Kostenbewusstesbauen web

Page 1

Quo vadis Baukosten

B AUE N HEU TE Was treibt und bremst die Baukosten?


Impressum V.i.S.d.P.: Dr. Ilona K. Klein Herausgeber: Zentralverband des Deutschen Baugewerbes KronenstraĂ&#x;e 55 - 58 10117 Berlin Telefon 030 20314-0 Telefax 030 20314-419 bau@zdb.de www.zdb.de August 2014

2

Bildnachweise: Titelfotos: ZDB, ZDB/Simonis (re.), Fotos: ZDB (S. 7, 9 u., 15, 17) ZDB/Simonis (S. 8, 12, 13, 18) ZDB/Zensen (S. 10) ZDB/Nils Schwarz (S. 16) BGRB (S. 14) Rainer Sturm / pixelio.de (S. 4) Bernd Sterzl / pixelio.de (S. 9 o.)


Entwicklung der Baukosten In der Diskussion um Kosten für das Wohnen ist häufig von einer „Baukostenexplosion“ die Rede. Nachfolgend soll daher ein differenzierter Blick auf die Entwicklung der Bau- und Immobilienpreise sowie deren Treiber gerichtet werden. Aktuelle Statistiken zeigen, dass die Preise für Bauleistungen, insbesondere des Bauhauptgewerbes, nur einen untergeordneten Anteil am Preisanstieg von Immobilien haben. Demgegenüber treiben die Baulandverknappung, die Entwicklung bei den Baunebenkosten, wie auch die Heraufsetzung energetischer Standards die Preise. Darüber hinaus verzeichnen bestimmte Baumaterialien im Sanierungsbereich markante Preissteigerungen. Richtig ist: Die Energiewende wird nur gelingen, wenn der Wirtschaftlichkeitsaspekt von Neubau- und Sanierungsmaßnahmen im Blickfeld bleibt. Zu hoch gesetzte technische Standards werden Investitionen hemmen. Über die technischen Standards hinaus kommen Anforderungen an den Umweltschutz, Arbeitsschutz, rechtliche Rahmenbedingungen sowie Bürokratiepflichten hinzu, die das Bauunternehmen, die Baustelle und das spätere Gebäude erfüllen müssen und die zu einem weiteren Preisanstieg führen.

Die Energiewende wird nur gelingen, wenn der Wirtschaftlichkeitsaspekt von Neubauund Sanierungsmaßnahmen im Blickfeld bleibt.

Nicht zuletzt haben die Tarifverhandlungen der letzten Jahre zu steigenden Personalkosten geführt. Hierbei schlug auch zu Buche, dass es zwischen den Branchen einen intensiven Wettbewerb um Fachkräfte gibt. Wegen der gefühlten „Baukostenexplosion“ hat die Regierung eine Baukostensenkungskommission einberufen. Dazu heißt es im Koalitionsvertrag: “Mit dieser Kommission überprüfen wir preistreibende und überdimensionierte Standards und Kosten von Materialien und Verfahren insbesondere der energetischen Sanierung.“

3


Wie haben sich die Baupreise entwickelt? Von einer „Baukostenexplosion“ kann keine Rede sein.

Von einer „Baukostenexplosion“ kann keine Rede sein: Das Statistische Bundesamt hat im letzten Jahr eine Baupreissteigerung von gerade 2 % registriert1. Schaut man auf einige Positionen, so stellt man zudem fest, dass die Entwicklung im Bauhauptgewerbe – also den Rohbau betreffende Positionen – sich dabei noch unterdurchschnittlich entwickelt haben. Einzig die ausbaunahen Gewerke weisen überhaupt Steigerungen von mehr als 2 % aus2.

