Rechtliche Bewertung technischer Risiken

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Arbeitskreis der gesellschaftlichen Akteure – 9. Dezember 2011

AG Risiken des Technischen Systems: Rechtliche Bewertung technischer Risiken

Andreas Polzer, wissenschaftliches Team Prof. Dr. Alexander Roßnagel, Universität Kassel, Vortrag am 9. Dezember 2011 in Osnabrück

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Gliederung |  Allgemeine Ausführungen zur Sicherheitsgewährleistung |  Forderung nach Sicherheit und entsprechende Konkretisierung |  „Sicherheitsphilosophie“ |  Rechtliche Bewertung technischer Risiken und Sicherheitskonzept |  Umgang mit Risiken und deren Bewertung beim Fracking |  oberirdische Risiken |  unterirdische Risiken |  Risiken für Grund- und Trinkwasser InfoDialog Fracking – http://www.dialog-erdgasundfrac.de Informations- und Dialogprozess über die Sicherheit und Umweltverträglichkeit der Fracking Technologie für die Erdgasgewinnung


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Die Forderung nach Sicherheit |  Ausgangspunkt: Unbestimmte Rechtsbegriffe im Gesetz |  „Ausschluss schädlicher Umwelteinwirkungen“ oder „Vermeidung nachteiliger Veränderung“ oder „Vorsorge gegen Schäden an Leib oder Leben“ |  Ziel: Ausreichend sichere Anlage |  Feststellung, dass Anlage so sicher ist, dass die unbestimmten Rechtsbegriffe erfüllt sind.

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Konkretisierung von Sicherheit |  Problem: Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe |  Wie kommt man von unbestimmten Rechtsbegriffen zur Gewährleistung und Überprüfung ausreichender Sicherheit in der Praxis? |  Lösung: „Sicherheitsphilosophie“ |  Definition und Maßstab von Sicherheit.

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Probabilistische „Sicherheitsphilosophie“ |  Sicherheit ist der ausreichende Ausschluss eines Risikos. |  Ein Risiko wird beschrieben durch Schadensausmaß und seine Wahrscheinlichkeit. |  Sicher ist eine Anlage, wenn ein Risikogrenzwert eingehalten wird. |  Schutzmaßnahmen müssen das Risiko soweit reduzieren, dass es unter dem Grenzwert liegt.

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Deterministische „Sicherheitsphilosophie“ |  Sicherheit ist die ausreichende Beherrschung festgelegter (determinierter) Störfälle. |  Die Störfälle ergeben sich aus Plausibilitätsüberlegungen zu möglichen Ereignissen = Auslegungsstörfall. |  Sicher ist eine Anlage, wenn alle Störfälle ausreichend beherrscht werden. |  Es müssen die Schutzmaßnahmen ergriffen werden, die notwendig sind, um die Störfälle zu beherrschen. InfoDialog Fracking – http://www.dialog-erdgasundfrac.de Informations- und Dialogprozess über die Sicherheit und Umweltverträglichkeit der Fracking Technologie für die Erdgasgewinnung


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Rechtliche Bewertung technischer Risiken |  Für probabilistische Prüfungen fehlen sowohl die statistischen Grundlagen als auch der Risikogrenzwert |  Geeignet ist die deterministische Prüfung auf der Grundlage der Erfahrung mit vergleichbaren Störfällen

Die Szenarien dienen als Auslegungsstörfälle

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Sicherheitskonzept |  Schutzmaßnahmen zum Ausschluss der Auslegungsstörfälle. |  Es reicht der Schutz gegen „umhüllende“ Störfälle. |  Schutzmaßnahmen können hierfür folgende Ziele verfolgen: 1.  Schäden vermeiden oder reduzieren 2.  Eintrittswahrscheinlichkeit reduzieren 3.  Monitoring / Betriebskontrollen gewährleisten 4.  Sicherheitsmanagement sicherstellen 5.  Ausreichenden Abstand einhalten InfoDialog Fracking – http://www.dialog-erdgasundfrac.de Informations- und Dialogprozess über die Sicherheit und Umweltverträglichkeit der Fracking Technologie für die Erdgasgewinnung


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Typischer Gas-Bohrplatz: zu beachtende Rechtsgebiete Immissionsschutzrecht (oberirdische Risiken)

Bergrecht (führend)

Grafikquelle: http://www.propublica.org/special/hydraulic-fracturing-national InfoDialog Fracking – http://www.dialog-erdgasundfrac.de Informations- und Dialogprozess über die Sicherheit und Umweltverträglichkeit der Fracking Technologie für die Erdgasgewinnung

Wasserrecht (Risiken für Grundund Trinkwasser)


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Umgang mit oberirdischen Risiken |  Nach § 22 Bundes-Immissionsschutzgesetz sind 1.  Vermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen nach dem Stand der Technik zu verhindern oder 2.  Unvermeidbare Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß zu beschränken.

