Lernen und wachsen. Bildung für alle (Diakonie Themen 1/2015)

Diakonische Information Nr. 177-3/15

Themen

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Lernen und wachsen Bildung f端r alle

WORD Interview

Wordrap

Seite 10

Seite 14

Johann Bacher

RAP

Lou Lorenz-Dittlbacher

Zusammen essen

Besuch in Berlin

Seite 20

Seite 22

Kein leerer Bauch

Schule ganz anders

EDITORIAL

Die Welt verbessern Alle sollen an allem teilhaben können. Ein Gedanke, den unser Bildungssystem noch immer nicht umgesetzt hat. Wir versuchen es trotzdem.

Bildung ist kein Wundermittel. Lehrerinnen und Lehrer können nicht zaubern. Und die Welt wird nicht besser, nur weil wir gebildeter werden (siehe S. 16). Und doch – daran muss im Jahr der Bildung, das die evangelischen Kirchen 2015 ausgerufen haben, erinnert werden – geht es bei Bildung nicht allein darum, mehr zu wissen, sondern auch darum, die Welt zu verbessern. Nicht um mehr, aber auch nicht um weniger.

Die Welt kann das brauchen. Heute nicht weniger als früher. Der evangelische Bischof und Pädagoge Johann Amos Comenius hat sich die Verbesserung der Welt zur Aufgabe gemacht.

Sein pädagogisches Pro„Omnes omnia omnino“ gramm entwickelte er mitten „Alle alles allumfassend“ im Dreißigjährigen Krieg, in einer Zeit der Zerstörung und (zu lehren) der Vertreibung, die ihn selbst Johann Amos Comenius (1592–1670) quer durch Europa ins Exil geführt hatte. Seine Forderung nach einer allgemeinen, das Wesentliche umfassenden Bildung für alle, nach bildungs­ politischer Chancengleichheit für Mädchen, für Arme und Menschen mit eingeschränkten Lernmöglichkeiten zielte auf die Verbesserung der Lebensumstände.

Sein Leitgedanke „Omnes omnia omnino excoli“ – alle alles allumfassend (oder in jeder Weise) zu lehren, bringt seine Gedankenwelt auf den Punkt. Alle sollen, je nach ihren Möglich­ keiten, an allem teilhaben können und es so vermittelt bekommen, dass sie es fassen können.

Viele seiner Prinzipien wie gewaltfreie Bildung, Selbst­ ständigkeit oder Anschaulichkeit haben heute noch ihre Gültigkeit.

Unser Bildungssystem hat den Leitgedanken von Comenius immer noch nicht umgesetzt. Die Welt wird nicht verbessert, sondern sie wird, so wie sie ist, fortgeschrieben. Nicht allen wird alles allumfassend auf ihre Weise beigebracht, son-

AN DIESEM HEFT MITGEARBEITET HABEN 2

Themen

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dern vieles wird immer noch separat und separiert, in segregierter Weise vermittelt. Die soziale Herkunft bestimmt immer noch die Zukunft des Bildungserfolgs (siehe Interview S. 10). Vieles wird an die Eltern delegiert. Es ist entscheidend, wie sie ihre Kinder unterstützen können. Kinder werden auf ihrem Bildungsweg früh getrennt, und die soziale Zusammensetzung des Wohnorts setzt sich in den Klassenzimmern fort.

Wir sind skeptisch geworden gegenüber den großen Entwürfen einer einheitlichen Pädagogik und den Visionen einer besseren, schöneren Welt, wie sie Johann Amos Comenius, der Bischof der Bruderkirche, noch vertreten hat.

Geschieht Bildung im Rahmen der Diakonie, versucht sie allerdings, in kleinen wie in größeren Projekten den Anspruch umzusetzen, den Einzelnen zu größerer Selbstständigkeit, zu Freiheit aus Verantwortung den Menschen und der Umwelt gegenüber und zu einem solidarischen Leben anzuleiten: durch Initiativen in öffentlichen Schulen, wie das Projekt: „Lernen mit leerem Bauch? – Geht nicht!“ (S. 20), oder die Neugründung des Evangelischen Gymnasiums in WienDonaustadt als Wiener Mittelschule, das sich der Inklusion und dem gemeinsamen Lernen der 10- bis 14-Jährigen verschrieben hat (S. 21).

Davon erzählt dieses Heft. Ein Heft voller Weltverbesserer und Weltverbesserinnen.

Denn Gott hat diese Welt so geschaffen, dass auch für uns, die wir gebildet sind nach seinem Bilde, noch genug zu tun bleibt.

Pfarrer Mag. Michael Chalupka, Direktor Diakonie Österreich

Gudrun Bauer, Karin Brandstötter, Hannelore Kleiss, Margit Kubala, Dagmar Lassmann, Johanna Pasiecznik, Hansjörg Szepannek

INHALT

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Was mir beim Lernen Spaß macht ...

Inhalt 16

Mythos: „Bildung ist der Schlüssel gegen soziale Spaltung“

Menschen aus verschiedenen Einrichtungen der Diakonie erzählen, was Lernen für sie besonders macht.

Stimmt’s? Mythen, Märchen und Pauschalansichten.

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Eine Zukunft für die „Verlorenen“

Kinder und Jugendliche brauchen auf ihrem Bildungs­weg besondere Unterstützung und die richtige Hilfe. So lassen sich Kinderarmut, Schulabbruch und Hoffnungslosigkeit bekämpfen.

Alt und Jung unter einem Dach

Geragogik im Gymnasium Erdbergstraße.

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Die Welt in Zahlen

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Der Bildungsstand der Menschen in Österreich.

Hier werden Begriffe zur Bildungsdiskussion erklärt.

Bücher, Best of Europe

Mobilität, Ressourcen, Standards

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19 20

Mehr Chancen, mehr Leistung

Kochen und essen statt lernen mit leerem Bauch

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Kurz gemeldet

Bessere Unterrichtsqualität hilft benachteiligten Kindern: Bildungsforscher Johann Bacher im Interview.

Projekte

Schulen für Sozialbetreuungsberufe, mobile Frühförderung, 25 Jahre Schulassistenz.

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Ein Projekt in fünf Wiener Schulen.

21

Landessonderausstellung, neues ERG Wien, Studierendenheim Wien, Leitbild in „Leichter Lesen“.

22

Schule ganz anders

Das Gute sehen

Sibylle Hamann über eine Schule mit mehr Eigenverantwortung und mehr Freude.

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Spendenkonto Diakonie: IBAN AT492011128711966399 BIC GIBAATWWXXX

Wordrap mit Lou Lorenz-Dittlbacher.

„Allein sein ist blöd!“

Zwei „HoffnungsträgerInnen“ erzählen.

IMPRESSUM: Medieninhaber, Herausgeber und Redaktion: Diakonie Österreich, ZVR-Zahl: 023242603. Redaktion: Dr.in Roberta Rastl-Kircher (Leitung), Mag.a Gudrun Bauer, Mag. Martin Schenk, Mag.a Margit Kubala. Alle: 1090 Wien, Albert Schweitzer Haus, Schwarzspanierstraße 13. Tel.: (0)1 409 80 01, Fax: (01) 409 80 01-20, E-Mail: diakonie@diakonie.at, Internet: www.diakonie.at. Verlagsort: Wien. Geschäftsführer Diakonie Österreich: Pfr. Mag. Michael Chalupka, Mag. Martin Schenk. Grafik-Design: Info-Media Verlag für Informations­ medien GmbH/Natalie Dietrich, Volksgartenstraße 5, 1010 Wien. Druckerei: AV + Astoria Druckzentrum GmbH, Faradaygasse 6, 1030 Wien. Fotos: Cover: Nadja Meister, ORF/Thomas Ramstorfer, Diakonie Österreich, Evangelische Schule in Berlin; S. 2: Nadja Meister, Diakonie; S. 3: Karin Hofbauer, Christian Herzenberger, Thomas Smetana; S. 4: Diakonie Zentrum Spattstraße, Diakonie Bildung, Diakonie Katastrophenhilfe, Diakonie de La Tour; S. 7: Ulrike Wieser, Daniela Klemencic; S. 8: www.barbara-hartmann.de, en.wikipedia.org/Policy Exchange; S. 9: Ulrike Wieser; S. 10–12: Nadja Meister; S. 13: Thomas Smetana, Diakonie Zentrum Spattstraße; S. 14: ORF/Thomas Ramstorfer; S.15: Christian Stemper, Nadja Meister; S. 16: istockphoto.com/gpointstudio; S. 17: Martina Müller, privat; S. 18: istockphoto.com/Warchi, istockphoto.com/jaroon; S. 19: Helsinki Deaconess Institute; S. 20: Diakonie Österreich; S. 21: Denise Stinglmayr, Architektur: Sne Veselinovic ZT GmbH, Visualisierung © Tomaselli Visual Sensations, Diakoniewerk; S. 22–23: Evangelische Schule in Berlin, D.Gashi@t-online.de, Veit Mette, Jacqueline Godany; S. 24: Christian Stemper. Die Diakonische Information bringt Sachinformationen und Nachrichten zur Diakonie der Evangelischen Kirchen. Die gendersensible Schreibweise ist uns ein wichtiges Anliegen. Der Bezug ist kostenlos. DVR: 041 8056 (201). Gedruckt nach der Richtlinie „Schadstoffarme Druckerzeugnisse des Öster­reichischen Umweltzeichens“.

Umweltzeichen (UWZ 734)

Themen

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PORTRÄTS

„Was mir beim Lernen Spaß macht ...“ Menschen aus verschiedenen Einrichtungen der Diakonie erzählen, was Lernen für sie besonders macht.

