RUDOLF STEINER DER TOD BEI MENSCH, TIER UND PFLANZE Berlin, 29. Februar 1912
Tolstoi sprach sich einmal in seinen Schriften mit Verwunderung, man könnte auch sagen mit Missbilligung, darüber aus, dass er beim Durchstöbern der gegenwärtigen Wissenschaft wohl alle möglichen Untersuchungen über die Entwickelung der Insektenwelt, über ihm unbedeutend erscheinende Dinge im Organismus oder sonst in der Welt gefunden habe, dass er aber gerade innerhalb der Wissenschaft nichts gefunden habe über die wichtigen, die wesentlichen, die jedes Herz bewegenden Fragen. Vor allen Dingen, sagt Tolstoi, habe er nicht irgend etwas über das Wesen des Todes gefunden. Man wird von einem gewissen Gesichtspunkte aus einem solchen, von bedeutsamer Seite her kommenden Einwand gegen den modernen wissenschaftlichen Geist nicht ganz unrecht geben können. Dennoch darf man von einer gewissen anderen Seite her betonen, dass, wenn ein solcher Ausspruch einen Vorwurf bedeuten soll, er gewissermaßen doch ungerecht ist gegenüber der modernen Wissenschaft aus dem sehr einfachen Grunde, weil die moderne Wissenschaft seit langer Zeit ihre Größe und Bedeutung gerade auf demjenigen Gebiete gehabt hat, wo man nach Antworten auf Fragen, die etwa nach dem Wesen des Todes gehen, im Grunde genommen ganz vergeblich suchte. Man braucht wahrhaftig nicht, wenn man auf dem Boden derjenigen Weltanschauung steht, die hier vertreten werden soll, sich in Ausfällen über Ausfällen ergehen über die moderne Wissenschaft. Man kann die großartigen Errungenschaften, die ganz bedeutsamen Leistungen dieser Wissenschaft sowohl auf ihrem eigenen Gebiete, wie auch mit Rücksicht auf ihre Anwendung im praktischen Leben und im menschlichen Zusammensein gar wohl auf das allerhöchste bewundern, und es ist wiederholt hier zum Ausdruck gebracht worden, dass die Geisteswissenschaft wahr-