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Politik und Wirtschaft

Die Novum

2. Mai 2013

Goldman Sachs regiert die Welt Wie Banken Seitenwechsler in die Politik belohnen roßunternehmen üben gern Einfluss auf die Politik aus. Das zahlt sich aus – jedenfalls für die Firmen: Die US-amerikanische Organisation Project on Goverment Oversight berichtet, dass Wall-StreetUnternehmen ihren Angestellten hohe Boni zahlen, wenn diese in die Politik wechseln. Bekannt wurde diese Praxis, als veröffentlicht wurde, dass der neue US-Finanzminister Jack Lew eine Million Dollar von seinem früheren Arbeitgeber Citigroup erhalten hatte. Ganz ohne Gegenleistung? Anti-Lobbyorganisationen wie Lobby-control argwöhnen, dass mit solchem Geld Entscheidungen von Regierungsbeamten gekauft werden. Der USFinanzminister ist nicht der Erste, der zuvor bei einer Bank tätig war. Bei Goldman Sachs, einer der weltgrößten Investmentbanken, gehört es seit Jahren zur Tradition, „Ex“-Mitarbeiter in guten Positionen zu platzieren. Robert Rubin ist ein Musterbeispiel dafür. Nach 26 Jahren bei Goldman Sachs, davon zwei Jahre als Präsident des Investmenthauses, wurde er unter Bill Clinton Finanzminister. Während seiner fünfjährigen Amtszeit wurde die Trennung von Kredit- und Investmentbanking aufgehoben. In seiner Funktion hob er verschiedene

Steffen Knüdel

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Ehemalige Topmanager wechseln in politische Spitzenpositionen – Goldman Sachs vergoldet‘s.

Gesetze auf, die zu einer Regulierung der Märkte beigetragen hätten. Auch in Deutschland lässt sich eine Einflussnahme von Banken vermuten. Aus einer Kleinen Anfrage der Linkspartei im Februar 2013 geht hervor, dass die US-Investmentbank Goldman Sachs die meisten Termine im Bundeskanzleramt hatte. Christoph Brand, ein deutscher Partner bei Goldman, hatte 48 Treffen mit Vertretern der Bundesregierung. Hingegen

war der Chef der Commerzbank nur 17 Mal im Kanzleramt – obwohl das Finanzhaus zu einem Teil dem Staat gehört. Nach der Großbank Goldman Sachs folgt die Deutsche Bank im Ranking der Institute mit den häufigsten Kontakten zur Regierung. Die aktuellen Chefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen hatten insgesamt 14 Termine in Berlin – hinzu kommen weitere Treffen von Lobbyisten mit Regierungs-

vertretern. Das bekannteste Gesicht in Europa, das von den Goldmännern in die Politik ging, ist Mario Draghi. Der Italiener ist heute Chef der Europäischen Zentralbank, zuvor war er Vizepräsident von Goldman Sachs in London. Erst ein Büro in der Londoner City, heute im Turm der Europäischen Zentralbank in Frankfurt. So ziehen die Banker in die politischen Führungsetagen Europas ein. Allerdings spricht fast niemals jemand aus dem Finanzsektor dieses Wissen offen aus. In anderen Anti-Lobbykreisen hingegen ist die Annahme, dass Goldman Sachs die Welt fest im Griff hat, längst weit verbreitet. Im englischsprachigen Raum gibt es den Begriff „Government Sachs“, das Geldinstitut hält die US-Regierung längst in seiner Hand. Auch in Deutschland sehen Politiker die Verbindung in die Finanzbranche nicht als kritisch. Vertreter des Finanzministeriums sagten dem Handelsblatt während der Finanzkrise: „Bei vielen Entscheidungen der vergangenen Jahre waren wir auf den Rat der Banken angewiesen.“ Im Zuge der Eurorettung wären die Kontakte zu Banken eine „notwendige Begleiterscheinung“, heißt es aus der Bundesregierung. Florian Barth

Hart zu beißen am Zahnersatz Hohe Eigenanteile setzen das Sparschwein auf Diät ronen, Brücken und Implantate sind oft nötig, der Preis nicht immer gerechtfertigt. So der Barmer GEK Zahnreport 2013: Zahnärzte würden einseitig beraten, Patienten seien nicht skeptisch genug und die Eigenanteile würden steigen. Dennoch sei der deutsche Versorgungsstandard sehr gut. Im weltweiten Vergleich belegt Deutschland Platz fünf. Eine bessere Versorgung bieten beispielsweise Japan und Dänemark. Das deutsche Zuschusssystem sichert die Regelversorgung jedes Patienten. Abhängig vom Befund trägt die Krankenkasse einen festen Teilbetrag der Kosten. Im Jahr 2009 waren das circa 600 Euro pro Patient – rund 780 Euro wurden aus eigener Tasche gezahlt. Der Eigenanteil stieg damit um 18 Prozent zum Vergleichsjahr 2005. Liegt der Preis für eine medizinisch notwendige Krone bei 250 Euro, übernimmt die Krankenkasse rund 50 Prozent, den Rest zahlt der Patient. Sogenannte Härtefalle, wie BAföGBezieher oder Geringverdiener, müssen zumeist nichts zuzahlen. Zudem

sxc: Velma

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Der jährliche Routinecheck beim Zahnarzt hilft viel Bares beim Zahnersatz zu sparen.

reduziert ein lückenlos geführtes Bonusheft den Eigenanteil um bis zu 30 Prozent. Laut Zahnreport ist der Eigenanteil für Zahnersatzleistungen in den neuen Bundesländern geringer. In Sachsen liegt er bei circa 44 Prozent, bundesweit bei geschätzten 55 Prozent. Ein Grund ist die Frühvorsorge: In der DDR gab es die schulische Routine-untersuchung und damit

früh eine regelmäßige Kontrolle. „Die Versorgung in Sachsen stellt sich positiv dar“, erläutert Dr. Thomas Breyer, Pressesprecher der sächsischen Zahnärztekammer, „wir halten das deutsche Versorgungssystem für gerecht, weil für alle Bürger die Grundversorgung gesichert ist.“ Zum Haupttenor des Zahnreports, die Patienten müssen mehr zuzahlen, meint Breyer: „Das ist richtig, aber die Barmer könnte das ein-

fach ändern: Zuzahlung erhöhen.“ Für medizinisch nicht notwendigen Zahnersatz kommt der Patient selbst auf. In diesem Punkt sind sich Krankenkassen und Ärzte einig – heißt: Ab dem fünften Zahn im Gebiss ist eine farblich angepasste Verblendung nicht nötig und erhöht den Eigenanteil. „Es ist Jedem freigestellt, ob er einen Zahn mit Swarowski-Steinen besetzen lassen will“, erläutert die Pressesprecherin der sächsischen Barmer-GEK Claudia Szymula. Mit „Luxusausstattung“ werde viel Geld verdient und das Verkaufsgeschick der Ärzte spiele eine große Rolle bei der Entscheidung des Patienten. Die Krankenkassen würden deshalb eine bessere, patientenorientierte Aufklärung durch die Mediziner fordern und mehr Skepsis auf Seiten der Patienten. Dr. Thomas Breyer hält dagegen. Er gibt zu verstehen, dass die Behandlungsmöglichkeiten fair erläutert würden und der Bericht politisch motiviert sei: „Es geht um den Schutz der eigenen Interessen.“ Erik Lindner


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