MARIA SCHNEEBERGER

SILVIA LADSTÄTTER

„In der Schule ist es schön, zu sehen, wenn die Kinder Interesse an Neuem zeigen und dieses erforschen wollen.

Es ist immer wichtig, seinen Horizont zu erweitern. Mir macht es Freude, die Kinder dazu anzuregen, sie anzuleiten – wenn nötig – und dabei unterstützen zu können. Spaß macht es auch, jeden kleinen Fortschritt beim Lernen mit den Kindern erleben zu dürfen.“ Maria Schneeberger ist seit 21 Jahren Schulassistentin im Diakonie Zentrum Spattstraße und unterstützt Kinder und Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen im Unterricht.

„Ich freue mich, wenn ich neue Sachen lerne. Diesmal habe ich mich für den Kurs über selbstbestimmtes Leben entschieden. Denn ich freue mich, wenn ich mein Leben selbst gestalten kann und selbstbestimmt agieren kann. Wenn ich zum Beispiel selbstständig einkaufen gehe und mir schöne Sachen kaufe, habe ich eine Freude.“ Silvia Ladstätter ist 50 Jahre alt und lebt im teilbetreuten Wohnen „Meierei“ der Diakonie de La Tour in Kärnten.

Untertags arbeitet sie in der Beschäftigungswerkstätte „Am Steinbruch“. Sie ist eine aufgeschlossene, lustige und freundliche Dame. In der Ortschaft Treffen ist sie gut integriert. Einmal in der Woche geht sie selbstständig zum Kneippverein tanzen.

ELISABETH LAMPEL UND CHRISTIANE BERGHÖFER „Wir haben das Glück, uns als Team wirklich gut zu ergänzen, und können unsere verschiedenen Persönlichkeiten gut einsetzen. Was uns am Lernen besonders Spaß macht: dass es so viele unterschiedliche Zugänge zum Lernen gibt wie Kinder in der Klasse (28) und dass es eine große Freude ist, die Kinder in ihrem Lernprozess über vier Jahre begleiten zu dürfen. Im Alter zwischen sechs und zehn Jahren, da tut sich viel! Und wir lernen auch immer wieder von den Kindern. So machen wir – genau wie die Kinder – seit ungefähr zwei Jahren auch unsere gemütliche Jausenpause.“ Elisabeth Lampel und Christiane Berghöfer sind seit sechs Jahren ein Team. Sie unterrichten gemeinsam in der Mehrstufenklasse 1 an der Lutherschule der Diakonie Bildung in Wien.

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Themen

PORTRÄTS

LAURA „Rechnen und lesen macht mir Spaß, weil man da viel lernt.

Wenn ich Wörter sehe beim Lesen, dann muss ich nicht immer fragen, was ich wissen möchte. Ich weiß dann, was da steht, und schaffe es alleine. Wenn es um Zahlen geht, finde ich selbst die Antworten, und sonst frage ich.“ Laura ist sechs Jahre alt. Sie lebt in St. Ulrich und besucht den Kindergarten der Diakonie de La Tour. Laura ist ein sehr ehrgeiziges Mädchen und saugt alles Neue auf. In ihrer Nähe wird man von ihrer Begeisterung richtig angesteckt.

MATTHIAS, RAPHAEL, LINA UND JOHANNES

EVA STRIGL „Lernen macht Spaß! Die Überraschung in den Augen der Kinder ist meist groß, wenn ich das sage. Für mich ist es die Möglichkeit, die Stärken eines jungen Menschen hervorzuheben, ihn zu begleiten und zu fördern. Vertrauen zu genießen, Freude über Erfolge zu teilen, aber auch gemeinsam durch Tiefen zu gehen: Das verbindet und gibt mir immer wieder Kraft für neue Aufgaben. Der Erwerb schulischen Wissens ist wichtig, doch vieles wird gelernt und wieder vergessen. Kinder und Jugendliche an die positiven Seiten des Lernens heranführen zu dürfen, das ist im Diakonie Zentrum Spattstraße zu meiner Lebensaufgabe geworden.“ Eva Strigl ist seit 25 Jahren als Pädagogin im Diakonie Zentrum Spattstraße tätig. Sie ist Schulverantwortliche im Sonderkrankenhaus für Kinder- und Jugendpsychiatrie.

JOYCE MATARA „Schön ist es, wenn ... ... ich beim Lernen sehe, wie ich mich selbst verbessere. ... ich mir beim Lernen selbst aussuchen kann, womit ich mich beschäftigen will. ... ich beim Lernen mein Tempo selbst bestimmen kann. So habe ich auch ein Schuljahr übersprungen.

Wir haben jetzt die vierte Schulstufe in der Mehrstufenklasse abgeschlossen. Die Volksschulzeit war schön, weil in unserer Klasse so viele verschiedene Kinder sind. Es ist auch schön, zu sehen, dass wir die Sachen, die die Jüngeren gerade lernen, schon wissen. Wenn sie uns fragen, sind wir die Experten, und das ist ein gutes Gefühl.“ Matthias H., Raphael W., Lina R. und Johannes R. haben von 2011 bis 2015 die Mehrstufenklasse 1 an der Lutherschule der Diakonie in Wien besucht. Im Herbst wechseln sie in andere Schulen. Das ist für die Kinder aufregend, aber sie sind gut vorbereitet und freuen sich auf das Neue.

„Immer wenn ich etwas Neues lerne, fühle ich mich sicherer in meiner Arbeit und kann den großen Fragen, die die Welt bewegen, sicherer begegnen. Das ist in der sozialen Arbeit, die wir machen, ein wichtiger Teil. Außerdem kann ich mithilfe des Lernens als Frau so weit kommen, wie es sonst nur die Männer können.

Das ist in meiner Kultur nicht selbstverständlich, und darüber bin ich sehr froh.“ Joyce Matara arbeitet bei Jairos Jiri Association in Simbabwe. Als Kind lebte sie bei Verwandten im ländlichen Simbabwe, und es war schwierig für sie, die Schule zu besuchen. Im Lauf ihres Lebens hat sie um jeden Ausbildungsschritt gekämpft. Derzeit studiert sie in den Niederlanden. Ihr Ziel ist es, das Doktoratsstudium in Sozialwissenschaften abzuschließen.

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SCHWERPUNKT

Die Zukunft der „Verlorenen“ Kinder und Jugendliche brauchen auf ihrem Bildungsweg besondere Unterstützung und die richtige Hilfe, wenn sie nicht mehr klarkommen. So lassen sich Kinderarmut, Schulabbruch und Hoffnungslosigkeit bekämpfen.

VON MARTIN SCHENK

U

m Mitternacht läutet es an der Tür.

Draußen steht ein vielleicht 15-jähriger Bursche, den Blick auf den Boden geheftet, die Hände tief in den Taschen seiner Jacke vergraben. Pascal ist von zu Hause ausgerissen. Es geht nichts mehr.

Seit 20 Jahren bietet die Krisenstelle Waki in Linz Jugendlichen täglich und rund um die Uhr Zuflucht. Das Waki in der Schubertstraße ist ein offenes Haus. Meist herrscht reges Treiben. „Es ist ein Kennenlernen und Abschiednehmen, ein Kommen und Gehen“, erzählt Sozialpädagogin Christine Khek. „Von herzerfrischendem Gelächter und Freudenschreien bis hin zu Tränen,

Schulabbruch Wie verhindern?

erfolgreiche präventive Maßnahmen

schulintern

Wut oder Suiziddrohungen.“ Innerhalb von vier Monaten wird versucht, mit dem oder der Jugendlichen einen Ausweg zu finden. Das kann ein neuer Anfang mit den Eltern sein, das kann ein Platz in einer Wohngruppe sein.

Großes Potenzial Pascal ist zur Ruhe gekommen, die Achterbahn der Emotionen ist gestoppt. Er und seine Eltern versuchen unter Begleitung eine neue Annäherung. „Immer wieder staunen wir darüber, dass die Jugendlichen trotz widrigster Lebensumstände ein großes Potenzial für wundersame Entwicklungen mitbringen“, sagt Christine Khek, während sie auf ihrem Computer nach freien Lehrstellen sucht.

30.000 Kinder und Jugendliche sind auf Unterstützung durch die Jugendhilfe angewiesen.

Mehr als 8.000 Jugendliche brechen jedes Jahr vorzeitig die Schule ab. 78.000 junge Menschen im Alter zwischen 16 und 24 Jahren sind weder beschäftigt noch in Ausbildung. Um die 60.000 Minderjährige verbringen ihre Tage unter Mindestsicherungsbedingungen.

Die vier Strategien zur Bewältigung systemisch

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außerhalb der Schule

Quelle: Lyche C. (OECD 2010), eigene Übersetzung und Darstellung

Welche subjektiven Bewältigungsstrategien Kinder in solchen Situationen entwickeln, wurde in einer groß angelegten Studie in Deutschland untersucht. Die vier möglichen Strategien waren: 1. Mit sich selbst ausmachen.

2. Soziale Unterstützung suchen.

3. Anstatt-Handlungen; das beschreibt die Um-

SCHWERPUNKT

„Immer wieder staunen wir, dass Jugendliche trotz widrigster Umstände ein großes Potenzial mitbringen“

bewertung von Ereignissen, beispielsweise in der Form, dass ein Kind sich einzureden versucht, ein sehnlichst gewünschtes Spielzeug sei gar nicht schön, oder es wolle mit bestimmten Kindern, von denen es ausgeschlos­ sen wurde, ohnehin nichts zu tun haben.

4. An die Umwelt weitergeben: Das umfasst sowohl aggressive Verhaltensweisen als auch Auseinandersetzung mit den Eltern.

Die Kategorie „mit sich selbst ausmachen“ wurde am häufigsten genannt. Sie steht für ein Verhalten, das die Kinder mit „weggehen“, „nachdenken“, „an etwas anderes denken“ beschreiben.