Rainer Sturm / pixelio.de

       

Maurerarbeiten und Betonarbeiten stiegen um jeweils 1,3 % Rohbauarbeiten um 1,7 % Ausbauarbeiten um 2,4 % Heizanlagen und Gas-, Wasser- und Entwässerungsanlagen um 3,0 % Raumlufttechnische Anlagen um 2,7 % Abdichtungsarbeiten um 2,6 % Zimmer- und Holzbauarbeiten um 2,4 % Instandhaltungsarbeiten um 2,6 %

In absehbarer Zeit wird sich kein großer Spielraum auftun, die Baupreise zu erhöhen: Der Bieter-Wettbewerb wird weiterhin intensiv über den Preis ausgetragen. Das Bauhauptgewerbe hat in der Zeit von 1995 bis 2005 einen intensiven Anpassungsprozess hinter sich gebracht, in der die Hälfte der Beschäftigten abgebaut wurde, die Anzahl der Betriebe aber konstant blieb.

1 siehe PM Statistisches Bundesamt vom 10. Januar 2014 2 Alle für die Höhe des Preises maßgeblichen Faktoren, die sogenannten preisbestimmenden Merkmale, werden in der Statistik möglichst konstant gehalten. Dies gilt für die Mengeneinheit der beobachteten Bauleistung ebenso wie für deren qualitative Beschaffenheit sowie für die verschiedenen sonstigen Vereinbarungen. Dass zuletzt vermehrt in höherpreisigen Segmenten gebaut wird, schlägt hier also nicht durch (siehe Statistisches Bundesamt; Erläuterungen FS 17 Reihe 4).

4


Wie haben sich die Einkaufspreise der Bauunternehmen entwickelt? Das Statistische Bundesamt ermittelt für den Bereich des Neubaus von Wohngebäuden die Baukostenentwicklung, bestehend aus Material- und Arbeitskosten. Nimmt man das Jahr 2010 als Basis 100, so liegen diese „Einkaufspreise“ (aus Sicht des Unternehmers „Baukosten“) in 2013 (Durchschnitt I. bis III. Quartal) auf einem Niveau von 106 und die Verkaufserlöse auf einem Niveau von 107,5. Damit liegen die Verkaufserlöse zum einen nur unwesentlich oberhalb der Kostenentwicklung, zum anderen liegen sie überhaupt seit 2010 zum ersten Mal oberhalb der Kostenentwicklung. Bild 1: Baukosten und Erlöse Wohngebäude (2010 = 100)

Baukosten und Erlöse Wohngebäude (2010 = 100)

108,0 107,0

105,6

106,0 105,0

103,6

104,0 103,0

Während die Einkaufspreise seit 2010 um 26 % stiegen, legten die Erlöse nur um 22 % zu.

106,0

105,4

102,8

102,0 101,0

107,5

100,0

100,0

100,0

2010

2011

Erlöse Bauleistungen am Bauwerk Baukosten insgesamt

2012

2013 2013 = 1. bis 3. Quartal

Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen

Betrachtet man die Entwicklung etwas längerfristiger, so haben die Einkaufspreise seit 2000 um 26 % zugelegt, die Erlöse der Baufirmen stiegen hingegen nur um knapp 22 %.

5


Bild 2: Baukosten und Erlöse Wohngebäude (2000 = 100)

130,0

Baukosten und Erlöse Wohngebäude (2000 = 100) 123

125,0

Die Immobilienpreise stiegen stärker als die Baupreise.

117 117

120,0 110,0 105,0 100,0 95,0

119

113

115,0 102 103 100 101

105

107

102 100 100 100 100 101

109 108

126 126

113 111 112

117

120

122

104

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Erlöse Bauleistungen am Bauwerk Baukosten insgesamt

2013 = 1. bis 3. Quartal

Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen

Wie entwickeln sich die Immobilienpreise? Während also die Baupreise im Durchschnitt im letzten Jahr um ca. 2 % gestiegen sind, waren es bei den Immobilienpreisen höhere Steigerungsraten. So zeigt der Häuserpreisindex des Statistischen Bundesamtes einen Wert von über 4 %3. Preissteigerungen im Neubau sind besonders bei den Eigentumswohnungen (über 5 %) zu beobachten4. Sie finden zudem zuvorderst in Ballungsgebieten statt, sind also ein regionales Phänomen, das vom starken Zuzug in diese Gebiete geprägt wird. Ländliche Regionen, die Bevölkerung verlieren, verzeichnen dagegen kaum Preissteigerungen.

