in Anspruch nehmen. Etwa ein Drittel der Jugendlichen gibt an, ihre Freizeit zu Hause zu verbringen. Mädchen tun das etwas häufiger als Jungen und von 2016 auf 2020 erhöht sich der Anteil zudem. Daneben treiben Vorarlberger Jugendliche Sport in ihrer Freizeit. Knapp 60 Prozent der
Jugendliche lösen sich zu nehmend von der Herkunfts familie, gewinnen an Autonomie und orientieren sich vermehrt an Gleichaltrigen.
2020
27 39 30
55
mit meinen Eltern 20 10
33
41 40
22
43
13
43
mit meinen Geschwistern, Stiefgeschwistern 36 21 13 32 23
34
12
34
alleine 9 10 21 17
21 18 31 22
n: 2016 weiblich 1.057 | 2016 männlich 1.022 | 2020 weiblich 863 | 2020 männlich 808
Mädchen und etwa drei Viertel der Jungen geben an, sich (sehr) oft sportlich zu betätigen. Zwischen den zwei Erhebungszeitpunkten gibt es kaum einen Unterschied.
Jugendeinrichtungen mehr Gestaltungsfreiräume für Jugendliche. Etwa jeder oder jede zehnte Jugendliche besucht sehr oft oder oft Jugendtreffs/-zentren.
Rund ein Drittel der Jugendlichen besucht häufig Bars, Clubs oder Discos in ihrer Freizeit. Daneben werden Partys aber auch an privaten Orten gefeiert. Waren es 2016 noch rund 30 Prozent der Jugendlichen, die auf Privatpartys gehen, so sind es 2020 mehr als 40 Prozent. Ob diese Verlagerung vom öffentlichen in den privaten Raum auf die Covid-19-bedingten Schließungen von Ausgehmöglichkeiten zurückzuführen ist, eine Folge von geringeren finanziellen Ressourcen ist oder auf veränderte Erwartungen von Jugendlichen beruht, lässt sich nur vermuten. Was Jugendlichen jedenfalls wichtig ist, ist in alltäglichen Belangen mitzuwirken und mitzugestalten (Quenzel et al., 2022). Im Vergleich zu Schulen bieten hier Offene
Zusammenfassend zeigen die Daten der Jugendstudien Lebenswelten 2016 und 2020, dass Jugendliche ihre freie Zeit überwiegend mit Freundinnen und Freunden verbringen, häufig das Internet zur Unterhaltung nutzen und damit Kontakt zu Peers herstellen. Sie „hängen“ zwar zuhause herum, machen aber auch Sport und sind aktiv in ihrer Freizeit. Von zehn Prozent wird auch das Angebot von Offenen Jugendeinrichtungen häufig genutzt.
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Grafik 3: Freizeitaktivitäten nach Geschlecht Was machst du in deiner Freizeit?
sehr oft oft sehr oft oft
weiblich männlich in %
2016
das Internet zur Unterhaltung 52 64
70
45 49
42
43
33
41
Sport machen 22
37 39
39 25
34 38
35
in Bars, Cafés, In-Lokale und Discos gehen 20 11 11 20 11 11
2020
2016
30
bei mir zu Hause „rumhängen“ 34 25
2020
2016
24
60
2020
2016
23 22
im Internet Kontakt zu Freund*innen halten, soziale Netzwerke nutzen 46 37 44 37
2020
2016
29
73 73
2020
2016
34
28 23
auf private Partys gehen 7 22 9 21 19 21
2020
27 22
in Jugendtreffs/-zentren gehen 3 7 2016 5 11 2020
3 3
7 7
n: 2016 weiblich 1.057 | 2016 männlich 1.022 | 2020 weiblich 863 | 2020 männlich 808
Kontakt Mag.a Katharina Meusburger studierte Soziologie im Diplomstudium an der JohannesKepler-Universität in Linz. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Jugendforschung und Bildungssoziologie. E: katharina.meusburger@ph-vorarlberg.ac.at Mag.a Martina Ott, MA absolvierte das Diplomstudium Erziehungswissenschaften und Masterstudium Archäologie an der Universität Innsbruck. Ihre Forschungsschwerpunkte sind in der Jugend- und Wohlbefindensforschung. E: martina.ott@ph-vorarlberg.ac.at Beide sind wissenschaftliche Mitarbeiterinnen am Institut für Bildungssoziologie und Dozierende der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg, Österreich. Literaturhinweise: Böheim-Galehr, G., & Kohler-Spiegel, H. (Hrsg.). (2017). Lebenswelten – Werthaltungen junger Menschen in Vorarlberg 2016. StudienVerlag. Jugendforschung Pädagogischer Hochschulen Österreichs (Hrsg.). (2021). Lebenswelten 2020. Werthaltungen junger Menschen in Österreich. StudienVerlag. Mataloni, B. (2021). Handlungsfähigkeit in der Freizeit Jugendlicher: Von Aktivitäten zu Kontexten in quantitativen Erhebungen. Gesellschaft unter Spannung. Verhandlungen des 40. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2020, 40. https:// publikationen.soziologie.de/index.php/ kongressband_2020/article/view/1370 Neuber, N., Dahl, S., & Salomon, S. (2021). Vom Freizeiterleben zur Selbstoptimierung? – Zeitperspektiven Jugendlicher im Sport: reloaded. Forum Kinder- und Jugendsport, 2(2), 98 – 109. https://doi. org/10.1007/s43594-021-00042-9 Quenzel, G., Beck, M., & Jungkunz, S. (Hrsg.). (2022). Bildung und Partizipation. Mitbestimmung von Schülerinnen und Schülern in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Verlag Barbara Budrich. Quenzel, G., & Hurrelmann, K. (2022). Lebensphase Jugend: eine Einführung in die sozialwissenschaftliche Jugendforschung (14., überarbeitete Auflage). Beltz Juventa.
