Kultur NRW Magazin 02/2020

Das Reisemagazin, Ausgabe 02, 2020

AUSSER HAUS Kulturgenuss unter freiem Himmel

URLAUBSFLAIR Kurztrips abseits der Metropolen

INDUSTRIALISIERUNG Auf den Spuren von Friedrich Engels

TITELBILD

Die Müngstener Brücke ist Deutschlands höchste Eisenbahnbrücke. Sie überspannt das Tal der Wupper zwischen Solingen und Remscheid. Mehr zum Technikgiganten auf S. 20.

IMPRESSUM HERAUSGEBER: Tourismus NRW e.V. Völklinger Str. 4, 40219 Düsseldorf, Tel.: +49 (0) 211 91320-500, Fax: +49 (0) 211 91320-555, info@nrw-tourismus.de, www.dein-nrw.de, Vertretungsberechtigter Vorstand: Dr. Achim Schloemer, Geschäftsführung: Dr. Heike Döll-König, V. i. S. d. P. und Verantwortlicher gem. § 55 Abs. 2 Rundfunkstaatsvertrag: Markus Delcuve, Völklinger Str. 4, 40219 Düsseldorf, Amtsgericht: Düsseldorf, Vereinsregisternummer: VR 10493, Verantwortlich für den Inhalt: Julia Dahmen, Jens Nieweg, Maximilian Hulisz, Hanna Bosbach, KONZEPTION UND REALISATION: Kaune, Posnik, Spohr GmbH, Zeughausstraße 13, 50667 Köln, Tel.: +49 (0) 221 952 749-0, www.kps-kommunikation.de, Text: Anja Luckas, Projektmanagement: Ina Sistig, Art Direction: Christina Claßen, AUFLAGE: 133.000 Stück, DISTRIBUTION über: Süddeutsche Zeitung, Die Zeit, DRUCK: Bonifatius GmbH Druck -

DAS NEUE WARTET AN UNERWARTETEN ORTEN

Buch - Verlag, Verantwortlicher: Tammo Wilm

BILDNACHWEISE Wenn nicht anders beschrieben, immer von oben nach unten und von links nach rechts | Titel | © Leo Thomas @theolator | S. 3 | © Tourismus NRW e.V.; © Tourimus NRW e.V.; © Von der Heydt-Museum Wuppertal; © Skulpturenpark Waldfrieden | S. 4 | © Tecklenburger Land Tourismus e.V., Rudi Schubert; © Tourismus NRW e.V. | S. 5 | © Minden Marketing GmbH; © Tourismus NRW e.V. | S. 6–7 | © Tourist Information Xanten GmbH; © Eifel Tourismus GmbH, Dominik Ketz; © Prowi GT | S. 8–9 | 1: © Keith Haring Foundation; 2: © 2020 The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc. Licensed by Artists Rights Society (ARS), New York; 3: © Succession Miró, VG Bild-Kunst, Bonn 2020; 4: © Succession Picasso, VG Bild-Kunst, Bonn 2020 | S. 10 | © Koelnmesse GmbH; © Koelnmesse GmbH | S. 11 | © Thomas Damgaard; © Nihon no hanga Amsterdam | S. 12 | © Stiftung Kunst im Landesbesitz (Dauerleihgabe), Foto: Rheinisches Bildarchiv Köln; © Museum der bildenden Künste, Leipzig, Foto: InGestalt Michael Ehritt | S. 13 | © Caroline Tisdall | S. 14 | © VG Bild-Kunst, Bonn 2020; © VG Bild-Kunst, Bonn 2020 | S. 15 | © Sean Scully. Foto: Ralf Silberkuhl; © Andrew Kreps Gallery, New York and Esther Schipper, Berlin | S. 16 | © Hannah von Dahlen; © Bernhard Petz; © Jo Holz © Hannah von Dahlen | S. 18–21 | 1: © Tourismus NRW e.V.; 2: © Stiftung Neanderthal Museum; 3: © Stiftung Neanderthal Museum; 4: © Werner J. Hannappel; 5: © LWL-Industriemuseum; 6: © LWL-Industriemuseum, Sebastian Cintio; 7: © Tourismus NRW e.V.; 8: © Tourismus NRW e.V.; 9: © Tourismus NRW e.V.; 10: © Vogelsang IP, Dieter Zehner; 11: © Tourismus NRW e.V.; 12: © Tourismus NRW e.V. | S. 22–23 | © Andreas Fischer; 1: © Von der Heydt-Museum Wuppertal; 2: © LVR-Industriemuseum; 3: © Von der Heydt-Museum Wuppertal; 4: © Tourismus NRW e.V.; 5: © Tourismus NRW e.V., Johannes Höhn | S. 24–25 | 1: © LWL/ Peter Jülich; 2: © LWL/Peter Jülich; 3: © LWL-Museum für Archäologie; 4: © LWL/Peter Jülich; 5: © Stiftung Zollverein, Jochen Tack | S. 26 | © 2019 foto@luftbild-blossey.de | S. 27 | © Hannes Woidich; Tourismus NRW e.V., Johannes Höhn | S. 28–29 | © Franziska Beckmann; © Max Ernst Museum Brühl des LVR, Hans Theo; © Thilo Schmülgen; © Axel Thünker DGPh; © Edda © Tourismus NRW e.V.; © Tourismus NRW e.V.; © LWL; © Touristikverband Siegerland Wittgenstein, Frank Rother; © Skulpturenpark Waldfrieden | S. 30–31 | 1: © Thomas Riehle, Arturimages; 2: © Naturregion Sieg; 3: © Stadt Ratingen; 4: © Gerd Janes; 5: © Das Bergische, Sabine Dohrmann; 6: © Carsten Gliese; 7: © Stadt Viersen, Richard Caelers; 8: © Rureifel Tourismus e.V.; 9: © @sauldejongh; 10: © Sauerland Tourismus e.V., Georg Hennecke; 11: © Thomas Branse; 12: © Gräflicher Park Health & Balance Resort; 13: © Stiftung Skulpturenpark Köln, 2017, Foto: Axel Schneider; 14: © VG Bild-Kunst, Bonn 2020, Foto: Werner Hannappel; 15: © Touristikverband Siegerland Wittgenstein e.V., Klaus Peter Kappest; 16: © F. Pohlke; 17: © Süleyman Kayaalp; 18: © Bielefeld Marketing.

GEFÖRDERT DURCH:

deinnrw.de/rauszeitlust

Geheimtipps, das ist es doch, was wir eigentlich alle suchen.

Wir möchten entdecken, erkunden, Neues erleben, den ganz besonderen Ort finden, der uns mit seiner Schönheit, seiner Ruhe oder vielleicht auch seiner Unkonventionalität überrascht, überwältigt, für sich einnimmt. Einen Ort, bei dem wir uns fragen: „Warum ist der nicht in jedem Reiseführer?“, und zugleich glücklich darüber sind, dass er nicht in jedem Reiseführer ist, denn dann hätte er wahrscheinlich schon einiges an Zauber verloren.

In den vergangenen Wochen haben Geheimtipps und Trips abseits der wohlbekannten touristischen Pfade noch eine ganz andere Bedeutung bekommen. Geheimtipp bedeutete zugleich: Dort ist es nicht so voll, dort kann ich ohne Sorge eine schöne Zeit verbringen. Und weil wir genau dies möchten – dass jeder in Nordrhein-Westfalen sorgenfreie Stunden und Tage voller beglückender Momente erleben kann, die in Erinnerung bleiben –, haben wir neben unserer crossmedialen #rauszeitlust-Kampagne ein ganzes Heft voller Reisetipps zusammengestellt, die mal mehr und mal weniger geheim, in jedem Fall aber erlebnisreich und beglückend sind.

Da geht es zum Beispiel in kleine, hübsche Städte, Orte und Stadtteile, die vielen unbekannt sein dürften, oder auf einen Kulturspaziergang durch Oberhausen, in Kulturorte, an denen sich Gegenwartskünstler, Radfahrer und Familien treffen, und auf eine Kunstentdeckungstour durch Mönchengladbach. Aber auch Ausstellungshighlights wie die Kunstschauen über Andy Warhol und Keith Haring oder die Pest-Ausstellung im LWL-Museum für Archäologie möchten wir Ihnen ans Herz legen, ebenso wie die besonderen (Ausstellungs-)Angebote angesichts der Beethoven-, Beuys- und Engels-Jubiläen. Und weil wir finden, dass auch der kulinarische Genuss nie zu kurz kommen sollte, haben wir noch die schönsten Museumscafés in Nordrhein-Westfalen zusammengesucht – die zum Teil selbst wie kleine Museen aussehen.

Nordrhein-Westfalen wartet darauf, neu entdeckt zu werden. Viel Vergnügen!

Ihre Heike Döll-König Geschäftsführerin Tourismus NRW e.V.

dein-nrw.de

20

4

INHALT

22

4 KLEINE STÄDTE, GROSSES FLAIR

8 ZURÜCK IN DIE ACHTZIGER

10 ZWEI MESSEN, EIN TERMIN

11 AUSSTELLUNGEN 2021

16 KULTUR IN MÖNCHENGLADBACH

18 DRAUSSEN IM MUSEUM

22 ARBEITSLEBEN

24 ALS CORONA DIE PEST TRAF

25 100 JAHRE RUHRGEBIET

26 KUNST FÜR UNTERWEGS

28 DIE SCHÖNSTEN MUSEUMSCAFÉS

30 REGIONENTIPPS

28

KLEINE STÄDTE, GROSSES

1

A

m Kaiser-Wilhelm-Denkmal, hoch über Porta Westfalica, ist nicht mehr viel los. Nur ein paar wenige Ausflügler sitzen noch auf den breiten Stufen des gewaltigen Monuments und genießen die Abendstimmung. Der braune Sandstein des Gemäuers schimmert gelblich in der untergehenden Sonne. Einige Leute machen Selfies von sich und dem Kaiser, während zur anderen Seite der Blick über das gegenüberliegende Wiehengebirge, die nahe Stadt Minden und die Weser schweift, die sich im Tal ihren Weg durch den Teutoburger Wald bahnt.

Eben haben sie noch dort unten am Ufer gesessen. Im lauschigen Biergarten mit Blick auf die Weser, wo die hölzerne Schiffmühle ankert und ab und an ein Ausflugsschiff auf dem Weg von der Schachtschleuse zu einem der größten Wasserstraßenkreuze der Welt vorbeikommt. Auch Radfahrer suchen sich hier einen schönen Platz unter den hohen Bäumen. Manche von ihnen sind auf dem Weserradweg unterwegs. Andere haben einfach die Zeit genutzt, um mal wieder durch die Glacis zu radeln. Vorbei an den alten, eng an eng stehenden Fischerhäusern und der früheren Defensionskaserne, in der 2021 das LWL-Preußenmuseum neu eröffnen wird.

Denn hinter dem Grüngürtel, der die historische Kernstadt von Minden

2

DEIN

4

NRW

3

FLAIR

4

dein-nrw.de/kulturland

umschließt, verstecken sich mehr als 1.200 Jahre Geschichte. Davon zeugen unter anderem die vielen Fachwerkhäuser und Sandsteinfassaden in der Oberstadt.