3 Statistisches Bundesamt; Definition Häuserpreisindex: Dieser misst die durchschnittliche Preisentwicklung aller Wohnimmobilien, die als „Gesamtpaket“ aus Grundstück und Gebäude verkauft bzw. erworben werden. Dazu zählt sowohl der Erwerb von neu erstellten als auch der Erwerb von bestehenden Wohnimmobilien. 4 empirica: Miet- und Kaufpreisranking

6


Bild 3: Entwicklung der Immobilienpreise für Eigentumswohnungen

Entwicklung der Immobilienpreise von Eigentumswohnungen und Reihenhäusern (2010 = 100) 125,0

105,0

85,0

95,3

93,8

129,6 118,9 119,3 112,2 109,3 112,6 107,7 103,2 98,8

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Gesamtdeutschland 125 Städte Eigentumswohnungen in 7 Großstädten Quelle: Deutsche Bundesbank

Was treibt die Immobilienpreise? Da die Entwicklung der „reinen“ Baupreise die Steigerungen der Immobilienpreise kaum getrieben hat, ist das Erklärungspotenzial an anderen Stellen der Wertschöpfungskette zu finden. Die Entwicklung der Grundstückskosten, Baunebenkosten und die Erhöhung von Normen und Standards sind offenkundig entscheidend.

Die Entwicklung der Grundstückskosten, Baunebenkosten und die Erhöhung von Normen und Standards sind für die Preisentwicklung entscheidend.

7


Die Grundstückskosten In die Immobilienpreise gehen die Grundstückskosten ein. Gerade in 2013 hat der durch die Finanzkrise animierte Immobilienerwerb in den Ballungsräumen zu einer Verknappung von Bauland geführt. Hierdurch haben die Preise für Bauland deutlich angezogen. Bild 4: Preisindex für Bauland (2005 = 100) Preisindex für Bauland (2005 = 100)

112 110 108 106 104 102

2010 Preisindex für Bauland

2011

2012

2. Quartal

1. Quartal

4. Quartal

3. Quartal

2. Quartal

1. Quartal

4. Quartal

3. Quartal

2. Quartal

1. Quartal

4. Quartal

3. Quartal

2. Quartal

1. Quartal

100

2013

Linear (Preisindex für Bauland)

Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen

Die Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrszwecke hat sich im Zeitraum 2009 bis 2012 mit 74 ha/Tag gegenüber dem letzten Berechnungszeitraum (2008 bis 2011) verlangsamt, in dem die Zunahme noch 81 ha/Tag betrug. Im Zeitraum 2005 - 2008 lag der Wert noch bei 104 ha/ Tag. Seit dem Jahr 2003 gilt das Nachhaltigkeitsziel, bis zum Jahr 2020 den Flächenverbrauch (Siedlungs- und Verkehrsfläche) bundesweit im Durchschnitt auf 30 ha/Tag zu reduzieren. Mit Blick auf die Zielquote von 30 ha/Tag bleibt wichtig, dass diese kein Selbstzweck sein kann. Wachsende Ansprüche an die Wohnsituation, die Bekämpfung aufkommender Wohnungsnot, besonders in Ballungsräumen, dürfen nicht an der Verknappung von Bauland scheitern. In einer Studie

8


weist das BBSR mit Blick auf steigende Baulandpreise darauf hin, „dass eine Erreichung des 30-ha-Ziels durchaus negative Auswirkungen auf die Wohnraumversorgung einkommensschwächerer Bevölkerungsgruppen haben könnte 5.“ In den Kommunen sollte ein noch stärkeres Umdenken bei der Baulandvergabe vom Höchstgebot hin zur stärkeren Würdigung von konzeptioneller Qualität gehen. Hier ist ein anteiliger Verzicht auf mögliche Verkaufserträge zugunsten höherer Gestaltungsspielräume unbedingt zu begrüßen und ohne Frage auch als nachhaltig zu bezeichnen 6.