Wenn vieles zusammenkommt In äußerst beengten Verhältnissen und überbelegten Wohnungen ist es für Kinder schwieriger, sich auf Aufgaben zu fokussieren. Aber es muss gehen.

Die älteste Tochter von Frau Kellner, Petra, passt an vier Nachmittagen auf die kleineren Geschwister auf. Da ist die Mutter bei der Arbeit.

Und wenn die Mutter nicht mehr kann, springt sie ein. „Im letzten Winter haben sie uns den Strom abgedreht“, erinnert sich Bettina Kellner.

Es war bitterkalt in der Wohnung. „Die Kinder haben geweint.“ Und wochenlang nicht gelernt. „Petra, jetzt 14, fühlt alles akut mit und sieht, dass wir mit den täglichen Aufgaben allein dastehen. Nahe Verwandte in der Nähe gibt es nicht und meine Mutter ist bettlägerig.“ Das Mädchen ist mit der Schule und den Herausforderungen der Pubertät eigentlich überfor-

dert, knickt immer wieder ein, ist oft krank und von lähmender Müdigkeit befallen. Viele Jugendliche reagieren mit depressiven Verstimmungen auf belastende und überfordernde Situationen.

Es ist nicht nur ein Faktor, der zu schlechten Schulleistungen führt. Es ist nicht ein Faktor, der Kindern aus ökonomisch benachteiligten Familien geringe Aufstiegschancen beschert. Es ist die Kombination aus einem Bündel von Kriterien: Eine überbelegte Wohnung trifft zusammen mit einer Halbtagsschulordnung. Geringes Einkommen steht einem einkalkulierten Nachhilfesystem gegenüber. Mangel an Unterstützung zu Hause kommt mit eigener Erschöpfung und Unkonzentriertheit zusammen. „Ich hab keinen Lehrabschluss, mein Leben ist sowieso gelaufen“, sagt Pascal. Doch: Niemand darf so einfach verloren gehen. Das Projekt „c’mon 14“ oder „move on“ in Wien geht in die Schulen und bietet Hilfe an, wenn es nicht mehr geht. Das wird gut angenommen, wie man hört.

Die Ökonomin Erna Nairz-Wirth unterscheidet den schulinternen Bereich, den Bereich außerhalb der Schule und das systemische Feld dazwischen

Schlafen und lernen im Waki In Oberösterreich fängt die Diakonie junge Leute in ihrer Notschlafstelle Waki auf, investiert in frühe Hilfen und begleitet in 237 Schulen Kinder und Jugendliche im Alltag; sie hilft beim Lernen, hat ein offenes Ohr bei Problemen und gibt Halt, wo sonst keiner wäre. Jobcoaching und Schul­ assistenz sind gute Beispiele für niederschwellige Angebote, also Unterstützung ohne Hürden, lebensnah, flexibel und unbürokratisch.

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Themen

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SCHWERPUNKT

Abhängigkeit der Leseleistung vom sozioökonomischen Status der Eltern Nach Erstselektionsalter bis 16 Jahre

Erstselektionsalter

19,2 18,9

Ungarn Belgien

Österreich Tschechien Deutschland Slowakei Schweiz Niederlande Vereinigtes Königreich Spanien Dänemark Schweden

5,2

Finnland Quelle: PISA 2009, eigene Berechnungen

0%

5

12,5 12,0 12,0 11,1 11,5 11,5 10,6 9,9 10

heißt aber auch, dass es das nur bruchstückhaft gibt. Es bräuchte jedoch einen flächendeckenden Ausbau von schulunterstützender Sozialarbeit wie auch mehr Schnittstellen zwischen Schule und offener Jugendarbeit.

Wenn sich die Schule hin zum Stadtteil und Grätzel öffnet, kann sie Lernraum werden für Aktivitäten in Gesundheit oder Erwachsenen­ bildung, Spracherwerb, bei Kultur- oder Sportveranstaltungen.

Die drei Mängel

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12 10 11 10 11 10 12 16 16 16 16 16

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durch Berufsstatus (HISEI) erklärter Varianzanteil im Lesen (PISA 2009)

u „Beispiele“

Die Ökonomen Eric Hanushek und Ludger Wößmann befassen sich mit dem Versagen des Human­ kapitals als Indikator für die wirtschaftliche Entwicklung der Weltregionen.

14,2 14,0

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Neuere Studien der Wirtschaftsuniversität Wien zum Schulabbruch weisen auf die Mängelstellen hin. Die Ökonomin Erna Nairz-Wirth unterscheidet drei Felder: den schulinternen Bereich, den Bereich außerhalb der Schule und das systemische Feld dazwischen.

Schulinterne Risikofaktoren sind zu große Lerngruppen, mangelnde pädagogische Kooperation oder nicht vorhandenes Mentoring.

Systemisch steigt das Risiko mit nicht vorhandenen ganztägigen Schulformen, dem System des Sitzenbleibens oder mangelnden vorschulischen Angeboten.

Außerschulisch läuft es falsch, wenn es keine Elternarbeit gibt, keine Öffnung zur Schulumgebung, zum Stadtteil und keine Kooperation mit der offenen Jugendarbeit. Österreich braucht gute Konzepte, um wirtschaftlich schlechte Zeiten zu überbrücken. Die anhaltende europäische Austeritätspolitik treibt zu viele in die Hoffnungslosigkeit, obwohl Investitionen dringend nötig wären. Dabei wäre im Regierungsübereinkommen dazu einiges zu finden. So wird beispielsweise im Kapitel „Wachstum und Beschäftigung“ besonders auf Jugendprojekte und die großen Lücken bei den sozialen Diensten im ländlichen Raum verwiesen. Im Ka-

pitel „Österreich fit für die Zukunft machen“ sind Gesundheitsförderung für Kinder, die Stärkung von frühen Hilfen und der Ausbau außerschulischer Jugendarbeit angeführt. In zahlreichen Ab­ schnitten werden Investitionen in soziale Dienst­­leistungen angesprochen: Pflege, Kinder, Bildung können gerade jetzt als Impuls für Beschäftigung und Konjunktur genützt werden.

Die OECD bezeichnet in ihrem brandneuen Bericht die ­ steigende soziale Ungleichheit in Europa als wirtschaftsfeindlich und verweist auf die Mög­lichkeiten, speziell im Kinderbereich gegenzusteuern.

Schnittstellen verbinden Es geht darum, jungen Leuten, die als „verloren“ gelten, Zukunft zu geben. Es geht darum, die Schnittstellen zwischen Schule, sozialer Arbeit und Ausbildung zu sichten und zu verbinden. Es geht darum, präventiv und frühzeitig zu helfen.

Denn abseits des persönlichen Leids erzeugen mangelnde Investitionen und Hilfe soziale und gesellschaftliche Kosten. Eine höhere Schul­ abbrecherquote etwa verursacht durch steigende Sozialausgaben, höhere Ge­sund­heits­kosten und entgangene Steuereinnahmen Kosten von drei Milliarden Euro bei 10.000 Drop-outs.

Die soziale Schere ist teuer Die soziale Schere kommt uns teuer. Nach Schätzungen der Bildungswissenschafter Eric Hanushek und Ludger Wößmann würde sich das jährliche Wachstum des Bruttosozialprodukts in Österreich um einen halben Prozentpunkt erhöhen, könnte der Anteil der SchulabgängerInnen mit geringen Lesekompetenzen auf null reduziert werden.

Pascal hat mittlerweile eine Lehrstelle gefunden. Das Waki hat dabei geholfen.

WISSEN

EN S S I W

Schulen in benachteiligten Bezirken brauchen bessere Ausstattung

g Soziale Mobilität

Zeigt Aufstieg oder Abstieg an. Bedeutet die Bewegung von Einzelpersonen und/oder Gruppen zwischen unterschiedlichen sozioökonomischen Positionen.

Intergenerationenmobilität: soziale Mobilität über die Generationen Intragenerationenmobilität: soziale Mobilität innerhalb eines Menschenlebens

g Kompensatorische Ressourcenzuteilung

Schulen in sozial benachteiligten Bezirken sollen besonders gut ausgestattet werden, damit sie keine Schülerin und keinen Schüler zurücklassen und für alle Einkommens­ schichten attraktiv bleiben. Mit einem solchen Sozialindex, der u. a. Bildungsstand, Beruf und Einkommen der Eltern umfasst, würde eine Schule um einen bestimmten Prozentsatz X mehr an Ressourcen bekommen. Mehr Geld bedeutet aber nicht unbedingt, dass sie qualitativ besser wird. Deswegen muss jeder Standort einen Plan entwickeln, wie er die Ressourcen am sinnvollsten einsetzt.

g NEET

„Not in education, employment or training“, nicht in Aus­ bildung, Arbeit oder Schulung. Bezeichnet die Gruppe Jugendlicher und junger Erwachsener, die keine Schule besuchen, keiner Arbeit nachgehen, sich nicht in beruflicher Ausbildung befinden und dies auch nicht unmittelbar anstreben.

g Bildungsstandards

Bildungsstandards sind konkret formulierte Lernergebnisse, die sich aus den Lehrplänen ableiten lassen. Sie legen jene Kompetenzen fest, die SchülerInnen bis zum Ende der 4. Schulstufe in Deutsch und Mathematik sowie bis zum Ende der 8. Schulstufe in Deutsch, Mathematik und Englisch nachhaltig erworben haben sollen. Dabei handelt es sich um Fähigkeiten, Fertigkeiten und Haltungen, die für die weitere schulische und berufliche Bildung von zentraler Bedeutung sind.

g Inklusion

Fragt danach, ob die Institutionen menschengerecht, und nicht, ob die Menschen institutionengerecht sind. Am Beispiel der Schule: Es ist normal, dass es Kinder verschiedener sozialer Herkunft gibt – deshalb ist eine Schule ohne Kinder aus ärmeren Elternhäusern keine normale Schule. Es ist normal, dass es Kinder mit mehreren Sprachen gibt – deshalb ist eine Schule ohne mehrsprachige Kinder keine normale Schule. Und es ist normal, dass Kinder unterschiedlich sind – deshalb ist eine Schule ohne Kinder mit Beeinträchtigungen keine normale Schule. Inklusion von Kindern mit Behinderungen funktioniert nicht, wenn es zu wenige IntegrationslehrerInnen gibt.