Schnurrviertel nennen sie das kleine Quartier mit den schmalen Gassen aus Kopfsteinpflaster, kleinen Läden und Cafés liebevoll. Das alte Münzhaus, das als ältestes Steinhaus Westfalens gilt und atemberaubend schief steht, sowie viele andere Häuser sind mit Blumen geschmückt. Und am „Dorfplatz“ gruppieren sich Bänke um einen kleinen Brunnen. Auch aus der Blütezeit der Weserrenaissance stammen noch einige Gebäude in der ehemaligen Hansestadt. Gut zu erkennen an den damals typischen Erkern und Vorbauten, den sogenannten Utluchten. Und dann war da noch Karl der Große. Er war im Jahr 798 an der Weser und soll der Stadt ihren Namen gegeben haben. Auch seinen Spuren folgen die Gäste beim Bummel durch die Altstadt bis zum Mindener Dom, den Karl einst zum Bischofssitz erhob.

DER GRÜNE GLANZ DER HANSE

Gleich sechs mittelalterliche Kirchen verteilen sich in der historischen Altstadt von Soest. Umgeben von der einstigen Stadtmauer, die noch zu großen Teilen

DEIN

5 NRW

erhalten ist und zur idyllischen Grünanlage umgewandelt wurde, ist sie geprägt von grünlich schimmerndem Sandstein. Eine Folge der Salzgewinnung, die der früheren Hansestadt vor Jahrhunderten zu erheblichem Reichtum verhalf. Davon zeugt unter anderem die Wiesenkirche, die sie in Soest wegen der hohen Fenster gern als kleine Schwester des Kölner Doms bezeichnen.

Sie steht im mittelalterlichen Ortskern der modernen und lebendigen Kleinstadt am Nordrand des Sauerlandes, wo sich nicht nur Studenten in den vielen Cafés und Kneipen treffen. Denn nicht weit ist es auch zum Museum Wilhelm Morgner, dessen moderner Bau im spannenden Kontrast zu den historischen Gebäuden steht.

Gezeigt werden hier wechselnde Ausstellungen unter anderem aus dem Nachlass des früh verstorbenen Expressionisten.

Einem anderen, ebenfalls in Soest geborenen Maler begegnen Kunstinteressierte beim Besuch der Stadt Tecklenburg.

Dem Landschaftsmaler Otto Modersohn, der zu den Mitbegründern der Künstlerkolonie Worpswede gehörte, haben sie in Deutschlands nördlichstem Bergstädtchen ein kleines Museum eingerichtet. Es befindet sich in Haus Markt 9, einem der liebevoll restaurierten Fachwerkhäuser aus dem 16. bis 18. Jahrhundert, die sich um den Marktplatz des Luft- und Kneippkurortes auf dem Höhenzug des Teutoburger Waldes gruppieren. „Gängskes und Pättkes“ heißen die engen Gassen im mittelalterlichen Ortskern von Telgte. Eingebettet in die Münsterländer Parklandschaft, hütet das Museum Relígio hier direkt am malerischen Ufer der Ems einen ganz besonderen Schatz. Den sogenannten „Smachtlappen“, ein gewobenes Hungertuch aus dem Jahr 1623. Gäste, die sich rund um den Marktplatz des Wallfahrtsortes einfach treiben lassen und dabei den Blick aufs Wasser genießen, kommen an einem Besuch dieses modernen Museums kaum vorbei. Denn in Telgte ist alles dicht beieinander: kleine Cafés und westfälische Wirtshäuser, ausgesuchte Geschäfte, gotische Kirchen und der „Tisch der Religionen“. Eben ein Ort der besonderen – kulturellen und religiösen – Vielfalt.

UNTER DEN LINDEN

In Kornelimünster ist heute Markttag.

Vor der mittelalterlichen Propsteikirche St. Kornelius, die sich hinter den vielen Fachwerk- und Bruchsteinfassaden im historischen Ortskern fast ein bisschen versteckt, sind einige Stände aufgebaut.

Es gibt frische Erdbeeren und den letzten Spargel der Saison. Die Kunden nutzen die Gelegenheit für einen kleinen Plausch mit dem Nachbarn. Andere sitzen zur Mittagszeit im Café, haben sich Platz unter den

DEIN

6

NRW

5 6

1 Tecklenburg 2 Telgte 3 Minden 4 Freudenberg 5 Altstadt Xanten 6 Ortskern Kornelimünster 7 Fachwerkensemble, Rheda-Wiedenbrück

7

Linden gesucht, die an diesem herrlichen Frühsommertag ein wenig Schatten spenden. Radfahrer schieben ihr Rad über das Kopfsteinpflaster und bleiben immer wieder stehen. So schön ist es in Aachens malerischstem Stadtteil. Ein bisschen so, als sei die Zeit stehen geblieben.

Die meisten Häuser rund um den Marktplatz stehen unter Denkmalschutz.

Das schmalste von ihnen, Haus Nr. 17, ist gerade einmal 2,42 Meter breit. Als hätten es die anderen zwischen sich eingeklemmt und einfach zusammengeschoben. Meist führen ein paar Stufen zu den höher gelegenen Eingangstüren aus schwerem Holz.

Sie wurden vor Jahrhunderten so gebaut, um die Menschen vor Hochwasser zu schützen. Heute fließt die Inde allerdings eher gemächlich am Ortsrand vorbei.

Beim Stadtspaziergang lassen sich noch viel mehr hübsche Details entdecken: etwa die Heiligenfiguren an zahlreichen Häuserecken, die alten Gaslaternen und die wild wuchernden Pflanzen, die an den Fassaden emporwachsen. Der schönste Blick auf dieses in eine grüne Landschaft eingerahmte Gebäudeensemble bietet sich aber von oben. Hinter der Kirche führt

eine steinerne Treppe auf den Berg mit der kleinen Kapelle St. Stephanus. Von hier schweift der Blick über Wälder und weite Felder, bevor die Spaziergänger durch den Abteigarten und die von Linden gesäumte Allee dann direkt auf das in hellem Gelb leuchtende Barockschloss zusteuern. Hinter den hohen Türen des ehemaligen Klostergebäudes ist das Kunsthaus NRW beheimatet. Es präsentiert in den prächtigen Sälen eine Sammlung von Kunstwerken vom rheinischen Expressionismus bis in die Gegenwart.

DAS TOR ZUM MITTELALTER

Plötzlich in einer anderen Welt glauben sich Urlauber auch, sobald sie das Stadttor in Alt-Kaster passiert haben. Denn der mittelalterliche Ortsteil von Bedburg im Rhein-Erft-Kreis ist so gut erhalten wie kein zweiter. Reste der früheren Burg stehen noch. Ebenso die alte Wehrmauer sowie zahlreiche Häuser aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Das barocke Schloss Bedburg, ursprünglich mal als gotische Ziegelsteinburg errichtet, ist regelmäßig Schauplatz von Kulturveranstaltungen.

Und den Bogen zur Geschichte der rheinischen Braunkohleindustrie schlagen die Besucher schließlich im nahen Wasserschloss Paffendorf bei Bergheim, das in einen großen Park mit Mammutbäumen, Ginkgos und Riesenlebensbäumen eingebettet ist. Blickfang im historischen Stadtkern von Xanten ist das um 1540 errichtete gotische Haus. Es zeugt von der Blütezeit der niederrheinischen Gemeinde und wur-

de, so wird vermutet, mit Tuffsteinen aus der römischen Siedlung gebaut. Denn der Luftkurort im Kreis Wesel ist durchaus geschichtsträchtig. Wo sich einst die antike Provinzstadt Colonia Ulpia Traiana befand, lädt heute der Archäologische Park zum Spaziergang entlang des originalgetreu nachgebauten Hafentempels und des Amphitheaters ein. Zudem finden von Mai bis September regelmäßig „römische Wochenenden“ auf dem Gelände statt. Den perfekten Abschluss eines Kulturtages in Xanten bildet dann aber, nach einem Besuch bei Siegfried, dem Drachentöter, ein Bad in der Südsee.

Auf eine immerhin 1.000-jährige Geschichte kann die Stadt Rheda-Wiedenbrück zurückblicken. Heute gleicht der historische Marktplatz im Sommer einem großen Biergarten, eingerahmt von Dutzenden gut erhaltenen Fachwerkhäusern mit reich verzierten Giebeln. Weniger Trubel herrscht im nahegelegenen Park von Schloss Rheda. Idyllisch zwischen Ems, Hirschwiese und dem Roten Pfuhl gelegen, findet sich hier sicher ein schattiges Plätzchen für eine Pause. Denn Schloss und Garten liegen direkt an der 100-Schlösser-Route durch das Münsterland.

Unter Denkmalschutz steht auch der Alte Flecken in Freudenberg, das wohl bekannteste und meistfotografierte Fachwerkensemble des Landes. Mehr als 80 schwarz-weiße Schmuckstücke reihen sich hier in „ordentlichen“ Viererreihen aneinander und bilden zusammen beinahe so etwas wie ein Freilichtmuseum. Idyllisch eingerahmt von der Siegerländer Waldund Wiesenlandschaft.

DEIN

7 NRW

ZURÜCK IN DIE ACHTZIGER Zur Hochzeit von Popstar Madonna erschienen sie 1985 Arm in Arm. Und auch sonst sah man Keith Haring und Andy Warhol in New York oft gemeinsam an der Seite von Grace Jones, Vivienne Westwood oder Jean-Michel Basquiat. Zwei exzentrische Persönlichkeiten, beide auf ihre Art begnadete Künstler und enge Freunde, von denen einer viel zu früh starb. Zwei große Ausstellungshäuser holen die beiden Stars der amerikanischen Pop-Art-Szene jetzt getrennt voneinander nach NordrheinWestfalen.

DEIN

8

NRW

K

eith Haring, 1958 in Pennsylvania geboren, wurde nur 31 Jahre alt. Doch seine tanzenden Männchen, bellenden Hunde und fliegenden Untertassen gingen um die Welt und sind heute beinahe aktueller als schon in den 1980er-Jahren. Geprägt von der Clubkultur des Undergrounds, von Raumfahrt, Robotik und Videospielen schuf Haring eine Reihe von Werken, mit denen er scheinbar spontan und in grellen Farben auf drängende Fragen seiner Generation reagierte. Rassismus und Homophobie, Drogensucht und Aids, Kapitalismus und Umweltzerstörung: Jeder kennt

Harings linienförmige Figuren. Sie wurden seine universelle Sprache der Chiffren, die bis heute überall und sofort verstanden wird.

Zahlreiche dieser großformatigen Gemälde sowie Zeichnungen, Plakate, Fotografien und Videos zeichnen ab dem 21. August 2020 bis zum 29. November 2020 im Museum Folkwang Essen das Leben dieses Ausnahmekünstlers nach, der stets offen über seine Homosexualität gesprochen und nie einen Hehl aus seiner HIV-Infektion gemacht hatte. Keith Haring starb am 16. Februar 1990 in New York.