Mein Statement
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Fühlst du dich einer Jugendszene/Community (online oder offline) zugehörig und wenn ja welcher? Warum fühlst du dich dieser zugehörig? An welchen Vorbildern orientierst du dich? Was meinst du zeichnet deine Generation (GEN Z) aus?
Mit den verschiedenen Communitys der Jugendszene habe ich mich bisher nicht wirklich befasst, da es meiner Meinung nach immer schwerer, wird diese zu kategorisieren und zu benennen. Ich könnte mich selbst daher weder online noch offline einer Community eindeutig einordnen. Heutzutage gibt es viele Personen des öffentlichen Lebens, welche als Vorbilder angesehen werden, da sie auf den Sozialen Medien ihr Leben perfekt darstellen. Viel wichtiger ist für mich jedoch, dass man glücklich ist mit seinem Leben und dies nicht nur vorgibt. Daher ist mein Vorbild eher eine konkrete Vorstellung und keine spezifische Person. Unsere Generation wird die Zukunft verändern. Wir werden für alle Probleme der Welt eine Lösung suchen müssen und auch umsetzen. Gen Z weiß, dass unsere weiteren Wege nicht einfach sind, aber ich traue der Generation zu, dass alles souverän gehandhabt wird und viel zum Besseren verändert wird. Wir sind die Revolutionäre der Zukunft und das zeichnet uns aus. Anonym
Ich habe keine Vorbilder, an denen ich mich orientiere. Es ist extrem ermüdend, sich so jung schon Gedanken darüber machen zu müssen, wie man in der Zukunft einmal sein möchte. Jeder geht durch eine Identitätsfindung durch und dabei sollte meiner Meinung nach der Fokus auf sich selbst gelegt werden, anstatt den Zielen einer anderen oder sogar fremden Person nachzueifern. Die Zukunft ist so ungewiss, dass ich es bevorzuge, in der Gegenwart zu leben. Natürlich möchte ich bestimmte Dinge in meinem Leben erreichen und ich bewundere auch gewisse berühmte Persönlichkeiten, jedoch möchte ich mir selbst treu bleiben. Daher setze ich mir das Ziel, selbst zu einem Vorbild zu werden. Die Gen Z ist mitunter die toleranteste und offenste Generation, da sie sehr durch die sozialen Medien geprägt wurde. Durch die ständige Konfrontation mit Menschen oder Dingen die „anders sind“, sind wir uns unserer Umgebung meist viel bewusster, als die Generationen davor es waren. Vor allem merkt man aber auch, dass die ständige Informationsüberflutung, welche hauptsächlich durch das Smartphone entstanden ist, viele psychischen Schäden mit sich bringt. Daher denke ich, dass die Gen Z viel mehr Leistungsdruck verspürt und sehr unter einer Art „Traurigkeitswelle“ leidet. Anonym
Ich fühle mich sehr zu der Tanzgruppe One Step Ahead zugehörig. Ich liebe es einfach, mit meinen Crewmitgliedern gemeinsam tanzen und trainieren zu können, auch neben dem Training haben wir als Crew/ Tanzgruppe ein enges Band zueinander und unternehmen viele Sachen gemeinsam. Egal, ob auf der Tanzfläche oder daneben – unser Motto ist es, immer so viel Spaß wie nur möglich zu haben und genau aus diesem Grund zählt es für mich alles, bei dieser Crew dabei zu sein. Ich habe nicht nur Vorbilder beim Tanzen, sondern auch neben meinem Hobby. Nicht nur viele Tänzer wie Lil Zoo oder Shigekix sind große Vorbilder für mich, sondern auch ein ganz bestimmter Mann namens Andrew Tate. Viele Leute sehen ihn als schlechten Mensch, aber für mich ist er dennoch ein großes Vorbild, weil er sich etwas Großes aufgebaut hat und sich von Social Media und anderen Plattformen nicht unterkriegen lässt. Damian M., 19 Jahre, Bludenz
