De:Bug 81

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DE.BUG

IVAN SMAGGHE | KABUKI | LUCIANO | LALI PUNA | DIE EFA-PLEITE | BBE | GUS VAN SANT | DILATED PEOPLES | 387 REVIEWS

27 URHEBERRECHT

Nach der neuen EU-Richtlinie dürfen Filesharer auch verfolgt werden, ohne kommerziellen Schaden angerichtet zu haben. Nicht nur das: Auch die Diskussion um die Patentierung von Software wird neu geschürt.

MONATSZEITUNG FÜR ELEKTRONISCHE LEBENSASPEKTE

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DE.BUG

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APRIL 2004. EUR 2.80 | Schweiz: SFR 5,50 MUSIK MEDIEN KULTUR SELBSTBEHERRSCHUNG

08 FUNKSTÖRUNG

Wunder geschehen. Nach vier Jahren Funkstille kommen De Luca und Fakesch mit soviel Gesang und Melodie ums Rosenheimer Eck wie noch nie. Eine gelungene Neupositionierung.

06 SUPERPITCHER

Kölns Vorzeige-Trancepoet Superpitcher hat sein Format gefunden: das Album. "Here comes love" ist ein Singspiel als Melancholie-Manifest. Wir machen ein Lustspiel in fünf Akten daraus.

MANCHMAL MUSS ES EBEN MÚM SEIN MÚM

25

FOTO: ORRI

So flauschig kann ein Exportschlager aussehen. Die Isländer Múm bauen auch auf ihrem dritten Album "Summer Make Good" in stiller Farbenpracht an der großen Saga vom Land hinter den Nebelbänken weiter.

Aber ohne Feen und Elfen.

Wär’ ja auch ungeil ...

Seite#13

MIT BLOGS GEGEN BUSH? / E-Demokratie 2004 Als John Kerry Anfang März zum Präsidentschaftskandidaten der demokratischen Partei gekürt wurde, sorgte dies im Netz für deutliche Unruhe. Schließlich hatten die meisten US-amerikanischen Netz-Intellektuellen von Lessig bis Winer jemand anderen ins Rennen gegen Bush schicken wollen: Howard Dean, den sympathischen Außenseiter mit Antikriegs-Message und Movable-Type-Weblog. Dean hatte das Netz wie kein Kandidat zuvor genutzt, um Anhänger zu organisieren und Geld für die eigene Kampagne zu sammeln.

Anfang des Jahres galt er in vielen Umfragen noch als klarer Favorit. Doch dann folgten die eigentlichen Vorwahlen. Ein Bundesstaat nach dem anderen stimmte

ab – und keiner für Dean. Stattdessen sicherte sich Kerry die Nominierung praktisch im Handumdrehen. Die Weblog-Szene zweifelt seitdem an ihrer eigenen Politikfähigkeit. War das Netz schuld am miesen Abschneiden des Kandidaten? Hatte man sich vielleicht doch nur gegenseitig auf die Schulter geklopft und darüber die eigentlichen Wähler vergessen? Ist das Netz tatsächlich nicht mehr als eine "Echo Chamber", wie manch einer jetzt behauptet? Und was wird nun aus all den Menschen, die Dean online mobilisieren konnte? Dürfen sie die neue Spendenkuh der Demokraten spielen? Könnten sie eine Bewegung formen? Oder vielleicht sogar zwei? Auf Seite 25 widmen wir uns Hall und Rauch der US-amerikanischen Online-Demokratie im Bush-Abwahljahr.

35 DOCUMENTA 12

17 LUCIANO

29 STYLE GEGEN SWEATSHOPS

MUSIK

KULTUR

MEDIEN

BUBBA SPARXXX............................................................................<SEITE#03>

KUNST: MONOCHROM / WIEN........................................................<SEITE#11> BILDERKRITIKEN: BRUCE WEBER / CRAIG MC DEAN............<SEITE#04>

LALI PUNA .....................................................................................<SEITE#10>

PLATTENVERTRIEB AM ENDE: EFA.................................................<SEITE#24> PLEIX: VIDEOS FÜR PLAID UND KID 606...................................<SEITE#05>

DILATED PEOPLES........................................................................<SEITE#18>

MODE: LITTLE RED RIDING HOOD................................................ <SEITE#28> MY FAVORITE MACHINES: PRINCE PAUL AM CDJ-1000........<SEITE#22>

Kürzlich zum Leiter der 12. Documenta berufen: Roger M. Buergel hält die Fäden in der Hand. Er ist sich im Klaren darüber, es ist ein Biest, das ihn da erwartet. Sein Konzept: Graswurzeln statt Outsourcing.

Lucien "Luciano" Nicolet webt wie kein anderer süße Melodien und abstrakte Rythmen zu verspielt groovenden Tracks links und rechts vom Technodancefloor. Jetzt endlich auch auf Albumlänge.

"American Apparel": Maximallöhne statt SweatshopPraktiken. Die T-Shirt-Firma von Dov Charney aus LA setzt auf lokale Verantwortung statt globaler Ausbeutung - mit Erfolg und Sexyness.

KABUKI................................................................................................<SEITE#20> MODE: LEPTOFANT / TED.................................................................<SEITE#29> US-WAHLEN: WEBLOGS IN DER KRISE.......................................<SEITE#25> IVAN SMAGGHE / BLACK STROBE.................................................<SEITE#23>

KUNST: JOHANNES WOHNSEIFER..................................................<SEITE#33> FILM: GUS VON SANTS ELEPHANT.............................................<SEITE#32>

HALLO, FRÜHLEIN?

HÖRSTE UND MEHR

<02> - DE:BUG.81 - 04.2004

IMPRESSUM DEBUG Verlags GmbH Brunnenstr. 196, 10119 Berlin Email Redaktion: debug@de-bug.de Anzeigenleitung: marketing@de-bug.de Abo: abo@debugOS.de Fon: 030.28384458, Fax: 030 2838 4459 Herausgeber: Alexander Baumgardt, Mercedes Bunz, Jörg Clasen, Jan Rikus Hillmann, Sascha Kösch, Fee Magdanz, Riley Reinhold, Anton Waldt, Benjamin Weiss Redaktion: Mercedes Bunz (mrs.bunz@de-bug.de), Thaddeus Herrmann (thaddi@de-bug.de), Jan Joswig (janj@de-bug.de), Karen Khurana (karen@de-bug.de), Sascha Kösch (bleed@de-bug.de), Sven von Thülen (sven.vt@debugOS.de), Clara Völker (caynd@de-bug.de) Reviewredaktion: Sascha Kösch (bleed@de-bug.de), Jan Ole Jöhnk (janole@lebensaspekte.de) Bildredaktion: Ole Brömme (ole@de-bug.de), Viviana Tapia (viviana@de-bug.de) Redaktion Wien: Anton Waldt (waldt@debug-digital.de) Redaktion Lüneburg: Heiko H. Gogolin (heiko@pingipung.de), Nils Dittbrenner (nils@pingipung.de) Texte: Anton Waldt, Renko Heuer, Ludwig Coenen, Moritz Metz, Stefan Heidenreich, Verena Dauerer, Annett Jaensch, Karen Khurana, Sven von Thülen, Sascha Kösch, Hendrik Kröz, Nils Dittbrenner, Sascha Pohflepp, Janko Röttgers, Aljoscha Weskott, Kay Meseberg, Olian Schulz, Patrick Bauer, Heiko Gogolin, Florian Sievers, Jan Simon, Eric Mandel, Alex Heimes, Melanie Erkens, Thomas Winkler, Tal Sterngast, Harald Peters, René Margraff, Ekrem Aydin, Jan Ole Jöhnk Redaktionspraktikantin: D. Arne Linde Fotos: Marietta Kesting, Dirk Merten, Claudia Burger, Marek Vogel, Orri, Gerald von Foris, Matti Hillig, Maya Hayuk, Charlie Ahearn, Johann König, Monochrom, Tal Sterngast

A BETTER TOMORROW FÜR EINE BESSERES MORGEN TEXT

ANTON WALDT | WALDT@QUINTESSENZ.AT

Statt sich am Frühling oder anderen knuddeligen Dingen zu erfreuen wie der Glückspilz von einem schottischen Busfahrer, der unlängst einen 428 Millionen Jahre alten Tausendfüßer gefunden hat, werden die Schlaumeier dieser Tage immer spitzfindiger. Es dürfte daher angeraten sein, die Fettnäpfchen in Erwartung des nächsten Schlaumeiers zum Beispiel mit Campingkochern ordentlich zum Sieden zu bringen. Wie witzig das digitale Leben wird, wenn Schlaumeier mit einem abgeschlossenen Jurastudium sich auf das Verklagen von Schulkindern und anderen Verbrechern verlegen,

sich in diesem Fall korrekt und lehnte ab. Die Richtlinie sollte sich ursprünglich gegen Fälscher von Bremsschläuchen oder Modemarkenramsch richten, die Berichterstatterin zum Thema, Janelly Fourtou, ist allerdings zufällig die Gattin des Vivendi-Chefs und so entstand eine Gesetzvorlage gegen Filesharer und unbotmäßige Besitzer von CD-Brennern. Wenn die Direktive in den Mitgliedsländern umgesetzt ist, können wir uns auf lustige Hausdurchsuchungen wegen des Verdachts der KaZaA-Nutzung gefasst machen. Und als ob das nicht Arsch genug wäre, schleichen sich durch die

Für ein besseres Morgen: Ersatz für Horst suchen, mit der Demokratie in der EU Ernst machen, sich an knuddeligen Dingen erfreuen und spitzfindige Schlaumeier frittieren. ist bald keine exklusive Erfahrung von US-Bürgern mehr: Das EU-Parlament hat Mitte März in recht trauter Einigkeit die "Richtlinie über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum" durchgewunken, nur die grüne Fraktion verhielt

Richtlinie die unseligen Software-Patente wieder an, nachdem sich die Hörste (Plural zu Horst) im EU-Parlament im letzten Herbst in einem ihrer offensichtlich raren nüchternen Momente wenigstens gegen diesen Schwachsinn ausgesprochen hatten. Wobei "Irgend so

ein Horst" zwar eine schöne Redwendung ist, aber auf absehbare Zeit auf der DeBug-Blacklist landen dürfte und in diesem Fall können wir uns bei den Schlaumeiern Merkel, Westerwelle und Diekmann bedanken. Bordell, wohin man auch blickt, so auch hier: "Erschreckend, ich bin jetzt genauso alt wie Hitler, als er so alt war wie ich", stellt Herr Rubinowitz fest, wobei er allerdings unterschlägt, dass man die Flasche Schnaps ja auch als halb voll betrachten kann: "Fantastisch, ich bin jetzt genauso alt wie Wernherr von Braun, als der so alt war, wie ich jetzt, und da war er schon kein Nazi mehr, sondern hat Amerikaner zum Mond geschossen." Von Brauns Enkerln haben unterdessen am Rave gelernt und deshalb bekommen die Iraker jetzt was auf die Ohren und das ist dann schon nicht mehr so gut, allerdings immer noch besser als erschossen werden: Das "Long Range Acoustic Device" (LRAD) macht zielgerichteten Lärm, der mit 150 Dezibel auf 30 Meter Entfernung jeden Querulanten vertreiben soll. Da das handliche Gadget nicht nur fiese, psychoaktive Brummtöne beherrscht, sondern auch aus beliebigen Soundquellen gefüttert werden kann, dürfte es auch drollige neue Partyszenen in "Three Kings II" geben. Für ein besseres Morgen: Ersatz für Horst suchen, mit der Demokratie in der EU Ernst machen, sich an knuddeligen Dingen erfreuen und spitzfindige Schlaumeier frittieren.

LAGERFEUER

Reviews: Nils Dittbrenner as bob, Clara Völker as caynd, Heiko H. Gogolin as bub, Jan Joswig as jeep, Mercedes Bunz as mercedes, Patrick Bauer as bauer, Paul Paulun as pp, Sascha Kösch as bleed, Nikolaj Belzer as Giant Steps, René Josquin as m.path.iq, Sven von Thülen as sven.vt, Thaddeus Herrmann as thaddi, Mathias Mertens as mwm, Arne Linde as Arne Linde, Anne Pascale as miu, Felix Denk as felix, Janko Röttgers as janko, René Margraff as rene, Andreas Brüning as asb, Eric Mandel as em, Christoph Jacke as cj, Julia Kussius as juk, Jan Freitag as jf, Hendrik Kröz as ö, Carsten Görig as ryd, Andreas Dutz as ad DEBUG Ultra Beauty Operator: Jan Rikus Hillmann (aeonflux@de-bug.de), Alex Seeberg-Elverfeldt (alex@de-bug.de), Viviana Tapia (viviana@de-bug.de) Vertrieb: ASV Vertriebs GmbH, Süderstraße 77, 20097 Hamburg Fon: 040/347 24042 / Fax: 040/347 23549 Druck: Gerhard Druck / www.gerhard-druck.de Eigenvertrieb (Plattenläden): 030 2838 4458 / eigenvertrieb@de-bug.de Abobot eures Vertrauens: Sven von Thülen, Clara Völker: 030.2838 4458 / abo@debugOS.de Debugtermine: dates@de-bug.de Stichtag Aprilausgabe: 14.04.2004 de-bug online: www.de-bug.de Geschäftsführer: Sascha Kösch Marketing und Anzeigenleitung: Email: marketing@de-bug.de Mari Lippok, Alice von Schröder Fon: 030/2838 4457 - 030/2838 8891 Es gilt die Anzeigenpreisliste Januar 2004 V.i.S.d.P.: die Redaktion

GRÜNER GEBURTSTAG IN BARCELONA / Unser Monat TEXT

DEBUG | DEBUG@DE-BUG.DE

April, April, wir feiern Geburtstag! Den siebten. Bis vor ein paar Tagen waren wir uns noch sicher, dass unsere "Five Years on Acid"-Sause vor zwei Jahren im Mai das Parkett des altehrwürdigen Kino Internationals erschütterte. Aber dann mussten wir feststellen, dass der Zahn der Zeit doch offensichtlich weitaus mehr an unserer Erinnerung genagt hat, als gedacht: Denn es war Juli und nicht Mai. Ein bisschen geschummelt also, aber Brett Johnson, Krikor, Jesper Dahlbäck, Jay, Haze, Michael Stavostrand, Marc Schneider und Robert Lippok, ganz abgesehen von den De:Bug-Allstars Bleed und Young Thaddeus, sollten Grund genug sein, den Mantel des Schweigens über unsere Interpretation des amtlich korrekten Geburtstagsdatums zu werfen.

Und wem Berlin zu weit ist und der April zu nah: Europas Exilantenstadt Nr.2, Barcelona (Hometurf unter anderem von Scott Herren, Dave Tarrida, Cristian Vogel und Lars "Funk D'Void" Sandberg), steht auch in diesem Jahr wieder ganz oben auf dem Reisezettel. Denn

ein Urlaub zwischen Ramblas und MacBA für das nächste Sonar im ravigsten Centre of Contemporary Arts, ist immer ein mehr als willkommener, wenn auch schlafraubender Ausflug. Vom 17. bis zum 19. Juni trifft sich wieder die Creme de la Creme der elektronischen Musik, und da die ersten Bookings confirmed sind, geben wir die hier auch gerne schon mal als kleine Appetithäppchen bekannt. Auch hier haben sich mittlerweile die HipHop Crews als feste Größe eingenistet und kommen mit Boom Bip, Dangermouse, Buck 65, Madlib & der gesamten Botanica Del Jibaro Posse (Manuvers, Boom&Birds, Force.Fed & La Mano Fria) massiv. Erste Showcases stehen neben Lex und Botanica auch schon fest: Ghostly natürlich (mit Matthew Dear, Dabrye und Geoff White im Gepäck) und Domino mit u.a. Four Tet, To Rococo Rot und Juana Molina. Barcelona Darling schlechthin, Dani Siciliano, bekommt eine Liveshow neben Leuten wie Massive Attack und Richard X, und wir sind sicher, auch der Rest des Lineups wird eine dezente Bewegung weg von Masse hin zu mehr Klasse

sein, und dann wird es diesen Sommer überhaupt keinen Grund geben, an den Barceloneta Strand zu flüchten. Das Barrio Xino ist eh schöner.

Im www-Barrio war diesen Monat nicht grade Aufregung. Die EU Direktive ging viel zu klanglos durch, Apple hat den 50 Millionensten Download gefeiert (oops), Popfile, clever, denkt sich jetzt auch, dass Alben Online verkaufen eine gute Idee wäre, WOM startet online mit der Telekom, gerät aber Offline in die Defensive. Dafür hat aber, News!, die Parteienlandschaft jetzt die Tauschbörsennutzer der BRD (in 8-stelliger Anzahl!) doch als zukünftige Konsumenten ihrer Parteibücher anvisiert. Und das Parteienbuch ist Grün und die Kampagne heißt jetzt: “Burn Baby, Burn”. Nein, kein Vernichten der Test-Embryonen von fiesen Genforschern ist gemeint, sondern die Privatkopie, denn, da ist sich die Fraktion von Joschka und Antje sicher, die muss bleiben, und der Kopierschutz auf den CDs muss weg.

Und zwar bis die Grünen wieder gewählt werden.

TIMBALANDS LETZTER STREICH

Bubba Sparxxx, Deliverance, ist auf Beat Club / Universal erschienen. www.bubbasparxxx.com

rer urwüchsigen Männlichkeit zu einer Wildwasserfahrt in die Wälder von Georgia. Dummerweise werden sie dabei von zwei weitaus urwüchsigeren Hillbillies auf denkbar drastische Weise behelligt. Ihm sei es dabei aber nicht um den Skandalfaktor gegangen, sagt

auf Schrotflinten schwört.

Deshalb gab Sparxxx seinen Produzenten Timbaland und Organized Noize die Aufgabe, einen Sound zu entwickeln, der seinen Reiminhalten entspricht. Sechs Monate haben sich Sparxxx, Timbaland und Organized

Manchmal begibt man sich in eine Situation, in die man nicht gehört. Dann passiert etwas.

BUBBAS WELT

BLUEGRASS-HOP MIT BUBBA SPARXXX TEXT

HARALD PETERS | PETERSDOM02@GMX.DE

Wer beim Rappen auf einem Traktor sitzt, soll sich nicht beklagen, wenn er für einen Novelty-Scherz gehalten wird. Dabei will die Redneck-Personifikation Bubba Sparxxx doch nur seinen Südstaatenalltag in Reime packen. Kann er doch nichts dafür, dass er nicht aus der Bronx kommt. Zum Glück nimmt ihn zumindest Timbaland ernst.

Bubba Sparxxx ist ein nachdenklicher Mann. Der Erfolg seines ersten Albums "Dark Days Bright Nights" stürzte ihn in eine ordentliche Krise, die er nun mit seinem neuen Werk "Deliverance" bewältigt haben will. "Deli-

verance" heißt Befreiung und bezieht sich auf einen gleichnamigen Film von John Boorman ("Beim Sterben ist jeder der Erste") aus dem Jahre 1972. Darin begeben sich vier gut situierte Vorstadtmänner zum Beweis ih-

Sparxxx, sondern um die Lektion, die der Film den geneigten Zuschauer lehrt.

Welche Lektion das ist?

"Manchmal begibt man sich in eine Situation, in die man nicht gehört. Dann passiert etwas." Bubba Sparxxx hat sich in so eine Situation begeben. Er hat ohne Erfahrung und den nennenswerten Rückhalt einer Szene versucht, ein Spiel zu spielen, für das er nicht bereit war. Er wirkte zu blass und zu naiv. Er war der Hinterwäldler, der in einem Video seine Kräfte mit Mastschweinen maß und beim Rappen Traktor fuhr. Die Klischees, die er gerufen hatte, blieben plötzlich an ihm hängen. Man hielt ihn für einen guten Witz, obwohl er doch eigentlich ein nachdenklicher Mann war.

BLING BLING Gewiss, er hatte Timbaland, und Timbaland hatte für sein erstes Album exakt zwei Ideen, die er gleichmäßig auf die Hitsingles "Ugly" und "Lovely" verteilte. Doch für "Deliverance" wollte Sparxxx mehr als nur zwei Hits, denn er hatte eine Vision. Auf der Basis von HipHop sollte das Album den Südstaatenalltag so lebendig wie möglich zeichnen. Es sollte beweisen, dass sich eine urbane Kultur auf einen ländlichen Zusammenhang übertragen lässt. Es sollte letztlich zeigen, dass HipHop auch ohne Bling Bling und Knarren denkbar ist - nicht weil nach Sparxxx etwas gegen Bling Bling und Knarren spricht, sondern weil es in Bubbas Welt kein Bling Bling gibt und man statt Knarren eher

Noize daraufhin so gut es ging von der Außenwelt abgeschottet, um nach Klängen zu fahnden, die der Aufgabenstellung gerecht wurden. Sie fanden Country, Bluegrass und Blues, sie entdeckten die geheimen Freuden elektrischer Gitarren. Sie entdeckten also die Dinge, die auch der Ex-Rapper Kid Rock schon einmal entdeckt hatte, bevor er sich entschied, sein Schaffen komplett in die Tradition von Lynyrd Skynyrd zu stellen.

Bei Sparxxx klingt das im Ergebnis natürlich anders.

Obwohl es heißt, Sparxxx, Timbaland und O. Noize hätten ein völlig neuartiges Genre namens CountryHop kreiert, handelt es sich nach formalen Aspekten um HipHop in seiner klassischen Form. "Deliverance" bietet Samples, Beats und Reime, wobei der etwas lahme Vortrag der Reime handwerklich der schwächste Teil der ansonsten gelungenen Arbeit ist. Das countryeske Gefiedel und Gejodel, die Mundharmonikas und die Gitarren, treten dadurch zwangsläufig in den Vordergrund, weshalb weniger aufmerksame Hörer dazu neigen, die Kombination aus Beats und Gefiedel - gleich der Traktorfahrt und dem Nutztierringen im "Ugly"-Video - als einen weiteren Bubba-Witz zu verstehen. Darüber scheint Bubba ein bisschen besorgt, doch wirklich beunruhigen kann es ihn nicht. Immerhin hat er die Krise gerade erst mit dem wunderbar schwermütigen "Deliverance" hinter sich gebracht, und verspricht für die Zukunft, zur Abwechslung auch mal etwas Heiteres einzuspielen.

<03> - DE:BUG.81 - 04.2004

INFO

BILDERKRITIKEN

BILDERKRITIKEN

TEXT

STEFAN HEIDENREICH | STEFAN.HEIDENREICH@RZ.HU-BERLIN.DE

BRUCE WEBER: A LETTER TO TRUE, QVEST MAGAZIN 02/2004 Der Fotograf Bruce Weber hat sich in die Natur zurückgezogen und einen Film über seine Golden Retriever gedreht. Noch unter dem Eindruck vom 9.11., hieß es in der Presseerklärung, und weiter: ein Film, der die innate nobility and beauty of the animals – die angeborene Würde und Schönheit der Tiere feiere. Das Tier als Zuflucht der Emigration. Ob es eine innere oder ein äußere Emigration ist, lässt sich schwer sagen. Ganz äußerlich ist uns das Kulturtier Hund nicht. Ganz innerlich, bei aller Liebe, auch nicht. Der Hund wird zum Zerrspiegel, der einige Eigenschaften zurückstrahlt – nobility and beauty – und andere ausblendet.

Weber ist mit seinen Hunden vor den Schrecken mit dem

Namen 9-11 in die amerikanischen Berge, schwarzweiß, emigriert. Nicht die Berge der Western, in die Kulisse einer Kolonisation. Nicht in die grünen Hügel, die uns aus den Bioprospekten als umgepolte Wiederkehr eines ”Lebensraumes“ entgegentreten.

Er wird kaum das Buch von Giorgio Agamben über den Menschen und das Tier herangezogen haben. Dass ”am jüngsten Tag der Mensch selbst sich mit seiner tierischen Natur versöhnen würde“, schreibt der Philosoph zu einer Miniatur des 13. Jahrhunderts. Agamben belässt es nicht bei dieser Auskunft, sondern gelangt in einer jener Schleifen, die mit ihren Referenzen an die Autoritäten des Fachs zu den Pflichtübungen der Philosophie gehören, zum Begriff eines Tieres, das als Wesen außerhalb des Seins ist und dort gelassen werden soll.

Vielleicht ist es übertrieben, diese Haltung überhaupt in Fotografien zu suchen. Aber für die Gelassenheit, für die Kunst etwas ”sein lassen“ zu können, stehen die Bilder Bruce Webers mehr als die aller anderen Bildermacher unserer Zeit. SH ••••• FOTO: CRAIG MC DEAN, PRODUCTION UND STYLING: TABITHA SIMMONS - NEW WAVE NOIR – ANOTHER MAGAZINE, SPRING/SUMMER 2004 Auf dem Tisch stehen zwei Gläser. Manchmal ergeben sich die besten Bilder in einer Pause, unkonzentriert, von alleine. Das Licht, der Raum und die Figur ordnen sich von selbst an, um ein Bild zu sein. Die erste Schwierigkeit besteht darin, das Bild zu bemerken. Die zweite ist die, sich als derjenige, der das Bild aufzeichnet, aus der Situa-

tion davonzustehlen, um es festzuhalten. Denn wenn die Absicht klar wird, verliert die Szene auf der Stelle ihren Status der Unaufmerksamkeit und gewinnt stattdessen den Eindruck von Konzentration zurück, dessen Mangel das allein entstandene Bild gerade ausgezeichnet hat.

Das Bild von Kate Moss sieht aus wie eine Aufnahme, die die Situation genau in dem Moment einfängt, als sie dabei ist, sich zu wandeln. Noch sitzt das Model entspannt da, aber schon muss sie sich anstrengen, ihre Position zu halten.

Bald wird es Kameras geben, die den flüchtig erhaschten Blick schon immer aufgezeichnet haben. Man muss nur in der Zeit zurückgehen, wenn man bemerkt, dass das Bild schon von alleine zustande gekommen ist. Solange müssen wir uns mit Bildern wie diesem behelfen. SH •••••

CLIPS

MUCKE AUF DIE AUGEN 01

TEXT

02

VERENA DAUERER, TOBIAS VETHAKE

MISSY ELLIOT: I’M REALLY HOT, REGIE: BRYAN BARBER, MISSY ELLIOT (2004) Für ihr neues Video hat sich Missy zum ersten Mal von ihrem langjährigen Video-Regisseur David Meyers getrennt. Obwohl das Niveau ja eigentlich immer überdurchschnittlich hoch war, hatte sich mit der Zeit der Comic-Video-Style vielleicht auch ein wenig abgenutzt.

Wie auch immer. Der neue, Bryan Barber, hat schon unter anderem für Outcast das unsterbliche Video zu "Hey Ya" gedreht. Und auch Missys Video zu "I'm Really Hot" hat das Zeug zum Klassiker. Denn das neue Ding heißt: Martial Arts. Missy goes Bruce Lee. Schon erstaunlich, wie es Quentin Tarantino auch diesmal wieder gelungen ist, mit seinen Filmen neue Themen aufzuwerfen und stilistische Maßstäbe zu setzen, selbst Kabel 1 zeigt ja neuerdings endlose Reportagen und Filme über und mit Bruce Lee. Doch zum Video: Inhaltlich lässt sich das Ganze

wohl so umreißen: Die gute Missy-Gang gegen eine böse asiatische Gang. Alles natürlich nur toughe, weibliche Kämpferinnen. Da wird durch die Luft gewirbelt und in Ghetto- und Hongkong-Manier rumgeposed. Bilderfreezes und Zeitlupen, alles inklusive. Optisch ist das ganze in einem edlen, fast schon glatten "Kill Bill"-Look gehalten. Doch da ist mehr als nur Action, natürlich wird auch getanzt und performed. Und das auf’s aggressivste. Bei den schwarzweiß geschminkten Tänzerinnen fragt man sich, wie das körperlich gutgehen kann, sich so heftig hin- und herzuschütteln. Manisches Aggro-Dancing, nichts für die Wirbelsäule. Zudem gibt es eine subtile Referenz zu einem alten Video-Klassiker: Zwei Gangs, die sich in einer Lagerhalle gegenüberstehen und ihren Kampf durch eine Tanzperformance austragen, da war doch was … richtig, das Ganze erinnert doch stark an das Video zu "Beat It", von Michael Jackson. Ob bewusst oder

nicht, Missy dürfte den Vergleich zu dem ehemaligen King of Pop nicht scheuen. The Queen of Pop halt.

[TOBIAS] PLASTIKMAN: DISCONNECT, REGIE: ALI DEMIREL (2003) WWW.MAGNETMUS.NET Eben ließ der Regisseur Ali Demirel Dollarnoten lustig für Captain Comatoses Stück ”100 $" zerlegen. Für den Plastikman hat er mit "Psyk" schon mal einen konzentrierten, sehr gewitzten Clip mit Hopsebällen gemacht. ”Disconnect" ist als Teil einer Trilogie zum aktuellen Album von Plastikman aka Ritchie Hawtin geplant und befasst sich mit, sagen wir mal, alternativen Bewusstseinszuständen. Zustände, in denen es völlig okay geht, wenn die Wahrnehmung ihre breitgelatschten Wege verlässt und jede Art Merkwürdigkeiten selbstverständlich werden. Sonst fertigt Demirel Studien und zeigt, wie interes-

sant die schlangenhaften Bewegungen eines Gartenschlauchs sein können. In diesem Clip nun gibt es den Kopf eines Schizophrenen in Scheibchen geschnipselt, dann läuft jedes Bild seiner Hirnregionen nacheinander durch. Macht schön viel Plastizität. Kommt aber gemein mit den Bleebs von Hawtin und einer Raschelstimme von ganz dumpfen Gehirnwindungen her, die man eigentlich nicht näher kennen lernen wollte. Mulmig ist das. Und Demirel macht das ziemlich gut, mit wenigen Mitteln ein fieses Gefühl hinzukriegen. Das Gefühl von Auflösung.

Er gleitet visuell immer nah am Rhythmus entlang und lässt eine Iris mit den Beats wuppen. Ohne dazugehöriges Auge, rundum ist durchgängige Schwärze. Bis sich die einzelnen Strahlen der Iris wie Gitarrensaiten wegkringeln. Dann kommt der Querschnitt durchs Hirn, und der fängt auch noch im Takt zu wabern an. Bitte, ”Disconnect My Brain". Aber gerne. Danke. [VERENA]

DESIGN / VIDEO <05> - DE:BUG.81 - 04.2004

INFO

VIDEOCLIPS AUS DER PARISER KOMMUNE / Pleix TEXT

www.pleix.net

SASCHA POHFLEPP | SASCHA@POHFLEPP.DE

Sie lassen Hochhäuser explodieren und entwickeln dabei Bilder zwischen Clip und Kunst. Pleix zeigen mit ihren eigenständigen Visuals und bissigen politischen Anspielungen, dass durchaus einiges geht in Old Europes Westen.

DEBUG: Laetitia, was ist der besondere Style von Pleix?

LAETITIA: Da jeder der sieben bei unseren Projekten seinen persönlichen Einfluss einbringt, gibt es nicht nur einen Style, der die Videos von Pleix ausmacht. Ich glaube, es gibt aber trotz alledem eine Stimmung und eine Atmosphäre, die alle Arbeiten verbindet. Uns geht es um das Arbeiten mit Limits, mit Widersprüchen und kleinen Katastrophen der digitalen Welt und der Welt allgemein. Wir lieben es alle, Spannung durch das Verbinden von eigentlich heterogenen Grafiken, Bildern und Sounds zu schaffen. Da wir eine Gruppe sind, können wir dafür aus einer großen Inspirationsquelle schöpfen, aber die Hauptquelle bleibt natürlich unser alltägliches Leben.

DEBUG: Was macht die Verbindung zwischen Bild und Sound in euren Filmen aus?

LAETITIA: Für uns ist beides gleich wichtig. Wir versuchen wirklich hybride Arbeiten zu realisieren, in denen beides perfekt zueinander passt. Mit Bleip einen Musiker im Kollektiv zu haben, der gleichzeitig unser Cutter ist, macht das besonders interessant, da er die Rhythmen von sowohl Bild als auch Sound kennt.

DEBUG: Würdet Ihr die Arbeiten von Pleix für Kid606 oder Bleip eher als Musikvideos oder Videokunst sehen?

LAETITIA: Wahrscheinlich eher als Kurzfilme oder Videokunst, aber eigentlich ist nicht so wichtig. Denn die Visuals und der Sound sind nicht kommerziell genug, um im TV ausgestrahlt zu werden. Dafür haben wir sie auch nicht geschaffen. Sie haben jedoch die formellen Vorteile von Musikvideos. Sie sind nicht zu lang und nicht zu kurz, und ohne zu wenig Zeit für Details zu haben, gibt uns diese

DEBUG: Apropos Musikvideos - ist die Situation in Frankreich für Künstler, die zwischen Bild und Sound arbeiten, genauso schwierig wie in Deutschland, oder gibt es Fernsehformate, um die Arbeit zu zeigen? Und wären DVDs eine Perspektive? Die Plattenlabels springen ja derzeit auf das Format, um ihre Musik mit Visuals anzureichern.

LAETITIA: Die Musiksender in Frankreich zeigen auch nur die üblichen Mainstream-Videos, das ist gar nicht gut. Wir denken alle, dass es im Moment eine sehr schwierige Zeit ist. Die DVD ist ja ein nettes Format, aber keine wirkliche Alternative. Es ist immer noch schwierig vorauszusagen, welche Rolle sie eigentlich spielt, da ihre Entwicklung ja gerade erst richtig startet. Wir denken jedoch darüber nach, selber in der Zukunft eine DVD zu releasen.

DEBUG: Ihr seid eine eher große Gruppe und momentan auch recht erfolgreich. Könnt ihr bei der derzeitigen Situation schon von Pleix leben?

LAETITIA: Im Moment ist es noch schwierig, aber wir glauben daran, dass es einfacher werden wird, da wir immer bekannter werden. Trotzdem sind wir sehr glücklich, weil wir immerhin das machen können, was wir lieben.

DEBUG: In euren Arbeiten finden sich auch politische Anspielungen, besonders in "Sometimes". Das Auseinanderbrechen des schwarzen Hochhauses ist einfach eine schöne Szene, sie erinnert aber gleichzeitig an Bilder, die wir alle tausend Mal auf unseren Fernsehern am 11. September gesehen haben.

LAETITIA: Ja, das stimmt. "Sometimes" für Kid606 ist gleichzeitig eine Arbeit über Form als auch über ihre Wahrnehmung. Nach der Explosion des Hochhauses am Anfang des Films beginnt man nämlich sofort, nach dem Fehler zu suchen, der den Rückfall der Arbeit ins Politische erlauben würde. Aber frustriert von der totalen Abwesenheit von Verbindungen zum 11. Septembe, wird man mehr und mehr von der hypnotischen Wirkung der Bilder und

des Sounds ergriffen. Wir spielen über die Bilder mit der Wahrnehmung der Menschen. Im Video geht es darum, die mediatisierten Bilder aus ihrem politischen, historischen und oft auch polemischen Kontext zu befreien, um nichts als ein sehr einfaches und pures Konzept zu behalten.

DEBUG: Ihr habt schon einige Auftragsarbeiten realisiert, unter anderem ein Intro für eine Fernsehshow mit Thomas Gottschalk. Wie ist die Relation zwischen euren freien Projekten und den kommerziellen Aufträgen?

LAETITIA: Wir versuchen uns immer von schon existierenden Arbeiten freizumachen. Es wäre natürlich einfach und günstig, eines unserer freien Projekte für ein kommerzielles Projekt umzubauen, aber das stünde in einem grundsätzlichen Widerspruch zu dem, was wir suchen. Jedes unserer Projekte muss einzigartig sein. Bestimmte Künstler klagen darüber, Gefangene ihres eigenen Styles zu sein und das macht uns Angst. Deshalb versuchen wir ständig, unsere vergangenen Arbeiten zu hinterfragen.

DEBUG: In einigen der freien Projekte findet man eine recht bissige und kritische Attitüde gegenüber der Konsumgesellschaft. Würdet Ihr versuchen, diese auch in ein großes kommerzielles Projekt einfließen zu lassen?

LAETITIA: Auch wenn wir für eine sehr kommerzielle Kampagne arbeiten, würden wir natürlich weiter versuchen, mit dem Konsumuniversum zu spielen. Zum Beispiel indem man einen Werbespot für Autos durch den Einsatz von süßlichen Off-Stimmen oder übertriebenen Effekten an seine stilistischen Grenzen bringt, bis es fast 'too much' wird. Ein Teil des Publikums würde das nur bis zu einer gewissen Ebene erkennen, während ein anderer Teil auch die andere Seite verstünde. Dennoch muss man, um mit der Werbung wirklich spielen zu können, erst alle ihre Geheimnisse kennen. Wir sind in diesem Universum noch recht neu. Im Moment haben wir das Gefühl, dass es gut ist, noch einige Zeit an kleinen Projekten unsere Waffen zu schärfen.

www.somarecords.com

Unlängst machte ein Video die Runde über Screens und Festivals, in dem ein schwarzer Skyscraper monolithisch aus dem amerikanisch-anonymen Citydunst aufragt. Ein Frame später zersplittert selbiger in einen Regen tausender schwarzer Partikel, der sich in einer langen Sequenz zum Sound von Kid606’ "Sometimes" im Sonnenlicht über die namenlose Großstadt ergießt, um sich letztendlich wieder zu einer schwarzen Fläche zu formen. Wunderschöne Bilder, großartige Allegorie, aber man fühlt sich auf eine sehr angenehm unangenehme Weise erinnert. Und war das jetzt ein Musikvideo? Nach kurzem Googlen ist zu lesen, das die Arbeit von Pleix stammt, einem Künstlerkollektiv, die auch schon für Plaid Schweinefabriken gerendert haben. Ja, das sind schon Rocker, die Jungs aus London, denkt man sich. Aber nix da: Pleix sind waschechte Pariser, die auf ihren Scootern über Boulevards brettern und in Cafés Kette rauchen. Quasi eine Pariser Kommune aus digitalen Künstlern, Grafikdesignern, 3D-Artists, einem Musiker und Cutter und einer Projektmanagerin, die ihre Skills verbinden wollen, um so größere Freiheit für verschiedene Projekte zu erhalten. Pleix gibt es seit 2001, vorher hatten alle bei den Regisseuren Olivier Kuntzel und Florence Deygas gearbeitet, die etwa für Dimitri from Paris die Musikclips produzieren. Da die einzelnen Mitglieder von Pleix technisch und kreativ sehr komplementär an die Dinge herangehen, ist das nun für die sieben eine ideale Situation. Während nahe Eurodisney gerade die beeindruckende erste Einzelausstellung läuft und der Rest der Truppe in Tokyo und Bilbao Preise einsammeln ging, hatten wir die Gelegenheit, Laetitia Rouxel auf einen Café Crème zu treffen.

Länge alles, was wir brauchen.

Available on

2LP + CD

KÖLN, WIE ES SCHWELGT UND SINGT <06> - DE:BUG.81 - 04.2004

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SUPERPITCHERS MELANCHOLIE-KICK / Ein Lust-Spiel TEXT

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ALJOSCHA WESKOTT | ALJOSCH@YAHOO.DE

Der Superpitcher Aksel Schaufler kämpft mit Melancholie-Glam für die eigene Zeit, die Kunst und die Macht der Träume. Sein Album “Here Comes Love” sprengt das Dance-Format, um Scott Walker im Toilettenvorraum zu suchen. Ob es gelingt? Er hat Fever und er hat Pop-Appeal ...

PROLOG ... die Idee müsste daher stammen, dass Superpitcher sich ausnahmslos selbst spielt. Sein Drehbuch ... nein, besser, sein Theaterstück besteht aus fünf Akten, die zur lustvollen Tragödie der elektronischen Musik selbst werden. Zur Vorlage von "Here comes love" wird Francoise Ozons Film "Tropfen auf heiße Steine".

1. AKT: GLEICH – DAS GLÜCK! Im Casino sollte er etwas aufs Spiel setzen. So hatten wir es geplant. Früher gab es mal Pferdewetten. Aber Pferdewetten sind etwas anderes. Sein Einsatz diesmal: eine Figur, die er schonungslos auslebt, die mit ihm verschwistert zu sein scheint: Melancholie-Glam. Alles verlieren oder glanzvoll(e) Träne werden? Rot oder schwarz, Black Jack oder einarmiger Bandit? Die Vorfreude ist riesig. Doch es gelingt nicht. Der Einlass wird verwehrt. Seine Begleitung ist underdressed. Nicht nur die obligatorische Krawatte fehlt, nein, eine Abendgarderobe insgesamt. Also zurück in die Hotellobby, 34 Stockwerke tiefer. Dort träufelt er Augentropfen in die rot gefärbten Augen. Eine Laseroperation liegt hinter ihm. Im Bildausschnitt links über ihm, für ihn unsichtbar, ein Werbeschild der Schmerztabletten-Firma Togal (weißer Schriftzug auf rotem Hintergrund). Aksel betrachtet inzwischen ein Klavier, das sich selbst spielt, eine altertümliche Electric-Boogie-Installation mit Verbotsschild: "Bitte nicht berühren!"

So vergeht Zeit, ein Stillleben dehnt sich aus, bis die Stimme der Promoterin auf etwas anderes verweist: Der Kaffee könnte hier wenig köstlich sein, spekuliert sie, skeptisch auf ein benachbartes Kaffee-Haag-Gedeck blickend. Wieder vergehen wertvolle Sekunden.

Dann plötzlich, aus dem Nichts holt Superpitcher zur ersten Charakterisierung, zur ersten Fundierung der gejagten Figur aus, um die es 34 Stockwerke weiter oben gehen sollte: "Warum sollte man so tun, als sei man glücklich", zitiert Aksel Schaufler einen Autor, von dem er schon länger nichts gelesen hat. Schließlich liegt seine Zeit mit Michel Houellebecq schon etwas zurück, wie er behauptet. Dort aber liegt die Inspiration für Track 1 seines Albums, wie hier vermutet wird: "We don’t need People."

2. AKT: BITTE SING MIR EIN LIED, CHARLOTTE! "Im Leben eines Melancholikers gibt es auch Momente, in denen man nicht denkt", sagt der junge Melancholiker Aksel Schaufler und erinnert uns an den ersten Ausschnitt, den wir seinem geliebten Film entnehmen wollen. "Leg uns doch noch etwas auf ...", sagt dort der verträumte Jüngling Franz zu seiner Gespielin, die er einmal glaubte geliebt zu haben. Im Film legt sie Francoise Hardys "Träume" auf.

Dann Köln, eine Stadt und ihre Menschen, ein Abend und sein Schönheitskanon. Dort, im wirklichen Leben, singt Pro7-Moderatorin Charlotte Roche Francoise Hardys "Träume" als ausdrucklosen Karaoke-Song, ohne singen zu müssen. Eine exzellente Verschiebung.

Aber tut sie das für ihn allein? Nicht unbedingt. Das Credo des museal anmutenden Schlagerlieds "Träume" bringt auch sie ins Spiel. Eine Weisheit zeigt Wirkung: "Träume sind meistens gar nicht wahr, weil sie unter den Millionen unserer Illusionen geboren sind." Träume verwehen im Wind und dringen ausgeträumt aus dem Kölner Medienpark zu dem jungen Melancholiker. So hatte er sich es gewünscht. Es ist ein verträumter Realismus, den er mit Charlotte entwickelt hat. Fast wie im Film Ozons, der in einer 1970er-Jahre Wohnungs-Kulisse spielt und alle Träume in Seifenblasen des Bösen zu verwandeln weiß. Aber treffen wir ihn dort wirklich an, wenn er sagt, ja, dieser Film ist mehr als nur ein typischer Lieblingsfilm? Ist dieser Film, der nach einem Fassbinder-Drehbuch montiert wurde, der melancholische Klangkörper von "Here Comes Love"? Müssen wir zurück, um zu verstehen und zu beschreiben, wie man sich als unzeitgemäße Figur in der gegenwärtigen Zeit verhält? Und wie schafft es Charlotte Roche, sich in die Stimmung dieser engen, niemals aber zu kleinen Welt einzugrooven? Das bleibt sein Geheimnis. Köln, eine Black Box. 3. AKT: "ICH TANZE SAMBA MIT ... MIR!" "Es ist keine ausgedachte Rolle", sagt der junge Melancholiker über sich selbst und streift damit sanft seine Kitsch produzierenden Trackkörper. Er erinnert an die Produktionsweisen seiner Lieder. Sie werden in den Club projiziert, aber zu Hause erlebt. Dort tanzt er mit sich selbst. Im Club allein konnte er sich erholen, etwas

MARIETTA KESTING

hinter sich lassen, bevor er zu seinen historischen Liebesliedperformern zurückkehrte. Zu Scott Walker etwa, oder zu einer bestimmten Reggae-Phase in Jamaica Anfang der 1970er-Jahre, zu Fever und anderen längst verklungenen Pop-Stücken. Nie musste Superpitcher nostalgisch werden. Nie betrauert der junge Melancholiker einen Verlust. Die Happiness der anderen steht im Mittelpunkt. Sie wird besungen. Sein mittlerweile stilbildener Dandyismus entspricht einer konsequenten Verfolgung der Schlager-Heile-Welt, in der nach Rettung Ausschau gehalten wird.

4. AKT: DIE KITSCHBERÜHRUNG ZUR ERFAHRUNG MACHEN! "Bitte zieh dir die Hausschuhe an! Die Straßenschuhe machen so einen entsetzlichen Lärm auf dem Pakettfussboden! Du weißt doch, wie wenig Spaß ich an den Dingen habe!", sagt Leopold zu Franz in "Tropfen auf heiße Steine". Leopold und Franz. Dieses ungleiche Paar. Leider habe ich gefragt, wen er lieber mag. Wie sollte man Leopold lieb gewinnen, diesen Souverän mit tyrannischen Zügen, der seiner früheren Liebschaft sagte, dass er ihn heiraten würde, wenn, ja, wenn er eine Frau wer-

Superpitcher, Here Comes Love, ist auf Kompakt erschienen.

Tropfen auf heißen Steine (Gouttes d’eaur sur pierres brulant), F’99, Regie/Drehbuch (nach R. W. Fassbinder): Francois Ozon, Musik: u.a. F. Hardy Inspiration da, wo man sich scheinbar nicht aufhält. So war das schon bei Glenn Gould und den Goldbergvariationen, auch bei Roland Kaiser, der privat Limp Biscuit hört. Es ist fast so, wie Howard Carpendale bei der Echo-Verleihung für sein Lebenswerk sagte. "Egal, ob jemand Techno, House, Pop oder Rock produziert. Wir Künstler leben in der schönsten Branche der Welt, in einer großen Familie." Das ist schön. So schön, dass der junge Melancholiker anfügt, dass ihn Familie noch nie glücklich gemacht habe. Denn so sehr er auch die Erfahrung der Kitsch-Oberfläche wahr machen möchte, sie unbedingt gerne glauben will, so wenig lässt er sich von ihr hinters Licht führen.

5 AKT: AUCH DIE ANKUNFT DER ENGEL WIRD ... ... nein, nicht das frohlockende Ereignis sein. Bitte! Bitteschön! Niemand wird davon sprechen wollen, dass nur noch ein Gott zu helfen wüsste. Schon gar nicht Superpichter, der vermutet, dass "echte Engel sad boys" sind. Das sagt der junge Melancholiker auch in Richtung der ewigen Rebellen. Schon mit seiner Heroin EP wußte er das vor Jahren anzudeuten. Jetzt wird das Togal-Logo demontiert. Ein guter Zeitpunkt, um zu

"Man muss um seine eigene Zeit kämpfen," sagt Superpitcher. Und um seine Kunst. Das Wolfgang Tilmans-Bild tut das auf dem Rückcover, die Ölgemälde seines Bruders tun es und ersetzen den Begleittext. den würde. Der Lover kratzte für die Geschlechtsumwandlung sein Erspartes zusammen und Leopold machte ihn zu seiner Frau, allerdings nur für kurze Zeit.

Dann gab er ihr den Laufpass.

Eine kleine Pause.

Jetzt wird es dramatisch. Ein Aufbruch kündigt sich an.

Ein letztes winterliches Schneestöbern. Aksel wird traurig. Ein schnelles Foto im Toilettenvorraum. Wieder bleibt ihm nur die Beobachterrolle. Das Glück der anderen, das er möchte, aber nicht hat, wie er singt. Es ist eine sehr traurige, aber auch wunschvolle Happiness.

Doch geht es dem jungen Melancholiker deswegen schlecht? Nein. Aksel S. hat Fever, Kompakt und eben jenen irren Klub-Pop-Appeal. Und das Neuentdecken alter Lieder hat bei ihm einen Prozess hervorgebracht, der ihn weit aus der elektronischen Welt davongleiten ließ. Seine mit ihm selbst identisch gewordene Figur (Melancholie-Glam) findet zumnehmend außerhalb der Tanzmusik ihren Nährboden. Wie immer liegt die

resümieren: "Man muss um seine eigene Zeit kämpfen", sagt er. Und um seine Kunst. Das Wolfgang-TilmansBild tut das auf dem Rückcover, die Ölgemälde seines Bruders tun es und ersetzen den Begleittext. Und er tut es sowieso. Superpitcher ist mittendrin, tief in der Zeit, in der Liebe nicht existiert, die Möglichkeit von Liebe aber immer bestehen bleibt: "Here Comes Love."

EPILOG Seine Lieblings-Schnulzensänger-Top-Five erklingt. Effektive Laufzeit: ca. 500 Minuten.

(Scott Walker 5 easy pieces: 5 CD Box Set) 5. Scott Walker Box 1 4. Scott Walker Box 2 3. Scott Walker Box 3 2. Scott Walker Box 4 1. Scott Walker Box 5

ELEKTRONIKA <08> - DE:BUG.81 - 04.2004

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STECKER RAUS ZUR FREIHEIT / Funkstörung TEXT

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PATRICK BAUER | PATRICK@DE-BUG.DE

Vier Jahre herrschte Funkstille um Funkstörung. Mit "Disconnected" ziehen sie nun ganz unerwartete Karten aus dem Ärmel. Soviel Lied und Gesang gab es bei Fakesch und De Luca noch nie. IDM war gestern, irritiertes Schwelgen ist heute.

Chris de Luca und Michael Fakesch haben ein ver- zentrales Element auf "Disconnected", das euch ja seit dammt gutes Gefühl. Und genau darum geht es ja auch: der vielen Remix-Arbeit - vor allem der für Björk - beum emotionale Befindlichkeiten, um das Suchen nach gleitet. Natürlich auch ein sehr nahe liegendes Mittel, der inneren Zufriedenheit. Denn da liegt nun um Emotionen zu transportieren.

“Disconnected“ vor uns, das erste Funkstörung-Album FAKESCH: Uns hat es einfach mehr gekickt mit Vocals, es seit vier Jahren, und will nicht mehr, vor allem aber berührt uns mehr! Eine Stimme ist wie ein Instrument, du auch nicht weniger sein als ein intensives Stück mo- kannst eine Stimme nicht reproduzieren, sie ist einfach so derner Popmusik. Gefühlte Akustikintensität: hundert eigenständig und das finde ich auch so schön. Ein SynthieProzent, der Vocalhagel lässt nicht lange auf sich war- sound wird immer ähnlich klingen, aber eine Stimme ist ten. einfach das Einzigartigste!

Hier wird by heartbeat musiziert, mit Façon gedealt. DE LUCA: Die Mischung war halt auch immer geil. Wenn Aber standen wir nicht einst Schlange, um uns von den wir die Instrumentals fertig hatten, das war alles schön beiden Rosenheimern kellenweise Effekte auf das zer- und gut, aber wenn dann halt noch mal die Stimme drauf stückelte, verkopfte, mathematisch korrekte Elektroni- war ... (Fakesch: “Whooa!“) genau so sollte es dann klinka-Menü klatschen zu lassen? Zu viel an der frischen gen!

Luft gewesen? Kaum möglich nach drei Jahren Studiofrickelei, Material ausmisten und zwischen Beats und Gleich vier Songs wurden mit Eniks Vocals konstruiert. von insgesamt 28 Studiomusikern eingespielten So- Der junge Münchner scheint mit seinem fesselnd-peunds die richtige Mischung finden. Es war ein Heranta- netranten Organ zwischen soulig und balladesk um die sten.

Funkstörung-Sounds zu schleichen, sie sanft vom BoDe Luca weiß noch, dass “die ersten Tracks, die wir für den aufzuheben und ihnen dann mit geschlossenen ’Disconnected’ausprobiert haben, deutlich elektronischer Augen die Krone aufzusetzen. Ein Glücksfall. Aber auch waren als das Endprodukt und einfach zu sehr nach Funk- Lambs Lou Rhodes oder die Massive-Attack-erprobte störung klangen. Das wollten wir nicht, wir wollten über- Sahra Jay leihen der funkgestörten Komposition den raschen!“ Also stöpselt man eben auch mal eine Fest- letzten Hauch Menschlichkeit. Entsteht Sehnsucht platte ab – disconnected. Aber wer sich an Funk- nach Saiten, Gänsehaut und Pianoatmosphäre auch störungs Anfänge vor gut 13 Jahren rund um Unit aus der Angst vor der eigenen Technik? Das FrankenMoebius erinnert, als der billigste Drumcomputer das stein-Syndrom – was erschaffe ich da bloß mit meinen einzige war, was man für fünf Minuten Ekstase brauch- Reglern? te, und nun die Leichtigkeit dahinschwebender Akustiksphären hört, der weiß, dass zwischen diesen FAKESCH: Wir hatten nicht wirklich Angst davor. Aber Polen mehr liegen muss als das Avancieren zu elektro- du hast dir eigene Tracks angehört und dachtest so: Hey, nischen Destruktionskünstlern und Remix-Topsellern. das war doch jetzt überhaupt nicht nötig, das transporAngekommen in der Sackgasse der eigenen Timeline? tiert die Songidee gar nicht mehr, sondern zerstört sie nur Die Abnutzung technischer Virtuosität? noch. Deswegen die Entscheidung: Lass uns diese ganze Technik immer noch voll verfolgen, aber lass sie uns in den FAKESCH: Der Anreiz war verloren gegangen. Fucking Hintergrund stecken. Ein bisschen mehr UnderstateBeats und Sounds können wir programmieren, das weiß ment. jeder, das ist unser Metier, aber das war einfach keine DE LUCA: Wir haben uns auch nicht mehr nur auf Beat Herausforderung mehr. Wir wollten diesmal schöne konzentriert, sondern die Komplexität auch in Melodien Songs, schöne Melodien, akustische Instrumente, den Ge- gesteckt, zudem viel auf Melodiewechsel gesetzt, was sang richtig in den Vordergrund stellen. Weg vom Track- sehr arbeitsintensiv war, da wir keine ausgebildeten Muwriting, hin zum Songwriting. siker sind.

DEBUG: Fast jeder Song featured eine Stimme. Ein sehr

Umso schwerer also, plötzlich in der Songwriter-Ecke

Funkstörung, Disconnected, ist auf !K7 erschienen. www.funkstorung.com

MAREK VOGEL

zu stehen, zugleich immer noch Producer zu sein, sich mit Studiomusikern herumzuschlagen, ohne prickelnde Aufnahmesessions zu veranstalten, auch wenn die meisten Songs danach klingen. Aber disconnected ist ebenfalls die Arbeitsweise von Funkstörung, die ihre feste und rückenstärkende Homebase in Rosenheim haben, mit den Kollaborateuren vor allem per Tapeaustausch kommunizieren. Aus gutem Grund, findet Fakesch: “Wir sind so ein eingespieltes Team, wir wollen gar keinen Dritten oder Vierten um uns herum haben. Die würden sich auch langweilen. Wir sind Perfektionisten und brauchen teilweise Stunden für zwei Sekunden Break.