Wenn geschlossene „Ausländerklassen“ zum Deutsch­ lernen errichtet werden, wenn zweisprachige Begleit­ lehrerIn­nen an allen Ecken und Enden fehlen, wenn nicht durchmischte Restklassen entstehen, wenn die Klassen überfüllt sind, wenn die Raumarchitektur flexible, vielfältige Lernformen nicht zulässt – dann wird es nichts mit der Inklusion.

g Produktionsschulen

Die Konzeption der Produktionsschulen im deutschsprachigen Raum ist eine Adaptierung einer in Dänemark entstandenen Unterrichtsmethode. Das Besondere ist der pädagogische Ansatz, der Arbeiten und Lernen kombiniert. Sie zeichnen sich durch eine zielgerichtete Verschränkung von beruflicher Qualifikation oder beruflicher Ausbildung mit erwerbsorientierter Produktion aus. Die Diakonie hat mit der inklusiven FIT-Schule (www.ifit.or.at/) ein Angebot, das sich vor allem an Jugendliche und junge Erwachsene richtet, die aus verschiedensten Gründen im regulären Schul- und Ausbildungssystem nicht Fuß fassen haben können und daher von Ausgrenzung gefährdet sind. www.ifit.or.at

Themen

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INTERVIEW

Mehr Chancen, mehr Leistung Bildungsforscher Johann Bacher 端ber die Faktoren f端r bessere Unterrichtsqualit辰t: mehr Zeit f端r das Unterrichten, anregende Aufgaben, gutes Klassenklima und gute Feedbackkultur.

INTERVIEW: MARTIN SCHENK FOTOS: NADJA MEISTER

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Themen

INTERVIEW

DiakonieThemen: Die Chancen und Lernerfolge von Kindern hängen in Österreich sehr stark vom Einkommen und Status der Eltern ab. Warum ist das so?

Johann Bacher: Drei Faktoren spielen dabei eine Rolle: 1. Das österreichische Schulsystem delegiert sehr viele Aufgaben an die Eltern, gerade die Bildungsaufgaben. Daher hängt viel davon ab, ob die Eltern unterstützen können oder nicht. In der Soziologie wird das als primärer Schichteffekt bezeichnet.

2. Selektion: Österreich trennt die Kinder zu früh. Je früher die Trennung, desto weniger spielt der Leistungseffekt eine Rolle, und desto stärker wirkt der soziale Hintergrund bei der Bildungsentscheidung.

Dies wird als sekundärer Schichteffekt bezeichnet.

3. Die soziale Zusammensetzung in der Schule: Schulen in ärmeren Vierteln mit Arbeitslosigkeit oder niedrigerem gesellschaftlichem Status wirken sich ungünstig auf die Bildungschancen der Kinder aus.

Das nennen wir soziale Kontext- bzw. Kompositionseffekte.

UNIV.-PROF. MAG. DR. ­JOHANN BACHER ist Professor für Soziologie an der Johannes Kepler Universität Linz und derzeit Dekan der sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Methoden der empirischen Sozialforschung und Soziologie der Jugend.

sung auf Grundlage der sozialen Ausgangssituation, mit dem Auftrag: Bitte entwickelt einen Plan, damit das Leistungsniveau an der Schule steigt. Die Schule legt dann diesen Plan vor und bekommt das Geld zugewiesen.

? Wie steht Österreich im europäischen Vergleich da? ? Wer genau entwickelt den Plan? Österreich ist leider im Spitzenfeld, was die Abhän- Die Legitimation soll durch eine erweiterte Schulpartgigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft nerschaft erfolgen. Diese setzt sich aus Eltern, Schüanbelangt. Es ist wichtig, zu betonen, dass es hier lerInnen, LehrerInnen, Schulleitung, Schulerhalter um die soziale Herkunft geht, und Akteuren aus dem nahen das heißt, um den BildungsUmfeld wie einem Kulturver„Was die Abhängigkeit und Berufshintergrund sowie ein, Sport- oder Musikverein des Bildungserfolgs von das Einkommen der Eltern. zusammen. Helfen können der sozialen Herkunft Migrationshintergrund spielt auch Leute aus der Jugendanbelangt, ist Österreich nur eine untergeordnete Rolle. arbeit oder der Schulpsychologie. Diese können den Plan im Spitzenfeld“ unter dem Aspekt betrachten, ? Bedeutet das, der soziaob genügend Maßnahmen enthalten sind, die tatle Status schlägt die ethnische Herkunft? sächlich die Leistungen der SchülerInnen steigern Ja, alle Befunde sagen, dass dieser wesentlich domi- können. Der Schlüsselfaktor ist hier die Erhöhung der Unterrichtsqualität, verbunden mit einer regionalen nanter und stärker ungleichheitserzeugend wirkt.

Einbettung. ? Wohnen und Arbeitsmarkt gehören da auch dazu? ? Wie ist das zu finanzieren?

Ausgewogene soziale Wohnbaupolitik in den Städten Grundsätzlich glaube ich, dass Geld im Schulsystem trägt zu einer sozialen Durchmischung bei und redu- zur Verfügung steht. Wichtig wäre zunächst ein ziert damit den Kompositionseffekt.

Kassensturz im Bildungsbereich. Wir wissen derzeit nicht, wie viele Mittel tatsächlich bei dem Schüler, der ? An welchen Schrauben muss man in der Schülerin ankommen.

Schule drehen?

Eine Interventionsmöglichkeit wäre eine kompensato­ ? Mehr Geld muss mehr Qualität heißen. rische Ressourcenzuteilung. Das heißt: Schulen mit Ja. Wichtig wäre, aus der Evaluierung der Neuen Miteinem hohen Anteil an sozial benachteiligten Schüle- telschule (NMS) zu lernen. Diese hat gezeigt, dass rInnen bekommen zusätzliche finanzielle Mittel, um die erste Generation der NMS gut abgeschnitten hat und die zweite Generation kaum mehr Verbesserundie Problemlage zu bewältigen. In den Niederlanden wird das bereits seit den 1980er-Jahren praktiziert. gen erbracht hat. Eine Ursache dafür ist mit Sicherheit Mein Modell: Die Schule bekommt eine fiktive Zuwei- die Art der Einführung. Die erste NMS-Generation hat

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Themen

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INTERVIEW

als auch in kultureller und politischer Hinsicht. Damit ist Teilhabegerechtigkeit als zentraler Wert gefährdet.

Das größte Risiko, in diese Situation zu geraten, ist der frühe Schulabbruch. Hinzu kommen noch jene Jugendlichen, die eine Lehre oder eine berufsbildende mittlere oder berufsbildende höhere Schule beginnen und dann abbrechen.

? Was wäre hier der Beitrag der Schule?

Ein gewisser Prozentsatz an SchulabbrecherInnen ist nicht vermeidbar. Diese brauchen wahrscheinlich eine andere Art Schule – in diesem Bereich haben sich in Österreich ganz gut die Produktionsschulen entwickelt, die stärker auf handwerkliche Leistungen und Kompetenzen abzielen und weniger auf die kognitiven Kompetenzen. Außerdem wäre es noch wichtig, im dualen Ausbildungsbereich nachzujustieren und noch stärker Teilqualifizierungen zu vermitteln. ? Warum so viel Aufwand für das Herstellen von Chancengleichheit, wenn danach Wettbewerb, schlechte Jobs oder Arbeitslosigkeit drohen?

Aber es ist doch so, dass Chancengleichheit als wichtiges gesellschaftspolitisches Ziel in Österreich noch gar nicht ausreichend akzeptiert ist. Die Kehrseite dieser Nichtakzeptanz ist, dass sich auch das Leistungsprinzip noch nicht adäquat durchgesetzt hat. Die Kritik, dass in Österreich zu wenig Leistungsmotivation vorhanden ist, hängt damit zusammen, dass es zu wenig Chancengleichheit gibt.

u

sich primär aus Schulen in der Steiermark und in Vorarlberg zusammengesetzt. Hier war die Einführung sehr gut vorbereitet und begleitet. Das Ziel muss darin bestehen, die Unterrichtsqualität zu verbessern, das heißt mehr Zeit für das Unterrichten zu haben, anregende Aufgaben zu stellen. Außerdem sind gutes Klassenklima und gute Feedbackkultur wichtig.

Feedbackkultur heißt, dass SchülerInnen Rückmeldungen über ihre Leistung und Anstrengung bekommen. Hier haben wir ein großes Defizit.

? Bildungsstudien sagen, Österreich hat viele sogenannte „RisikoschülerInnen“.

Viele SchülerInnen haben am Ende der Pflichtschulzeit sehr geringe Kompetenzen. Es wurden nicht genügend Kompetenzen vermittelt, um am gesellschaft­ lichen Leben teilzunehmen, sowohl in wirtschaftlicher 12

Themen

? Wie definieren Sie Chancengleichheit als gesellschaftspolitisches Ziel?