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Jeder von uns sehnt sich nach Zugehörigkeit zu einer Gruppe, aber zugleich möchte man individuell sein. Ich persönlich fühle mich keiner Community zugehörig, aber vielleicht weiß ich es auch nicht und bin schon mitten in einer drinnen. Jedoch eher offline als online. Ich orientiere mich vorwiegend an den Menschen in meiner Familie. Denn sie haben mir gelehrt, was mir helfen kann. Aber auch meine Freunde und wie es heutzutage üblich ist, auch so manche Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Leben. Doch am wichtigsten ist mir, dass die Menschen, die ich als Vorbilder betrachte, individuell sind und für wichtige Sachen einstehen. Die jetzigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen der Generation Z sind mit der modernen Technologie aufgewachsen und wissen, welche Herausforderungen diese mit sich bringen. Auch ist ihnen ihre Ausbildung sehr wichtig, denn sie wissen bereits, dass dies der Grundstein für ihr zukünftiges Leben sein wird. Deshalb sind sie bedacht darauf und wollen vieles tun, damit sie eine gute Lebensgrundlage jetzt und im Alter haben können. Adeline M., 20 Jahre, Bludenz
Generation grenzenlos. Dieses Label wird Gen Z oft angehängt. Und zu einem gewissen Grad stimmt das auch. Innerhalb der letzten Jahre hat sich die Welt sehr stark verändert und es haben sich immer mehr Türen geöffnet. Grundsätzlich könnte jeder durch jede Tür gehen, doch das ist gar nicht so einfach. Denn der Druck, der dadurch auf uns lastet, ist enorm. Was soll man tun, wenn alle Türen offenstehen, man aber nicht weiß, durch welche man gehen soll? Unsere Generation ertrinkt in einem Meer voller Erwartungen und Hoffnung. Wir werden so sehr von dem wundervollen Leben anderer geblendet, dass es uns oft schwerfällt, ein eigenes aufzubauen. Social Media hat einen Großteil davon zu verantworten. In den sozialen Netzwerken glitzert und glänzt alles so hell, dass das eigene Leben dagegen eher stumpf und traurig scheint. Gen Z fällt es häufig schwer, sich selbst zu finden, sich in irgendeine Gruppe zu integrieren, denn es gibt davon so viele. So viele Gruppen, so viele Labels, so viele Möglichkeiten. Doch auch wenn es wie bei so vielen Generationen vor uns Herausforderungen gibt, die zu meistern sind, hat sich der Zusammenhalt unserer Gemeinschaft in den letzten Jahren immer wieder gezeigt. Oft sind wir zusammen auf die Straße gegangen und haben für eine bessere Zukunft gekämpft, dabei war immer egal, wer man ist.
Grundsätzlich fühle ich mich keiner der mir bekannten Jugendszenen zu 100 % zugehörig. Da meine Interessen, mein soziales Umfeld und allgemein meine Routinen bunt gemischt sind, ändern sich auch meine Hobbies von Zeit zu Zeit. Ich fühle mich dennoch mehr in die Richtung Musik (R&B/Soul) und der Beauty Szene verbunden. Aus allen Personen, die ich treffe und kennenlernen darf, versuche ich etwas dazuzulernen. Sei es die Art wie eine Person spricht, ein Charakterzug oder eine ganz einfache Essgewohnheit. Etwas Inspirierendes kann man in der Regel immer finden. Darüber hinaus ist meine Mama mein größtes Vorbild. Sie motiviert mich immer stark zu bleiben.
Für mich ist es schwer zu sagen, ob ich mich einer Gruppe zugehörig fühle. Durch meine vielen Interessen gehöre ich wohl nicht nur zu einer Gruppe. Für mich ist das aber auch gar nicht so wichtig. Denn ich finde es schön, überall aber auch nirgends dabei zu sein.
Die Generation Z stellt die Überzeugungen und Werte ihrer Umwelt in Frage. Denn noch nie hatte eine Generation zuvor so einen einfachen Zugang zu allen Arten von Wissen. Sie sind von Kindesbeinen an vertraut mit der Digitalen Welt, die ein extrem breites Angebot aller aktuellen und vergangenen Themen anbietet. Das regt zum eigenständigen Recherchieren der Interessen an. Ungehindert hat die Gen Z alle Nachrichten zu Themen wie Politik und Umwelt. Für diese setzen sie sich besonders engagiert ein, denn diese Generation ist sich unserer Zukunft sehr bewusst und möchte das auch selbst in die Hand nehmen. Das macht unsere Gen Z aus.