Die Nebenkosten beim Erwerb von Immobilien Wer Wohneigentum erwirbt, zahlt nicht nur für das Grundstück und die Baukosten. Bezahlt werden müssen auch die sog. Nebenkosten. Sie werden für Grunderwerbsteuer, Notar- und Grundbuchkosten sowie Maklergebühren erhoben. Die Nebenkosten steigen seit Jahren, was den Erwerb von Wohneigentum zusehends verteuert. Seit 2006 legen die Bundesländer den Steuersatz bei der Grunderwerbsteuer selbst fest. Dies nutzten die Länder (bis auf Sachsen und Bayern) dazu, die Steuer, die früher in Deutschland einheitlich 3,5 % betragen hat, systematisch zu erhöhen. So sind ab 1. Januar 2014 in Berlin 6 % und in Schleswig-Holstein 6,5 % auf den Kaufpreis fällig.

Bernd Sterzl / pixelio.de

Die Nebenkosten steigen seit Jahren, was den Erwerb von Wohneigentum zusehends verteuert.

Zum August 2013 stiegen zudem die Gebühren für Notare und Grundbuchämter im Schnitt um 15 %, was vor allen Dingen Immobilienkäufer und Kreditnehmer trifft. Bislang galt, dass etwa 1,7 % des Kaufwertes an Notarund Gerichtskosten einzuplanen sind. Nunmehr sind es knapp 2 %. Schließlich wird oft noch eine Maklergebühr fällig, die von Bundesland zu Bundesland variiert. Der Käuferanteil liegt dabei zwischen knapp 4 % bis gut 7 %.

5 BBSR: „Konsequenzen des Szenarios Flächenreduktion auf 30 ha im Jahr 2020 für die Siedlungsentwicklung“ 6 Studie Regiokontext: „Strategien für bezahlbares Wohnen in der Stadt“ (2013)

9


Beispiel: Nebenkosten beim Erwerb von Wohneigentum Wohnimmobilienerwerb bei Neubau

Grund und Boden bei einer Größe von 500 m2 und 80 € Kosten pro m2 kostet das Grundstück Baukosten

250.000 €

Gesamtkosten (= Kaufpreis)

290.000 €

Nebenkosten Grunderwerbsteuer Notar- und Grundbuchkosten Maklerkosten Nebenkosten gesamt Kaufpreis inkl. Nebenkosten davon Nebenkosten

10

40.000 €

%-Satz

Kosten

%-Satz

Kosten

3,5 %

10.150 €

6,5 %

18.850 €

2%

5.800 €

2%

5.800 €

3,6 %

10.353 €

7,14 %

20.706 €

26.303 €

45.356 €

316.303 € 8,3 %

335.356 € 13,5 %


Die Normen und Standards Im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn waren die hiesigen Anforderungen an Bauwerke schon immer sehr hoch. Nicht nur die Größe und Ausstattung unserer Wohnungen liegen im europäischen Vergleich an der Spitze, sondern auch die vielen Einzelanforderungen. So ist es beispielsweise im Gegensatz zu den Niederlanden in Deutschland seit Jahrzehnten Standard, Reihenhaus-Trennwände zweischalig mit einer Schallschutz-Dämmschicht zwischen dem Doppel-Mauerwerk zu errichten. Schwimmende Estriche zur Reduzierung des Trittschalls oder gut regulierbare Zweirohr-Heizkreisläufe sind ebenfalls nicht in allen Nachbarländern üblich. Wir haben uns in Deutschland an diesen hohen Standard gewöhnt und möchten ihn keinesfalls missen. Untersuchungen bestätigen den Einfluss von Normung und Ordnungsrecht auf die Entwicklung der Preise. So führte die fortwährende Anhebung der Anforderungen an den Wärmeschutz zu immer größeren Dämmstoffdicken. In einem Bericht zur Evaluation der EnEV 2009 heißt es: „Während die erste Wärmeschutzverordnung von 1977 nur Anforderungen an Neubauten stellte, wurden mit der weitgehend zum 01.01.1984 in Kraft getretenen Wärmeschutzverordnung von 1982 erstmals auch Vorgaben für die Maßnahmenqualität im Fall einer nachträglichen Dämmung im Bestand gemacht. Die vorgeschriebenen Dämmstoffdicken waren mit rund 3 cm für Wand und Kellerdecke bis etwa 7 cm für das Dach nach heutigen Maßstäben sehr gering. Im Zuge der Wärmeschutzverordnung 1995 … waren jetzt etwas mehr als 6 cm, für die Dachdämmung bis zu knapp 13 cm erforderlich. Bei Übergang zur Energieeinsparverordnung im Jahr 2002 wurde das Niveau bei einzelnen Bauteilen noch einmal angehoben, …. Die EnEV 2009 brachte … wieder eine relevante Verschärfung an die einzuhaltenden Dämmstoffdicken bei der Gebäudemodernisierung mit sich7.“ Die großen Dämmstoffdicken ziehen häufig sehr kostenträchtige Detaillösungen nach sich. So müssen Dachüberstände verlängert, Traufpflaster verbreitert oder Fensterebenen nach außen verschoben werden.