Da würde jeder einpennen.“ Träumen kann man zu “Disconnected“ jederzeit, ob nun ein knacksendes Verhallen von in Einzelteile zerlegten Samplefetzen um die Melancholie eines Nils Petter Molvaer tänzelt oder Rob Sonic mit De Luca und Fakesch Hacksel-Hop spielt und die Rhymes nur so zer-

dem sich De Luca und Fakesch quer durch ihre Gemütslage musikalisch ausprobieren. Und warum soll man unter ihrem schelmischen Grinsen dann noch von IDMZwangsjacken und Empörung über den Rückschritt zum analogen Klang sprechen. Fakesch lehnt sich zurück: “Das war das Wichtigste bei uns, dass wir uns immer weiterentwickeln. Am Anfang: Boah, geil, ein Drumcomputer und zack! Und jetzt ’Disconnected’. Aber das ist ein schleichender Prozess gewesen, kein harter Bruch!“ Am selben Abend im Berliner Kiezclub Trafo: Enik umklammert den Mikrofonständer, Schweiß steht auf seiner Stirn. Bebend klagt er ins leicht irritierte Publikum: “Bring my heart back!“ Sanft rauscht eine sorgfältig konstruierte Klangfläche nach der anderen durch den stickigen Raum, bildet das Fundament für die geballte Theatralik des Sängers. Kaum sichtbar stehen zwei mitwippende Gestalten gebeugt vor ihren Powerbooks.

Vor der Abfahrt ins Nachtleben hatte De Luca nochmal

Lass uns diese ganze Technik immer noch voll verfolgen, aber lass sie uns in den Hintergrund stecken.

Ein bisschen mehr Understatement.

bersten vor Nachbearbeitung. Die Marke Funkstörung ist deutlich rauszuhören, mit allem zwischen klarer HipHop-Affinität und nebliger Dekonstruktion im Patternfieber. Nur anders, weiter hinten, mit der Grenze zum übertriebenen Akustik-Kitsch spielend. So, als seien Funkstörung auf ihrem neuen Album vor allem Teil und zugleich Dirigenten eines über die Welt verstreuten Orchesters. Das eigene Markenzeichen, früher der effektgeladene Mantel eines jeden Funkstörung-Songs, ist zum variabel einsetzbaren Tool geworden, mit

klargestellt: “Für dieses Album sind wir jetzt auch einfach konsequent gewesen. Wir haben Bock auf das und wir ziehen das jetzt durch, egal, ob das irgend jemand schlimm findet oder nicht: Wir finden’s geil!“ Der Song endet mit einem sezierten Gitarrenriff, Enik atmet erschöpft, Applaus. Ganz im Hintergrund schauen sich De Luca und Fakesch an und lächeln. Gelegentlich findet man auf seinem Weg eben eine Gefühlslage, die einfach passt. Manchmal ist es nur ein Augenblick, manchmal ein Album.

INDIETRONICS <10> - DE:BUG.81 - 04.2004

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DIE WELT IST SCHLECHT / Politik mit Lali Puna TEXT

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FLORIAN SIEVERS | FLORIAN.SIEVERS@GMX.DE

Gefälschte Wahlen, verratene Ideale. Lali Puna ist über den derzeitigen Stand der Politik frustriert. Auf ihrer neuen Platte "Faking The Books" geht es deshalb darum, auf den Misstand hinzuweisen. Man leiht sich vom Rock die Gitarren, um wieder ein bisschen Energie in die Sache zu bringen. Aber macht man es sich mit alldem nicht ein bisschen zu einfach? Florian Sievers traf Valerie Trebeljahr zum Armdrücken.

DEBUG: Bei "Faking The Books“, dem Titel eures neuen Albums, dachte ich zuerst an Bilanzfälschungen bei großen Konzernen wie bei Enron und WorldCom in den USA oder Parmalat in Italien.

VALERIE: Das bezieht sich eher auf Geschichtsbücher, auf gefälschte Wahlen in den USA und auf falsche Gründe, um in den Krieg zu ziehen. Aber ich versuche, bei meinen Texten so etwas eher allgemein zu belassen, um die Texte offen für jeden zu halten. Es geht grundlegend um Politiker, die sich verraten haben. Jeder Politiker, der es zu irgend etwas gebracht hat, hat sich doch verraten.

DEBUG: Das klingt nach dieser üblichen, undifferenzierten, eigentlich gefährlichen Politikverdrossenheit.

VALERIE: Ich bin überhaupt nicht politikverdrossen. Ich gehöre zu den Menschen, die immer demonstrieren gehen, wie letztens bei der Sicherheitskonferenz in München. Aber mit einem bestimmten Alter erkennt man eben auch bestimmte Sachen, zum Beispiel, wie die Maschine Politik läuft und was es etwa für ein weiter Weg zum Kanzlersein ist. Da kommt man nur hin, wenn man seine Ideale verrät.

DEBUG: Na ja, man könnte das auch "Kompromisse eingehen“ nennen. Man kann ja in einer Demokratie nicht die Mehrheit der Wählerstimmen auf sich vereinigen, wenn man keine mehrheitsfähige Position inne hat.

VALERIE: Aber manche Politiker sind auch für etwas gewählt worden, für das sie hinterher nicht mehr einstehen.

DEBUG: Nimmt dieses Gefühl bei dir eher zu oder ab, während du älter wirst? Es gibt ja diesen schönen

Spruch, der angeblich von Winston Churchill stammt: "Wer mit 20 kein Sozialist ist, hat kein Herz, und wer mit 30 immer noch einer ist, hat kein Hirn.“ VALERIE: Man erkennt halt, wie Menschen funktionieren. Dass sie zum Beispiel ungern im Kommunismus leben und gerne im Kapitalismus. Man findet sich damit ab.

Aber man kann und sollte immer Sachen angreifen und kritisieren.

DEBUG: Kann man denn etwas verändern, wenn man, wie du, in einer Band singt?

VALERIE: Es geht zumindest darum, Öffentlichkeit und Aufmerksamkeit für etwas zu schaffen.

DEBUG: Dafür wirken deine Texte aber ganz schön resigniert und erdrückt von der bösen Welt.

VALERIE: Das stimmt. Aber es gibt immer noch einen kleinen Widerhaken.

DEBUG: Man kann diese Resignation gut bei "B-Movie“ sehen, das von Arnold Schwarzeneggers Wahl zum kalifornischen Gouverneur handelt und ziemlich verzweifelt klingt. Gil Scott-Heron hat mal über dasselbe Thema ein Lied mit demselben Titel und derselben Idee gemacht. Nur war es bei ihm Ronald Reagan - und er war dabei sehr zornig und höhnisch.

VALERIE: Den finde ich total super, aber das Lied kenne ich nicht. Für mich ging es dabei darum, welche Sprache in diesem Wahlkampf benutzt wurde, dieses "Gut gegen Böse“Superhelden-Ding. Und ich kritisiere die Leute, die ihn deswegen gewählt haben. Da kann man schon resignieren.

DEBUG: Heißt das, dass die Menschen doof sind?

Lali Puna, Faking The Books, ist auf Morr Music / Hausmusik erschienen. www.morrmusic.com, www.lalipuna.de Debug präsentiert die Tour im Mai.

GERALD VON FORIS

VALERIE: Viele durchschauen zumindest nicht, wie mit ihnen umgegangen wird und wie einfach solche Kampagnen und Schlagwörter funktionieren. Auf so einem PopNiveau.

DEBUG: Kann man die Menschen also mit Pop darüber aufklären?

VALERIE: Das Problem ist natürlich, dass unsere Musik nur die Menschen anspricht, die sowieso schon so denken wie wir. Ich mache das darum vor allem erstmal für mich, um zu reflektieren. Wirkliche Aufklärung kann ich natürlich nicht leisten.

DEBUG: Diese Diskussion hatten wir früher immer bei Konzerten, auf denen alle "Nazis raus“ gesungen haben, während im Raum ganz sicher kein einziger Nazi war. Aber zumindest haben uns diese Lieder zu einem Gefühl von Zusammengehörigkeit verholfen. Als Hymnen, quasi.

VALERIE: Genau. Ich blöke bei den Demos zwar nie mit, aber so etwas schafft eine Gemeinschaft unter Gleichgesinnten. Ich will auch weg von diesen üblichen Agit-Bands.

Das hatte mal seine Berechtigung, aber heute finde ich es schwierig, wie Politik dabei in Pop eingesetzt wird. Das absolute Vorbild sind heute für mich die Goldenen Zitronen.

Schorsch Kamerun und Ted Gaier setzen Politik mit Humor und ohne Verbissenheit um. Und trotzdem weiß man genau, dass sie eine konkrete Idee davon haben, was sie politisch wollen.

DEBUG: Aber nicht nur wirken die Texte resigniert, du singst sie auch noch so schüchtern und gehaucht. Vielen Leuten wird es schwer fallen, da einen Willen zur Veränderung herauszulesen.

VALERIE: Mein Gesang hat sich mit der neuen Platte aber schon verändert. Früher war die Stimme reines Instrument, heute hat sie mehr Bedeutung und Präsenz.

Unsere zahlreichen Live-Auftritte waren dabei ein ziemlicher Einfluss. Wir haben oft beim Schreiben daran gedacht, dass so ein Stück irgendwann live funktionieren muss, und sind dadurch härter und aggressiver gewor-

den. Sowas macht auf der Bühne einfach mehr Spaß, als wenn man so ein ruhiges Plucker-Stück spielt.

DEBUG: Daher auch die Gitarren auf der Platte.

VALERIE: Ja. Die hat alle Markus (Acher) gespielt, und es war eine lange, lange Arbeit, dass das nicht nach Notwist klingt. Und natürlich auch nicht nach so einer RockScheiße. Es war uns sehr wichtig, dass es rockig aus einem elektronischen Kontext heraus klingt. Dass man so eine Distanz zu Rock hat. Wir benutzen Rock nur als eine Art Energie-Lieferanten.

DEBUG: Aber es ist doch interessant, dass die Menschen nach 16 Jahren elektronischer Musik, wenn man jetzt mal von 1988 ausgeht, so einen Rock-Sound, selbst wenn er verfremdet ist, als energetisch empfinden. Die Gitarre erzeugt immer noch die meisten Emotionen von allen Instrumenten. Irgendwie scheint dieser Versuch, einen neuen Hörer zu erziehen, ja gescheitert zu

Schon klar: Das Problem ist natürlich, dass die Musik nur die Menschen anspricht, die sowieso schon so denken wie wir. sein.

VALERIE: Na ja, dieses Feld, zu dem wir auch immer gezählt werden, dieses Indietronic-Ding, war halt irgendwie ausgereizt. Und live ist es mit einer Gitarre auch viel geiler. Ich stehe immer hinter dem Keyboard und bin mit meinen zehn Fingern da wie festgeschweißt. Und es ist doch schön, dass man heute wieder alles einfach so verwenden kann.

múm on tour: 14.04. SCHORNDORF ›› Manufaktur / 15.04. KÖLN ›› Gebäude 9 / 18.05. MÜNCHEN ›› Feierwerk / 19.05. NÜRNBERG ›› K4 / 24.05. BERLIN ›› Maria / 25.05. HAMBURG ›› Westwerk / 04.06. HEIDELBERG ›› Karlstorbahnhof / 05.06. DRESDEN ›› Star Club / 06.06. FRANKFURT ›› Mousonturm · ticket hotline: 018 05 / 00 62 80 (12 ct / min)

KUNST & SUBVERSION <11> - DE:BUG.81 - 04.2004

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KEIN BLUT FÜR KUNSTWICHSER / Monochrom TEXT

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ANTON WALDT | WALDT@DE-BUG.DE

Was genau Wiener Schmäh ist, lässt sich von Preußenland aus kaum erfassen. Klar ist nur, dass Herr "Waldt, Anton" ihm hart auf den Fersen ist und selbigen mit der Künstlergruppe Monochrom auch schon so gut wie eingeholt hat. Wiener Blut, zur Abwechslung abgefüllt zwischen zwei Buchdeckeln, und somit nun auch für Nordlichter zu verkosten.

Im Jahr des Herrn 1998 war euer treuer Chronist nicht nur frisch zur Regeneration in den Nervenheilort Wien verzogen, sondern auch gründlich verarmt. Und die zwingend folgende Tätigkeit als extrem kleines Kurierrad der Informationsgesellschaft brachte die KleinesRad-typischen Gammelzeiten auf den Straßen und Plätzen des Kurortes mit sich, wobei neben Dosenbier und Verachtung hin und wieder auch nette Sachen zur Beobachtung anstanden. Besonders denkwürdig ist dabei ein Erlebnis in der Innenstadt Wiens am 1. November 1998, an dem sich neben der üblichen Rotte von verblendeten Weltverbesserungs-Teenagern von Greenpeace und Tierschutz auch ein Stand des "Vereins zur Förderung der selektiven Rezeptionsforschung im Sinne futurologischer Belange", Monochrom, blicken ließ. Dort konnte man für satte 50 Schilling (3,57 Euro) seine Seele verkaufen. Insgesamt wurden fünfzehn hochqualitative Seelen per Kaufvertrag erworben und registriert - und ich muss zu meiner großen Schande gestehen, dass ich das einmalige Angebot nicht wahrnahm, weil der Drang nach mehr Dosenbier größer war als die Mühen der Überschreibungsprozedur. Dafür waren die Monochroms als vorbildliche Querulanten gründlich vorgemerkt und haben sich seitdem dieser Notiz als durchgehend würdig erwiesen. Die "Fremdseelen" erfreuen sich unterdessen immer noch einem regen Handelsgeschehen auf der Monochrom-Seite, die teuerste Seele notiert derzeit bei 400 Euro.

KEINE KUNSTWICHSER Monochrom, die "leistungs- und marktorientierte Künstlergruppe aus Wien und Umgebung", erfreut schon seit zehn Jahren mit ihrem Schabernack, wobei genauso strikt der Verschwendung gefrönt wird, wie die Mechanismen des Kunstmarktes missachtet werden. Hier sollte angemerkt werden, dass ich keine Kunstwichser mag und diese Abneigung so tief und neurotisch ausgeprägt ist, dass so ziemlich alles, was der klassischen Bildungsbügerbildung lieb und teuer ist, in diese Todeszone fällt. Ich pflege auch keine sexu-

ellen Kontakte mit den Monochroms, so dass hier eindeutig versichert werden kann, dass es sich bei Monochrom lupenrein nicht um Kunstwichser handelt. Unterstützt wird diese Feststellung durch die Tatsache, dass die Monochroms trotz eines Jahrzehnts überbordender und auch gut dokumentierter Aktivitäten arm wie die Kirchenmäuse geblieben sind, offensichtlich auch weil die Pflege der nötigen Kontakte in die Kunstwichserverkäufer-Szene konsequent unterlassen wird.

Wahrscheinlich aber auch, weil echten Galeristen die Monochrom-Produktionsmenge einfach unheimlich ist und nicht ins übliche Verknappungskonzept passt, welches das Geschäft erst einträglich macht. Oder weil Monochrom zu digital und gleichzeitig zu stalinistisch ist. Und wenn mal die Chance auf ein Stück vom Kuchen besteht, wird diese genauso regelmäßig wie bewundernswert versemmelt: Ein Auftritt als Vertreter Österreichs bei der Biennale in Sao Paolo geriet etwa zum Desaster, weil der opulente Katalog das Budget massakrierte. Monochrom ballert trotzdem fröhlich weiter und initiiert teils mehrmals in der Woche Ereignisse und Veranstaltungen vom abseitigen Filmabend mit fachkundiger Diskussion über ausgiebige Wahlkampfkampagnen und der liebevollen Kakerlaken-Pflege bis zu den jährlichen Robotermeisterschaften im Cocktailmixen.

DER K.U.K.-PHANTOMSCHMERZ Monochrom arbeitet sich selbstredend auch pflichtschuldig an der österreichischen Befindlichkeit ab, die ja aus Piefke-Perspektive zwischen der prinzipiellen Drolligkeit kleiner Gebirgsvölker und der Tradition verdienter KZ-Wächter changiert, während sie in der Innenansicht vor allem einen rekordverdächtig neurotischen Drang zur Nestbeschmutzung pflegt. Also eine Menge Material für eckenstehende Maoisten wie Monochrom: zum Beispiel die absolut saubere Potenz der klassischen Wiener Gedärmkunst-Szene, bei der man im letzten September Eigenblutwurst goutieren konnte. Auch in der Stadt, in der die Lieblingswurst als "Eitrige" geordert wird, ein denkwürdiges Mahl. Die ei-

Monochrom-Publikation # 15-23: "zweite Ordnung muss sein" ISBN 3-9500731-4-0 436 Seiten für 15 Euro im ausgewählten Buchhandel oder direkt bestellen. www.monochrom.at

MONOCHROM

gens abgestellte Ärztin zapfte den Gästen ein Viertel Literchen Körpersaft ab, der dann im separaten Topf mit allerlei Tierbröckchen fachgerecht zu Blutwurst verkocht wurde. Die herzhafte Spezialität mundete übrigens genauso eklig wie immer. Voll auf die Volksempfinden-Zwölf auch die Sommerfrische-Tagesausflüge in die nähere Umgebung Wiens, wobei periodisch ein typisches Speckgürteldorf mit zurückgebliebenem Restlandpack zu Sowjet-Unterzögersdorf erklärt wird, das in der Ausgestaltung der Einreiseformalitäten und der Präsentation der neuesten technischen Errungenschaften anlässlich des 55. Parteitags der KPdKSUZöD jedes Betonbunker-Albanien locker verblassen lässt.

1300 GRAMM MONOCHROM Und wenn den Monochroms zwischendurch doch mal fad wird, werden Bücher produziert. Natürlich nicht mit dräunenden Wiederholungen und Zweitverwertungen der Aktionen, sondern mit astrein frischen Inhalten. Das letzte Machwerk ist jüngst erschienen, wiegt freundliche 1,3 kg und bietet auf 436 Seiten Einblicke ins Monochrom-Universum aus echten und falschen Erfindungen, echten und falschen Empfindungen, gefundenen und selbstgemalten Comics und echter und falscher Theorie. Und jede Menge Rezension,

weil: "Die Philosophen haben die Welt nur verschieden verändert, es kommt darauf an sie zu rezensieren." Und so gibt es Besprechungen von Ökosystemen, Organisationen, Betrieben und Mailordergeschäften, Chemikalien, Büchern und Dickdruck, sozialer Praxis, Naturgesetzen, Rezensionsfloskeln, Vorschlägen zur Verbesserung der Menschheit, Uhrzeiten, Lebewesen, Menschen und Teile derselben, Börsencrashs, Genoziden und Eingangsphantasien für Masturbationen. Die Rezensionen verschiedener Uhrzeiten (z.B.: 0.09, 15.32 und 9.30) sind übrigens wirklich lehrreich. In der Rezension von "Mein Kampf" taucht die Frage auf, wie der Autor richtig bibliographisch, zum Beispiel für eine historische Arbeit, angegeben werden soll: "Hitler, Adolf" etwa? Oder das Ergebnis eines Versuches, im selbigen Werk zehn normale und harmlose Sätze zu finden, Sätze, die man zum Beispiel einem Fremden auf der Loveparade ohne weiteres ins Ohr brüllen kann.

Der Versuch misslingt. Und die 95 Thesen von Luther werden als ödes, repetitives Fanzine bewertet. Das reichhaltige Rumblätter- und Lektürematerial kommt übrigens in einem freundlichen Fanzine-von-1982-Design und sei hiermit amtlich zum prompten Erwerb empfohlen.

Monochrom initiiert Ereignisse vom abseitigen Filmabend bis zu Wahlkampfkampagnen, von der liebevollen KakerlakenPflege bis zu den jährlichen Robotermeisterschaften im Cocktailmixen. Rezeptionsforschung galore!

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HINTERGRUND FÜRS HANDY / SIMEDA SOUNDERCOVER Soll es geheim bleiben, wo du gerade bist, doch durch dein Handy erkennt dein Anrufer den Aufenthaltsort? Noch zu Hause, obwohl du schon längst unterwegs sein solltest? Nokia-Telefon-Besitzern schafft Simedias SounderCover Abhilfe. Die Handysoftware spielt Anrufern automatisch eine verschleiernde Hintergrundatmosphäre vor. Die kann man selbst aufnehmen oder aus den mitgelieferten Sounddateien auswählen. Klassiker ist dabei wohl "Traffic Jam" mit Hupen und Autogeräuschen, auch nett die "Circus Parade" oder der "Dentist" mit fiesen Zahnarztbohrern. Essentiell natürlich das Klingeln eines zweiten Fernsprechers im Hintergrund; weil da gerade noch wer anruft. Insgesamt neun Sounds liefert die kostenlose Demoversion, inklusive der Profilfunktion. Die assoziiert einfach Telefonbucheinträge zu bestimmten Klangteppichen, und hätte ich eins der neuen Nokias (geht bislang nur damit), dann würden mich manche Anrufer immer im Park wähnen, wo die die Vögel hörbar zwitschern.

Demo gratis, Vollversion 9,99€ [MTZ] www.simeda.com/soundercover.html

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RAUCHEN AM RECHNER / USB-ASHTRAY Für alle, denen die Fluppe im Mundwinkel festgewachsen ist, gibt es jetzt Hoffnung auf Frühlingsfrische am Arbeitsplatz. Einfach den Rechner den Qualm verarbeiten lassen! Den Kuller-Aschenbecher in den USB-Port gesteckt und schon kann man schachtelweise Gauloises durchziehen. Der Kleine saugt es weg.

Fehlt eigentlich nur die Software mit Lungenkrebskalkulator und das lustige Küken zwitschert die Resttage vor. $34.99 [ANNETT JAENSCH] www.thinkgeek.com/gadgets/electronic/68c6

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SMARTPHONE / SONY P900 Ein Telefon muss groß sein. Hinweg ihr Minis, eure Tasten bedient fortan niemand mehr, nicht mal mit Einweg-Chopsticks. Hah! Sony hat eh immer die besten Telefone gebaut, klar, mit der besten Menüführung, dem logischsten GUI und dem Killer-Tool des Jog-Dials. Seit dem Merger von Sony und Ericsson setzt man auf den Joystick als Navigator und eigentlich ist allein die Rückkehr des Jog-Dials im P900 Grund genug, das Geld anzulegen und auf Smartphone umzusteigen. Ich fühl mich wohl und gründe demnächst auch den Sony Z1-Fanclub. Das P900 ist ein echtes Smart-Phone und kann alles: Neben telefonieren, Bilder und Videos machen, MP3s abspielen (ja, endlich! MP3-Klingeltöne) stehen vor allem die PDA-Funktionen im Vordergrund. Basierend auf dem Symbian-OS stehen hier bereits zahlreiche Anwendungen zur Verfügung. Schon fest installiert ist der obligatorische Organizer. Und wie läuft's? Auch Menschen, die noch nie ein Sony-Telefon ihr Eigen nennen konnten, dürften sich sofort wohlfühlen. Schwarze Löcher wie bei Telefonen anderer Hersteller gibt es nicht, alles erklärt sich von selbst. Palm-User werden ihre reine Freude haben. Im Mittelpunkt steht das riesige Touchscreen-Display, das mit kleinem PalmStift bedient und "beschrieben" wird. Die Handschrifterkennung des P900 fühlt sich dann auch sehr palmig an, klappt aber ganz gut. Um wirklich glücklich zu werden, muss man sich also der Maschine anpassen. Die Alternative, alles über die kleine virtuelle Tastatur zu tippen, hat mich nicht glücklich gemacht.

Umso erfreuter war ich über die gute Qualität der Videoaufnahmen (Speicherung auf Memory-Stick) und der Fotos. Die Bluetooth-Kommunikation mit dem Rechner funktioniert tadellos. Das einzige Manko für uns Mac-User ist, dass Firmware- und Software-Updates nur per Windos-Software vorgenommen werden können. Wer also ein Smart-Phone braucht, ist beim SonyEricsson P900 genau richtig aufgehoben.

Ob ihr eins braucht, ist eine Entscheidung, die ihr selbst fällen müsst. Ca. 800 Euro für das Gerät ohne Vertrag sind eine Menge Geld. [THADDI] www.sonyericsson.com/de

GADGETS 04| FETT FÜR DIE HAND / MYPETFAT

Was vereint alle neuen Abnehmprodukte von A bis Z? Die Garantie von einzigartigen Forschungsergebnissen, das Versprechen eines Lebenswandels - und zwar sofort. Aber vor allem der Satz: "Lose xxx pounds in 10 days", wobei eine dreistellige Zahl Pflicht ist in amerikanischen Fettgefilden. Doch jetzt gibt es was Neues! Es ist jedenfalls eine schwabbelige Menschenfett-Nachbildung zum Anfassen und Ekeln.

Ganz ohne Angabe, um welches Material es sich hier wirklich handelt, verkauft die Firma verschiedene Blutspur-versehene, gelblich schimmernde Fettportionen von der 1 Oz Hosentaschenversion für 14,99 bis zur 5lbs-Packung für 99 Dollar, bei der die ganze Familie ihr Fett wegbekommt. Denn per Psychoeffekt greift MyPetFat allen Diätprogramm-Teilnehmern unter die Schwabbelarme und erinnert sie täglich an deren angefressenen Inhalt. Bei Essensentscheidungen soll das in Kombination mit den beigelegten Motivationssprüchen ("Fat it's all in your Head") Wunder wirken, verspricht die Website. Dort sammelt man auch gegenwärtig noch Erfahrungen und will bald im galoppierenden Monatsrhythmus jeweils eine sensationelle Erfolgsgeschichte veröffentlichen. Ob es die gibt? Egal, FetPat ist sicher auch super zum Freunde ärgern. Und vielleicht bleibt es sogar wie ein Yps-Glibberball an Wänden kleben! Kleines Fett 14,95 $, großes Fett 99,95 $. [MTZ] www.mypetfat.com

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HELLO KITTY, DER TOASTER / SANYO SK-KT2P UND HP-4363KT "Hello Kitty" ist vor allem das Puschligkeits-Chiffre, das nie einen doofen Comic oder andere Vehikel gebraucht hat, um auf jeden Mist gedruckt zu werden, auf den man irgendwie drucken kann. Kitty-Erfinder Shintaro Tsuji lizenziert jeden Monat 450 neue Produkte und setzt damit im Jahr 500 Mio. Dollar um, die Lizenznehmer dürften ein paar Milliarden Dollar mit Kitty-bedruckten Bettdecken, Autos, Vibratoren (Yep! ganz offiziell), Kreditkarten, T-Shirts, Handys, Softdrinks und Plastiknippes in jeder Größe und Ausprägung machen. Dazu kommt noch der Markt mit unlizenziertem Kitty-Kram, der es derzeit auf rund 800 Mio. Dollar im Jahr bringen soll. Für die richtig lässigen Kitty-Addicts hat der freundliche Mischkonzern Sanyo eine Reihe von Küchengeräten im Angebot, mit denen man in beiden Welten reüssieren kann. Die klassischen Toaster SK-KT2P und SK-KT21P sowie der Sandwich-Toaster HP-4363KT haben Kitty nicht nur außen draufgedruckt, sondern brennen bei der Zubereitung auch auf jedes Stück Brot ein Hello-Kitty-Gesicht. Wenn man die dann an der nächsten Straßenecke verkauft und damit die ToastbudenKonkurrenz aber sowas von verbläst, weil ja logischerweise ein fettiger Snack mit Kitty ein größeres Hallo provoziert als einer ohne, lebt man nicht nur seine infantilen Vorlieben aus, sondern auch die Dialetik der Gesellschaft im Urheberrechtskrieg vor. [WALDT] www.sanyo.com/appliances/hello%5Fkitty

FINDER CORKER CONBOY

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TELEFON TEL AVIV

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SENDER RECORDS

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LUCIANO

Elektronische Songs mit Meerblick Elektronische Songs mit Keller-Gefühl Neue Compilation, neuer Rundumschlag

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DILATED PEOPLES

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BLOCKHEAD

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KABUKI

HipHop, Krieg, Kopierschutz, Andersartigkeit Aesop Rocks Produzent, jetzt solo Zehn Jahre ackern für ein Debütalbum

Tief wie der Genfer See. Lucianos Debütalbum

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LANGUIS

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MY FAVORITE MACHINES

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AUTOMATO

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IVAN SMAGGHE

Nicht verzagen, New Order fragen Prince Paul und seine Pioneer DJ-CD-Player HipHop-Band mit DFA-Produktion

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BBE

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DIE EFA-PLEITE

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VERLOSUNG

Das Label für Raregroove-Klassiker mit Profil Deutschland hat einen Vertrieb weniger Die Schnittstelle zum Glück

Den Analogfunk auf der richtigen Backe

ELEKTRONIKA

WIR SIND KEINE FEEN MÚM TEXT

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HEIKO GOGOLIN | HEIKO@PINGIPUNG.DE

Neben Björk und Sigur Ros sind Múm das Hauptaushängeschild für isländische Versponnenheit. Die Assoziation von erhabenem Mondschein-Pathos hängt ihnen zwar selbst zum Halse raus, aber was erwarten sie, wenn man bei ihrem dritten Album "Summer Make Good" zum Knarren von Schiffsplanken in die Lautsprecher eintauchen soll?

Auch wenn journalistische Selbstreflexion gerne die Eigenschaft besitzt, wenig sachdienliche Hinweise zum Gegenstand beizutragen, genehmigt mir heute bitte einige Lettern zum Einstieg, ja? Schon bevor dieser, soviel sei verraten, wieder mal äußerst wundersame neue Tonträger auf meinem heimischen Schreibtisch flatterte, dachte ich mir, wie schön es doch wäre, mal einen Artikel über Múm zu lesen, der gänzlich ohne Island auskommt: ohne Rückkopplung der Soundscapes mit einsamen Fjorden und ohne den schwebenden Gesang wie in 99,9% aller Fälle gleich mit langohrigen Fabelwesen zu assoziieren. Das macht Sinn, denkt sich der Schreiberling, genau wie es, sagen wir, Sinn machen würde, bei einem Text über den werten Lawrence mal ohne Politik als Leitmotiv auszukommen. Aber, ach du güldene Differenz der Sprache, jetzt haben wir in der Negation alle Klischees doch wieder vereint an Bord. Auch Örvar, ein Teil der mittlerweile zum Trio geschrumpften Combo, möchte nicht ewig nur der nette Märchenonkel aus dem hohen Norden bleiben und wehrt sich gegen die "Elfen schweben nachts am Strand und trällern naive Melodien“-Assoziationen. Múm haben den Exotenbonus schon lang nicht mehr nötig: "Das Gerede über Berge und Feen limitiert unsere Arbeit, vielleicht auch Islands Musik ganz allgemein und ist auf Dauer ungesund. Unsere Stücke sind sehr gefühlsbetont und nicht rein dokumentativ.“ Rollen wir das Feld kurz von hinten auf: Múm verlassen mit ihrem neuen Opus endgültig die Pfade ihres ersten Albums, das so herrlich verspielt, weltoffen und im positiven Sinne naiv aus den Boxen schallt, wie es eben nur Debütplatten können (dafür zahl ich gern fünf Euro in das Phrasenschwein). Nach dem etwas verträumteren "höher, schöner, weiter“ Follow-Up "Finally we are no one“ war klar, dass für den verflixten Drittling ein nochmaliges Deklinieren desselben Vokabulars nicht in Frage kommt. Durch den Ausstieg von Kristíns Schwester Gyda, die den anderen winke winke gesagt hat, um fortan all ihre Muse allein dem Cello zu widmen, veränderten sich die Vorzeichen quasi von selbst. Trotz der Tonnen an tollen Instrumenten von Violine übers

Glockenspiel bis zur chinesischen Harfe, die einmal mehr über den Luftweg ins berühmte Leuchtturm-Aufnahmesetting geliefert werden mussten, vermisst man Gydas Trademark-Cello fast mehr als ihre Stimme. "Obwohl es traurig ist, dass sie gegangen ist, fühlte es sich sehr natürlich an, die Platte zu dritt aufzunehmen. Vielleicht ist es auch ganz gut, mal ein Album ohne Cello zu machen.“ DARK SIDE OF THE MÚM Múm standen schon immer für die Extradosis Emotionalität kombiniert mit einer Erhabenheit, die in Electronicahausen ihresgleichen sucht. Die Klaviatur der Gefühle auf "Summer Make Good“, dem neuen Album, ist mannigfaltiger, aber auch düstererer. Die Platte fließt mit ih-

ORRI

eintauchen, um sie zu fassen zu kriegen.“ Der einst zweistimmige Gesang, früher mehr Textur als Protagonist, emanzipiert sich in Soloform zu fast schon klassischen Leadvocals, deren Linearität zwar durch das seltsame Gemisch aus Song und Track zerbricht, die aber trotzdem selbstbewusster und weiter in die Front gemischt denn je zuvor erklingen. Nimmt man meinen Freundeskreis als induktives Beispiel, werden Múm durch die fast schon over-the-top gehauchte Stimme mehr denn je die Massen spalten: zugleich mittels ihrer neuen Andockfähigkeit an den Sigur Rós- oder vielleicht auch Radiohead-Kosmos eine größere Anzahl Menschen als vorher verzaubern, dabei andere aber völlig abschrecken. Der Inhalt der Lyrics bleibt zwar weitgehend im Verborgenen, ihr phonetischer Klang allein reicht aber vollends aus, um die Signifikanten auf die Reise zu schicken. "Die Texte sind mehr wie Bilder, erzählen keine Geschichten und haben keine Message: wie auf Nightly Cares, der ersten Single, die eine Aufzählung von Dingen ist, die man tun sollte, bevor sich die Nacht über einen legt.“

himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt, zwischen kindlichem Optimismus und Weltschmerz ist es ein schmaler Grad, ein Oszillieren zwischen Gegensätzen, das Örvar aber auch aus dem Rest ihres Oeuvres hört.

Wenn ich zumindest einmal kurz den hermeneutischen Zirkel bemühen darf, scheint sich so etwas wie die Naturgewalt des Meeres thematisch durch die ganze Platte zu ziehen. Die Lieder tragen wundervolle Namen wie "Abandoned Ship Bells“, "The Island Of The Children’s Children“ oder "Oh, How The Boat Drifts“, auch die schwebenden Textfetzen sondieren dieses Terrain, welches zusätzlich von Feldaufnahmen alter Fischkuttermotoren oder dem Knarren von Schiffsplanken flankiert wird.

Nachdem das Diktiergerät sein Soll erfüllt hat und wir unsere Blicke über die sonnenbehangenen Dächer Hamburgs streifen lassen, erzählt mir Örvar, wie seltsam es doch sei, nach den sehr affektiven Aufnahmesessions über die eigene Musik zu sprechen und sie zusammen mit Journalisten schön artig in Schubladen einzuordnen.

Das geht zwar vielen Künstlern so, die klassische Her-

INFO Das Gerede über Berge und Feen limitiert unsere Arbeit, vielleicht auch Islands Musik ganz allgemein und ist auf Dauer ungesund. rer ganz eigenen Dosis Pathos mysteriös vor sich hin, erscheint trotz toller Hooks zunächst weitaus weniger catchy und gibt erst, wenn sich draußen der Mond in voller Blüte zeigt, alles von sich preis. Ein auf- und abschwellender, manchmal ätherischer und durch einige Interludes fast schon soundtrackartiger Approach, der deutlich von ihren Hörspiel- und Opernprojekten aus den letzten Jahren oder der Vertonung von Eisensteins Gassenhauer "Panzerkreuzer Potemkin“ inspiriert scheint.

Dark Side of the Múm. "Das Album braucht seine Zeit. Die anderen Platten haben einen von einem Moment zum anderen gekriegt, aber hier muss man in die Lautsprecher

Múm, Summer Make Good, erscheint am 12.04. auf Fat Cat / Pias Die Single "Nightly Cares“ ist bereits auf 7" und 3"-CD erschienen. www.randomsummer.com www.fat-cat.co.uk

WIDERHALL DES MEERES Musikalisch verquickt das Trio zusammen mit einer Bande an illustren Gästen einmal mehr voller Expertise digitale und analoge Tonquellen, bis alle Binarismen in einem Amalgam verschwimmen: Die Universalmaschine nimmt die klassischen Instrumente effektvoll in die Mangel, während die elektronischen Komponenten beim Recording dagegen erst über den Umweg von alten Grammophonlautsprechern an den Raum abgegeben und mit der Bandmaschine wieder eingefangen wurden. Je nach emotionaler Sachlage des Hörers legt die Grundstimmung schon mal einen expressiven U-Turn hin. Zwischen

ausforderung für jeden Interviewer, aber gerade bei Múm sei der gesamte Ansatz doch sehr untheoretisch und benötige keine Worte als Leitfaden. Im Endeffekt, da schließe ich mich Herrn Dóreyjarson Smárason gerne an, könnt ihr, werte Leser, eigentlich alles, was ich euch gerade erzählt habe, ganz hurtig wieder vergessen. Denn auch wenn ich mich brav am Tonträger abgearbeitet habe, es mir in manchen Momenten vielleicht sogar gelungen ist, das Flüchtige zu schnappen, zerrinnt es beim genauen Blick darauf schon wieder zwischen den Händen.

Am Ende des Tages hinterlässt einen diese Musik dann doch sprachlos.

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INFO Corker / Conboy, Radiant Idiot, ist auf Vertical Form / Hausmusik erschienen www.verticalform.com

ALLES AUS EINEM GUSS CORKER CONBOY

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THOMAS WINKLER | TOWINKLER@AOL.COM

Paul Conboy behauptet zwar, er hätte nichts gegen ein bisschen Feindseligkeit in der Musik. Was er und Kollege Adrian Corker mit ”Radiant Idiot” in unsere Ohrmuscheln spülen, klingt hingegen total friedlich: Gitarre und Computer kuscheln rum, Song und Sound verschlingen sich in innigster Umarmung, und wir liegen auf dem Rücken und wollen, dass sich die Wirklichkeit genauso sanft verhält ...

Er ist überwunden, der Antagonismus, endgültig. Man höre nur “Radiant Idiot“, neuestes und zweites Album von Corker Conboy, und man stellt fest: Endlose sphärische Flächen stehen neben einem dumpfen Rockschlagzeug, vorsichtig pluckernde Beats neben einer hypnotisch immer wiederkehrenden Melodie, eine klischeehaft rauchige Trompete neben schabenden Klangexperimenten. Das ist Musik an der Schnittstelle zwischen Song und Sound, zwischen elektronischer Musik und Rock im Jahr 2004. Allerdings: Im Jahr 2004 ist das beileibe nicht mehr neu. Neu ist höchstens, dass Adrian Corker, die eine Hälfte des Duos aus London, die sich aufdrängende Kategorie Postrock nicht ganz und gar auf den Müllhaufen der Popgeschichte verbannt wissen will. “Wenn es darum geht, die Musik zu verkaufen“, sagt der Gitarrist, “dann kann man die Bezeichnung noch gebrauchen.“

Wie jede ehrliche Künstlerhaut will auch Corker seine Musik nicht kategorisieren. Tatsächlich entsteht sie zusammen mit Partner Paul Conboy, der den Bass spielt und programmiert, auch ohne Vorgaben weitgehend frei. Man diskutiert nicht, gibt sich keine Zielvorgaben, sondern spielt einfach drauflos. Die beiden improvisieren, phantasieren, tun das, was man gemeinhin jammen nennt und dereinst einmal, vor Jahrzehnten, als Inbegriff höchster Kreativität galt. Nur: Sie tun es mit klassischen Instrumenten und elektronischen. “So sehr ich die Technik mag“, sagt Paul Conboy über Samples, “es gibt keinen Ersatz für echte Sounds.“ Aufgenommen werden alle diese Jams, erzählen die beiden, die meisten wieder weggeworfen. Anschließend wird geschnitten, bearbeitet und zusammengesetzt. “Der Computer ist wunderbar, um zu arrangieren und zu edi-

tieren“, so Conboy, “aber die meisten computergenerierten Sounds klingen schrecklich zweidimensional.“ Diese Arbeitsweise haben sie womöglich ja auch Tim Simenon näher gebracht, mit dem sie zuletzt zusammen werkelten. Im Gegensatz zu anders lautenden Meldungen allerdings nicht an neuem Material für Bomb The Bass, sondern an zwei Projekten, “einem instrumentalen namens CCS Kit und einem noch namenlosen mit Vocals“, erzählt Corker.

Welchen Effekt diese Arbeitsweise auf Simenon gehabt

chungen, miteinander versöhnen. Denn das, was “Radiant Idiot“ auszeichnet, ist, dass jedweder Antagonismus dieser beiden Pole, sollte er jemals wirklich existiert haben, endgültig aufgehoben scheint. Jedes der acht Instrumentals kommt ein wenig melancholisch, aber vor allem warm und wundervoll und wie aus einem Guss daher. Ganz so, als müsste die Musik beweisen, dass Harmonie machbar ist. “Ich habe kein Problem mit ein bisschen Feindseligkeit in der Musik“, sagt Conboy, aber selbst von diesem bisschen ist so gut wie nichts zu hören. So gibt es denn auch nur eine Gefahr für diese Musik: dass sie sich allzu friedlich und wider-

“Ich habe kein Problem mit ein bisschen Feindseligkeit in der Musik“, sagt Conboy, aber selbst von diesem bisschen ist so gut wie nichts zu hören. hat, wird irgendwann zu hören sein. Bis dahin ist immerhin zu wissen, dass Corker Conboy ohne Simenon das Beste aus beiden Welten finden und zusammenführen. Und, zumindest auf ihren eigenen Veröffentli-

spruchslos in die Landschaft fügt, sich selbst zur Soundtapete degradiert. Wer sich in Gefahr begibt, heißt es, kommt darin um. Tröstlich immerhin, dass dieser Sterbevorgang in exorbitanter Schönheit stattfindet.

ELEKTRONIKA

SOULMONSTER TRÄUMEN GERN TELEFON TEL AVIV

INFO Telefon Tel Aviv, Map Of What Is Effortless, ist auf Hefty / Hausmusik erschienen www.telefontelaviv.com hwww.heftyrecords.com

sentieren kann. Chicago dagegen umarmt uns in dieser Hinsicht - plötzlich waren total viele Leute um uns rum, mit denen wir Ideen austauschen können. Das hat die Entwicklung unserer Musik sehr beeinflusst.

DEBUG: Habt ihr eine Grundidee, was eure Entwicklung angeht?

COOPER: Weiterwachsen, die Herausforderung suchen.

Gleichzeitig immer neue Sachen in den Mix werfen. Das ist unser Traum, das wollen wir mit unserer Musik erreichen.

DEBUG: Ihr legt alles, was musikalisch passieren wird, vorher verbal fest. Wie weit seid ihr beim neuen Album ins Detail gegangen?

COOPER: Zuerst haben wir eher mit grobem Pinsel gemalt, d.h. uns überlegt, was für Tracks in welcher Chronologie drauf sein sollen. Wie das Album anfängt und wie es aufhört ...

TEXT

HENDRIK KRÖZ | LISTENTO@MIWON.DE

Auf "Fahrenheit Fair Enough" rauschten Joshua Eustis und Charles Cooper alias Telefon Tel Aviv mit viel Organik und kompositorischer Finesse durch die Frickelgalaxie. Nun, drei Jahre später, geht ihre Reise durch die fein verästelten Kapillaren der Seele weiter.

Friedlich auf dem Rücksitz dösen kann man als Mitreisender allerdings vergessen, denn auf dem neuen Album "Map Of What Is Effortless" lauern unerwartete Turbulenzen - 30 Violinen und schmachtende Vocals von L.A.-Songwriter Damon Aaron und L'Altra-Sängerin Lindsay Anderson tummeln sich polarisierend im Glitchrevier, die Gesangslinien strotzen vor Emotionen und verwandeln feingesponnene Konstrukte in Balladen für Millionen. Telefon Tel Aviv nennen ihren Hybrid verschmitzt "Bedroom-R'n'B", besser kann man den Spagat zwischen Intimität und Breitenwirksamkeit nicht auf den Punkt bringen. Von wegen "Landkarte dessen, was mühelos ist", ein ganzes Jahr lang saßen die beiden Bayou Boys im lichtarmen Chicagoer KellerStudio, um ihr beeindruckendes Werk zu produzieren,

jetzt geht es raus damit auf Tour.

DEBUG: Konntet ihr euch, nachdem das Album fertig war, eine kleine Pause gönnen?

COOPER: Ging gar nicht. Wir haben sofort weitergemacht, Platten von anderen Leuten produziert und an Remixen gearbeitet. Ehrlich gesagt sind wir gerade ziemlich erledigt.

DEBUG: Ihr seid vor einem Jahr von New Orleans nach Chicago gezogen, um "Map Of What Is Effortless" zu machen - was gibt euch das neue Umfeld?

COOPER: New Orleans ist eine Musikmetropole in traditionellem Sinn. Es ist schön da, entwickelt sich aber nicht weiter. Das ist kein Forum, wo man progressive Musik prä-

DEBUG: ... dieselben Akkorde, aber sie klingen anders.

Wenn man sie am Schluss zum zweiten Mal hört, ist es so, als ob man von einer langen Reise zurückkommt.

COOPER: Genau! Wir haben also zuerst Start- und Endpunkt festgelegt, die Leerstellen imaginär aufgefüllt und dann begonnen, Songs zu schreiben, die hineinpassen.

ZURÜCK INS LICHT DEBUG: Euer Album ist ein konstanter Battle zwischen Noise und Pop, also dem, was hässlich und dem, was schön sein will. Und deswegen auch gern mal ins Kitschige abdriftet, was dann vom Krachigen wieder aufgefangen wird. Trifft das ungefähr den Punkt?

COOPER: Wir versuchen, Musik zu schreiben, die eine Stimmung oder ein bestimmtes Gefühl ausdrückt. Ich bin bestimmt nicht der einzige der denkt, dass die Welt ein schöner Ort mit dunklen Flecken ist. Unser übles Studio hat bestimmt auch viel zur abgründigen Seite des Albums beigetragen: Es kriecht an allen Ecken und Enden daraus hervor.

DEBUG: Warum muss man sich der Dunkelheit stellen, wenn man Musik macht?

COOPER: Wenn man so weit ins Dunkle geht, wie man

kann, gibt es nur noch eine einzige Richtung - zurück ins Licht. Oder man gibt auf. In den finsteren Phasen meines Lebens gab es immer Momente von Klarheit, wo ich die Dinge so deutlich sehen konnte, dass sie Sinn für mich machten.

DEBUG: "At The Edge Of The World You Still Float", der letzte Song auf euerm Album, hält einen solchen Moment fest - in Form einer Metalballade.

COOPER: Hey, Josh und ich stehen total auf Metal. Zur Zeit gibt es ein Revival eben jener Sorte, mit der wir aufgewachsen sind, das ist total aufregend. Unsere absolute Lieblingsplatte kam 2003 von Black Dahlia Murder - die sind aus Michigan und noch richtig jung. Die beste Metalband seit Jahren.

DEBUG: Ihr habt auch mit einem Streicherorchester zusammengearbeitet, von der Loyola University New Orleans, wo Joshua Musikwissenschaft studiert hat.

Ich bin bestimmt nicht der einzige, der denkt, dass die Welt ein schöner Ort mit dunklen Flecken ist.

Das war doch bestimmt großartig.

COOPER: Josh dirigierte, ich drückte den Aufnahmeknopf und schaute zu. Kenne den Knaben gut genug um zu wissen, was für ein Traum da für ihn wahr wurde. Es war so schön, ihn während der Session zu beobachten. Fragte mich nur, was ich da zu suchen hatte. Und ob das alles jetzt real ist.

DEBUG: Wie wichtig sind Träume für Telefon Tel Aviv?

COOPER: Die perfekte Inspirationsquelle, Fluchtwege aus den engen Begrenzungen des Denkens. Josh und ich flüchten gerne in die Musik, in einen Film ... oder einfach nur ins Bett.

TECHNO <16> - DE:BUG.81 - 04.2004

INFO

ERWACHET! / Sender Records voll auf Sendung

V/A, Receiving Data ... Ah, it’s coming!, ist auf Sender/Kompakt erschienen. www.sender-records.com

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OLIAN SCHULZ | OLIAN@WEB.DE

Ohne Benno Blomes Label "Sender" würde es den deepen Knarztechno Berliner Provenience nicht geben. Neben Shitkatapult ist Sender die sicherste Bank, wenn widerspenstige Detroit-Tugenden so jung wie am ersten Tag klingen sollen. Eine Jubiläums-Kompilation stellt das in aller Vielfalt klar.

Gut vier Jahre ist Sender jetzt alt. Mit der dreißigsten Veröffentlichung holt Betreiber Benno Blome aus zum zweiten Compilation-Streich. Auf ”Receiving Data ... Ah, it’s coming!“ gewinnt Sender an romantischer Atmosphäre und Erzählkraft. Dabei ist der Tonträger so stilfest wie der Betonsockel des Fernsehturms im Labellogo.

Dem mächtigen Schatten des Turms zum Trotz zeigen die einzelnen Künstler ein scharfes Profil. Gewittrig schwarz und stetig statisch geladen pulsiert ”Strahler“.

Blome & Grummich sind total auf Sendung, suchen nach einem Ableiter, kurz vorm Kurzschluss. Carsten Josts ”Lake’s Camp“ wirkt dagegen leicht und beschwingt. So wie jeder Künstler seinen Beitrag penibel abgewogen zu haben scheint für diesen Jubelanlass, genauso legt Benno Blome im Interview jedes Wort auf die Goldwaage. Wie er sagt, ist er sich stets der Macht des Gedruckten bewusst. Vielleicht weil sein Vater Journalist war? Ein Gespräch über musikalische Wurzeln und Familie, Film und Musikmachen.

DEBUG: Der dreißigste Sender-Release ist eine Compilation?

BENNO BLOME: Hauptsächlich ging es mir um einen Querschnitt durch das Label. Wie immer bei einer Compilation wollte ich zum einen die prägnantesten Artists zusammenbringen, zum anderen wollte ich die Tracks, die derzeit am repräsentativsten für den Stand der Dinge sind, präsentieren. Auffällig an dieser Compilation ist vielleicht, dass Sender mit ihr ein neues Level erreicht. Sie ist ”erhörbar“ im Sinne von: Sie funktioniert auch außerhalb des Clubkontexts.

DEBUG: Welchen Bogen gibt es von der ersten SenderCompilation ”Panorama“ bis zur zweiten ”Receiving Data ...“ heute? Was hat sich musikalisch verändert?

BENNO BLOME: Der Unterschied zwischen der ersten und

der zweiten Compilation ist auf jeden Fall, dass die erste eine Zusammenstellung aus den ersten zehn Releases war.

Sie spiegelt den Zeitraum von 1999 bis 2001, also die ersten zwei Jahre des Labels. Die zweite ist viel eigenständiger, mit acht oder neun exklusiven Tracks. Die Frage nach der Weiterentwicklung des Stils ist schwierig zu beantworten: Denn in meinen Entscheidungen, was ich release, habe ich gar keinen Masterplan. Beim Anhören von Tracks gibt es Initialmomente, es gibt eine gewisse Magie, die mich trifft.

Insgesamt ist es vielleicht etwas subtiler und romantischer geworden ...?!

DEBUG: Romantisch, das ist ja ein ganz neuer Begriff aus deinem Mund! Sag doch bitte, was du darunter verstehst!

BENNO BLOME: Für mich ist der Sender-Sound eine Mischung aus Romantik-Techno (wenn man so will) und Knarz-Techno. Damit kann man das Label eingrenzen. Es gibt eben viele Sachen, die sehr gefühlvoll mit Flächen und Strings arbeiten, das würde ich dann als atmosphärisch oder romantisch bezeichnen. Zum Beispiel die Sachen von Carsten Jost oder K.Lakizz. Aber zu schön oder seicht darf es auch wieder nicht sein, es muss schon einen gewissen Dreckfaktor haben! Auf der anderen Seite ist bei fast allen Sender-Releases ein Knister-Knarz-Faktor dabei, so wie bei Misc oder den Blome&Grummich-Produktionen, weltZwei oder T.Raumschmiere früher. Offenbar ist das eine Vorliebe von mir, die mir wichtig ist.

DEBUG: Nochmal zurück zu diesen romantischeren Tracks auf der CD und einigen der letzten Releases: Wird Sender weniger zu einem Club- und mehr zu einem Listening-Label? Denn ich denke, für DJs ist es schwieriger, mit atmosphärischer Musik einen Dancefloor zu halten ...

BENNO BLOME: Das würde ich nicht sagen. Sogar die äl-

CLAUDIA BURGER

teren ”romantischen“ Sender-Tracks funktionieren sehr gut auf dem Floor. Ich glaube, die gängigen Formate sind ausformuliert bis zum ..., bis zum ... (zögert) DEBUG: Erbrechen?

BENNO BLOME: Ich wollte das jetzt nicht aussprechen ...

Also diese Formate wie Schranz oder Electro Clash sind inzwischen bis zu einem gewissen Grad langweilig. Gefühle, tiefe Gefühle, du könntest es auch Deep Techno nennen, kommen einfach gut auf der Tanzfläche. Das kann trotzdem treiben und nach vorne gehen. Man kennt sie so oder in anderer Form mehr aus anderen Bereichen, vielleicht in traditionellerer Variante aus Detroit. Wenn man alte Derrick-May-Sachen auf Transmat hört, ist das von den neuen Sender-Sachen nicht so weit entfernt. Und Carl Craig, Robert Hood oder Daniel Bell als dbx, das sind unsere Referenzen. Das in Kombination mit Kölner Minimalismus: Mike Ink, Studio 1, Profan, ... Als das Mitte der 90er aufkam, sah ich einen Sinn darin, mich ernsthaft mit dieser Musik zu beschäftigen.

DEBUG: Du hast anklingen lassen, dass du in Zukunft mehr eigene Produktionen machen willst.

BENNO BLOME: Ich habe nun mal diese drei Standbeine: Labelarbeit, DJing und eigene Musikprojekte. Mit Matthias Klein als weltZwei ist das, jedes Mal wenn wir uns in Köln zusammensetzen, eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit.

Im Gegensatz zu meinen Produzentenpartnern Klein oder Grummich gehe ich konzeptionell an die Tracks ran. Oft habe ich Ideen im Kopf, bringe schon Textfragmente für einen Vocal-Part mit. Das sind übrigens häufig Sachen, die mir im Club eingefallen sind: ”Auf Empfang“ zum Beispiel.

Das nehmen wir dann ganz trashig mit einem Kopfhörer als Mikro auf. Mir gefällt das, wenn das so ein bisschen schwer verständlich ist, wie die Pilotendurchsagen im Flugzeug.

DEBUG: Warum arbeitest du meistens mit einem anderen Produzenten zusammen?

BENNO BLOME: Es macht einfach mehr Spaß, zu zweit als alleine vorm Computer zu sitzen. Dennoch arbeite ich gerade an einer Loop-Compilation. Sie schließt an unsere SL24-Reihe mit den Loops verschiedener Artists an, nur sind

alle Loops von mir. Das wird natürlich ein reines DJ-Tool, hauptsächlich für mich zum Auflegen, just fur fun.

DEBUG: Gibt es bei der Produktionsarbeit zu zweit feste Rollen?