Sophia V., 16 Jahre
Zhixiu Z., 19 Jahre, Meiningen
Anna Shvets | pexels.com
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Johanna, 20, hat Jugendliche und junge Erwachsene zum Thema aktuelle Jugendkulturen in ganz Vorarlberg interviewt.
In gewissem Maße fühle ich mich einer Community zugehörig, da ich als Saxophonspielerin bei der Musikkapelle und auch aktiv bei der Jungbauernschaft/Landjugend tätig bin. Bei der Musikkapelle treffen wir uns einmal in der Woche um Lieder zu proben, welche wir dann während des Jahres unserem gut besuchten Publikum auf Festen und Veranstaltungen vorspielen. Dies ist meist mit viel Freude und Spaß am Musizieren verbunden und besonders das gemütliche Beisammensein und Ratschen nach den Proben, wo auch das ein oder andere Bierchen getrunken wird, machen Alt und Jung viel Spaß. Besonders die Veranstaltungen und Feste, welche wir mit den Jungbauern als auch mit der Musikkapelle besuchen sind Highlights in jedermanns Jahres, da solche Events die Community zusammenschweißen und vor allem sehr viel Spaß machen.
Als Vorbilder gelten für mich all jene, die mit Herzblut beim Verein sind und diesen auch tatkräftig unterstützen. Vorbildwirkung zeichnet sich für mich dadurch aus, dass man erscheint, wenn Aufgaben zu erledigen sind und sich auch einmal die Hände schmutzig machen kann, um gemeinsam zum Ziel zu kommen. Meiner Meinung nach sollte man, wenn man schon Mitglied bei einem Verein ist, auch regelmäßig erscheinen und mitanpacken, wenn es zum Beispiel um Vorbereitungen geht und nicht nur kommen, wenn es etwas zum Essen oder Trinken gibt. Auch wenn die wöchentlichen Treffen teilweise nervenaufreibend sein können.
net sich besonders stark durch die Digitalisierung und das Preisgeben seiner Privatsphäre auf Sozialmedia aus, denn schließlich muss jeder seinen Spaß und was er gerade gegessen hat mit der halben Welt teilen. Wenn sich nicht jeder über das Leben seiner Mitmenschen ein Urteil bilden könnte, wäre es ja schrecklich langweilig auf der Welt. Dadurch entstehen immer mehr Selbstzweifel, insbesondere bei jungen Mädchen, aber auch immer häufiger bei Jungs, denn sie fangen an, sich mit dem perfekten Social Media Profil zu vergleichen und sich selbst nicht mehr gut genug zu finden. Anonym
Gen Z bezeichnet die Generation der Digital Natives, sprich Menschen wie du und ich, welche mit Medien und deren Verwendung aufgewachsen sind. Diese Generation zeich-
Im Sinne der Selbstbestimmung der Jugendlichen entscheiden sie, welche Daten (Foto, Name, Alter, Ort) wir von ihnen verwenden dürfen. Die Statements holte Johanna Raffeiner ein, Maturantin an der Tourismusschule Bludenz.
Praxisbeispiel
Manga BungakuSakuru Das japanische Exportprodukt erobert die Welt
Text Silvana Kleiner, BA
Seit rund 20 Jahren geht der Verkauf von Mangas weltweit durch die Decke. Die japanische (Pop-)Kultur erlebt mit Mangas, Animes und Cosplays auch im deutschsprachigen Raum einen regelrechten Boom. In Zeiten von Social Media und vor allem mit der Videoplattform TikTok liegen Hashtags wie #anime mit mehreren Milliarden Aufrufen nach wie vor im Trend.1 2022 gehörten zu den Bestsellern unter den Mangas u. a. „Demon Slayer 12“, „One Piece 100“ und „Naruto Massiv 2“. Diese und drei weitere Titel haben alleine in Deutschland für einen Umsatz von über 1,4 Millionen Euro gesorgt. Auch Streaminggrößen wie Netflix, Amazon oder Hulu wissen mit dem Hype umzugehen: Sie haben zahlreiche Animes in ihrem Programm und wollen in Zukunft mit Eigenproduktionen den Markt erweitern. 2
Das gemeinsame Entwickeln der Manga-Figuren und der spannende Austausch unter den Jugendlichen von acht bis 18 Jahren, machen diesen stets gut besuchten Workshop zu etwas ganz Besonderem.