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Umgang mit oberirdischen Risiken |  Keine unmittelbare Anwendung der Störfall-Verordnung (12. BImSchV). |  Mengenschwellen nach Anhang I der Verordnung werden nicht erreicht. |  Beispiel: Gasöle (einschließlich Dieselkraftstoffe […]) = 2.500 000 kg / Betriebsbereich à Szenario Dr. Uth: max. 28.000 kg Diesel InfoDialog Fracking – http://www.dialog-erdgasundfrac.de Informations- und Dialogprozess über die Sicherheit und Umweltverträglichkeit der Fracking Technologie für die Erdgasgewinnung


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Bewertung oberirdischer Risiken |  Die Anlage vermeidet dann „vermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen nach dem Stand der Technik“, wenn sie so ausgelegt ist, dass ihre Sicherheitsmaßnahmen die Auslegungsstörfälle so beherrschen, wie dies dem Stand der (Sicherheits-)Technik entspricht. |  Nachweis der nach dem Stand der Technik erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen für den jeweiligen Auslegungsstörfall.

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Umgang mit unterirdischen Risiken |  Nach dem Bundesberggesetz müssen Betriebsplanzulassungen u.a. gewährleisten, dass 1.  „die erforderliche Vorsorge gegen Gefahren für Leben, Gesundheit und zum Schutz von Sachgütern“ nach den allgemein anerkannten Regeln der Sicherheitstechnik getroffen wird 2.  „Gemeinschädliche Einwirkungen“ ausgeschlossen werden 3.  Keine „überwiegenden öffentlichen Interessen“ entgegenstehen.

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Bewertung unterirdischer Risiken |  Die Anlage bietet dann die „erforderliche Vorsorge“ gegen Schäden „nach den allgemein anerkannten Regeln der Sicherheitstechnik“, wenn sie so ausgelegt ist, dass ihre Sicherheitsmaßnahmen die Auslegungsstörfälle so beherrschen, die dies den allgemein anerkannten Regeln der Sicherheitstechnik entspricht. |  Nachweis der nach den allgemein anerkannten Regeln der Sicherheitstechnik erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen für den jeweiligen Auslegungsstörfall (geringer als nach dem Stand der Technik). InfoDialog Fracking – http://www.dialog-erdgasundfrac.de Informations- und Dialogprozess über die Sicherheit und Umweltverträglichkeit der Fracking Technologie für die Erdgasgewinnung


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Umgang mit Risiken für Grund- und Trinkwasser |  Sollten Gewässer gefährdet sein, stellen FrackingMaßnahmen eine „unechte“ Benutzung nach Wasserhaushaltsgesetz (WHG) dar. |  Geschützt wird das Grundwasser in jeglicher Tiefe. |  Tiefe Grundwasser unterliegen erst dann nicht mehr dem Bewirtschaftungsgebot des WHG, wenn Auswirkungen auf oberflächennähere Grundwasserhorizonte mit Sicherheit ausgeschlossen werden können. InfoDialog Fracking – http://www.dialog-erdgasundfrac.de Informations- und Dialogprozess über die Sicherheit und Umweltverträglichkeit der Fracking Technologie für die Erdgasgewinnung


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Umgang mit Risiken für Grund- und Trinkwasser |  Anforderungen nach dem Wasserhaushaltsgesetz 1.

Vermeidung von „Veränderungen von Gewässereigenschaften, die das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die öffentliche Wasserversorgung, beeinträchtigen“.

2.  Keine Besorgnis nachteiliger Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit.

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Bewertung von Risiken für Gewässer |  Die Anlage verursacht dann keine „Besorgnis“ mehr, wenn sie so ausgelegt ist, dass ihre Sicherheitsmaßnahmen die Auslegungsstörfälle so beherrschen, dass jede Besorgnis beseitigt ist. |  Nachweis, dass er aufgrund der ergriffenen Sicherheitsmaßnahmen kein Anlass mehr für eine Besorgnis besteht.

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Weitere Untersuchungen |  Erreicht: Definition von Sicherheit, Prüfbarkeit von Sicherheit, plausible Unfallszenarien, Eignung als mögliche Auslegungsstörfälle. |  Weitere Aufgabe: Konzepte und Maßnahmen zur Gewährleistung von Sicherheit gegenüber den Auslegungsstörfällen.

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