BENNO BLOME: Das kann man so nicht sagen. Was ich sehr gern mache, ist dieser ganze zweite Teil, bei dem andere oft nachlässig sind: Die Arrangements und das Abmischen. Für mich fängt da der Spaß erst richtig an. Dabei hilft mir natürlich meine Erfahrung als DJ. Ich mag aber gerade die Arbeit an Tracks, die nicht unbedingt als DJ-Futter fungieren. Ich könnte mir durchaus vorstellen, mal eine Filmmusik zu produzieren. Sachen, die eher kopfmäßig ablaufen.

DEBUG: Immer mehr DJs setzen ergänzend oder gar ausschließlich auf ihre Laptops voller MP3s. Du bist weiter viel als reiner Vinyl-DJ unterwegs. Wie siehst du die Zukunft der Zunft?

BENNO BLOME: Ich beobachte sehr genau, was das für eine Entwicklung nimmt. Die Vorstellung, selbstproduzierte Loops oder ganze Stücke einfließen zu lassen, ist spannend. Für mich ist der Sound von Vinyl im Club bisher aber unübertroffen. Ein Laptop-DJ ist für mich nur halb so authentisch wie ein analoger. Ich habe bis jetzt noch keinen Laptop-DJ erlebt, dessen Set mich umgeworfen hätte. Aber jeder muss seine eigene Form finden.

DEBUG: Wie kamst du eigentlich dazu, dein Leben der Musik zu widmen? Du hast mir mal erzählt, schon dein Vater sei DJ gewesen!

BENNO BLOME: Ich wollte nie in die Fußstapfen meines Vaters treten, er war ja hauptsächlich Musikjournalist. Er hat so um 1970 die legendäre ”Sounds“ gegründet und sie dann später verkauft, noch bevor sie mit dem ”Musikexpress“ zusammenging. In der ”Sounds“ hat er alles sehr kompromisslos gefeatured, was damals cool und underground war. In den späteren 70ern war Rainer Blome dann meines Wissens einer der ersten, die mit einem Soundsystem durch Deutschland fuhren und Reggae auflegten. Ich wollte eigentlich immer zum Film.

TIEF WIE GENF

WIEGENLIED DES TECHNO LUCIANO

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SVEN VON THÜLEN | SVEN@DE-BUG.DE

Sonnyboys hinter die Regler! Genfs chilenischer Techno-Darling Lucien Nicolet hat als "Lucien-N-Luciano" ein Album von unschlagbar sympathischer Groove-Verspieltheit hingelegt. Und endlich i st aus dem Dreieck Chile - Detroit - Genf eine runde Sache geworden.

"Ich habe nie geplant, ein Album zu machen. Es hat drei Jahre gedauert, bis ich die Tracks, die jetzt auf dem Album sind, zusammen hatte. Immer, wenn ich einen Track produziert hatte, der sehr melodisch war und wenig mit dem Dancefloor zu tun hatte, hab ich ihn zur Seite gelegt. Ich habe sie gesammelt, ohne genau zu wissen, was ich damit machen sollte. Es sind für mich alles besondere Stücke, weil sie sehr persönlich sind und vor allem ausdrücken, in welchen emotionalen Zuständen ich in den letzten drei Jahren war. Die Geburt meiner Kinder, all das", berichtet Lucien Nicolet gut gelaunt am Telefon. Es ist zehn Uhr morgens, man hört seine Kinder im Hintergrund ausgelassen krakelen und er sitzt in seinem Hotelzimmer in den Schweizer Alpen. Noch kurz ein Interview und dann raus in den Schnee. Das Snowboard wartet schon.

Wenn es im letzten Jahr jemanden gab, auf dessen Musik sich alle auf und abseits des Dancefloors einigen konnten, dann war das Lucien "Luciano" Nicolet. Spätestens mit der Maxi "Orange Mistake", die bei aller schnarrenden Verschrobenheit einer der Konsenshits des vergangenen Jahres war, ist die Zahl derer, die sich von seinem feinen Gespür für Melodien und Stimmungen haben verzaubern lassen, rapide angestiegen. Und mit seinem Debütalbum "Blind Behaviour" dürften es noch einige mehr werden, denn die zehn Songs, die er über die letzten drei Jahre gesammelt und hier zu einem sehr homogenen Teppich aus musikalischen Erkundungen verwoben hat, erzählen auf bisher fast ungehörte Weise vom Vertrauen in die Kraft, die Melodien in sich tragen.

ETWAS GANZ PERSÖNLICHES Vielleicht liegt es daran, dass Luciano im Booklet Bilder seiner Kinder abgebildet hat oder dass einer der Songs "Le Dance des Enfants" heißt, vielleicht aber auch an seinen und Cassy Brittons Vocals, teilweise klingen sie wie Wiegenlieder. Sanft schnarrend und melodisch zischelnd erzählen sie kurze persönliche Geschichten.

Fast wie Chansons oder Balladen. Dabei bewegen sie sich in ihrem ganz eigenen stilistischen Kosmos aus Minimaltechno, Dub und Elektronika. Derrick May und Carl Craig waren wichtig, das hört man. Aber eben mindestens genauso auch Reggae und lateinamerikanische Musik. "Für mich ist das Musik, die mich sofort packt, die ich nicht ignorieren kann. Egal ob sie ganz flüchtig irgendwo aus einem quäkenden Radio kommt, an dem ich gerade vorbeigehe. Sie transportiert so viele Gefühle wie Leichtigkeit, Zuversicht und Vollkommenheit. Es ist wirklich eine sehr emotionale Sache für mich, die ich unbedingt mit meiner Musik einfangen wollte. Ein elektronisches Album, das diese Stimmungen transportiert. Manchmal ein wenig na-

iv, mal melancholisch und dann wieder glückselig." Man könnte auch sagen, dass Lucianos Tracks einen Hang zur Harmoniesüchtigkeit haben. Er selbst sagt, dass das Wichtigste für ihn der Rhythmus ist, der seinen Groove, ähnlich wie bei seinem Freund Ricardo Villalobos, nicht selten aus einem Spiel mit knisternden Effekten, die man getrost auch in einem Endlosloop laufen lassen könnte, bezieht. "Wenn ich die Rhythmus-Struktur habe, fange ich an, dieses Rhythmusskelett mit Farben auszumalen. Melodien sind für mich wie Farben, mit denen ich die Tracks verziere und koloriere. Bei Dancefloor-Tracks spielen die Melodien aber erst einmal eine untergeordnete Rolle."

Ein etwas kitschiges Bild, ja, wie er in seinem Studio sitzt, eine Zigarette im Mund, von diversen digitalen Pinseln umgeben und Logic als seiner Leinwand, aber

Melodien sind für mich wie Farben, mit denen ich die Tracks verziere und koloriere. eben auch so passend, denn Luciano beweist immer wieder, dass er virtuos mit der musikalischen Farbenlehre umzugehen weiß.

Auf Cadenza, dem Label, das er mit einem Freund in Genf betreibt, kann man derweil weiter Lucianos Interpretation von "monotonen Tools", wie er es nennt, bewundern. Hier gräbt er sich tief in seine digitalen Effekte, lässt Rauschen und Knirschen zu Ravesignalen anschwellen und findet trotzdem immer wieder Platz, die schönsten Strings und Melodiefetzen in die Tracks zu weben. Zusammen mit Martin Schopf aka Dandy Jack ist er aber als Carabina 30/30 auch dabei, die härtere Technogangart auszuloten. Zehn Tracks sind schon fertig, diverse Livesets haben die beiden schon durchgerockt. Nur an der Zeit, etwas aufzunehmen, mangelt es noch. Und Zeit wird auch in Zukunft ein kostbares Gut sein. Remixanfragen stapeln sich und bald dürfte ein Umzug nach Berlin anstehen. Aber egal, wie lange es dauert, mit "Blind Behaviour" hat man erst einmal einen treuen Begleiter durch den Frühling.

INFO Lucien N Luciano, Blind Behaviour, ist auf Peacefrog / Roughtrade erschienen. www.lucien-n-luciano.com

HIPHOP

MARATHON, NICHT SPRINT DILATED PEOPLES

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EKREM AYDIN | E.AYDIN@WU-TAL.DE

Sie brechen eine Lanze für Watermarks auf ihren CDs, Krieg als friedenssichernde Notlösung und das Recht auf Andersdenken. Die Dilated Peoples sind die Meister der Nonkonformität und der Beat-Produktion. Ihr drittes Album ist geölter denn je.

Es heißt, dass erste Album ist das wichtigste, da hierfür die bisher gelebte Spanne als Vorbereitung gilt.

Der zweite Longplayer (sofern ein Erfolg des ersten einen solchen ermöglicht) soll der schwierigste sein, da die mit dem ersten Album gewachsenen Erwartungen und Fans befriedigt werden wollen sowie neue Hörerschaften erschlossen werden sollen. Die Dilated Peoples bestehend aus Rakaa Iriscience, Evidence und DJ Babu sind bereits beim dritten Album angekommen.

Nicht leicht in Zeiten der beliebig austauschbaren Musikkonserve. Und wenn es dann doch jemand schafft, müssen die Resultate vor bösen Raubkopierern und eifrigen Download-Nerds wie Staatsgeheimnisse gehütet werden. Wer also wissen wollte, worum es der Crew aus L.A. auf ihrem neuen Album ”Neighborhood Watch” geht, musste eigens dafür in die EMI-Zentrale reisen, wo eine mit Wasserzeichen versehene CD beinahe wie der heilige Gral zum Anhören präsentiert wurde. Andererseits: Warum sollte der Aufwand für ein rappendes Trio aus der Stadt der Engel geringer sein als für die Labelkollegen Daft Punk und Robbie Williams? Knapp eine Woche später dann sind die drei Multitalente höchstpersönlich in der Hauptstadt und präsentieren sich als erfrischend unkomplizierte Interviewpartner mit reichlich Output. Dass die Maßnahmen zum Schutz ihres Albums so konsequent durchgezogen werden, erfreut die Gruppe, denn die Technik zur Vervielfältigung ist so schnell und einfach wie nie.

“Du kannst nicht kontrollieren, ob und wie dein Material gebootlegt wird”, erzählt Rakaa und fährt fort: “Schlimmer ist die Tatsache, dass vom eigentlichen Album nur teilweise Material durchsickert, das Gesamtwerk dadurch zer-

Thematisch blicken Dilated Peoples stets über den genreüblichen Tellerrand hinaus. Bereits auf ihrem letzten Album beschäftigten sie sich unter anderem mit Amerikas Außenpolitik und nun kritisieren sie die innere, so z.B. das öffentliche Schulsystem oder die Verfolgung Andersdenkender. Ist es nicht schwierig, solche Stücke zu Zeiten von John Ashcrofts “Patriot Act” zu schreiben? Evidence ist davon überzeugt, dass so manches Kid mehr von “Global Dynamics”, einem ihrer ersten Stücke, lernen kann, als in 10 Jahren an ei-

Wie kann es sein, dass eine friedensbefürwortende Einstellung in Kriegszeiten als antiamerikanisch gilt? ner amerikanischen Schule. Rakaa führt fort: “Wir sagen einfach, was uns beschäftigt. Versteht mich nicht falsch, ich liebe den Ort, an dem ich lebe, doch das sagt noch lange nicht, dass er perfekt ist. Es ist ja auch nicht so, dass wir sagen ’Amerika ist scheiße’, sondern einfach die Tatsachen auf den Punkt bringen. Wie kann es sein, dass eine friedensbefürwortende Einstellung in Kriegszeiten als antiamerikanisch gilt? Wenn es zum Krieg als letztem Mittel kommt, dann sollte er trotzdem dazu dienen, den Frieden wieder herzustellen und nicht des Profits wegen, wie ihn unsere Regierung führt.”

INFO Dilated Peoples, Neighborhood Watch, ist auf Capitol Records erschienen. www.dilatedpeoples.com www.capitolmusic.de www.sequencerecords.com www.battleaxe.com

stört wird, die Stücke in beliebiger Reihenfolge sortiert und somit aus dem Kontext gerissen werden, die Qualität oftmals schlecht ist und plötzlich Besprechungen von diesen Fragmenten auftauchen, die der eigentlichen Sache nicht gerecht werden und uns als Künstler schaden, da viele sich dieser Meinungen bedienen.” Sie haben viel von sich in ihr Album hineingesteckt, das merken die Hörer sofort.

“Unser drittes Album ist für mich das persönlichste. Da habe ich mein ganzes Leben drauf hin gearbeitet”, erzählt Rakaa Iriscience. ”The Platform”, das erste Album, war für das Trio eine Zusammenfassung der bereits veröffentlichten Singles. Album Nummer Zwei ”Expansion Team” führte einen Prozess innerhalb der Gruppe mit sich, der sie noch enger zusammenwachsen ließ. Nun, da sie bei “Neighborhood Watch” angekommen sind, arbeiten alle zusammen wie eine gut geölte Maschine. Als Texter sind sie laut eigener Aussage auf einem Level angelangt, das vorher unerreichbar schien. Evidence, selbst MC und Beatproduzent der Peoples dazu:”Diesmal gibt es keine Lückenfüller, die Stücke sind in sich stimmig und präsentieren uns als Ganzes.”

Jeder der drei betreibt erfolgreich noch eigene Projekte. So betreibt Babu sein eigenes Label Sequence Recordings und hat darauf gerade den zweiten Teil seiner ”Duck Season’”-Reihe veröffentlicht. Eine sehr ausgereifte Compilation, zum überwiegenden Teil auf Babus Beats basierend und mit Gästen aus allen Teilen des Landes garniert. Außerdem ist Babu als Mitglied der Beat Junkies, einer DJ-Crew gespickt mit lauter Superstars der Turntablism-Szene, noch als eine Hälfte der Likwit Junkies mit Partner Defari an einem neuen Album beschäftigt. Evidence war schon vor dem ersten Dilated-Album geschätzter Produzent und bringt im April die ”Yellow Tape Instrumentals” heraus. Rakaa Iriscience hingegen konzentriert sich außerhalb des Studios stark auf Gemeindearbeit mit jugendlichen Straftätern. Darin spiegelt sich erneut die Vielfältigkeit der drei wieder. Doch genau das macht sie aus und sorgt bereits zum dritten Mal für konstant gute Musik passend zu einer ihrer Zeilen: “We prepare for marathons and don’t sprint.”

HOP

BEATS AUS DEM UNTERGESCHOSS BLOCKHEAD

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ERIC MANDEL | ERIC.MANDEL@RZ.HU-BERLIN.DE

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MAYA HAYUK

Tony Simon ist eine feste Größe des amerikanischen Indie-Hop. Als Produzent für Aesop Rock zog er Stil bildende Strippen im LoFi-Hintergrund. Mit seinem SoloProjekt ”Blockhead” leutet er nun auf Ninjatune ein neues Kapitel ein. Und muss sich über Dinge Gedanken machen, die sich dem manischen Beat-Programmierer bisher nie in den Weg gestellt hatten ...

Tony Simon steht am Ninja-Tune-Merchandise-Stand, während Hexstatic das Haus mit ihren amüsanten DVD/Audio-Cut-Ups rocken. Er wirkt beeindruckt, aber auch etwas ratlos und muss zugeben, dass er die meisten Stücke des Ninja-Kataloges, die Hexstatic und vorher Coldcut auf die Menge abgefeuert haben, gar nicht kennt. Mit TripHop verbindet er in aller Unschuld Portishead und findet ansonsten: ”Es ist ein ziemlich blödes Wort.” Dabei zählt der New Yorker mit dem Kampfnamen Blockhead gegenwärtig zur Nouvelle Vague von Ninja-Tune-Künstlern, und auf den ersten Höreindruck scheint sein Album ”Music by Cavelight” so genau ins Labelkonzept zu passen, dass man kaum einen weiteren Gedanken dran verschwenden mag: nach Super Numeri, Bonobo, Pest und wie sie alle heißen mal wieder eine Ausgrabung von instrumentalem Clubsound von irgendwo in der Welt, der im besten Fall zeitlos, im schlimmsten altmodisch klingt, eher gut als genial ist und von der weiterlatschenden Karawane nicht mehr als einen vollen Durchlauf im CD-Player kriegt.

Ist noch jemand wach? Ja? Dann schubst die anderen

den Anticon-Founder Sole. Ob es an diesem Streit lag oder ob die Leute bei Mush mit ihrer Vision von IndieHipHop als ”neuem Grunge” einfach nicht alle Tassen im Schrank haben, werden HipHop-Historiker kommender Generationen analysieren, Jedenfalls hörte Tony von Mush kein Wort mehr und seine Anrufe wurden auch nicht beantwortet. ”Def Jux war an einem Instrumentalalbum nicht weiter interessiert, da sie auch gerade RJD2 hatten, der sowas ja schon machte. Wir haben das Teil also rumgeschickt und bekamen dann glücklicherweise grünes Licht von Ninja Tune, was so ziemlich das Beste ist, was passieren konnte. In den USA interessiert sich nämlich kein Mensch für Instrumental-HipHop. Außer Shadow und RJ kenne ich eigentlich auch nichts in der Richtung.”

LOFI-SAMPLING BEI KERZENSCHEIN Blockhead-Produktionen ist einerseits diese gewisse epische Breite eigen, andererseits auch eine gedrückte Matschigkeit, ein bolleriger LoFi-Charme. Herr Blockhead, wie haben sie das gemacht? ”Nun, ich bin als Pro-

Sogar ein Triptychon zum Thema Liebesbeziehung hat Blockhead komponiert - eine Platte für den erwachsenen B-Boy und seine Kleinfamilie. an, es kann Entwarnung gegeben werden: Blockhead ist jung, aber kein Neuling, vielleicht habt ihr schon was von ihm zu Hause, sein Name steht nur in der Regel auf der Plattenrückseite, beispielsweise auf den ersten beiden LPs von Aesop Rock, aber auch dem etwas untergegangenen Comedy-Projekt Party Fun Action Comittee, ebenfalls auf Blockheads Stammlabel Def Jux, wo auch Slug, Murs und C-Rayz Walz zu seinen Kunden gehören. Wer Aesops ”Daylight/Nightlight”-EP kennt, wird auch schon festgestellt haben, dass BlockheadProduktionen als Instrumentals genauso gut dastehen wie die Vocal-Versionen. ”Seit ich produziere, war meine Einstellung: Es geht bei Beats um mehr als um einen Drumloop mit Bass. Du brauchst Parts, Layers, damit kannst du deinen MC auch einfach besser unterstützen.

Und so klangen die Tracks auf meinen Beat-CDs immer schon mehr wie Songs.”

Für die aktuelle Aesop-Scheibe ”Bazooka Tooth” steuerte er ebenfalls noch drei Tracks bei, respektiert aber auch Aesops Entscheidung, derbere Sounds zu testen. ”Bazooka Tooth ist schon ziemlich end-of-the-world, sehr apokalyptisch und man muss sich schon Mühe geben, dabeizubleiben. Es ist noch mehr ‘Nightlight’ geworden, während ich im Vergleich dazu eher der ‘Daylight-Typ’ geblieben bin.”

Als vor drei Jahren das damals mit Acts wie cLOUDDEAD, Boom Bip oder Radio Inactive einigen Staub aufwirbelnde US-Label Mush bei Blockhead nach einem Instrumental-Album anklopfte, war das für den gebürtigen New Yorker der logische nächste Schritt, seine Producer-Skills in richtigen Songs auszutesten. Das war kurz vor der Kontroverse zwischen Def Jux' El-P und dem seinerzeit noch mit Mush in Verbindung stehen-

ducer wirklich eher LoFi, die meiste Zeit arbeite ich auf einem ARS-10, einem Keyboard-Sampler-Teil, das heute nicht mehr gebaut wird. Tatsächlich sind die Tracks von Aesops Labor Days ohne Effekte komplett auf dem Ding gemischt. Was die Stimmung auf der Ninja-Platte betrifft, ist sie wohl von meinem Arbeitsplatz geprägt, der unteren Etage meiner Wohnung, wo echt nur mein Kram steht und das einzige Licht kommt durch so einen Fensterschlitz oder ich muss eine Kerze anzünden. Daher der Name 'Music By Cavelight'.”

Der kann aber auch als Höranweisung gelesen werden, denn Blockhead hat das Tempo abermals gedrosselt, arglos Keith Jarrets Köln Concert gesampelt, einen befreundeten Gitarristen einige Takte eingniedeln lassen und tendiert zu wirklich verträumten Stimmungen. Sogar ein Triptychon zum Thema Liebesbeziehung hat er komponiert - eine Platte für den erwachsenen B-Boy und seine Kleinfamilie. Zur Live-Umsetzung muss er sich - in seinem ersten Jahr als Profi-Musiker ohne flankierenden McJob - allerdings noch was einfallen lassen.

Jonathan More von Coldcut hat ihm auf lange Sicht natürlich Ableton Live empfohlen, als Opener für die Zen-TV-Tour seiner neuen Arbeitgeber legt er einfach Aesop-Instrumentals und ein paar frische eigene Sachen auf. ”Übers Live-Spielen musste ich mir nie Gedanken machen, ich hab halt immer meine Beat-CDs rausgegeben und irgendjemand hat dann seine Platten damit gemacht. Ich musste nie aus meiner Wohnung raus.”

INFO Blockhead, Music By Cavelight, ist auf Ninja Tune / Roughtrade erschienen www.ninjatune.net

BROKEN BEATS <20> - DE:BUG.81 - 04.2004

INFO Kabuki, Signal To Noise, ist auf Combination Recordings/PP-Sales erschienen. www.combination-rec.de

Tracks und Songs, die man kennt und schätzt.

Die fünf Meilenstein-Alben, die Kabuki zu dem machten, der er ist - mit seinen Kommentaren: Ja Rule - Sunrising History (”die Art des Samplings”), Steve Reich - Music for 18 Musicians (”Orchestrierung”), Goldie - Timeless (”in einer spannenden Zeit mit den besten Leuten gearbeitet”), Rhythm&Sound - Showcase (”einzigartiger Ansatz, Musik atmen zu lassen, neben Kraftwerk die einzigen, die einen eigenen deutschen Sound kreiert haben”), Miles Davis - Kind of Blue (”damals eine Abkehr von den Standards, die oft nicht mehr spielbar waren, ein echtes Zeitdokument”).

KABUKI: ”Signal To Noise” ist für mich eine musikalische Bestandsaufnahme. Es ist kein Künstleralbum. Die Stücke sind meist schon mal auf Vinyl oder Compilations erschienen. Jetzt als CD kann man das auch einem anderen Publikum vorstellen. Bei allen Stücken habe ich das Essentielle herausgefiltert und den Rest neu produziert.

Darum war die Arbeit am Album auch eine andere als an einem ganz normalen Künstleralbum. Ich will Brücken zwischen den Genres schlagen, meinen Sound definieren.

LOST IN PROGRAMMING KABUKI TEXT

KAY MESEBERG | HEPBURN@REFLECTOR.DE

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DIRK MERTEN

Kabuki bewegt sich zwischen seinen diversen musikalischen Vorlieben genauso unangestrengt hin und her wie zwischen seinen beiden Wohnorten Tokio und Frankfurt. Auf einer CD vereint, kann man sein Wandeln zwischen Drum and Bass, Reggae und Broken Beats jetzt nachzeichnen. Das Debütalbum als Compilation.

Und ab!

Jan Hennig aka Kabuki schleudert seine Tracks zwischen Peaktimebrett und Rhythm&Sound-Reggae-Variation haarscharf am musikalischen Glückstrauma vorbei, mittendrin in Drum and Bass und Broken Beats.

Und das trotz oder gerade weil echte Kabuki-Tracks

stets so aufgeräumt klingen. In ihrer gewienerten Klarheit und vornehm erfrischenden Eleganz könnte so manches Stück sogar als Unterrichtsmaterial für angehende Produzenten dienen. Jetzt kommt das alles kompakt als ”Signal To Noise”: eine illustre Runde von

”Signal To Noise” erzählt aber noch mehr. Jan Hennig gehört zu den wenigen Produzenten, die ihr Fach studiert haben. Einer seiner Lehrmeister in Wien war Les Wise, Bebop-Gitarrist, selbst ein Wes-MontgomerySchüler. Daraus resultiert teilweise auch seine Arbeitsweise.

KABUKI: Ich arbeite sehr strukturiert. Zuerst kommt die Idee, dann gehe ich an die Umsetzung. Das Wichtigste ist aber der Kern des Stückes. Erst wenn die Substanz stimmt, gehe ich ans Dekorieren. Daraus ergibt sich aber auch seine stilistische Eigenart.

Für mich sind Sound und Stimmungen relevant. Ich mag einfach verschiedene Musikstile, also auch ein Spektrum von Stimmungen den ganzen Tag hindurch. Nur Peaktimehits zu produzieren, lastet mich nicht aus. Klar ist da bei manchen Leuten die Schere im Kopf. Drum and Bass ist mein Baby, das ich am allermeisten liebe.

Das ist auch das Fesselnde am Album: Neben Nummern wie ”Speed Of Sound” steht ”After The Fire” in

Geschwindigkeit, aber auch in Atmosphäre als Antipol im Reggae/Dub-Fast-Rhythm&Sound-Outfit. Das passt blendend ins Kabukigewand, denn der Mann weiß einerseits die Tunes für den Plattenkoffer zu basteln, hat sich aber auch von der Drum-and-Bass-Sozialisation gelöst, um als facettenreicher Produzent wahrgenommen zu werden. Überdies ein feiner Trackablauf, der mit Titeln wie ”Ghosttrack” den Dreiecksspagat experimentell rekapituliert. Ein Track, der sich so eingefressen hat, auf den er so oft angesprochen wird, wie Kabuki betont. Der aber auch so etwas wie die Schnittmenge zwischen Drum and Bass und Rhythm and Sound einfängt. So ähnlich also auch wie sein Remix für die Folky-Compilation, der dunkle Detroitwelten mit gebrochenen Beatstrukturen verwob.

KABUKI: Den Jetlag merke ich in Japan nicht mehr. So drei Jahre habe ich insgesamt bis jetzt dort gewohnt. Insofern bin ich nicht lost in Programming, nicht auf verlorenem Posten. Japan und die Ecke, in der ich in Tokio oft wohne - Shibuya (der Teenager-Hip-Bezirk Tokyos) - das Umfeld, frühmorgens um vier einen Imbiss zu nehmen oder ein Magazin zu kaufen. Das ist gut für die Arbeit. Da gibt es auch viele Plattenläden. Die Abende sind so bunt gemischt. Nach einem Reggae-Abend gibt es Freejazz und am dritten Abend geht man zu einer Party, auf der jemand 60s-Kram auflegt.

Ich will Brücken zwischen den Genres schlagen, meinen Sound definieren.

Hört sich paradiesisch an. Oder wie der Japaner sagt: Iiineee! (je länger I und E gesprochen werden, um so besser). Mit ”Signal To Noise” beendet Kabuki einen Teil seiner Laufbahn: Die 12Inch-Stücke gibt es jetzt auf CD. Auf die Fortsetzung können wir uns schon jetzt freuen. Es soll ein Reggae-Album mit Detroitästhetiken geben. Also ”After The Fire” in seinen Nach- und Nebenwirkungen.

INDIETRONICS <21> - DE:BUG.81 - 04.2004

INFO Languis, The Four Walls, ist auf Plug Research / Hausmusik erschienen www.plugresearch.com www.simballrec.com

von Jimmy Dntel und seinem Akkordeon und Nobody mit einer Wundertüte Beats. Die L.A.-Familie hält zusammen, hilft sich aus und daher kommt das Album dann folgerichtig auch auf Plug Research raus …

UPLIFTING IM SCHNEIDERSITZ LANGUIS TEXT

Wenn man etwas besser Bescheid weiß, was im letzten Jahr im Umfeld von Languis und ihrem Label Simball Records passiert ist, verwundert ”The Four Walls” bei aller Melancholie, Nachdenklichkeit und Weite ein wenig, denn die Wirkung dieses Albums ist doch eher uplifting. Dorian, der zusammen mit Alejandro und Marcos das Label Simball Records betreibt, lag auf Grund einer fiesen Infektion längere Zeit im Koma, dann ging auch noch der Vertrieb, natürlich mitsamt der schon vorgeschossenen Dollars für ein geplantes Release, pleite. Das Geld ist pfutsch. Aber Dorian ist wieder wach und auf dem Weg der Besserung. Gut so und einen schönen Gruß von uns.

Den Weg in das Album fand die Misere wohl am ehesten über die Titel und die Texte. ”The Four Walls” beschreibt laut Marcos ”mehr oder weniger Isolation”.

Alejandro geht noch einen Schritt weiter: ”Für mich

Doch Languis kümmern sich inzwischen nicht mehr darum, dass jemand genau so etwas schon vor ihnen getan hat, vertrauen auf die Idee und gewinnen damit auch immer. Alejandro fasst es so zusammen: ”Haupteinflüsse sind die Beach Boys und Jesus and Mary Chain.

Ansonsten habe ich im letzten Jahr noch mehr obskure 60er-Bands und sogar Platten aus den 70ern, die ich zuvor nie verstanden habe, für mich entdeckt. Aber du hast Recht, 'side of the road' klingt schon etwas nach Left Banke, das gebe ich zu, ich liebe die … Was diese Basslinien angeht, nur soviel: Das ist etwas, was Marcos eigentlich schon sehr lange macht. Natürlich haben das New Order schon lange vor uns getan und sie sind auch ein großer Einfluss, da wir ja viel jünger als sie sind. Aber diese Bassläufe fassen für uns ganz gut einige Jahre zusammen, in denen wir solche Läufe letztendlich nie auf unsere Alben gepackt haben.” Nun, lieber spät als nie.

Ansonsten hat sich laut Alejandro aber wenig an der Entstehung der Songs geändert. ”Für mich steht meistens die Idee des Songwritings im Mittelpunkt. Von da aus gehen wir dann einfach weiter. Oft ist es aber auch nur ein Beat oder ein Drone, und wir bauen den Song

RENÉ MARGRAFF | THECRASHKID@GMX.DE

Sie sind durch das Tal des finanziellen Bankrotts gegangen und standen am gesundheitlichen Nullpunkt. Aber jetzt geht es mit Languis' neuem Album geradewegs bergauf. Sie stürmen eine Hochebene, auf der Melancholie, 60er-Anleihen und dicht gestrickte Basslinien ”The Four Walls” mehr auflösen als betonieren. Mein Zimmer - mein Aussichtsturm.

2004 ist das Jahr, in dem Languis hoffentlich den Platz auf dem Indietronics-Thron bekommen, den sie verdient haben. Während Alejandro und Marcos auf ihrem letzen Album ”Untied” laut Kollege Sascha Kösch noch ”einen großen Becher Sounddesign über ihre Gitarren stülpten”, kommen sie auf ihrem fünften Album in sieben Jahren, ”The Four Walls”, mit zehn Ideen pro Track, einer großen Portion Pop und jeder Menge verschachtelter Psychedelica zufrieden aus dem Zimmer ge-

schlendert. Das als ”Verfeinerung des Sounds” abzutun, wäre ein wenig untertrieben, denn Languis präsentieren sich auf dem neuen Album wesentlich direkter und poppiger, haben die experimentellen Sounds in kleinen Hymnen untergebracht. Das Schlagzeug wurde weniger häufig programmiert, die Bassgitarre sucht sich mit Peter Hook'schen Akkorden den Weg nach vorne und der Gesang ist klarer und weiter vorne im Mix. Besuch bekamen die beiden während der Aufnahmen

Die neue Platte schirmt uns vor der musikalischen Realität ab, vor dem, was momentan passiert. Das habe ich nämlich alles ein wenig über. geht es darum, wie einen die Wände von der Realität abschirmen. Allerdings meine ich weniger das Leben, sondern eher die musikalische Realität, das, was momentan so passiert. Das habe ich nämlich alles ein wenig über.”

Wahrscheinlich war es diese Befreiung vom Aktualitätswahn und allzu genauer Beobachtung des Musikgeschehens, was ”The Four Walls” ausmacht. Ein Track wie ”Side Of The Road” macht einen Knicks vor 60erPsychedelicpop, ”Turning Point” hätte mit seinen Bassakkorden auch aufs letzte New-Order-Album gepasst.

dann drumherum auf. Der letzte Song der Platte beispielsweise lag lange Zeit auf unserer Festplatte rum, nach einigen Monaten haben wir ihn mal wieder angehört und fanden ihn klasse, haben ihn vollendet. Das lange Solo am Schluss kam beispielsweise aus dem Nichts, als ich über dem Keyboard fast schon am Einschlafen war.”

Doch Languis haben durchgehalten. Und mit so einem tollen Album in der Diskographie schläft es sich bestimmt auch ganz gut.

ODE AN DIE KLANGWIEDERGABE <22> - DE:BUG.81 - 04.2004

INFO Prince Pauls letzte Solo-Platte ”Politics Of The Business” ist auf Razor & Tie erschienen. www.princepaulonline.com www.pioneer.de (Rubrik DJ Produkte, CDJ-1000MK2)

PIONEER CDJ-1000 / Prince Paul TEXT

JAN SIMON | JANSENSIMON@GMX.DE

Prince Paul, Vordenker und Querkopf des HipHop, bricht seit neuestem mit der ”Rule Number One” und legt mit CD-Playern auf. Uff. Dabei macht das total Sinn. Sagt er. Aus unserer Serie ”Ode an die Klangerzeugung” wird im April die ”Ode an die Klangwiedergabe”. Auf geht's, Prince ”Pioneer” Paul: My Favourite Machines.

Als Prince Paul Anfang Februar im Berliner WMF auflegt, muss ich nach etwas mehr als zwei Dritteln des Sets leider gehen, weil am nächsten Morgen Unaufschiebbares ansteht. Auf dem Weg nach draußen begegne ich einem euphorisierten Droopy (u.a. Produzent für Grand Agent und Teil des Remix-Teams Bugatti), der mir hellauf begeistert erzählt, dass Prince Paul zu seinen ewigen Idolen gehört. Auf die beiden ”CDTurntables” (Pioneer CDJ-1000) angesprochen, mit de-

nen Paul gerade Sound macht, sieht er mich entgeistert an, meint ”Das muss ich sehen” und bewegt sich grußlos in Richtung DJ-Pult.

Während man sich in anderen Musikrichtungen vergleichsweise locker macht, ist die geschilderte Szene für HipHop typisch. HipHop ist Vinyl und genau genommen gibt es für HipHop nur eine adäquate Abspieleinrichtung – den Technics MK II, wobei die Frage, ob in silber (SL-1200) oder schwarz (SL-1210) dann

tatsächlich eine eher untergeordnete Rolle spielt.

Schon die steigende Akzeptanz des Vestax PDX-2000, eines vergleichsweise neuen Plattenspielers, löst bei den Traditionalisten eine gute Portion Skepsis aus.

Aber CD-Player? Das geht nach überwiegender Auffassung überhaupt nicht. Trotzdem werden CD-Turntables auch zunehmend von HipHop-DJs, die in der Szene immer als ”real” galten, eingesetzt. Der erste HipHop-DJ, den ich live an CD-Playern sah, war DJ Spinna, der bei der Release-Party seiner BBE-Scheibe ”Here To There” im Club Shelter (Manhattan) vor cirka einem Jahr auf Pioneer auflegte. Doch nun auch Prince Paul? Der Produzent der ersten De-La-Soul-Alben ”Three Feet High And Rising” und ”De La Soul Is Dead”? Der Mann hinter dem mit RZA gegründeten Gravediggaz-Projekt, der bis heute außerdem drei Soloalben veröffentlicht hat?

Wenn man ehrlich ist, dann wahrscheinlich gerade Prince Paul, denn seine Herangehensweise an HipHop ist seit jeher äußerst undogmatisch und von Labelwünschen unbeeinflusst, was ihm das Leben auch nicht immer leicht machte. Wenig erstaunlich ist vor diesem Hintergrund auch, wer ihn auf die DJ-CD-Player brachte: ”Ich entspannte mich gerade, als Biz Markie anrief und loslegte:’Yo – du brauchst diese CD-Turntables, ich hab auch schon welche.’ Ich meinte: ’Machst du Witze?

Ich komme aus der Oldschool, ich werde mir so was nie zulegen!’, und fing sogar an, mich ein bisschen mit ihm zu streiten. Aber Biz meinte: ’Jetzt schreib dir das auf: Pioneer CDJ-1000. Geh runter in den Laden und kauf sie dir.’ Mein Sohn hat mich dann in den Laden geschleppt, ich hab die Teile angefasst, ein paar Cuts gemacht und zwei Wochen später hatte ich selbst welche.” Auch die Gründe für den Kauf sind schnell geschildert: ”Die Dinger haben einfach Vorteile. Zunächst ist es bequem und viel billiger beim Reisen, denn wenn du Plattenkoffer dabei hast, kostet das im Flugzeug extra. Dann entfällt auch

dieser Stress. Ich weiß noch genau, wie es früher war, wenn ich bei der Gepäckausgabe auf das Band starrte und immer betete, dass meine Platten da rauskommen und sie keiner gestohlen hat. Die ewige Schlepperei fällt weg und auch technisch hast du Vorteile. Bei Plattenspielern kann es dir passieren, dass es bei basslastigen Stellen zu Feedback kommt, und bei den CDs gibt es natürlich keine Probleme mit springenden Nadeln.”

Abschließend meint er: ”Ich liebe Vinyl - es ist Teil der Kultur, ich selbst besitze um die 45.000 Platten und natürlich werde ich auch in Zukunft immer wieder mit

Da kommen diese Typen an, die sich bei dir beschweren, dass du mit CDs auflegst.

Hätten sie das nicht mitbekommen, hätten sie einfach einen guten Abend gehabt, weil du dope Musik gespielt hast.

Vinyl auflegen. Dennoch ist es ein bisschen albern. Da kommen diese Typen an, die sich bei dir beschweren, dass du mit CDs auflegst. Hätten sie das nicht mitbekommen, hätten sie einfach einen guten Abend gehabt, weil du dope Musik gespielt hast.” Nicht ganz von der Hand zu weisen.

Das neue Logic Pro 6 ist nicht nur die flexibelste und modernste MusikproduktionsSoftware für den Mac, sondern auch die mit der besten Ausstattung. Zu einem beeindruckend günstigen Preis erhalten Sie damit all die hoch gelobten professionellen Software-Instrumente und Plug-ins von Emagic. Ebenfalls im Paket enthalten ist der renommierte EXS24 mkII Software Sampler.

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Einfach fantastisch

RARE GROOVE

HIPHOP <23> - DE:BUG.81 - 04.2004

INFO Alben der Beat Generation-Reihe: Jay Dee ”Welcome to Detroit” will.i.am ”Lost Change” Pete Rock ”Petestrumentals” Marley Marl ”Re Entry” Jazzy Jeff ”The Magnificent” DJ Spinna ”Here To There” King Britt ”Adventures in Lo-fi” Larry Gold ”Don Cello and Friends” gerade erschienen: V.A. ”The Beat Generation” Roy Ayers ”Virgin Ubiquity – Unreleased recordings 1976 – 1981”

RAR? WOHL WAHR!

www.bbemusic.com

BBE / BARELY BREAKING EVEN TEXT

JAN SIMON | JANSENSIMON@GMX.DE

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MATTI HILLIG / FOTO-DI-MATTI.COM

Mit ”Barely Breaking Even” hat die Universal Robot Band aus dem New Yorker Disco-Avantgardezirkel der frühen 80er ihren absoluten Klassiker geschaffen. Wer danach sein Label benennt, hängt die Latte an Geschmacksexklusivität verdammt hoch. Peter Adarkwah schafft es aber, sie mit jedem neuen Release auf seinem Label wieder zu überspringen. Vom Jura-Saulus zum Rare-Groove-Paulus - eine ErfolgsPeter Adarkwah hätte seinen Eltern einen großen Gefallen getan, wenn er Anwalt geworden wäre. Er hätte eine abgeschlossene Ausbildung und würde ”etwas Vernünftiges mit seinem Leben anfangen”. Beinahe wäre es dazu auch gekommen, denn Peter war nur noch ein Semester von seinem Law-Degree entfernt. Irgendwie häuften sich dann jedoch seine DJ-Gigs und zunehmend positive Statements seines Vertriebs bis zu einem Punkt, an dem eine Entscheidung getroffen werden musste. Der Mann mit dem etwas komplizierten Nachnamen entschied, sich und Musikliebhabern einen Gefallen zu tun: Er gab das Jura-Studium auf und konzentrierte sich fortan auf sein Label.

Seither hat Barely Breakin’ Even (BBE) nach Schätzung des Chefs insgesamt circa eine Millionen Tonträger verkauft und wächst - in einer Zeit, in der andere Plattenfirmen eher an Schließung denken. Was Mitte der 90er als erfolgreiches Compilation-Label begann, wurde mit der inzwischen legendären ”Beat Generation”Serie zu einer Plattenfirma mit originärem Katalog.

Peters gewachsener Ruf in der Szene, seine ansteckende Begeisterungsfähigkeit sowie die verwirklichte Prämisse absoluter künstlerischer Freiheit bewegten

nacheinander HipHop-Produzenten wie Pete Rock, will.i.am von den Black Eyed Peas oder DJ Spinna dazu, der ”Beat Generation” mit eigenen Alben ihren Stempel aufzudrücken. Um der Reihe einen angemessenen Schlusspunkt zu setzen, veröffentlicht man bei BBE mit ”The Beat Generation” nun quasi einen Best-of-Sampler. Wenn man ehrlich ist, kann man das Vermächtnis der Beat Generation aber eigentlich nur begreifen, wenn man alle acht enthaltenen Alben einzeln hört.

Während Jazzy Jeff (an der Seite von Will Smith ehemals Jazzy Jeff & The Fresh Prince) und sein Produktionsteam ”A Touch Of Jazz” aus Philly beispielsweise klassischer mit jazzigen Samples spielen, biegt King Britt (ehemals Digable Planets) z.B. gerne mal in Richtung Elektro- und Synthie-Sounds ab. Abgesehen von künstlerischen Ambitionen standen aber auch finanzielle Erwägungen hinter dem Start der Reihe: ”Ich war es einfach irgendwann leid, immer diese Anrufe zu bekommen, in denen es hieß ‘Wir haben diesen und jenen Song auf ihrer Compilation gehört und würden ihn gerne für eine Werbung verwenden‘, um dann sagen zu müssen ‘Wenden sie sich bitte an Polygram’, weil wir natürlich nicht die Rechte hielten. Heute zahlt mir Tui 30.000 Euro für einen Jay-Dee-Track. Am Ende des Tages ist ein Label

ohne Einnahmen eben nicht zu betreiben”, meint Peter nicht ohne Grinsen.

Trotz des wachsenden Hypes gehen die Hauptaktivitäten bei BBE immer noch von einer kompakten Zelle in London aus: ”In unserem Headquarter arbeiten nach wie vor nur drei Leute. Headquarter ist dabei eigentlich etwas hoch gegriffen, denn die Firma wird noch immer aus meiner Wohnung betrieben. Wir machen darüber auch gerne unsere Witze, da die meisten Leute etwas anderes erwarten. Wenn jemand z.B. unseren Designer sprechen will, sage ich schon mal ‘O.k. – ich verbinde sie in den fünften Stock’, obwohl Tom natürlich direkt neben mir sitzt.

Allerdings haben wir mittlerweile auch jeweils ein Büro in New York und Philadelphia, um die Arbeit mir den Künstlern vor Ort leichter koordinieren zu können und nicht jedes Mal selbst von London rüberfliegen zu müssen.”

BBE wäre nicht BBE, wenn Peter Adarkwah nach dem Ende der ”Beat Generation”-Reihe nicht schon den nächsten Coup auf Lager hätte. Abgesehen von der Veröffentlichung einzelner Rap-Alben von Baby Blak oder Freddie Foxxx hat er mit ”Lost & Found” in 2003 eine neue BBE-Sparte installiert, die es sich zum Ziel gemacht hat, der Öffentlichkeit bisher unveröffentlichte Master zugänglich zu machen. Gestartet wurde mit gleich zwei Pete-Rock-Alben aus den Mitt-90ern, darunter das hochkarätige ”Deda – The Original Baby Pa”.

Mit Blick auf seine eigenen musikalischen Wurzeln steht in dieser Reihe für Peter wohl auch sein bisheriger persönlicher Höhepunkt auf BBE an: Das Roy-Ayers-Album ”Virgin Ubiquity – Unreleased Recordings 1976 – 1981”. Wer die Scheibe hört, fragt sich unweigerlich, weshalb es bis heute gedauert hat.

HOUSE

BLEEPS MIT ATTITUDE / Ivan Smagghe, Blackstrobe TEXT

INFO

LUDWIG COENEN | LUDWIG@DE-BUG.DE

Ivan Smagghe presents Death Disco ist auf Eskimo erschienen.

Die Blackstrobes-Hälfte Ivan Smagghe erwischt zwischen Elektroclash und Elektro-Disco den Analog-Funk auf der richtigen Backe. Wir haben ihn durch die Nacht begleitet, immer der Fettspur seiner Haare hinterher.

Für bleepige Tracks mit 80er-Flavour und waviger Schlagseite steht Ivan Smagghe aus Frankreich. Nicht zuletzt seit seiner ”Kill the DJ”-Compilation auf Tigersushi, seinen Mixen für The Rapture oder Tiefschwarz und seinen Releases auf Trevor Jacksons Output Label.

Dabei reiht er sich mit seinen beiden Projekten Blackstrobe (mit Arno Robotny) und Volga Select (mit Marc Collins) angenehm reduziert dort ein, wo das sonst eher rotzige Koordinatensystem aus Elektroclash und Wave, Marke DFA oder The Rapture, noch Lücken lässt.

Die kickende Klarheit, die Ivan Smagghes Produkionen zwischen Synth-Pop-Appeal und bleepigem Wave innehaben, will allerdings irgendwie gar nicht zu der Person passen, die mir gerade im Backstage-Raum des Elan Clubs in Meiningen (Thüringen) gegenüber sitzt.

Denn während unten im Club der Tigersushi-Macher Joakim und Playhouse-Haudegen Heiko M/S/O vor einer johlenden Meute auflegen – der Finlandia ”Fresh Styles Approved”-Abend ist in vollem Gange – sitzt vor mir ein fahrig wirkender Ivan Smagghe und guckt müde durch die strähnige Jesus-Mähne. Ist das jetzt original 80er-Kokser-Coolness oder ist es einfach nur die Müdigkeit nach dem ganzen Elektroclash-Hype?

DEBUG: Was wird aus Blackstrobe, wenn der Hype vorbei ist?

IVAN: Für mich und viele der Leute, mit denen ich Musik mache, waren einfach die 80er-Jahre und ihr Sound die

frühesten musikalischen Erfahrungen, das prägt. Für uns ist das also keine Mode, sondern das, wo wir herkommen.

Also was ganz Natürliches.

DEBUG: Also gibt es keine Sorge vor der Zeit danach?

IVAN: Nicht wirklich. Wir sind zwar eine Weile auf dieser Welle gesurft, wenn sie vorbei ist, ist es aber auch okay.

Erstens gibt es einfach auch extrem viele langweilige Elektroclash-Platten und zweitens haben wir nie wirklich Elektroclash gemacht. Zwar pusht so ein Hype schon und beeinflusst so deine Arbeit, aber man versucht ja immer, cleverer zu sein und seinen eigenen Hype zu machen, nicht einem hinterherzulaufen.

DEBUG: Aber den Sound magst du schon?

IVAN: Das Gute daran ist die Energie, die Einfachheit und die Attitude. Mehr als das pure House-Ding, etwas Rock’n’Roll, würde ich sagen.

DEBUG: Nach dem Remix für The Rapture, kriegst du da noch Feedback aus den USA? IVAN: USA? Da geht doch zurzeit gar nichts mehr!

DEBUG: Vielleicht von den DFA-Jungs?

IVAN: DFA ist New York und New York ist nicht Amerika!

New York ist New York! Aber selbst New York ist tot, viele Clubs sind zu, du kannst in Bars nicht tanzen!

DEBUG: Also ist es doch wie der Rest von Amerika?

IVAN: Na ja, aber das ist vielleicht der Grund, warum da mehr Rock-Sachen kommen, weil einfach in Richtung klassischer Club-Sachen dort nicht viel passiert. The Rapture mag ich gerne. Rock, daher komme ich halt auch ...

TEXT

RENKO HEUER | RENKOHEUER@WEB.DE

HIPHOP-BAND MIT DFA-PRODUKTION AUTOMATO Kleingeld raus aus den Taschen und rein in die Maschine. Würde beim unerwarteten Pogo sowieso aus der Hose fallen. Analoge Blinklichter gehen an, hopsen säulenförmig auf und ab: Automato ist eine sechsköpfige Maschine aus New York. Außen glatt, im feingeschliffenen Gewinde mit Dreck aus New Yorks Straßen geschmiert und tief im Inneren sehnig, denn sie wird mit Muskelkraft betrieben. Die Rede ist dabei nicht von glänzenden 50-Cent-Muskeloberarmen, sondern von handgemachtem HipHop. Und, was viel wichtiger ist, von einer Band(!), einer Einheit, und eben keiner im HipHop eher üblichen ”Crew”.

Im Automaten wird geschwitzt, gejammt und improvisiert. Stilbruch mit Stil und ohne Puristenkonzept lautet die schweißgetränkte Formel: ”Normalerweise haben weiße Rapper eine Neigung dazu, etwas Bescheuertes zu machen und den Verrückten zu mimen.

Wir sind weiß, und wir sind vielleicht auch ein bisschen bescheuert, aber eigentlich versuchen wir bloß, etwas zu erschaffen, das gut klingt. Die Beastie Boys haben das genauso gemacht.”

Während die Beasties noch mit der im HipHop fast unumgänglichen Alias-Maskerade operierten, kommen Automato – weil ja wie gesagt eine Band – ohne so etwas aus: ”Wäre ich in einer richtigen HipHopGruppe gelandet, hätte ich wahrscheinlich schon ein Alias. Wahrscheinlich wäre ich dann einer von unzähligen Battle-MCs geworden, mit durchschnittlichen Tracks und einem nachgemachten, langweiligen Company Flow/Juggaknots-Album. Dazu kommt, dass es nun einmal für die Band nicht wirklich Sinn macht, und ich will keine Abgrenzungen zwischen mir und dem Rest der Band kreieren.”

Die Band, von der Abstrakt-Frontrapper Jesse Levine spricht, sind Alex Frankel, Ben Fries, Nick Millhiser, Andrew Raposo und Morgan Wiley. Sie müssen sich mit ihren Gitarren, Bässen, Moogs, Keyboards, Mikrofonen (für den Refrain) und dem Schlagzeug stellenweise zurückhalten, um den trockenen BandRap-Funk nicht überladen wirken zu lassen. Als Sahnetüpfelchen haben die beiden platinbeschwerten Hitmacher Tim Goldsworthy und James Murphy von DFA Automatos wohldosierte Soundeskapaden zu einem nach der Quersumme von Cannibal Ox, Sole, Al Green, Wu-Tang, André 3000, Coltrane und den Talking Heads klingenden Ganzen verwoben: ”Wenn man berücksichtigt, wie schwierig es war, überhaupt jemanden zu finden, der unseren Sound versteht, kann ich mir nicht vorstellen, dass wir nicht auch in Zukunft mit ihnen arbeiten werden. Wie dem auch sei, die Platte wurde vor dem ganzen DFA-Hype aufgenommen, und jetzt bleibt uns nur zu hoffen, dass wir es uns in Zukunft leisten können, von ihnen produziert zu werden. Die beiden sind zwei der wenigen (wenn nicht die EINZIGEN) Leute in NYC, die den Hype wirklich verdienen. Sie sind wirklich genauso talentiert, wie es von den beschissensten Magazinen behauptet wird. Ich kann mir leider kaum vorstellen, dass es in Zukunft leicht sein wird, sie für sechs Monate zu bekommen.” Wenn genügend Kleingeld eingeschmissen wird, sollte aber auch das klappen.

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CHARLIE AHEARN

DEBUG: Aber in deinen Produktionen reduzierst du den Rock-Faktor dann eher und setzt auf scharf gecuttete Synthiebleeps?

IVAN: Ich arbeite gerade an einem neuen Blackstrobe-Album, und das wird auf jeden Fall rockiger werden, wenn auch in elektronischer Hinsicht. In der Art, dass es Songs werden, nicht Tracks. Zumindest wenn Vocals dabei sind.

Also wenn Vocals, dann gleich einen richtigen VocalSong, keinen Track mit Vocal-Gimmicks obendrauf ...

DEBUG: Du legst soviel auf wie nie zuvor, stört das die Arbeit als Produzent oder ist das eher eine Bereicherung?

IVAN: Disziplin! Am Wochenende auflegen, unter der Woche ins Studio. Alles andere führt zu gar nix und ich würde die ganze Woche nur rumhängen und mich vom Wochenende erholen. Das Auflegen ist zwar für das Produzieren nicht unbedingt essentiell, aber für mich!

Und auf einmal scheint jegliche Müdigkeit verflogen, später hinter den Decks wird er zusammen mit Joakim und Heiko M/S/O solide rocken, ohne Gimmicks, dafür mit Attitude. Wir sind ja auch in Meiningen und nicht in New York.

INFO ”Automato, s/t, ist bei Capitol/Labels erschienen

www.automato.net

MUSIKWIRTSCHAFT <24> - DE:BUG.81 - 04.2004

Im Lagerhaus von EFA machen Gerichtsvollzieher alles klar.

EFA-Labels dürfen sich über Retouren freuen.

DER SCHWARZE FREITAG DER PHONO-INDUSTRIE / EFA ist pleite TEXT

JAN OLE JÖHNK | JANOLE@LEBENSASPEKTE.DE

Deutschland hatte einen führenden unabhängigen Schallplattenvertrieb, die EFA. Das war mal. Die Zweit- und Drittauswirkungen, die das für Indie-Label - auch solchen von beachtlicher Größe - haben wird, sind gar nicht dramatisch genug zu bewerten. Wir rollen den Vorhang auf.

Am 1. März 2004 hat der Vertrieb so namhafter Labels wie Force Inc., Tresor und Gigolo, die EFA Medien GmbH, Insolvenzantrag gestellt, da nicht mal mehr die Löhne für Februar gezahlt werden konnten. Mit dem Ende dieses seit über 20 Jahren aktiven Vertriebes, des größten unabhängigen in Deutschland, der für elektronische Musik von zentraler Bedeutung war, stellt sich die Frage, ob Musik heute noch in der klassischen Kette Künstler-Label-Vertrieb-Plattenladen zum Käufer kommt. Löst sich diese Struktur langsam auf und wird durch das Internet als Hauptumschlagplatz für Musik ersetzt?

Musik wird natürlich auch im Jahre 2004 noch gekauft und nicht nur heruntergeladen oder gebrannt. Aber Musik steht in Konkurrenz zu Spielkonsolen mit ihren Spielen, DVDs, Mobiltelefonen oder dem Internet als scheinbar grenzenlosem Spielplatz des Entertainment.

Die CD eines Freundes ist im Handumdrehen gebrannt oder bestimmte Tracks finden sich in Sekundenschnelle im Netz – kostenlos. Die Handyrechnung oder der tolle neue Sportschuh von Nike lassen sich nicht so günstig ent- oder besorgen. Dazu kommt noch, dass die CD ihr irgendwie trashiges Plastikimage nie ablegen konnte und vor allem die großen Plattenfirmen, die Majors, große Mengen One-Hit-Wonder und gecastete Star-Klone mit riesigem Marketing-Aufwand in die Läden drückten. Ein Umfeld, in dem ein Cylob-Album z.B. immer öfter deplaziert wirkte.