Partizipation der Community Im Rahmen der Neugestaltung der Stadtbibliothek Dornbirn wurde das Projekt: „BI:JU Jugendbibliothek: Gestalte dein Wohnzimmer der Stadt mit!” ins Leben gerufen, ein Jugendbeteiligungsprozess, welcher Jugendlichen der Stadt Dornbirn und Umgebung die Möglichkeit geben soll, bei der inhaltlichen Gestaltung der Jugendbibliothek mitzusprechen, mitzubestimmen und aktiv mitzugestalten. Die Stadtbibliothek soll ein Ort für Jugendliche sein, an dem sie sich wohlfühlen, es soll ein Wissens-, Lern- und Freizeitraum sein. Die Neugestaltung soll von Jugendlichen für Jugendliche passieren und inkludiert beispielsweise die Möglichkeit, selbst Workshops und Veranstaltungen zu organisieren oder bei Medieneinkäufen mitzuentscheiden. So konnte das bestehende Manga-Angebot mit dem Umzug in das neue Gebäude erweitert werden und zählt mittlerweile über 600 Titel. Regelmäßige Veranstaltungen und Ausstellungen zum Thema Manga erfreuen sich bei vielen Altersklassen großer Beliebtheit. How to draw Manga: In die Welt der Mangas abtauchen Ein Fixpunkt für unsere Manga-Fans ist der regelmäßig stattfindende Manga-Zeichenkurs. Seit Anfang 2020 findet zwei bis drei Mal im Jahr ein Workshop mit unserem lokalen Künstler Gerd Menia in der Stadtbibliothek statt. In diesem Zeichenkurs ent-
wickeln die Teilnehmer*innen selbstständig Charaktere, Hintergründe und ganze Welten für die Manga-Figuren in ihren Comics. Das gemeinsame Entwickeln der Manga-Figuren und der spannende Austausch unter den Jugendlichen von acht bis 18 Jahren, machen diesen stets gut besuchten Workshop zu etwas ganz Besonderem. Manga in schnellen Strichen Auch während des Lockdowns, wo es gerade für Jugendliche schwer war auf soziale Kontakte zu verzichten, haben wir uns eine außergewöhnliche Veranstaltung für die Manga-Community einfallen lassen. Bei einem Live-Comic-Event wurde die Berliner Künstlerin Charlotte Hofmann in die Wohnzimmer der Jugendlichen geschaltet. Die Schnellzeichnerin entwarf mit knappen Strichen eine Manga-Figur, skizzierte eine überraschende Story in wenigen Panels, moderierte zum Genre Comic und Manga und gab so ganz nebenbei zahlreiche Tipps und Tricks, wie Comics selbst gezeichnet werden können. Die vielen Fragen der Teilnehmer*innen beantwortete sie mit Humor und punktete mit hilfreichen Antworten. Manga Bungaku-Sakuru Im Laufe der Jahre hat sich aufgrund großer Beliebtheit und positiver Resonanzen das Angebot kontinuierlich weiterentwickelt. Beim Bungaku-Sakuru, dem Literaturkreis für Mangas, treffen sich Jugendliche einmal
Stadtbibliothek Dornbirn
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im Monat in der Stadtbibliothek und tauschen sich untereinander aus. Hier besprechen sie ihre liebsten Manga-Reihen, was neu auf dem Markt ist, welche Anime-Serien zu empfehlen sind, japanische Popkultur, wie man selbst Mangas zeichnen kann und was ihnen sonst noch wichtig ist. Auch Cosplays, bei der Jugendliche möglichst originalgetreu ihre Lieblings-Manga-Figuren mit passenden Kostümen darstellen, erfreuen sich immer größerer Popularität. Die Jugendlichen können sich bei der Planung und Durchfüh-
rung des Treffens miteinbringen und entscheiden selbst, welche Themen besprochen werden. Die Stadtbibliothek schafft so einen geschützten Raum, in dem die Jugendlichen ihre Interessen ausleben können. Zukunftsgestaltung Durch regelmäßige Medienausstellungen halten wir alle Manga-Fans, und die, die es noch werden wollen, auf dem Laufenden. Der Bestand wird den aktuellen, schnelllebigen Trends angepasst und bietet zusätzlich zu den beliebten Manga-Reihen auch Manga-Zeichenbücher, das japanische Popkultur Magazin „Koneko“ und verschiedenen Anime-Filme. Auch in Zukunft will die Stadtbibliothek Jugendlichen Partizipationsmöglichkeiten bieten: Bestehende Angebote der Jugendbibliothek sollen in der Zielgruppe bekannt gemacht werden und weiterhin besteht eine Mitsprachmöglichkeit bezüglich der Medienauswahl und der Programmplanung.
Silv ana Kle er in
Die Jugendlichen können sich bei der Planung und Durchführung des Treffens miteinbringen und entscheiden selbst, welche Themen besprochen werden.