1

3

4

2

Mit seiner Zeichnung „Andy Mouse“, einer Mischung aus Andy Warhol und Mickey Mouse, hatte Haring einem anderen großen Pop-ArtKünstler einige Jahre zuvor bereits ein kleines Denkmal gesetzt. Seinem Werk bietet ab dem 12. Dezember 2020 bis zum 18. April 2021 das Museum Ludwig in Köln einen breiten Raum. „Andy Warhol Now“ heißt die Ausstellung, die mehr als 100 Werke des weltberühmten Malers versammelt. 1928 als Sohn russischer Einwanderer in den USA geboren, bahnt sich der anfangs noch scheue junge Mann seinen Weg in die Kunst zunächst über homoerotische Zeichnungen und Aufträge als Werbeillustrator. Bis ihn seine unverkennbaren Siebdruckbilder von Cola-Flaschen, Suppendosen oder Celebrity-Porträts zum Inbegriff der neuen Pop-Art-Bewegung machten, die der amerikanischen Gesellschaft unverhohlen den Spiegel vorhielt.

Mit zahlreichen Schlüsselwerken wie der Elvis-Presley-Reihe und den Farbvariationen eines elektrischen Stuhls stellt die Kölner Schau Warhols gesellschaftskritische Haltung in den Fokus. Sie beleuchtet aber auch weniger bekannte Aspekte, die einen aktuellen Blick auf diesen Jahrhundertkünstler in einer Zeit politischer und kultureller Umbrüche ermöglichen. Andy Warhol starb 1987 im Alter von 58 Jahren.

1 Keith Haring: Ignorance (1989) 2 Andy Warhol: Selbstporträt (1986) 3 Joan Miró: Tambourmajor (1980) 4 Pablo Picasso: Frau im Lehnstuhl (1948)

dein-nrw.de/ausstellungen

LEBENSLANGE FREUNDSCHAFT Eine Künstlerfreundschaft steht vom 19. September 2020 bis 31. Januar 2021 auch in Münster im Fokus. Anlässlich seines 20-jährigen Bestehens wirft das dortige Kunstmuseum Pablo Picasso einen Blick auf die kreative Beziehung zwischen den beiden spanischen Ausnahmekünstlern Pablo Picasso und Joan Miró. Erstmals trafen sich die beiden Maler im Februar 1920 in Paris.

Danach kreuzten sich ihre Wege immer wieder und es verband sie schließlich eine lebenslange Freundschaft. Die Ausstellung „Picasso/Miró – Eine Künstlerfreundschaft“ stellt nun 100 exemplarisch ausgewählte Arbeiten der beiden Künstler nebeneinander, anhand derer sich zahlreiche Gemeinsamkeiten, aber auch Gegensätze ablesen lassen.

So galt Miró bei seinen Grafiken stets als minutiöser Planer, während Picasso eher operativ und ohne präzise Bildidee ans Werk ging. Auch war sein Schaffen von häufigen Richtungs- und Stilwechseln gekennzeichnet.

Miró dagegen sah sich eher in der Rolle des Gärtners, der die ihm anvertrauten Gewächse umhegt und pflegt. Den Schritt in die völlige Abstraktion vollzogen übrigens beide Künstler nie. Das eint sie wieder.

DEIN

9 NRW

5

ZWEI MESSEN, EIN TERMIN K Die „Art Cologne“ feiert mit bei 50 Jahre „Cologne Fine Art & Design“

DEIN

10

NRW

unstliebhaber, Sammler und solche, die es werden wollen, sollten sich das dritte Wochenende im November 2020 schon jetzt freihalten. Denn dann gibt es in Köln eine echte Premiere. Erstmals seit ihrem mehr als 50-jährigen Bestehen finden die Kunstmesse Art Cologne und die Cologne Fine Art & Design an fünf Tagen gleichzeitig in den Kölner Messehallen in Deutz statt. Das Spektrum der dargebotenen Objekte reicht von der Vorzeit bis zur aktuellen Kunst.

Seit ihrer Gründung im Jahr 1967 hat sich die Art Cologne zur wichtigsten Kunstmesse in Deutschland entwickelt und ist auch weit über die Grenzen hinaus eine maßgebliche Adresse für herausragende Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts. Sie untergliedert sich wie bisher in die Bereiche Moderne, Nachkriegskunst und zeitgenössische Kunst. Die Messe, die am 20. November für die Öffentlichkeit geöffnet wird, versteht sich jedoch nicht nur als internationaler Handelsplatz für Kunst, sondern auch als Vermittler und Förderer. So gibt es auch in diesem Jahr den Bereich „Neumarkt“, der jungen, aufstrebenden Galerien eine Präsentationsplattform auf dem internationalen Kunstmarkt bietet, sowie das New-Positions-Programm mit Förderkojen für junge Künstler.

Ihrem eigenen Profil treu bleibt auch die Cologne Fine Art & Design, die in diesem Herbst ihr 50-jähriges Bestehen feiert. Sie präsentiert parallel zur Art Cologne sorgfältig ausgesuchte Kunstwerke, Antiquitäten

und Design aus allen Stilrichtungen und Epochen. Neu gestaltet wird bis zur Eröffnung im November der bisherige Young Collectors Room, der potenziellen Sammlern den Einstieg in den Kunstmarkt erleichtern soll.

Beide Messen finden vom 18. bis 22.

November 2020 auf dem Kölner Messegelände statt. Ob es wie in der Vergangenheit auch geführte Rundgänge geben wird, steht derzeit noch nicht fest. Sicher aufbewahrt werden die neu erworbenen Kunstwerke aber auf jeden Fall bei einer Übernachtung im Excelsior Hotel Ernst. Das familiengeführte 5-Sterne-Hotel direkt am Kölner Dom bietet genau das passende Ambiente für Kunstliebhaber, die nach dem Messebesuch stilecht zur Ruhe kommen wollen.

oben Cologne Fine Art & Design unten Besucher der Art Cologne

AUSSTELLUNGEN 2021 dein-nrw.de/ausstellungen

Mehr Tipps gibt der Kulturkenner.

Als virtueller Scout führt er durch die einzigartig weitläufige Kunst- und Kulturlandschaft in NRW: www.kulturkenner.de

SCHMUCK, GANZ SCHLICHT Ein ausdrucksstarker Minimalismus prägt seit Jahrzehnten das dänische Schmuckdesign. Im Museum für Angewandte Kunst in Köln können Ausstellungsbesucher vom 28. November 2020 bis 18. April 2021 einen Blick in diese „Danish Jewellery Box“ werfen. Die Schau gibt Einblick in 50 Jahre skandinavische Schmuckkunst, die in Dänemark als eigenständige Kunstform eine lange Tradition hat. Gezeigt werden Stücke aus der rund 300 Objekte umfassenden Sammlung der Danish Arts Foundation.

Helle Løvig Espersen: Herzring (2003)

IM MONDSCHEIN Er war einer der letzten großen Holzschnittkünstler in der Tradition des Ukiyo-e: Tsukioka Yoshitoshi (1839–1892). Im kommenden Jahr holt das Museum für Ostasiatische Kunst sein Meisterwerk nach Köln. „Hundert Ansichten des Mondes“ ist eine Serie populärer Farbholzschnitte der Edo-Zeit, in der Geschichte und Mythologie des alten Japan lebendig werden. Yoshitoshi arbeitete bis zu seinem Tod an der bildgewaltigen Reihe, in der der Mond eine prominente Rolle spielt und die von einer besonderen emotionalen Tiefe gekennzeichnet ist. Höhepunkt der gleichnamigen Ausstellung, die vom 26. Februar bis zum 27. Juni 2021 in Köln zu sehen ist, ist das Triptychon „Fujiwara Yasumasa spielt bei Mondschein Flöte“. Das 1977 eröffnete Museum selbst ist eingebettet in die Parklandschaft am Aachener Weiher. Die Ausstellungsräume gruppieren sich um einen wunderschönen Landschaftsgarten, der in Anlehnung an japanische Meditationsgärten gestaltet wurde und das Zentrum der Anlage bildet. Noch zwei Gründe mehr also für einen (gedanklichen) Kunst-Ausflug nach Ostasien.

Tsukioka Yoshitoshi: Mond am Tor vor Suzaku, aus der Serie „Hundert Ansichten des Mondes“ (1839-1892)

DEIN

11 NRW

IM HAFEN VON KONSTANTINOPEL Willkommen in Köln. Mit der Ausstellung „Bon Voyage, Signac!“ begrüßen das Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud im kommenden Jahr ein neues Werk des Künstlers Paul Signac in ihren Räumlichkeiten. Die Schau ist eine impressionistische Reise durch die eigene Sammlung, in deren Mittelpunkt das Bild „Konstantinopel: Yeni Djami“ (1909) steht. Die aus Tausenden Pinseltupfern entstandene Szenerie im Hafen des heutigen Istanbul wurde in den vergangenen Jahren konservatorisch untersucht und vorsichtig gereinigt. Vom 5. März bis 27. Juni 2021 soll es erstmals wieder der Öffentlichkeit präsentiert werden. Ausstellungsbesucher können aber nicht nur das atemberaubende Ergebnis bestaunen, sondern auch den Weg der Restaurierung nachvollziehen. Zudem gruppieren sich in Köln mehr als fünfzig Werke von Künstlerkollegen wie Monet, Manet, Gauguin und Matisse um den neuen Signac.

Sein Bild bleibt anschließend als Dauerleihgabe der Stiftung Kunst im Landesbesitz (NRW) in Köln.

Paul Signac: Konstantinopel: Yeni Djami (1909)

DRESDEN TRIFFT DÜSSELDORF Seine stimmungsvollen Sonnenuntergänge und nebelverhangenen Gebirge machten Caspar David Friedrich (1774–1840) zu Beginn des 19.

Jahrhunderts zum berühmtesten deutschen Maler der Romantik. Gleichzeitig gründete sich am Rhein die Düsseldorfer Malerschule, mit deren Vertretern Friedrich eine Art Hassliebe verband. Ihr künstlerischer Austausch war geprägt von Gegensätzen und Kritik, aber auch von einer erstaunlichen Korrespondenz. Denn auch die Düsseldorfer wandten sich bald der Landschaftsmalerei zu und stellten Friedrichs Werk Mitte der 1830er-Jahre zunehmend in den Schatten. Im Kunstpalast in Düsseldorf tritt die sächsische Landschaftsmalerei ab Herbst erstmals in einen Dialog mit den Werken der Düsseldorfer Malerschule. Vom 15. Oktober 2020 bis 7. Februar 2021 zeigt das Haus 120 Arbeiten der Dresdner Malerfreunde um Caspar David Friedrich und stellt ihnen Werke unter anderem von Carl Friedrich Lessing (1808–1880) und Andreas Achenbach (1815–1910) gegenüber.

Caspar David Friedrich: Lebensstufen (um 1834)

DEIN

12

NRW

Ausstellungen 2021

DER MANN MIT DEM HUT – 100 JAHRE BEUYS Er begrub in den 1960er-Jahren einen Hasenkadaver unter allerhand Konsummüll, wickelte sich selbst in Filz ein und pinselte Stühle mit Fett und Honig ein. Joseph Beuys war einer der bedeutendsten deutschen Künstler der Nachkriegszeit und gleichzeitig einer der umstrittensten. Im kommenden Jahr wäre der Mann mit dem Hut 100 Jahre alt geworden, weshalb das Land Nordrhein-Westfalen ihm eine große Veranstaltungsreihe widmet. Unter dem Titel „beuys 2021. 100 jahre joseph beuys“ erkunden 20 Institutionen in zwölf Städten Leben und Werk des in Krefeld geborenen Künstlers.

