SEELENUNSTERBLICHKEIT, SCHICKSALSKRÄFTE UND MENSCHLICHER LEBENSLAUF Berlin, 1. März 1917
Was es schwer macht, der Geisteswissenschaft, so wie sie hier gemeint ist, mit dem vollen Verständnis nahezukommen, das ist, dass sie nicht nur in anderer Weise als das gewöhnliche Bewusstsein denken muss über gewisse Lebensrätsel -über Lebensrätsel, von denen sehr viele Menschen glauben, dass sie dem menschlichen Erkennen überhaupt nicht zugänglich seien, manche sogar, dass sie außerhalb des Wirklichen liegen -, sondern dass sie zu einem Denken kommt, das in seiner Art, in seiner ganzen Form anders ist als das Denken des gewöhnlichen Bewusstseins. Zu einem Denken kommt Geisteswissenschaft, das in der Art, wie das in den beiden letzten Vorträgen, die ich hier gehalten habe, angedeutet worden ist, erst aus dem gewöhnlichen Bewusstsein heraus entfaltet werden muss, wie die Blüte aus der Pflanze, die noch nicht blüht, entfaltet werden muss. Man kann aber sagen, dass die Entwickelung der menschlichen Geisteskultur im neunzehnten Jahrhundert und bis in unsere Zeit herein zu vielen Ideen und Vorstellungen gekommen ist, welche auf dem Wege sind zu dieser Geisteswissenschaft. Wenn auch die entsprechenden Bestrebungen innerhalb der neuzeitlichen Geistesentwickelung von dieser Geisteswissenschaft radikal abweichen, so erheben sie doch Forderungen für die Erkenntnis gewisser Lebensrätsel und Welträtsel, welche sich auf dem Wege nach der Geisteswissenschaft hin bewegen. Und da darf insbesondere auf eine Idee hingewiesen werden, welche innerhalb gewisser Kreise, nicht nur derjenigen Kreise, in denen sie Eduard von Hartmann, der bekannte Philosoph, populär gemacht hat, sondern auch innerhalb anderer wissenschaftlicher Kreise in der letzten Zeit viel gepflogen worden ist, ich meine die Idee, die Vorstellung des Unbewussten oder auch, wie man vielleicht besser sagen würde: des Unterbewussten im