Kontakt Silvana Kleiner, BA Pädagogin Stadtbibliothek Dornbirn T: +43 5572 306 4828 E: silvana.kleiner@dornbirn.at www.stadtbibliothek.dornbirn.at Quellen 1 https://orf.at/stories/3280785/ 2 https://www.boersenblatt.net/news/ buchhandel-news/vom-manga-hypeprofitieren-243729
Praxisbeispiel
Grrrl* Power!
Verein Amazone
Queerfeministische Arbeit mit FLINTA* Jugendlichen – ein Praxisbericht
Text MMag.a Angelika Atzinger & Brigitte Stadelmann
Queerfeministisches Bewusstsein und Engagement bei Jugendlichen nimmt zu – das zeigen Studien und Umfragen der letzten Jahre. Auch mit Jugendlichen Arbeitende beobachten, dass sich Mädchen* und junge Frauen* zunehmend als Feministinnen* de-
Jugendliche aller Geschlechter immer besser über Themen in Hinblick auf Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung informiert und junge Menschen immer mehr für geschlechtsspezifische Diskriminierung und Gewalt sensibilisiert sind.
finieren, dass Jugendliche aller Geschlechter immer besser über Themen in Hinblick auf Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung informiert und junge Menschen immer mehr für geschlechtsspezifische Diskriminierung und Gewalt sensibilisiert sind. Mädchen* und junge Frauen*, inter*, trans*, nicht-binäre und agender Jugendliche, die Angebote des Vereins Amazone1 in Anspruch nehmen, formulieren vielfach den Wunsch nach mehr Wissen zu geschlechterrelevanten Themen- und Fragestellungen, wenden sich mit Problemen und Unsicherheiten an die Beratung oder äußern das Bedürfnis, sich aktivistisch – sei es für LGBTIQA* oder Frauen*rechte – einzubringen. Der Verein Amazone reagiert darauf, indem Workshop- und Beratungsformate erarbeitet und niederschwellig angeboten, Projekte zu Themen in diesem Hinblick umgesetzt und Partizipations- und Gestaltungsmöglichkeiten für Jugendliche geschaffen werden. In diesem Beitrag werden Projekte und Aktivi-
täten vorgestellt, die Expertisen, Perspektiven und Engagement von FLINTA*2 Jugendlichen fördern, strukturelle Barrieren zu Mitbestimmung abbauen und Partizipation ermöglichen. empowHER* – ein Peer-Projekt von Mädchen* und jungen Frauen* zu geschlechtsspezifischer Gewalt wurde vom Verein Amazone und der Offenen Jugendarbeit Dornbirn umgesetzt und vom Bundeskanzleramt gefördert. Dabei setzte empowHER* Maßnahmen, die Mädchen* und junge Frauen* dazu befähigen, ausgehend von ihren Lebensrealitäten Expertise aufzubauen und in der Folge, sowohl an Peers als auch an Erwachsene weiterzugeben. In diesem Rahmen entwickelten die Teilnehmerinnen* auch Ideen, wie geschlechtsspezifische Gewalt in ihren Lebensrealitäten sichtbar gemacht werden kann. So wurden Statements gegen Gewalt erarbeitet und in Form einer Open-Air-Ausstellung im öffentlichen Raum gezeigt. Die Aktion wurde filmisch beglei-
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Die Pflückbegriffe eigenen sich zur Bewusstseinsbildung, etwa im öffentlichen Raum, in Schulen, Jugendzentren und darüber hinaus. Sie können immer wieder neugestaltet und eingesetzt werden. tet, ein Videoclip3 entstand. Außerdem entwarfen die Mädchen* und jungen Frauen* Statements und Sujets zu Diskriminierung, sexualisierter Gewalt, Catcalling, Gewalt im öffentlichen Raum und im Netz, die dann auf Sticker und Beutel gedruckt wurden. Die Sticker können aktivistisch im öffentlichen Raum angebracht werden und Menschen aller Geschlechter und Altersgruppen4 erreichen. „Das Projekt hat mir so gut gefallen! Wir konnten unsere Erfahrungen in einem sicheren Rahmen mit den anderen Teilnehmerinnen teilen. Es war erschreckend zu spüren, dass wir alle als Mädchen* und Frauen* in unterschiedlichster Weise betroffen sind. Das Thema ist so wichtig und sollte unbedingt weiter gefördert werden“, meint Lisa, 20 Jahre.