Erste Adresse ist Schloss Moyland am Niederrhein. Das Museum verfügt mit annähernd 6.000 Arbeiten über die weltweit größte Beuys-Sammlung. Anlässlich des Jubiläums zeigt es seine Werke vom 2. Mai bis 29. August 2021 erstmals zusammen mit ethnologischen Objekten schamanischer Lebenswelten aus dem eurasischen Raum. Denn für den Maler, Bildhauer, Aktionskünstler und Aktivisten Beuys verkörperte die Figur des Schamanen die grundlegende Manifestation spiritueller Zusammenhänge. In Kleve, wo Beuys aufgewachsen ist, widmet sich das Museum Kurhaus Kleve vom 16. Mai bis 12. September 2021 unter dem Titel „Intuition!“ dem Frühwerk des mehrfachen documentaTeilnehmers.

In Düsseldorf, wo Beuys zunächst selbst studierte und später als Professor wirkte, treffen Schüler und Lehrer noch einmal aufeinander. Vom 27. März bis 26. Juni 2021 werden in der Akademie-Galerie Arbeiten von „Mataré + Beuys + Immendorf“ gezeigt, während es in der Kunstsammlung NRW heißt „Jeder Mensch ist ein Künstler. Kosmopolitische Übungen mit Joseph Beuys“ (27. März bis August 2021). Ein Zitat des Künstlers greift das Museum Abteiberg in Mönchengladbach auf.

Denn in einer Zeit, in der andere Künstler Institutionen radikal infrage stellten, entschied Beuys sich, seine Kunst im Museum zu präsentieren, einem „Ort der permanenten Konferenz“ (3. Juni bis 24. Oktober 2021).

Natürlich beteiligt sich auch die Geburtsstadt des Künstlers an den Jubiläumsfeierlichkeiten. Im Herbst 2021 bringen die Kunstmuseen Krefeld zwei „Künstler der Zukunft“ zusammen: Joseph Beuys und Marcel Duchamp. Mit seiner live im Fernsehen ausgestrahlten Aktion „Das Schweigen von Marcel Duchamp wird überbewertet“ hatte Beuys im Dezember 1964 für einiges Aufsehen gesorgt.

Weitere Ausstellungen, Vorlesungen, Theater- und Musikveranstaltungen finden im Rahmen von „beuys2021“ in Aachen, Bonn, Duisburg, Essen, Dortmund, Leverkusen und Wuppertal statt.

Joseph Beuys: Scheveningen (1976)

DEIN

13 NRW

WUT UND ZORN Zahlreiche Künstlerinnen und Künstler, die in ihrem Werk klar Position beziehen und gesellschaftliche Missstände thematisieren, versammelt der Kunstpalast in Düsseldorf im Herbst unter einem Dach. Unter dem Titel „Empört euch! Kunst in den Zeiten des Zorns“ werden vom 29. Oktober 2020 bis 10. Januar 2021 rund 50 Arbeiten gezeigt, die Wut und Zorn der Gesellschaft vor dem Hintergrund aktueller politischer Herausforderungen sichtbar machen und reflektieren. Zu den internationalen Künstlerinnen und Künstlern, die mit ihrer politischen Haltung nicht hinterm Berg halten, gehören unter anderem Monica Bonvicini, Peggy Buth und Harry Hachmeister, Thomas Hirschhorn, Julian Röder und Erik van Lieshout.

Bjarne Melgaard: „I am not a piece of shit I am a piece of society“ (2009)

FOTOGRAFIE IN SERIE Er gilt als einer der wichtigsten Vertreter der zeitgenössischen Fotografie in Deutschland. Doch in den vergangenen 20 Jahren hat Thomas Ruff die Kamera selbst kaum noch zur Hand genommen.

Stattdessen hat sich der Düsseldorfer Künstler, der durch seine frontalen Porträts von ernst blickenden Menschen bekannt geworden ist, in den Archiven und Datenbanken „bedient“ und Fotografien unterschiedlichster Herkunft zu großformatigen Serien zusammengestellt. Indem er Atelierfotografien aus dem 19. Jahrhundert, Pressefotos aus der Nachkriegszeit oder Propagandabilder aus der Volksrepublik China einander gegenüberstellt, erkundet er die unterschiedlichsten Bildwelten und greift gleichzeitig die technischen Möglichkeiten der Fotografie zu ihrer jeweiligen Zeit auf. Die Ausstellung, die die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen vom 12. September 2020 bis 7. Februar 2021 im Düsseldorfer K20 zeigt, bietet mithin nicht nur einen Überblick über Ruffs kreatives Schaffen der vergangenen zwei Jahrzehnte, sondern ist auch ein Ausflug in 170 Jahre Fotografiegeschichte.

Thomas Ruff: tableau chinois 03 (2019)

DEIN

14

NRW

Ausstellungen 2021 IN ENGER VERBUNDENHEIT „Ich möchte den Weg vom Spirituellen zum Physischen und vom Physischen zum Spirituellen zugänglich machen.“ Keinen geringeren Anspruch stellt der in Dublin geborene Künstler Sean Scully selbst an sein Werk, das derzeit im Skulpturenpark Waldfrieden in Wuppertal gezeigt wird. Einige der Arbeiten, die noch bis zum 3. Januar 2021 sowohl im Außenraum als auch in den drei Ausstellungsgebäuden des Parks zu sehen sind, wurden eigens für die großzügige Werkschau geschaffen. Der Maler und Bildhauer, dessen expressive Gemälde aus horizontalen und vertikalen Streifen ihn weltbekannt gemacht haben, unterstreicht so seine langjährige Freundschaft mit dem Initiator des Skulpturenparks, Tony Cragg. Während sich die Ausstellung in den Innenräumen in erster Linie der Malerei und kleineren Skulpturen widmet, verteilt sich im Außenbereich eine Auswahl von Scullys aufgetürmten Monumentalskulpturen.

Sean Scully: Sleeper Stack (2019)

NEUES SELBSTBEWUSSTSEIN Den Begriff des „documentary turn“ hat Hito Steyerl maßgeblich mitgedacht und formuliert. Schon in frühen Arbeiten der in Berlin lebenden Künstlerin, Filmemacherin und Autorin zeigt sich diese neue Auffassung des Dokumentarischen. Kritisch reflektiert sie in ihren Werken die gesellschaftliche Rolle von Kunst und Museen, experimentiert mit medialen Präsentationsformen und fordert den Begriff der öffentlichen Kunst ein. Ein Standpunkt, den auch die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen und das Pariser Centre Pompidou selbstbewusst vertreten, weshalb sie Steyerl jetzt gemeinsam eine erste große Überblicksschau mit dem Titel „Hito Steyerl: I Will Survive“ widmen. Unter anderem bekommen Besucher vom 26. September 2020 bis 10. Januar 2021 im Düsseldorfer K21 aktuelle Arbeiten zu sehen, in denen die 54-jährige Künstlerin thematisiert, wie Kunst – vorangetrieben von Galerien und mächtigen Oligarchen – zunehmend zum Gegenstand von Investment und Spekulation wird.

Hito Steyerl: How Not to Be Seen: A Fucking Didactic Educational .MOV File (2013), single screen 15 minutes, 52 seconds

DEIN

15 NRW

Vinylgarage

MÖNCHENGLADBACH BEREITET KUNST UND KULTUR EINE BÜHNE M

önchengladbach, die grüne Großstadt am linken Niederrhein, überrascht nicht nur mit viel Natur, sondern kann auch mit einigen Kulturhighlights aufwarten. Weithin bekannt für seine moderne und bildende Kunst ist das Museum Abteiberg. Auch das Museum Schloss Rheydt mit dem angeschlossenen Textiltechnikum, in dem die Geschichte der textilen Entwicklung der Stadt zum Leben erwacht, hat sich über die Stadtgrenzen hinaus einen Namen gemacht. Es gibt aber kulturell und künstlerisch noch viel mehr in Mönchengladbach zu entdecken.

Mit großem Zuspruch und Begeisterung der Besucher wurde im Herbst 2019 der Bunker Güdderath eröffnet. Bei einer sehr persönlichen und dialogstarken Führung durch die insgesamt 15 Räume erleben Besucher das Werk der Künstler Zdzislawa Worozanska-Sacher und Bepe` Meilenstein interaktiv. Dem WDR waren die besondere Location und das außergewöhnliche Ausstellungskonzept zur Eröffnung sogar eine gesamte Ausgabe des Kulturmagazins Westart wert, um den neuen Kulturort in Mönchengladbach zu würdigen.

In den Herbstmonaten finden im Rahmen der „Herbstzeitlose“ auch zahlreiche Konzerte und spartenübergreifende Veranstaltungen in der speziellen Atmosphäre des von Bernhard Petz geschaffenen Konzertsaales statt. Der Saal mit den brachialen Betonwänden und einer ausgesägten Decke, deren Überreste das tonnenschwere Bühnenpodest für Musiker, Sänger und Schauspieler bilden, bietet Platz für 80 Zuhörer.

Die Kulturküche, ein gemütliches Café in der Mönchengladbacher Altstadt, vereint Kultur, Kulinarik und Soziales unter einem Dach und ist ein Ort der Begegnung für Genießer, Kulturinteressierte und Stadtentdecker jeden Alters. An ausgewählten Abenden bringt die Kulturküche auch die Bühne zum Kochen. Das halbjährlich erscheinende Kulturprogramm sorgt mit Konzerten, Lesungen, Off-Theater etc. für beste Unterhaltung.

Einen kommunikativen Rahmen schafft auch der MMIII Kunstverein MG e.V. Er bietet Ausstellungsplattformen, fördert Diskussionen, macht Kunstprozesse sichtbar und zeigt Schnittstellen zu kunstverwandten Bereichen auf. Regelmäßig werden aktuelle und außergewöhnliche Positionen aus ver-

Bunker Güdderath

schiedenen Bereichen der Kunst gezeigt. So Kulturküche erhalten nationale und internationale, junge sowie auch bekannte und anerkannte Künstler eine Bühne. Der Schwerpunkt liegt dabei auf zeitgenössischer Kunst, die im Spannungsverhältnis zwischen aktueller Frische und zeitloser Qualität anzusiedeln ist.

Musik- und Vinylfans finden in der liebevoll eingerichteten Vinyl Garage einen Schallplattenladen für Second Hand Vinyl und ausgewählte Neuware. Mitten in der Altstadt bietet das gemütliche Ladenlokal Raum zum Musik-Stöbern, Anhören und Austauschen. Die mit Sofa, Sessel und Vorhörstationen ausgestatteten Räumlichkeiten laden zum ausgedehnten Verweilen und Stöbern ein.

Weitere Informationen und Anregungen unter deinmg.de Kulturküche

DEIN

16

NRW

#MünsterfeiertPicasso Pablo Picasso, 1957, Cannes, Fotografie von © David Douglas Duncan / Harry Ransom Center 2020

1 2

DRAUSSEN

3

DEIN

18

NRW

Allein im Museum.