Mittlerweile hat die Krise der Musikindustrie auch die kleinen Labels und ihre Künstler erreicht. Wer jetzt aber denkt, dass man einfach die ”bösen” Schwarzbrenner und die ”noch böseren” Nutzer nicht-legaler Tauschbörsen für diese krisenhafte Entwicklung verantwortlich machen kann, der argumentiert unzulässig monokausal. Dennoch muss die Insolvenz von EFA, des größten unabhängigen deutschen Tonträgervertriebs, wie ein dramatisches Warnsignal wirken.

Tonträgervertrieb, was soll das denn sein, denkt ihr

jetzt sicher, was macht denn der? Das ist eine Firma, die Vinyle und CDs der Labels, die oft nur ein kleines Büro haben und nicht deutschlandweit präsent sein können, an die Plattenläden ausliefert. Denn nur im Netz präsentieren, um dann von den Läden oder den Konsumenten bestellt zu werden, funktioniert auch im Zeitalter der Digitalisierung nicht.

Im konkreten Fall der EFA führten neben den rückläufigen Verkaufszahlen ganz offensichtlich Missmanagement und unternehmerische Fehlentscheidungen in die Insolvenz. Verhängnisvoll wirkte sich vor allem eine starke (freiwillige!) Abhängigkeit von CDs und den großen Ketten wie Mediamarkt-Saturn, Makromarkt oder den Müller Drogeriemärkten aus. EFA machte im letzten Jahr zwischen 23% und 25% seines Umsatzes allein mit der Mediamarkt-Saturn-Gruppe, obwohl diese Kette nur einen Marktanteil von 20% am deutschen Tonträgerhandel hat. Jeder weiß, dass große Elektronikmärkte eher Charts-Musik verkaufen als Nischenmusik. Dass diese Ketten auch noch ruinöse Preise diktieren und Rabatte erzwingen, mag vielleicht ein großes Ordervolumen generieren, aber der Gewinn pro Tonträger schrumpft – und wird dann sogar zum Verlust, wenn später viele Tonträger als unverkäuflich retourniert werden.

ALLEIN SIND WIR STARK? VON WEGEN ...

Gleichzeitig fühlten sich die kleinen spezialisierten Plattenläden, die traditionell unabhängige Musik verkaufen und auch fördern, durch die besseren Konditionen für die Großen benachteiligt, für Vinyl wichen sie oft aus auf andere Vertriebe, die einfach schneller und gefilterter lieferten. EFA versuchte vor etwa anderthalb Jahren mit seinem ”Indiepool” auch die kleineren Läden wieder stärker zu berücksichtigen. Den Ruf, mehr an den Ketten interessiert zu sein, wurde man aber nicht mehr los. Andere Vertriebe haben da ein flexibleres Modell. In der Kooperation von Hausmusik und Indigo etwa kümmern sich die Münchner um das Vinyl, während die Hamburger vor allem CDs

vertreiben. Beide Seiten können die Kontakte des anderen nutzen und immer den jeweils besten für einen Release aussuchen. Alive und A-Musik scheinen dieses Konzept gerade zu übernehmen. EFA hingegen versuchte große und kleine Läden zu bedienen, stieß damit letztere vor den Kopf und musste zuletzt mit ansehen, dass die Ketten unabhängige Musik nach und nach aus dem Programm streichen, weil sie nicht genug Umsatz macht. Karstadt ist sogar so radikal, bis Juni alle WOM-Filialen zu schließen, um nur noch in den eigenen Kaufhäusern Charts-CDs zu verkaufen.

DU WILLST ERFOLG? DANN INVESTIERE! Mit den – scheinbaren – Erfolgen in den Ketten und dem Boom der elektronischen Dancemusic expandierte EFA und versuchte, gleichzeitig mit Labels wie e:motion (für Dance und sonstige elektronische Musik), 3 Finger (vor allem Oriental-HipHop sollte hier releast werden), Clearspot (für Gitarrenmusik im weitesten Sinne) und ESC (für Jazz) auch eigenes Repertoire zu schaffen und sich damit unabhängiger vom Vertriebsgeschäft zu machen. Aber frei nach dem Motto ”Wer Erfolg haben will, muss investieren”, wurde etwas zu üppig Plattenfirma gespielt. Immer wieder hörte man, dass bei Clearspot wie bei Majors mit Vorschüs-

bels wurden nicht mehr pünktlich bezahlt und das auf eine Art, die wenig Vertrauen schaffte. Da halfen auch überstürzte Notmaßnahmen wie schrittweiser Personalabbau wenig, denn wirkliche strukturelle Veränderungen, wie die Zusammenführung der gesamten Firma an einem Ort, wurde nicht umgesetzt.

Was die Inolvenz nun für die Labels bedeutet, bleibt abzuwarten. Mit ~scape, Kitty Yo, Basic Channel (und seinen Sublabels), ESL, Sub Rosa/Quatermass und jüngst Disko B hatten in den letzten Monaten schon zahlreiche Labels das sinkende Schiff verlassen und sich in vermeintliche Sicherheit begeben. Da deren VertriebsDeals aber noch nicht unbedingt abgewickelt sein müssen, kann es durchaus noch Außenstände geben oder Plattenbestände im EFA-Lager. Dann müssen auch sie sich in die lange Schlange der Gläubiger einreihen. Bei manchen Labeln wie z.B. Force Inc. spricht man von sechsstelligen Außenständen. Und auch bei Tresor und Gigolo, zwei weiteren der größten Label, die bis zuletzt EFA die Treue gehalten haben, dürfte es ähnlich aussehen. Tresor ist zwar schon bei Neuton mit seinem Vinyl untergekommen und Hells Label macht wie manch andere Ex-EFA Label jetzt auch den Dreisprung mit Rough Trade (vor allem CDs), Neuton (Vinyl) und dem neuen Export Mutual Distribution & More (MDM). Auch

EFA wollte Major sein, blieb aber immer Indie.

Das Resultat: die Pleite. sen und Marketingbudgets jongliert wurde. Im letzten Jahr wurde hier die Notbremse gezogen. Fraglich auch, ob die horrenden Vorschüsse für die doch etwas abgehalfterte Funk-Legende Maceo Parker mit den Plattenverkäufen von ESC erwirtschaftet werden konnten.

Man munkelt von Retouren-Quoten, die über 80% liegen. Das bedeutet, das von 10.000 ausgelieferten CDs mindestens 8.000 von den Läden zurückgeschickt wurden – wofür sie ihr Geld zurückbekommen! Folgerichtig wurde auch ESC dichtgemacht. Auch 3 Finger musste wegen Erfolglosigkeit eingestellt werden und dem Label Overstolz, das deutschen HipHop von Köln aus veröffentlichte, und an dem sich EFA massiv beteiligt hatte, gab man im letzten Jahr den Gnadenschuss.

nicht-deutsche Labels sind betroffen. Die Cristian-Vogel-Posse No Future etwa war mit Labels wie Mosquito, Rise Robots Rise oder Sativae im Vertrieb der EFA. Für sie waren in der Vergangenheit schon große und vor allem sehr verzögerte Retouren ein großes Problem. Rephlex, Toytronic, Planet µ suchen schon seit der letzten Midem nach einem neuen Vertrieb. Die Pleite von EFA war mit Sicherheit schon länger vorauszusehen, Klagen wegen verschleppter Insolvenz sind auch schon im Gespräch, aber so bedauerlich das Ende von EFA für die Künstler, die Labels und nicht zuletzt für ihre Musik ist, es wird weiterhin Vertriebe geben, die Platten und CDs in die Läden stellen. Ihr müsst sie nur kaufen wollen.

Dass es bei EFA kriselte, hört man seit langem. Die La-

IS UMSONST - ZUGREIFEN!

VERLOSUNG / Volle Life-Style Packung

WIN! WIN! WIN! FINLANDIA T-SHIRT-KOLLEKTION

Wie ist es im hohen Norden? Kalt! Nackig losziehen geht also nicht, außer zum Eisbaden, und das muss ja nicht sein. Finlandia, der nordische Vodka unseres (und Pat Batemans) Vertrauens, schenkt zur Flüssignahrung nun auch angemessene Kleidung aus. Die TShirt–Kollektion von Hussein-Chalayan-Assistentin Rebecca Zehr wärmt den fröstelnden Körper für Jungs in anthrazit, für Ladies in weiß. Schick Stichwort: ”Arme hoch und Ärmel ab!”, für Male- oder Female-Cut entscheiden und drauf freuen, dass es bald nicht mehr kalt sein wird. Je 2x Male- und Female-Cut.

DAS BUCH ”BERLINER STYLE”

Volle Packung hippste Nachlese: ”Berliner Style” ist so schick, dass man ihn sich immer wieder ansehen muss.

Drin sind Grafik, Design, Mode, Kunst, Comic und all die tausend Sachen, die im Berliner High-Output-Betrieb so schnell in den Himmel schießen, dass sie sich gar nicht mehr rubrizieren lassen ... Style-FetischistInnen notieren: ”Welch´ Glanz in meinen Händen!” – und schicken Post zur Queen of Zeitschriftendesign an die Redaktionsadresse.

AIR LIQUIDE RELEASE PARTY + ÜBERNACHTUNG

Du willst mal den kompletten Rock'n'Roll-Zirkus mit freiem Geleit zur fettesten Release-Party der Saison, Gratis-Hotelzimmer mit Verwüstungs-Versicherung und vier Tagen Breitgrins-Garantie?

Air Liquide lädt zum Release ihres oldschooligen RaveHouse-Albums mit viel Piano, unschlagbarem Spezialhumor und Christopher Just ins Kölner Kunstwerk, weitergestiefelt wird zur Afterhour ins Camouflage und der Becher bis zur Neige geleert im Artisthotel Monte Christo, dort, wo alle Art von Partyanimals umsorgt werden.

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Kein Rechtsweg

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NEUES EU-PATENTRECHT

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MODE: LITTLE RED RIDING HOOD

Programmierer Jan Uhlenbrok bleibt Idealist

Waffen der Marktkontrolle

Catwalk von Kölle nach Berlin

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MODE GLOBAL: AMERICAN APPAREL T-Shirts – ungebranded, fair genäht

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KINO: CONTROL ROOM

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MODE: LEPTOFANT

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KUNST: JOHANNES WOHNSEIFER

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KINO: ELEPHANT

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KUNST 2007: DOCUMENTA 12

Endlich wieder Vorbilder haben

Gus von Sant spielt (Bowling for) Columbine

Doku über die Medien während des Irakkriegs

Autocrashs, Hondabeats und Braunmusik

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GOTO

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ABO

Ruckzuck-Infos mit allem, was dazu gehört

Lest mehr Zeitung

Interview mit dem Leiter Roger M. Buergel

USA / DEMOKRATIE

John Kerry, hier mit Gitarre.

INFO Howard Dean: www.blogforamerica.com Change for America: www.changeforamerica.com Clay Shirky: www.shirky.com Lessig interviewt Trippi für De:Bug: tinyurl.com/35llw George W. Bushs Blog: www.georgewbush.com/blog

E-DEMOKRATIE 2004 MIT BLOGS GEGEN BUSH? TEXT

JANKO ROETTGERS | ROETTGERS@LOWPASS.DE

Im November wird in den USA der nächste Präsident gewählt. Noch ungekürter aber bereits faktischer Kandidat der Demokraten ist John F. Kerry, langjähriger Senator und Ehemann der millionenschweren Ketchup-Erbin Teresa Heinz.

Kerry gewann gegen den Netz-Kandidaten Howard Dean. Janko Roettgers erklärt, welche Diskussionen das in der Weblog-Gemeinde ausgelöst hat und welche Zukunft die Dean-Blogger haben.

Eigentlich hätte alles so schön werden können: Howard Dean war lange Zeit der Wunschkandidat vieler USamerikanischer Weblogger. Er hatte sich als erster gegen den Irak-Krieg ausgesprochen, als seine eigene Partei Bush noch ganz patriotisch den Rücken stärkte. Er war mittels eines Weblogs und der Netz-Plattform Meetup.com vom unbedeutenden Außenseiter zum Star des Wahlkampfes aufgestiegen. Dean hatte mehr als 600.000 Unterstützer auf seiner E-Mail-Liste. Und er hatte es nicht zuletzt auch geschafft, den für US-Wahlkämpfe so essentiellen Prozess des Spendensammelns umzukrempeln. Anstatt auf einflussreiche Geldgeber aus der Wirtschaft zu setzen, vertraute Dean auf zahllose über das Internet gewonnene Kleinstspender. Fast 300.000 Menschen unterstützten seine Kampagne finanziell und machten ihn damit zum best-finanzierten Kandidaten der Demokraten.

Als dann die ersten Bundesstaaten über ihren Wunschkandidaten abstimmten, musste Dean jedoch herbe Niederlagen einstecken. Die vorher so selbstsichere Kampagne war von den drastischen Verlusten völlig überrascht. Dean feuerte zuerst seinen Wahlkampfleiter Joe Trippi, der für Dean das Netz entdeckt hatte.

Doch alle Versuche, Dean durch Imagewechsel und straffere Organisation zu retten, scheiterten. Am Ende gab er auf, ohne auch nur einen einzigen Bundesstaat für sich gewonnen zu haben.

Schon bevor Dean offiziell aus dem Rennen ausschied, begann im Netz die Suche nach den Schuldigen. Viele eingefleischte Dean-Anhänger glaubten sich von den Medien verraten. Doch in der Weblog-Szene übte man sich lieber in Selbstkritik. So mutmaßte der angesehene Netz-Autor Clay Shirky, Dean sei ein Opfer seiner selbst gewählten Waffen geworden. Schuld an Deans Misserfolg seien eben gerade jene Komponenten sozialer Software, deren Einsatz man für so revolutionär gehalten habe – die zahllosen offiziellen und inoffiziellen Dean-Weblogs, Deans Friendster.com-Kopie Deanlink

und auch die Webforen mit ihren ausufernden Diskussionen. Mit ihnen habe Dean eben nicht Tools zum Überzeugen der Wähler, sondern zum Plausch unter Gleichgesinnten geschaffen. Gleichzeitig habe das Netz Deans Anhängern Stärke vorgetäuscht, indem es die Schwellen zur Partizipation gesenkt habe, so Shirky. Ein paar Weblog-Postings oder eine Online-Spende lassen sich eben schnell mal beisteuern. Doch der Kandidat mit dem meisten Blogeinträgen hat nicht zwangsläufig auch die meisten Wähler.

DEAN & DIE NETZGEMEINDE Shirkys Kritik der E-Demokratie als folgenlose Selbstbezüglichkeit kam an – nicht zuletzt bei den klassischen Medien, die dem Phänomen bald den Namen "Echo Chamber" gaben. Im Netz sorgte dies wiederum für Ungemach. Man wollte sich nicht auf Hall und Rauch reduziert wissen, erst recht nicht von der ja in Selbstreferenz nicht ganz unerfahrenen Medienwelt. "Wer einen echten Hallraum sehen will, sollte einfach in die Tageszeitung schauen", erklärte Weblogger und Linux Journal-Redakteur Doc Searls dazu jüngst auf der Emerging Technologies Conference des O'Reilly-Verlags. Searls leitete dort eine Diskussion zum Thema "Politische Weblogs" und sah keinen Grund dazu, diese als Wahlkampfmittel zu verdammen. Man müsse nur die Grenzen ihrer Möglichkeiten erkennen: "Politische Blogs dienen nicht der Information. Sie sind Mittel zur Formierung von Gruppen", so Searls. Doch warum funktionierte dies dann für Dean nicht? Vielleicht hatte eine Zuhörerin der Veranstaltung das Problem am besten erfasst, als sie erklärte: "Viele Leute mochten die Kampagne – doch sie mochten Dean einfach nicht."

Im Dean-Camp hofft man dann doch darauf, dass Shirky recht hat. Der hatte nämlich auch vermutet, Dean habe mit seinen Online-Tools aus Versehen eine Bewegung an Stelle einer Kampagne geschaffen. Eine Bewegung ist es denn auch, die Dean und seine ehemaligen Mitstrei-

ter jetzt aus den Ruinen seines gescheiterten Wahlkampfes hervorgehen lassen wollen. Ganz dumm ist der Gedanke nicht: Deans Anhänger haben es zwar nicht geschafft, ihrem Kandidaten zum Sieg zu verhelfen. Doch sie haben bewiesen, dass sie Geld einbringen, Schlagzeilen machen und Neulinge für Politik begeistern können. All das brauchen die Demokraten, um im Herbst gegen Bush gewinnen zu können. Dean will deshalb Ende März die Gründung einer neuen Organisation verkünden. Aus "Dean for America" soll dann "Democracy, Freedom & Action" werden, heißt es vorab.

BUSH MUSS WEG Ohne Dean, aber mit ähnlichen Zielen will sein ehemaliger Wahlkampfmanager Joe Trippi weitermachen, dessen Gespräch mit Lawrence Lessig wir übrigens in der De:Bug 75 veröffentlichten. Als Deans Kampagne auch

Deans neuer Truppe unterscheiden wird. Zwar betonen beide, sich gegenseitig ergänzen und keinesfalls Konkurrenz machen zu wollen. Doch unter einigen eingefleischten Dean-Anhängern macht sich bereits Misstrauen breit. Andere fühlen sich bei Trippi besser aufgehoben, da sie mehr sein wollen als nur die Cash Cow der Demokraten. Gut möglich, dass sich zumindest eine der beiden Gruppen ein Beispiel an MoveOn.org nehmen wird: Die vor rund sechs Jahren von DotcomVeteranen gegründete Gruppe organisiert ihre zwei Millionen Unterstützer ausschließlich übers Netz. Auch MoveOn.org arbeitet mit einem über Spenden aus dem Netz finanzierten Voter Fund daran, Bush aus dem Weißen Haus zu vertreiben. Insgesamt 15 Millionen USDollar will die Organisation für Anti-Bush-Werbespots ausgeben.

Bush selbst will dagegen bis zu 200 Millionen US-Dollar

Hatte der gescheiterte Präsidentschaftskandidat Dean mit seinem Weblog eben kein Tool zum Überzeugen der Wähler, sondern zum Plausch unter Gleichgesinnten geschaffen?

Und was heißt das für die viel beschworenen Blogs? finanziell am Ende war, gab Trippi dem Web-Team des Kandidaten kurzerhand neue Jobs. Mit einem harten Kern von rund 40 ehemaligen Kampagnen-Mitarbeitern will er die Gruppe "Change for America" aus dem Boden stampfen. Change for America will Themen innerhalb der demokratischen Partei setzen und progressiven Kandidaten mit Online-Tools zur Seite stehen. Ach ja, und Bush loswerden wollen sie natürlich auch.

Noch ist nicht ganz klar, was "Change for America" von

in seine Wiederwahl investieren – und setzt dafür selbst mittlerweile kräftig aufs Netz. So besitzt seine Website RSS-Feeds und ein eigenes Weblog. Dieses kommt aus Angst vor öffentlichen Schmähungen zwar ganz ohne Kommentarfunktion aus, macht aber dennoch kräftig Anleihen bei der auch im Dean-Lager so beliebten Graswurzel-Rhetorik. Wer letztendlich die besseren Echoboxen sein eigen nennt, wird sich wohl erst im Herbst zeigen.

<25> - DE:BUG.81 - 04.2004

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QUELLCODE GALORE <26> - DE:BUG.81 - 04.2004

WEBSITES BAUEN FÜR LAU / Jan Uhlenbroks Editor ”Scribe!”

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MORITZ SAUER | ACOUSTIC_JUNKIE@WEB.DE

Immer wieder stolpert man über tolle, komplexe Software wie den Freeware-HTMLEditor Scribe! Nonchalant liegt der im Netz oder auch Webpage-Handbüchern bei.

Aber: Wer programmiert das eigentlich? Und warum, wie und weshalb machen die das - umsonst?

0Erst einmal, es sind keine "die", sondern lediglich ein "er", der diesem funktionalen Editor mit allem PiPaPo Leben eingehaucht hat. Angefangen hat Jan Uhlenbrok sein Scribe!-Projekt mit 17, mittlerweile ist er 22, steckt in einer Ausbildung als ”Fachinformatiker Anwendungsentwicklung” und hat nach dem Abi seinen Zivi in einer Therapieeinrichtung für Junkies gemacht.

Jan ist der Beweis, dass Computer-Freaks so gar nicht mehr in das bebrillte Glasbaustein-Image passen wollen. In der Freizeit versucht er sich an den '77er PunkKonventionen, ist nicht wirklich gut, wie er meint, aber sozial kommt man da um so einiges weiter als isoliert hinter dem Bildschirm. Er nennt es einen "super Ausgleich zum doofen Programmieren". Denn eine Stromgitarre sorgt für mehr Sex-Appeal als eine graue Tastatur.

Aber wie war das denn nun mit Scribe!, wieso ist das so umfangreich und wie codet man so etwas ganz alleine und warum?

JAN UHLENBROK: Die Idee, einen wirklich anfängerfreundlichen HTML-Editor zu programmieren, kam mir irgendwie so mit verpickelten 17 Jahren. Ich hatte vorher schon ein bisschen herumprogrammiert, größtenteils mit Profan 6.0, quasi einer Windows-Version von Basic. Irgendwann bin ich für wenig Geld an den C++ Builder 3 gekommen, welcher natürlich viel cooler und professioneller war als der vorherige Kram.

war, und Scribe! der erste Editor war, der das Ganze unterstützte, konnte ich ein paar Kontakte knüpfen. Letztlich hat natürlich niemand einen fast 18jährigen Schüler ernst genommen, aber mir und meiner Naivität gab das Antrieb, weiterzumachen.

Danach habe ich erst mal mein Abitur gemacht und hatte währenddessen selbstverständlich nicht so viel Zeit, an Scribe! weiterzubasteln. Die ganzen Abi-Feten waren ziemlich anstrengend und gelernt werden musste ja auch noch.

Zu Beginn meiner Kriegsdienstverweigerer-Zeit habe ich beschlossen, Scribe! von Grund auf neu zu programmieren. Scribe! 1.x bestand immer noch zu großen Teilen aus meinen ersten Gehversuchen mit C++ und war deswegen code-mäßig total versaut. Auch in Hinblick auf eine bevorstehende Bewerbung um einen Ausbildungsplatz, wo sich eine Referenz wie Scribe! sicher ganz gut machen würde, sollte der Editor einfach gekonnter aussehen.

Scribe! 2 (Untertitel "Generation X") wurde nach einer kurzen Beta-Phase am 22.2.2002 veröffentlicht und hat seitdem mehrere Menschen glücklich gemacht. In den ersten Wochen besuchten www.scribe.de mehr als 1500 Leute pro Tag. Bis heute wurden die unterschiedlichen Versionen insgesamt über 100.000 Mal heruntergeladen. Ich kann also ganz zufrieden mit meiner Arbeit sein. Und aufgrund der kompletten XHTML-Unter-stützung ist Scribe! vielen Editoren immer noch voraus.

alles besser machen zu wollen, enorm viel Zeit und keine Freundin. Mein Rat an alle jungen Menschen, die auch mal Programmierer und ein wenig bekannt werden wollen: Lasst den ganzen Scheiß. Verschwendet eure Jugend nicht.

DEBUG: Wie kam es zu der Entscheidung, dass Programm als Freeware zu veröffentlichen?

JAN UHLENBROK: Freeware findet einen viel höheren Verbreitungsgrad als kommerzielle Software. Und da ich als Schüler eigentlich mehr die Bekanntheit als die kommerzielle Seite im Sinn hatte, fiel mir die Entscheidung nicht besonders schwer. Zudem war das Problem: Es existierte schon ein ziemlich populärer Umsonst-HTML-Editor. Dagegen mit einem vielleicht besseren, aber kostenpflichtigen Programm anzukommen, hätte eh' nicht geklappt. Ich selber benutze ja auch lieber Freeware, selbst wenn sie Macken hat, schlecht dokumentiert oder sonst was ist. Zumal professionelle Programme heutzutage genauso fehlerbehaftet auf den Markt gebracht werden wie manche Freeware. Und damit meine ich nicht nur Microsoft-Produkte.

Bei der Entwicklung von Scribe! 2 (besser, schneller, bunter) habe ich zugegebenermaßen kurz mit dem Gedanken gespielt, die Benutzer nett ausgedrückt an den Entwicklungs-Kosten zu beteiligen. Also irgendein Finanzierungsmodell wie Shareware oder kostenpflichtiger Support. Ich hätte vielleicht auch Scribe!-Mitgliedsausweise wie damals für den Knax-Klub verkauft. Aber schlussendlich würde das die bisherigen Benutzer verschrecken und neue gar nicht erst ins Kollektiv holen. Einmal Freeware, immer Freeware. So schnell kommt man da nicht raus.

DEBUG: Was hältst Du selbst von Open-Source, Freeware und Shareware?

INFO Scribe! ist ein Quelltext-basierter Web-Editor für Windows, der es ermöglicht, schnell und einfach anspruchsvolle Internet-Seiten zu erstellen. Scribe! ist ebenso für Anfänger geeignet, die (X)HTML erlernen wollen, als auch für Profis, die sich die Arbeit erleichtern und trotzdem die volle Kontrolle über den Quelltext behalten möchten.

Freeware HTML-Editor: www.scribe.de

Ich habe dann ungefähr vier Wochen gebraucht, um mir den Namen "Scribe!" auszudenken. Zwei Jahre später habe ich in einem Wörterbuch während einer Englisch-Klausur durch Zufall entdeckt, dass scribe wirklich eine Bedeutung hat. Glücklicherweise passt die Übersetzung sogar einigermaßen.

Scribe! 1.0 wurde nach einem Jahr Entwicklungszeit und immer noch geringer C++-Erfahrung irgendwann um Weihnachten 2000 der Öffentlichkeit vorgestellt. Danach erschienen regelmäßig Updates und langsam, ganz langsam wurde das Programm bekannter.

Durch eine fast unglaubliche Fügung des Schicksals hatte ich durch ein Schul-Projekt auf der CeBIT 2000 die Möglichkeit, für Scribe! 1.1 im Rahmen der Präsentation unserer neuen Schul-Homepage Werbung zu machen. Da WML (kennt das noch jemand?) damals groß im Gespräch

Seit Beginn meiner Ausbildung als Fachinformatiker im Sommer 2002 ist mein Engagement im Bereich Scribe! allerdings stark zurückgegangen und das letzte Update ist mittlerweile 1 Jahr her. Ich weiß jetzt nicht, ob ich mich dafür bei den Benutzern entschuldigen muss. Muss ich? Es ist nun mal sehr schwierig, als Beruf und Hobby das Gleiche zu tun.

Seit geraumer Zeit liege ich nachts oft wach und überlege, ob ich Scribe! als Open-Source-Projekt zur Verfügung stellen sollte. Ich selbst bin davon nicht allzu begeistert, da ich Scribe! 2 bereits für einen ausgereiften Editor halte und somit auch nicht mehr viel programmiert werden müsste.

Andererseits bedeutet Stillstand ja Tod. Und Scribe! ist noch zu jung zum Sterben. Mal sehen.

Zusammenfassend gibt es also drei Dinge, die man für ein Projekt in dieser Größenordnung benötigt: Den Gedanken,

Zumindest einer der Gründe, warum gerade ein Produktbereich wie Software ins Kostenlose abrutscht, ist ja klar: Software ist nichts, was man in der Hand halten oder an die Wand werfen kann. Und man hat sich mittlerweile daran gewöhnt, dass vieles, was irgendwie mit dem Internet zu tun hat, kostenlos ist. Heutzutage ist sogar das Beschaffen illegaler Software umsonst. Wenn man sich früher ein Spiel gebrannt hat, dann hat der Rohling wenigstens noch fünf Mark gekostet.

Natürlich plädiere ich nicht dafür, für alles Geld zu verlangen. Wichtige Informationen müssen weiterhin für jeden zugänglich sein. Aber ein bisschen den Wirtschaftskreislauf zu stärken sollte schon drin sein.

Den einzig richtigen Weg sehe ich in der Unterscheidung zwischen privater und kommerzieller Anwendung: Wenn das Programm eingesetzt wird, um Geld damit zu verdienen, dann sollte auch der Programmierer etwas davon abbekommen. Und weshalb man Scribe! immer noch trotz all dem herunterladen kann? Einmal Freeware ...

DEBUG: Welche Erfahrungen verbindest Du mit Deinem Projekt? Und wie gehen die User von Scribe! mit Dir um?

JAN UHLENBROK: Lustige oder eher traurige Mails und Forums-Beiträge könnte ich hier wirklich zu Dutzenden posten (Siehe Servicepoint, Anm. der Red.).

Die richtig fiesen Dinger kommen immer per Mail. Scheinbar wissen die Absender sehr genau, wie es um ihre Ausdrucksfähigkeit und Rechtschreibung steht und das könnte in einem öffentlichen Forum ja peinlich werden. Irgendwie wird sich ebenfalls keine Mühe mehr gemacht, ein Thema oder Problem ausführlich zu beschreiben oder wenigstens etwas auf gängige Satzstellung zu achten. Das kann doch im echten Leben auch nicht funktionieren -

Zusammenfassend gibt es 3 Dinge, die man fürs Programmieren benötigt: den Gedanken, alles besser machen zu wollen, enorm viel Zeit und keine Beziehung.

Forums-Beitrag: www.scribe.de/forum/viewtopic.php?t=34 Jans Band: www.abgefuckt.de

JAN UHLENBROK: Als Erstes muss ich etwas unterscheiden: Es gibt Programme, die mit Recht umsonst sind. Für den "Bildschirmhintergrundwechsler 2.0" wäre niemand bereit, etwas zu bezahlen. Aber ein komplettes Officeoder Browser-Paket? Also bitte. Die Entwicklungskosten können doch nie wieder reingeholt werden. Die Firma wird dann von einer größeren aufgekauft, die Programmierer noch einige Zeit mit Geld versorgt und dann entlassen. Positiv an solch großen Freeware-Projekten ist allerdings, dass man damit ein bisschen an bestehenden Monopolen rütteln kann.

Trotzdem darf es nicht sein, dass ein Produkt, in das Mengen an Zeit, Geld und Intelligenz gesteckt wurden, frei verfügbar ist. Das widerspricht eigentlich der Idee, die ich im bei uns vorherrschenden Kapitalismus ganz nebenbei festgestellt habe.

Mitdenken, bitte!

Und dann werden auch noch solche Fragen gestellt, die in der wirklich umfangreichen Hilfe beantwortet werden oder sogar im Forum. Aber nein, eine Mail an den Programmierer ist einfacher. Schlimm sind die Leute, die sich auch noch über schlechten Support beschweren. Ich meine, niemand zwingt jemanden, Scribe! zu benutzen, außer meine Freunde.

Im Großen und Ganzen ist das Feedback aber positiv und ich habe eine Menge interessanter Leute kennengelernt: Programmierer, Web-Designer und andere Sinnesverwandte. Und natürlich gibt es auch einen Haufen netter Scribe!-Benutzer, die angemessene Kritik üben. Viele nehmen auch die Möglichkeit wahr, mir CDs, quasi als Spende und Aufmunterung, zu schicken. Immerhin 25 Tonträger sind jetzt schon zusammenkommen. Das ist doch was.

COPYRIGHT / PATENTE

INFO kontra: Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur e.V. www.ffii.org

PATENTE UND DIE NEUE EU-RICHTLINIE

www.fightthepatent.com pro: Business Software Alliance www.bsa.com

U-BOOT-PATENTE Ähnlich verfährt das Kleinunternehmen SightSound Technologies aus Pennsylvania. Nicht im Schweiße des Angesichts wird Geld verdient, sondern beispielsweise mit der Nummer 5191573. Das Patent beschreibt den "elektronischen Verkauf oder die elektronische Distribution digitaler Audio- und Video-Daten (...) über eine Tele-

Kreuzlizenzierung, eine Art Waffenstillstandsabkommen.

BEI UNS Der EU-Rat unter neuer Präsidentschaft bietet offenbar Oberwasser für Hardliner. Wie sonst erklärt sich das vor kurzem eingebrachte Arbeitspapier, das ameri-

Jede noch so banale Funktion ist heute mit einem Patent belegt, sei es der Fortschrittsbalken (IBM), das One-clickShopping im E-Commerce (Amazon) oder die Undo-Funktion (Microsoft).

TEXT

ANNETT JAENSCH | JAENSCHJA@YAHOO.DE

Als Mitte März die neue EU-Richtlinie zum Urheberrecht verabschiedet wurde, waren nicht nur mit einem Mal Filesharing-User Kriminelle, denen man ohne Nachweis eines kommerziellen Schadens eine Hausdurchsuchung auf den Hals schicken kann. Auch den so genannten trivialen Softwarepatenten hat man Urheberschutz erteilt. Damit erlangt eine Patentierbarkeit von Software quasi durch die Hintertür Geltung und gibt jenen Firmen gute Karten, die das Horten von Patenten als Geschäftszweig für sich entdeckt haben.

Eine Zeitung auf elektronischem Papier, mit bewegten Bildern noch dazu. Nichts weiter als Scifi-Zuckerwatte im Hirn? Das Futuristische von heute beweist sich bekanntermaßen gern als das technische High-End von morgen. In den USA lässt sich bereits die schiere Idee patentieren. Ein Patent-Schlauberger könnte sich demnach die Rechte an einer solchen Videozeitung sichern, ohne je einen Finger zu rühren. Nicht wenige Firmen sind auf den Trichter mit den so genannten Trivialpatenten gekommen. Die US-amerikanische Firma “Acacia Technologies” hat sich durch weitblickende Akquise einen bunten Strauß von insgesamt 17 Patenten gesi-

chert, der das Audio- und Videostreaming abdeckt. Die Patente ruhten fast ein Jahrzehnt in der Schublade, bis die kalifornische Firma sich 2002 ihres geistigen Eigentums erinnerte und aktiv wurde. Nicht ohne Grund fiel die Wahl zuerst auf Pornoseiten als Lizenzzahler. An Gegnern mit Schmuddel-Image lässt sich nun mal leichter ein Exempel statuieren als an Vorzeigefirmen.

Mit diesen Präzedenzfällen im Rücken wird nun auch der Markt der Großen aufgerollt. Disney willigte im Februar in eine Lizenzvereinbarung ein. Anfang des Jahres hat Acacia zudem ein Streaming-Patent für Europa erhalten.

fonleitung". “SightSound” findet, dass Musik- und Videodownloads, die über das Web bezahlt werden, genau diese Idee kopieren. CDNow, ein Bertelsmann-Ableger, lenkte in dem langjährigen Rechtsstreit ein und zahlt nun 3,3 Millionen Dollar. Das Patent stammt interessanterweise aus dem Jahr 1990, dem Jahr also, in dem Tim Berners Lee mit dem Hyperlink gerade erst den Grundstein für das Internet gelegt hatte. Das Fatale: Diese "U-Boot-Patente" tauchen plötzlich auf und überraschen ahnungslose Entwickler, denen es nicht möglich ist, Millionen Programmzeilen auf mögliche Patentverletzungen zu überprüfen oder einen Stab von Anwälten zu beschäftigen. Patente sind schon lange keine Schutzbriefe für den kleinen Daniel Düsentrieb mehr, sondern Waffen zur Marktkontrolle. Jede noch so banale Funktion ist heute mit einem Patent belegt, sei es der Fortschrittsbalken (IBM), das One-click-Shopping im E-Commerce (Amazon) oder die Undo-Funktion (Microsoft). Die großen Player verfügen in der Regel über enorme Patent-Portfolios, die sie aufklappen, wenn ein Konkurrent mit einem genialen Produkt auf den Markt drängt. Sich ebenbürtige Firmen prozessieren so gut wie nie gegeneinander, denn es herrscht

kanischen Verhältnissen nacheifert. Nach einer hitzigen Debatte im letzten Jahr war die Neuregelung beim geistigen Eigentum auf 2004 verschoben worden. Statt durch Patente ist Software in Europa immer noch durch das Urheberrecht geschützt, wie auch Musikstücke oder Zeitungsartikel. Obwohl Patente also ausdrücklich nicht für geschriebene Werke oder mathematische Algorithmen gelten, liegen beim Europäischen Patentamt in München dennoch 30 000 Patente auf Software. Sobald nämlich eine Erfindung ein Computerprogramm mit Technik kombiniert, kann das Patentamt einem Antrag zustimmen. Aber wo fängt bei Software die Technik an und wo hört sie auf?

Die Gegner, allen voran die Linux-Lobby, stemmen sich gegen die uneingeschränkte Patentierbarkeit von Software. Im Notfall mit den gleichen Mitteln. Die französische Linux-Vereinigung (AFUL) hat sich die 35-StundenWoche als Geschäftsidee schützen lassen. Sollte die EU nach dem Ratsbeschluss in diesem Jahr Softwarepatente zulassen, wollen die Aktivisten jede Firma, die in Frankreich auf die neue Wochenarbeitszeit umstellt, zur Kasse bitten. Das Abmahn-durchseuchte Internet schlägt zurück.

DESIGNMAI INTERNATIONALES DESIGNFESTIVAL BERLIN 06.-16. MAI 2004 WWW.DESIGNMAI.DE

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DIE WAFFEN DES KAPITALISMUS

MODE <28> - DE:BUG.81 - 04.2004

INFO

Little Red Riding Hood, www.littleredridinghood.de

FLUCHT NACH VORN / Little Red Riding Hood TEXT

MELANIE ERKENS | MELANIE.ERKENS@GMX.DE

Erfolg zu eigenen Bedingungen – Debug sprach mit Daniela Görgens, Geschäftsführerin und Designerin des Kölner Labels “Little Red Riding Hood”, über schöne Biester, neue ästhetische Kanäle und den Hunger nach Außergewöhnlichem.

Berlin hat eine Prachtmeile. Zumindest den Versuch davon. In der Friedrichstraße strengen sich die Boutiquen von Hermès, Escada, Gucci, Etro an, mindestens so gleichgültig gegenüber den Berlinern zu tun, wie die es ihnen gegenüber sind. Ein typisches Berliner Märchen eben. Nirgends haben Luxus und Style so wenig miteinander am Hut wie in der Hauptstadt. Damit das Märchen doch noch einen guten Ausgang nimmt, eröffnet das Kölner Modelabel ”Little Red Riding Hood“ seine Repräsentanz am oberen Ende der Friedrichsstraße. Mit ihrer Mode, die wehendes FetzenChiChi und waghalsige Materialmixe für Pömps- genauso wie für Sneaker-Trägerinnen durchdenkt, vermitteln sie zwischen dem alten Westen mit seiner vergreisten Etikette und dem Osten mit seiner lümmeligen Zwangsjugendlichkeit. Trotzdem steht es auf der Kippe, ob sich ihr Wille zur Verzauberung nicht an einem Eskapismus-Missmut die Zähne ausbeißen wird.

Denn "Zauber" heißt hier inzwischen meistens ”fauler Zauber” – entgegen aller ”Modestadt Berlin”-Herbeirederei.

Ein Komplett-Paket zum Thema ”Märchen“, das einen auf andere Gedanken bringt, bieten sie zumindest in einer Mischung aus Mode, Musik und Kunst an. Sonst bleibt immer noch das Ausland ...

Name auf einer 250qm großen PV-Plane verlautet und "One outfit ready to wear" in limitierter Auflage geschneidert. Ein Jahr später entstand die erste Kollektion.

DEBUG: Jedes Märchen beginnt mit "Es war einmal ..."

Wie beginnt denn die Geschichte von Little Red Riding Hood?

DANIELA GÖRGENS: Nach meinem Diplom als Modedesignerin und zwei Jahren bei Walter van Beirendonck hatte ich irgendwann Angst, den Mut zum eigenen Label zu verlieren, und bin einfach ins kalte Wasser gesprungen.

Also hab’ ich der Behörde 1999 die Geburt vorschriftsgemäß mitgeteilt und versiegelt. Im ersten Jahr wurde der

DEBUG: Ihr habt vor kurzem bei Trendvision ausgestellt, einer Kombination aus Kunst und Mode – wie wichtig sind solche Präsentationsformen für euch?

DANIELA GÖRGENS: Mode hat in Kombination mit Shows sehr viel mit Spektakel und Glamour zu tun, schon alleine deswegen sind lebendige Darstellungsformen sehr wichtig, auch für die Presse. Die Leute unterhalten sich lange über solche Events und jedes Kleidungsstück trägt eine besondere Erinnerung in sich.

gefördert durch die

DEBUG: Du beschreibst eure Kollektionen als multilinguale Neuzeitmärchen ...

DANIELA GÖRGENS: Das ganze "Little Red Riding Hood"–Kollektiv ist fasziniert von der Frage: Wer ist die Schöne, wer das Biest? Und der Antwort: Auch Rotkäppchen hat scharfe Zähne. Also haben wir "Le Petit Chaperon Rouge" von Charles Perrault als Ausgangspunkt gewählt und setzen diese Geschichte in neue Kontexte. In der Kollektion "Tales of Tomorrow" beispielsweise hält sich Little Red Riding Hood in einer Science-FictionWelt auf, in der Klonwesen und abstrakte Räume eine Symbiose eingehen.

DEBUG: Mit "Tales of Tomorrow" habt ihr auch Videokunst, Musik und Mode verbunden ...

DANIELA GÖRGENS: Wo andere Designer Catwalk-Shows als Darstellungsform nutzen, machen wir unsere Filmverwirklichungen. Die sind für jeden zugänglich und man hat jahrelang was davon. Märchen ohne Bilder, ohne Phantasie und ohne Träume – das funktioniert einfach nicht.

DEBUG: Ihr eröffnet euren euren eigener MultilabelStore in Berlin, der ebenfalls ein Mischkonzept bietet – was ist das Besondere daran?

DANIELA GÖRGENS: Der Store ermöglicht es, sich nicht nur auf einen ästhetischen Kanal festzulegen. Wir wollen verzaubern, und zwar in allen Bereichen – nicht nur mit Mode, sondern auch mit Büchern, Kosmetik, Kunst und Musik.

DEBUG: Wie setzt sich euer Programm zusammen?

DANIELA GÖRGENS: Unser Store besteht aus zwei Etagen, quasi der Ober- und der Unterwelt. In der Oberwelt findet man Ausstellungen, die im Dreimonatsrhythmus wechseln – Fotografie, bildende Kunst, Videoinstallationen, Skulpturen und was uns und den Künstlern noch so einfällt. Die Unterwelt ist der Sales-Floor. Hier verkaufen

Die Leute hier auf der Straße sind ganz ausgehungert nach Außergewöhnlichem. wir unser festes Sortiment an Labels wie Dirk Bikkembergs, Gibo, Fred Perry, Nike oder Blue Blood. Außerdem präsentieren wir, ebenfalls im dreimonatigen Wechsel, Musik, die für uns von A-Musik zusammengestellt wird, Bücher und neue Fashion-Designer wie Pisces aus Berlin, denen wir eine Ausstellungsfläche im kommerziellen Kontext anbieten. Unser Programm ist der Wechsel.

DEBUG: Warum habt ihr euch für ein Mischkonzept entschieden?

DANIELA GÖRGENS: Das Spannende ist, aus verschiedenen Dingen zu kombinieren. Das macht doch Individualität aus. Bei uns findet man alles, auch fürs kleinere Portemonnaie. Mittlerweile ist es wichtig, durch ein selektiertes Sortiment unterschiedlicher Bereiche eine eigene Aussage anzubieten. In Paris und Tokyo funktioniert das

schon länger. Es ist wichtig, Glanz ins Leben zu bringen.

Mode unterstützt eine Ausstrahlung, zu der manchmal Mut gehört. Diesen Mut wollen wir unseren Kunden machen.

DEBUG: Was muss Mode – vor allem die kleinerer Labels – leisten, um Käufer zu gewinnen?

DANIELA GÖRGENS: Neben individuellen Ideen und einer kontinuierlich guten Qualität ist auch die Organisation sehr wichtig. Das ist ja nicht nur alles Glamour. Vom ersten Stich bis zum Kunden ist es ein langer Prozess. Unsere Praktikanten sind oft enttäuscht, weil sie nicht nur die Glanzwelt des Designs erleben. Aber wir machen eben alles selbst – dazu gehören auch trockene Dinge wie Wareneingänge und Ausgänge oder das Zählen von Kartons.

DEBUG: Was verändert sich gerade in der IndieModeszene?

DANIELA GÖRGENS: In den letzten Jahren war die Risikobereitschaft im deutschen Einzelhandel eher verhalten.

Aber langsam schöpfen die Leute wieder Mut und begehen die richtige Flucht nach vorn. In dieser Zeit habe ich auch beschlossen, den Laden aufzumachen. Es entstehen viele neue Foren für die individuelle Modeszene in unserem Land, die auch in den eigenen Reihen endlich mal ernst genommen wird.

DEBUG: Woran liegt es, dass ihr im Ausland immer noch mehr verkauft als in Deutschland?

DANIELA GÖRGENS: Das Ausland ist der Lockvogel für das Heimatland, da die bunten Vögel "Indie-Labels" in Modestädten wie Paris, Mailand oder London Futter suchen. Nur aus dem Ausland heraus kann man im eigenen Land für Furore sorgen. Ein Händler aus Deutschland hat mich mal damit vertröstet, dass er sich lieber im Ausland nach Indies umschaut. Als er uns dann später in London gesehen hat, meinte er "What a nice collection!" Danach hat er geordert. Man muss halt immer dranbleiben. Ich glaube nämlich, dass die Leute hier auf der Straße ganz ausgehungert sind nach Außergewöhnlichem.

MODE / GLOBALISIERUNG <29> - DE:BUG.81 - 04.2004

INFO

www.americanapparel.net

AMERICAN APPAREL / Mit Style gegen Sweatshop-Brands TEXT

JANKO ROETTGERS | JANKO@LOWPASS.DE

American Apparel produziert T-Shirts in Downtown Los Angeles - für All-AmericanGirls, ein paar Typen und Haustiere. Dov Charney will dem Trend des Outsourcing widerstehen. Er zahlt faire Löhne, anstatt Aufträge an die Sweatshops um die Ecke zu vergeben oder in Asien oder Lateinamerika einzukaufen. Sein Geheimrezept gegen die Schattenseiten der Globalisierung: Style.

"Es gibt nur ein Wort dafür: Clusterfuck." Ende Februar in Echo Park, Los Angeles. Ich sitze in einer kleinen Küche und lasse mir von Dov Charney die Welt der US-Bekleidungsindustrie erklären. Der 35-jährige Charney ist in seinem Element. Er redet pausenlos, konsumiert dabei zwei Colas und einen Protein-Burger. Doppelt Fleisch, kein Brot. Er springt alle paar Minuten auf, öffnet die Schwingtür zum Nebenraum – seinem Wohnzimmer, das zum temporären Exil-Büro umfunktioniert wurde und eine Handvoll Mitarbeiter beherbergt – holt irgendwas, setzt sich wieder an den Tisch und redet weiter.

Innerhalb von vier Jahren hat er es geschafft, die größte T-Shirt-Fabrik der USA aufzubauen. Die Polizei von New York, Designer in San Francisco, Cafeshop.com, Ghostly International – alle drucken auf "American Apparel"-Shirts – und unterstützen dabei ein Geschäftsmodell, das auf faire Löhne an Stelle von Ausbeutung setzt. Seine 1500 Arbeiter in Downtown Los Angeles verdienen durchschnittlich 12,50 Dollar pro Stunde.

sagt. Ich fing an, eine kleine Reihe von T-Shirts rauszubringen, von denen ich dachte, dass sie cool sind. Ich fing an, die von den multinationalen Konzernen gesetzten Preise zu ignorieren. Mir ging es zuerst nicht darum, nur in den USA zu produzieren. Ich experimentierte mit allem: Produktion in den USA, Produktion in der Dominikanischen Republik, gemischte Produktion. Über die Arbeiter machte ich mir nicht zu viele Gedanken. Mir ging es erstmal um meinen eigenen Arsch.

Doch im Laufe der Zeit wurde mir klar, dass ich die Qualität nur durch vertikales Integrieren kontrollieren konnte.

Nur indem ich alles in meiner eigenen Fabrik herstellte, konnte ich die Qualität kontrollieren und die Arbeiter schulen. Ihnen erklären: Wir versuchen, die besten T-Shirts der Welt zu machen. Wir sind bereit, euch dafür die bestmöglichen Löhne zu zahlen. Dies ist nicht der beste aller Jobs, wir wollen euch nichts vormachen, aber wir wollen uns um euch kümmern.

Die Linke geht davon aus, dass Unternehmen sich von Habsucht leiten lassen. Und sie haben natürlich Recht. Al-

DEBUG: Trotzdem steht es auf jedem der Labels, die du in deine T-Shirts nähen lässt. Glaubst du, dass du damit auch unpolitische Konsumenten beeinflussen kannst?

CHARNEY: Ja, aber es ist nur eine Art angenehmer Nachgeschmack. Linke sehen in uns eine Firma, die ihre Arbeiter gut behandelt. Künstler sehen unser gutes Design. Republikanische Bush-Anhänger sehen darin Made in the USA. Jeder kann dem etwas anderes abgewinnen. Doch das Wichtigste ist: Das Produkt ist exzellent.

DEBUG: Erzähl mir ein bisschen mehr über deine Konkurrenz.

CHARNEY: Es gibt im Wesentlichen zwei Arten von Konkurrenten. Einmal die Dinosaurier, Firmen wie Hanes.

[Er springt auf, rennt aus dem Raum und kommt mit einem Hanes-Katalog wieder. Auf dem Titelbild: Eine Familie im roten 50er-Jahre-Cadillac. All American Fun.] CHARNEY: What the fuck is this? Ist das ein Witz oder was? Hanes zu überholen ist einfach. Dazu gibt es noch diese kleinen Hunde hinter mir. Kleine Firmen, die meine Styles kopieren. Aber ich hänge sie beide ab.

DEBUG: Du vermarktest American Apparel nicht als Label. Warum nicht?

CHARNEY: Es gibt eine Art Trennlinie in der T-Shirt-Industrie. Auf der einen Seite gibt es Gebrauchs-Shirts zum Be-

Brand darauf. Was sind das für Schuhe?

DEBUG: Gute Frage. Puma, glaub ich.

CHARNEY: Siehst du, es ist versteckt. Was passierte, als alle ihre Produktion ins Ausland verlagert haben? Sie verloren den Gebrauchswert von Kleidung aus den Augen. Sie setzten auf Brands, anstatt auf das Produkt zu vertrauen.

Erinnerst du dich an Doc Marten? Puma California? Levis 501? Dickies? Das war Gebrauchskleidung. Es gab keine Saisons. Street Lines waren beständig, 5-10 Jahre pro Style.

Der weiße Adidas-Schuh mit den drei Streifen, den gab es für 10 Jahre. Oder der Adidas-Trainingsanzug. Dark Navy mit weißen Streifen. Jeder in München hatte einen. Warte, ich habe ein paar Beweise ...

[Stürmt abermals aus dem Raum und bringt ein paar Magazine aus den Sechzigern und Siebzigern wieder.

Hauptsächlich Lifestyle, aber auch zwei Porno-Hefte.

Er blättert ein bisschen darin und zeigt mir einige Siebziger-Jahre-Schönheiten mit weit gespreizten Schenkeln.]

CHARNEY: Guck dir die Socken an! Sowas ist jetzt wieder in. Alles geriet aus den Fugen, als sie anfingen, sich auf Brands zu konzentrieren. And I'm gonna fuck them for doing it. Sie haben versucht, den Kids Bullshit zu verkaufen, nicht Substanz. Das ist der Grund dafür, dass ich all diese jungen Designer habe. Wir wollen sicherstellen, dass

Es gibt eine neue Urban Coolness. Es ist jetzt wie 1965. Bald wird es 1969 sein.

Der gesetzliche Mindestlohn liegt in Kalifornien bei 6,75 Dollar. American Apparel bietet seinen Arbeitern Krankenversicherung, Englisch-Kurse und firmeneigene Masseure – Leistungen, von denen die übrigen Textilarbeiter in den unzähligen Sweatshops von Downtown Los Angeles nur träumen können.

Charneys Geschichte beginnt mit dem Einstieg ins TShirt-Geschäft als US-begeisterter Teenager in Kanada. Über das Import-Business lernt er einen deutschen Produzenten aus South Carolina kennen, der ihn unter seine Fittiche nimmt und ihm das Herstellen von Shirts beibringt. Danach durchläuft er alle Stationen der Branche, kauft und verkauft, verhandelt mit Subunternehmern, wird Teilhaber einer Fabrik in Mexiko, lässt sich von Hanes und Fruit of the Loom bezahlen. Doch die Industrie verändert sich. Outsourcing ist angesagt.

Erst geht's nach Lateinamerika, dann Asien. Billig ist Trumpf – und Charney gehört plötzlich zu den Verlierern der Globalisierung. Er landet 1999 in Los Angeles und hat eine Idee.

DOV CHARNEY: Ich sagte mir: Vergiss, was der Markt

les, was eine Firma macht, geschieht aus eigenem Interesse. Aber wenn es im Interesse einer Firma ist, vertikal zu integrieren und den Arbeitern in der Produktion wieder ein Gesicht zu geben – dann ist das ein großartiger Beweis.

Nicht dafür, dass Outsourcing vorbei ist, sondern dass Outsourcing nicht die einzige aller Lösungen ist. Ich muss nicht wie die meisten anderen Bekleidungshersteller meine gesamte Existenz auf Ausbeutung gründen.

Ich glaube nicht, dass die multinationalen Konzerne wirklich verstanden haben, welche Kosten mit der Verlagerung der Produktion ins Ausland verbunden sind. Sie haben damit Geld verloren. Fruit of the Loom ist bankrott gegangen, weil sie die damit verbundenen indirekten Kosten nicht einkalkuliert haben.

DEBUG: Du vermarktest deine Shirts als Sweatshopfrei. Wie wichtig sind solche Labels für Konsumenten?

Charney: In 99 Prozent aller Fälle ist es völlig egal. Sozial bewusst einkaufende Konsumenten sind ein viel zu kleiner Teil des Marktes.

drucken. Band-T-Shirts, T-Shirts für Firmen, Schulen, Kirchen, Stripper. Auf der anderen Seite gibt es Shirts, die nur in den Einzelhandel gehen. Firmen wie The GAP oder Nike.

Diese Endverbraucher-Seite ist viel größer. Hanes verdient nur zwei Milliarden, The GAP macht 18 Milliarden.

DEBUG: Hast du je daran gedacht, diese Grenze zu überqueren?

CHARNEY: Ich überquere sie, und zwar mit einem Revolver in meiner Hand. An Einzelhändler kann ich nicht verkaufen. Die drücken die Preise und spielen dich gegen Offshore-Bullshit aus. Ich muss den Endkundenmarkt direkt kontrollieren. Innerhalb der nächsten 90 Tage eröffne ich Läden in Frankfurt und Berlin. Ich hab zwei Läden in New York, einen in Montreal, einen in LA. Bald werden wir hunderte haben. Tausende.

DEBUG: Trotzdem druckst du nicht fett "American Apparel" auf deine Shirts ...

CHARNEY: Branding is over! Die nächste Generation will keine Marken. Deine Schuhe zum Beispiel – ich sehe kein

die Psychologie eines Produktes perfekt ist.

[Blättert weiter in einem Lifestyle-Magazin.]

CHARNEY: Guck dir die Frisuren an! Guck dir an, wie eng die Kleidung war. Selbst alte Leute hatten enge Kleidung.

Guck dir das an!

DEBUG: Und diese Styles kommen jetzt wieder?

CHARNEY: Ja. Es ist jetzt wie 1965. Bald wird es 1969 sein.