Chancengleichheit bedeutet, dass jeder aufgrund seiner Motivation, seiner Fähigkeiten und seiner erworbenen Kompetenzen Chancen hat, beruflich aufzusteigen bzw. einen Beruf zu finden. Wenn nun wie in Österreich Chancen mehr von „Vitamin B“, dem Zufall der Geburt oder dem Schulstandort abhängig sind als von dem, was man geleistet oder investiert hat, dann stellt sich die Frage, warum man das Prinzip zur eigenen Handlungsmaxime machen sollte.

Man kann nicht immer nur die Leistungsmotivation einfordern, ohne gleichzeitig mit Nachdruck zu sagen, dass wir mehr Chancengleichheit brauchen. ? Jetzt kann die Jugendhilfe bis 18 Jahre in Anspruch genommen werden. Wie sehen Sie das?

Bei den Maßnahmen darf man nicht mit einem bestimmten Alter aufhören. Es bedarf einer Nachbetreuung. Maßnahmen brauchen daher flexiblere Altersgrenzen. Insgesamt müssen wir uns derzeit stärker über Arbeitslosigkeit den Kopf zerbrechen.

Wir brauchen Investitionen in die Infrastruktur, wenn der Konsum und die privatwirtschaftlichen und unternehmerischen Investitionen auslassen.

PROJEKTE

Berufe für die Zukunft Schulen für Sozialbetreuungsberufe.

Die mobile Frühförderung hilft seit 25 Jahren Die Ausbildung „Altenfachbetreuung“ enthält auch viele praktische Elemente

A

usbildung mit Zukunft! Das ist das Motto der Schulen für Sozialbetreuungsberufe des Diakoniewerks Gallneukirchen. Interessierte können hier in den Bereichen Altenarbeit, Behindertenarbeit, Behindertenbegleitung oder Gesundheits- und Krankenpflege eine fundierte Ausbildung absolvieren.

Standorte gibt es in Wels, Salzburg, Ried im Innkreis, Mauerkirchen, Linz und Gallneukirchen.

Auch die Diakonie de La Tour in Kärnten führt in Feldkirchen/Waiern eine Schule für Sozialbetreuungsberufe. Dort hat mit Schulbeginn im September 2015 ein Kolleg für Sozialpädagogik gestartet. Die Ausbildung mit dem Schwerpunkt „Kind, Jugend und Familie“ ist berufsbegleitend.

www.zukunftsberufe.at, www.diakonie-delatour.at/sob

Mein Zuhause, meine Schule

25 Jahre Assistenz für SchülerInnen

Eine Schulassistentin bei ihrer Arbeit in einer Sonderschulklasse

So früh wie möglich

Unterstützung für Kinder mit Behinderungen.

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ie Information, ein Kind mit Behinderung zu haben, trifft viele Familien völlig unvorbereitet. Je früher solche Familien Unterstützung erhalten, umso besser.

Seit 25 Jahren hilft die mobile Frühförderung des Diakonie Zentrums Spattstraße Familien in dieser schwierigen Lebenssituation. In Oberösterreich sind insgesamt 26 Persinen in der Frühförderung im Einsatz. Eine Frühförderin oder ein Frühförderer kommt einmal pro Woche für die Dauer von 90 Minuten zur Familie nach Hause. Im Fokus steht die spielerische Förderung der Kinder.

In den letzten 25 Jahren konnten so 1.430 Familien betreut werden.

www.spattstrasse.at

J

onas rollt ganz schön schnell in seinem Rollstuhl über den Gang der Schule. Wie seine Freunde aus der Nachbarschaft freut ihn das Lernen manchmal mehr, manchmal weniger. „Hier treffe ich meine Freunde und es ist schön, dazuzugehören.“ Vor 25 Jahren war es noch nicht selbstverständlich, dass Kinder mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen in ihrem Schulsprengel am Unterricht teilnehmen konnten.

Oft mussten sie sich sogar von ihrer Familie trennen und im Internat wohnen, weil sie nur in spezielle Schulen gehen konnten.

Die Schulassistenz ermöglicht Kindern mit Beeinträchtigung den Besuch der Schule in der Wohngemeinde. Über das Diakonie Zentrum Spattstraße in Oberösterreich arbeiten derzeit 470 AssistentInnen an 297 Schulen. Finanziert wird dieses Angebot vom Land Oberösterreich. www.spattstrasse.at/unserangebot/schulassistenz

Themen

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WORDRAP

WORD RAP

MIT LOU LORENZDITTLBACHER, REDAKTEURIN UND MODERATORIN

LOU LORENZ-­DITTLBACHER wurde in Wien geboren und begann nach der Matura Latein und Französisch zu studieren. Das Studium brach sie ab und fand den Weg in den Journalismus.

Sie arbeitete zunächst bei mehreren Tageszeitungen und wechselte 1999 in den ORF. Dort moderierte sie die „Zeit im Bild“-Ausgaben um 9 Uhr, die ZiB 3, die ZiB 20 und die ZiB 24, deren stellvertretende Sendungsverantwortliche sie auch war. Seit 2010 moderiert sie die ZiB 2. Lou LorenzDittlbacher ist evangelisch.

Sie ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann und der gemeinsamen Tochter in Wien.

Das Gute sehen JUGEND?

SCHULE?

Wunderbar.

War nicht immer nur schön dort.

CHANCEN? Sollten für alle gleich sein.

LERNEN? Ein ganzes Leben.

INTERNET? Unverzichtbar, meistens hilfreich und nützlich, manchmal ein Zeitfresser.

DIAKONIE? Ich bin dankbar, dass es Menschen gibt, die helfen, wo geholfen werden muss.

ZIB? Meine journalistische Heimat.

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Themen

WISSENSDURST? Hatte ich mein ganzes Leben, und das bleibt hoffentlich so.

ZEUGNIS? Mochte ich nie.

MEDIEN? Die meisten sind viel besser als ihr Ruf.

ERSTREBENSWERT? Gelassenheit und die Fähigkeit, vor allem das Gute zu sehen.

MEIN MOTTO? Weitermachen.

DIAKONIE WÖRTLICH

„Allein sein ist blöd!“ Hadi und Sofia sind „HoffnungsträgerInnen“ der Diakonie.

Hier erzählen sie, warum Lernen so wichtig für sie ist.

Hadi

„Ich habe die Schule nachgeholt und bin bereit für mehr“ Hadi stammt aus Afghanistan, ist 20 Jahre alt und seit drei Reise über den Iran nach Österreich gekommen. „Jetzt will Jahren in Österreich. Im vergangenen Jahr konnte er endlich ich Arbeit finden. Ich muss Geld verdienen und möchte einen Deutschkurs machen und hat im Bildungszentrum meine Familie schützen“, sagt er. „Ich mache alles, ich BACH des Diakonie Flüchtlingsdiensts seinen Hauptschulbleibe stark. Mir ist egal, wie viele Stunden ich arbeiten abschluss absolviert. Jetzt möchte muss. Ich will ihnen helfen.“ Hadi einen Lehrplatz finden. Wenn er Stolz ist Hadi auf seinen Schulaballein zu Hause ist, hört er gerne Musik schluss. „Bei der Hauptschulabund kocht. schlussprüfung war ich gut. Mathe 1, Hadi ist ein sehr nachdenklicher, oft Deutsch 2, Biologie und die anderen trauriger junger Mann. „Früher hatte Fächer alles Zweier, nur Englisch finde ich ein Ziel. Jetzt habe ich kein Ziel, ich schwierig. In neun Monaten hab keine Zukunft“, sagt er. Hadi ist ganz ich das alles geschafft, ich war sehr allein aus Afghanistan geflohen. Er ist stolz auf mich. Ich habe jetzt Vertrauen, nach einer langen und schwierigen Hadi ist allein aus Afghanistan geflohen dass ich viel lernen kann.“

Sofia

erzählt Sofia. Wenn Sofia groß ist, möchte sie Apothekerin werden. „Es ist wichtig, anderen zu helfen, dann geht’s allen besser. Ich habe schon Menschen kennengelernt, die sich für was Besseres halten.

Die wollten dann nicht mehr mit mir reden, Sofia ist 13 Jahre alt und kommt aus dem Iran. Sie wohnt aber mir ist das egal. Ich gehe einfach weimit ihren Eltern und ihrem kleinen Bruder in St. Pölten. Sie ter“, erzählt das Mädchen. hat innerhalb von sechs Monaten sehr gut Deutsch gelernt.

Ihre Großfamilie fehlt Sofia sehr. „Zusammen sein „Meine Lehrerinnen haben alles öfter für mich wiederholt. macht Spaß, Allein sein ist blöd“, meint Sofia. Seit Sofias Sie wollten, dass ich immer besser werde. In allen Fächern Familie ein junges Paar als „Paten“ hat, haben sie mir geholfen“, erzählt Sofia geht es ihnen viel besser. „Leni und dankbar.

Stefan haben wir über das Projekt Sofia macht gern Sport und ist im Elongó der Diakonie kennengelernt.

Cheerleader-Team. „Ich bin ein Flyer.

Sie helfen mir beim Lernen. Stefan Manchmal bin ich ganz oben in der spielt mit mir Federball, Leni geht mit Pyramide, weil ich leicht bin und mich mir zum Sport. Die beiden helfen uns gut konzentrieren kann. So falle ich viel. Man kann seine Probleme nicht nicht runter. Ich schau einfach auf eialleine lösen. Man muss mit jemannen Punkt und denke an nichts. Ich dem reden können.“ weiß, dass die unten uns auffangen“, Sofia mit ihren Eltern und ihrem kleinen Bruder

„In meinem Cheerleader− Team bin ich ein Flyer“

Mehr über das Bildungszentrum BACH und das Paten-Programm Elongó der Diakonie erfahren Sie hier: www.fluechtlingsdienst.diakonie.at

Themen

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MYTHEN & MÄRCHEN

Ist Bildung der Schlüssel gegen ­soziale Spaltung?