Im Sommer, wenn draußen die Sonne scheint und es die Familie eher ins Freie zieht, kann das durchaus passieren.

Dabei schließt das eine das andere gar nicht aus. Denn viele Kunstorte im Land, darunter stillgelegte Zechen, Klosteranlagen und Technikmuseen, sind nicht nur idyllisch am Wald oder Wasser gelegen, sondern mitunter selbst Teil der Landschaft.

4

Nicht weit ist es vom Museum zum Eiszeitlichen Wildgehege.

Durch ein kleines Waldstück führt der Kunstweg „MenschenSpuren“ direkt zu den hier lebenden Wisenten und Abbildzüchtungen von Auerochsen und Tarpanen.

Gesäumt ist der Weg von zehn Skulpturen, die sich auf unterschiedlichste Art und Weise mit ihrer natürlichen Umgebung auseinandersetzen. Manche wollen von den Spaziergängern regelrecht entdeckt werden, andere verändern ihre Erscheinung je nach Jahreszeit und Witterung.

BERGBAUROMANTIK, CURRYWURST UND BIER

IM MUSEUM dein-nrw.de/kultur-angebote

J

5 6

eder kennt den Neandertaler.

Aber wer weiß schon, wo er gefunden wurde? Es war in der Nähe von Mettmann bei Düsseldorf.

Vor rund 160 Jahren entdeckten Bergarbeiter im Neanderthal Skelettteile, die man später als frühmenschliche Überreste identifizieren konnte. Heute erstreckt sich rund um die Fundstelle eine wunderschöne Parkanlage, durch die Spaziergänger zum Neanderthal Museum gelangen. Das moderne Ausstellungshaus mit einem großen Steinzeitspielplatz direkt vor der Tür gehört zweifelsohne zu den spannendsten Museen im Land. Schließlich stehen wir selbst im Mittelpunkt der Ausstellung, also der Mensch und wie er in sieben Millionen Jahren zu dem wurde, was er heute ist. Wichtige Begleiter beim Rundgang durch die Menschengeschichte sind deshalb die lebensgroßen Figuren, wie z. B. Mr. N., Mr. 4 % und Mädchen Kina.

Völlig gewandelt haben sich auch die vielen stillgelegten Zechen speziell im Ruhrgebiet. Denn nach und nach hat sich die Natur ihren Platz auf den alten Industriebrachen zurückerobert und bildet einen spannenden Kontrast zu den stählernen Kolossen des Bergbaus. Wilde Pflanzen, darunter einige Exoten, wuchern beispielsweise auf dem Gelände der Kokerei Hansa in Dortmund. Den besten Blick auf das Miteinander von Natur und Technik haben Besucher vom Kohleturm, wo der gleichnamige Erlebnispfad startet. Direkt unter Tage in den Berg hineingehen können sie auf Zeche Nachtigall in Witten, die zugleich ein idealer Ausgangspunkt für eine Bergbauwanderung durch das wild-romantische Muttental ist. Hier, so nimmt man an, wurde die erste Kohle überhaupt im Ruhrrevier gefunden. „Schloss der Arbeit“ nennen die Dortmunder ihre Zeche Zollern wegen der beeindruckenden Architektur mit den Backsteingebäuden, opulenten Giebeln und einem imposanten Jugendstilportal. So lohnt allein ein Spaziergang durch die schlossähnliche Parkanlage, über den Ehrenhof vorbei am ehemaligen Pferdestall, dem Zechenturm und der Maschinenhalle. Ein bisschen Zeit nehmen sollten sich Besucher aber auch für die Sonderausstellung „Revierfolklore – Zwischen Heimatstolz und Kommerz“. Sie geht noch bis zum 25. Oktober 2020 der Frage nach, warum das Ruhrgebiet noch heute für Begriffe wie Kohle und Stahl, Currywurst und Bier, Fußball und Heimatverbundenheit steht.

DEIN

19 NRW

1 Wisent im eiszeitlichen Wildgehege 2 „Mr. N.“, Neanderthal Museum 3 Mädchen „Kina“, Neanderthal Museum 4 Kokerei Hansa 5 Zeche Zollern 6 Zeche Nachtigall 7 Müngstener Brücke 8 Museum Peter August Böckstiegel 9 Kloster Bentlage 10 Vogelsang IP 11 Monschau an der Rur 12 Kunst- und Kulturzentrum KuK

GIGANTEN DER TECHNIK

Einen anderen Technikgiganten haben Spaziergänger, Wanderer oder Radfahrer beim Picknick im Bergischen Land stets im Blick: die Müngstener Brücke. Das gewaltige und dennoch filigran anmutende Konstrukt ist mit 107 Metern Deutschlands höchste Eisenbahnbrücke und überspannt das Tal der Wupper zwischen Solingen und Remscheid. Ihr zu Füßen lässt sich im Müngstener Brückenpark inmitten dichter Wälder oder direkt in den Flussauen herrlich entspannen, bevor der Kunstausflug in der Gesenkschmiede Hendrichs mit einem lauten Knall auf seinen Höhepunkt zusteuert. Das LVR-Industriemuseum in Solingen ist eine der wenigen Gesenkschmieden aus dem 19. Jahrhundert, die noch heute nahezu komplett erhalten und betriebsbereit sind.

KLOSTERLEBEN MAL ANDERS

Klosteranlagen wohnt gewöhnlich eine besondere Atmosphäre von Ruhe und Abgeschiedenheit inne.

Nicht so am linken Ufer der Ems, wo sich inmitten eines Landschaftsschutzgebiets plötzlich Kloster Bentlage auftut. In einer der besterhaltenen mittelalterlichen Klosteranlagen Westfalens, die später zum Schloss umgebaut wurde, treffen sich Gegenwartskünstler, Radfahrer und Familien mit Kindern. Denn die Anlage, die unter anderem die Westfälische Galerie beherbergt, liegt direkt an der 100-Schlösser-Route durchs Münsterland sowie am NaturZoo Rheine, Deutschlands erstem „Affenwald“.

GESCHICHTSTRÄCHTIGE ORTE

7

DEIN

20

NRW

Monschau hat eine der schönsten historischen Altstädte des Landes.

Unterhalb dicht bewachsener Hänge schlängelt sich die Rur durch die Fachwerkstadt in der Eifel, deren enge Gassen, Fachwerkhäuser und Burgruinen beliebte Fotomotive sind. Nicht zuletzt wegen der idyllischen Lage mitten im Nationalpark Eifel lockt die ehemalige Tuchmacherstadt auch weltweit anerkannte Fotografen an, die ihre Arbeiten im Kunst- und Kulturzentrum (KuK) ausstellen. Denn die Einrichtung im

8

9

10

12

11

ehemaligen Finanzamt der Stadt, nur wenige Gehminuten vom Monschauer Marktplatz entfernt, hat sich zum Forum für internationale Fotografie entwickelt, in dem schon Fotokünstler wie Henri Cartier-Bresson, Elliott Erwitt, Vivian Maier, Anton Corbijn und Berenice Abbott zu Gast waren.

Hoch über der Eifel, mit Blick auf den Urftsee und die Wälder des Nationalparks, befindet sich das Forum Vogelsang IP. Zwei Dauerausstellungen thematisieren hier die Vergangenheit und Zukunft des Ortes, wo die Nationalsozialisten einst eine gigantische menschenverachtende Ordensburg errichten ließen. Nach einem Rundgang über das weitläufige Gelände lockt auch im Besucherzentrum dann der „Sound of Nature“.

In der bäuerlichen Landschaft seiner Heimatstadt Werther am Fuße des Teutoburger Waldes fand der Maler Peter August Böckstiegel seine schönsten Motive. Ihm auf die Spur kommen Radfahrer und Spaziergänger auf dem Böckstiegel-Pfad, der durch die Felder entlang des Schwarzbaches zum Geburtshaus des Expressionisten und dem benachbarten Museum Peter August Böckstiegel führt. 17 Stationen informieren unterwegs über Leben und Werk des Malers.

Vor allem aber lädt die Landschaft des Ravensberger Hügellandes dazu ein, die Picknickdecke auszubreiten und sich inspirieren zu lassen.

DEIN

21 NRW

ARBEITSLEBEN Zum 200. Geburtstag von Friedrich Engels

DREI FRAGEN AN DR. ROLAND MÖNIG

Kunsthistoriker und neuer Direktor des Von der Heydt-Museums in Wuppertal.

Anlässlich des 200. Geburtstages von Friedrich Engels zeigt das Museum ab November die Ausstellung „Vision und Schrecken der Moderne“. Welche Rolle hat Engels für Wuppertal und vor allem für die Kunst gespielt?

Das Bergische Land galt früher als das deutsche Manchester.

Die Industrialisierung fand hier sehr viel früher statt als etwa im Ruhrgebiet. Mit allen Problemen und Chancen. So würde es das Von der Heydt-Museum ohne die damalige wirtschaftliche Agilität und Potenz des Bürgertums überhaupt nicht geben. Auch wäre mancher künstlerische Aufbruch ohne die galoppierende Industrialisierung nicht entstanden. Denn Kunst ist wie ein Seismograph ihrer Zeit. Das zeigt die Ausstellung sehr anschaulich und endet bewusst offen. Denn viele Fragen, die Marx und Engels damals aufgeworfen haben, sind bis heute nicht gelöst.

Das Von der Heydt-Museum in Wuppertal ist eines der bedeutendsten Museen des Landes. Was dürfen wir unter Ihrer Leitung erwarten?

Zunächst einmal zolle ich meinem Vorgänger Gerhard Finckh großen Respekt, der mir ein tolles Haus übergeben hat. Und auch unter meiner Leitung gilt, dass alles, was wir tun, immer auf die Menschen gerichtet ist. Mir ist ganz wichtig, mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen. Denn sie sind es, die das Haus immer getragen haben. Bis heute und darüber hinaus. Allein der Kunstund Museumsverein hat rund 2.100 Mitglieder. Sie werden ein wichtiger Ansprechpartner sein.

DEIN

22

NRW

1

Verraten Sie uns einige Ihrer Zukunftspläne für das Von der Heydt-Museum?

Konkret sagen kann ich bisher nur, dass sich Wuppertal im kommenden Jahr an dem Projekt beuys2021 beteiligen wird. Darüber freue ich mich sehr. Ansonsten plane ich, die eigene Sammlung künftig noch intensiver in den Fokus zu rücken. Sie ist eine perfekte Morgengabe, die Sie in ihrer kompakten Erscheinung anderswo kaum finden werden. Eine regelrechte „Bilderbank“, aus der man sich gerade in Zeiten, da Bildkommunikation wichtiger ist denn je, wunderbar bedienen kann.

2 3

dein-nrw.de/ausstellungen

PICKNICK MIT BEETHOVEN 5

4

„In Elberfeld allein werden von 2500 schulpflichtigen Kindern 1200 dem Unterricht entzogen und wachsen in den Fabriken auf, bloß damit der Fabrikherr nicht einem Erwachsenen, dessen Stelle sie vertreten, das Doppelte des Lohnes zu geben nötig hat, das er einem Kinde gibt.“

S

o schreibt es Friedrichs Engels 1839 in seinen berühmten „Briefen aus dem Wupperthal“. Der Sohn eines wohlhabenden Baumwollfabrikanten aus Barmen ist damals gerade 19 Jahre alt. Am 28. November 2020 jährt sich der Geburtstag des bekannten Kommunisten zum 200. Mal. Die Stadt Wuppertal würdigt ihn deshalb mit einer großen Veranstaltungsreihe.