Es gibt eine neue Urban Coolness. Der Style in Echo Park ist der gleiche wie der in Berlin. Was turned uns an? Gutes Design. Substanz. Wir mögen keine Marken. Wenn wir eine Marke mögen, dann weil das Produkt gut ist. Wir mögen die Ausbeutung der dritten Welt nicht. Wir glauben nicht an Staatsgrenzen. Wir respektieren einander. Das ist es, was American Apparel ausmacht.

TED: HUT - DIESEL / RÖHRENJOGGINGHOSE - NIKE / SCHUHE - PF FLYERS / LEPTOFANT: ANZUG - HERR VON EDEN / POLO - LACOSTE / KRAWATTE - ANSELMO DIONISIO / MOBILE - SONY ERICSSON P 900 / BEZUGSADRESSEN: DIESEL: WWW.DIESEL.COM / NIKE: WWW.NIKE.COM, ÜBER CIRCLE CULTURE, WWW.CIRCLECULTURE.COM / PF FLYERS: HTTP://PFFLYERS.COM, ÜBER FLORA UND FAUNA, WWW.FLORA-FAUNA.DE / HERR VON EDEN: WWW.HERRVONEDEN.DE / LACOSTE: WWW.LACOSTE.COM / SONY ERICSSON: WWW.SONYERICSSON.COM/DE PRODUKTION & STYLING: JAN JOSWIG, KATHARINA SCHNÄCKER / FOTO: CLAUDIA BURGER / ASSISTENZ: ARNE LINDE, ANETT FRANK

KINO <32> - DE:BUG.81 - 04.2004

INFO Control Room (USA/Ägypten 2003), Doku, Regie: Jehane Noujaim, 83 Min. www.noujaimfilms.com Al-Dschasira: //english.aljazeera.net Central Command: www.centcom.mil

DAS MASSAKER VON LITTLETON, VERSION 0.2 / Gus van Sants "Elephant" TEXT

VERENA DAUERER | VERENA@DE-BUG.DE

In Cannes gab es dafür Palmenwedel: Gus van Sant hat einen Film über das Massaker von Littleton gemacht. Er folgt dem Geschehen allerdings weniger moralisch, sondern vor allem ästhetisch. Die Kamera spinnt durchaus gekonnt die Fäden des Geschehens, aber der Film bleibt bei der Charakterisierung der Killer ratlos.

Bei dem Massaker 1999 erschossen zwei Kids an der Columbine High School in Littleton, Colorado, 13 Schüler. Neben Michael Moore und seiner etwas argen Vorführ-Doku "Bowling for Columbine" hat sich auch Gus Van Sant mit einem Kinofilm an den Hergang gemacht. Moore bekam letztes Jahr den Oscar, Van Sant dafür den Kritikerpreis, die Goldene Palme in Cannes.

"Elephant" ist aber kein klassischer Spielfilm, er macht daraus eine Art Gedankenschweiftour zum Thema und lässt seine Eindrücke vorbeiziehen wie Wolken im Zeitraffer. Das sieht alles irgendwie toll aus, ohne dass man am Ende wissen will, was es eigentlich sollte.

Van Sant zeigt einen Normalo-Tag an der Schule, aufgeteilt in Einzelhandlungen mehrerer Teens und Angestellter, dazwischen Wolkenbilder als Gliederung: Erst blassblau romantische Zartwölkchen vor den üblichen

Alltagsabläufen, gewittrig duster vor dem Shooting, danach aufgeklärt und ausgedünnt, mehr gibt es dann auch nicht zu sagen.

DIE KAMERA Was jetzt und eigentlich passiert, ist, wie die Kamera als zentrales Element Situationen einfängt. Auf dem Sportplatz ist sie noch statischer Mittelpunkt, die Kids gruppieren sich und konzentrieren sich um sie herum.

Sonst beobachtet die Kamera vorbeilaufende Schüler und folgt einzelnen: Da ist der blonde Junge, der von seinem besoffenen Vater in die Schule gefahren wird.

Das zurückgezogene Mädchen, das sich vor den anderen nicht umziehen mag. Die drei aufgebrezelten Chicks, die nach dem Kantinenessen gemeinschaftlich kotzen. Bis zwei schwerbepackte Jungs in Camouflage-

Klamotten an der Schule vorfahren. Die Kamera folgt den Figuren, jedem einzeln und nacheinander. Die Szenen wurden mehrmals gedreht, aus mehreren Richtungen. Für jede Figur eine Version, von hinten über dessen Schulter gefilmt. Eine Choreografie, um das Gefühl von Zeitgleichheit zu vermitteln.

Stellen wir uns dazu mal vor, dass die Kamera auf ihrem Weg den Handlungen der Kids folgend Fäden durchs Haus spinnt, um den Tathergang nachzustellen. Von oben auf den Grundriss der Schule besehen, sähe das aus wie ein rotes Fadensystem in einem MinotaurusLabyrinth. Die Verwicklungen, Überschneidungen und Verhedderungen würden so die Einzelstränge der Geschichte zum anschaulichen Bild machen.

Klar hat der Regisseur wohl weniger an ein Fadenkonzept gedacht, sondern sich an den Einstellungen von Ego-Shootern wie Counter Strike orientiert. Deshalb verwendet er eine Menge Plansequenzen und filmt Gesprächsrunden, indem er die Kamera in die Mitte stellt und einmal um 360 Grad drehen lässt. Wie bei Counter Strike und ähnlichen Games gibt es schließlich fürs Shooting eine subjektive Kamera, mit der sich unten im Bild ein Gewehrlauf auf etwas vorne

richtet. Die Ausarbeitung der beiden Shooter ist dann schon ein Knackpunkt des Dramas.

DIE KILLER Die eigentlichen Protagonisten, Eric und Alex, werden irgendwann mal eingeschoben. Van Sant hat sich das so vorgestellt: Die gucken Dokus über das 3. Reich, tragen T-Shirts mit dem Wort "Triomph" drauf und küssen sich unter der Dusche. Am Morgen vor dem Finale bowlen sie aber nicht, das käme zu uncool. Denn wesentliches Stilelement von "Elephant" sind hip anzusehende Kids, wie damals River Phoenix und Keanu Reeves in "My Own Private Idaho" von 1991. Was nun die beiden Jungs tun und wie sie es tun, wirkt, als hätte man die Personenprofile der beiden einfallslos zusammengesteckt: In seiner Kellerbude spielt der eine, stillere Junge "Für Elise" auf dem Klavier, der andere hängt auf dem Bett 'rum und daddelt Ego Shooter auf dem Laptop. Bis nicht der Pizzabringdienst klingelt, sondern die Waffenlieferung mit der Post. Nun ja.

KINO

INFO Control Room (USA/Ägypten 2003), Doku, Regie: Jehane Noujaim, 83 Min. www.noujaimfilms.com Al-Dschasira: //english.aljazeera.net Central Command: www.centcom.mil

MEDIEN UND DER KRIEG IM IRAK / Control Room TEXT

VERENA DAUERER | VERENA@DE-BUG.DE

Footage von al-Dschasira. Die senden alles, so scheint es, von Interviews mit George W. Bush und US-Soldaten über Kinder in irakischen Krankenhäusern bis zu völlig verschreckten amerikanischen POWs, denen ein Mikro vor die Nase gehalten wird. "Wir zeigen den Preis des Kriegs", sagt Sameer Khader im Film, Senior Producer des Senders.

”Das Militär. Die Medien. Der Krieg im Irak. Wer schreibt Geschichte?“ fragt plakativ der Flyer zu ”Control Room“. Um objektive Berichterstattung vs. Infotainment geht es lange nicht mehr: Die Doku zerlegt alle Medienseiten im Irak-Krieg, von al-Dschasira bis zum Central Command.

Al-Dschasira ist schon lange ein Dorn im Auge der USRegierung. Nicht erst, seitdem der kleine arabische Nachrichtensender aus dem Zwergstaat Qatar auf der arabischen Halbinsel Auszüge aus Tapes mit Osama bin Laden zeigt. Zum Ausgleich bebombte das US-Militär während des Irak-Krieges die Sendestation von alDschasira in Bagdad. Und auch gleich noch das Palestine Hotel, in dem Journalisten wohnten. Seit Februar sendet jetzt der US-Satellitensender al-Hurra als amerikanische Antwort in arabische Länder, finanziert von der Regierung, für ein geradegerücktes Bild von Amerika. Al-Dschasira hat auf jeden Fall seinen Ruf weg als Propagandamaschine und Sprachrohr von bin Laden.

ODER NICHT? Jehane Noujaim, Co-Regisseurin der detaillierten Doku "Startup.com" (USA 2001), ging kurz vor dem Irak-Krieg

nach Qatar. Während des Kriegs guckte sie drei Monate lang abwechselnd in der Sendezentrale von alDschasira vorbei und nebenan beim Central Command, der Pressestelle des US-Militärs, wo den internationalen Journalisten häppchenweise Infos zugeworfen wurden. Mal abgesehen von den "Embedded Journalists" in den Panzern. Für ihren neuen Film "Control Room" filmt Jehane beide Seiten bei der Arbeit und schneidet die Reaktionen in beiden Sendestationen während der Angriffe dramatisch gegeneinander. Dann lässt sie die Journalisten von al-Dschasira und die aus dem US-Pressebüro sich gegenseitig kommentieren.

Alle Beteiligten werden beobachtet und dürfen reden, vom Produzenten bei al-Dschasira über die Presseoffiziere bis zu Reportern von CNN und NBC. Ohne begleitendes Voice Over, ganz in der Optik eines Nachrichtensenders mit Info-Balken. Und vor allem mit viel

Kunsthalle Düsseldorf, Grabbeplatz 4, D-40213 Düsseldorf, Tel. +49 (0)211 89 962 43 Fax +49 (0)211 89 291 68, Öffnungszeiten: Di–Sa 12–19 Uhr, Sonn- und Feiertage 11–18 Uhr www.kunsthalle-duesseldorf.de

DISNEYLAND IN A BOX Bei allen Seiten wird klar, dass es nie um sachliche Berichterstattung geht, eher um den Grad und die Dichte an Infotainment. "Easy Information" nennt es die Regisseurin Jehane, generiert im Central Command, "einer Art Disneyland in einer Box, mitten in der Wüste.

Die eigentliche Handlung fand in Bagdad statt. Sogar die Presseoffiziere versuchten herauszufinden, was passierte", erzählt sie. Das Schlimmste aber war für sie mitzubekommen, wie schnell sich Nachrichten versenden und von neuen ersetzt werden: "Sie bombardierten al-Dschasira, Abu Dhabi und dann das Palestine Hotel innerhalb von fünf Stunden. Im Hotel waren die Journalisten und sie feuerten auf den 16. Stock. Das Militär behauptet, dass das Feuer von der Lobby aus eröffnet wurde. Aber abgesehen von der ganzen Verwirrung und den offenen Fra-

doku/fiction

gen fiel einen Tag später die Saddam-Statue und sie marschierten in Bagdad ein. Ab dem Zeitpunkt war alles Vorherige völlig vergessen", sagt Jehane. Klar, es muss ständig neue und unterhaltsame Infos geben. "Control Room" zeigt oft genug ratlose Journalisten, die mehr herausfinden wollen, aber mit den gezielten Ablenkungsmanövern des Militärs stehen gelassen werden. Und durch selbst auferlegte Zensur nicht mehr zu sagen wagen: Sie alle haben Verträge unterschrieben, dass sie sich nicht offen äußern dürfen. "Oft geht es bei der Berichterstattung um das System. Tom Mintier von CNN kommt von seiner Aufzeichnung und sagt, er kann nicht glauben, dass sie das Wichtigste unter den Tisch fallen lassen. Am Tag des Truppeneinmarsches in Bagdad sprechen alle von der ’Jessica Lynch Story’. Und darüber muss er dann berichten", sagt Jehane. "Control Room" lief gerade auf dem Sundance Festival. Man könnte jetzt erwarten, dass da einige patriotische Amis ziemlich böse wurden. War aber gar nicht so. Jehane: "Die beste Vorführung war in Utah, mitten in diesem konservativen Staat. Die Leute standen auf und klatschten. Sie sagten, dass sich ihre Realität verschoben hätte."

4. April – 27. Juni 2004

HEIKE BARANOWSKY

SIMON LEWIS

ROSA BARBA

JEAN-FRANÇOIS MORICEAU & PETRA MRZYK

LAURENT BAUDOUX

SOULIS MOUSTAKIDIS

ARMIN BOEHM

DANIEL ROTH

MICHEL CARRÉ

CONSTANTIN ROTHKOPF

KATJA DAVAR

SILKE SCHATZ

JAN DE COCK

CHRISTIAN SCHWARZWALD

DIANGO HERNÁNDEZ

ALICE STEPANEK / STEVEN MASLIN

WASEEM KHAN

LEIF TRENKLER

MATTHIAS KÖCHLING

EMMETT WILLIAMS

DIRK KÖNIGSFELD

JO ZIMMERMANN

STEFAN KOZALLA

KUNST

www.wohnseifer.com Bilder: Links oben: braunmusic, 1997, schallplatte Links unten: hondabeats, 1998, schallplatte Ganz links: powered by honda/strobedots,1998, Installationsansicht Bonner Kunstverein, foto: albrecht fuchs

BRAUNMUSIC UND HONDABEATS KUNST MIT JOHANNES WOHNSEIFER TEXT

ALEX HEIMES | HEIMESALEX@GMX.DE

BILD

COURTESY JOHANN KÖNIG / BERLIN

Der Kölner Künstler Johannes Wohnseifer braust in seinen Arbeiten quer durch die Design- und Kunstgeschichte. "Kapelle", seine jüngste Installation, widmet sich dem Autocrash. Aber nicht nur seine Vorliebe zu Hondas, auch anderer, männlich beliebter Nerdthemen wird sich versiert angenommen, egal ob es sich dabei um Braun-Design von Dieter Rams oder um elektronische Musik handelt. Warum nicht den Mythos Mann und Maschine nochmal anders inszenieren, Stereotypen kann man schließlich gleichzeitig überdrehen und gern haben.

AUTOWRACKS ALS CRASHKURS DURCH DIE KUNSTGESCHICHTE Wohnseifers jüngste Installation "Kapelle" in der Galerie Johann König, Berlin, schafft vodergründig einen besinnlichen Ort. Dazu wurde der Raum, dem architektonischen Grundriss folgend, mit bebilderten Vinylplanen zu einer Art Tunnel verhängt. Zu sehen sind pressetypische Schwarz-Weiß-Fotos von Autowracks, unscharf aufgerastert und anonym. Seriell aufgereiht, zeigen sich dem Besucher die trostlosen Nachbilder von implodierten Beschleunigungskurven. So wird ein fantasmatisch aufgeladenes Stereotyp, das rasende Ge-

BOROS

Der Name Johannes Wohnseifer dürfte in Honda-Fanclubs mittlerweile ähnlich hoch gehandelt werden wie in der Kunstwelt. Dass die Arbeiten des Kölner Künstlers gerne auf Rennwagen zurückgreifen, hat aber nicht nur mit der Liebe zu Autos zu tun. Wohnseifers Bilder, Videos und Installationen sind vor allem an den vorgelagerten Images interessiert, an Stereotypen und imaginär überdrehten Trivialmythen. Zum Teil entstehen daraus Inszenierungen einer scheinbar distanzlosen Identifikation. Konträre Bilder, dem Mythos bereits eingelagert, steuern dagegen.

Die Oberhausener.

fährt und seine Vernichtung von Raum und Zeit, zu einem profanen Trümmerhaufen der Materie.

Nicht umsonst wirbt die Einladungskarte mit J.G. Ballards SciFi-Bestseller "Crash" von 1973, der Romanvorlage zu David Cronenbergs gleichnamigem Film.

Die rauschhafte Kopplung von Geschwindigkeit und Maschine ist in "Kapelle" bereits abgebremst, der Parcours entlang der Unfallserie gleicht eher der unerbittlichen Kamerafahrt in Godards "Weekend". "Kapelle" setzt ein ausuferndes Netzwerk von Resonanzen frei, auch in Richtung anderer Arbeiten des Künstlers.

Zudem liefern Wohnseifers Projekte immer auch einen Crashkurs in neuerer Kunstgeschichte. "Kapelle" handelt von der "Rothko Chapel" in Houston (1971) ebenso wie von Andy Warhols Desaster-Serie, zudem klingt Kippenberger als künstlerischer Ziehvater an. Und warum nicht auch der US-Künstler Tony Smith, der, während er Anfang der 50er über eine Autobahn raste, schlagartig das "Ende der Kunst" erkannte.

QUER DURCH DEN VERWEISUNGSWUST DER EIGENEN MYTHOLOGIE Meist aber beginnt die Zeitrechnung der von Wohnseifer kompilierten Referenzen erst am 10.09.1967 - seinem Geburtstag. Am selben Tag gewinnt das HondaTeam beim Formel1-Rennen in Mazona, München erhält 1967 den Zuschlag für Olympia '72. Politische Zäsuren der folgenden Jahre, das Olympia-Attentat oder die Schleyer-Entführung geraten als codiertes Material in den noch kindlichen Radar. Heute treten diese Themen in stets neu abgemischten Varianten in Wohnseifers Werk auf. Sein konkretes Vokabular scheint noch einen Rest der frühen Wahrnehmung zu wach zu halten, als einer vielleicht so erlebten Schnittstelle von Öffentlichkeit, Medien und eigener Bewusstwerdung.

Die Rhetorik der Dinge verankert Wohnseifer vor allem im Feld der Codes und Einschreibungen - um deren Grammatik hackermäßig umzupflügen. Mit den so gestifteten, quer laufenden Erzählungen lassen sich noch die unterirdischsten Verbindungen herstellen, von historischen Koinzidenzen bis hin zu latent paranoiden Geheimsprachen. Sie verweisen das eigentliche Mate-

rial auf ein Schattendasein im Modell- bzw. Stellvertreterposten.

BRAUNMUSIC & HONDABEATS Wohnseifers Verfahren wird häufig mit Begriffen aus der elektronischen Musik belegt; nahe liegend schon deshalb, weil der Künstler mittlerweile zwei LPs und eine EP (alles Vinyl) aus diesem Bereich vorgelegt hat.

"Wohnseifer presents" heißt hier: Die Sounds kommen von befreundeten Kölner DJs; Wohnseifer verantwortet die Initiative, das Gesamtkonzept und, kaum verkennbar, die Plattencover. Das leicht verschrobene Art Work schließt sich direkt mit seinen anderen, männlich regierten Nerd-Themen kurz und will offenbar auch das Thema Platten/-sammlung hier einsortiert wissen. Die Cover verzichten weitgehend auf die gängige Emblematik und empfehlen sich mit Retro-Fotos, die das Wohnseifer-Universum auf den außermuseal zirkulierenden Ausstellungsflächen des Covers fortschreiben.

Z.B. der Longplayer "braunmusic", erschienen 1997 im Kölner Tropen-Verlag: Ausschlaggebend war Wohnseifers Begeisterung für Wecker im legendären BraunDesign, und so gab er Samples in Auftrag, die mit den Wecktönen arbeiten. Entstanden sind 7 sehr hörenswerte Stücke von Ambient bis zu tanzbaren Techno Beats; und zum Glück findet nirgends - im Gegensatz zum Coverbild - die hypertrophe Stilisierung des Ausgangsmaterials statt.

"Hondabeats" entstand 1998 anstelle eines Ausstellungskatalogs, und wurde gleich auch für eine Soundinstallation in dieser Schau eingesetzt: In bester Parkplatz-Manier dröhnten die Bässe aus einem dort abgestellten Old-School-Honda in den Ausstellungsraum.

Das Cover hingegen: Glamour in Technicolor. Verteilt über Vorder- und Rückseite, erscheint eine sonnige Vorgartenidylle mit dem brasilianischen RennfahrerGott Ayrton Senna, Formel1-Sieger und Unfallopfer.

Hier putzt er gerade seinen roten Flitzer, als würde er ihn mit Champagner begießen. Der Loop von Mann und Maschine als besten Freunden, als mythischer Symbiose, geht in eine neue Runde.

<33> - DE:BUG.81 - 04.2004

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KUNST <35> - DE:BUG.81 - 04.2004

DOCUMENTA 12 / Der neue Leiter Roger M. Buergel im Gespräch TEXT

BILD

TAL STERNGAST | STERNGAST@FREENET.DE

Die nächste Documenta ist erst 2007, aber hinter den Kulissen werden bereits jetzt die entscheidenden Weichen gestellt. Die kuratorischen Spähtrupps arbeiten sich durch die internationalen Kunstgefilde und werfen ihre Angeln aus. Die Fäden in der Hand hält dabei Roger M. Buergel, vor wenigen Monaten zum Leiter der 12.

Documenta in Kassel ernannt. Der 1962 in Berlin geborene Kurator und Lektor an der Universität Lüneburg ist sich im Klaren, mit was für einer gigantischen Aufgabe er es nun zu tun hat. Ein Gespräch über Konzepte, Kooperationen und "Grassroot-Bewegungen".

DEBUG: Hat Sie Ihre Wahl zum Documenta Leiter überrascht?

ROGER M. BUERGEL: Natürlich. Die Wahl ist ein längerer Prozess - man bekommt eine Einladung, ein paar Monate später erfolgt dann der Termin, auf dem man sein Konzept vorstellt. Es waren noch sechs Kandidaten, die vor die 24-köpfige Jury nach Kassel eingeladen wurden. Und natürlich ist es so: Es ist ein Wettbewerb, man möchte gewinnen, aber man ist dann schon überrascht, wenn man die Nachricht erhält, dass man gewonnen hat.

DEBUG: Sind Sie froh darüber?

ROGER M. BUERGEL: Einerseits schon, andererseits ist es natürlich eine ambivalente Angelegenheit. Man muss kein Hellseher sein, um zu wissen, dass es ein ziemliches Biest ist, das einen da erwartet. Aber das ist okay.

DEBUG: Auf der letzten Documenta und auf der Venedig-Biennale gab es verschiedene Versuche, die basalen Elemente einer Ausstellung wie die Einheit des

lung als Medium. Aber ich habe nicht das Gefühl, dass das ein Diskurs ist, der Kuratoren heutzutage umtreibt. Im Gegenteil, es wird viel zu wenig über Ausstellungen und Ausstellungsformen nachgedacht.

DEBUG: Nun, es gab schon eine Diskussion über Ausstellungen, aber das zeigte sich nicht in der Praxis...

ROGER M. BUERGEL: Es gibt immer Diskussionen. Die Leute sind frustriert und viele Kuratoren realisieren, wenn sie ehrlich sind, dass sie auf gewisse Weise Opfer des Systems sind. Ich glaube aber nicht, dass man durch das Outsourcen der kuratorischen Macht an andere Kuratoren das Problem löst, das die Beziehung zwischen Künstler und Kurator mit sich bringt. Ich für meinen Teil habe Ausstellungen immer als eine Art Medium begriffen, das durch den Prozess des Verhandelns mit Künstlern und der Öffentlichkeit Gestalt gewinnt. Ich habe viel in dieser Richtung experimentiert. Es ist schwierig hier den Rahmen rigide zu setzen, vor allem bei einer Documenta. Man muss sehr hart sein, um da ausbrechen zu können - und

TAL STERNGAST

nen Weg zu erarbeiten. Mir geht es dabei nicht nur um das Resultat, ich bin vor allem an ihren Methoden interessiert.

Das muss nicht unbedingt heißen, dass man sie nach Kassel bringen muss, als handele es sich um einen wertvollen Vogel, den man ausstellen möchte. Sie sollen ihre eigene Art und Weise der Präsentation bestimmen. Ich finde es interessant zu sehen, dass Leute in Argentinien mit ähnlichen Methoden arbeiten wie Gruppen in Moskau. Ich glaube, das ist auch für das Publikum durchaus ein spannender Punkt, diese Herangehensweisen mit-einander in Beziehung setzen zu können. Für mich geht es dabei auch darum, ein Teil meiner Kuratorenmacht abzugeben.

DEBUG: Ist das eine ähnliche Vision wie das, was in der Documenta X mit dem "Hybrid Workspace" passierte?

ROGER M. BUERGEL: Kollektive Arbeit wurde weder von Catherine David noch von mir erfunden, die gibt es wahrscheinlich schon seit der Steinzeit. Aber es gibt zwischen uns einen ähnlichen Fokus auf etwas, dass man kollektive Artikulation nennen könnte. Das schließt aber für mich auf keinen Fall klassische Künstlerpositionen aus. Das Problem von so etwas wie dem Hybrid Workspace ist auch die Sichtbarkeit innerhalb von großen Ausstellungen wie der Documenta. Meine Antwort auf diesen Konflikt ist, die Anzahl der involvierten Künstler radikal zu reduzieren, das Ganze lesbarer für die Öffentlichkeit zu machen. Ich glaube, es ist einfach zu groß.

DEBUG: Ist es Ihnen eigentlich ernst damit, Kunst aus den letzten 200 Jahren zu zeigen? Wollen Sie damit auch den Aspekt der Kunstmesse, den es in der Documenta gibt, zurückweisen?

ROGER M. BUERGEL: Historisch ist die Documenta ein-

DEBUG: In den meisten Ihrer Projekte haben Sie sich auf eine theoretische Figur bezogen, etwa Foucaults Konzept der Gouvernementalité, etwa in ihren Ausstellungen "Govermentalität", Hannover 2002 und "Die Regierung", die zwischen 2003 und 2005, Barcelona, Wien, Lüneburg, Rotterdam zu sehen ist. Haben Sie so etwas auch für die Documenta vor?

ROGER M. BUERGEL: Ich bin in Bezug auf die Documenta ja noch ganz am Anfang. Ich verbringe Stunden im Documenta Archiv, im Moment interessiert mich vor allem, wie die ersten Ausstellungen aussahen. Für mich war die Documenta zu dieser Zeit eine sehr spannende Geste. Kassel war damals ein Schlachtfeld, quasi ausgelöscht, und das Projekt der deutschen Bourgeoisie und die Kultur lag korrumpiert am Boden. Um in dieser Situation eine Präsentation zeitgenössischer Kunst zu erfinden, waren die Leute mit Negativität in ihrer pursten Form konfrontiert, auch in einem philosophischen Sinn, nämlich mit der Vernichtung von Bedeutung, eines der wichtigsten Momente des Modernismus, etwas wirklich einzigartiges, das ich sehr bewundere. Dies hat zur Würde der Documenta viel beigetragen und sie unter den großen Ausstellungen einzigartig gemacht.

DEBUG: Planen Sie, für die Documenta zusammen mit Ruth Noack zu arbeiten, die Ihre Partnerin ist und immer wieder Co-Kuratorin bei Ihren Projekten gewesen ist?

ROGER M. BUERGEL: Ich glaube, für uns führt kein Weg daran vorbei, miteinander zu arbeiten. Ruth spielte bereits eine wichtige Rolle bei meiner Bewerbung. Es gibt natürlich Schwierigkeiten, welchen Status sie jetzt einnehmen soll. Auch die Kunstwelt ist im allgemeinen sehr sexistisch,

INFO Documenta 12 ist vom 16.6. bis 23.9. in Kassel. www.documenta.de Die Regierung dieregierung.uni-lueneburg.de Bis 29.04.2004 in Lüneburg zu sehen.

Danach ab September 2004 in Barcelona und ab Februar 2005 in Wien.

Raumes oder der Zeit in andauernde Diskussionsveranstaltungen zu verwandeln, wie etwa Enwezors Platforms oder Hans-Ulrich Obrists "Utopia Station" in Venedig, auf der anderen Seite funktionieren die Großausstellungen als ein geschmackvolles Arrangement von Objekten auf eine sehr traditionellen Weise. Sehen Sie da einen Widerspruch?

ROGER M. BUERGEL: Nein. Ich glaube, das Ziel vieler Leute aus der Kunstwelt ist es, genau bei einem solchen Spektakel, einer Art Kunstmesse anzukommen. Aber es gibt auch andere Herangehensweisen: Arnold Bode, der erste Documenta-Kurator, gründete die Ausstellung 1955 im Kontext totaler Zerstörung. Er arbeitete mit einem methodisch nachvollziehbaren Weg und begriff die Ausstel-

man muss das natürlich auch wollen. Es ist ein Experiment, aber ich glaube, das ist es wert.

DEBUG: Sie haben bereits angekündigt, dass Sie einen Teil der Präsentationen an Kunstgruppierungen und Kollektive in Eigenverantwortung abtreten wollen.

ROGER M. BUERGEL: Sowas wie ästhetische "GrassrootBewegungen" gibt es ja in der verschiedensten Teilen der Welt. Etwa in Dakar, Zagreb oder San Sebastian, überall gibt es lokale Initiativen. Menschen, die Kunstmagazine herausbringen, um die herum gruppieren sich wieder andere Künstler und alle zusammen formieren sich zu einer Gruppe und so weiter. Ich mag solche Aktivitäten. Ich halte es für eine meiner wichtigsten Aufgaben, mit ihnen ei-

Wenn man die Documenta macht, kann man von vorneherein mit einem großen Publikum rechnen, was auch immer man tut. Das beseitigt jedoch nicht das Problem der Verantwortung, denn man möchte die Leute durch die Documenta verändern und mobilisieren.

zigartig. Sie ist ein Museum - und von Anfang an sollte sie ja ein Museum für 100 Tage sein. Wenn man einem großen Publikum hat das, mit zeitgenössischer Kunst klarzukommen versucht, dann können Genealogien und Traditionen dabei helfen zu verstehen, warum ein zeitgenössische Künstler bei einer bestimmten Lösung ankommt. Wenn man die Documenta macht, kann man von vorneherein mit einem großen Publikum rechnen, was auch immer man tut. Das beseitigt jedoch nicht das Problem der Verantwortung, denn man möchte die Leute durch die Documenta verändern und mobilisieren. Das ist meine Verantwortung, im Grunde ist das die Verantwortung von allen, die eine Ausstellung kuratieren.

es gibt ganz klar eine Tendenz dort, Frauen auszuschließen. Es geht aber auch darum, zu klären, wer wofür verantwortlich ist. Bis jetzt haben wir immer mit Künstlern zusammengearbeitet. Es ist noch nicht heraus, ob es überhaupt möglich ist, diese bisherige Art und Weise der Zusammenarbeit auf eine große Ausstellung zu übertragen.

Wir müssen das noch herausfinden, es kann sein, dass es so nicht funktioniert. Es gibt Künstler wie Rirkrit Tiravanija, der mit einer kommunitaristischen Idee arbeitet - wir sind alle Freunde, wir kochen zusammen und arbeiten zusammen. Ich bin ehrlich gesagt kein großer Freund dieser Art von Zusammenarbeit. Ich glaube nicht, dass man mit jemandem eng befreundet sein muss, um zusammen zu arbeiten.

GOTO <36> - DE:BUG.81 - 04.2004

GOTO

DE:BUG PRÄSENTIERT

NIPPON CONNECTION

TEXT

Frankfurt am Main, 14. bis 18. April 2004 Sugoiii! Film-Pop-Kultur aus Japan: Das Filmfestival importiert japanische Anime, Autorenund Mainstreamfilme für fünf Tage nach Frankfurt. Und reiht sie auf: "Nippon Cinema" zeigt Autorenfilme, die schon auch kommerziell funktionieren wie "Zatoichi" von Takeshi Kitano, den Animationsfilm "Tokyo Godfathers" von Regisseur Satoshi Kon oder "Dead and Run" vom Punkregisseur Sogo Ishii. "Nippon Digital" konzentriert sich mit Dokumentarfilmen, Animés und japanischen TV-Serien auf digital Produziertes. "Nippon Retro" widmet sich speziell dem frühen Animationsfilm mit japanischen Vorkriegs- und Kriegszeit-Zeichentrickfilmen und stellt sie amerikanischen Propaganda-Cartoons gegenüber. Neben den viel bespielten Leinwänden gibt es natürlich auch Vorträge, Workshops, Ausstellung, Konzerte und Parties zum Mitnehmen. Auf nach Japan am Main. www.nipponconnection.de

KAREN KHURANA | KAREN@DE-BUG.DE

EUROPEAN MEDIA ART FESTIVAL

TYPO BERLIN

KURZFILMTAGE

Die Typo dreht sich auch in ihrem neunten Jahr um die Schrift und all das, was in ihrem Sinn dazugehört: von den Technologie-inspirierten Veränderungen der Typographie über Plattencovergestaltung bis zum Graffiti Battle. Dazu hat Fontshop 52 Gastredner ins Haus der Kulturen der Welt geladen. Der britische Grafikdesigner Peter Saville verrät uns die Unterschiede zwischen Kunst, Design und Werbung (vielleicht angelehnt an sein kürzlich erschienenes Buch: "Designed by Peter Saville" mit all seinen Plattencovern für New Order, Joy Division oder Pulp). Mirko Borsche (Art-Director von "Neon" und "Jetzt") spricht über den Einfluss von Graffiti aufs übrige Kommunikationsdesign und die Berliner Grafik-Designerin Anna Berkenbusch sieht zu, wie Schrift auf Kleidung fällt. Parallel zum Vortragsstil in Typohall und Show laufen im Typolab Workshops, etwa zu Mikrotypografie, Copyright und Logo-Gestaltung.

Und mittendrin gibt es noch eine Mikromesse mit Magazinen, Schriftanbietern und Buch-Shop zum Stöbern. Das komplette Programm und Tickets unter: www.typo-berlin.de

Die Kurzfilmtage Oberhausen werden 50. Das Festival nimmt es sich natürlich nicht zurückzublicken und in 15 Programmen mit Kurzfilmen die Festivaljahre zu passieren: Die Retrospektive zeigt herausragende Filme und Videos von Alain Resnais, Roman Polanski, Agnès Varda, Chris Marker, George Lucas, Toshio Matsumoto, Chantal Akerman, Jean-Marie Straub, Romuald Karmakar und vielen anderen. Um nicht nur in der Vergangenheit zu schwelgen, blickt es mit der "Prospektive" aber auch nach vorn: Drei Programme drehen sich um die Gegenwart und Zukunft der kurzen Form. Dazu gibt es Specials zu dem japanischen Avantgarde-Filmemacher Yamada Isao und der britischen Künstlerin Jayne Parker, einen Produzententag zum digitalen Kino und natürlich die alljährlichen Screenings zu den Awards für Kurzfilme sowie Musik-Clips. Die nominierten Clips stehen schon ab Mitte des Monats für eine Preview online: www.kurzfilmtage.de

BERLIN, HKW, 13. BIS 15 MAI

ABO

OBERHAUSEN, 29. APRIL BIS 4. MAI 2004

nnement

OSNABRÜCK FESTIVAL: 21. - 25 APRIL 2004 AUSSTELLUNG: 21. - 23 MAI 2004 Transmitter schreibt sich das European Media Art Festival in diesem Jahr aufs hübsch fotografierte Programm, um darunter neue experimentelle Filme, Videos, Installationen und digitale Arbeiten in Form von CDs, DVDs und Internetzugängen verfügbar zu machen. Das Film- und Videoprogramm zeigt also fünf Tage lang experimentelle Kurz- und Langfilme, Musikvideos und Animationen aus Europa, aber auch aus den USA, Kanada, Südamerika, Australien oder Japan. Zur Seite steht ihm das Sonderprogramm für die Brickfilms, einem Genre, das sich seit Mitte der 80er stetig weiterentwickelt und vor allem im Netz größere Kreise gezogen hat: Legofiguren spielen in Stop-Motion-Animation Filmklassiker nach oder inszenieren ihre Sequenzen neu. Die Ausstellung der installativen und digitalen Arbeiten in der Kunsthalle Dominikanerkirche läuft noch in aller Ruhe einen Monat weiter bis zum 23. Mai. Details, auch zu den übrigen Festival-Programmpunkten (Kongress, Studentenforum, Awards und Performances) sind nachzulesen unter: www.emaf.de

TEILNAHME

Einreichschlüsse flattern ins Haus: Das internationale Festival "Viper" (im November in Basel) sucht noch bis zum 15. April nach nominierbaren Arbeiten in den Kategorien "Imagination", "Processing", "Transposition". Unter Imagination fallen prinzipiell bewegte Bilder, also analoge, digitale Filme, mobile Screenformate, Split-ScreenArrangements und so weiter. Processing fordert Arbeiten mit Live-Charakter oder interessanter Prozesshaftigkeit, etwa Social-Software-Applikationen, Smart Objects oder Interface- und Interaktionsdesign. Die Kategorie Transposition fahndet noch nach Arbeiten, die Zeit- und Ortsunabhängige Netzwerkarchitekturen entwerfen, also künstlerische Wifi-Applikationen oder originelle Bluetooth-Prototypen, bitte.

Das "Garage Festival" (im August in Stralsund) ruft ebenso noch nach Papieren und künstlerischen Auseinandersetzungen zum Thema "Interface - black box : white cube". Also bindet eure Arbeiten mit ausgeklügelten Schnittstellen an und sendet sie bis zum 30. April nach Berlin.

Genaue Adressen und Konditionen unter: www.viper.ch www.garage-g.de/call04

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ROBERT LIPPOK - FALLING INTO KOMEIT (MONIKA) Der Tüftler von To Rococo Rot überführt die introvertiert tastenden Songs der Zartcorler von Komeit in energetisch knisternde Elektronikahymnen, ohne ihnen die Intimität (und die Gitarre) zu nehmen. Ein Remixalbum, das seinen Namen verdient.

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SUPERPITCHER - HERE COMES LOVE (KOMPAKT) Der Opus Magnum von Superpitcher. Er singt, er leidet, er rockt. Songwriterhouse mit Träne im Auge und dem Blick nach vorn. Der Kölner Dandy zelebriert seinen Melancholie-Glam auf diesen zwölf musikalischen Erkundungen in die Poesie der Schwermut, bis eines fest steht: Here Comes Love!

LUCIEN-N-LUCIANO - BLIND BEHAVIOUR (PEACEFROG) Der Frühling kommt und Lucien Nicolet aka Luciano serviert den fluffigsten Soundtrack dazu. Spielerisch tänzelt er zwischen Minimalhouse, Reggae und Elektronika hin und her und verziert das Ganze mit seinen zauberhaften Melodien. Leichtfüßig melancholische Erkundungen jenseits des schwitzenden Dancefloors. Ein Fest!

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REVIEWS

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47 BUCH

48 DATES

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FAVORITEN

V.A. - BI SNEUNZEHN [AREAL RECORDS - KOMPAKT]

Es soll ja immer noch Menschen geben, die nichts von dem großartigen, minimalen Technotreiben der Areal-Rasselbande in Deutschlands schönster Domstadt, Köln, wissen. Völlig zu Unrecht, wie wir hier immer wieder gerne anmerken. Und für alle, die sich dem DJ-freundlichen Maxi-Tagesgeschäft nicht sonderlich verpflichtet fühlen, gibt es jetzt die zweite Areal Mix-CD, die die bleependen, knarzenden, poppigen, ravigen, clonkigen, schmiergelnden, Acidbläschen schlagenden Hymnen der letzten zwölf Monate nochmal zusammenfasst. Gemixt von Haus-DJ Jan-Eric Kaiser, ist eigentlich jeder der Tracks, die er hier von den Areal-Allstars Ada, Metope, Konfekt, Basteroid, Undo/Redo und Remute ausgewählt sind, Grund genug, vor Freude nervös auf dem Stuhl hin und her zu rutschen. Nach nunmehr knapp zwanzig Veröffentlichungen - neunzehn um genau zu sein, und nein, wir haben den Titel nicht falsch geschrieben - haben Areal mit ihrem sehr eigenen Sound, der gerne ganz unbeschwert und sympatisch zum ausgelassenen Raven zwischen ganz eigener Knarz-, Acid- und Popeuphorie einlädt, dabei aber immer mit so vielen verschrobenen Ideen und Wendungen daher kommt, dass einem schwindelig werden könnte, endgültig das große Feld des Minimaltechno von hinten aufgerollt. Ähnlich weit vorne sind zur Zeit hierzulande wohl nur die Musik Krauses. Und das ist ja auch so eine Rasselbande. www.areal-records.com SVEN.VT •••••

CD

MADVILLAIN - MADVILLAINY [STONES THROW - PIAS]

Lange haben wir auf diese Platte gewartet, sehr lange. Und je mehr Zeit verstrich, desto mehr Madvillain Versionen konnten sich im Netz verbreiten und sämtliche Sauger dieser Welt mit kokettem Grinsen und Hab-ich-doch-längst-Attitude versehen. Die müssen sich jetzt wohl ein neues Hobby suchen, denn inzwischen gibt es das Original und damit das Vinyl, ganze 22 Tracks reichhaltig. Und die Gerüchteküche hat den Topf nicht zu voll gestopft, die Platte ist wirklich sehr gut und wird sicherlich nicht nur den Frühling über so einige Runden auf unserem Plattenspieler drehen. Denn Madlib, den seit der Jaylib-Platte ein paar mehr Leute zu Recht vergöttern, obwohl er ja schon zuvor mit Lootpack und als Quasimoto für zwei der coolsten LPs überhaupt verantwortlich war, hat sich mal wieder in seinem losgelöst hüpfenden und trotzdem dumpf dicken Produktions-Style voll in Zeug gelegt. Dazu rappt und singt MF Doom, jahrelange Underground MC Ikone (u.a. als Zev Luv X mit KMD) mit heiserer Raffinesse und lässiger rauher Eleganz. Nebenbei noch dabei: Ihre Alter Egos Quasimoto und Victor Vaughn sowie Stacy Epps von Sol Uprising und Wildchild. Madvillain ist nicht so sehr eine klassische HipHop-Platte als vielmehr ein collagiertes Album bzw. ein verwackeltes Hörspiel, was vor allem an den vielen obskuren Samples liegt, die offensichtlich größtenteils aus alten Filmen und Serien stammen. Nichtdestrotrotz bleiben Madlibs Drums unverkennbar fett und MF Doom einer der interessantesten und gelassensten MCs. Das Ganze ist musikalisch wie lyrisch frisch und fügt sich so flüssig wie unkonventionell ineinander. Da soll noch mal jemand behaupten, HipHop wäre tot oder würde sich nicht oder zu langsam entwickeln. Love it or leave it. www.stonesthrow.com CAYND •••••

CD

R. FRIELING & D. DANIELS - MEDIEN KUNST NETZ [SPRINGER WIEN / NY]

Medienkunst muss multimedial vermittelt werden” - wenn das mal kein Imperativ ist, den Dieter Daniels und Rudolf Frieling da formulieren. Im Internet ist das Projekt “Medien Kunst Netz” schon eine Weile unter http://medienkunstnetz.de präsent, und nun ist der erste Teil der begleitenden Printausgabe erschienen. Wohlgemerkt: Die Printausgabe begleitet die ständig wachsende Datenbank im Web, die aktuelle Positionen von (Medien-)Kunst- und Medienwissenschaft bündelt. Der Reader, wie die Website projektiert, koordiniert und konzeptionell entwickelt von Daniels und Frieling, verknüpft analoge Inhalte mit dem Content der Website per “Softlinks”. Die werden in der “Gebrauchsanweisung” des 400-Seiten-Buches erklärt: Icons am Rand des Textes geben jeweils an, ob Biografien, Werksbeschreibungen, weiterführende Links oder ähnliches über die Website zu erreichen sind. Diese Form der Multimedialität eröffnet auf angenehme Weise eine neue Ära des Lesens und Lernens: Mit einem soliden Buch in der einen und der munteren Maus in der anderen Hand navigiert man sich benutzerfreundlich durch die Schnittmenge von analogen und digitalisierten Texten und kommt währenddessen immer mal wieder an einem Still aus einem Medien- oder Netzkunst-File vorbei. Da passiert dann auch gleich das, was die Initiatoren vorausgesehen haben: “vielfältige synergetische Effekte” lassen einen immer tiefer in die Welt der Medienkunst eindringen, wecken Neugier auf kommende Projekte zu etwa “Generativen Tools”, mediale Dimensionen von “Public Spheres” und”Mapping und Text”. Das schöne am Print ist ja immer noch, dass gedruckte Texte irgendwie besser in der Hand liegen und sich ergonomisch in die entspannte Couch-Potatoe-Situation integrieren. Und meistens sehen sie gedruckt auch schicker aus. Im Falle des ersten Bandes von Medien Kunst Netz ist das definitiv der Fall. Darüber hinaus können die Texte der Printausgabe im Gegensatz zum Netzauftritt definitiv auch in einigen Jahren nachgeschlagen werden, wenn die Webpräsenz entweder aus allen Daten-Nähten platzt oder durch ständges Updating die Urversionen verloren gegangen sind. Unser Tipp: Lieber zwei Buchdeckel als dauernd an der privaten Zettelsammlung herumdrucken. www.medienkunstnetz.de ARNE LINDE •••••

GAME

DONKEY KONGA (JP) - [GAMECUBE / NAMCO]

Allein die Ankündigung dieses neuen Nintendo-Streichs ließ Videospielbegeisterte rund um den Globus jubilieren. Obwohl so neu die Idee des auf zwei Trommeln basierenden Bemanis gar nicht ist, hat doch Namco auf der Playstation2 schon mit dem allein für den japanischen Markt bestimmten Taiko no Tatsujin schon in drei Fortsetzungen einen Erfolg verbuchen können. Dass Namco das faktisch gleiche Spiel nun auch für Nintendo produziert, freut uns jedoch auch hier, gerade weil die Chancen für einen Europa-Release äußerst günstig stehen. In der japanischen Version befindet sich neben dem Controller selbstredend eine Gamedisc im Karton und auf dieser wiederum gute 30 Titel, die von japanisierten Klassik-Versionen über J-Pop und Mambo No. Five bis hin zu Nippon-Volksliedern und - ganz wichtig - einem Super Mario-Medley von einem recht bunten Musikgeschmack zeugen. Nun ist bunt nicht immer gleich gut, neben der Musik gibt es aber auch Spielmodi und diese unterhalten uns Rhythm Aces schon recht angenehm: so muss beim gemeinsamen Trommeln auf bis zu vier Konga-Controllern nicht nur stumpf miteinander sondern auch Zeit versetzt, quasi kanonisch getrommelt werden. Das macht nicht nur Musikerziehern Spaß und die Lust auf den Highscore tritt schon bald dezent in den Hintergrund. Für Europa wünschen wir uns natürlich mehr und neue Tracks, ein winziges Fünkchen schwieriger darf das Spiel auch ruhig werden, darüber hinaus gibt es kaum etwas zu meckern. Das Trommeln ist dank der fein designten Controller auch nach längerer Zeit noch ein schmerzfreier Spaß und gerade auch das Klatschen (ach ja, geklatscht wird auch..) sorgt für einige debil-komische Situationen vor dem Bildschirm, ganz im Sinne von „was bitte schön machen wir hier eigentlich gerade!?” - Ein Hit. BOB •••••

CD GLENN BRANCA - LESSON NO.1 [ACUTE/ACT5 - HAUSMUSIK] Glenn Branca arbeitete in den 70ern und frühen 80ern konsequent mit dem Mittel der Wiederholung in seinen Kompositionen. Manchmal fühlt man sich dabei trotz der rockigen Instrumentierung mit bis zu fünf Gitarren, Drums und Bass und so sogar an Steve Reich erinnert. Obwohl Branca deutlich lauter daherkommt, ist das doch sehr cleane Musik, von der man glaubt, daß sie von Männern in frischgewaschenen Hemden gespielt worden wäre. Ein eigenartiges Spielfeld, das von Rock so weit entfernt ist wie der eingangs erwähnte Reich, aber gleichzeitig so nah dran und auch so energiegeladen wie beispielsweise Shellac. Daß das mal extrem wichtig war und immer noch ist, lässt sich daran erkennen, daß man dauernd damit rechnet Kim Gordon´s Gesang müsse nun gleich einsetzen. Weisser und kontrollierter hat Rock selten geklungen.

PP •••• V.A. - WHEN THE SKY COLOR CHANGES DUCKS AUTOMATICALLY ESCAPE [AK DUCK] Es ist definitiv die erste Compilation, die ich von einem Label aus Jerusalem kenne. Es gab aber wohl schon eine auf AK Duck, und diese hier zeigt einen Querschnitt durch die Elektronikszene in Jerusalem, der glücklicherweise nur einen Hauch von Goa hat und den Rest Israels zeigt. Zwischen Acid, Elektronikasounds und ein wenig Elektro manchmal etwas überstrapaziert säuselnde Compilation, auf der aber auch Highlights wie der C64-Sound von Binom Newton und Gelbart oder der skurrile Klassikquasselquatsch von Or

1. Manuvers - Supernatural Tangents (Botanica Del Jibaro) 2. Hugg & Pepp - Naken Janne EP (Dahlbäck Recordings) 3. Feadz - Maxi Beef EP (BPitch Ctrl) 4. Fabrice Lig - My 4 Stars (Kanzleramt) 5. Claro Intelecto - Section EP (Ai) 6. V.A. - Post Office 2 (Telegraph) 7. Quenum & Lee van Dowski (Cadenza) 8. V.A. - EP Vol.1 (Echocord) 9. Ellen Allien - Astral (BPitch Ctrl) 10. Superpitcher - Here Comes Love (Kompakt) 11. V.A. - Rebelfuturism (Crosstown Rebels) 12. Pulseprogramming - Tulsa For One Second Remix Project (Aesthetics) 13. Madvillain - Nadvillainy (Stones Throw) 14. Josh Martinez - Buck Up Princess (Bella Union) 15. Múm - Summer Make Good (Fat Cat) 16. Throbbing Gristle - Mutant TG (Novamute) 17. Redplanet Express EP Soloaction 18. Daedelus - Meanwhile (Laboratory Instinct) 19. V.A. - Motor Soul Trax Vol.1 (Philpot) 20. Languis - The Four Walls (Plug Research) 21. Lucky & Easy - Talent Hoover (Ann Aimee) 22. Justin Harris - What`s Inside My Head (Tom Bone Vibrating Music) 23. Common Factor - In Between (Soma) 24. Matthew Dear - Anger Management (Spectral) 25. Vast Aire - Elixir (Chocolate Industries) 26. Soulphiction - Soulphiction EP (Freude am Tanzen) 27. Lorber Sikora - Rumbarumbarumba (Nummer) 28. Goldfisch & Der Dulz - Supercolor (Moon Harbour) 29. Elektro Music Department Anti-Establishment 2 (Italic) 30. V.A. - Lost in Translation OST (Emperor Norton)

• = NEIN / ••••• = JA Burstein Platz finden. Gegen Ende gibts dann noch zwei Rockstücke und Ambidextrous als einzigen Gast von außerhalb. www.ak-duck.com BLEED ••-••••• LUCKY & EASY - TALENT HOOVER [ANN AIMEE/CD03 - GROOVEATTACK] Ach verdammt, nach so einem Intro kann ja schon so überhaupt nichts mehr schieflaufen.

Und das tut es bei Lucky & Easy sowieso nicht, denn diese Leute sind mit jedem Track so weit draußen, dass man echt nicht mehr glauben kann, dass die Spaceship-Idee rings um Ann Aimee eine Metapher ist. Wie sie das machen, habe ich keine Ahnung, es sind ja letztendlich doch nur Beats und Sounds, aber irgendwie erinnert einen hier nichts an irgendetwas und dennoch ist alles unglaublich schlüssig vom ersten Sound an. 12 Tracks für alle, die von Musik mit jedem Track überrascht sein wollen und dabei dennoch grooven und vor Glück die Hände in die Luft reißen möchten. Lucky & Easy sind definitiv unschlagbar. www.ann-aimee.net BLEED ••••• GRUNDIK & SLAVA - ... FOR ELECTRONICS AND BIRDS [AVANT] Der Titel ist durchaus ernst gemeint, denn die Vögel spielen hier eine wichtige Rolle. Sie piepsen durch die Räume, in denen sich sonst die Glöckchen die Federn putzen und erhöhen irgendwie den Reiz des sehr klar und fein strukturierten Sounds, der genau so viel von Kammermusik wie von Elektronika hat, ohne dabei in Mum-artiges Säuseln zu verfallen oder vielleicht

einen Hauch zu folkig zu wirken. Nein. Sehr abstraktes Album, so wie ein erster Frühlingshimmel abstrakt ist und darin mit Sicherheit eins der

sich eher auf den Weg macht, einen direkten Anschluss an Klassik zu finden. Und dennoch ist es weder Musik geworden, die einen an Horrorfilme erinnern würde, oder an einen Besuch im Konzertsaal. Eigentümlich aber lohnenswert.

sik, für die man Zeit haben muss, definitiv, denn ansonsten wirkt es natürlich innerhalb kürzester Zeit sehr monoton, wenn man die allerdings hat, ist es eine sehr angenehme Gehirnwäsche.

BLEED •••• MARGARETH KAMMERER - TO BE AN ANIMAL OF REAL FLESH [CHARHIZMA] Ein Singer/Songwriter- Album auf Charhizma?

Das geht schon, klingt aber nicht so wie andere Platten dieses Genres. Die ruhigen OriginalTracks bestehen aus Gesang und Gitarre, der nackte Song eben. Ein Drittel der Stücke sind aber Remixe. Ich meine um Himmels Willen keine Tanzremixe, denn die Bearbeiter sind B. Fleischmann, Nicholas Bussmann (zuletzt tätig mit Kapital Band) Fred Frith, Philip Jeck, Christof Kurzmann und O. Lamm. Deren experimentierfreudigen Bearbeitungen sind aber dermaßen einfühlsam, dass das gesamte Album klingt wie aus dem einen sprichwörtlichen Guss. Eine wirklich großartige und unglaublich warme Produktion.

ASB •••••

spielen mit Pianos, kitzeln Computer und spulen Sequenzen wieder zurück, um sie intensiver ausgestalten zu können. Ausgeglichen und gelassen spazieren Meldodiefragmente neben knackenden Effektmodulen und melden den zuständigen Synapsen Entspannungsreize. Dabei gehen die anfangs unscheinbar wirkenden Klangkörper unmittelbar ans Herz und erzeugen ein sicheres Gefühl, sich zu Hause zu befinden. “You’re going to love our defeatist attitude” trägt zwar einen seltsamen Titel, denn auch bei mikroskopischer Analyse will der Miesepeter nicht zum Vorschein kommen - ganz im Gegenteil scheinen die in sich ruhenden Endlostitel ein Lächeln im Gesicht zu tragen. Vielleicht liegt dies daran, dass die stilsicheren Tracks, besonders in Verstärkung durch Nicola Hodgkinsons Stimme, jede Menge Zeit und Raum mitbringen. So wird jedem Partikel, sei es das minimalistische Gitarrenriff oder die generierte Tonfolge, eine Gleichwertigkeit zugesprochen, welche die Musik wiederum zu einem unaufgeregten Erlebnis gestaltet.