Bildung kann viel, aber nicht alles.

VON MARTIN SCHENK

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STIMMT´S MYTHEN & MÄRCHEN

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ildung kann viel, aber nicht alles leisten. So hat Finnland Spitzenwerte beim Schulerfolg sozial benachteiligter Kinder, aber trotzdem eine hohe Jugendarbeitslosigkeit. Die beste Schule nützt nichts, wenn die Übergänge zum Arbeitsmarkt mangelhaft sind oder Jobs fehlen. Bildung führt nicht automatisch zu sozialem Aufstieg. Wo Wissen zum ausschlaggebenden Faktor im Wettbewerb wird – Stichwort Wissensgesellschaft –, da verschärfen sich soziale Ungleichheiten.

Bildung als individuelles Hochrüstungstool im Wettkampf vergrößert die soziale Spaltung. Es geht immer auch darum, ob Bildung am Arbeitsmarkt „verwertbar“ ist. Tausende müssen in Öster­reich weit unter ihrer Qualifikation arbeiten.

„Bildung hört man mehr, als man sie sieht“ August Gächter

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Schlüssel und Schloss Deutsch lernen sei der Schlüssel zur Integration, heißt es. Die Sache ist aber komplizierter, sonst müssten die Jugendlichen in den Pariser Vorstädten bestens integriert sein, sprechen sie doch tadellos Französisch. Es fehlt an Jobs, Aufstiegsmöglichkeiten, Wohnraum, Netzwerken. Ein Schlüssel braucht immer auch ein Schloss. Die einen investieren nur in Schlüssel, die anderen nur in Schlösser, und dann wundern sich alle, dass die Türen nicht aufgehen.

Untersuchungen zeigen: Für MigrantInnen ist

die Verwertung der Bildung ein größeres Problem als die Bildung selbst. Vom gesamten so­ zia­len Unterschied zwischen der Bevölkerung, die ihre Bildung in Drittstaaten erworben hat, und der Bevölkerung mit im Inland geborenen Eltern ist nur ein Drittel auf den Unterschied in der Bildung zurückzuführen. Zwei Drittel dieses sozialen Unterschieds sind – bei gleicher Bildung – durch ungleiche Chancen am Arbeitsmarkt verursacht.

Geschlecht, Alter, Aussehen, Auftreten und Akzent: Das entscheidet bei Bewerbungen. Die Unterschiede werden deutlich. Wir sind es gewohnt, andere sozial einzuschätzen: Wie reden sie, wie sind sie angezogen, was lesen sie, was sehen sie im Fernsehen, was essen sie, welche Musik hören sie, welches Auto fahren sie? „Bildung hört man mehr, als man sie sieht. Den materiellen Besitzstand sieht man dagegen eher, als dass man ihn hört“, bringt es der Sozialwissenschafter August Gächter auf den Punkt.

Bei Bewerbungsgesprächen spielt die „gehör­ te Bildung“ mit Namen und Akzent die größte Rolle, dann erst kommt die wirkliche Qualifika­ tion. Versuche mit unterschiedlichen Absendernamen bei Bewerbungsbriefen haben gezeigt, wovon Einladung oder Desinteresse abhängen: Michael ja, Mustafa nein.

Druck nach unten Die Nachfrage nach gering qualifizierten Tätigkeiten ist größer als die Anzahl an Menschen mit geringen Qualifikationen, die zur Verfügung stehen. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten im Niedriglohnsektor hat eine mittlere Ausbildung.

Es gibt einen Überschuss an mittleren Ausbildungen und zu wenig Gering­qualifizierte für die zahlreichen „unteren“ Jobs.

Wenn davon gesprochen wird, dass Bildung die soziale Frage löst, dann muss auf den Widerspruch in Bezug auf die große Nachfrage im Niedriglohnsektor verwiesen werden. Und es muss der Druck zur Sprache kommen, der mittlerweile besser Gebildete dazu zwingt, im untersten Sektor zu arbeiten.

FACHKOMMENTAR INHALT

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Alt und Jung unter einem Dach

Geragogik im Gymnasium: SchülerInnen lernen das dritte und vierte Lebensalter kennen.

I

Seit 2013 gibt es nun auch ein Wahlpflichtfach n der Erdbergstraße 222 in Wien sind Alt und Jung unter einem Dach vereint, seit im Jahr „Geragogik – Andragogik: Der alte Mensch in unserer Gesellschaft“, in dem wir uns mit den 2006 das Evangelische Gymnasium und die Bedürfnissen von Menschen im dritten und vierSenioren-Hausgemeinschaften der Diakonie in ten Lebensalter auseinandersetzen. Die Kinder das neu erbaute Gebäude übersiedelten.

Doch die beste Idee und Planung helfen nicht, lernen dabei die theoretischen Inhalte ebenso wenn die Menschen auf beiden Seiten nicht mit- kennen wie die Praxis. Für die Theorie konnte ich Gastdozenten aus Pflege und Medizin einander in Kontakt kommen. Aber kann man Kontakt verordnen? Vielleicht nicht verordnen, finden. Bei Exkursionen bekommen die Schülerinnen und Schüler einen Überblick über die aber man kann eine Umgebung und Angebote schaffen, die Kontakt und Kommunikation er- Pflege- und Betreuungsinstitutionen in Wien.

Kernpunkt des Wahlpflichtfachs ist ein Praktimöglichen und begünstigen. kum, in dem die TeilnehmerInnen wöchentlich Besuch in den Hausgemeinschaften Kontakt zu einer Bewohnerin oder einem Bewohner der Hausgemeinschaften haben und Begonnen hat alles mit dem Freigegenstand versuchen sollen, gelernte Inhalte umzusetzen. „Gelebte Diakonie“. Doch was veranlasst junge Menschen zwischen 11 und 14 Jahren, sich für Matura in Geragogik ältere Menschen zu interessieren? Im Fall des Freigegenstands war das Interesse vermutlich Im vergangenen Juni legten zum ersten Mal an die Angebote gekoppelt wie: basteln, malen, SchülerInnen ihre mündliche Matura im Fach spielen, Kekse backen und singen. Der Rest er- Geragogik ab. Die acht KandidatInnen beeingab sich fast von selbst. Den älteren Herrschaf- druckten die Kommission durch fachliches Wisten gefielen die jungen BesucherInnen. Sie be- sen und reife, eigenständige Reflexion. teiligten sich gern an den Aktivitäten und sparten Ich denke, dass die Ideen und Projekte, um nicht mit Lob für die jungen AkteurInnen.

Alt und Jung zusammenzubringen, bei Weitem Es dauerte nicht lange, und die meisten Schü- noch nicht erschöpft sind, und bin gespannt, lerinnen und Schüler warteten darauf, wieder in was das neue Schuljahr in diesem Bereich brindie Hausgemeinschaften gehen zu können – gen wird. Wichtig ist, dass alle Beteiligten Spaß „weil die Leute dort so nett sind“, „weil sich alle an der Sache haben, dass man bereit ist, Neues immer freuen, wenn wir kommen“ und „weil wir auszuprobieren, und auch Entwicklung zulässt. lustige Dinge tun“.

Dieser Entwicklungsprozess wird hoffentlich so Zusätzlich reifte der Plan, den täglichen Schul- lange weitergehen, wie die Nachbarschaft von unterricht und alle Klassen und Altersstufen Schule und Hausgemeinschaften besteht.

stärker in das Projekt miteinzubeziehen. Das ist www.evangelischesgymnasium.at uns weitgehend gut gelungen.

Dr.in Martina Müller ist seit 19 Jahren AHS-Lehrerin für Mathematik, Psycho­logie, Philosophie und Pädagogik.

Seit 2012 ist sie im Evangelischen Gymnasium auch für die Koordination von gemeinsamen Projekten von Schule und SeniorenHausgemein­schaften der Diakonie sowie für das Wahlfach Geragogik verantwortlich.

Themen

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ZAHLEN

Die Welt in Zahlen Soziale Mobilität

Mehrsprachigkeit in der Schule

Bildung wird vererbt ...

* 110 Sprachen

6,5 %

Nur der Studierenden kommen aus Familien, in denen beide Elternteile höchstens einen Pflichtschulabschluss aufweisen. Der Anteil der Studierenden, die aus reinen Akademikerfamilien stammen, beträgt jedoch

Von allen Schülerinnen und ­Schülern an Wiener Volksschulen wurden im Schuljahr 2008/09 insgesamt 110 unterschiedliche Sprachen in der Familie ­gesprochen.

17,8 %.

* 23 Unterrichtssprachen

28 % der österreichischen

Im Schuljahr 2010/11 wurde in Österreich muttersprachlicher Unterricht in 23 Sprachen erteilt.

Das betrifft etwa 32.000 Schüle­rInnen.

Erstimmatrikulierten an öffentlichen Universitäten haben einen Akademiker zum Vater. Bei 59 % ist auch die Mutter ­Akademikerin.

* Quelle: Statistik Austria 2013; Bildung in Zahlen

Insgesamt gibt es weltweit mehr als 6.000 Sprachen.

Quellen: Herzog-Punzenberger 2012 (Hrsg.), im Auftrag des BMUKK, Nationaler Bildungsbericht Österreich 2012, Band 2, S. 237, BMUKK, 2012a, S. 15

Anzahl inklusiver Klassen in Wien Laut einer Erhebung im Schuljahr 2008/09 gab es in Wien im allgemeinbildenden Pflicht­ schulbereich 4.585 Klassen, davon waren 686 Klassen inklusiv geführt.

