DIPF informiert Nr. 15

Page 26

Schwerpunkt

26

Aber genau das geschieht: Forschungsvorhaben oder sogar Hochschulen werden auf Grundlage des SSCI bewertet. Wie sollen die europäischen und damit auch die deutschen Sozialwissenschaften mit dieser Entwicklung umgehen? Alternativen wären gefragt. Doch die Indexe sind über lange Zeit aufwändig weiterentwickelt worden und erlauben heute eine Vielzahl mathematischer Analyseverfahren. Diese Komplexität müssten auch eventuelle Alternativen leisten können und stünden – vom hohen finanziellen Aufwand mal abgesehen – immer noch vor der Herausforderung, wie man die Qualität von Publikationen besser misst als über Zitationen. Das vom DIPF durchgeführte und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Projekt „Bibliometrie“, das Anfang 2010 abgeschlossen wurde, hat die Bedingungen für alternative Verfahren für die heterogene Publikationslandschaft der deutschen Erziehungswissenschaften geprüft. Ein Ergebnis: Al-

ternativen zur Zitationsanalyse können zwar mehr Publikationen einbeziehen, müssten aber weniger aussagekräftige Indikatoren nutzen. Botte gibt Beispiele: „Die Zahl der Downloads wäre solch ein Indikator. Er sagt im Gegensatz zu Zitationen aber wenig dazu aus, ob ein Werk wirklich gelesen wurde.“ Zudem wäre es besser, wenn die auszuwertenden Daten möglichst standardisiert und regelmäßig verfügbar vorlägen. Bei Zeitschriften, wie sie der SSCI nutzt, fällt diese Erschließung leicht. Sie erscheinen regelmäßig und in normierten Formaten. Für die in den Erziehungswissenschaften ebenso wichtigen Monographien, Sammelbände oder digitalen Beiträge gilt das weniger. Ihre individuelle Erscheinungsweise steigert den Aufwand für Sichtung und Erfassung immens. So wurde im Rahmen des Projekts zwar unter dem Arbeitstitel „DEPOT“ eine Datenbank entwickelt, die zumindest Periodika erfasst und bewertet – allerdings nur indirekte Schlüsse auf die Relevanz einzelner Artikel zulässt. Diese Datenbank wäre aber dazu geeignet, für die Erziehungswissenschaften wichtige Zeitschriften und Reihen sichtbar zu machen, die über das Spektrum der SSCI-Zeitschriften hinausgehen. Insgesamt hat sich jedoch gezeigt: „Einfache und schnell umsetzbare Alternativen zum SSCI stehen nicht zur Verfügung“, urteilt Botte. Im Ergebnis des Projektes wird daher vor allem eine sukzessive Ausweitung des Verfahrens der Zitationsanalyse empfohlen, etwa durch das Einbeziehen weiterer

DIPF informiert Nr. 15 | Oktober 2010

sprachige Publikationskultur eingestellt. Für die Sozialwissenschaften gilt das so nicht, dennoch wird das Vorgehen beim SSCI beibehalten. Daher hält Botte fest, dass beispielsweise erziehungswissenschaftliche Artikel zwar höhere internationale Aufmerksamkeit erfahren, wenn sie in Zeitschriften des SSCI veröffentlicht werden, und die Auswertungen daher durchaus den Grad der internationalen Wahrnehmung wiedergeben, doch er betont: „Als Maß für die generelle Qualität sozialwissenschaftlicher Publikationen kann der SSCI nicht dienen.“


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.