JUK ••••

THE REMOTE VIEWER - YOU’RE GOING TO LOVE OUR DEFEATIST ATTITUDE [CITY CENTRE OFFICES/025 - HAUSMUSIK] Komm näher, flüstert es knisternd aus dem Lautsprecher. Das Remote Viewer Duo aus Craig Tattersall und Andrew Johnson zelebriert die Zurückhaltung und hat mit City Centre Offices nach wie vor ein vortreffliches Zuhause gefunden. In eleganter Beschaulichkeit breiten sich auf dem mittlerweile dritten Album der SlowmotionExperten warme Elektronikafunken aus. Sounds

FIREWIRE - A TRIBUTE TO MANZINI [CITY CENTRE OFFICES - HAUSMUSIK] Oha, hier kann man schon mal die großen Namen heranbeten: Der theatralisch umwölkte Scott Walker solo, Bowie zur Aladin-Sane-Phase, Christopher Walken in “King of New York”: der Dandy-Blues in seinen kaleidoskopischen Verstellungen. Die Engländer Spacek sind damit auf der Insel groß geworden. Auf dem Kontinent ist diese Art von blankgezogenem Moll-Gemüt in der leergeputzten Elektronikwüste eher beargwöhnt. Die

listen.to/grusla BLEED ••••

schönsten Alben dieser Art. Die Musik schleicht so dahin, und jeder einzelne Ton scheint irgendwie überdacht und mit einer Mischung aus Nachdruck und Lässigkeit konzipiert zu sein. Wunderbar, auch wenn die Vocaltracks dann doch ein wenig esoterisch wirken. Die beiden kommen übrigens aus Russland. listen.to/grusla BLEED •••••-•••• ULTRA - STAIN [AVANT] Eigenwillig düster und fast orthodox in der Art, wie hier Stimmen von rituellem Gesang durcheinander geworfen werden, um irgendwas wie Pluralität der religiösen Empfindung zu finden.

Oder, wenn es darum geht, ein Piano in sich selber aufzuhängen, oder Freejazz zu erfinden, der

AFROPOLICE - BREAKCODE [BREAKIN] Keine Ahnung, wer diese atemlos rockende Posse hier ist, aber sie bestehen aus einem Oldschool Elektrosetup nebst Shouter und bewegen sich vom ersten Track an tief in das dunkle quietschende Metropolenfunk-Überholstreifen-Stakkato, dass einem das Hirn wegbrennt vor lauter übernächtigter Sicht auf die Stadt, in der nur noch die Elektrizität zählt. Dark, aber angeschrotet, verzweifelt, aber mit einem Spaceshuttle als Rettung und letzendlich besitzen die Tracks dann auch noch soviel Humor, sich als Sci-Fi-Trash zu sehen. Schnell und sympathisch.

BLEED ••••-••••• BANG ON A CAN - PHILIP GLASS - MUSIC IN FIFTHS/TWO PAGES [CANTALOUPE] Tja, Klassiker der minimalen Moderne reinterpretiert von einem kleinen Orchester aus Klarinette, Cello, Bass, Piano, Marimba und E-Gitarre. Wenn ihr die Musik von Philip Glass kennt, dürftet ihr euch damit schon ziemlich genau vorstellen können, wie das klingt. Zirkulär und dabei dennoch irgendwie folkig, denn glücklicherweise sind die beiden Tracks (je knapp eine halbe Stunde) nicht etwa mit Ausdruck verunstaltet worden, sondern werden eher rasant und klar runtergespielt. Mu-

<37> - DE:BUG.81 - 04.2004

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CD

• = NEIN / ••••• = JA

geliebte Kaminfeuer-Wohligkeit der klassischen Elektronika fehlt Firewire gänzlich. Umso beachtlicher ist es, dass City Centre Offices - ansonsten ein sicherer Schoß für Gemütsmenschen - dieses Dokument frostiger Vereinzelung herausbringen. Zu der distanziert angespannten Elektronik von Frederic Stader bewegt sich Carl Crack, ehemaliger Frontmann von Atari Teenage Riot, als sehr wandelfähiger Vor-sich-hin-Erzähler, der nicht in eine Zuschauermenge, sondern in einen zersplitterten Spiegel zu blicken scheint. Der Mut zur Eindrücklichkeit balanciert auf des Messers Spitze. Das hat eine brüchige Dramatik, die mit der kleinsten Geste Eisberge an den Äquator versetzen will. Lass dir zu nahe treten.

JEEP ••••-•••••

von uns geworden sind oder auch nicht, weil sie doch im Büro sitzen. In jedem Fall studiert. Am besten zwischen Medien, Kommunikation, Design und Kunst. In New York (wo wir alle immer sein wollten) traf sie Adam Peters, der wiederum mit Bands, die wir alle liebten (Echo & The Bunnymen, Triffids etc.) arbeitete. Die beiden mit ihren Haufen von Geschichten und Drummmaschine, Keyboards, Gitarre und ein paar Gäste (u. a.

Martin P. Casey von Nick Caves Bad Seeds) bieten zehn tolle Tanznummern, die einem irgendwie bekannt vorkommen. Als wenn jemand auf dem Dachboden war, aber alle Funde neu verpackt abends auf der Party präsentiert. Was für Musik? Ach ja, cooler Synthie-Pop mit unpeinlicher Melancholie all dieser (hier auch schon genannten) Australier. Cher für Shoegazer, Paula für Erwachsene, und die Kleinen können was lernen: klasse, mehr! www.diskob.com CJ •••••

KABUKI - SIGNAL TO NOISE [COMBINATION 022 - ALIVE] Im Grunde handelt es sich bei Kabukis Album um eine Ansammlung ausgewählter Tracks. Tracks, die dennoch so signifikant aus der gleichen Richtung kommen und insbesondere in die gleiche Richtung zeigen, dass es eingedenk von Veröffentlichungen, die auf Labels wie Infracom, Sonar Kollektiv, Best Seven, Head To Toe und natürlich Precision und Spectrum Works erschienen sind, schon wieder beeindruckt. Der Schlüssel zu seinem klaren und warmen Sound ist im Grunde der Hidden Track, bei dem er souverän den Sprung von lässigen Broken Beats zu seinem typischen aufgeräumten Drum´n´Bass-Sound macht. Dazu noch seine Sonnenseite von Detroit, Gäste wie Cleveland Watkiss und Vikter Duplaix (vergleiche dazu das Marky & XRS-Album) und Fat Jon. Keine weiteren Fragen!

SCHNEIDER TM - RECONFIGURES [EARSUGAR] Schneider ist ein guter Remixer. Da kann man überhaupt nichts gegen sagen. Er schafft es selbst die hin-

www.combination-rec.de M.PATH.IQ •••••

es sieht sich eher in einem Umfeld der Swingsänger und transportiert damit weniger Innerlichtkeit, als vielmehr die große Gestes des Schlenderns durch Metropolen. Nichtsdestotrotz hat man auch davon schon mehr als genug gehört, es ist also eher was für Fans des Genres. www.microberecords.com BLEED •••-••••

entwickeln und darauf dann mit einer solchen Menge an Instrumenten Stimmungen erzeugen, die sich langsam wie eine Prozession über die Wellen ihrer Melancholie schaukeln und dabei immer massiv pathetisch und dennoch trällernd bleiben, Säuseln wie kein zweites und einem ständig suggerieren, dass die Welt aus einem einzigen Traum besteht, den man nur oft genug angrinsen muss, damit er seine Alptraumhafte Neigung verliert. Ganze Schiffsladungen voller schwermütigstem Optimismus finden sich auf “Summer Make Good”, das letztenldlich ein Album ist, dass aus der Dimension des Alltags ausbricht in eine Phantasmagorie vergilbter sattgrüner Wiesen und immer auf das hofft, was kommen mag, wenn man einmal den Bruch gefunden hat, durch den man in eine andere Welt hinüberkrabbeln kann. www.fat-cat.co.uk BLEED •••••

Basic Channel: Basic Reshape BC-BR (D 12” @ ¤ 8,00) Basic Reshape features Basic Channel's very free takes of two of Carl Craig's projects that were originally released seperately from each other on his own Planet E label. The Basic Reshape of "The Climax" (which itself was originally released in 1991 on Retroactive) first appeared on the 2001 reissue of this milestone in Carl's work, is one of the most hypnotic and driving club tracks that Mark Ernestus and Moritz von Oswald have produced in their "post Basic Channel" period. "Remake" Basic Reshape from 1994 relates to "Remake Uno/Duo", Carl's sample-based re-interpretation of Manuel Göttschings epochal E2-E4. Basic Channel take a radical, abstract, sample-free approach with a breathtaking slow motion groove under a multilayered sound sphere. This track also appeared on the Basic Channel CD.

Junior Delahaye: Movie Show Wackies 153 (Reggae 12” @ ¤ 8,00) This 12" came originally in 1981 in fine underground style with white or blue Wackies labels, with and without information stamped on. The A differs from the album cut; the dub is right up there with Bullwackies' - anybody's - best.

ELISABETH ANKA VAJAGIC STAND WITH THE STILLNESS OF THIS DAY [CONSTELLATION - SOUTHERN GERMANY ] Schwermütig ist Elisabeth Anka Vajagics Musik, so schwermütig, Nick Cave klingt dagegen richtig fröhlich. Und langsam ist ihr Folkblues, gefühlvoll instrumentiert mit Gitarre, Schlagzeug, Klavier und Cello.

Auch ihre Stimme ist etwas Besonderes, melancholisch, rauchig, immer leicht out of tune, aber immer leidenschaftlich. Und auch dieses Album passt wieder nicht so richtig in gängige Klischees wie die meisten Bands vom kanadischen Constellation- Label wie Godspeed You! Black Emperor, Mount Zion oder Do Make Say Think. Trotzdem oder grade deswegen ist es ein sehr schönes Album, oder eben ein sehr trauriges, je nach Betrachtungsweise.

ASB ••• PAULO RAPOSO & MARC BEHRENS - FURTHER CONSEQUENCES OF REINTERPRETATION [CRÓNICA/008 - A-MUSIK] Erinnert sich noch jemand an die Reinterpretationsgeschichte “*0-0.000-Inflation”? Künstler wie Merzbow, Roden, Mathieu, Behrens, Deupree, Chartier, Cascone und einige mehr interpretierten auf 2 CDs Soundmaterial des Japaners *0, welches ausserhalb des menschlichen Hörvermögens lag. Marc Behrens und Paulo Raposo verarbeiteten vorangegangene Interpretationen wiederum einige Male, und heraus kam diese CD, aufgenommen bei einer Live-Performance der beiden.

Wer die Frage am Anfang dieses Textes mit ≥Ja„ beantworten kann, weiß auch schon, wie sich das Ergebnis anhört. Es pocht, summt, surrt und fiepst. Mal hektisch, mal schleichend; hier nervös, dort ruhig. Ein immerwährender Gegensatz, bestehend aus dem, was sich die beiden auf unterschiedliche Weise in einzelnen Soundfragmenten zugespielt haben. Klare Kalkulation meets spontane Jam-Session. Schön!

AD •••-•••• TAPE - OPERETTE OPERA REMIXES [CUBICFABRIC] Die schwedischen Jazzelektroniker Tape werden hier von Grubbs, Fonica, Hazard, Rechord, Oren Ambarchi,

Ron´s Edits: #1

Ron´s Edits: #2

Kerrier District: Kerrier District

Ron´s Edits 01 (Euro 12" @ ¤ 9,00) disco edits, combined emotions of disco w/ hypnotic power of early house 43537

Ron´s Edits 02 (Euro 12" @ ¤ 9,00) disco edits, combined emotions of disco w/ hypnotic power of early house 43538

Rephlex 143 (UK 3X EP @ ¤ 21,00) Luke Vibert emulates late 70s/early 80s synth's flavoured disco - hypnotizing!

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terletze Indieband noch so klingen zu lassen, als wäre hier etwas mit einer digitalen Elektronikaleichtigkeit zusammengetroffen, die alles in einen dieser flowigen sweeten Tracks verwandelt, die man auf dem Klapprad im Wald bei viel Sonnenschein auf dem Walkman hören möchte. Geremixt wurden im Laufe der Zeit viele, egal ob experimentellere Kids wie Rechenzentrum, Bands wie Lamb oder Ruby, Lambchop, Rocklegenden wie Bosshog, oder schwer festzumachende Eigenbrödler mit Seele wie Turner oder Pulseprogramming und selbst Philip Boa & The Voodooclub. Schnittstellenmusik, die sich längst ihr eigenes, wie ein Sog wirkendes Universum geschaffen hat. Manchmal aber lässt sich halt dann doch am Material nicht mehr soviel machen, dass nicht doch ein paar Peinlichkeiten übrig bleiben.

BLEED •••-••••• V.A. - LOST IN TRANSLATION [EMPEROR NORTON - ROUGH TRADE] Manchmal ist die Welt gerecht und die Musikbranche mein Lieblingsbusiness. Es ist ein paar Monate her, da flatterte diese - und das möchten wir gleich am Anfang sagen - von vorne bis hinten brillante OST-CD ins Office. Leider war sie damals kopiergeschützt - hören? Niente! Jetzt ist alles anders und wir können Kevin Shields, Girls in Vegas, Jesus & Mary Chain usw. auch im Rechner hören. Shields, My Bloody Valentine, ihr wisst schon, ist sehr großartig, die anderen Tracks fügen sich nahtlos ein. Uns bleibt die Spucke weg. Killer.

Toller Film, tolle Musik!

THADDI ••••• STEPHANE ROY - MIGRATIONS [EMPREINTES DIGITALES - METAMKINE] Elektroakustik und Lautsprechermusik sind die Bereiche, in denen sich der Kanadier Stephane Roy bewegt.

Seine Kompositionen sind also am Computer entstanden und nicht von einem Orchester zu spielen. Er verarbeitet mit abstrakten, kühlen Kombinationen aus bearbeiteten Naturklängen und rein digitalen Elementen zu äußerst stimmungsvollen Soundbildern und dynamischen Klangcollagen. Kopfhörer auf und los geht’s!

ASB ••• QUEEN OF JAPAN - FOREIGN POLITICS [ERKRANKUNG DURCH MUSIK] Holla! Das fängt ja an als hätten sie ein ganzes Orchester geschluckt. Mittelalterlich einverleibt wäre vielleicht besser. Auf dem Cover sehen sie auch so aus als wären Pumphosen der letzte Chique. Was haben Matmos nur angerichtet. Die Musik erweist sich dann letztendlich als eine Art Mischung aus digitalem Cabaret und Elektro für Bluesrocker und angehende Discoprinzessinen. Mir ist dabei, über so ein ganzes Album, die Stimme der Sängerin ein klein wenig zu möchtegern sleazy, aber vielleicht soll es grade das sein.

www.erkrankung.net Skatebard: Skycity

Juri Hulkonen: Keys of Life Remixes

Skatebard: Future

Keys of Life 010 (Euro 12" @ ¤ 8,00) absolute brilliant 90s uplifting + warm spaced out sounding Detroit techno 43350

Keys of Life 011 (Euro 12" @ ¤ 8,00) late 80s Todd Terry alike groovin' acid club anthem, b/w acid vocal version 43351

Keys of Life 008 (Euro 12" @ ¤ 8,00) kool club tracks w/ male vox and smart 80s house/ detroit electro atmosphere!

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Pita, Minamo, Josh Abrams, Anderegg und Stephan Mathieu geremixt - und das ist definitiv eine Bandbreite an verspielt vertrackten Elektronikern und Elektroakustikern, die man nicht oft findet. Die Musik geht dann auch von geschliffenen Laments über klickend digitales Säuseln zu leichten Beats, zu loopig orchestralen Stücken, abstrakt nuancierten, perlenden Sounds, fiepsig verhallenden Klangskulpturen bis hin zu großen, tragischen Szenenbildern. Sehr schön, sehr ruhig und eine perfekte Ergänzung zu den brillianten Tape Alben Opera und Milieu.

www.cubicmusic.com/fabric BLEED ••••• DJ Nasty: Freakin' Tails

Monologic: Blazaebla

Cool Peopl: Sharivari

MCEC 007 (US 12" @ ¤ 8,00) pumpin' Detroit booty bass & techno tracks 43482

TBL 002 (US 12" @ ¤ 8,00) heavy 80's flav. Electro-esque tech house tracks w/s female vocals by Eryka 43478

Moods & Grooves 026 (US 10" @ ¤ 8,50) ultra deep jazz house version of this classic 80's anthem; ltd. Edition & one sided 43337

Kareem: Neoclassical

Soloaction: Red Planet Express EP

Granny' Ark: Resurgo

Ramadan 002 (D LP @ ¤ 12,00) Zhark's mastermind Kareem delivers instrmt. hip hop between RZA and El-P 42740

Soloaction 001 (D 12" @ ¤ 8,00) fine 4 track EP w/ cool warm, rough + soulful groovin' Detroit house 43376

Zora Lanson Label 001 (D 12" @ ¤ 8,00) excell. 5 track EP w/ deep clicks'n'cutsdisco funk + electronic listening pieces 43516

Jeff Mills: Apollo EP

Jeff Mills: From The 21st Pt. 1

Jeff Mills: From The 21st Pt.2

Axis 019 .B / GX2 (US 12" @ ¤ 9,00) deep spacey techno w. exprimental edged cutting in parallel technique 26891

Axis 019 OUR (US 12" @ ¤ 8,00) var. tracks from deep spaced out ambience to minmal & pumpin' techno cuts 43397

Axis 019 AFV (US 12" @ ¤ 8,00) deep var. style techno tracks, from spaced out soundscapes to pumpin' techno cuts 43398

Diese Liste kann nur eine Auswahl aus unserem Angebot sein. Wenn diese Liste vom Drucker kommt, sind manche Platten vielleicht schon vergriffen und andere wieder neu reingekommen (wir setzen nur Platten in die Liste, die wir zu dem Zeitpunkt des eintippens auch wirklich am Lager haben!). Deshalb bei Bestellung bitte möglichst Ersatztitel angeben. Normalerweise bekommen wir jeden Tag Lieferungen mit Neuheiten oder Nachbestellungen. Bestellung telefonisch oder schriftlich und bitte die Bestellnummern angeben. Preisangaben unter Vorbehalt (Einzelne Tippfehler können bei den Preisen genauso wie bei Titeln oder Labels vorkommen). Versand erfolgt per Nachnahme oder Bankeinzug mit Paketpost.

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DYNAREC - USER INPUT [DELSIN RECORDS - RUSHHOUR] Nicht einfach nur Elektro, sondern ein echter Soundtrack für eine völlig eigenwillige Mischung aus Sciencefiction, Streetmovie, Dokumentation, Clubwelt und Reminiszenz an Drexciya, die auf dem Album zum tragen kommt. Da bleibt nicht einmal der Eindruck, dass es sich um eine Platte handeln würde, die Elektro als Genre versteht. Um jede einzelne Sequenz ist gekämpft worden, jeder Soundeffekt muss einem etwas sagen über die Geschichte der Musik, die hinter dieser Platte steht hinaus, und letzendlich muss all das dann in einen Groove verpackt werden, der einen bouncen lässt mitsamt seiner wie auch immer gearteten Vorstellung von Seele. Die Platte rockt und gehört definitiv zu denen, die Elektro nicht den Retrofanatikern überlassen wollen, ohne es einfach so aus seiner Geschichte heraus zu reißen, sondern eher ständig neue neurale Verbindungen schafft. www.delsin.org BLEED ••••• OVERPROOF SOUNDSYSTEM - NOTHING TO PROOF [DIFFERENT DRUMMER] Das Birmingham-Soundsystem aus dem Rockers HifiUmfeld ist live schon seit ein paar Jahren unterwegs; jetzt kommt also das Debutalbum. Overproof ist die melodischere Variante des Produzententeams G-Corp, ebenfalls aus dem Hause Different Drummer. Hier arbeiten sie mit zwei Sängern und einem Percussionisten und sorgen so für einen angenehmen Live-Style. Natürlich ist der Hit “Watch What You Put Inna” vertreten, aber auch der Rest der Platte hat durchaus Ohrwurmcharakter. Und die minimale fette Produktion gibt ordentlich Gas. ASB •••

BLEED •••• OSTINATO - LEFT TOO FAR BEHIND [EXILE ON MAINSTREAM RECORDS - SOULFOOD ] Ostinato rockt. Die Tracks haben viel Zeit, klingen improvisiert und haben dadurch eine gewisse Nähe zu Mogwai. Sie sind schwerer und sphärischer, so dass die Gitarre in riesigen Hallmeeren zu ersaufen droht.

Außerdem haben die drei sicher auch ein paar alte Pink Floyd- Platten zu Hause, das Ganze klingt nämlich meist psychedelisch und hypnotisch, das liegt sicher an den alten Synthies und voll aufgerissenen Effekttretern. Vielleicht ist das Ergebnis manchmal ein wenig bombastisch, interessant ist es aber allemal.

ASB ••• MOLAR - THE TIME AND MOTION STUDIES [FALSE WALLS] Ein Chicagolabel kommt hier mit sehr kratzbürstigen, experimentelleren Tracks von Molar, Jim Goodspeed, Matthew Johnson und Lars Fischer, die zwischen zerrissenen Gummibändersound und schwer angebröselten Granithängen aus Synthesizerorgien und kurzangeleinten Stakkatotracks keinen großen Unterschied machen und sich durch die eigene Soundwelt fräsen, als könnten sie in ihrem Studio vom Großprojektstaudamm bis hin zur Microelektronik alles produzieren.

Stellenweise spannend, manchmal aber auch ein wenig überspannt.

BLEED •••-•••• ENSEMBLE DU VERRE - FACING, TRANSPARENT [FANTE - SPV] Das gläserne Ensemble kommt aus dem Computer.

Glatte zwei Jahre hat Sönke Düwer, seines Zeichens eine Hälfte der Mojo-Club-Band Groove Galaxi, Freunden beim Musizieren gelauscht und ihre Werke aufgezeichnet, sie an seinem Laptop zerschraubt und alles bis ins Unerkenntliche verdreht. Dabei arbeitete der Drummer immer an seiner ganz persönlichen Version von Jazz. Und die ist eine wahrlich moderne. Mehr noch als bei Groove Galaxi geht er den Weg der Abstraktion, zerlegt Rhythmus und Instrumentarien in Partikel und fügt sie wie selbstverständlich zu etwas Emotionalem zusammen. Als Orientierungspunkt seien dazu nur Nils Petter Molvær und Bugge Wesseltoft genannt. Letzteren begleitet er - dann doch als Trio - auf dessen Deutschland-Tour. Hingehen!

www.ensemble-du-verre.com M.PATH.IQ •••••

NEULANDER - SMOKE + FIRE [DISKO B/122 - HAUSMUSIK] Dies ist die Platte zum Befreiungsschlag der Thirtysomethings. Warum? Neulander gehören offensichtlich nicht nur selbst dieser Generation an, sondern verschmelzen all die guten Seiten dieser komischen Dekade vor zwanzig Jahren. Und zwar, ohne groß zu posen oder darüber zu reden. Korinna Knoll ist das, was viele

MUM - SUMMER MAKE GOOD [FAT CAT - PIAS] Mittlerweile auf drei geschrumpft (Live ist es immer noch eine ganze Horde) und bei ihrem dritten Album angekommen sind Múm immer noch diese unfassbare Band, deren Tracks keinem Schema folgen können, weil sie sich immer aus Randnotizen von Sounds heraus

BLACK DICE - MILES OF SMILES [FATCAT/044 - HAUSMUSIK] Fast könnte man meinen, Black Dice hätten sich zwischenzeitlich mit den bildenden Künsten verbandelt, denn auf den beiden längeren Stücken dieser CD geht es recht konzeptionell zu. Die New Yorker beschäftigen sich hier mit dem Gegensatz von Natur und Kultur. Dabei treffen Field-Recordings eines nächtlichen Dschungels auf prozessierte Sounds, die wiederum mit der drumbasierten Dokumentation eines Ereignisses kollidieren, von dem man nur weiß, dass es der östlichen Hemisphäre entstammt. Das somit entstehende kühle und sehr reduzierte Spannungsfeld wird auch im zweiten Track verfolgt, wenngleich mit anderen Mitteln.

Black Dice ohne Gesang wäre ja so wie Frühling ohne Spargel und demgemäß klingt ein Hauch dieses typisch wimmernden Singsangs zu Beginn an. Allerdings findet die Auflösung nicht wie erwartet in der Art des Singens statt, sondern wiederum auf eine diesen prozessierende Art. Musik, die einem eine Ahnung davon verschaffen kann, was es bedeutet, Zeit zu haben. Eine ausgestreckte Hand, in die man einschlagen sollte.

PP •••• ANIMAL COLLECTIVE - SUNG TONGS [FATCAT/SP08 - HAUSMUSIK] Ob die sich in ihrem Kollektiv gedacht haben, dass sie jetzt mal ganz entfernt so klingen wollen wie David Byrne und die Talking Heads, oder geht da gerade die Fantasie mit mir durch? Auf jeden Fall ein fulminanter Start, der hier vollzogen wird und gleichzeitig den Aufbruch in poppige Gefilde markiert. Aber natürlich bleiben sie da nicht stehen, sondern begeben sich weiter und generieren Stimmungen, wie man sie sich in tollen Trickfilmen für Kinder wünscht, bei denen die Protagonistin allerlei Unbill in Kauf nehmen muss, bevor es letztendlich natürlich doch noch ein tolles Happy-End gibt. Womöglich hört man Animal Collective zu Weihnachten also im neuen Disney-Film, womit alter Hippiespirit seine Finger mitten ins Herz der Bestie der US-Kulturindustrie ausgestreckt hätte. Hoffentlich puhlen sie in der offenen Wunde schön rum.

PP •••• RICHARD BARTZ - MIDNIGHT MAN [GIGOLO] Da ist er wieder, der eigensinnige Meister der etwas brachialeren Feinheiten, und unterhält nach langer Zeit sogar auf Albumlänge. Und wie! Das in die Jahre gekommene Technowunderkind jongliert souverän mit Versatzstücken der Münchner Disko-Schule und der Chicagoer Oldschool und fügt sie nahtlos in seinen offensiven Technoentwurf ein - einfach so und immer auf höchster Intensitätsstufe. Das für Bartz so typische Unerbittliche, das zu Acid-Scout-Zeiten immer in dem Einsatz der 909 Kickdrum seinen sinnfälligsten Ausdruck fand, wird mittlerweile über das gesamte Arrangement der Tracks vermittelt. Entsprechend in sich geschlossen sind die Stücke; hier gibt es keine Leerstellen für den DJ, den Bartz ohnehin nie im Blick hat: Für den rigorosen Live Performer ist der Track immer schon das Endprodukt, nie nur der Rohstoff für weitere Eingriffe.

Das gibt den Stücken eine ganz spezielle kompositorische Dichte und gut ausbalancierte, elegant gefilterte Dramaturgie, bei der sogar der routiniertesten Diskokugel schwindelig wird. Konsequent!

FELIX ••••• THE TAPE - PERPETUAL DUBBING [HAMTON - ROUGH TRADE] Manchmal reichen kleine Inspirationen für ganze (Konzept-)Alben. Hier etwa diente ein altes Tape, auf dem sich im Laufe der Jahre wiederum Unmengen an diversesten Inspirationen befanden, als Ideengeber. Einflüsse aus Jazz, Dope Beats, Rock, Punk, Funk, Surf und einigem anderen haben Robot Koch (Producer der WMFRecords-Formation Jahcoozi) und Walera Goodman alias Panorama unter dem großen gemeinsamen Nenner HipHop zusammengepastet. Dabei begreifen sie HipHop nicht als einengende Schublade, sondern als freie Schnittstelle für ihre Laptops. Keine Raps, keine Affekte, sondern warme Elektronika, schmeichelnde und zuweilen auch schmutzige Samples prägen das Bild. Ein phasenweise avantgardistisch anmutendes Album, wie es wohl nur der Berliner Winter hervorbringen kann. Zwar wird so bislang nur eine Seite des Tapes gefüllt, die zweite kann man dann aber ja bei Gelegenheit wieder überspielen.

www.hamton.de M.PATH.IQ •••••-•••• SQUARES ON BOTH SIDES - CROQUET [HAUSMUSIK/68 - HAUSMUSIK] Es dauert nicht mehr lange und wir können die definitive Rückkehr des Pianos ausrufen. Das wird ein Fest.

Hier kommt ein Trend, den ich nur unterstützen kann.

Daniel Bürkner mag das Instrument auch und sein Album steckt voller fließender, akustisch ruhiger Tracks, die dann natürlich auch wieder im Rechner zusammengesetzt wurden (so stellen wir uns das vor), aber als Songs bereits so wunderbar funktionieren, dass man das ganz schnell wieder vergessen hat. Hier kommt jemand, der in bester Singer-Songwriter-Tradition in seinen Liedern vor sich hinträumt und wir dürfen mithören. So ein Glück hat man selten.

THADDI •••• RECEIVER - TEDDY HAS STOPPED BREATHING [HOOFBOY RECORDS/MICROBE] Schon ein tragischer Moment, das wissen wir alle, wenn Teddy nicht mehr durchhält, warum sollte man dann selber? Aber nicht, dass Receiver, früher mal auf Cup Of Tea und im On-U Umfeld verortet, jetzt drauf aus sind, einen zu bedrücken, noch mit beliebigem Downtempojazzkram zu versorgen. Sie machen eher sehr stimmungsvolle, wenn auch düstere, funkige Bluestracks, Philliegesangssoul für Freunde von Tarwater und großen Stringumarmungen, und natürlich hat das etwas von Kitsch, soll es wohl auch unübersehbar, aber

DJ MARKY & XRS - IN ROTATION [INNERGROUND - GROOVE ATTACK] Kaum zu glauben, dass das hier nach all den Hitmaxis das Album-Debut der beiden Jungs aus Sao Paolo sein soll. Wahrscheinlich waren sie nach dem weltweiten Erfolg, der sich nach der Brazil EP einstellte, einfach zu beschäftigt, um schon früher mit ihrem eigenen Label durchzustarten. Mit dem Mega-Seller LK und der M.I.S.T-Kollaboration Sunshine auf Soul:R haben sie zwei essentielle Tracks dieser Zeit beigefügt. Bleibt noch genug Platz, um ein paar Blicke in die Zukunft zu werfen. Und die hat z.B. dank des Gesangs von Vikter Duplaix und Cleveland Watkiss ne Menge Soul, aber mit Rudebwoy, Dia De Sol und Rotation auch die erhofften neuen Crowdpleaser. Wer nur Tracks nach dem alten Sample-plus-Drumloop-LK-Muster erwartet hat, wird vielseitig positiv überrascht. Erst drosseln sie bei Terapia das Tempo auf Broken Beats, um nur etwas später mit Tijuana Frogs einen echten House-Stampfer einzubauen. Und auch wenn die neuen Drum´n´BassNummern noch viel mehr überzeugen, will man ihnen alles als ein absolut schlüssiges Statement abnehmen.

www.innergroundrecords.com M.PATH.IQ •••••-•••• SOMEWHERE IN YDOBON - EN SAYNE WHORTER [ISH] Wenn jemand von euch nach einer klassischen Downtempoplatte suchen sollte, die dennoch nicht so klingt, als hätte jemand einfach zu tief in die Brandyflasche geschaut und dabei vor allem zeigen wollen, was für ein schönes Etikett sie hat, der dürfte diese CD hier mögen. Denn erstmal haben sie ihre Breaks im Griff und finden ständig freshe Beats, die klassische Nebeninstrumentierung füllt den Raum sehr gut aus und wird dennoch nicht überstrapaziert und letztendlich vergisst man, selbst wenn es so etwas wie Bläsersätze gibt, nicht, dass die Trockenheit des Beats vor dem orchestralen Sumpf kommt. Einfache sehr lässige gerne auf vieles zurückgreifende Platte, die aber dennoch nicht so rüberkommt wie ein verwässertes Neojazzabziehbild. Und Titel wie “Even Cellphones Have A Soul” zeugen ganz gut von der Art von Humor, die hinter solchen Platten stecken muss.

BLEED •••• VIKTER DUPLAIX - SINGLES -PRELUDE TO THE FUTURE [K7 - GROOVEATTACK] Noch heute erinnere ich mich, wie ich vor ein bisschen mehr als einem Jahr per intosomethin’ Online-Äther mit „unserem Mann aus Philly” bekannt gemacht wurde. Ein bleibender Eindruck. Ohne Frage, Vikter Duplaix hat es schwer drauf und zwar gleich in mehreren Kategorien. DJ, Produzent, Percussionist, ein großartiger Sänger mit mächtig „Mojo Baby”, und auch live `ne Wucht. Er hat das geschafft, was bis jetzt nur wenigen vergönnt war: den Soul aus den Zeiten, als R`n`B noch hielt, was er verspricht, in die moderne elektronische Musik der mittelschweren BPM-Klasse zu transportieren. Dieses Sammelsurium von bisher unveröffentlichtem Material zeugt davon, dass wir zumindest hier mit nachhaltiger Entwicklung rechnen können. Okay, nicht wirklich viel Neues, dafür aber wunderschön.

GIANT STEPS ••••-••••• FUNKSTÖRUNG - DISCONNECTED [K7 - ROUGHTRADE] Nach vier Jahren Pause melden sich die Rosenheimer mit neuem Werk zurück. Mit einer Masse und Breite an Features, die sich gewaschen hat. Sogar Norwegens Jazz-Größe Nils-Petter Molvaer haben sie sich für einen Kurzauftritt von ECM aus München ausgeborgt. Hinzu kommen ganz erfrischende Neuerscheinungen: zum einen MC Tes, eine begrüßenswerte Entdeckung aus New York, zum anderen der Münchener Enik, dessen Stimme man notorisch melancholisch auf fast einem Drittel des Albums hören kann. Ja, es wird gesungen.

Und auch sonst scheinen Funkstörung sich mit viel Gitarre, Beatboxing und Cello mehr und mehr zur natürlichen Klangerzeugung - drücken wir es vorsichtig aus hinzuwenden. Richtungsänderung? Nein, denn irgendwie bleibt alles noch ganz Funkstörung und genau in diesem Mix liegt der Witz dieser Platte.

GIANT STEPS •••• LEICHTMETALL [KARAOKE KALK/024 - HAUSMUSIK] Oh oh. Was ist das? Eine Band von zwei Mädchen, die in ihren altmodischen Kleidern auf dem Cover schon so aussehen, als wären sie unheimliche Zwillinge. Und dann singen sie auch noch sehr skurrile Liedtexte zu von Tuba und Glockenspiel bestimmten Tracks, die für mich klingen, als hätten die beiden vor, Fantasy-Schlager zu machen, die auch im Lyrikkurs ganz gut ankommen dürften. Spanisch, Französich und Deutsch trällern hier in einer Art nebeneinander her, die mich an El erinnern, weil sie irgendwie in einer Zeit hängen, die ich nicht mal mehr aus Kinderbüchern kenne. Mal ein Zitat? “Schau die schönen Rapsfelder am Weg des Alpendorfs”... Mutig.

BLEED ••-•••• PAF - ONLY OUR CARS [KOHVI - POSSIBLE MUSIC] Kohvirecords, der liebenswerte Verbund estnischer Alleinunterhalter, versteht sich als Fortsetzung einer zeitlich weit entfernten lokalen Musiktradition. Ähnlich wie Galaktlan und Hendrik Luuk stellt auch Paf die Verbindung zur estnischen Sci-Fi-Elektronikschule der 70er her. Die ist personifiziert durch den Soundtrackproduzenten Sven Grünberg ... und nur durch ihn. Allein auf weiter Flur - genau wie die Kohvis heute, aber sie tragen es mit Humor. Paf alias Paavo Eensalus’ “Only our Cars”-EP setzt die labelobligatorische Space-Referenz in Beziehung zur eigenen 80er-Sozialisation, die von der väterlichen Tapesammlung - Blondie, Depeche Mode usw. - angeschubst wurde. In Verbund mit Grünberg eine super Kombination, wie “Only Our Cars” beweist: So viel glamourösen Dance-Appeal gab es bei Kohvi selten. Man kann sie fast sehen, die leicht beschwipst gen Kosmos segelnden Melody-Würmchen: “Just a rogue kiss”, ein elegischer Spätsommerhit mit schmelzender Klarinette und Querflötenmelodie (gespielt von Gea Mägi), “Extra” mit Grand Piano plus Rave-Interlude, und, ach, “Daisy” natürlich, das Stück mit Renate Eensalu, Paavos kleiner Tochter, am Mikro. Die kann vielleicht singen ... - da muss man sich um die Fortsetzung der Elektronika-Estonia-Geschichte ja gar keine Sorgen machen. www.kohvirecords.ee Ö ••••• SUPERPITCHER - HERE COMES LOVE [KOMPAKT/CD32 - KOMPAKT] Superpitchers “Tomorrow” bleibt ein ewiger Inselsong.

Seufz. Nun also das Vollelänge-Debüt über neun Tracks. Right from the beginning (“People”, die nicht gebraucht werden, und dann doch. Der Song zum Kollektiv der Individuen?) bannt einen der Superpitcher.

Respekt. Eigentlich ziemlich blöd, dazu was zu schreiben. Denn die Musik lässt fließen, fordert Aufmerksamkeit, will nicht Hintergrund sein. Und ist so unglaublich melancholisch: Michael Meyer nennt das vorsichtig “Sehnsuchts-Techno”. Klingt vielleicht etwas komisch. Aber Herr Mayer trifft den Pitcher auf den Punkt. Genau dies wird hier herrlich zelebriert: Sich suhlen, trotzdem marschieren. Alles, was man auf dem Boden braucht. Da kann man gar keinen Track herausheben, denn von “People” bis “Even Angels” sind alle-

• = NEIN / ••••• = JA

samt großartig. Und neu. Ja, ja, nenn es Verzückung. Um Mayer zu toppen: Superpitcher ist der Satie des Techno-Pop. www.superpitcher.de CJ •••••

ein elf Stücke Spaß haben möchte, wird mit Cue dagegen bestens bedient.

JF ••••

SUPERPITCHER - HERE COMES LOVE [KOMPAKT - KOMPAKT] Liebe Kinder, aufgepasst: die Techno-Patentante aus Kölle hat Weihnachten um drei Monate verschlafen und so gibt’s erst jetzt das beste Päckchen in eurem Plattenregal. Und was für eins! M.M., T.T. und Konsorten haben ihre Geheimwaffe ein Jahr lang ins dunkle Studio gesperrt, also Kopf einziehen, denn ab jetzt wird scharf geschossen. 2001 gab es „Heroin”, jetzt kommt ein deutlich milderes Gesamtwerk. Oder, as they call it - `Pop`! Im Moment viel geschundene Bezeichnung, aber keine Angst. Dieses Album wird sowohl mit dieser Ansage als auch mit seinem Titel spielend fertig. Grundsolide PianoAkkorde, dezente Streicher, toll arrangiert auf sorgfältig gesetzten Drums; gleichzeitig - und jetzt kommt’s - funky as hell. Ich könnte jetzt noch von einer Menge Weitsicht, mächtig Skills oder einfach unverschämt viel Talent schreiben.

Aber machen wir es kurz: Ich bin begeistert. Mit seinem Debütalbum (!) hat sich Herr Schaufler schon jetzt einen der vordersten Plätze im Kompakt-Bus gesichert. Viva Colonia!

GIANT STEPS ••••• TENFOLD LOADSTAR - MELLOW GARDEN [L’AGE D’OR - ROUGHTRADE] Mit ihrem Debüt 2001 haben sie uns schier umgehauen, nun endlich wird weiter gemacht. Die drei aus Braunschweig und mittlerweile Hamburg haben sich in den Jahren nicht nur örtlich verändert. Trotzdem sind sie so herrlich unhamburgsch. Weniger Synthies als zuletzt, weniger “My Bloody Valentine”, aber immer noch in der grauen Zone zwischen allen Stilen und voller Zitate (“New Young”). Tenfold Loadstar haben einen Hang zum Ohrwurm, und das ist bekanntlich im Musikbusiness kein Fehler. Da hilft natürlich Caro Graskes einprägsame Stimme. Man nehme ein paar mehr Keyboards und gute Ideen als dies zuletzt die Throwing Muses oder Breeders hatten und packe die Tenfold Loadstar aus. Die idealen Partner für Lali Puna. Auch Tenfold sind jetzt ohne Kaugummi im Mund.

www.tenfold-loadstar.de CJ •••• BEIGEGT - CUE [LADOMAT] Im Pop funktionieren Parolen bekanntlich am besten. Die 68er-Anleihe “Ketten bilden!” ist eine

davon. Also nennen wir beigeGT Elektro-Postrock-Gefrickel, WahWah-Beatpunk-Sampling oder vielleicht Synthi-Alternative-Indiepop. Viele Antworten, eine Frage: Was unterscheidet das Regensburger Quintett um die Label (Festplatten) betreibenden Teichmann-Brüder eigentlich von anderen deutschen Popbands. Nicht mehr so viel wie bei ihrem Debütalbum „Jukebox Heroes”, lautet die Antwort, aber auch auf ihrer neuen Platte „Cue” immer noch eine ganze Menge. Das Tempo zum Beispiel, das sich bei Stücken wie „Heat” selbst überholt, ohne sich in stumpfem Punkrock zu verirren. Die Klarheit unentwegt geschreddelter Gitarren, denen man die Lust an jeder getroffenen Saite anhört. Der surreale Moogsound im Hintergrund, der wie ein guter Bass bescheiden bleibt und dadurch maximale Wirkung erzeugt. Sieben Jahre gibt es beigeGT nun bereits und auf „Cue” sind sie ihrer Experimentierfreudigkeit ein wenig entwachsen - endlich, werden die einen sagen; leider die anderen.

Jetzt poprockt es eben einsprachig (englisch), weniger kleinteilig und ohne Techno-Spirenzchen wie noch bei ihrem einzigen echten Hit, dem Underground Resistance-Cover „Knights of the Jaguar”, der noch richtig nach Tanzboden klang.

Wer zur neuen Platte tanzen möchte, sollte alles eine Spur runterpitchen. Wer wirklich anspruchsvolle Texte hören will, dem seien die Einstürzenden Neubauten ans Herz gelegt. Wer einfach nur

INSTRUMENTS - [LIST] List ist und bleibt eins meiner französischen Lieblingslabel für knisternde digitale Musik ohne Kompromisse, aber dennoch in immer sehr hörbarer, völlig verzauberter Form. Hier kommen Werner Dafeldecker & Martin Siewert, Janek Schaefer, Steinbrüchel, Mou Lips, Sebastien Roux, Matthieu Saladin & Ivan Solano, Hervé Boghossian, Günter Müller, Mitchell Akiyama, Julien Tardieu & Dylens und Colleen zusammen, um auf 11 Tracks vorzuführen, dass es nicht diesen einen Sound des Digitalen gibt, diese eine Richtung, sondern nur diese tragende Stimmung, deren Ausarbeitung jedes Mal wieder von vorne anfangen kann, dabei aber und genau deshalb auf Ergebnisse stößt, die, wenn man Musik eben dennoch immer weiter als Musik sieht und hören will, einfach unglaublich sind und deshalb eben perfekt, neu und richtungsweisend.www.list-en.com BLEED ••••• MOTOHIRO NAKASHIMA - AND I WENT TO SLEEP [LO RECORDINGS] Motohiro Nakashima heißt ein 24-jähriger Japaner mit einer unkomplizierten Einstellung zu sich, seiner Musik und den verhassten Klavierstunden, die er seiner Mutter zu verdanken hat. Ohne Herrn Nakashima persönlich zu kennen, kann sich jeder diesen oder ähnlichen Eindruck über die Person des neuen Lo Recordings Künstler verschaffen, der seine Internetpräsenz unter http://www.boreas.dti.ne.jp/~motonaka/ abruft.

So einfach verhalten sich seine gemächlichen Elektronika-Gebilde aus durchlässig gezupften Gitarren, schnurrenden Pattern und klar definierte Samples allerdings nicht. Mit der Anspielung auf zu erwartende Lullabies eröffnet Motohiro Nakashima zwar einen Salon voller einschlaftauglicher Schleifen, verstrickt die einzelnen Tracks aber in ganz individuelle Stilzusammenhänge. Da dürfen Uhren ticken, Glocken klingen, aber auch trockene Minibeats poltern. Hauptsache der feinen Struktur geschieht kein Schaden, denn zerbrechlich dürfen sie sich alle nennen, die experimentell gehaltenen Schlafliedchen. Einer der Favoriten bringt die Herangehensweisen des jungen Japaners auf den Punkt. Mit kleinen Mitteln zwingt einer der Favoriten des Albums zum genauen Hinhören: In “Nightfall” wird ein Melodiestrang von Geräuschen ganz unbehelligt beständig transformiert, bis sich durch die Kraft der Wiederholung eine Art Sog entsteht. Und auch dazu lässt es sich bestens zurücklegen und die Augen schließen. Besser noch mit Kopfhörer.

JUK •••• VARIOUS - ARKTINEN HYSTERIA [LOVE/635 - IMPORT] Finnland ist für die meisten ja die große Unbekannte aus dem höheren Norden. Man hört von der sehr hohen Selbstmordrate, weiß von tausenden Seen und noch mehr Saunen und kennt natürlich Nokia und Pan Sonic. Es geht die Legende von finnischen Bands, die im Februar in hoffnungslos verstaubten Bussen auf monatelange Touren in Richtung Süden aufbrechen und dabei waschmitteltrommelweise Tapes mit finnischer Musik bei sich haben. Was das für Musik sein kann, davon vermittelt diese Compilation einen kleinen Eindruck. Zum Beispiel Avantgardemusik der 60er-Jahre. Angefangen bei vielerorten immer noch populären Körperklängen über Erkki Kurenniemis selbst gebaute und nicht nur von ihm bediente Kisten mit ihren betörenden Klängen hin zu bluesartigem und echtem Hippietum.

Natürlich darf auch einiges Material von “The Sperm”, der Band um den an dieser Stelle im vergangenen Monat gelobten Pekka Airaksinen nicht fehlen. Das alles fühlt sich in seiner Vielfalt einfach nur richtig an, so dass man kaum dazu kommt, die unglaublichen Fotos und erklärenden Texte des umfangreichen Booklets zu goutieren.

Für manche mag das etwas altbacken klingen, jedoch trifft man hier auf ein freundschaftliches Miteinander verschiedener Stile, wie es das in einer solchen Neuheit zuletzt zwischen 1991 und 1996 gegeben haben dürfte, und das war ja nicht gerade die unaufregendste Zeit. emusic.fi PP •••• TUSIA BERIDZE - TBA [MAX.ERNST/CD5 - MDM/KOMPAKT] Keine Unbekannte. Tusia Beridze kommt aus Georgien und ist fest im Umfeld von Goslab verankert, hat schon mit Nikakoi gearbeitet, ist generell schon sehr lange aktiv und legt hier erstmalig einem größeren Publikum ihre eigenen Tracks vor. Sofort hat man das Gefühl, direkt im Rechnergehäuse zuhören zu dürfen und wie da

alles heißläuft, aber irgendwie sind einige Tracks zu intim, als dass ich da völlig einsteigen könnte.

Zum Glück betrifft das nur einen kleinen Teil. Andere Stücke öffnen einem sofort ihr Herz und immens träumerisch und verspielt, gehen sofort ins Ohr, agieren mit ganz einfachen Sounds und sind dadurch so wahnsinnig charmant, dass man gar nicht anders kann, als sie zu mögen, und einen schon gar nicht auf die unausgefeilte Produktion hören lässt, denn genau die ist auch mit das Wunderbare an Tusia Beridze. Irgendwie scheint es in Georgien einen großen Freundeskreis verhuschter klassischer Orgelwerke zu geben, die hier Inspiration zu sein scheinen, dann mit den üblichen Rechnergeräuschen gepaart werden, aber dennoch diese barocke Leichtigkeit behalten. Georgien klingt. Allein das ist schon eine gute Nachricht.

THADDI •••• CHLORGESCHLECHT - CONSULTING [MELANGE/010] Aua. Chlorgeschlecht sind echt gemein zu den Ohren. Die Rocken nämlich auf knapp 18 Tracks so böse und mit so vielen Löchern in die Reste von Grindcore mit digitaler Verzerrung hinein, dass einem schwindelig wird vor lauter Gekrabbel und Reduktion. Warum tun die uns das an?

Die gemeinsten Elemente noch gemeiner verarbeitet, und dann auch noch immer so draufgetreten und zerschnitten, dass man echt keine Sekunde zur Ruhe kommt. Als Experiment definitiv brilliant. Um es so in Gänze durchzuhören sollte man vorher mal seinen Herzschrittmacher testen lassen. www.melangerecords.com BLEED ••••• CHINA HONEYMOON - TETSUTO OZAWA PRESENTS. CHINA HONEYMOON [MELANGE/004] Tetsuto Ozawa ist zusammen mit Tukamoto und Kumira Yamamoto Chinahoneymoon und hat für seine erste CD 8 unbetitelte Tracks zusammengestellt die irgendwie als Bearbeitung von Tapes funktionieren, auf denen stellenweise klimpernde, mal aber auch Radiowellenklänge, dann wieder Fieldrecordings sind, die natürlich digital nachbearbeitet in eigenwillige Brüche, strange Konstellationen wie Krümel auf dem Tisch oder auch einfach in einen zerstückelten Strom der Erinnerung verwandelt werden.

www.melangerecords.com BLEED •••• PLANK - ALP+ [MELANGE/009] Diese drei CDs auf Melange sind mit Abstand das Merkwürdigste, was mir diesen Monat untergekommen ist. Auf der Plank CD finden sich vor allem zirpende, rauschende und klingelnde Klänge, deren Zusammenwirken meist wie zufällig wirkt, vermutlich weil es errechnet wurde, ohne dabei Rücksicht auf taktversaute und sonstwie harmonisch infizierte Jugendliche zu nehmen. Da die Klänge aber immer sehr subtil bleiben und meist auf alles, was so Breite und Klangfarbe bedeuten könnte, gerne verzichten, versetzt sich das Ohr dennoch schnell darein und schwupps hört man diese Computergesänge eines etwas anderen Geistes mit ziemlicher Aufmerksamkeit.

www.melangerecords.com BLEED •••••

wir sie des Konsenses halber mal PsyTrance - heran. Die zehn Stücke seines Debüts haben allesamt einen derart progressiven Charakter, dass sie diesen Sommer auf so mancher Festival-Bühne für ungeahnte Euphorie sorgen dürften. Und vielleicht bringen sie gar etwas mehr Offenheit für eine Szene, die sich das nur zu oft als Plagiat auf die Fahne schreibt. Denn neben Dawn und The River Is Flowing, die bei der Gelegenheit reichlich Staub aufwirbeln dürften, geht er auch auf die Suche nach den entspannteren Tiefen und wechselt derart die Tempi, dass es auch bei einem Szenefremdling wie mir überwiegend auf Zustimmung stößt. www.mindsoundrecords.com M.PATH.IQ •••• LALI PUNA - FAKING THE BOOKS [MORR MUSIC/44 - HAUSMUSIK] Welcher Schein trügt bei Lali Puna? Vielleicht der, dass sie eine vermeintlich niedliche Band sind, die Indietronica machen? Lali Puna sind weder klein, noch Playmobiler. Lali Puna sind mittlerweile ihre eigene Kategorei geworden. Verehrt von Radiohead, gemischt von Bomb The Bass und Two Lone Swordsman und bestehend aus Menschen aus dem Notwist-, Console- und Tied & Tickled Trio-Umfeld, spielen sich Lali Puna mit den neuen Songs in eine neue Sphäre von Ernsthaftigkeit und Reife. Dabei klingen sie auf “Call 1800-fear” oder “Grin And Bear” auch schon mal wie eine zornige Version von Stereolab (in besseren Tagen), aber meist sind Frau Trebeljahr und Freunde durch und durch Lali Puna und wunderbar referenzlos. Höchstens selbstreferentiell.

Und das wiederum ist ja sehr zeitgemäß. Genauso aktuell ist eine gewisse, neue schöne Ruppigkeit (“B-Movie”). In Zeiten, in denen bemerkt wird, dass Dauer-Ironie und Spaßspaß nicht wirklich weiter helfen, könnten dies Lali Puna tun.

Den wunderbaren Soundtrack haben sie jedenfalls schon mal geliefert. Jetzt müssen wir ran.

nem Gong und einem Keyboard geht es auch nicht besser und zwischendurch gibt es immer wieder unangenehm hochfrequente Töne und bearbeitete Fieldrecordings. Wirklich spannend ist das nicht, klingt alles zu sehr nach “Kunst” im Sinne von künstlich.

ASB • THROBBING GRISTLE - MUTANT TG [NOVAMUTE/122 - EMI] Das hätte auch daneben gehen können. Bands wie TG zu remixen klingt nach einem selbstmörderischen Unterfangen, nicht nur, weil die Tracks von damals unantastbare Meilensteine waren und sind, sondern auch, weil es schwer vorstellbar ist, ihnen eine neue, immer noch passende Richtung zu geben. Aber: Auf “Mutant TG” läuft alles nach Wunsch. Carl Craig, Two Lone Swordsmen, Motor und nicht zuletzt Chris Carter und Cosey Fanni Tutti schaffen es, die Klassiker ins Jetzt zu retten, ohne den Charme der Originale dabei zu zerstören. Komplett großartig. Und irgendwie träumt man davon, dass Carl Craig beim großen Reunion-Konzert von TG mit auf der Bühne steht. Aber das wird wohl ein Traum bleiben.

www.mute.com/tg THADDI ••••• PIGEON FUNK - [ONITOR/027 - KOMPAKT] Soweit ich das hören kann, schon releaste Tracks der 12”es, die es von diesem ziemlich sympathischen Crossoverkillerfunkkrabbelmonstersupergroupprojekt von Sutekh und Safety Scissors gab.

Wer das durchsteht, der hat hinterher mindestens 4 Beine, würde ich sagen, oder sitzt erschöpft in der Küche und knabbert zur Erholung erst mal eine Stunde an einem Zwieback. Sehr quirlige, spleenige, digital zerschossene Musik für Liebhaber des kakophonen Funkfuns.

www.onitor.de BLEED •••••

www.lalipuna.de CJ ••••-••••• BOCK ANDREWS - GEMISCHTE TÜTE OHNE LAKRITZE [NEIDHARDT PRODUCTIONS GERÄUSCHEZIRKUS RUMPELKAMMER] Florian Detroit wird zu Bock Andrews. Das klingt zum einen weniger verfänglich und hinterlässt zum anderen so manch amüsierte Falte auf des Hörers Stirn. Und im Ohr. Da schrubbt der eigentlich ganz lockere Multiholic nämlich mit seiner Mischung aus Genie und Neurosenstrauß ganz liebevoll die Gänge frei. Denn ich kenne niemanden, der auf vergleichbare Art die Genregrenzen auslacht, plattwalzt und dabei soviel Spaß hat. OK. Aphex Twin vielleicht nach einer langen Gabba-Nacht. Dabei könnte Bock unter Valium wahrscheinlich genauso angepasste Alben machen wie alle anderen. Da bei ihm aber noch alle Kanäle offen sind, verwurstet er seine Inputs (Hörspiel, Techno, D´n´B, Clash, Trash und ganz besonders die Oldenburger AmbientIkone Tarkatak) an seinem Laptop einfach alle zu einem Kosmos, aus dem uns sicher noch einiges erwartet. Wer ihn bei seinen Performances (auch als eine Hälfte der Salamandroids) in der norddeutschen Tiefebene noch nicht bewundern konnte, sollte das entweder alsbald korrigieren, oder folgenden - den Raubbau an Künstlern fördernden Link begehen.

THE OSMOTIC EFFECT FOOD FOR THE SPIRIT [MINDSOUND] Alex Ranft ist die erste Speerspitze des Münsteraner Freestyle-Labels MindSound. Dabei geht auch er eher free an seine Sache - nennen

M.PATH.IQ •••• SKALPEL - [NINJA TUNE - ROUGHTRADE] Polen auf Ninja. Warum nicht. Jazz in Polen hat ja Tradition, und so ein wenig traditionsbewusst sollte man für diese Platte schon sein, denn die Beats sind zwar sehr räumlich und swingend, aber gelegentlich huscht da so eine operettenartige Stimme durch den Raum, oder es werden Türme von Saxophonfarbnuancen dazugegeben.