Dänemark

8,0 %

Finnland

9,3 %

Quelle: http://othes.univie.ac.at/ 16401/1/2011-10-12_0452093.pdf

Polen 5,6 %

Early School Leavers im Jahr 2013

EU-27

12 %

Deutschland

Tschechische Republik 5,4 %

9,8 %

Österreich

7,5 %

Spanien:

23,6 % 18

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Quelle: Eurostat (http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do? tab=table&plugin=1&language=en&pcode=t2020_40)

BÜCHER | EUROPA

Buchempfehlung

Best of EUrope

Wie wir Schule machen.

Lernen, wie es uns gefällt

Alma, Jamila, Lara-Luna; Knaus, 2014 In der Bildungsdebatte kommen alle zu Wort – nur die SchülerInnen hat bisher niemand gefragt. Das regt Alma (14), Jamila (15) und Lara-Luna (16) schon lange auf. In ihrem Buch berichten sie, wie sie in ihrer Schule fürs Leben lernen. Die drei Schülerinnen der Evangelischen Schule Berlin fordern Mut zur Veränderung.

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Jugendstelle Vamos in einem sozial ­benachteiligten Bezirk bei Helsinki

Nicht für den Profit!

Warum Demokratie Bildung braucht

DER CABLE APPROACH, HELSINKI

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as kann ich gut? SozialarbeiterInnen, Wohnungs­ lose und Ehrenamtliche sitzen in der Runde zusammen. „Ich kann gut kochen“, sagt die ältere Dame, die sich ehrenamtlich bei der Diakonie in Helsinki engagiert. „Mir fällt Schreiben leicht“, sagt der Sozialarbeiter. „Ich schau am Schluss immer, ob die Lichter abgedreht sind“, bringt der junge Mann aus der Notschlafstelle ein.

Wir befinden uns in Phase drei des CABLE-Programms in einem Tageszentrum für Einsame inmitten von Helsinki, Finnland. „Community Action Based Learning for Empowerment“, das ist CABLE.

Martha C. Nussbaum; TibiaPress, 2012 Literatur, Kunst, Musik, also wesentliche Inhalte gesellschaftlichen Lebens, bringen in Schule und Hochschule nichts, was kurz­ fristig monetär verwertbar wäre. Reduziert sich Demo­ kratie aber auf Handlangerdienste für die Ökonomie, verschwindet sie bald gänzlich hinter „alternativlosen“ Sachzwängen. Die Philosophin Martha Nussbaum erläutert in nachvollziehbarer und eindrucksvoller Weise Zusammenhänge zwischen Bildung und Demokratie.

Sehr gut oder Nicht genügend?

Schule und Migration in Österreich

Heidi Schrodt; Molden, 2014 Zwischen halbherzigen Schulreformen und Sparpaketen bleiben die Bedürfnisse von SchülerInnen und LehrerInnen oft auf der Strecke. Bildungsexpertin Heidi Schrodt zeichnet einen Ausschnitt der Herausforderungen an unseren Schulen nach. Mit Gesprächen und Interviews als Grundlage präsentiert sie Fälle gut funktionierender, gelebter Praxis, legt aber auch den Finger in so manche offene Wunde. Die Vorschläge der Pädagogin für eine zeitgemäße Bildungsreform machen das Buch zu einer Pflichtlektüre für alle, denen Kinder ein Anliegen sind.

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Räume zum Lernen und Lehren: Perspektiven einer zeitgemäßen Schulraumgestaltung

Joachim Kahlert, Kai Nitsche, Klaus Zierer; Kinkhardt, 2013 Die Debatte über die Weiterentwicklung von Schule und Unterricht berücksichtigt die pädagogische Bedeutung von Schulräumen nach wie vor zu wenig. Die Bedeutung von Licht, Farbe und Akustik kommt zur Sprache, es wird auf klimatische Bedingungen, die Sitzordnung sowie auf Herausforderungen der Inklusion eingegangen. Weiters werden innovative Projekte namhafter ArchitektInnen und Schulraum­ gestalterInnen vorgestellt.

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Worin bin ich gut?

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Lernprogramm in fünf Phasen Dahinter verbirgt sich ein Lernprogramm, das aus fünf Phasen besteht. Es beginnt mit der Frage „Wer bin ich?“, mit Biografiearbeit. Dann folgt die Auseinandersetzung: „Was ist mir wichtig?“, also mit den Werten, die mich prägen. In Phase drei, „Worin bin ich gut?“, geht es um meine Fähigkeiten. Im vierten Schritt geht es hinaus in die Umgebung. „Wo lebe ich?“, hier rücken Verortung und Nachbarschaft in den Blick. Was siehst du? Was riechst, hörst, schmeckst du? Wer hat die Macht? Und am Schluss, der kein Ende ist, treffen sich alle, um zu berichten und den Aufbruch zu gestalten. In Phase fünf wird gefragt: „Was tun?“, „Was ändern?“ Es geht um Aktion oder um Change.

Nicht nur im Diakonie Tageszentrum wird mit dem CABLE Approach gearbeitet, auch im Wohnhaus für Suchtkranke und im Jugendzentrum lernen BewohnerInnen, SozialpädagogInnen und NachbarInnen voneinander. In der Aids-Beratung wurde als Ergebnis eine Bewohnervertretung gegründet. Im Jugendzentrum hat ein CABLE-Prozess die Idee gebracht, in der U-Bahn von Helsinki eine niederschwellige Stelle für Jugendliche, die am Rand stehen, zu installieren. Sie ist bereits umgesetzt.

CABLE bringt die ProfessionalistInnen mit den „KlientInnen“ und engagierten BürgerInnen auf Augenhöhe, bindet die Nachbarschaft mit ein und macht Partizipation möglich.

Ob Pflegekräfte, SozialarbeiterInnen, PädagogInnen oder PsychologInnen – CABLE ist für alle neuen Diakonie-MitarbeiterInnen in Helsinki Pflicht.

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DIAKONIE HAUTNAH

Ein Angebot für alle

„Manche haben noch nie einen rohen Paprika gegessen“

Zusammen lernen, zusammen essen

„Wenn eine Schule in das Projekt aufgenommen wird, ist es egal, ob die Kinder bedürftig sind oder nicht. So ist gewährleistet, dass niemand aus Scham der Mahlzeit fernbleibt“, erklärt die Projektverantwortliche der Diakonie.

Der soziale Aspekt der gemeinsamen Mahlzeit ist im Projekt ebenso wichtig wie das Essen selbst. Die Mahlzeiten werden von den Kindern gemeinsam zubereitet. Lehrerinnen und Lehrer verarbeiten mit den SchülerInnen die Lebensmittel. Neben dem Essen kommen auch andere Themen zur Sprache. So meint der elfjährige Moritz: „Ich komme gerne am Nachmittag zum Essen her, weil ich da auch jemanden zum Reden habe. Zu Hause bin ich meistens allein.“

Lebensmittel live

„Für viele Kinder ist es das erste Mal, dass sie den Umgang mit frischen Lebensmitteln lernen“, erzählt Angelika Fürst, Lehrerin in einem sonder­ Lernen mit leerem Bauch? Geht nicht! In vier Wiener Schulen pädagogischen Zentrum in Wien. „Manche haben noch nie einen rohen Paprika gegessen. kochen und essen die Kinder jetzt zusammen. Andere wussten nicht, dass man Lebensmittel nach dem Essen im Kühlschrank aufbewahren kann.“ So lernen die Kinder „nebenbei“ VorratsVON ROBERTA wölf Uhr Mittag. Noah sitzt seit vier haltung und nachhaltigen Umgang mit LebensRASTL-KIRCHER Stunden in der Schule. Er hat Hunger. mitteln.

Wesentlich sind auch das gemeinsame TischEr hat seit gestern Abend nichts mehr decken und Aufräumen am Schluss. Die Kinder gegessen. Nicht weil er nicht wollte, sondern genießen die Mahlzeit und das gemeinsame Tun. weil es zu Hause kein Essen gab. Noahs Magen Die tägliche Mahlzeit hat bei den rund 130 knurrt. Seine Gedanken kreisen nur noch ums Essen. Was vorne auf der Tafel steht, was der Kindern in den Projektschulen wesentliche Veränderungen bewirkt: „Wir erleben die SchülerInLehrer erzählt, wird immer unwichtiger … nen entspannter und ruhiger, sie nehmen mehr Noah ist kein Einzelfall, sondern die Realität vieler Schulkinder in Wien. Die Eltern dieser Kin- Rücksicht aufeinander. Ich bin überzeugt davon, dass sich das regelmäßige Essen auch auf die der sind wegen ihrer sozialen und psychischen Situation nicht in der Lage, ihre Kinder auch nur Leistung der Kinder auswirkt, und hoffe, dass das Projekt im nächsten Schuljahr fortgesetzt mit dem Nötigsten zu versorgen. wird“, so einer der betreuenden LehrerInnen.

Z

Akute Armut

Die Kinder bereiten die Jause täglich selbst gemeinsam zu 20

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Fünf Prozent der österreichischen Bevölkerung leben in akuter Armut. Von der Armut ihrer Eltern am schlimmsten betroffen sind die rund 127.000 Kinder und Jugendlichen. Der Armut folgen belastende Wohnbedingungen, gesundheitliche Probleme, chronischer Stress und Einsamkeit.