queerfeministische Begriffe und deren Bedeutung für Jugendliche, Mitarbeiterinnen* und Öffentlichkeit. Anhand unterschiedlichster Methoden setzten sich die Besuchenden spielerisch und erlebnisorientiert mit queeren Themen auseinander. Auch die Kooperation mit GoWest – Verein für LGBTIQ* erwies sich als sehr hilfreich: FLINTA* Jugendliche aus beiden Vereinen stärkten sich solidarisch, machten weitere Angebote für queere Jugendliche sichtbar und zugänglich und erarbeiteten gemeinsam Ideen, beispielsweise die Pflückbegriffe (siehe Bild). Jugendliche schilderten, dass sie bei ihrem Outing, das ohnehin häufig mit Unsicherheit und der Sorge vor Ausschluss einhergeht, zusätzlich Aufklärungsarbeit machen und sich erklären müssen, weil es an Bewusstsein und Wissen zu queeren Themen fehlt. So entstand die Idee, Begriffe möglichst einfach erklärt in der Öffentlichkeit zu platzieren: In Anlehnung an die Zettel Wohnungssuchender, die an Ampeln, Verkehrsschildern, Plakatwänden geklebt werden und bei denen die Telefonnummer weggerissen („gepflückt“) werden kann. Die Pflückbegriffe eigenen sich zur Bewusstseinsbildung, etwa im öffentlichen Raum, in Schulen, Jugendzentren und darüber hinaus. Sie können immer wieder neugestaltet und eingesetzt werden.
Das Projekt GRRRLS* only goes FLINT* wurde mit FLINTA* Jugendlichen im Alter von zehn bis 18 Jahren umgesetzt und vom Land Vorarlberg, Kinder- und Jugendhilfe gefördert. Das Projekt wollte Zugänge zu den Angeboten des Mädchenzentrums und der Mädchenberatung des Vereins Amazone für lesbische, trans*, inter*, nicht-binäre und agender Jugendliche verbessern. Gleichzeitig sensibilisierte das Projekt und setzte sich kritisch mit Diskriminierung, struktureller Gewalt aufgrund des Geschlechts und Heteronormativität auseinander. Es reflektierte Verständnisse von Geschlecht, dekonstruierte stereotype Bilder und bot Raum für Reflexion und Partizipation in der Gestaltung von Zugängen und der Absicherung eines Safer Space für alle. Das Projekt schaffte Bewusstsein für queere Themen, verinnerlichte
Öffentliche Orte und somit auch Offene Jugendarbeit, sind für FLINTA* Jugendliche häufig mit Ängsten vor Ausgrenzung, Grenzüberschreitung und Gewalt verbunden. Um nachhaltig Zugänge zu Offener Jugendarbeit mit und für FLINTA*Jugendliche zu gestalten, müssen diese diskriminierungssensible Safer Spaces sein, vor Grenzüberschreitungen schützen und parteilich mit FLINTA* Jugendlichen sein. Jugendarbeitende brauchen queerfeministisches, patriarchats- und heteronormativitätskritisches Wissen sowie Reflexionsräume, um Handlungskompetenzen zu entwickeln. Zudem braucht es eine klare Haltung von Leitung und Fördergebenden, die dies einfordern und fördern, Zeit- und Geldressourcen dafür zur Verfügung stellen. Wenn Mitarbeitende der Offenen Jugendarbeit diskriminierungskritisch handeln und
konsequent intervenieren, wenn es zu verbaler Gewalt und anderen Grenzverletzungen gegenüber FLINTA* Besuchenden kommt, werden Räume zunehmend als sichere Orte wahrgenommen und von FLINTA* Jugendlichen besucht und mitgestaltet. Queerfeministische Themen in Form von Aktionen, Workshops und Veranstaltungen sichtbar zu machen, signalisiert FLINTA* Jugendlichen, dass Räume (auch) ihre Räume sind, dass sie ihre Anliegen einbringen können und ernst genommen werden. Queerfeministische Themen und Angebote sollten so aufbereitet werden, dass sie für unterschiedliche Altersstufen zugänglich sind und möglichst alle Besuchenden ansprechen und zum Mitmachen einladen. Dabei spielt die Vernetzung und der regelmäßige Austausch mit LGBTIQ* relevanten Organisationen und Expert*innen eine zentrale Rolle, um eigenes Handeln, Angebote und die Beteiligung von FLINTA* Jugendlichen zu überprüfen, intersektionale Herangehensweisen zu evaluieren und abzusichern.