Es wird auf jeden Fall oft sehr tief durchgeatment und dabei kommt nicht nur frische Luft rein, sondern man hat auch das Gefühl, dass bei jeder dieser großen Gesten etwas schief gehen könnte.

Tut es aber dann nie, sondern überrascht einen eher damit, verdammt streetwise zu bleiben. Überladen und glücklich damit. Wir auch.

www.ninjatune.net BLEED ••••• MAX HAIVEN/ JON VAUGHN - FRONT [NO TYPE - METAMKINE] Haiven und Vaughn hacken auf “Front” fröhliche Popmusik-Samples mit einer derartigen Rohheit und Aggressivität zusammen, dass es schon eine Art hat. Sehr rhythmisch ist das alles, auf die Idee, danach zu tanzen, kommt aber wohl niemand, so unfreundlich ist die Anfangsstimmung. Danach wird es dann etwas gemütlicher; Saiteninstrumente werden etwas unkundig gezupft und durch das Laptop gejagt, einem Glockenspiel, ei-

www.ongaku.de BLEED ••••• LANGUIS - THE FOUR WALLS [PLUG RESEARCH/047 - HAUSMUSIK] Man kann immer noch nicht behaupten, dass Languis einen Sound von Track zu Track durchziehen würden, aber mit ihrem neuen Album sind sie auf jeden Fall wieder mehr zu einer Band geworden und geben den einzelnen Instrumenten mehr Klarheit. Die Zeit großer Effekte ist vorbei, und auch der Gesang ist präsenter. Sympathisch dezent-melancholische Musik, in der immer mehr auch Einflüsse von 70er Jahre Popmusik deutlich wird - Diese Art von Studiopsychedelik, die weg will von der großen Bühne und eher die heimlichen Momente auf die innere Bühne tragen will.

Indietronica für unbekümmertes Schwelgen in dezent esoterischen, leicht folkigen, manchmal mittelalterlichen aber irgendwie dann doch immer wieder modernen Sounds.

www.plugresearch.com ALIF - DAKAMERAP [OUT HERE RECORDS HAUSMUSIK/ INDIGO] Alif ist ein Frauen-Rap-Trio aus dem Senegal, das sich mit frauenbewegten und Texten in seiner Heimat sicher nicht nur Freunde macht. Obwohl die Band HipHop mit afrikanischen Rhythmen und Texten verquickt, hat sie mit braver folkloristischer Weltmusik so gar nichts am Hut. Und wenn die Hip Hop- Posse nicht wieder gewohnt konservativ reagiert, könnte da richtig was passieren. Die drei haben nämlich den Funk. Und wie!

ASB •••• ROCKET FREUDENTAL - DIE WEISHEIT SCHLÄFT NICHT AUF BÄUMEN [PAVLEK - NTT] Ok, ich hab eine neue Lieblingspunkband. Rocket Freudental. 100% Elektroclashfrei (ja!) und mit den besten Lyrics seit ich weiß nicht genau wem, bestehen die Tracks meist aus Gitarre, Casio und ein paar Beats, erzählen von allem, was einem so auf den Nerv geht, ob Arbeit oder Freizeit, klauen nebenher mal Autos oder reihen einfach Substantive aneinander, so ist die Welt eben manchmal. Eine Platte mit ganz schön vielen Hits zum Mitgröhlen.

www.pavlek-records.com BLEED •••••

www.neidhardt-productions.de V. A. - POUÈTCH’ THE BEAT [MERCUROCHROME] Marginal Techno? Super Wort, danke Promozettel - ist schon im aktiven Wortschatz gespeichert!

Denn wie sollte man sonst die große Zuneigung zum Abseitigen der weit verzweigten Mercurochrome-Familie beschreiben? Besonders im Schweizer Stammsitz fühlt man sich der Brightoner Technoschule verpflichtet, wie die dröhnend verzerrten und rhythmisch oft recht sprunghaften Beiträge von Fugo und Michele Fasano auf der Labelcompilation zeigen. Weil man bei Mercurochrome Lärm in seinen vielfältigen Erscheinungsformen schätzt, fügt sich der Terror für Fortgeschrittene von Subhead und Circa (House of Fix) bestens ins Programm. Die Berlin-Dependence um Pat Kalt nimmt da schon mehr jenen Dancefloor ins Visier, auf dem man auch ohne bandagierte Knöchel tanzen kann - das aber bis weit in den Sonntag hinein. Sympathisch vielseitiges und anti-gefallsüchtiges Techno Paket, das jene Vitalität verströmt, die man bei all den Compilations vermisst, die sich im Supermarkt kurz vor der Kasse türmen. Cool!

FELIX •••••

trum, und bislang kannte man sie vor allem von den Remixen, die auf Playhouse erschienen sind, was natürlich überhaupt kein Bild von der Band, die sie eigentlich sind, gibt, denn Spektrum können ganz schön vertrackt mit ihren Funkfragmenten, den sleazy Discoallüren, dem verdrehten Vocalsoul und ihrem Einfluss von No NY Sounds umgehen und zaubern dabei einen eigenwilligst ins Ohr gehenden Track nach dem anderen aus dem Hut. Vor allem aber im Visier: Funk, Funk ohne Gitarren (meistens), deeper Funk ohne Blick zurück aus einem anderen Grund als dem, das nach vorne zu bringen, was irgendwie die Idee einer Band sein könnte, die überhaupt keinen Boden mehr braucht, keinen Proberaum, keine falschverstandene Live Ideologie, und dabei dennoch so direkt und voller slammender Attitude bleibt. Vielleicht nicht das, was so klassischerweise im Club läuft, aber wenn man es wagt, dann öffnet es neue Dimensionen.

IF - YOUR WOHNZIMMER MY LEBEN EP [PAVLEK - NTT] Singersongwriterfolk mit Humor und viel Knistern, kaputten Beats und Lyrics, die auch dem letzten Menschen mit Selbstbewusstsein die Wahrheit vor Augen halten dürfte, dass Kulturpessimissmus und Kapitalismuskritik nur dann etwas bringen, wenn man sie bis zum Ende durchexerziert und dabei dennoch Distanz bewahrt.

Manchmal vielleicht doch etwas zuviel Wandergitarre. www.pavlek-records.com BLEED ••••

BLEED ••••• EASTENDERS - ALONG THE PATH [POETS CLUB 031 - PP SALES] Wenn man Stefan Müller heißt, klingt das doch erstmal ziemlich Deutsch. Doch unter seinem Pseudonym arbeitet er schon einige Jahre an seiner ganz eigenen Vision aus (fern)östlichen Klängen und modernen Clubsounds von Downbeat über House bis zu Drum´n´Bass und kann mit ruhigem Gewissen was Wissen und DJing angeht als eine Koryphäe dieses Genres bezeichnet werden. An diesem Album wirkten neben seinem Wegbegleiter und Co-Produzenten Afrit z.B. auch der türkische Rapper Sultan Tunc, der Ägypter Shady Shena und der Algerier Hamid Louicem mit. Die Musik ist weder Welt- noch Clubmusik.

Eastenders steht wirklich noch für etwas Ureigenes, bleibt dazu immer glaubwürdig und fängt gar nicht erst an, Klischees auszubreiten. Von Drum´n´Bass-Gypsy bis zu Gnawa und anderen hier unbekannten Rhythmen ist alles da, was dem Herrn Müller auf seiner Reise so begegnet ist. Ein Muss für Jeden, der seine Leidenschaft teilt!

www.poetsclubrec.com M.PATH.IQ •••••- ••• AGF - LANGUAGE IS THE MOST [QUECKSILBER/006 - A-MUSIK] Tracks von der letzten Ars Electronika, die hier auf dem neuen Album von AGF die Arbeit des Orthlorng in einer etwas ruhigeren und irgendwie noch spartanischeren, aber auch spielerischeren Art doppelt. Tonal ruhiger und rauschiger, mit, zumindest glaubt man das zu hören, mehr Fieldrecordings, die Stimme oft weniger bearbeitet als man es von “Westernization Completed” gewohnt sein mag und letztendlich auch mehr in einer Form, die eine Soundinstallation bestimmen würde. Ich finde das spannend und nur gelegentlich einen Hauch zu Kunst.

www.quecksilber-music.com BLEED ••••-•••••

DANIEL VUJANIC - KONSTANTOPOL [PAVLEK - NTT] Die elektonischste der Pavlek Grossoffensive in Kollaboration mit dem Lautsprecherverlag, aber denkt nicht, dass es hier nicht ebenso kaputt zugehen würde. Die Beats werden zerstückelt, aber bleiben dennoch groovend, die Sounds säuseln durch den Raum, dürfen dabei aber gerne wie eine Zuckerstange gebrochen werden und splittern auf, und gerne rockt es auch über alle Bodenunebenheiten hinweg. Musik für die Funkgeneration, die den Rechner schon lange nicht mehr ausgeschaltet hat. www.pavlek-records.com BLEED •••••

MODUL - ISOL [RASTER POST/006] Donnacha Costello hat ja nicht nur sein eigenes Label Minimise wieder aufleben lassen, sondern kommt hier mit einem dieser wie für Raster zurechtgeschnittenen Alben, in denen aus der spartanischen Verwendung weniger Elemente vor allem die Struktur der Klänge zu Tage tritt, aber dabei eben doch Abstraktion in direkte Vereinnahmung verwandelt werden kann und der Groove irgendwie sofort kickt, ohne zum Selbstzweck zu werden. Musik, die die Zeit stillstehen lassen kann. www.raster-noton.de BLEED •••••

SPEKTRUM - ENTER THE... SPEKTRUM [PLAYHOUSE/CD010 - NEUTON] Lola Olafisoye und Gabrial Olegavich sind Spek-

DIMDJ - DRIVE LOST [RELAX RECORDINGS] Dubtechno und Griechenland, das passt ja ganz gut zusammen. Haben wir im Laufe der Zeit auch

<39> - DE:BUG.81 - 04.2004

CD

<40> - DE:BUG.81 - 04.2004

CD

• = NEIN / ••••• = JA

überrascht lernen müssen. Hier kommt ein ganzes Album voller sehr gut durchdachter und sehr deeper Dubtracks auf dem mir völlig neuen Label Relaxrecs, die eben nicht unbedingt ausufern müssen in endlose Modulationen, sondern dabei auch schon mal Popformat haben können, mit Soulstimme versetzt werden, oder einfach sehr schöne Clubtracks sind, die immer wieder zu den feinen kleinen Restgeräuschen und einer sehr gut clickenden Rhythmusstruktur finden.

Nice. www.relaxrecs.gr BLEED ••••

ge an Peinlichkeiten vermeidet. Sehr Blue.

SKYPHONE - FABULA [RUNE GRAMMOPHON - UNIVERSAL] Wie immer auf diesem Label, eine Platte, die von Anfang an klar macht, dass es hier um elektronischen Jazz der nächsten Generation geht, in dem sich Instrumente mit digitalen Klängen vermischen, aber dennoch in diesem Zusammenspiel niemand zu einem Beiwerk verkommt oder auf bekannte Funktionen reduziert wird. Klingt jetzt sehr technisch, ist aber letzendlich smarte und ans Herz gehende Musik, die dabei herauskommt, und die in aller Stille vor allem dann wirkt, wenn man vergisst, dass Musik irgendwo her kommt, sondern sie einfach nur im Raum oder der Umgebung aufgehen lässt und mit ihr andere Welten transportiert werden und man sich, als würde man mit einem Auge die Realität sehen, mit einem anderen die andere, überlagern. Grundstimmung natürlich elegisch wie Hölle. www.runegrammofon.com BLEED ••••• SCANNER - DOUBLE FOLD [RX:TX/004] Neulich habe ich mal den jungen Scanner wieder-

gesehen, in einem Fernsehbeitrag, und irgendwie war damals schon klar, dass er sehr nett ist. Aber sein Hang zum etwas leichtfertigen Tastendruck kann ihn den Kopf kosten. Klar ist auch, dass er theoretisch ohne blöde Attitude wichtige Themen auf den Plan ruft, es sich aber musikalisch naiv dann doch manchmal etwas überverdaut.

Hier allerdings beginnt die CD des Labels aus Lublijana mit einem sehr schön entwickelten Loop, der auch aus Detroit hätte stammen können und damit ist auch die Methode beschrieben, denn die Tracks sind redigitalisierte Fragmente aus seinem Tapearchiv unveröffentlichter Stücke, und holen ihre Frische stellenweise aus den einfachen, musikalischen, technoid verhallten Strukturen, klingen dabei aber dennoch sehr frisch und nehmen einen ein. Vielleicht gelegentlich ein klein wenig zu modulativ, aber dennoch eine der schönsten Scanner Platten. www.rx-tx.org BLEED •••••-•••• LAURENT PERNICE JACQUES BARBERI DROSOPHILES ET DORYPHORES [RX:TX/005] Fusionjazz mit extem vielen Effekten ist meiner Meinung nach ein Thema, das man manchmal sehr überstrapazieren kann, und auch hier ist man oft in der Nähe eines einfach nur glücklich mit seinem Instrument die Tonleitern in altbekannten Wegen auf und ab improvisierenden Nuancen Musikers, der immer einen Tick lauter sein muss als der Rest. Was natürlich ein wenig nerven kann, wenn es sich letztendlich nicht davon wegbewegt, sondern schlichtweg klassischer Jazz bleibt. Da hilft es dann auch nur denen, die wirklich gerne auf Jazzfestivals gehen, dass das Ganze sehr gut gemacht ist und eine ganze Men-

www.rx-tx.org BLEED •••-•••• SOULSAVERS - TOUGH GUYS DON’T DANCE [SAN QUENTIN - ROUGHTRADE] Das psychedelische Intro „Cabin Fever” klingt noch sehr stark nach Stadion-Rock-Hop à la Chemical Brothers. Doch danach entwickeln die Briten Rich Machin und Ian Glover über neun Tracks eine neue Form des todgeglaubten TripHop. Schon „Love” beruhigt einen wieder. Auf diesem und zwei weiteren Stücken („Down So Low” und „Precious Time”) singt Josh Haden, sonst Kopf der wunderbaren Spain. Hadens Stimme sorgt irgendwie dafür, dass Downbeat wie tiefster SlowRock-Soul anmutet. Schon verrückt, eigentlich haben die Soulsavers sehr viel recycelt, aber nichts hier wirkt nur aufgegossen. Und wenn es mal allzu glatt zu werden droht, bauen die Soulsavers eine Spitze im Sinne der Aphex Twins ein.

Könnte ein Konsens-Ding zwischen H&M-Umkleide und Nachtbar werden. Sehr warm, sehr im Flow. www.thesoulsavers.com CJ •••-•••• JAGA JAZZIST - POOKA [SMALLTOWN SUPERSOUND - ZOMBA] Ganz schön clever, sich die Maxi zum Album mit Nunja Tunes (Ninja natürlich, sorry, aber der musste mal....) machen zu lassen und dann auf dem Album noch mal drei Schritte weiter zu sein. Das Album beginnt, als wäre Jaga Jazzist eine Art Kammermusik Orchester mit klonkig zirpenden Folksmusikjazzeskapaden, denen das Digitale nicht nur im Nacken, sondern auf der Seele liegt, und die mit so großen breiten Melodien drauflos-

stürmen, dass jedes Verständniss von Elektronika längst zusammengebrochen ist, noch bevor das erste Stück in der Mitte angekommen ist und plötzlich zu einem Gitarren-String Epos wuchert.

Eine Platte, die sich an nichts festmachen lässt und neben endlos vielen klassischen Sounds eben immer auch auf die sehr knubbelig perlenden elektronischen Beats baut, in deren Zusammenspiel etwas entsteht, das einen mit jedem Track neu verzaubert.

www.smalltownsupersound.com

www.electricjazz.de M.PATH.IQ ••••• DOUBLE U - LIFE BEHIND A WINDOW [SONAR KOLLEKTIV 029 - ROUGH TRADE] Was auch bei uns unlängst via CD-R für wohlwollendes Aufhorchen sorgte, hat derweil beim Sonar Kollektiv einen neuen Heimathafen gefunden. Mit dem Pariser Signing setzt sich dort der Trend zu mehr Internationalität fort. Franck Rabeyrolles Double U eröffnet uns nostalgische Sounds zwischen Independent Pop, Folk, abstraktem HipHop-Understatement und Elektronika.

Der Laptop hat hier die Kontrolle über Beats, Sounds und Gitarren. Dabei wären Bezugspunkte wie Anticon, Prefuse 73 oder Boards Of Canada sicher auch ohne Presseinfo naheliegend. Und wo gerade letztere oft unantastbar schienen, kommt Rabeyrolles mit einer unerträglichen Leichtigkeit des Musizierens und verwischt Elegie und Zuversicht in traumwandlerische Gravitationsarmut. Ein weiterer Beweis für eine Vielseitigkeit im Kollektiv, die stets neu überrascht.

M.PATH.IQ •••••-•••• SATORUWONO - SONATA FOR SINEWAVE & WHITE NOISE [SONORE/020] Wenn das eine Sonate ist, dann eher eine, die die Zeit zwischen den Klängen in viele einzelne Brüche teilt und dabei immer wieder auf diese beiden Elemente des Titels zurückgreift, alles andere verboten. Und wie Satoruwono daraus dann etwas machen kann, das über eine ganze CD hin-

weg spannend bleibt, ist schon wirklich erstaunlich. Denkt dabei nicht an so etwas wie Raster, denn die sind in ihrer Herangehensweise viel groovender und direkter. Hier geht es eher auf und ab und quer durch die Parameter und strukturiert sich aus einer wesentlich weniger an elektronischer Musik orientierten Geschichte. Für Freunde des etwas albernen Experiments mit klassischen Nuancen eines überdrehten Computers. www.sonore.com BLEED ••••

BLEED ••••• V.A. - FORUM WEST [SONAR KOLLEKTIV 019 - ROUGH TRADE] Der Untertitel ´Modern Jazz From West Germany Wewerka Archive 1962-1968´ sagt schon so einiges. Doch wer ist Hans Wewerka? Er ist wohl neben Saba- und MPS-Label-Chef Hans Georg Brunner Schwer einer der wichtigsten Förderer und Produzenten des damaligen Jazz gewesen.

Nur kamen die meisten seiner vom Produktionsstandard als quasi audiophil zu bezeichnenden Werke nie zur Veröffentlichung. Stephan Steigleder, der sein Insider-Wissen bereits bei Compilations für Crippled Dick und Universal Jazz präsentierte, und die Jazzanovas, deren Jazzfaible hinreichend bekannt sein sollte, hatten die Ehre, vereint in die unerschöpflichen Tiefen der Archive zu tauchen - und kamen mit nahezu ausnahmslos unveröffentlichtem Material solch großer Namen wie Hans Koller, Joe Haider, Fritz Pauer, Wolfgang Dauner oder Ronnie Ross wieder heraus. So kommen endlich und wohlverdient wirklich erhabene Momente einer Szene zu Tage, die seinerzeit zwischen Modern Jazz und Avantgarde alle Spielarten von „modal bis atonal, ge-

BRD

• = NEIN / ••••• = JA

REPEAT ORCHESTRA - THE ORIGINAL DIMENSIONS [A TOUCH OF CLASS/012 WORDANDSOUND] Ah, zehn Tracks von Repeat Orchestra, was könnte deeper sein für diesen Frühling als das? Immer wieder auf jedem Track von neuem vor die Aufgabe gestellt werden, wie man mit minimalen Mitteln und extrem melodiösen Sequenzen Tracks macht, die einen so verzaubern wie das hier, dabei so leicht und unscheinbar bleiben und den Dancefloor dennoch immer wieder ganz für sich vereinnahmen, das ist einfach etwas besonderes und wenn es dann noch so verlässlich jedes Mal geschieht wie bei Repeat Orchestra, ist man einfach hin und weg, was soll man sonst tun. Jedes Stück saugt einen an, versenkt einem die Seele in den glatten tiefen Harmonien und führt einen an einen Ort, an dem es nur noch Begeisterung und Seele gibt. www.background-records.de BLEED •••••

peitschend und auf dem letzten Track mit etwas weniger Tempo, dann noch mit schwer die Alphawellen auf Linie bringenden Strings. Schöne Tools für die Nebelschwadencrowd.

ANDREW RICHLEY & RYAN RIVERA URBAN BLOODSPORT EP [ANALOG MOVEMENT CREATIONS/020 - INTERGROOVE] Der Titel der EP klingt ganz schön morbide, aber letztendlich ist es doch ein ravendes Bad aus verhallten Pianofiltern und massivem Groove, angebreakter Percussion zwischendurch und schiebendem Tsunamibass. Auf der Rückseite mit mehr Discoflavour, aber dennoch toolig und ein-

spickt mit zackigen Latinswingern, denn Jazz ist auch Tanzmusik” (Trüby), beherrschte, ans Licht der Welt. Das Liebhabervinyl wird zudem noch durch Albert Mangelsdorff ergänzt.

www.analog-movement.com BLEED •••• NORTHERN LITE - GONE REMIXE [1ST DECADE/021] DJ Boon remixt den leicht cowboyhaften Track mit eher melancholischem Clubintro und schwappt dann leider mit einem sehr direkten Bruch über in eine dieser leidenden Gitarrenödnisse, aus der der Track eigentlich gar nicht mehr herausfinden kann. Der Gunjah Remix versucht einen kölschen Shuffle draus zu machen, was nur so halb gelingt, und zum Abschluss gibt’s dann noch mal das Punkrockorignal.

BLEED ••• ALIAS W/MARKUS ARCHER - UNSEEN SIGHTS [ANTICON] Eins sollte mal klar sein: Wenn man irgendwie was mit HipHop zu tun hat, dann sollte die Platte nicht so klingen, als wäre sie in der Tschechischen Republik gepresst. Das wirkt nämlich untenrum und überhaupt immer ein wenig dünn. Aber da es hier eh eher um ein sweetes, melancholisches Indiestück geht, das nur nebenher rockende Breaks brettert, passt das natürlich schon irgendwie.

Aber man hätte dennoch mehr rausholen kön-

V.A. - STUDIO ONE SKA” [SOUL JAZZ RECORDS - INDIGO] Mit seiner neuesten Veröffentlichung geht Soul Jazz zurück zur ersten Generation eigenständiger jamaikanischer Musik, zum Ska der frühen 60er Jahre. Bis dahin gab es nur amerikanischen R’n’B in den Dancehalls von Kingston. Als der Nachschub versiegte, machten sich unter anderen die Macher vom Studio Gedanken um zeitgemäße Tanzmusik. Studio One repräsentierten natürlich als erstes die Skatalites, das Album versammelt aber noch eine Menge anderer Vocal- und Instrumental-Tracks von Leuten wie Jackie Mitto, Ken Boothe, den Wailers, Roland Alphonso, Tommy McCook. “Studio One Ska” zeigt auf jeden Fall, warum diese Musik auch 40 Jahre später für volle Tanzflächen sorgt.

ASB •••• HU VIBRATIONAL - BEAUTIFUL BOBGHEE MUSIC 2 [SOUL JAZZ RECORDS - INDIGO] Hinter diesem Projekt verbergen sich Daedalus, Carlos Nino, Adam Rudolph und Hamid Drake, allesamt aus der amerikanischen West Coast-HipHop und Electronica Ecke. Ihre Musik hat aber

nen. Als Bonus gibt es noch “Autumn Afternoons”, ein Elektronikaklassiker für den Herbst, den ziemlich unflowigen “The Physical Voice” mit Vocals von Pedestrians, von dem mir aber das Instrumental lieber ist, und ein knisternd trashig slammendes “Something Borrowed”, das die Stärken von Alias am besten rausbringt.

www.anticon.com BLEED •••• BASTEROID - AGAINST LUFTWIDERSTAND REMIXE [AREAL RECORDS/020 - KOMPAKT] Was für ein unverschämter Rocker dieser Remix von WeltZwei, der nichts auslässt um der Hitsequenz, die eh schon die Bassbins landauf landab aus den Angeln gehoben hat, noch mal mit mehr und knuddelig knarzigerem Bass den letzten Schuss Monsterflavour zu geben, der die knisternden Vocals des Tracks zum Frühstück verputzt. Böse das, und das “Madingermany” hinten auf dem Cover wirkt bei solchen Tracks wie selbstverständlich. Auf der Rückseite dann mit Ada + Metope + Jake Fairley eine neue Supergroup des Knarzrock, die wir gerne mal auf der Bühne mit moshenden Köpfen und Windmaschine sehen würden, denn wenn es irgendeine Elektrorockband gibt, der ich blind vertrauen würde, dann den dieser Formation. Dazu noch eine Kollaboration von M.I.A. und Falko Brocksieper, die im Vergleich eher lässig und knochentrocken den schrubbelnden Funk in einer Leichtigkeit in ei-

eigentlich weder mit dem einen noch dem anderen etwas zu tun. Es handelt sich nämlich um wunderschöne, spirituelle, rein akustische und meist sehr minimale Improvisationen irgendwo zwischen afrikanischer Musik und Jazz. Die meisten Tracks bestehen sparsamst aus einem Rhythmus- und einem Melodieinstrument. Hier fehlt aber nichts und die Musik groovt wie verrückt, obwohl alles sehr intim und ruhig klingt.

ASB ••••• WORLD STANDARD & WECHSEL GARLAND THE ISLE [STAUBGOLD/051 - INDIGO/HAUSMUSIK] Sehr schön, klar, wenn schon Wechsel Garland dabei ist. Stellenweise auch sehr einfach gehalten, Gitarre und Piano, Xylophon, gerne digital bearbeitet, aber behutsam, wie mit einem Wattebausch zusammengedichtet, als wäre es nicht nur ein kleine Reise dieses hin und her Swappen von Files quer über den Ozean. Sondern eine, auf der viel passieren kann, die Musik vor allem aber irgendwie verzaubert wirkt. Ein sehr folkiges Album irgendwie, aber natürlich nicht mit Referenzen auf klassischen Folk, sondern in der Art wie die Stücke fröhlich und unbeschwert vor sich hin zu trällern scheinen und sich dabei den Anschein geben, ganz nebenher zu entstehen, leicht zu sein und irgendwie einfach so in die Natur hineingeflattert zu kommen. staubgold.com BLEED ••••• FAUST VS. DÄLEK - DERBE RESPEKT, ALDER [STAUBGOLD/KLANGBAD - INDIGO] Ich gebe zu, Faust habe ich nie verstanden. Dass diese Bande jetzt mit Dälek zusammen ein Album macht, war vorauszusehen. Und es sollte wohl

auch niemanden überraschen, dass dabei so ein dezent industrielles, düsteres, stellenweise klassisch bruchreifes Zeug zusammenkommt, das mit pathetisch tragischen Vocal/Raps durchzogen ist, und letztendlich klingt, als hätte man Neubauten durch einen Reisswolf gezogen und mit ein wenig amerikanischem Kriegerpathos aufgepeppt. Wer gerne in die Hintern von Creaturefeatures kriecht, um auch das letzte Rülpsen der Ausserirdischen noch in 3D mitzubekommen, der ist hier genau richtig.

BLEED •••-•••• BIGGA BUSH - BIGGABUSH FREE [STEREO DELUXE - SOUL FOOD] Glyn Bush ist mit seinem neuen Album so weit weg von seiner Ex-Combo Rockers Hifi wie noch nie. So ähnlich glatt gebügelt wie die Gesichter auf dem Cover aussehen, klingt hier nämlich leider auch seine Musik. Latin Pop, Weltmusik und Downbeat heißen die Eckpfeiler von “BiggaBush Free”. Ein wenig gefühlvoller wird es eigentlich nur, wenn Bush sich auf seine Dub-Roots besinnt.

Experimentiert wird auch dann nicht viel, so dass die Musik mehr oder minder gefällig dahin mäandert.

ASB •• LUNCHBOX - ANYWAYS [THE AGRICULTURE] Schweizer in Brooklyn. Eigenwillige Idee, passiert aber. Und heraus kommt ein Album mit sehr swingenden Downtempotracks, die stellenweise improvisationsbewusst lässig wirken, immer wieder Phasen finden, in denen es nur noch um den reinen Sound geht, der da in Samplern und Beats wohnt, manchmal denken sie entfernt an Dub, immer aber finden Martin Baumgartner, Bruno

nen sweeten Ravechanson umsetzen, die uns einfach verblüfft. Unscheinbar, aber eine Hymne.

Und die Platte als Ganzes? Noch unschlagbarer als eh schon immer. www.areal-records.com BLEED ••••• ELLEN ALLIEN - ASTRAL [BPICH/085 - NEUTON] Überraschend straight und dennoch funky und in der bekannten Weise breakverliebt kommt die neue Ellen Allien EP fast ganz ohne Vocals aus und lässt damit “Astral” ins Rennen um den knarzigsten Elektrominimaltechsound, dem dennoch Reste von charmanten Elektronika-Melodien anhaften. “Bangbang” zerrt das Wenige, was an Stimme da drin ist, in einen Kosmos zwischen rotzigem Elektrorock und martialisch verbrannter Bassline. Und mit “Strobo Me” wird es dann purer futuristischer Bodyrock. Killer.

www.bpitchcontrol.de BLEED ••••• FEADZ - MAXI BEEF EP [BPITCH CONTROL/086 - NEUTON] Tja, mittlerweile hat Feadz ja nun wirklich einen Sound, der ziemlich unverwechselbar zwischen schrotigem Komputerfunk, Breakbonkern und HipHop für Frischverliebte hin- und herdriften kann, ohne dabei die eigenwillig spröde trockene Art der Sounds zu verlassen, die die Tracks trotzdem nicht spröde klingen lässt. Killer für Freunde

Amstad und DJ Olive zurück zum Groove, ohne dabei wie in Downtempowelten oft typisch auf Beliebigkeiten zurückgreifen zu müssen. Strange, aber sehr deepe Platte.

www.theagriculture.com BLEED •••• TRANS AM - LIBERATION [THRILLJOCKEY] Das einzig Neue auf dem neuen Album sind politische Statements über den 11. September und gegen George Bush und seine Kriege in Afghanistan und Irak. Musikalisch passiert nichts, was man von der Band nicht schon kennen würde: Gerade, rockige Gitarrenriffs wechseln sich ab mit Synthiepop- Klängen und Vocoder-Stimmen, als wären wir in den goldenen 80ern. Zwischendurch immer wieder Hubschraubergeknatter und Sprachcollagen, die dem Ganzen Dramatik verleihen sollen. Was der Platte fehlt, sind eindeutig eine Portion Humor und ein paar frische Ideen. So klingt “Liberation” weniger innovativ als vielmehr angestrengt und wenig originell.

ASB • PATRICK WOLF - LYCANTHROPY [TOMLAB 37 - HAUSMUSIK] Der Düsterromantiker übt sich zur Mondfinsternis im Wolfsgeheul und rennt alle vier Minuten vor den Spiegel, ob ihm schon das Fell um die Schnauze sprieße. Gothic-Bänkel-Songwriting an allen Instrumenten, die nach Drehorgel im Kirchenschiff klingen, es hebt sein umflortes Haupt.

Oh, Eltern, haltet eure labilen Pubertätsgören im Zaum, der legendär spinnerte Klosterbruder Martyn Bates von “Eyeless in Gaza” hat endlich einen Sohn in die Welt gesandt, sie alle zu verführen.

Patrick Wolf deklamiert lauthals Joris-Karl Huysmans und schafft es, Glitch-Sounds so unendlich mittelalterlich klingen zu lassen, dass sich einem die Schnabelschuhe hochkrempeln. Im nebelverregneten England ist schon eine Wolf-Welle losgebrochen. Berichte häufen sich, nach denen Wölfe nachts aus ihren Zwingern befreit und Second-Hand-Läden nach Hurdygurdys umgekrempelt werden. Wuhuhu, sind wir bereit für diesen Spleen?

JEEP •••• V.A. - TURTLE BAY COUNTRY CLUB PRESENTS LOVE FACTORY [UNIVERSAL - GROOVEATTACK] Welche größere Plattenfirma interessiert sich eigentlich noch für Newcomer? Ich meine nicht die in Castingshows zusammengewürfelten Nichtskönner und Nachahmer, die nach einem Hit für immer in die wohlverdiente Vergessenheit verschwinden. Ich rede von Acts, die musikalisch und textlich über längere Zeit etwas zu sagen hätten, würde man denn etwas von ihnen zu hören bekommen. Eine Möglichkeit ist diese Compilation mit unterschiedlichen noch unbekannten Musikern, Sängern und Produzenten, die Beginner- und Patrice- Produzent Arfmann zusammengestellt hat. Ein breites Spektrum von dick produzierten Tracks von Reggae über Soul, Psychedelic- Folk, Dub, Hip Hop bis Pop mit stellt erste Veröffentlichungen vor von Onejiru, Mamadee, Jens Schlager, Unit East, Sola Plexus, Tengu und anderen vor. Und die zudem zeigen, dass Musik, zu der man sich bewegen kann auch textlich ruhig etwas zu sagen haben darf.

ASB ••••

des wohlbouncenden Krümelgrooves und klar, wer würde da besser als Remixer passen als MR. Oizo. Der gibt dem Beef die Stakkatoweihen und reißt auseinander, was nicht festgeklammert war, und reitet den elektrischen Wirbelsturm ganz allein bis zur Sichtung der mythischen Kuh im Auge des Sturms.

www.bpitchcontrol.de BLEED ••••• YANNICK LABBÉ - HOTBOX / GALLIENI [CABINET 023 - DIAMONDS AND PEARLS] Was lange schlief wird endlich wach. Auf Cabinet geht die neue Release-Offensive nach Labelchef Daniel Paul und Slope-Kollege Honesty in eine weitere Runde. Und insbesondere Hotbox des mir bislang völlig unbekannten Yannick Labbé trifft den Labelnerv so gekonnt, dass es mich doch ziemlich beängstigt. Wie der Halbfranzose ein so vielschichtiges und sich fortwährend neu auftürmendes Tanzepos erschaffen konnte, bleibt ungeklärt. Angetrieben von einer abgefahrenen Synth-Melodie und reichlich Claps verwandelt er den Floor zur Hitzekammer. Gallieni erhöht den Detroit-Faktor, senkt aber das Tempo auf gerade mal 105. Auch hier gibt es die Arrangementshöchstnote. Insofern beweist er schon mit seinen ersten Tracks volle Verwendbarkeit.

www.cabinet-records.de M.PATH.IQ •••••-••••

A CERTAIN RATIO - THE GRAVEYARD AND THE BALLROOM” [UNIVERSAL SOUND/SOUL JAZZ - INDIGO] Das Album erschien das erste Mal 1980, allerdings nur auf Cassette bei Factory Records, der Heimat von Joy Division, Durutti Column und Section 25. Ihre Mischung aus Funk und Punkrock war damals neben der Pop Group die frischeste Musik überhaupt. Post-Punk sozusagen. Produziert, aber nicht überproduziert wurde die Band damals vom Joy Division Producer Martin Hannett, der ihrer Musik diese ganz wichtige Portion Dreck gelassen hat. Und deswegen ist das Album nicht nur ein Zeitzeugnis, sondern rockt auch heute noch wie verrückt.

ASB •••π RESONATOR - RED ROOM DINER [WAF80 MUSIC] Nach der EP auf dem gleichen Label kommt hier das Followup als Album, und irgendwie ist diese Welt, in der sich Resonator bewegt, schwere Beats, dunkle Szenerien, französische Allegorien und verwirrend betörend bedrückendes aller Art, immer noch die gleiche, aber wirkt so als Ganzes dann doch vielseitiger und zeigt Facetten, die einem die Dichte trotz Schifferklavier irgendwie begreifbarer machen. Musik, auf deren langsam kriechende Art (wie frisch zubereiteter Teer aus Zimt) man sich erst mal einlassen muss.

www.resonator.de BLEED •••• BLANK & JONES - MONUMENT [WEA - WEA] Nach dem neuen Múm Album direkt Blank and Jones zu hören, ist schon eine Art von Erfahrung,

die man erstmal überleben muss, denn die geben sich alle Mühe, von Anfang an große Unterhaltung zu sein, die von Post-Prodigy über Technobrummeln, Soundtrackeskapaden, Filtersuhlen, melancholischen Tranceallüren mit Beschwörungsgestus, der einem die Gruftihaare zu Berge stehen lässt, ambientem Kleinklein, solidem Clubskelett, Breitwandkitsch aller Art so etwas wie die Progressiverockvariante von Trance zu erfinden, dass einem dabei schwindelig wird.

Mir jedenfalls. “Monumental” wäre ein noch passenderer Titel gewesen.

BLEED •• ANOREXIA GAS BALLOON - SATANPORNOCULTSHOP [SONORE/021] Ein japanisches Label mit der höchst skurrilen Attitude, hier auf dieser CD alles in einen Topf werfen zu müssen, was sich irgendwie um Kleinmädchengesäusel, große Kultgesten, digitales Geraschel und verzückt blinzelnde Experimente dreht. Das ist wie auf der Coverversion von “Candy Says” mal so kitschig, dass es fast schon zuviel ist, dabei aber bleibt es trotzdem musikalisch überladen und klar. Manchmal flüchten sie sich dann in skurrilsten Improvisationselektro mit Nuancen aus einem Sound den man früher in den ersten Sampleexperimenten aus Japan fand, heben allerhand Popschrott und Barmusik dabei auf, reißen es aber immer schnell wieder auseinander und fusseln mit einer extrem transparenten Zerrissenheit nahe an Leute wie Com.a ran.

Und dann geht es aber auch immer wieder zurück in den Plüsch, der lebt. Stellenweise ganz schön anstrengend, aber irgendwie mag ich das trotzdem. www.sonore.com BLEED •••••

GURIA REVISION - SUMMERTIME [CHICA DISCOS/004 - WORDANDSOUND] Perkussiver Overload von Anfang an, auf dem Levan Remix des Tracks, der sich langsam in eine schlängelnde Oldschoolreminiszenz schleicht, in der dubverhangene, gespenstisch säuselnde Stimmen irgendwann in einen Stringbreak münden, nachdem es dann erst so richtig breitwandig wird. Das Orginal ist mehr auf klassische Weise Deephouse-Sound, in dem die Percussions etwas verzierter improvisiert klingen und die Vocals irgendwie ein wenig an Twin Peaks erinnern. Der Bonustrack “Dust” ist dann purer säuselnder Kitsch. www.chica-discos.com BLEED •••• JACEK SIENKIEWICZ - DREAM MACHINE EP [COCOON RECORDINGS / 011 - INTERGROOVE] “Dream Machine” heißt der erste Track des kommenden Albums von Jacek. Und es beginnt mit seinen glöckchenhaften Sounds fast so, als wäre aus ihm auf einmal ein Elektronikamelancholiker geworden. Langsam aber schleichen sich rotzige Breaks und schillernde Beats ein, und schon hat man inclusive swingender Percussion und weichgezeichnetem, schwebenden Flavour einen der schönsten Clubhits des Monats. Denn irgendwie schiebt sich das einem so langsam und beständig unter die Haut, dass man gar nicht mehr davon lassen kann, und dabei wird es auch noch immer

• = NEIN / ••••• = JA

stranger ohne den schwer kickenden Untergrund zu verlieren. Die straighter technoide Rückseite “Chrome Goodies” erinnert stärker an den Sound, den man von ihm gewohnt war auf seinen Recognistion Releases, und hängt in den Zwischenräumen von Kompression, generativen Sequenzen und Effekten dennoch blended und massiv ab und erzeugt so einen Groove, der immer mehr Raum für sich entwickelt und nie an Faszination verliert. www.cocoon.net BLEED •••••

nen, arbeiten progressiv mit- und gegeneinander.

Was mich hier aber aus der Jubelreserve lockt, ist wieder einmal der übliche Verdächtige Andreas Saag. Nachdem er noch vor kurzer Zeit auf Infracom einen Überhit ablieferte, kommt er bereits hier mit einem Nachfolger. Boogie-House mit einem weiteren Hands-Up-Break für die LeftfieldGemeinde. Und Desha, der durch seinen Stateless-Mix für Furore sorgte, macht zusätzlich noch auf progressiv im Sinne von West-London. Das sitzt!

M.PATH.IQ •••••-••••

MINUS 8 - WHITE EP [COMPOST 133 - PP SALES] Es erscheint auf Anhieb als sichere Sache, wenn sich Robert Jan Meyer Remixer wie Simone Serritella alias Big Bang und Tweak aussucht. Da weiß man, was man hat. Zunächst allerdings bekommt White in einer neuen Vocal Version durch die Stimme von U einen zusätzlichen latinesken Anstrich. Insbesondere die Streicher verleihen diesem Stück etwas Besonderes. Die fehlen in der Big-Bang-Version, die zur Elegie etwas Temperament beifügt, natürlich auch nicht. Hinzu kommen noch jazzige Fender und ein Basslauf. Auf der Rückseite kümmert sich Cyril Böhler mit Unterstützung von Billie (MAW) dann endgültig um die clubbige Variante. Runaway morpht zu einem sehr deepen House-Stück, das wahlweise auch als Dub den moody Vibe beschwört.

M.PATH.IQ •••••-•••• BEANFIELD - CLOSE TO YOU/ TIDES RMX [COMPOST 159-1 - COMPOST] Weiter geht’s mit den Remixen zu Beanfields “Seek”-Album. Maurice Fulton, der House-Exzentriker mit den vielen Gesichtern, macht aus dem

THE UNCUT - DEVOTION/FLUENT AND PURE/OVER THE EDGE [FESTPLATTEN/020 - KOMPAKT] Mit 20 ist man kein Teenager mehr, da kann man ruhig mal eine Rockplatte machen. Als ich das erste Mal kurz reingehört hab, dachte ich mir, Fairley, jetzt ist es aber langsam genug mit Rock, das zieht einen doch nur runter, was die Teichmänner bestimmt nicht denken, aber merkwürdigerweise kam das im Club dann so gut und überhaupt nicht düster, wie ich es erwartet hätte, sondern eher euphorisch. Seltsame Welt. Minimalpunk mit Beatbox und Fuzzgitarre, eigentlich viel zu oft schon gehört, aber trotzdem funktioniert das mittlerweile nahezu bruchlos in jedem DJ Set und hat alles, was da an Ideologien mitschwingen mag, verloren und kommt nur noch als Effekt. Wem das auf die Dauer zuviel des einen Sounds ist, der kann mit dem Remix von “Devotion” der Teichmänner dann mehr in Beats, Funk und hintergründiges Rocken eintauchen.

www.fest-platten.de BLEED •••••

noch bevor man es zu fassen bekommt. Extrem schöne Platte. www.dekorder.com BLEED ••••• PETER F. SPIESS / JAY HAZE [CONTEXTERRIOR/006] Die Beiden teilen sich eine Split EP - und heraus kommen sehr deepe Dubtracks mit clickenden Beats, rockend verspielten Percussion-Effekten und Sounds, die einem das Fürchten lehren können, so unheimlich und perfekt können sie manchmal wirken. Vier brilliante Tracks von zwei Leuten, die sich ziemlich gut ergänzen und das Ganze so klingen lassen, als müsste es zusammen gehören. Peter Spiess etwas klarer in den Sounds und mit einem Hauch mehr Funk und Detail, dafür Jay Haze mit mehr Soul und deeperem Wahnsinn. www.contexterrior.com BLEED ••••• LEADERS OF THE 909 - SKYPER EP [FRISBEE TRACKS/059 - INTERGROOVE] Tja, wie hieß das noch mal so schön dieses Genre? Ah, ja, Sägezahn. Perfekt. Passt, kickt aber dennoch wie Sau und wirbelt mit seinen 70er Jahre Synth-Harmonie-Wechseln ganz schön rum und erwischt einen eiskalt auf dem Dancefloor, wenn es neben anderen Tracks in diesem Tempo laufen sollte. Wirbelsturm dieser Titeltrack, auch in eine andere Zeit hinein. Auf der Rückseite wird es dann allerdings etwas zu sehr Filter hier, Filter da, Percussion an, Beats laufen lassen. Und auch die Sirene auf “Clock Select” lockt einen nicht wirklich und wird dem Detroit-Sample irgendwie nicht gerecht. www.frisbee-tracks.de BLEED ••••

phouse-Seite von Get Physical kommen hier erst mal Remixe des Vocalklassikers von Justus Köhnke, der dem Ganzen ein lässigeres, ruhiges Wildpitch-Gewebe verpasst und eine eher unfunky trancige, ihren Zweck aber erfüllende Acidbassline hineinmogelt, die im Dub dann für meinen Geschmack aber doch schon zuviel des Dahintreibens ist. Captain Comatose holen ihren Kellerkinder-Basementfunk auf rockendere Beat-Basis zurück und lassen es von da ausgehend mächtig aufschunkeln und brutzeln sich eins, als wären sie die letztendlich einzige Möglichkeit der Vereinigung von Deepness und Knarz. Für Freunde des Kammerflimmerns gibts dann von Lopazz noch einen souligen Jazz-Remake des Tracks, bei dem einem, beim Aufwachen, die Federn aus den Augen wachsen. www.physical-music.com BLEED ••••-••••• BRIXTON - [HOLZPLATTEN/071] Vor allem die beiden A-Seiten Tracks mit ihren quirlig verschroben drangierten, irren Sequenzen machen diese Platte eigentlich zu einem Muss für alle, die harte Technotracks nicht nur als physische, sondern auch als mentale Herausforderung ansehen. Denn das sind die Stücke auf jeden Fall.

Und sie kicken einem auf der Hirnrinde rum, als hätte man sie eingeladen. B2 ist dann leider ein Füllseltrack. www.holzplatten.de BLEED •••••-••• MÄRTINI KARAOKE - WHO WANTS AGAIN? [INZEST/001 - KOMPAKT] Dass sich die Märtini Brös und Mitte Karaoke gerne beim Live-Battle Aug in Aug gegenüber stehen, hat sich ja eventuell mittlerweile rumgesprochen. Jetzt haben sich die vier ins Studio

Oldschoolhouseimplosion mittlerweile mit einer solchen Macht geslammt wird, dass fast jeder Track zum Hit werden kann. Vor allem, weil er immer so unverschämt querbeet von Bleeps über elektroide Basslines zu perfekt kickenden Beats hüpft, und selbst mit einem melodramatischen Orgelbreak noch funktioniert. Da die Mixe alle ziemlich nah beieinander liegen, wohl vor allem eine Platte für den DJ, der fein differenziert als für`s Heim. Vielleicht legen sie ja noch eine EP nach? www.K7.com BLEED ••••• ERLEND OYE - THE BLACK KEYS WORK [!K7 16 / ROUGH TRADE] Erlend macht diese Art charming Pop, der keiner Fliege etwas zuleide tun kann. Immer möchte man ihm durchs Wuschelhaar fahren. Er knickst dann süß linkisch dazu. Die Welt ist eine Gartenlaube ganz hinten im verwilderten Garten. Darüber schwebt der Geist von a-ha (Tut mir ja selbst leid, dass der sich einfach nicht verzieht ...). Wenn alle Männer Schweine sind, dann ist Erlend höchstens so ein knuffiges Ferkelchen. Für die Remixe hat er sich mit Phonique zusammengetan. Der plinkert ein oldschooliges Knarz-Pop-HouseStück aus dem kleinen Finger, sonnig verspielt bis dorthinaus. Und Erlend steht plötzlich mittendrin im Wuhei um die Post-Metro-Area-Schule, sozusagen auf der Mitsummseite der analogen Elektro-Disco. Dort macht er im Team mit Phonique eine richtig gute Figur.

JEEP ••••-••••• FABRICE LIG - MY 4 STARS [KANZLERAMT/105 - NEUTON] Wer es schafft, in so kurzer Zeit zwei Alben raus-

sind sicher, dass sich diese Combo bis zur nächsten Platte den Spaß an langweiligen Progressive-Flächen abgewöhnt haben wird, die ihnen Buffalo Daughter einbrocken wollen. Bis dahin erbleichen wir mit den besten Wünschen.

ARNE ••-•••• KLEMENS KAATZ - VERZERRUNGEN [KNISTERN 02] Was macht man nur mit zwei Bassisten? Der AmiHardcoreband “Flipper” ist dazu schrubbernde Dumpfpsychedelic eingefallen, Andrew Hill der freie Groove im atonalen Jazz. Klemens Kaatz und Guy Saldanha umkreisen in ihren sechs Instrumental-Miniaturen auf dieser 7Inch dagegen das folkig offene Spektrum von Pentangle bis Young Marble Giants. Dort, wo kühles Experiment und Schönklang sich gegenseitig bestärken, bearbeiten sie ganz unspektakulär ihre Bässe. Wer Angst hat, als sentimentaler Hund zu enden, aber seinem überkultivierten Sentiment doch mal die Zügel schießen lassen will, der wird sich von diesen Verzerrungen so manches Mal massieren lassen dürfen. www.knistern.net JEEP •••• DORAU / KÖHNCKE - DURCH DIE NACHT [KOMPAKT POP/004 - KOMPAKT] Aua. Das zieht einem die Schuhe aus, dieses Vocal. Ohoh. Erinnert mich an so manches Drum and Bassvocal aus der Anfangszeit, nur ist eben in Englisch alles anders. Und so hat es dieses Schlagerflair, das so übersoult ist, dass man sofort in eine Heavymetalhippiephase regrediert. Krass, aber irgendwie so speziell, dass wir den beiden das voll und ganz abnehmen können, selbst wenn die Bassline ein klein wenig sehr Discoklassiker

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zu ernsthaft beschaulichen “Close to you” eine Disco-Claps-Ballade, die mit Balearic-Augenzwinkereien der Romantik des Tracks erst die wahre Größe gibt. Sehr gelungene Aufwertung durch Alles-halb-so-wild-Weltgewandtheit. Beanfields Akustik-Version ist brutal klassischer Folkschmelz für die Geschmackspolizei, aber schön, natürlich. Die armen Chateau Flight müssen sich an “Tides” beweisen, nachdem Carl Craig die Latte fast uneinnehmbar hoch gehängt hat.

Das Rezept “Von Latin zu Rave” geben sie aber nicht kampflos auf, setzen alternativ auf den Kontrast von Streicheropulenz und schnurrig scheppernder Perkussion-Anarchie, um dann die Pauke zu schwingen, etwas unvermutet, aber man lässt sich gern davon erwischen. Die lustig verselbständigte Perkussion mit ihren ganzen KrabbelzooSounds darf sich dann im Instrumental mit dem wagnerianischen 4/4-Bums prügeln. Die Tanzfläche dazu fällt mir gerade nicht ein.

JEEP •••• C.I.T. [ELECTRIC AVENUE/002 - INTERGROOVE] C.I.T. steht für Citizens International Transformation und ist die Minimalhouse-Variante des “HipHop” Projekts Citizens International. Brilliant gemacht rocken die vier Tracks mal mit brummigen Basslines und vielen Effekten so als wären sie wie geschaffen für das Hinter-House-Rave, mal reduziert und mit Oldschool-Effekten aufgeheizt präzise für den minimalen Funk-Abend und auf der B-Seite versuchen sie sich noch in soulig angehauchtem Sprechgesang, was allerdings ein wenig zu überanstrengt wirkt. Dennoch. Feine Platte. www.electricavenue-recordings.com BLEED •••••-•••• PLEJ - BLUE [EXCEPTIONAL - ROUGH TRADE] Das ist bereits die vierte Maxi zum Album “Electronic Music From The Leftcoast”. Und mit jeder weiteren zeigt sich die Konsistenz des Longplayers der beiden Göteborger. “Blue” ist eine dieser House-Nummern, die leicht beschwingt mehr den Tag denn die Nacht versüßen. Insbesondere Jonatan Bäckelie alias Ernesto singt wieder engelsgleich über die dezenten Clicks und Cuts. Eine Steilvorlage für den Meister Marc Leclair aka Akufen. Doch der bleibt erstaunlich nah am Original und frickelt mit seinem Laptop nur im Detail bis in den frühen Abend. Mit diesen Ohrwürmern im Kopf lässt es sich zufrieden zum Feiervergnügen schreiten.

M.PATH.IQ •••• FAT JOHN THE AMPLE SOUL PHYSICIAN - EVERYWHERE [EXCEPTIONAL - ROUGH TRADE] Wer auf krude Hybride steht, findet hier in Fat Johns Original ein Musterbeispiel. Weirdes Beatprogramming gepaart mit Piano und Vocals, die eigentlich eher für ein Break prädestiniert schei-

HEMMANN UND KADEN - 2 ZU 1 EP [FREUDE AM TANZEN - KOMPAKT] Hilfe! Psychoaktive Musik. “Sense” hören, heißt automatisch mit dem Kiefer im Takt mitmalmen.

Kaum möglich, sich dem unterschwelligen Kick und bedrohlichen Funk dieses Stückes zu entziehen, denn die düsterwavige Brummkulisse, durch die nur ein kleiner Melodiefetzen und ein verhuschter Vokal hindurchspitzen, entfaltet hypnotische Kräfte auf minimalistisch-konzentrierter Basis. Die beiden Tracks der B-Seite sind eher spleenig als ravig. Kleinteilig staksen sie mit sehr klaren Click-Sounds vor sich hin und verdichten sich nur selten zu den intensiven Momenten der A-Seite, was aber vielleicht ganz gut so ist. Wer will schon dauernd in den Abgrund reisen?

FELIX ••••-••••• SOULPHICTION - SOULPHICTION EP [FREUDE AM TANZEN - KOMPAKT] In einem übellaunigen Moment polterte Moodymann mal, dass weiße Kids gefälligst ihre Flossen von schwarzer Musik lassen und sich das mit dem Samplen in Zukunft bitteschön verkneifen sollten. Würde Soulphiction die Gnade des Meisters finden? Vielleicht, denn noch tiefer als Soulphictions Verbeugung an das Detroit von Moodymann und Theo Parrish sind seine wunderbaren Basslines, die mal knarzig, mal warm pluckernd der ganzen EP ihren organischen Grundton verleihen. Die vielen Vocal-Elemente unterstreichen die zurückgelehnte Stimmung. Aber was wären die Huldigungen eines wohl eher weltlichen Preachermans an die schwarze Frau, die schmeichelnden weiblichen Afro-Snippets und die einsame Suche nach Erlösung von irdischer Pein, wenn sie nicht von sparsamen Rhodes-Akkorden und Saxophon-Samples atmosphärisch stimmig begleitet würden. Und spätestens die rohe Eleganz der scheppernden Claps macht klar, dass Housemusic hier ganz tief unten ist. Geglückter Kulturtransfer, sofern man das von dieser Seite des Atlantiks sagen darf!

FELIX ••••• UN CADDIE RENVERSÉ DANS L`HERBE LIKE A PACKED CUPBOARD BUT QUITE...