Beteiligt ist auch das Von der HeydtMuseum. Es präsentiert ab dem 17. November 2020 die Schau „Vision und Schrecken der Moderne“, die sich dem Spannungsfeld zwischen Industrialisierung und künstlerischem Aufbruch widmet. Denn mit einer unglaublichen Dynamik setzte im Wupper-Tal Anfang des 19. Jahrhunderts der industrielle Aufschwung ein. Dies sorgte einerseits für Reichtum, von dem zahlreiche Porträtmalereien aus der Sammlung zeugen. Gleichzeitig herrschten in vielen Fabriken unmenschliche Arbeitsbedingungen, die Maler wie Max Klinger und Käthe Kollwitz in ihren Werken anprangerten. Andere waren von der neuen Industrielandschaft indes geradezu begeistert, und es entstand eine neue Sachlichkeit.

DIE LAGE DER ARBEITENDEN KLASSE

Wie sehr bestimmt Arbeit heute unser Leben?

Und was kommt nach der Arbeit? Fragen wie diese greifen Künstler in eindrucksvollen Installationen und Performances auf, die vom 24. bis 27. September in Engelskirchen zu sehen

sind. „Nach dem Beaufsichtigen der Maschinen“ ist der Titel dieses Projekts, das vom NRW KULTURsekretariat (Wuppertal) gemeinsam mit dem LVR-Industriemuseum in Engelskirchen initiiert wurde.

Angelehnt an das Engels-Zitat bittet es zur Diskussion über das gesellschaftliche und politische Erbe des Philosophen und Aktivisten. Eine Online-Plattform zum Thema wird bereits am 18. August freigeschaltet.

Engels Vater hatte im Jahr 1837 ein altes Hammerwerk in Engelskirchen erworben und zur Baumwollspinnerei umbauen lassen. Bis zu 600 Menschen, darunter auch zahlreiche Kinder, arbeiteten zwischenzeitlich in der Spinnerei Ermen & Engels. Heute ist das Gelände rund um das ehemalige Wasserwerk ebenso wie die Textilfabrik Cromford in Ratingen ein Industriemuseum, das zu einer spannenden Reise in die Zeit der Industrialisierung einlädt.

1 Heinrich Hoerle: Selbstbildnis vor Häusern (1932), Von der Heydt-Museum 2 Garnknäuel aus der Spinnerei Ermen und Engels, LVR-Industriemuseum 3 Käthe Kollwitz: Arbeiterfrau mit blauem Tuch (o.J.), Von der Heydt-Museum 4 LVR-Industriemuseum Textilfabrik Cromford 5 Beethoven-Denkmal, Bonn

N

atürlich sollte der 250. Geburtstag von Ludwig van Beethoven in diesem Jahr in Bonn groß gefeiert werden. Doch es kam bekanntlich anders. Und deshalb markiert der zentrale Festakt am 17. Dezember 2020, dem Tag der Taufe des berühmten Komponisten, nun beinahe so etwas wie den Auftakt für ein Jubiläumsprogramm BTHVN2020 +1.

Denn zahlreiche Veranstaltungen wurden kurzerhand ins kommende Jahr verlegt. So wurde beispielsweise aus Musikpicknick 2020 das Musikpicknick 2021. Von Mai bis August erklingt an sechs Abenden auf sechs Burgen und Schlössern rund um Bonn alte und neue Musik. Weiterhin angeboten wird auch der Beethoven-Rundgang. Der Spaziergang führt zu Orten, die den Ausnahmekünstler geprägt haben.

Darunter natürlich das Geburtshaus in der Bonner Innenstadt sowie das Wirtshaus Zehrgarten am Markplatz, in dem Beethoven vor seiner Abreise nach Wien am 1. November 1792 seinen Ausstand gab.

DEIN

23 NRW

dein-nrw.de/virtuelle-erlebnisse

ALS CORONA DIE PEST TRAF

1

„Schneewittchensarg“, Ausrüstung der Feuerwehr Essen für Seuchenfälle

A

nfangs haben wir noch Witze gemacht“, erinnert sich Dr. Doreen Mölders. „Nach dem Motto, was wäre wenn ...“ Das war im September vergangenen Jahres, als im LWL-Museum für Archäologie in Herne gerade die Sonderausstellung „Pest!“ eröffnet worden war. Dass schon wenige Monate später tatsächlich eine weltweite Pandemie ausbrechen würde, ahnte auch die Museumsleiterin damals natürlich nicht. Mitte März musste auch sie ihr Haus von einem auf den anderen Tag schließen.

Seit das Museum wieder geöffnet ist, gibt es eine „Corona-Wand“ in der Ausstellung. Hier können Besucher noch bis zum 15. November 2020 ihre eigenen Gedanken nach dem Rundgang aufschreiben. „Mit Corona im Hintergrund sehen sie die Ausstellung und die Pest als solche plötzlich mit anderen Augen“, so Mölders. „Denn sie verbinden sie mit ihrer eigenen Lebens-

DEIN

24

NRW

wirklichkeit.“ Deshalb schrieben die meisten, wie gut es ihnen doch geht und dass sie froh sind, nicht im Mittelalter gelebt zu haben.

40 TAGE IN QUARANTÄNE

Am meisten überrascht sind die Besucher aber darüber, wie viele gesellschaftspolitische Parallelen es gibt, die bis zurück ins Jahr 1347 reichen, als der „Schwarze Tod“ die europäische Bevölkerung beinahe auslöschte. „Aus dieser Zeit stammen Maßnahmen, die bis heute greifen“, weiß die Museumsleiterin. So wurde beispielsweise in Venedig erstmals die Quarantäne eingeführt. 40 Tage lang wurden die Besatzungsmitglieder von Handelsschiffen isoliert. Auch der Reisepass stammt aus dem 14. Jahrhundert. Denn nur wer nachweisen konnte, aus welchem Land er kam und

dass dort nicht die Pest grassierte, wurde zurück nach Europa gelassen. Als weitere Parallelen nennt Mölders beispielsweise Schuldzuweisungen und Verschwörungstheorien, die es zu jeder Zeit gab und gibt.

Zudem hatte die Pest natürlich stets auch Folgen für die medizinische Forschung sowie enorme wirtschaftliche Konsequenzen. Von der psychologischen Wirkung auf die Menschen ganz zu schweigen.

So kommt den Besuchern also plötzlich bekannt vor, was die Ausstellung lange vor Covid-19 thematisiert hat. Sie schlägt den Bogen vom ersten gut überlieferten Ausbruch der Krankheit im 6. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Denn jahrhundertelang war die Pest ein stetiger Begleiter der Menschen, als dessen Ursache im Mittelalter der sogenannte Pesthauch angesehen wurde. Die Schau dokumentiert dies eindrucksvoll anhand von 300 archäologischen und kulturgeschichtlichen Exponaten aus aller Welt. Das kleinste ist das Pest-Bakterium „Yersinia Pestis“ unter dem Mikroskop. Beim größten handelt es

Von Kohle und Stahl zu Kultur und Wissenschaft

RattenkönigPräparat, Böses Omen in der frühen Neuzeit

100 JAHRE RUHRGEBIET

UNESCOWelterbe Zollverein in Essen

J

Museumsleiterin Dr. Doreen Mölders

sich um den tonnenschweren Anker der „Grand Saint Antoine“, die im Jahr 1720 die Pest nach Frankreich brachte.

DIGITALER RUNDGANG

Beide Exponate konnten sich Kulturinteressierte übrigens auch während des Lockdowns auf der Homepage des Museums ansehen. Und sie können es noch. „Wir haben im März sofort reagiert“, sagt Doreen Mölders. „Denn wir wollten die genannten Parallelen zwischen der aktuellen Situation und der Vergangenheit für alle sichtbar machen.“ Insgesamt elf kurze Videos stellten die Ausstellungsmacher deshalb als Kuratorenführung ins Netz und waren selbst überrascht von dem großen Interesse. „Unsere YouTube-Zahlen sind explodiert“, freut sich die Museumsleiterin, die die Erfahrung der vergangenen Monate auf jeden Fall in die zukünftige Arbeit einfließen lassen und das digitale Angebot des Museums noch weiter ausbauen will.

ahrzehntelang prägte der Bergbau das Gesicht des Reviers. Fördertürme wie der markante Doppelbock der Zeche Zollverein in Essen waren die Symbole der Industrialisierung. Die imposante Kulisse dieses Industriedenkmals, das zum Welterbe der UNESCO gehört, bildet nun den Rahmen für eine ganz besondere Ausstellung. Denn das Ruhrgebiet, von seinen Bewohnern auch liebevoll Pott genannt, feiert Geburtstag.

Vor genau 100 Jahren wurde mit der Gründung des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk (SVR) der Grundstein für eine der größten Metropolen Europas gelegt, die noch heute für Begriffe wie Kohle und Stahl, Currywurst und Bier, Fußball und Heimatverbundenheit steht.

Ins Detail geht die Sonderausstellung unter dem Titel „100 Jahre Ruhrgebiet. Die andere Metropole“, die ab September im Ruhr Museum, in der ehemaligen Kohlenwäsche auf Zollverein, zu sehen ist. Ausgehend von der Gründung des Siedlungsverbandes, der aus der bis dahin unverbundenen Industrieregion eine Einheit machte, werden die Bereiche Infrastruktur und Mobilität, Kulturleben, Wissenschaft und Architektur beleuchtet. Auch geht es um die sozialen und gesellschaftlichen Verhältnisse in einer sich wandelnden Region, die aus ihrer Vergangenheit bis heute keinen Hehl macht, aber immer neugierig auf die Kapitel der Zukunft schaut.

SELBST MIT ANPACKEN

Grabstein vom Leiberger Pestfriedhof

In die montane Vergangenheit eintauchen können Kinder und Erwachsene auf Zollverein übrigens seit diesem Jahr in der Mitmachzeche im Denkmalpfad. Auf Schacht 1/2/8 fährt die ganze Familie gemeinsam ein und packt beim Aufbau eines Stollens kräftig mit an.

DEIN

25 NRW

Slinky Springs to Fame Brücke

KUNST FÜR UNTERWEGS Ein kleiner Kultur-Spaziergang dein-nrw.de/kultur

DEIN

26

NRW

Dortmunder U

G

erade hat er sich bewegt. Ganz bestimmt! Oder war es vielleicht doch nur eine Täuschung? War es. Denn natürlich bewegt sich der ungewöhnliche Strommast am Ufer des Rhein-Herne-Kanals in Oberhausen nicht. Doch tatsächlich hat es den Anschein, als tanze „Der Zauberlehrling“ hier ein wenig aus der Reihe. So, als wolle er es den anderen Strommasten, die wohlgeordnet und durch Leitungen miteinander verbunden im Hintergrund stehen, mal so richtig zeigen. „Seht her! Ich kann meine Arme und Beine bewegen, ich bin frei und mache, was ich will.“ Die überdimensionale Skulptur des tanzenden Strommastes stammt von der Künstlergruppe „Inges Idee“ und begeistert Kinder ebenso wie erwachsene Besucher in Oberhausen. Heute startet hier unser kleiner Kultur-Spaziergang durch die Ruhrgebietsstadt, in der sich im Umkreis von nur knapp sechs Kilometern zahlreiche Landmarken, Industriedenkmäler und Museen entdecken lassen.