Nicht nur die Größe und Ausstattung unserer Wohnungen liegen im europäischen Vergleich an der Spitze, sondern auch die vielen Einzelanforderungen.

So führte die fortwährende Verschärfung der Anforderungen an den Wärmeschutz zu immer größeren Dämmstoffdicken.

Die großen Dämmstoffdicken ziehen häufig sehr kostenträchtige Detaillösungen nach sich. So müssen Dachüberstände verlängert, Traufpflaster verbreitert oder Fensterebenen nach außen verschoben werden.

7 IWU „Evaluierung und Fortentwicklung der EnEV 09“

11


Eine Änderung der Anforderungen treibt offensichtlich die Preise für sanierungsrelevante Materialien und Technik. Der Trend liegt deutlich oberhalb der Entwicklung der Baukosten: Bild 5: Preise für ausgewählte energetische Sanierungsmaßnahmen

Preise für ausgewählte energetische Sanierungsmaßnahmen 115,0

114,9 111,6 109,4 108,3 105,7

110,0 105,0 100,0 2010

2011

2012

Dämmschicht

Rohrdämmung

Brennwertkessel

Wärmepumpe

2013

Verbraucherpreisindex Quelle: Statistisches Bundesamt

Ein weiterer Kostentreiber der EnEV sind die gestiegenen Anforderungen an die technische Gebäudeausrüstung. Während nach Wärmeschutzverordnung zunächst die Gebäudehülle gut gedämmt und hiernach die Heizungstechnik gewählt wurde, stellt die EnEV 2014 so hohe Anforderungen, dass sie in der Regel nur noch durch eine Kombination von mehreren Haustechniksystemen für Heizung, Lüftung und Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien erfüllt werden können. Ein grundlegendes Problem stellt die gleichzeitige Verschärfung verschiedener Standards dar. So lassen sich Schallschutz und Wärmeschutzanforderungen zunehmend schlechter „unter einen Hut bringen“. Traditionell wird verputztes, einschaliges Außenwandmauerwerk wegen der energetischen Anforderungen aus immer leichteren, besser wärmedämmenden

12


Steinen oder Ziegeln hergestellt. Durch das verringerte Gewicht des Mauerwerks verschlechtert sich jedoch sowohl der Schallschutz gegen Außenlärm als auch der Schallschutz zwischen den Wohnungen. Zum Teil werden sehr aufwändige Detaillösungen erforderlich, die gleichermaßen Schallwie auch Wärmebrücken reduzieren sollen. Mit immer höheren Schallschutzanforderungen werden die Baukosten weiter steigen, wobei viele übliche und preiswerte Konstruktionsarten bereits heute an ihre bauphysikalischen Grenzen stoßen. Auch verteuern Umweltauflagen zur Lärm- und Staubreduzierung während des Bauens unsere Bauwerke. Ebenso haben verschärfte Regelungen zum Recycling zu Steigerungen geführt.

Auch verteuern Umweltauflagen zur Lärm- und Staubreduzierung während des Bauens unsere Bauwerke. Ebenso haben verschärfte Regelungen zum Recycling zu Steigerungen geführt.