Kontakt Verein Amazone Kirchstraße 39 6900 Bregenz T: +43 5574 45801 E: office@amazone.or.at www.amazone.or.at Anmerkungen 1 Der Verein Amazone in Bregenz arbeitet seit 1998 an der Vision einer geschlechtergerechten Welt. Diese Arbeit erfolgt über die Zugänge Bildung und Förderung in den Säulen Mädchenzentrum, Mädchenberatung und Fachstelle Gender. Weitere Informationen unter: www.amazone.or.at 2 female, lesbian, inter*, non-binary, trans*, agender 3 Videoclip abrufbar unter: www.youtube. com/watch?v=p_D899lxld8 4 Weitere Infos zum Projekt unter: www.amazone.or.at/empowher
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Infos & Weiterbildungen Weitere Veranstaltungen unter jugend-diskurs.at/events
Z-Talk: Gesellschaftliche Themen der Generation Z KLIMAWANDEL – Wer rettet die Welt? Bei Z-Talks (kostenlose Webinarreihe für Multiplikator*innen) erzählen junge Menschen ihre Geschichten und Sichtweisen aus erster Hand, denn sie sind die Expert*innen ihrer eigenen Lebenswelt. Für Fachfragen stehen weiters erwachsene Expert*innen zum jeweiligen Thema zur Verfügung. Im November dreht sich alles um den Klimawandel:
Was denken junge Klima-Aktivist*innen und was wünschen sie sich für die Zukunft? Wie stehen sie zu erwachsenen Entscheidungträger*innen? Beim Webinar erzählt Johannes (24) von Fridays for Future aus erster Hand. Für Fachfragen steht Stefan Schartlmüller, Mitinitiator des Bürger*innen-Rats „Wie sieht ein zukunftsfähiger Umgang mit Grund
und Boden in Vorarlberg aus?“ und Mitgründer der IG Demokratie, zur Verfügung. Mittwoch, 16. November 22, von 10 bis ca. 11.30 Uhr Ort: digital – zoom (Zugangsdaten werden nach der Anmeldung zugeschickt) Anmeldung: jugendinfo.at/projekte/z-talks
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welt weit weg
Die Auslandsm
esse im Wifi Do
rnbirn.
Webinar: aha plus erfolgreich nützen – so geht’s! Mit aha plus kannst du ganz einfach junge Freiwillige suchen und finden. Wie man freiwillige Tätigkeiten online stellt, erklärt Dietmar Übelher vom aha-Team. Gemeinsam werft ihr einen Blick ins sogenannte Backend – dem Bereich, wo du Tätigkeiten online stellst. Du lernst die Funktionen von aha plus kennen, erhältst Tipps, wie man Jugendliche besser erreicht und kannst danach selbst Aktivitäten online stellen. Donnerstag, 24. November 2022, von 18.30 bis 20 Uhr Ort: digital – zoom (Zugangsdaten werden nach der Anmeldung zugeschickt) Anmeldung: https://aha360.wufoo.com/ forms/anmeldung-aha-plus-webinar/ Referent: Dietmar Übelher, aha
nner 2023, 13 – 17 Uhr Details unter: aha.or.at/welt-w eit-weg
Blitzlichter aus der Gaming-Szene Gaming als Chance für die Arbeit mit Jugendlichen Sexismus, Sport, Kultur, Kommunikation, Hass, Reisen, Gesellschaft, Gender, Diversity, Identität, Sozial, Team, Selbstwertgefühl, Musik, Extremismus, Verkleidung, Macht, Rockkonzert, Kochen, Wohltätigkeit, Streetwork, Jugendarbeit – was hat das alles mit Gaming zu tun? Ist Gaming mehr als ein sinnloser Zeitvertreib? Ziel des Workshops ist es, einen Einblick in die Gaming-Szene zu bekommen, positive und negative Aspekte zu beleuchten, offene Fragen zu beantworten und einen sinnvollen Praxistransfer für die Arbeit mit Jugendlichen zu diskutieren. Donnerstag, 1. Dezember 2022, 18 bis ca. 20 Uhr Ort: digital – zoom (Zugangsdaten werden nach der Anmeldung zugeschickt) Anmeldung: ampuls@koje.at Referentin: Susanne Studeny, MA von SaiNetz – Soziale Arbeit im Netz.
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Freitag, 20. Jä
Impressum Medieninhaber, Herausgeber: koje – Koordinationsbüro für Offene Jugendarbeit und Entwicklung, Bregenz und aha – Jugendinformation Vorarlberg, Dornbirn Redaktionsleitung: Regina Sams Redaktionsteam: Thomas Müller, Christian Netzer, Sabrina Bürkle-Schütz, Isabel Baldreich – redaktion@jugend-diskurs.at Layout: chilidesign.at | Gestaltung: Lukas Bildstein, aha Lektorat: Margit Schneider | Coverbild: Yan Krukov, pexels.com | Druck: Buch & Offsetdruck Verlag Hugo Mayer GmbH, Dornbirn | Finanzierung: Land Vorarlberg – Fachbereich Jugend & Familie Im Diskurs haben Menschen als Autor*innen Gelegenheit, ihre Interpretationen von Zahlen und Fakten sowie persönliche Meinungen und Haltungen als redaktionellen Beitrag darzustellen.
Der nächste Diskurs erscheint im Frühjahr 2023.
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