Dem will das Projekt „Lernen mit leerem Bauch? – Geht nicht!“ entgegenwirken. „Jedes Kind in unseren vier Projektschulen in Wien soll sich einmal am Tag satt essen können“, betont Jitka Zimmermann, Geschäftsführerin der Stadtdiakonie Wien. „Sie steigern dabei ihre Konzentration und Aufnahmebereitschaft, lernen den Umgang mit Lebens­mitteln und verbessern ihr soziales Verhalten.“

Weniger als 2 Euro pro Tag Der tägliche Mittagstisch kostet pro Kind 1,70 Euro. Die Stadtdiakonie freut sich über die Unterstützung von Penny Markt Österreich und hofft auf weitere Sponsoren, um das Projekt absichern zu können. „Nichts ist schlimmer, als sagen zu müssen: Für das nächste Schuljahr ist kein Geld mehr da“, betont Jitka Zimmermann. „Nur wenn die Kinder sicher sein können, dass der Tisch jeden Tag gedeckt ist, bekommen sie Sicherheit und einen optimistischen Blick in die Zukunft.“ http://diakoniewien.at

KURZ GEMELDET

Die oberösterreichische Landessonder­ ausstellung findet im Haus Bethanien des Diakoniewerkes in Gallneukirchen statt

Wie der Staat sozial wurde

So sieht der Neubau des ERG Wien Donaustadt aus

Ausstellung in Linz noch bis 2. November.

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eit wann gibt es eine Unfallversicherung? Warum gibt es in Österreich Arbeitslosengeld? Die Landessonderausstellung in Oberösterreich widmet sich der Entwicklung des österreichischen Sozialstaates. Noch bis 2. November können Interessierte die Ausstellung „Hilfe. LebensRisken – LebensChancen“ im ehemaligen Diakonissenhaus Bethanien des Diakoniewerks in Gallneukirchen besuchen.

Mit audiovisuellen Medien, interaktiven Elementen und anschaulichen Installationen macht die Ausstellung die Geschichte des österreichischen Sozialstaats erlebbar.

Besonderen Wert legten die KuratorInnen auf Barrierefreiheit: Texte kommen in „Leichter Sprache“ (LL) zum Einsatz, die Bedienung des Audioguides wird auch in Brailleschrift angeboten und für Gehörlose werden die Inhalte über einen Bildschirm durch Gebärdensprache vermittelt. www.diakoniewerk.at

Integration in der AHS Neues Evangelisches Realgymnasium in Wien.

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m vergangenen Schuljahr waren die 279 Kinder des Evangelischen Realgymnasiums Wien-Donaustadt in zwölf Containerklassen untergebracht. Doch zu Beginn des Schuljahres 2015/16 wird der Neubau eröffnet!

Das Gymnasium führt in der Unterstufe den Schulversuch „Wiener Mittelschule“ durch, eine Sonderform der Neuen Mittelschule, die auf Kinder mit unterschiedlichen Voraussetzungen Rücksicht nimmt. Außerdem bietet die Schule Integrationsklassen an, in denen Kinder mit körperlicher Behinderung oder Lernschwierigkeiten gefördert werden.

Alle Beteiligten freuen sich auf den Schulstart in den neuen, besonders inklusiv gestalteten Räumlichkeiten der Schule. www.erg-donaustadt.at

Gemeinsam feiern und fröhlich sein gehört zum Studentenleben genauso dazu wie Ausdauer und Fleiß beim Lernen

Von überall und hier daheim

Eineinhalb Jahre Studierendenheim in Wien.

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eit März 2014 führt das Diakoniewerk in Wien ein internationales Studierendenheim im 14. Wiener Gemeindebezirk. 51 möblierte Wohneinheiten in unterschiedlichen Größen stehen den internationalen StudentInnen zur Verfügung. Das Besondere: Von den 68 BewohnerInnen sind 14 junge Menschen mit Fluchterfahrung. www.staargasse.at

Einfach verständlich!

Unser Leitbild in „Leichter Lesen“.

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as bedeutet „Diakonie“ und was macht die Diakonie in Österreich? Damit jeder und jede die Aufgaben der Diakonie kennenlernen kann, hat eine Arbeitsgruppe des Diakoniewerks Gallneukirchen unser Leitbild in „Leichter Lesen“ verfasst (siehe unten stehenden Link). www.diakonie.at

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AUF DEN PUNKT GEBRACHT

Wir haben immer hundert Gründe ... ... es gar nicht erst zu versuchen. Schule ginge auch ganz anders, zeigt die Evangelische Schule in Berlin: mit mehr Eigenverantwortung und mehr Freude.

VON SIBYLLE HAMANN

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ie Ferien sind redlich verdient, für Kinder, Lehrer, Lehrerinnen und Eltern.

Eine Pause tut gut. Ein Buch könnten sie jedoch alle mitnehmen in die Ferien, falls sie irgendwann doch ein bisschen Sehnsucht kriegen.

Drei Mädchen haben ein Buch geschrieben (siehe S. 19). Sie kommen aus Berlin und berichten darin von ihrer Schule. Die heißt ESBZ (Evangelische Schule Berlin Zentrum) und macht vieles radikal anders, als wir es gewohnt sind.

Die KlassenlehrerInnen sind abgeschafft, statt­ dessen hat jedes Kind einen Tutor oder eine Tutorin. Diese/r übernimmt für das Kind ganzheitlich Verantwortung, jede Woche wird intensiv über alles gesprochen, über das Lernpensum ebenso wie über Persönliches.

Frontalunterricht gibt es beinahe gar nicht, 50-Minuten-Einheiten ebenso wenig und auch keine Hausübungen.

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Frag erst das Kind

Die Kinder erarbeiten si die Baustei ch ne für indivi duelle Lernziele se lbst

Die Kids zwischen zwölf und 15 sind altersgemischt, gemeinsam macht man in der Klasse soziales Lernen, Werken, Religion, Sport und Essen. Ansonsten gibt es individuelle Lernziele, die Kids erarbeiten sich dafür selbstständig die Bausteine.

Für die Hauptfächer (Mathe, Deutsch, Englisch, Natur und Gesellschaft) steht jeweils ein Raum („Lernbüro“) zur Verfügung, mit Karteikästen, Materialien, Anleitungen, Übungen. Außerdem sitzt dort jeweils ein Fachlehrer bzw. eine Fachlehrerin. Allerdings lautet die Regel: Bevor du ihn oder sie fragst – frag erst ein anderes Kind.

Wer sich ein Gebiet angeeignet hat, sei es Bruchrechnen oder die Fotosynthese, und sich bereit fühlt, schreibt einen Test. Allein. Und bekommt dafür ein Zeugnis. Nicht mit Note, sondern mit ausführlicher individueller Beurteilung.

Bevor du ei nen Erwachs enen fragst, frag zuerst ein K ind

allermeisten machen Abitur, mit überdurchschnittlichem Ergebnis.) Okay, dann sind das wohl hochbegabte, privilegierte Kinder! (Stimmt auch nicht: Die ESBZ ist eine richtige Gesamtschule, manche Kinder bringen eine Gymnasial-, andere eine Hauptschulempfehlung mit.)

Die haben sicher viel mehr Ressourcen als wir! (Eher nicht – die Berliner Kommune ist so gut wie pleite.)

Dann zahlen die Eltern wohl sehr viel Schulgeld! (200 Euro beträgt der maximale monatliche Beitrag, das ist so viel wie die Ganztagsbetreuung in öffentlichen Schulen hierzulande.)

Jedes Jahr gehen die Kinder in kleinen Gruppen auf eine selbst organisierte Reise

Zum Pflichtprogramm gehört außerdem das Fach „Verantwortung“: Alle suchen sich außerhalb der Schule eine regelmäßige soziale Auf­ gabe, etwa in einem Kindergarten oder einem Altersheim. Und da ist das Fach „Herausforderung“, das an die Walz der mittelalterlichen Handwerks­gesellen erinnert: Da gehen die Kids jedes Jahr in kleinen Gruppen auf eine selbst organisierte Reise. 150 Euro müssen reichen, irgendwie muss man sich durchschlagen, Unterkunft finden, arbeiten, Erfahrungen sammeln, erwachsen werden. Es gibt eine Begleitperson, doch die greift nur im Notfall ein.

Nie und nimmer?

Klingt nach einer rundum tollen Sache. Aber was ist der normale Reflex, wenn man in Österreich von einer derart tollen Sache hört? Man formuliert hundert Einwände, warum das nie und nimmer funktionieren kann.

Zum Beispiel: Wahrscheinlich lernen die ja alle gar nichts, in Berlin-Mitte! (Stimmt nicht: die

Die haben sicher ein besonders tolles Gebäude! (Nein, es ist ein hässlicher, alter Plattenbetonbau aus der DDR.) Wahrscheinlich sind dort besonders tolle LehrerInnen tätig! (Ja, die müssen das Konzept mittragen, arbeiten wahrscheinlich mehr als manche anderen – aber sind dafür deutlich glück­­licher mit ihrem Job.) Was könnte es also noch für Gründe geben, warum wir Derartiges gar nicht erst versuchen können?

Sind wir so großartig?

Mir fiele bloß ein einziger stichhaltiger Grund ein: Unser bestehendes Schulsystem ist so groß­ artig, die Ergebnisse sind derart berauschend, und es macht alle Schüler, Schülerinnen, Lehrer, Lehrerinnen und Eltern rundum dermaßen glücklich, dass überhaupt keine Ver­ anlassung besteht, am wunderbaren Status quo irgendetwas zu ändern.

Wenn es so ist – dann ist ja eh alles gut.

Sibylle Hamann ist ­Journalistin

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Ă–sterreichische Post AG / Sponsoring.Post GZ 02Z033615 S

Menschen Zukunft schenken.

Hoffnung wecken.

Sofia, Hoffnungsträgerin Gemeinsam lernen und wachsen.

Erfahren Sie mehr auf diakonie.at

Spendenkonto: AT49 2011 1287 1196 6399