Beispiel: Bau einer Tiefgarage Mehraufwand für Entsorgung 1.350 m2 gering belasteten Bodens auf der nächsten, außerhalb der Stadtgrenze gelegenen Bodendeponie á 23,00 €/Tonne zusätzlicher Deponiegebühr (2.600 Tonnen, Transportenfernung 80 km)

59.800,00 €

Mehraufwand Bodenuntersuchung ( je angefangene 500 m2 á 600,00 €/Untersuchung)

1.800,00 €

Mehraufwand für Koordination, Dokumentation und Archivierung

1.500,00 €

Anteiliger Aufwand für Schulungen und Qualifizierungsnachweise des Fachpersonals einschließlich Verwaltungskosten

Mehrkosten gesamt (netto)

500,00 €

63.600,00 €

Bei der Errichtung einer Tiefgarage im Rahmen eines innerstädtischen Wohnungsneubaus (Baulückenschließung) entstehen Mehrkosten in Höhe von 63.600 Euro. Annahmen: die Tiefgarage hat eine Grundfläche von 450 m2 bei einer Einbindetiefe bis Unterkante der Bodenplatte von 3,00 m unter Geländeniveau.

13


LÖSUNGSVORSCHLÄGE DES DEUTSCHEN BAUGEWERBES  Mantelverordnung und Kreislaufwirtschaft Vor einer Senkung der Baukosten müssen primär weitere Kostensteigerungen im Baubereich verhindert werden.

Vor einer Senkung der Baukosten müssen primär weitere Kostensteigerungen im Baubereich verhindert werden. So darf die derzeit mit ca. 90 % hohe Recyclingquote mineralischer Abfälle nicht durch immer höhere Umweltauflagen und eine sinkende Akzeptanz von Recycling-Baustoffen bedroht werden. Denn nach wie vor gelten im Zuge von Baumaßnahmen gelöste Böden als Abfall, sofern sie nicht wieder auf der gleichen Baustelle eingebaut werden können. Diese Böden müssen mit hohem Kostenaufwand auf Umweltschadstoffe untersucht werden; völlig saubere Böden sind jedoch – gemessen an den hohen Maßstäben der Umweltbehörden – weder in Siedlungsgebieten noch an Verkehrswegen anzutreffen. Gering und höher belastete Böden sind somit auf dafür zugelassene Deponien zu entsorgen. Da sich aber der entsprechende Deponieraum verknappt, ist mit erheblichen Entsorgungsengpässen zu rechnen. Zum Teil müssen belastete Böden schon bis zu 250 Kilometer und weiter bis zur nächsten Deponie transportiert werden. Das belastet nicht nur Umwelt und Verkehr, sondern verschlechtert auch den Zustand der Straßen wesentlich. Wenn sich die Verwertung oder Entsorgung der jährlich im Zug von Baumaßnahmen anfallenden über 100 Mio. Tonnen Böden und Steine im Schnitt nur um 10 Euro/Tonne verteuern sollte, bedeutet dies allein Mehrkosten in Höhe von 1 Milliarde Euro. Ausgewogene Regelungen für die Verwertung von Böden sowie ( je nach regionalem Bedarf) neue Deponien für nicht verwertbare mineralische Abfälle würden dagegen Abhilfe schaffen.  Life-Cycle-Kosten Sowohl im Neubau als auch im Bereich der energetischen Sanierung wird zur Erhaltung energetischer Standards verstärkt komplizierte Gebäudetechnik mit einer vergleichsweise geringen Nutzungsdauer gesetzt. Die ohnehin wartungsintensiven Haustechnikanlagen werden immer komplexer und erfordern entsprechend ausgebildetes Personal, das in der Lage ist, die gesamte Anlagentechnik zu betreuen.

