RUDOLF STEINER MOSES Berlin, 9. März 1911
Bei der Betrachtung jener großen geschichtlichen Individualitäten, mit denen wir es in den vorhergehenden Vorträgen zu tun hatten, bei Zarathustra, Hermes, Buddha, standen wir Erscheinungen gegenüber, welche uns als Menschen interessieren, insoweit wir fühlen, dass wir Anteil haben mit unserem ganzen Seelenleben an der Gesamtentwickelung der Menschheit und die Gegenwart nur dann verstehen können, wenn wir auf diejenigen geistigen Großen der Vergangenheit zurückblicken, die mitgebaut haben an dem, was in unsere Gegenwart hereinragt. Bei Moses, dessen Persönlichkeit wir heute zu betrachten haben, steht die Sache noch ganz anders. Bei alledem, was sich an den Namen des Moses knüpft, fühlen wir, dass Unendliches davon noch unmittelbar fortlebt in dem, was Bestandteil, geistiger Inhalt unserer eigenen Seele ist. Wir fühlen gleichsam in unseren Gliedern noch immer die Impulse nachwirken, die von Moses ausgegangen sind. Wir fühlen, wie er noch hereinlebt in unsere Gedanken und Empfindungen, und wie wir gewissermaßen, wenn wir uns mit ihm auseinandersetzen, uns mit einem Stück unserer eigenen Seele auseinandersetzen. Daher ist uns auch die fortlaufende Überlieferung, welche an Moses sich anfügt, in einer ganz anderen Weise gegenwärtig, steht uns unmittelbarer vor Augen als die fortlaufende Überlieferung, die sich an die anderen betrachteten Größen anschließt. Das macht es auf der einen Seite leicht, die Persönlichkeit des Moses zu behandeln, denn ein jeder kennt heute aus der Bibel diese mächtige, in die Zeiten hineinragende Gestalt. Wenn auch die gewissenhafte Forschung, die ernste Wissenschaft in den letzten Jahrzehnten und Jahren so manches an die Oberfläche geworfen hat, was in gewisser Beziehung dieses oder jenes neue Licht auch auf die Geschichte des Moses werfen kann, insofern wir sie