Decker Bier Interview Baden. Magazin Nr. 12 2017

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decker. genießen.

„Wir glauben nicht an das Prinzip des unendlichen Wachstums.“ Ein Gespräch über Geiz, Heimat und die Demokratisierung des Bieres.

RAFAEL MUTTER

von benjamin wissing

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Die Craft Bier-Welle rollt. Pale Ales und India Pale Ales sind der Hit unter den Biersorten. Aber warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Warum auf exotische Sorten bauen, wenn man aus einer Region kommt, in der seit Jahrhunderten Bier gebraut wird? Genau das dachten sich auch die drei Freiburger David Schneider, Daniel Johari und Markus Gut und gründeten das Unternehmen Decker. Seitdem verkaufen und vermarkten die drei regionales Bier aus Mikrobrauereien. Beim Besuch Ihrer Internetseite springen einem sofort sechs Aussagen ins Auge: „Immer fairer bleiben; Home sweet home; Geiz macht dich nicht geiler; Gut bleibt besser; Teilen macht uns frei; Lieber David als Goliath.“ Welche Gedankengänge stecken hinter diesen Statements? Warum immer fairer bleiben? Warum diese Steigerung des Adjektivs? johari: Wir wollen, aus unternehmensphilosophischer Sicht, mit unseren Partnern auf Augenhöhe arbeiten. Wir wollen unsere Partner unterstützen und nicht nur uns, sondern auch sie voranbringen. Wir sind nicht in erster Linie profitorientiert, sondern haben ein Interesse daran, dass Unternehmen, die kulinarisch und Kultur stiftend sind, eine Chance bekommen zu wachsen. Zum Beispiel haben wir von uns aus vor etwa einem Jahr den Einkaufpreis angehoben. Anfangs haben uns einige Brauer das Bier günstiger überlassen. Irgendwann haben wir aber gesagt, dass wir ihnen einen höheren Preis zahlen, damit sie unsere Kooperation nicht nur als Nebengeschäft sehen, sondern auch das Wachstumspotenzial erkennen. Dieses „fairer“ heißt für uns also, dass wir nachjustieren und auf einen Umgang setzen, der alle zufrieden stellt.

gut: Man kann sagen: Wir sind sie. Wenn es denen nicht gut geht, geht es auch uns nicht gut und umgekehrt. Wie kommt es, dass das Brauen bei Ihnen auf so viele verschiedene Brauereien aufgeteilt ist? Ist das zwangsweise oder steckt eine dezidierte Idee dahinter? johari: Uns geht es eigentlich darum, ein Vermarktungskonzept zu entwickeln, das einen Fingerabdruck der Bierkultur in der Region erfasst. Wir wollen viele kleine Brauereien andocken, weil nur die das Bier in ihrem speziellen Charakter machen können. Für uns hat es keinen Sinn gemacht wie ein Händler aufzutreten, Bier einzukaufen und einfach wieder zu verkaufen. Uns geht es darum, dass regionale Biere, die ihren kulturellen Ursprung hier in der Region haben, wieder von jungen Menschen getrunken werden. Wir finden es schade, dass es einerseits einen solchen Hype um Craft Bier gibt, andererseits aber total vergessen wird, dass wunderbare regionale Biersorten existieren und schon immer existiert haben. Das leitet auch schon zum nächsten Statement über: Home sweet home. Was verstehen Sie darunter? Was bedeutet der Begriff Zuhause für Sie? johari: Ich war eigentlich nie sehr lange von hier weg. Ich habe ein paar Monate in London gelebt, aber im Gegensatz zu anderen bin ich fast immer hier gewesen. Ich bin in Freiburg geboren und ein richtiges Bobbele. schneider: Markus kommt aus dem Kaiserstuhl und ich bin zum Studium hergekommen und habe ein Zuhause gefunden. Es ist eigentlich auch ein ganz persönliches Statement, ein bisschen eine Liebeserklärung, sozusagen eine Ode an die Heimat. baden. zwölf.

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