Eines der bekanntesten Industriedenkmäler des Ruhrgebiets ist der 117 Meter hohe und schon von Weitem sichtbare Gasometer. Das erste Ziel. Zwar ist die höchste Ausstellungshalle Europas in Oberhausens Neuer Mitte noch bis Frühjahr 2021 wegen Sanierungsarbeiten geschlossen, doch allein der Anblick dieses gewaltigen stählernen Turms lohnt den zwei Kilometer langen Spaziergang durch die Gartenanlagen des ehemaligen Gutshofs Ripshorst und entlang des Rhein-Herne-Kanals.

Zauberlehrling

Weiter geht’s zum Schloss Oberhausen. Ebenfalls direkt am Kanalufer verbirgt sich hinter hohen Bäumen die klassizistische Schlossanlage, in der heute die Ludwiggalerie Schloss Oberhausen beheimatet ist. Sie verfügt über eine umfangreiche Sammlung von Werken aus der Antike bis in die Gegenwart und präsentiert in wechselnden Ausstellungen auch aktuelle Kunstpositionen sowie Arbeiten aus den Genres Fotografie, Comic und Cartoon. Unter anderem sind im Kleinen Schloss, einem ehemaligen Wirtschaftsgebäude, noch bis zum 13. September 2020 Fotoarbeiten des Kabarettisten Dieter Nuhr zu sehen.

Nach einem Spaziergang durch den Kaisergarten des Schlosses lohnt ein kleiner Abstecher ans andere Ufer des Rhein-Herne-Kanals. Die schwingende Spiralbrücke „Slinky Springs to Fame“ des Frankfurter Künstlers Tobias Rehberger ähnelt einem Seil, das über das Wasser geworfen wurde.

Sie ist vor allem in den Abendstunden ein echter Hingucker, wenn die insgesamt 496 Ringe immer wieder die Farbe wechseln.

Ebenfalls ein Gesamtkunstwerk ist der Peter-Behrens-Bau weiter Richtung Innenstadt. Das typische Bauhaus-Gebäude, das der Industriedesigner und Bauhaus-Architekt Peter Behrens im Auftrag des Gutehoffnungshütte-Konzerns (GHH) entworfen hat, dient in erster Linie als Depot des LVR-Industriemuseums, ist aber für die Öffentlichkeit zugänglich und präsentiert auch eigene Ausstellungen.

Am Ebertbad, 1894/95 als erste Volksbadeanstalt des Deutschen Kaiserreichs erbaut, endet schließlich der kleine Kunstspaziergang. In dem Jugendstilgebäude am Ebertplatz finden regelmäßig Konzerte, Theater-, Kabarett- und Kleinkunstveranstaltungen statt. Außerdem gibt es einen großen Biergarten. Genau der richtige Ort, um den Kulturtag in Oberhausen nach einem letzten Blick auf den Kilometerzähler ausklingen zu lassen. Übernachtungsgäste nehmen auch gern noch einen Absacker im

****Parkhotel Oberhausen, wo sie anschließend entspannt einschlafen, bevor auch schon der nächste Kultur-Tag anbricht.

IN ALLEN FARBEN Schon bei Tageslicht sind die Gärten rund um Schloss Dyck in Jüchen eine wahre Pracht aus Nutz- und Zierpflanzen, Stauden und Sträuchern sowie exotischen Bäumen. Doch wenn erst die Lichter angehen, verwandelt sich der Englische Landschaftsgarten in eine ganz neue Phantasiewelt aus Klang und Emotion. Denn das alljährliche Lichterfest ist der Höhepunkt im Kalender der Stiftung Schloss Dyck. Die von Künstlern aufwändig konzipierte Lichtshow mit Videomapping lässt Schloss und Park vom 4. bis 13. September 2020 in stetig wechselnden Farben erstrahlen und versetzt die Besucher in eine ganz besondere Stimmung, die mal zum Verweilen und Träumen, aber auch zum Tanzen animiert.

KLEINER FREITAG IMMER DONNERSTAGS Wenn das kein Grund zum Feiern ist. Das Dortmunder U kann in diesem Jahr bereits auf ein ganzes Jahrzehnt zurückblicken, in dem Künstler und Kreativschaffende, Wissenschaft und Forschung das ehemalige Brauereigebäude zu einem Zentrum für Kunst und Kreativität erweckt haben. Anlässlich dieses Geburtstages gibt es noch bis zum Jahresende die Veranstaltungsreihe „Kleiner Freitag“. Wohlgemerkt immer donnerstags werden – verteilt im ganzen Haus – exklusive Veranstaltungen angeboten. Das kann mal eine Führung durchs Museum Ostwall sein, mal ein aufrüttelndes Erlebnis im Hartware MedienKunstVerein, mal ein Kinoabend oder auch ein Fitnessparcours durchs ganze Haus bis auf die Dachterrasse. Am besten einfach überraschen lassen.

DEIN

27 NRW

DIE SCHÖNSTEN MUSEUMSCAFÉS IN NRW Erst Klosterkultur oder Surrealismus, danach Pflaumenkuchen oder Marzipantörtchen.

Natürlich ist ein Besuch im Museum in erster Linie ein Kunstgenuss.

Aber Zeit für einen abschließenden Kaffee,

WIE ES SICH ... ... für ein Freilichtmuseum geh Bielefeld in einem historische ört , ist natürlich auch das Café im Bauernhausmuseum n durch die Zier- und Nutzgärten Gebäude untergebracht. Nach einem Spaziergang Olderdissens Kot ten, kehren , vorbei am Backhaus, der Bockwindmühle und Bes Hier lassen sie sich in uriger ucher in der alten Scheune aus dem Jahr 1695 ein.

Atmosphäre westfälische Ger Pickert schmecken. ichte wie den typischen

ein gutes Glas Wein oder sogar ein ganzes Menü sollte immer sein.

Denn erst ein Besuch im Café macht den Ausflug in Sachen Kultur und Genuss so richtig rund.

DIE WÄNDE VOLL ... ... mit großformatigen Werken namhafter Künstler. Ein acht Meter langes Bücherregal mit Lektüre aus der Museumsbuchhandlung – und davor loungige Sofas und poppige Samtstühle. Das Edda Restaurant im Museum Folkwang in Essen ist der neue Treffpunkt für alle, die nach dem Museumsbesuch noch ein wenig chillen oder sich mit Freunden verabreden wollen.

IM BRAUKELLER ... ... von Kloster Dalheim wird es wohl mitunter hoch hergegangen sein. Denn auch die feinen Augustinerherren waren dem „normalen“ Leben nicht abgeneigt und ließen sich ihr selbstgebrautes Bier gern schmecken. Heute lebt diese Tradition fort. In dem urigen Gewölbe mit den dicken Mauern unterhalb der Klosteranlage wird das Dalheimer Klosterbräu vor den Augen der Gäste gebraut, die sich zuvor beim Rundgang durch die Ausstellung über das Leben im Kloster informiert haben. Und wie schon die Mönche lassen auch sie sich im Klosterwir tshaus gern mit regionalen Speisen verwöhnen.

DEIN

28

NRW

WER SCHOKOLADE LIEBT ... ... wird das Schokoladenmuseum in Köln nicht verlassen, ohne dem Chocolat Grand Café noch einen Besuch abzustatten.

Denn nicht nur der Blick durch die 30 Meter lange Fensterfront direkt am Rhein ist spektakulär. Die angebotenen Kuchen- und Schokoladenspezialitäten sind es auch.

SCHON ZU LEBZEITEN ... ... des Künstlers Max Ernst war der „Brühler Pavillon“ ein beliebter Treffpunkt. Heute beherbergt die dreiflügelige klassizistische Anlage aus dem 19. Jahrhundert nahe des Schlosses Augustusburg das Max Ernst Museum sowie das Museumsrestaurant „DeliDeux“. Stilvoller als hier, wo die Betreiber zum größten Teil Produkte aus biologischem Anbau verarbeiten, kann ein Museumsbesuch kaum ausklingen.

IN ZEITEN DES KALTEN KRIEGES ... ... lagerten in direkter Nachbarschaft der Insel Hombroich noch Raketen der Nato. Heute arbeiten in den ehemaligen Hangars und Hallen bildende Künstler, Literaten, Komponisten und Wissenschaftler.

Sie lassen sich von den Besuchern, die diesen einzigartigen Natur- und Kulturraum erkunden, eigentlich nicht stören. Aber vielleicht ergibt sich ja im Café Biemel gleich hinter dem Toreingang zur „Rakete“ doch ein interessantes Gespräch.

BEINAHE SELBST EIN KLEINES MUSEUM ... ... ist das Café „Anno dazumal“ in der Altstadt von Bad Berleburg mit seinen plüschigen Sofas und Sesseln, dem alten Ofen und allerhand „altem Kram“ wie Kuchenformen, Karaffen und Geschirr, das die Inhaber liebevoll dekoriert haben. Da erklärt sich eigentlich von selbst, dass die Kuchen und Torten, die in dieser urigen Atmosphäre in der Nähe von Schloss Berleburg serviert werden, natürlich hausgemacht sind.

LE ...

ISCHE MÜH ht aus DIE HISTOR ologischen Park Xanten stammt zwar nic 2 191 chä -Ar bis ch LVR No im . n ... mitte rhundert rhin aus dem 18. Jah lerieholder Antike, aber imme en Flügel dieses sechsgeschossigen Ga eile tig rw drehten sich die mäch Bis irgendwann der Blitz einschlug. Mittle Café n n. he tei tlic cks mü Ba ge s au zum rs de ern län tauriert und im Inn res ll evo lieb hle Mü ist die eMühle. umgebaut, der Kaffe

SCHON VON AUSSEN ... ... ist das Museum Marta in Herford mit seiner gewag ten Dachkonstruktion ein echter Hingucker. Die ebenfalls von Frank O. Gehry entworfene „Kupferbar“ nimmt diese schwingende Bewegung spielerisch wieder auf. Eine kupfer verkleidete Empore scheint förmlich in dem Bau mit der hohen Fensterfront zu schweben. Wer seine Ruhe haben will, zieht sich hier oben in die Gehry-Lounge zurück . Alle anderen Cafébesucher genießen den Blick direkt auf das Ufer des Flusses Aa.

IM SCHATTEN URALTER BÄUME ... ... klingt der Tag im Skulpturenpark Waldfrieden entspannt aus. Nach einem Rundgang durch die weitläufige Parkanlage in Wuppertal gibt es im lauschigen Biergarten des „Cafés Podest“ kleine Snacks und Erfrischungen, die den Kunstgenuss abrunden.

Zum Café umgebaut wurde das ehemalige Gärtnerhaus der Villa Waldfrieden.

