KLASSIKER SEHEN FILME VERSTEHEN
I. VOR DEM SCREENING
Stop-Motion-Technik bewegt keine Bilder, sondern dreidimensionale Objekte aus jedem möglichen Material. Diese werden animiert, indem sie „von Frame zu Frame“ einzeln verändert und anschließend fotografiert werden. Berühmtestes Beispiel für die Verwendung im Realfilm ist die Animation des Riesen affen als Modell in KING KONG (USA 1933, R: Merian C. Cooper, Ernest B. Schoedsack). Streng genommen allerdings ist die Stop-Motion-Technik keine eigene Gattung, sondern der Überbegriff für darauf beruhende Techniken wie Knetfilm, Puppentrick oder Legetrick. Legetrick bezeichnet eine Technik, bei der (z.B. aus Papier) ausgeschnittene Figurenteile auf eine Fläche gelegt, einzeln bewegt und von oben gefilmt werden. Bekanntes Beispiel sind die Animationen Terry Gilliams für die TV-Serie „Monty Python’s Flying Circus.“ Die Serie „South Park“ bezieht sich auf die ursprüngliche Legetrick-Technik, wurde allerdings (mit Ausnahme der Pilotfolge) am Computer realisiert. Silhouettenfilm (Scherenschnitt): Nach dem Prinzip des Legetricks wird schwarzes Papier ausgeschnitten, anschließend jedoch von unten beleuchtet. Bekanntestes Beispiel ist DIE ABENTEUER DES PRINZEN ACHMED von Lotte Reiniger. Zwei ältere argentinische Kurzfilme gelten als verschollen, später arbeiteten vor allem italienische und japanische Filmemacher/innen mit der Technik. Auch in der DDR realisierte Bruno Böttge mehrere Silhouettenfilme. Puppentrick verwendet Puppen, die mit ihren Gliedern einzeln bewegt und im Stop-Motion-Verfahren abgefilmt werden. Er ist nicht zu verwechseln mit dem Puppen- oder Marionettenfilm, in dem die Puppen vor laufender Kamera bewegt werden. Populär sind vor allem die Puppentrickfilme aus den Fernsehstudios der ČSSR und anderen osteuropäischen Ländern. Doch auch in Filmen wie THE NIGHTMARE BEFORE CHRISTMAS (NIGHTMARE BEFORE CHRISTMAS, USA 1993, R: Henry Selick) und WALLACE & GROMIT – THE CURSE OF THE WERE-RABBIT (WALLACE & GROMIT – AUF DER JAGD NACH DEM RIESENKANINCHEN, GB 2005, R: Nick Park, Steve Box) lebt diese Tradition fort. Claymation („Knetfilm“) ist die Bezeichnung für alle Animationen nach dem Stop-Motion-Prinzip, in denen Objekte aus beliebigen Materialen, insbesondere aber Knete und Plastilin verwendet werden. Die Möglichkeiten surrealer Verformung sind vielfältiger als z.B. im Puppentrickfilm. Der tschechische Filmemacher und -künstler Jan Švankmajer verwendet – und verfremdet – seit den 1960er-Jahren auch Materialien wie Werkzeuge, Waffen, Büromaterial oder Steaks, wie etwa in seinem Film MOZNOSTI DIALOGU (DIMENSIONEN DES DIALOGS, CZ 1982). Computeranimation kann externe Bilder am Computer synchronisieren oder diese komplett am Rechner erstellen. Die Entwicklung digitaler Computereffekte erfolgte zeitgleich mit den ersten einfachen Computer spielen (Pong) und führte mit der Verarbeitbarkeit größerer Datenmengen auch bald zu experimentellen Spielfilmen wie TRON (USA 1978, R: Steven Lisberger) und schließlich dem kommerziellen Durchbruch mit Steven Spielbergs JURASSIC PARK (USA 1993). Die Interaktion mit dem Realfilm, die durch 3D-Grafiken mittlerweile Perfektion erreicht hat, ist in diesem Bereich besonders stark ausgeprägt. Eben darum sollte zwischen unsichtbaren Special Effects und sicht barer Animation deutlich unterschieden werden. „Wirkliche“ Animation will als solche auch erkennbar sein und sich nicht dem Realismus unterordnen. Motion-Capture ist der Nachfolger der Rotoskopie im Bereich des Digitalfilms. Über am Körper ange brachte und optisch verfolgbare Sensoren (Marker) werden die Bewegungen von Schauspielern/innen auf ein digitales Drahtgittermodell übertragen und weiterverarbeitet. So entsteht ein anschließend frei bewegbares 3D-Modell der Person im Computer.
ANIMATIONSFILM – TRICKFILM UND FILMTRICK
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