14


Hier ist zu überprüfen, in welchen Fällen auf den Einsatz von teurer und wartungsintensiver Gebäudetechnik mit geringer Nutzungsdauer verzichtet werden kann.  Kosten von Baumaterialien Zunehmend werden, auch infolge der europäischen Bauproduktennormung, teure industriell gefertigte Bauprodukte handwerklich gefertigten vorgezogen. Traditionelle, auf der Baustelle oder in der Werkstatt der Fachunternehmen gefertigte Bauprodukte haben sich zwar über Jahrhunderte bestens bewährt und sind häufig erheblich preiswerter als industriell gefertigte Bauprodukte, werden aber auch auf Grund bürokratischer bzw. normativer Auflagen zunehmend vom Markt verdrängt. Einen positiven Einfluss auf die Entwicklung der Baupreise hätte daher der Verzicht auf einen Vorrang industriell gefertigter Produkte in der – vor allem europäischen – Normung.  Fahrzeuge/Geräte Selbstverständlich gilt es, bei Neuanschaffung von Baumaschinen und -geräten die jeweils aktuellen Abgasnormen zu berücksichtigen. Viele der im Bau eingesetzten, individuell oder in kleiner Stückzahl gefertigten Spezialmaschinen lassen sich jedoch praktisch nicht mit einem Dieselrußpartikelfilter nachrüsten, da hierdurch entweder die notwendige Motorleistung eingeschränkt oder die Zulassung durch das Eisenbahnbundesamt erlöschen würde. Da Baumaschinen ganz allgemein und der kleine Anteil der im Bahnbau eingesetzten Geräte im Besonderen nur einen äußerst geringen Anteil an der Feinstaubbelastung ausmachen, sind Nachrüstverpflichtungen unverhältnismäßig.

15


 Einsatz des digitalen Tachografen Aufgrund der EU-Fahrpersonalverordnung sind Unternehmen zur Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten und zum Einbau eines digitalen Tachographen in alle Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 3,5 t verpflichtet, sobald diese weiter als 50 km vom Firmensitz entfernt eingesetzt werden. Innerhalb von 50 km und bei Fahrzeugen unter 7,5 t besteht keine Tachographenpflicht, wenn die sog. Handwerkerausnahme greift und die Fahrzeuge zur Beförderung von Material, Ausrüstungen oder Maschinen verwendet werden, die der Fahrer zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit benötigt. Regulierungen der Lenk- und Ruhezeiten von Berufskraftfahrern sind selbstverständlich notwendig. Für die baugewerblichen Betriebe bedeutet diese Regelung jedoch einen enormen bürokratischen Aufwand, der niemandem nutzt und hohe Kosten verursacht: Denn die Nutzfahrzeuge des Bau- und Ausbauhandwerk werden üblicherweise nur für Fahrten zwischen Baustelle, Unternehmen und Materiallager eingesetzt, nicht im Fernverkehr mit hauptamtlichen Fahrern. Allein die Anschaffung von Tachographen, Fahrerkarten und Software verursacht Kosten von einigen Tausend Euro. Hinzu kommt der Zeitaufwand für die Schulung der Mitarbeiter, das Speichern und Auswerten der Daten sowie das Ausfüllen der Nachweise. Der unverhältnismäßige Kostenaufwand entfällt, wenn die Tachographenpflicht für den Baustellenverkehr und den Straßenbau aufgehoben würde.  Anordnungsrecht des Auftraggebers Im Gegensatz z. B. zu Kaufverträgen hat der Bauherr das einseitige Recht, nach Vertragsabschluss die Leistung und die Rahmenbedingungen ihrer Erbringung zu ändern. Derartige Änderungen haben unvorhersehbare Auswirkungen auf die Kosten und Zeitplanung sowohl der planenden Architekten als auch der Bauunternehmen, lassen deren Preisbildung zum Vertragsabschluss obsolet werden und führen regelmäßig zu höheren Baukosten. Immer wieder ist festzustellen, dass gerade von öffentlichen Auftraggebern nachträglich Änderungswünsche vorgebracht werden und in vorbereitete Bauabläufe eingegriffen wird. Ändern sich die politischen Mehrheiten in den zuständigen Kommunal-, Landes- oder Bundesparlamenten, ändern