DEIN

29 NRW

REGIONENTIPPS

01

01 Düsseldorf TAGESAUSFLUG AUF DIE INSEL

Vor den Toren Düsseldorfs ruht mitten im Grünen eine besondere Insel: Das Museum Insel Hombroich ist eine Welt für sich. Die Gebäude des Neusser Museums, nur eine Radtour von Düsseldorf entfernt, liegen verstreut in einem großen Landschaftspark. In der benachbarten Raketenstation Hombroich, einer ehemaligen NATO-Basis, leben und arbeiten heute Künstler und Wissenschaftler in einem einzigartigen Kulturraum. www.inselhombroich.de

02 Region Bonn/Rhein-Sieg/Ahrweiler SKULPTURENGARTEN VETERE IM SIEGTAL

Der 15.000 qm große Skulpturengarten des italienischen Malers und Bildhauers Giovanni Vetere, gelegen an einem kleinen Bachlauf, liegt mitten im Ortszentrum Eitorfs.

Er dient als Ausstellungsfläche sowohl für die Skulpturen von Giovanni Vetere als auch für die verschiedener Künstler der nebenanliegenden Galerie Incontro. Zu sehen sind Stein- und Holzskulpturen, Edelstahlobjekte und Bronzeplastiken. www.galerie-incontro.de, www.bonn-region.de

03 neanderland DA STEHT EIN PFERD AUF DEM FLUR

Das neanderland zwischen Köln, Düsseldorf, Wuppertal und dem Ruhrgebiet hat mit dem Fund des Neandertalers Bekanntheit erlangt. Doch was, wenn Wanderer mitten in Wald und Flur einen Mann im Hirschgeweih, ein bewegungsloses Pferd oder ein blaues Tor entdecken?

Zehn Skulpturen, darunter Stephan Balkenhols „Mann im Hirschgeweih“ (Foto), finden sich auf dem Kunstweg Ratingen und verändern das Wandererlebnis durch nachdenklich machende Überraschungsmomente. www.neanderland.de/wandern

Die „Skulpturensammlung Viersen“ ist eine Sammlung zeitgenössischer bildender Kunst und setzt Akzente rund um die „Städtische Galerie im Park“ im Zentrum der Stadt Viersen. In der vorhandenen städtebaulichen Umgebung sollen die Werke von Günter Haese, im Bild „Optimus II“, David D. Lauer, Mark di Suvero und anderen internationalen Künstlern eine besondere Atmosphäre schaffen. Die Sammlung ist frei zugänglich.

08 Eifel EIFEL – KUNST IM BUSCH

Sechs renommierte Künstlerinnen und Künstler haben im Umfeld der Internationalen Kunstakademie in Heimbach und unter den Augen der Öffentlichkeit Skulpturen, Plastiken und Installationen geschaffen. Alle Arbeiten, auch Dieter Ottens „Heimat“ (Foto), setzen sich inhaltlich, materiell und formal mit dem Thema „Mensch und Natur“ auseinander. Dort, wo sie geschaffen wurden, bleiben die Kunstwerke auch und werden durch einen Rundweg verbunden. www.rureifel-tourismus.de

Von einer Hommage an Caspar David Friedrichs „Wanderer über dem Nebelmeer“ über mysteriöse Hufeisen bis hin zur schlauen Marktfrau mit Teufel der Künstlerin Krista Löneke-Kemmerling. Der Lousberg ist nicht nur ein wahres Kleinod für alle, die gerne an der frischen Luft sind. Skulpturen und Denkmäler, die die legendäre Entstehung der Stadt erzählen, können entdeckt werden. www.aachen-tourismus.de/entdecken

Der Planetenweg in Erftstadt ist eine Reise durch unser Sonnensystem. In anschaulicher Art und Weise werden im Maßstab 1:1 Milliarde die (Klein-)Planeten Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun und Pluto dargestellt und mit diversen Infotafeln inszeniert.

Dadurch schrumpft die Erde auf die Größe einer Erbse und die Sonne (Foto) auf einen Durchmesser von 1,40 m, und die Dimensionen des Alls werden erlebbar.

Der überdimensionale Krummstab von Heinrich Brummack (Foto) ragt hoch aus den Wäldern des Schmallenberger Sauerlandes. Er ist eines von elf Kunstwerken, die einen in Deutschland einmaligen Kunstwanderweg säumen, den WaldSkulpturenWeg. Er führt durch die einzigartige Landschaft des Rothaarkamms bis ins Wittgensteiner Land. Mal schauen, was dort noch wartet.

Die Suche nach dem Glück führt in den „Sinneswald“. Der Skulpturenpark im Leichlinger Murbachtal zeigt in diesem Jahr über 60 Kunstwerke rund um das Thema „Glück“, von der rosaroten Brille (Foto) von Manfred Boelke bis zum Himmel voller Geigen. Die mitten im Grünen liegende Anlage bietet naturnahe Waldwege, schöne Seerosenteiche und viele Entspannungsmöglichkeiten zum Durchatmen. www.dasbergische.de

11 Münster KUNST AUF SCHRITT UND TRITT

05

In Münster finden sich mehr als 60 Skulpturen an den unterschiedlichsten Orten der Stadt – von ganz groß und präsent bis klein und versteckt. Viele Kunstwerke, wie die „Giant Pool Balls“ von Claes Oldenburg oder der „Pier“ (Foto) von Jorge Pardo, finden sich rund um den Aasee und erinnern an die Skulptur-Projekte. Mit der renommierten Ausstellung zieht Münster alle zehn Jahre die Aufmerksamkeit der internationalen Kunstwelt auf sich. www.tourismus.muenster.de

12 Teutoburger Wald GRÄFLICHER PARK IN BAD DRIBURG

Die Skulptur-Biennale Münsterland fand 2001 im Kreis Steinfurt statt, wo neun der ursprünglich zwölf Skulpturen dauerhaft erhalten wurden, darunter auch Mariele Neudeckers „Versunkenes Dorf“ (Foto). Im Mittelpunkt: die münsterländische Parklandschaft in all ihren Facetten. Heute lässt sich anhand einer Route durch den ganzen Kreis erfahren, wie zeitgenössische Künstler mit dem Landschaftsraum des Münsterlandes in Dialog getreten sind. www.bit.ly/2zEOg1T

Der Gräfliche Park ist ein 64 ha großer Landschaftspark mit altem Baumbestand und Themengärten. Beeindruckend ist der ganzjährig blühende „Piet Oudolf Garten“.

Es ist einer von nur zwei öffentlich zugänglichen Gärten des berühmten Garten-Designers in Deutschland. Flaneure entdecken in einer der schönsten Parkanlagen Deutschlands auch Objekte international renommierter Künstler, darunter Angela Conners Wasserspiel im Heckengarten (Foto). www.graeflicher-park.de

NRW

04

www.waldskulpturenweg.de

06 Münsterland BIENNALE IN PARKLANDSCHAFT

30

03

09 Aachen AUF ZUM AACHENER LOUSBERG

10 Sauerland KUNST & NATUR IM SAUERLAND

05 Das Bergische „GLÜCK“ IM SINNESWALD

02

www.skulpturensammlung-viersen.de

04 Rhein-Erft-Kreis PLANETENWEG ERFTSTADT

www.umweltzentrum-erftstadt.de

DEIN

07 Niederrhein SKULPTURENSAMMLUNG VIERSEN

06

07

13

13 Köln SKULPTURENPARK KÖLN

08

14

In diesem Ausstellungsraum unter freiem Himmel können Skulpturen von deutschen und internationalen Künstlern, auch Sou Fujimotos „Garden Gallery“ (Foto) entdeckt werden. Umsonst oder bei einer kostenpflichtigen Führung. Das Besondere: Im Zweijahrestakt werden einige Skulpturen durch neue, zeitgenössische ersetzt. Tipp: Durch die unmittelbare Nähe zum Kölner Zoo und zur Seilbahn bieten sich hier schöne Kombinationen an. www.skulpturenparkkoeln.de

14 Ruhrgebiet OASE DER BESONDEREN ART

Dialog, Abstraktion, Sehnsucht – beispielhafte Eindrücke, die im Kantpark, rund um das Duisburger Lehmbruck Museum, entstehen. Neben Erholungsflächen beheimatet die Grünanlage 40 frei zugängliche Skulpturen, dazu zählt André Voltens „Skulptur für eine Ebene“ (Foto). Die oftmals orts- und situationsbezogenen Plastiken nutzen die Natur nicht nur als Ausstellungsort, sondern integrieren diese als Teil des Gesamtwerks. www.0cn.de/urban 09

15

15 Siegen-Wittgenstein KUNST IM WALD ERWANDERN

Ein großes „Goldenes Ei“ (Foto) mitten im Wald, geschaffen von der Künstlerin Magdalena Jetelová. Das Symbol für die Entstehung des Lebens und dessen ewigem Kreislauf ist eines der Kunstwerke, die den WaldSkulpturenWeg auf Wittgensteiner Seite säumen. Er ist einer der schönsten Wanderwege der Region und führt, ohne dass die Wanderer es merken, grenzüberschreitend ins Sauerland. www.waldskulpturenweg.de

10

16

16 Südlicher Niederrhein SKULPTURENGARTEN AM MUSEUM ABTEIBERG

Der Skulpturengarten ist unterhalb des Münsters gelegen und gehört zum Museum Abteiberg. Wo früher Mönche Obst ernteten, stehen heute Kunstwerke, darunter Mauro Stacciolis „Anello“ (Foto). Drei Generationen von internationalen Bildhauern transformierten den Abteigarten zu einem Erlebnisraum, in dem Kunst und Natur sich ergänzen. Weitere Objekte warten auf der Skulpturenmeile im Innenstadtbereich darauf, entdeckt zu werden. www.deinmg.de

11

17

17 Die Bergischen Drei SKULPTURENPARK WALDFRIEDEN IN WUPPERTAL

Seit 2006 hat Tony Cragg es wachgeküsst, das Waldgrundstück mit Haus eines Wuppertaler Lackfabrikanten. Die Villa Waldfrieden ist heute ein renoviertes Schmuckstück und auch den baumreichen Park hat der international berühmte Künstler Cragg zu einem einzigartigen Ausstellungsort verwandelt. In gläsernen Pavillons sowie unter den Bäumen stehen Werke der bedeutendsten zeitgenössischen Bildhauer. www.skulpturenpark-waldfrieden.de 18 Bielefeld SKULPTURENPARK DER KUNSTHALLE BIELEFELD

12

18

Natur und Kunst pur – das bietet das Außengelände der Kunsthalle Bielefeld. Wie das Museum selbst ist auch der Skulpturenpark nach dem Entwurf von Phillip Johnson erbaut worden, dem New Yorker Stararchitekten der Postmoderne. Er lädt die Besucher der Bielefelder Innenstadt mit Werken bedeutender Künstler des 20. Jahrhunderts wie Henry Moore, Olafur Eliasson, Thomas Schütte und Sou Fujimoto (im Bild: „Final Wooden House“) zum Flanieren ein. www.kunsthalle-bielefeld.de

…ist ein Ort, an dem du Menschen triffst, die auch gerne Menschen treffen, die wiederum Menschen treffen, die gerne zusammenarbeiten und sich Dinge ausdenken, die plötzlich gar nicht mehr so utopisch sind.