16


sich auch die Forderungen gegenüber den Bauunternehmen. Während der gut beratene private und gewerbliche Bauherr weiß, was er gebaut haben möchte, hierfür die Planung fertigstellt und auf der Basis dieser Planung das Bauvorhaben vergibt, wird seitens der Politik immer wieder nachträglich in die laufenden Bauprojekte eingegriffen, was zu Umplanungen, Abrissen und Umbauten und damit zu Kosten- und Bauzeitüberschreitungen führen muss. Auch politisch gewollte Veränderungen wie z. B. höherer Schallschutz für Anwohner eines Flughafens führen zu Kostensteigerungen, auf die die beauftragten Bauunternehmen keinen Einfluss haben. Jede Ausweitung der Anordnungsrechte des Auftraggebers führt regelmäßig zu einer Störung im optimierten Ablauf des Baubetriebes. Dies ist mit zum Teil erheblichen Kostensteigerungen verbunden.  Optimierte Auslastung der heimischen Baubetriebe Die ungleichmäßige Auftragsvergabe der öffentlichen Hand („Dezemberfieber“) verhindert eine im Jahresverlauf gleichmäßige Kapazitätsauslastung der Baubetriebe. Immer noch werden rund zwei Drittel aller öffentlichen Aufträge in der zweiten Jahreshälfte ausgeführt: Das Vorhalten ungenutzter Kapazitäten an Personal und Geräten in umsatzschwachen Monaten verursacht jedoch Kosten, die sich preissteigernd auf die tatsächlich ausgeführten Bauleistungen auswirken.

Immer noch werden rund zwei Drittel aller öffentlichen Aufträge in der zweiten Jahreshälfte ausgeführt.

Demgegenüber führt eine Überauslastung, z. B. in den Herbstmonaten, nicht nur zu überproportional steigenden Kosten, weil Personal und Geräte „teuer zugekauft“, Überstundenzuschläge oder Schichtzulagen gezahlt werden müssen, sondern auch zu Produktivitätsverlusten, weil die Abläufe in den Betrieben in dieser Größenordnung nicht optimal aufeinander eingespielt sind. Entsprechendes gilt für Bauzeitverzögerungen bzw. Baustopps aufgrund mangelnder Erfüllung der Mitwirkungspflichten und das anschließende Beauftragen von Beschleunigungsmaßnahmen durch den Bauherrn. Ziel muss es daher sein, mit einer stetigen Auftragsvergabe der öffentlichen Hand und der zeitnahen Erfüllung der Mitwirkungspflichten während der Bauphase die Kapazitäten der Baubetriebe möglichst gleichmäßig auszulasten.

17


 Baufinanzierungskosten Schon heute gibt es einen gesetzlich verankerten Anspruch des Verbrauchers auf Sicherheitsleistung in Höhe von 5 % der vorgesehenen Bausumme, die der Bauunternehmer als Vertragserfüllungsbürgschaft oder in bar hinterlegen kann. Generell ist es üblich, dass der Auftraggeber sowohl Sicherheiten für die Vertragserfüllung (i. A. in Höhe von 10 %) als auch für die Gewährleistung (i. A. in Höhe von 5 %) fordert. Um die Liquidität nicht übermäßig zu belasten, leistet der Unternehmer diese Sicherheiten gewöhnlich in Form von Bürgschaften. Bei einer Bauzeit von z. B. 1 bis 2 Jahren und einem Gewährleistungszeitraum von 4 Jahren (VOB/B) bzw. 5 Jahren (BGB) muss der Unternehmer die Bürgschaften dementsprechend mindestens 5 bis 7 Jahre finanzieren. Die Avalzinsen von 1 - 2 % p. a. der Bürgschaftssumme werden auch heute schon als Teil der Projektkosten in den Angebotspreis für das Bauwerk einkalkuliert. Jede zusätzliche Kostenbelastung durch Bürgschaften oder die Ausweitung der Versicherungspflicht muss an den Kunden weitergegeben werden und führt zu einem weiteren Preisanstieg.

FAZIT Im Bestreben, am Wohnungsmarkt eine spürbare Entlastung – vor allen Dingen im niedrigpreisigen Segment – zu schaffen und die Energiewende voranzubringen, sollten in der Tat im Sinne der Koalitionsvereinbarung preistreibende Reglementierungen in Normen und Gesetzen die den Neubau oder die Sanierung von Gebäuden betreffen, auf den Prüfstand gestellt werden. In jedem Fall muss ein weiteres Ausufern solcher Regelungen verhindert werden.

18




Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.