[DEKORDER/007] Ein Album voller Tracks von Un Caddie ... Und auch hier geht es um diese eigenwillig semiakustische Welt aus Kleinstgeräuschen und Instrumenten zwischen Kammermusik, Spielzimmer und purem Geräusch, das klingt ,als würde es hinter den Postern an der Wand hervorkriechen und den Raum mit einer Magie füllen, die nur schwer zu verstehen, aber willkommen ist wie nur ein imaginärer Freund es sein kann. Eine Platte, mit der man sich zuhause fühlt, in dem besten Wissen, dass es kein Zuhause geben kann, weil es immer schon durchzogen ist von einer Öffnung nicht nur hin zu den hereinquellenden Geräuschen und Medien, sondern auch einer Öffnung, in der das Zuhause selber längst entschwirrt ist,

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Im Februar

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AMP FIDDLER - I BELIEVE IN YOU [GENUINE - PIAS] Nach der allgemeinen Huldigung des Albums kann sich Amp die Remixer für weitere Maxis scheinbar aussuchen. Denn neben dem Original finden sich hier noch Versionen von Bugz In The Attic und Jaylib. Welcher der Bugz sich allerdings für die Überstülpung der Broken Beatz über die an sich sehr langsamen Vocals der Ballade verantwortlich zeigt, bleibt unklar. Das ist noch immer fein, aber nicht das, was man von der WestLondon-Posse erwarten darf. Für Nörgler wie mich bleibt da aber Gott sei Dank der Vocal Dub. Gewohnt krank kommt hingegen J Dilla daher, der sich einfach mal das Pseudonym, dass er sonst mit seinem Kollegen Madlib trägt, unter den Nagel gerissen hat. Kopfnicken für Fortgeschrittene. www.ampfiddler.com M.PATH.IQ •••••- •••

zurück gezogen und für das neue Label der Mitte Karaoke-Boys einen Track zusammengeschraubt, bei dem kein Raveauge trocken bleibt. Ein bleepender Wall of Sound mit Hang zum Kitsch und etwas ungelenk gesungenen Worten für die frühen Morgenstunden im Club. “Who wants again, who has not yet?” fragen die vier - und natürlich wollen alle mehr. Remixe zum Beispiel.

Einen von den Märtinis und einen von Mitte Karaoke. Das bietet sich an und ist ganz nebenbei auch Teil des Inzest-Konzeptes. Mitte Karaoke zwirbeln an einer flockigen Acidline herum und reiten in den housig Bläschen schlagenden Sonnenuntergang. Und auch die Märtinis nehmen sich des Old School-Vibes des Originals an und schütteln einen locker bouncenden Elektro-House-Track für den flotten Primetime-Boogie aus dem Ärmel. Gelungenes Labelstart.

SVEN.VT ••••-•••••

M.A.N.D.Y. - ACHAAT [GET PHYSICAL/010 - INTERGROOVE] Wer jetzt den nächsten Monsterhit von M.A.N.D.Y. erwartet hätte, der mag wohl ein wenig enttäuscht sein, aber dafür ist “Achaat” ein extrem lässiger und natürlich bis ins letzte pumpender, glitzernder Discodub der feinsten Art und so konzentriert auf die Effekte und das, was man mit ihnen noch so alles anstellen kann, dass man am liebsten ein Cover mit “Super-SoundSingle” dazu hätte. “Words don’t come easy” auf der Rückseite geht noch ein wenig mehr in die Knie und ist vor allem eins, monumentaler ultrasicherer Groove, und trotz seiner Vocoderstimme eher ein Stück, das von der Bassline zehrt.

HANNA - EVENFLOW [IRMA UNLIMITED 029 - SIB] Warren Harris schraubt weiter en detail an seinem Marken-Sound. Nirgendwo klingen verschleppte Sounds so gekonnt daneben wie bei ihm. Ob bei Evenflow, wo die Claps - wie im wahren Leben - nicht so recht alle den Punkt treffen wollen, oder bei Come Closer, wo die HiHats sorgsam um das Halbwerttempo des Rests kreisen, der Mann, der durch seinen Output derzeit eine gewisse Omnipräsenz besitzt, definiert, was knapp daneben und doch drin ist. Zwar klang er schon rougher in der Quantisierung, aber die Deepness hat so viel Gesichtsfarbe wie Moodymann.

M.PATH.IQ •••••-••••

www.physical-music.com BLEED ••••• DJ T - GET LOST [GET PHYSICAL/013 - INTERGROOVE] Get Physical steht mittlerweile ja für einen Sound, der immer so fett ist, dass sie eigentlich kaum noch etwas falsch machen können, denn im Club funktioniert das immer. Und auch wenn sich hier, verlässlich, alles wieder um die Disco und den guten unverdaubaren Klumpen Acid dreht, ist es vor allem der Sound, der einem im Ohr bleibt, dieses drängend unbeherrschbare Moment, wo man nicht mehr abstrahieren kann, dass das da Musik ist, was aus den Bassbins drängt, sondern eben Physis. Fasst slappende Basslines und schwebende Hintergründe erhöhen auf der A-Seite den Funkfaktor noch mal ein wenig und für “Phantomas” wird in einem leicht progressiv angehauchten Dubflavour die Nebelmaschine in Reminiszenz an Joakim angeworfen und mit Areal-Basslines abgeschmeckt.

Fett. www.physical-music.com BLEED ••••• CHELONIS R. JONES - I DON´T KNOW [GET PHYSICAL/011 - INTERGROOVE] Bekannt für die offensichtlich klassische Dee-

ELEKTRO MUSIC DEPARTMENT - ANTI-ESTABLISHMENT 2 [ITALIC/037 - KOMPAKT] Weiter geht es in der Serie unbeugsamer Helden des Untergrunds mit der Berliner Elektro Posse.

Und die drei Tracks, die sie für Italic gemacht haben, sind so voller sexy Overdose Reduktionsblues, dass man sie im Hintergrund fast lachen hört.

Pappige Bassdrum, klonkige Töne, Vocals aus der dunkelsten Ecke der Seele, oder Strasse, was hier keinen Unterschied macht, zirpend, verdreht, gradeaus, all das sind auf dieser Platte keine Wiedersprüche und auf der B Seite geht es dann auch noch ans Leder der DAF Reminiszenz. Killer.

www.italic.de BLEED ••••• ERLEND OYE - BLACK KEYS WORK [K7/161 - ROUGH TRADE] Tja, ich bin nicht so der Fan von Erlends Alleinunterhalter-DJ-Style, klar, aber letztendlich kann er eben schon auf diese sweete Indieart singen, und das passt auch perfekt zu dem leichten Pianotrack voller süsslich unklebriger Melancholie, den er hier als Addon für das DJ Kicks Album gebastelt hat. Dazu kommen 3 Remixe von Phonique, die davon zeugen, dass in dieser Posse der Berliner

zubringen, die von Anfang bis Ende den Himmel auf die Erde holen, und daneben noch Monat für Monat 12”es rausbringt, die soviel Energie versprühen, dass man clubwise da wohl das nächste Jahrzehnt noch von leben kann, der sollte gerechter Weise auch ein paar Millionen Platten davon verkaufen. Das wird aber wohl nie so sein, und wenn schon. Denke mal, Fabrice Lig ist durch und durch glücklich, anders könnte er solche Tracks gar nicht produzieren. Intro mit Strings, die nicht nur perfekt sind, sondern weit, weit mehr, dann “In My Arms”, die Clubhymne des Sommers, mit kurzem “Video Killed The Radiostar”-Auaaua, und schon sind wir bei der Albumversion des Latinhits “Los Picaros”, der ja schon als 12” die Clubs in Raserei versetzt hat und mit “Tapioca” setzt er dieser Nuance seiner Tracks noch fort. Er geht mit “My Old Friend” tief in die deepesten Knie mit einem Saxophon, lässt einen auf “”Golden Instants” vor Funk überquellen, als wäre er der Alleinerbe von Mad Mike, blickt einem auf der “My 4 Stars” Instrumentalversion tief in die Augen, kommt mit “Back To Tha D” so quirlig, dass man es kaum glaubt und lässt auf “Wait For March” der Stringsucht endgültig freien Lauf. Killer auch dieses Album. www.kanzleramt.com BLEED ••••• SEBROCK & STEREOJACK - MUSIC [KIDDAZ.FM/038 - INTERGROOVE] Jetzt wird es auf Kiddaz auch noch funky und lässt die harschen Beats erst mal fürs Intro beiseite und konzentriert sich auf die grollende Bassline, die sich im Lauf des Tracks zum Schlüssel für eine richtige Explosion entwickelt. Für die zweite Version haben sie sich Vocals von Tyree Cooper dazugezimmert, die dem Ganzen noch einen Hauch von Streetcred geben und merkwürdigerweise einen Liveeffekt erzeugen, der klingt, als wollten die Kiddaz jetzt vielleicht doch mal einen Stadionrockauftritt machen. Der Eric Sneo Remix nimmt dann allerdings durch die zu lineare Art des Grooves und das Überdrehen der Bassline irgendwie den Flow raus und stampft es einfach nur runter. www.kiddazfm.de BLEED •••••-••• RHYTHM KING AND HER FRIENDS GET PAID RMX [KITTY YO - PIAS] Keine Persiflage, aber mit einer Menge a-, b- und c-Themen aus dem Rrrriot-Bereich, von denen wir noch viel (zurecht) hören werden. Bis es aber soweit ist, müssen wir mit diesen vier Remixen zu Get Paid vorlieb nehmen, die leider mehr nach Jeans Team als nach Le Tigre klingen - oder vielleicht gerade zum Glück, weil dieser Knarzebass einfach mehr Wumms hat als die extrem hinterhältige Gitarre (wie frau in Leipzig sagt). Wir bleiben da lieber bei Track 2, wo sich die Rhythm Kings selber remixen und bestimmt im Studio die alte Rhythm-King-Compilation immer an der Wand hing. Unbeschreiblich schönes Rumgeeiere meets scheppernde Groovebox-Derivate. Wir

ist. Der Wassermann Mix ist ein Wassermann Mix, das Vocal Oktaven tiefer und näselnd wie Kübelböck oder so, der Geiger Mix klingt mir irgendwie zu versumpft, trotz Chickenlipsacid und dann, schmacht, noch dieser “Abermorgen” Räucherkerzengroove. Herrjeh, die deutsche Nostalgie kennt keine Grenzen. Gewagt würde ich sagen. Von wem ist das Vocal? Vicky Leandros?

www.kompakt-net.de BLEED •••• CHELO SCOTTI - TIEMPO [L`AGE D`OR] Mich erinnert dieser Sound an Markusin düster, wenn sowas überhaupt vorstellbar ist, was natürlich eh eine optimistische Sichtweise ist, denn düster heißt hier nicht nur dunkle, elektroide Rotzbässe, sondern auch italo-deutsche Lyrics über St.Pauli, was natürlich durch die Sache schon mehr Optimismus verbreitet, als es ein Münchner je könnte. “Frühling” ist aber auch der beste Track, denn “Tiempo” ist einfach dann zu sehr Harmonikaschuffle für die Partymeile, das etwas tragische “Lejos” steht eh außerhalb, weil mehr ein Chanson zum zuhören ist. Und die Rockvariante von “Lejos” braucht eigentlich kein Mensch.

BLEED ••-•••• DAEDELUS - MEANWHILE [LABORATORY INSTINCT - NEUTON] Sehr sweete EP mit 6 Tracks, die das Album von Daedelus auf Laboratory Instinct ankündigen und irgendwie dennoch eine andere Richtung haben, weil hier einfach alles noch viel weicher und exotischer klingt, trotz gelegentlicher Ausflüge in die Welten von zerhackstückt erinnerter Drum and Bass Phase, dem martialen Brutzeln von Outnumbered, denn die A-Seite ist gerahmt von zwei sehr sweet die Bomben droppenden Tracks und auf der Rückseite kommen selbst Barry White Fans zu ihrem Glück. Wild Wild West Style, der so psychedelisch eigenwillige Cutcopypastekonstruktionen erschafft, die man so nie zusammendenken könnte, sondern nur miterleben muss.

Extrem schöne Platte mit einem ebenbürtig strangen Cover.

BLEED ••••• VON SPAR - VIELEN DANK FÜR IHR VERSTÄNDNIS VOL.2 [LADO] Und jetzt weiter im Thema: Abarbeiten an der neuen Mitte. Ist ja auch anstrengend. Hier eher so in der Abwärts meets Suicide Agenda auf “Ich AG” und, klar, passend, das sagt schon der Titel, auf “Dog Machine” mit Endachziger HipHopsoundtrackintro und solide schlichtem slowmotion Funkbratzminimalbeat nur vielleicht etwas sehr nervös quietschenden Stimmen. Tja, Rupture werden. Die Remixe kommen in Miami Bass Style von DJ Slick und (mehr ist dazu wirklich nicht zu sagen) als tiefergelegter Spoilerrock von Thomas Schumacher für die Clashrockfraktion. Kommt

<41> - DE:BUG.81 - 04.2004

BRD

<42> - DE:BUG.81 - 04.2004

BRD

• = NEIN / ••••• = JA

nicht alles nicht an den Martiniq Remix ran, aber so zusammen mit Mediengruppe TK sind mir das schon die liebsten Neopunker.

BLEED ••••-•••

ten von Housemusik. Als Abschluss dann noch das gespenstische “Julian´s Poop” mit seinen Trashdeckeldubs und dem aufgekratzt elegischen Soundeffektoverdrive. Ein Killer, diese Platte, und dabei so unscheinbar. www.musikkrause.de BLEED •••••

GOLDFISCH & DER DULZ - SUPERCOLOR [MOON HARBOUR/013 - INTERGROOVE] Und schon wieder kommt eine Moon Harbour die mehr erfüllt als man sich wünschen kann. Die beiden Playhouse Kids rocken auf “Supercolor” mit einem lässigen Oldschooolhousevibe zur Acidbassline hinein in eine hymnische Detroitstringorgie. Und sie finden dennoch einen Weg zurück zur puren, reinen Groovestruktur aus Beats, Bassline und ein wenig Effekt, die nichts an Intensität dabei verliert. Funkiger und leicht verschroben auf der Rückseite mit “I Can Hear Music”, ein Track der so offensichtlich ist, dass man sich wundert, warum man das nicht öfter hört. Leicht angebrummte, unausgeschlafene Bassline und nervöses Quitschen dazu, fertig ist der Basementburner. Ähnlich, nur shuffelnder in den Beats, geht es auf “Celebration” dann dem Ende zu, und hängt so lässig in den Funkseilen, dass man bis zum nächsten Morgen durchtanzt.

www.moonharbour.de BLEED ••••• STEVE BUG - FUTURE RETRO 101 [POKER FLAT /047 - WORDANDSOUND] Drei Variationen von Oldschool rings um die geliebte 101, für die sich Steve Bug wohl extra noch einen analogen Sequencer geholt hat. Klassisch klingt das natürlich, aber vielleicht ist es für diese Art von Idee dann doch schon wieder zu spät, denn Acid ist ja nun wirklich überall, und man weiß nicht genau warum eine extra Beschänkung

mehr da jetzt ein großer Schritt wäre. Die Tracks kicken aber, soweit ich den Snippets entnehmen kann dennoch, auch wenn sie nicht ganz an die letzten Steve Bug Releases rankommen.

www.pokerflat-recordings.com BLEED •••• MICROMUSIC [MULLER/051 - INTERGROOVE] Ach, darauf hat man ja schon lange gehofft, dass sich noch mal jemand der Micromusic Posse annimmt, und eine Compilation mit Tracks dieses Killer-C64-Atari-Universums rausbringt. Gwem, Tobiah, Puss, Kram und Der Tante Renate werden auf der neuen Muller gefeatured. Und sie rocken Sidstation aufs Mothershipt, und wer mehr quirlenden Pathos irgendwo findet, der so komisch wie kickend und so massiv bratzig und dennoch irgendwie trippelnd leichtfüssig ist, der soll vortreten. Tausend Dank Frau Muller.

www.muller-music.com BLEED ••••• SOMEONE ELSE - BALL LICKIN EP [MUSIK KRAUSE/010 - KOMPAKT] Ist das eigentlich der gleiche Someone Else wie auf Tuning Spork? Den Titeln nach mit Sicherheit.

Wie auch immer, eine Platte, die so voller heimlicher Dubwelten und Effekte ist, dass es einen aus dem Alltag des kickenden Grooves mit seiner flüsternden Unheimlichkeit heraus haut, aber dennoch nach einer Weile wieder so dicht wird, und einen so gut einhüllt in diesen ungewöhnlich zurückgelehnt breitwandigen Sound (wir reden von “Deep In A Lube”), dass man nicht mehr hinausfindet. “Spork In The Road” setzt den Sound in klareren, klirrenderen, percussiven Funkbeats fort und lässt die Bassline so melodisch und deep surren, dass man die clonkigen Beats sofort weit hinab in die eigene Musikgeschichte katapultiert und sich zurück wähnt auf einem anderen Plane-

SOMEONE ELSE - BALL LICKIN EP [MUSIK KRAUSE - KOMPAKT] Onkel aus Amerika oder eher musikalische Wahlverwandtschaft? Schwer zu sagen, denn der Beitrag von Sean O’Neal aus Philadelphia für das sympathische Familienunternehmen aus dem Thüringischen lässt beide Schlüsse zu. Dass mehrere tausend Kilometer Wasser nicht wirklich trennen müssen, zeigt die minimale, in den Sounds ziemlich ausgetüftelte Ball Lickin Ep. Während die A Seite mit ihren traditionalistischen Dub-Hallräumen, zwischen deren Gewaber gelegentlich Sprachfetzen und nuanciertes Geknispel auftauchen, als gutes Arrangement relativ unorigineller Mittel durchgeht, (d)rückt auf der B-Seite die trockene Kickdrum in den Mittelpunkt. Das B2 Stück, Julian’s Poop, söhnt atmosphärische Dichte und eine schmatzende Geräuschkulisse mit einer treibender Bassline aus, so dass man die anfänglichen Defizite der Ep schnell vergisst. Funky!

JEEP •••• DJ EMERSON / DJ MAHATMA - NERVOUS TRAXX 1 EP [NERVEN/020 - DMD] Klar, massiv loshämmernde leicht loopige Tracks von Emerson und Mahatma, aber irgendwie reicht auf “Bongsong” z.B. schon das acidlastige Clackern der Rimshots und der blubbernde Break, um den Track aus dem üblichen Pressluftham-

mersound abzuheben und irgendwie mit treibendem, komprimiertem Druck auszustatten. Das fingerschnippende Feuerzeugreiben kurz vor Ende des Breaks ist ein weiterer Killer. “M`s Groove” hat durch die völlig breitgetretenen Vocalsamples auch einen Hauch von oldschooligem Humor, und der trashig grummelige Motorfunk von “Underground Funk” passt mir genau so wie der breakig wilde Terrorcharme von “Tribal Kidd”.

Eine der besten harten Techno EPs des Monats.

BLEED ••••• LORBER SIKORA - RUMBARUMBARUMBA [NUMMER/006 - INTERGROOVE] Die A-Seite mit ihrer unterschwellig aufgekratzt knarzigen Melancholie ist für mich eins der deepen Ravemonster des Monats. Äh. Sagen wir mal das deepeste unter den Schwergewichten. Das liegt auf dem Wasser der Seele wie ein Flugzeugträger und bleibt in der rotzigen Stimmung dennoch nicht so schwergewichtig und plumpsend sondern eben funky und so hot, dass es einem unter die Haut geht. Die Rückseite beginnt mit clonkigerem Rhythmus und hat dennoch nichts von Oldschool, sondern schwebt nach dem Break sofort ab in eine sehr eigenwillig angedeutete Melodiösität, die irgendwie die technoidere Seite des Areal Records Sound darstellen könnte, obwohl es eben auch hier nicht einfach rattert, sondern sehr klar und komplex kickt. Ach, wie soll man das beschreiben. Ausnahmeplatte, definitiv.

www.nummer-schallplatten.de BLEED ••••• RICH & KOOL - LOVE JUNKY REMIX LP [PAVLEK] Stranges Album, das Pavlek hier rausbringt, und das Label schon wieder in einer völlig anderen Richtung unterwegs zeigt als man dachte. Rich & Kool sind eine Elektrocombo, einfach, straight, punkig, soulig und mit nur gelegentlichen Ausflü-

gen in rare Grooves. Gitarren und leicht fiepsige Synthesizer, tragischer aber dennoch irgendwie auf dem Boden bleibender Gesang sind ihnen viel lieber, und wenn sie so weiter machen, dann wird noch eine echte Elektropunk-Konkurrenz zu Eminem draus, seinen Flow jedenfalls haben sie ab und an schon mal gecovert, natürlich nur nebenher und auch das vermutlich eher als Witz, denn bei allem Street-Soul den die Tracks haben, bleiben sie dennoch albern. Die beiden haben auf jeden Fall was vor sich und ich wüsste nicht was sie stoppen sollte. (PS: Die Rückseite featurt einen Eric D. Clark Remix und mehr)

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MOTORSOUL TRAX VOL.1 - CHAPTER 2 [PHILPOT/007 - WORDANDSOUND] Auf der zweiten der Auskopplungen kommen mit Rework und SoulPhiction die Klassiker Stuttgarts mit zwei Tracks, die rocken wie nur sie es können, mit einem lässigen dunklen Clubflavour voller Funk und abseitigem Humor, Sex und Wumms, blinzelnden Jackhousestyles und böse grabenden Basslines. Als Bonus gibt es einen extrem deepen, ruhigen, dubbigen Track von Neustadt36 aus Hamburg, die mitten aus dem unglaublich schwerfüssigen Dub dann plötzlich den Weg in die schwärzeste Disco mit Cutupflavour finden.

Wer sich eine Mischung aus Theo Parrish und Akufen vorstellen kann ist nah dran. Satt.

www.philpot-records.net/ JOHN DAHLBÄCK & JON SILVA WARM BREEZE [PESTO/003 - INTERGROOVE] So langsam frag ich mich diesen Monat schon, ob ich eigentlich was erbe, wenn die Dahlbäcks von uns gehen. Das ist nun schon das 4te Review diesen Monat, wo einer von denen auftaucht, und ich hab noch nicht mal ein 5tel aller Platten gehört. Ouch. Aber egal, das hat mit der neuen Pesto, die noch wundervoller ist als die ersten beiden, überhaupt nichts zu tun. Auf der A-Seite erst mal der Dahlbäck-Mix dieses Vocalhousetracks, der charmant und sweet eben genau so klingt, wie er heißt: “Warm Breeze”. Und fordert damit den Frühling ein, der wohl, so gerufen, nicht lange auf sich warten lassen wird. Das Original gleich hinterher, und das ist percussiver, deeper und etwas schwerfälliger, aber dennoch in der richtigen Stimmung ein perfekter Hit zum Augenschließen und dahin driften. Der Beckster Mix legt dann etwas mehr Slammerattitude an den Tag und transponiert es auf die Matritze der

Schnittstelle zwischen Berliner Ravestraightness und Oldschoolhype, ohne dabei auch nur einen einzigen Ton Peinlichkeit zu produzieren. Zuletzt dann noch der schnellere Schnipsellfunkmix für die Rocker unter euch.

www.pesto.de BLEED ••••• MOTORSOUL TRAX VOL.1 - CHAPTER 1 [PHILPOT/006 - WORDANDSOUND] Eine Serie von Minicompilations, die der CD dazu vorausgehen und mit Tracks von Todd Sines (hier mit Nathalie LaBelle) in krudem krabbelndem Microfunk deepe unerwartete Konstellationen aus verspielten Beats und Stimme vorlegt, auf Nik Reiff vs. Philip Kucharski mit hintergründig dunklem, zerkratztem Gesicht fundamentale Clubbeats mit polnischem Sprechgesang versieht und als Abschluss mit The Jetset noch mal die brummelnde Elektrobasslinespannung aufbaut, bis sie explodiert. Feine und sehr ungewöhnliche Tracks, die Philpot als eine der raren Sterne Stuttgarts blitzen lässt.

www.philpot-records.net/ BLEED ••••• MAIK LOEWEN - EIN JAHR EIN MONAT [TRAPEZ/037 - KOMPAKT] Was für ein Klassiker dieses “Ein Jahr Ein Monat”.

Resolut reduziert in den Beats aber mit einem so swingenden Rave-Piano, dass es auch noch den letzten auf die Tanzfläche lockt und dann mit den flirrend klingelnden Synth-Sequenzen völlig ins Glück treibt. Melodisch, fundamental und perfekt. Die etwas angeknautschtere Rückseite “Apparat” wirkt wie ein Transistorradio auf weitem Feld, der Stück für Stück die Grillen, Spaceships und Feuer anlockt, die das ganze zum Lodern bringen. Sehr schön mal wieder.

www.traumschallplatten.de BLEED •••••

BLEED ••••• BENNY BLANKO - HOMESTYLE 4 [PLAYHOUSE/089 - NEUTON] Klar, das ist Homestyle pur. Benny Blanko lässt die Basslines in bester HipHop-Deepness um die Ecke grooven, schwirrt dabei lässig als Gespenst durch die Samples einer überfütterten Raregroove-Elegie und holt dann auch noch zweimal aus zu einer kleinen basslineunterfütterten Househymne mit sweetem, zeitlosen Detroit Flavour für die, die auch nach 10 Stunden Tanzen nur in deep denken können. Wann kommt das Album?

Wir warten immer noch. Endlich mal jemand, der den Bruch zwischen House und HipHop nicht nur kitten kann, sonder zwischen beiden hin und her wechselt, als hätte es nie so etwas wie zwei Wege gegeben. Und jetzt schließt die Augen und vergesst euch in “Desolve”.

ww.mad-net.de/playhouse BLEED •••••

KAREEM - NEOCLASSICAL [RAMADAN/002 - HARDWAX] Oberflächlich betrachtet ist das gechillter HipHop, aber der Berliner Kareem spielt zunehmends in seiner eigenen Liga. Bei Irdial hieß das mal “No one can touch us”, ins Berlinerische übersetzt sagt man wohl “Úns kann keener” dazu und so cool wie hier ist das wohl selten in Musik umgesetzt worden. Abwartend, die Situation checkend, dabei böser und darker als vieles und unendlich dichter an Moabit, Neukölln, dem Wedding, Kreuzberg, den Türmen der Leipziger oder sogar dem Alex dran als an den dunkelsten Ecken Kölns, Frankfurts oder Hamburgs. Wenn ein durchdesignter Film vom Schlage Ghostdogs in Berlin spielen würde, wüsste ich, wer für mich beim Soundtrack erste Wahl wäre.

PP ••••• FABRICE LIG - THRU YOUR SOUL [RAYGUN/018 - INTERGROOVE] Verdammt, dieser Track ist so schön. Naja, sie sind alle so schön auf dem Fabrice-Album “Roots Of The Future” auf Ray Gun. Jetzt aber noch mal als 12” Ausgekoppelt und in drei Mixen sind wir ziemlich sicher, dass sich dieser Track das ganze Jahr hindurch genau in den Momenten auf allen Partys zeigen wird, wo man von der Phase des fein Dahingroovens in die der überschwenglichen Partystimmung übergeht, bei der es dann kein halten mehr gibt, denn genau das kann dieser Track. Einen auf die nächste Ebene tragen und nie wieder zurücklassen. Und wenn man den Vocal Mix schon gespielt hat, dreht man einfach die Platte um.

BLEED ••••• RIS - LOVE-N-MUSIC [RELISH 007 - 4 MUSIC] Tja, Tony Carrasco, Relish gräbt ihn aus mit seinem RIS-Projekt von ‘83. Das Coole an Carrascos Italodisco-Entwurf ist ja gerade, dass er die pla-

TRAUM V47 & CD15

TRAPEZ 39

TRAUM V45

TRAPEZ 38

OZY - Imaginary Rockstar Syndrome

THOMAS BRINKMANN Tour de Traum Release: 26.04.04

MIA Straightaway

ADAM KROLL & RILEY REINHOLD Static People

MBF 12005

DIRT CREW Cleaning up the Ghetto Part One

TRAPEZ ltd 17 TRAPEZ ltd 17

kativen Sounds nimmt, aber auf die plakativen Melodien verzichtet. Das hat ihn immer von der Eisdiele weggezogen hin zur Dancefloor-Avantgarde und an die Seite von Alexander Robotnik.

“Love-N-Music” ist da ein Grenzgänger. Das charmante Jubeln, je unechter, desto geiler, draufgesetzt auf die eindimensionalen Fieps-Sounds, peppt einen auch hier an. Aber dann muss er doch aus irgendeinem unerfindlichen Grund ein Eckchen zuviel die Keyboard-Debilo-Melodiekarte zücken. Oder ist es gerade das richtige Eckchen? Knifflig, knifflig. Auf einem MinimalFloor, der mit aller Macht eine Camp-Attitüde provozieren will, werden aber vor allem die Headman-Remixe gut sitzen.

JEEP ••••

SAMMY GOOSSENS Cruel Game

JEFF BENNETT - WISE RISE [SENSEI/010 - INTERGROOVE] Auch dieses UK Label ist mir neu, dabei sind sie schon beim 10ten Release. Verdammt, ist doch keine globalisierte Welt, das. Jeff rockt hier mit 4 absolut brillianten Tracks in so massiver Produktionstiefe, dass man einfach immer wieder erstaunt ist. Ich kenne die Einwände von Leuten, die manchmal sagen: Ach, das ist doch alles Technodub! Aber, hey, wer aus einem so sweeten Intro plötzlich aussteigt wie Jeff, und mit einer Bassline kommt, die einen gleich drei Schritte weiter hin zum Glück transportiert, der macht einfach alles richtig. Mein Lieblingstrack: “Illusions”.

www.sensei-records.co.uk BLEED ••••• REDPLANET EXPRESS EP [SOLOACTION/001] Nicht die geringste Ahnung, von wem dieses Label ist, aber die Tracks überzeugen einen von der

eigenwillig vielseitigen Herangehensweise an frühe Carl-Craig-Methoden, mit einem Sound, auf völlig überraschende Weise Detroit, unser aller Lieblingsthema, neu zu interpretieren. Mal mit breakig verkanteten Beats, die so deep dahinfloaten, dass man es kaum glaubt, mit verschleppten untergründigen Basswellen, die nicht zu fassen sind, aber dennoch eine eindeutige Stimmung erzeugen, gerne auch übervoll an Sounds, so dass man sich wundert, dass die Magie überhaupt aufgeht, mit klassischen Soulreferenzen und trotzdem unglaublich frisch. Mit Sicherheit ein Geheimtipp in Detroitkreisen.

www.soloaction.org BLEED ••••• D. DIGGLER - C24 [RESOPAL/015 - NEUTON] Irgendwie hat sich Diggler in eine Richtung entwickelt, die sehr eigenwillig soundscapig wirkt.

Linear und mit wenig abweichungen straight und klassisch aufgebaut kann man das auf “C24” deutlicher denn je hören. Ein Studiofanatiker durch und durch, wie es scheint und auf einem Trip blinkender Lichter in fremden Galaxien hinter tiefhängenden Augenlidern. Wenn es dann wie auf der Rückseite “More Pheen” darker wird, dem drogensüchtigen Thema bestimmt angemessen, dann schlägt bei uns die esoterische Warnleuchte langsam an, aber mit dem smooth dunklen aber dennoch acidbrummenden “Nucleus” ist auch schon alles wider gut.

www.resopal-schallware.com BLEED •••• DIRK SCHNEIDER - WATCH OUT [TELEVISION RECORDS/012 - NEUTON] Inzwischen haben sich die Clashtracks und Knarzer dieser Erde ja längt auf allerlei Headmosherrockelemente geeinigt, die dennoch keinen Bruch zu minimalem Sound mehr darstellen. Und auch wenn ich finde, Dirk Schneider könnte vor allem ein wenig weniger singen, wenn man das lasziv verzerrte Gegrunze so bezeichnen will, dann fehlt doch nicht viel und “Watch Out Boy” wäre ein echt lässiges Clubmonster geworden.

Ach, die Choralandeutungen. Auf der Rückseite dann mit Alarmsirenen ab in die Hölle des großen Gebrumms, und wie eigentlich immer ist die Andeutung der Hölle dann etwas besser, als da zu bleiben. Aber dennoch ein sehr wuchtiger, böser, aber längst nicht so pathetischer Track, wie man vermuten würde. www.television-records.com BLEED •••• ADRAM KROLL & RILEY REINHOLD STATIC PEOPLE [TRAUM SCHALLPLATTEN/045 - KOMPAKT] Straighter, dunkler, hyperklarer, präsziser Funk in zwei Versionen kommt hier auf dem Label von Riley Reinhold, dessen Compilation einem immer noch, und wohl auch noch für die nächste Zeit, im Kopf herum schwirrt. Klonkig in den Beats, Effekten, zirpend zuckenden Grooveelementen, aber dennoch direkt und irgendwie einfach in der linaren Art, von dem zu erzählen, um das es geht: “Static People”. Zerrend, nervöser, aber dennoch relaxt auf der “Sequenzer Mix” Seite und unterschwellig ruhig und durchatment im “Harmony Mix”, der gegen Ende immer bezaubernder wird.

www.traumschallplatten.de BLEED •••••

TOUR DE TRAUM

Thomas Brinkmanns Reise durch 5 Jahre TRAUM

TRAUM_WWW.TRAUMSCHALLPLATTEN.DE_EMAIL TRAUM@NETCOLOGNE.DE FON 0049 (0)221 71 641 56_FAX + 57_WERDERSTRASSE 28 D-50672 KÖLN

NOON(AT - DOWN THE ROOM [TREIBSTOFF/041 - KOMPAKT] Pumpend und einfach, aber dennoch melodisch, ist oft eine Mischung, die ein wenig altmodisch klingt. Davon kann sich auch Noon(at hier nicht ganz frei machen, aber dafür kennt er sich dann doch zu gut im Flow eines minimalen Tracks aus, als dass es letztendlich nicht purer Dancefloorsound wäre, der einen leicht hinwegtragen kann und genau im richtigen Moment die Melodie bringt, die einem ins Ohr säuselt, dass es eigentlich gar nicht schöner sein könnte, nur eben noch zwingender werden muss, und das erledigt dann eine angezerrte Bassline und leicht computerisierte Vocals. Auf der Rückseite dann dubbiger und mit Bleeps, die auf den Basslinewellen herumreiten, als könnte man den Moment des Sonnenaufgangs ewig herauszögern. Sweet.

www.treibstoff.org

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BLEED •••••

MENU I EXIT - VOOL EP [UNDERSCAN RECORDS - POSSIBLE MUSIC] Menu I Exit, der Nukleus von Underscan Records, legt mit “Vool” den Nachfolger zur Profiles EP vor.

Wurde ja auch mal Zeit. In mancherlei Hinsicht sind Wagner / Pytlik ihrem Warp-verwandten Stil treu geblieben: fein geschliffene MidtempoDrums, bedächtige Harmonien und eine kaum zu verkennende Detailversessenheit. Was neu ist verrät schon “Vool”, der Opener: Leichter Flamenco-Flair legt sich nach einem kurzen Break über die klassischen Synthieläufe und sorgt für neue Farbnuancen. Gewagt, funktioniert aber gut. “Cherlisc” schließt direkt an und bringt neblige Flächenkonstruktionen mit Sequenzer-Gitarrenplinks zusammen. Ganz schön soft in Vergleich zu früheren Menu I Exit-Tracks, kaum scharfkantige Beats, “Vool” ist 100% Comfychairtauglich. Und annähernd perfekt. Doch einer bestimmten Sache kann auch der feingeschliffenste Klang nichts anhaben: der Farbe Moll. Wie ein guter Geist haust sie im Inneren aller Menu I ExitTracks und sorgt dafür, dass sie nicht davonschweben. Sondern immer schön unten bleiben unten, bei uns. Ö ••••• ALAN BRAXE & FRED FALKE - RUBICON [VULTURE - LABELS] Ouch. Miami. Ist es wieder soweit? Ihr erinnert euch bestimmt an die späten 80er, als eigentlich in jeder Serie die Damen ihre Dauerwellen so lang trugen, dass man nicht mal mehr erkennen konnte, ob die Aerobicanzüge nun einen Ausschnitt haben oder nicht. Genau der passende Sound dazu kommt auf dieser Platte, auf deren Cover eine unsägliche Konstellation aus Neonröhren, Sportschlitten und Midigitarre in styli-

schem Schwarzweiß ist. Schlagerdisco auf der Rückseite mit Stadionchören aufgepeppt, voller Billigsynthesizerpreset (würde man in Retrospektive so nennen) und Cheapodiscofunk. Ein bisschen zu recycled.

BLEED ••• HOLGER FLINSCH - RUMOURS [SUBSTANCE3/003 - NEUTON] Irgendwie ist es ja leider etwas stiller um Holger Flinsch geworden, um so froher bin ich, dass seine neuen Tracks auf diesem Zublabel von Z Schallplatten so lässig und mit deepem Flavour daherkommen. Stellenweise etwas dark in den Sequenzen aber dabei so abwechslungsreich zwischen deepen aber sehr klaren Dub-Strukturen, feinst geschnitzeltem Microhouse und immer mit einem so sicheren Gefühl für die richtige Bassline, dass die Platte einfach durch und durch nicht nur Spass macht zu hören, sondern auch auf dem Floor perfekt rollt.

BLEED •••• MARKUS GÜNTNER - DETECTIVE STORIES [WARE RECORDS/041 - KOMPAKT] Irgendwie erinnert mich dieses “Sunny Days Are Not So Very Bright” an mittneunziger OpenairRaves mit dieser eigenwilligen Mischung aus trancigem Hintergrund, etwas schaumschlagender Acidbassline und den stellenweise skurril albernen Breaks, als hätte jemand den Turntable ausgeschaltet, oder auch der satt runde Profigroove dahinter. Dass ich es trotzdem ganz gut finde kann entweder an einer Geschmacksverwirrung meinerseits liegen oder daran, dass ich das einfach als Humor empfinde. “Die Herren dieser Welt” ist dann sweetester Minimalliedermacherschlager in bester Kölner Tradition, nur eben nicht so übersteigert auf die 12, wie es heutzutage gerne gemacht wird. “Black Coffee” ist beste Bootlegtradition eines Hits, der noch keine 3 Jahre alt sein kann, von dem ich aber schon wieder vergessen habe, was es war. Dabei kann ich es auswendig und dabei zitiert er genau diesen Moment, der einen Hit zu einem Hit macht, ohne dass es einen stören würde, und transportiert ihn auf eine Cluberinnerung zurück, wo er auch hingehört. Als Abschluss gibt es mit “The Centre Of Nowhere” noch einen sehr smoothen, langsamen clickernd deepen Track, der keine bessere Ergänzung der EP sein könnte. Eigenwillig auf der Suche nach einer anderen Definition von Pop, die keinen strengen Guidelines folgt und auf vielstimmige Weise stimmig ist. www.ware-net.de BLEED ••••• CHRISTIAN HARDER - POPLAND [WONDER] Tja, Herr Kandisquer, we8ss h8czt s9 reczt 9g 8czg (oops, Hackerstyle, zurück zum Normaldeutsch....). Weiß nicht recht, ob ich da mitziehe, mit dieser Art von Punkclashpop, denn irgendwie ist “Pop sagen” immer noch nicht “Pop sein”. Gut gemeintes Indiestück, bei dem uns hier vor allem die Remixe interessieren sollen, nehm ich an. Also, Si Begg ist natürlich eine gute Wahl, der zerhacktstückt alles ,was er in die Finger bekommt, und verlagert das Orginal so Richtung Petshopboys für Beatbutcher. Der 44 Apes Remix will et knarzen lassen, aber beim ersten Vocoder Sound bleibt von mir nur noch ein Zigarettenstummel im Raum. Viktor Marek von 8 Doggymoto gibt sich dann alle Mühe, das so ein wenig über 17 Ecken hinweg funky zu machen, aber große Chancen malt er sich wohl selber nicht aus.

BLEED ••-•••• THE HEARTBREAKERS - HEARTBREAKER [WORK IT BABY RECORDS/004 - ZYX] Oh Gott, was für ein Gassenhauer. Gut gemeint, aber natürlich völlig überzogen geht es hier in eine schwingend glückselige Disco-Filter-ClashSause mit Waveappeal, die wohl nichts auslässt was sich Leute die zuviel Modemagazine lesen unter einer echt toll advancten Party vorstellen.

Auf der Rückseite dann mit elektroiderem Autotune-Vocalremix. Was für ein Trash. Und dabei gar nicht mal so übel, halt nur einfach völlig überschminkt. Jetzt noch eine Heavy Metal-Gitarre drauf und sogar Kid Alex würde das spielen.

BLEED ••••-•••

CONTINENTAL

G FLAME & HENK - DTOX EP [ALPHA/008 - INTERGROOVE] Tja, nicht verwechseln mit dem Ibrahim Alfa Label oder dem Kölner Alpha Label, aber das A liegt halt nah, wie man so sagt, und die Belgisch-Englische Koproduktion könnte eigentlich kaum klassischer ausgefallen sein. Treibend, leicht neurotisch, dicht und wummernd, aber eben dennoch auf Housefüßen (elephantös) und auf der Rückseite mit viel Discoschummerflavour. Naja.

BLEED ••• ANDERS ILAR - SENARE [AUDIO.NL/027 - KOMPAKT] Schon eine Weile draußen, aber von uns jetzt erst entdeckt, und obwohl wir eigentlich mit Spannung drauf gewartet hatten, schon vor fast einem Jahr und ja, dieses Label stellt an Anders Ilar noch mal ganz andere Herausforderungen, die er mit einem sehr sicheren Sound aus clickernden und welligen Sounds in rundgebacken kugelndem Groove, der so experimentell spröde wie fließend zugleich ist, perfekt meistert. 4 sehr advanct digitale Tracks, die bis ins letzte Detail durchdrungen sind von Weite.

BLEED •••••

Rückseite dann mit Ars Decos “Indiglo” ein deeper, aber dennoch stompender Track, der eigentlich fast auf der Stelle steht, aber was für eine Stelle! Trockener und direkter dann die Dubästhetik von DJ Daniel, dessen “On Lock” vor allem die einfache Art des Grooves sucht, um in den Hallräumen mehr Platz zu haben wie es sich gehört - und trotz aller Reduziertheit kickt, als wäre die Dancehall und der Dancefloor doch ein und dasselbe. Essentiell würden wir sagen.

www.echochord.com BLEED ••••• TRANSFORMER DI ROBOTER METAL KINGS [DECO] Den Witz kennt man zwar schon von den Krupps, als sie auf “A Tribute to Metallica” Metal elektronisch verfremdeten, doch auch hier kommt er ordentlich gut. Das Elektro-Trash-Duo Transformer Di Roboter bedient sich auf ihrer EP “Metal Kings” am ganz hartrockenden Zeug, covert vier Tracks diverser Metal-Koryphäen, u.a. Sepultura, Metallica, Slayer und pendelt gekonnt zwischen Witz und Aggression hin und her. Etwas, das die Harten das Lächeln und die Witzigen das Grauen lehrt. Wunderbar.

JTHOMAS ••••• VIGILANTE - ROY BUDD CULT FILM SOUNDTRACKS [DISCOTHEQUE] Tja, man würde ja denken, dass die Remixer Bubby Hughes, Karminsky Experience oder Mitchell und Dewbury den Tracks etwas mehr hinzuzufügen hätten als “fettere” Beats, aber irgendwie ist man wohl schon völlig in diesem Sound aufgegangen. Und wenn man sich dann das einzige Orginal anhört, “Foxy”, dann denkt man sich, ach, lieber Orginalgangstersoundtracks anhören, da kann man wenigstens Killerbreaks runtersamplen.

BLEED ••• DALMINJO - ROUGE [DEEEPLAY MUSIC/014] Jazzige Housetracks aus Goethenburg, mit sehr lässigem Swing und extrem schön dahinfließendem Groove aus Kontrabass und Rascheln, Orgeln und frischer improvisation in den Breaks.

Der Quant Mix versucht ein wenig zuviel Funk einfliessen zu lassen, denn grade das elegische macht den Reiz dieser Platte eigentlich aus.

www.deeplaymusic.com DANIEL WANG / CARLOS HERNANDEZ ECHO BY MIDNIGHT [BASENOTIC/024 - WORD AND SOUND] Zeit für die Space-Disco. Daniel Wang wartet schon mit seinen neuesten Tracks. Zuckersüß schwelgt er im 70er Disco-Frohsinn mit epischen Strings, quiekende Synthies und eine luftig hüpfenden Bassline. Carlos Hernandez, Wangs discofizierter Protegé, steht dem Balihu-Labelchef im musikalischen Retro-Futurismus um nichts nach.

Von einem benachbarten Satelliten winkt Giorgio Moroder, während Hernadez seinen Track immer mehr in hyperventilierenden Wahnsinn driften lässt. Disco von seiner verstahltesten, elektrifizierten Seite.

SVEN.VT ••••

QUENUM & LEE VAN DOWSKI - EXTENSION EP [CADENZA/003 - KOMPAKT] Ich sags mal so: Irgendwie entwickelt sich Cadenza ganz schön schnell zu einem Label, das einen Eindruck erweckt, den man vielleicht am besten mit den ersten Perlon Platten erklärt. Es ist ein neuer, sehr technischer Sound, sehr ausgefeilt bis hin zu den letzten kleinteiligen Effekten auf den percussiv immer extrem vollen Tracks. Aber dennoch groovt das auf eine so deepe, schwere Weise, dass man sich den Tracks überhaupt nicht entziehen kann, wenn man sich einmal von ihnen hat einfangen lassen. Tools, die eine neue Stufe der technologischen Feinheit erklommen haben und dabei vor allem von ihrer Sucht nach Funk ausgehen. Zwei Tracks, die sich vorgenommen haben, Ricardo trockenzulegen. Die Reinheit pur.

www.imploz.com BLEED ••••• AIR AFRIQUE-BLING BLING [CENTRALDUBS] Ich bin mir nicht sicher, bei welchem anderen Elektroclashhit ich dieses U-Boot-Geräusch schonmal gehört habe, aber ist vielleicht auch nicht so wichtig, denn von Blondie bis Kim Wilde über Visage und was sonst noch immer kommt es eh immer auf das eine heraus, trällern zu retromodern. Sehr vorhersehbar altmodisch bis auf das minimalere und mit klonkig hakigem Beat versehene “Afrique International Hit” und die Sprache in der Wanda Vyslouzilova singt, die stellenweise nach tschechischem Schwitzerdütsch klingt, was dann auch den abgehalftersten 1000sten Wavesynthpopplinkerhit irgendwie angenehm schräg macht.

BLEED ••••-•• HUGG & PEPP - NAKEN JANNE EP [DAHLBÄCK RECORDINGS/002 INTERGROOVE] Damn! Und gleich noch eins der Dahlbäck Inhouse-Hitmonster. Jesper und John Dahlbäck auf wirren Acid-Monsterpfaden mit strangeren Melodien, böseren Basslines, Computertouch und morbide rockendem Groove der einem aus der Hirnschale wummst, wenn man zufällig grade dazu bereit ist, wenn nicht, kochen sie einen eben einfach zu Brei. 4 Track, ja, vier, und 4 Tracks können so viel sein, das glaubt ihr erst mal nicht. Egal, ob sie nun straight losziehen, erstmal verhallten mit Percussion antäuschen und die Funkbässe platzen lassen, ob sie puren Killer-Vocal-StakkatoAcid in reinsten Funk verwandeln oder vielleicht sogar eine Electro-Synthi-Nuance mit ins Boot holen. Das wirft einen immer aus der Bahn. Fan war ich eh schon, was kommt danach?

BLEED •••••

BLEED •••• UNDO - MIRRORBALL RMX [FACTOR CITY/004 - NEUTON] Seit der Gaymania EP bin ich ja Factor City Fan und klar, Remixe von Youngsters und Kiki & Silversufer werden mich davon nicht abbringen.

Factor City bleibt einfach eine der Techno-Hoffnungen Barcelonas. Die Youngsters kommen klassisch mit Detroitstrings und massivem Beat, wie Franzosen eben manchmal so sind, genüsslich und lassen dabei schnell alle Hüllen fallen und rocken sich in den 7. Himmel hinauf. Kiki & Silversurfer, eh schon ein Dreamteam, übernehmen mit mehr Funk und trockenem Retrosound, der so komprimiert und leicht ist, dass man beim ersten Ton der eiernden Strings irgendwie kaum glauben mag, dass Sweet Excorcist und Carl Craig nie zusammen produziert haben. Killer.

BLEED ••••• FRANKIE EP 01 - [FRANKIE RECORDS/001 WORDANDSOUND] Eigenwillig hakelige bleepig bootige EP mit 3 Tracks voller shuffelnder Konsequenz und durchgezogenen Alberneheiten, die irgendwie nach einer Weile weniger lustig wirken, als vielmehr eine skurrile Welt beschreiben, in der die Hauptsache ist, dass der Groove nach wie vor alle bestimmen kann. Stellenweise ist das in dem Umgang mit Cheaposounds mehr Chicago als fast alles, was man zur Zeit hören kann, dann aber auch wieder voller Italoreferenzen und leicht geziert sleazy.

Amüsante Platte. www.frankie-rec.com BLEED ••••• DJ MASTRA - FOYER EP [INZEC/018 - INTERGROOVE] Für mich die beste EP auf dem Schweizer Label Inzec seit einiger Zeit, die Stefan Willenegger aus Bern hier abliefert. Vier dubbig charmante, deepe Techtracks, die manchmal ein wenig dunkel werden können, aber dennoch immer vor allem den perled dichten Groove in den Vordergrund stellen und mit ihren dezenten Acidnuancen irgendwie genau an der Schnittstelle zwischen progressivem Sound und klassischeren Houseelementen stehen, dabei aber immer vor allem in den Basslines ruff genug bleiben, um sehr bestimmt loszurocken. Seine Spezialität, leicht angekrümelte Sounds und sehr glatt glitzerndes aneinander knabbern zu lassen, während die Beats heimlich in Funk aufgehen. wwww.inzec.ch BLEED ••••-••••• SEBASTIAN INGROSSO - HOOK DA MODE EP [JOIA RECORDS/013 - INTERGROOVE] “Walk Talk Acid” erinnert mich irgendwie an die Acidtracks, die manchmal aus dem Duriez Umfeld kommen. Slammend und straight, vielleicht etwas mehr progressiv in der Art des Umgangs mit Overdubs, aber gerne auch ruff die Filter aufreissend und böse genug, um den Floor in diesem bestialischen Griff der Oldschool zu halten und nicht mehr loszulassen. Die Rückseite, “You Need 2 Rock”, gibt sich alle Mühe mit Snarewirbeln Donnasummerbassline, nervös-melodischen Hintergrundsequenzen und shakigem Groove ein Hit zu sein, aber eben das macht ihn dann doch wiederum einen Hauch zu prätentiös für meinen Geschmack, aber ein Hit bleibt es eben doch.

www.joiarecords.com BLEED •••••-•••• DUKES OF SLUCA - DON´T STOP REMIXES [JOIA RECORDS/011 - INTERGROOVE] Sebastian Ingrosse und Jesper Dahlbäck remixen und das Orginal obendrein. “Don´t Stop” was?

The Body Rock, klar, darauf bleibt Sebastian Ingrosse auch hängen und bewegt sich nach endlos tribalndem Intro dann in eine Filterdiscosause, die, hört man sich das Orginal an, vielleicht ein klein wenig zu vorhersehbar ist. Aufgeladener, statisch minimaler zunächst Jesper, der die Strings im Raum hängen lässt, bis er dann eine so schräg und lässig gebogene Bassline aus dem Keller holt, dass einem die Augen quer nach hinten durch den Kopf purzeln. Dahlbäck ist einfach unaufhaltsam zur Zeit. Monsterhit das. Dagegen verblassen die beiden anderen Mixe.

www.joiarecords V.A. - EP VOL.1 [ECHOCORD/007] Irgendwie habe ich das Gefühl, den Mikkel Metal Track schon auswendig zu kennen. Ah, vielleicht von einer Hal9000 Platte? Egal, immer wieder und grade auch so brilliant und einer der sweetesten Clubhits für die etwas melancholischeren Stunden, in denen sich alle in den Armen liegen.

Das kann doch nicht nur am elektrischen Spinett liegen. “Dubhal” ist dann ein knisterndes Schiffchen mit Gesang für die Außerirdischen und all die, die am liebsten in einer Umgebung leben, in der die Luft durch einen Staub ersetzt ist, dessen Formationen das Sichtbare bestimmen. Auf der

BLEED ••••• ALBIN JANOSKA - BAHEUX [KLEIN/056] Sehr stranger Track mit surrendem Italodiscospaghettiflair, dieses Stück, dabei verquirlt funky und immer bereit, einen kleinen Umweg in eine noch merkwürdigere Konstellation aus Vergangenheit und Soul aufzusuchen. Der Remix von Stereo Deluxe ist etwas sehr darauf aus, die Gräben zwischen Funk und UK-Dubhouse zu schließen, kratzt die Kurve aber aufgrund der guten Bonusvocals und der Tweak Mix überlegt nicht lang und macht gleich klassische Elektrodisco, was mir im

Club bestimmt etwas zu allgemeingültig wirken würde, aber auf der Straße irgendwie Flow bekommt. www.kleinrecords.com BLEED •••• THE FILM - CAN U TRUST ME? [KOFFEE BEATZ - WORD AND SOUND] Böse rockender Sägezahn-House und seltsam waviger Indierock müssen gar nicht so weit auseinander liegen, wie diese EP beweist. Der The Film Remix überzeugt dann auch mit Abstand am meisten, mit seinen zerhäckselten Vocals und der kantig rockenden Schmiergel-Bassline. Für die Remixe der B-Seite braucht man dann ein großes schwarzes Rockerherz.

SVEN.VT ••••-••• DEETRON - THE RECUTS PT1 [PHONT MUSIC/033 - INTERGROOVE] Aus irgendeinem Grund finde ich den Adam Beyer Mix des Deetron-Tracks “Velocity” ganz schön wavig. Vielleicht ist es ja nur die Bassline. Schleppend, ravig, mit Piano und diskretem Duboverflow als Effekt, immer wieder heimgeholt von den Funksamples und einem kleinen Echolot. Ben Sims ist auf “Robotics” allerdings einfach zu stumpf, pathetisch und klingt wie ein Roboterspecht mit essentiellem Systemfehler zum mörderischen Engel verwandelt, der nur Fleisch will.

Gary Martin zum Abschluss, swingt etwas perkussiver, klar, aber irgendwie finde ich, dass er die Strings und Congas nicht ganz so gut zusammenbringt, wie man es von ihm früher gewohnt war und etwas ermüdet rüberkommt.

POST OFFICE 2 [TELEGRAPH/013^ - NEUTON] Ich bin hoffnungslos für jeden einzelnen Ben Nevile Track bereit zu erklären dass das hier die Zukunft ist, und funkiger geht echt nich. Aber warum das jetzt schon wieder. Der Lump ist hier völlig reduziert und lässt die Beats so verheimlicht und minimal in der Luft hängen. Außerdem sind sie auch noch ganz schön langsam, dass man einfach in den Zwischenräumen so viel Zeit hat, anderes zu erwarten, dass er einen einfach überraschen muss. Tut er auch, und dieses strange Vocal dann auch noch, ich will einen Caro-Remix davon, aber sofort. Aber hey, halt, da ist ja noch mehr auf der sensationellen Fortsetzung der Compilationserie auf Telegraph, und Crème es ist. Der Koffeinüberdosisfunk von Dandy Jacks quietschender Killerarabeske “Le Serpent Qui Danse”, der völlig reduzierte “Suck My Christmas” Pumptrack von Run Stop Restore, der klingt wie ein skelletierter Monstertruck, das wirbelnde Ungetüm von Spasm, Luciano & Serafins Oldschoolgrubenjam, die eisgekühlte Krabbelzirrhose von Fym und Diane, Biduls astrophierter Swing, oder Ultrakurts schlidernde Blubbern, eine Ausnahmeerscheinung nach der anderen, minimalst bis zum geht nicht mehr und dennoch immer so funky, dass es einem die Sprache verschlägt. Großer Wurf auch die zweite Compilation.

www.logisticrecords.com BLEED •••••

ZIMPALA - CAN´T FALL ASLEEP REMIXES [PLATINUM - IMPORT] Aus Frankreich erreichen uns gleich drei spannende House-Variationen für Zimpala. Antoine Boistelle alias Ant-One kommt von der deepen und leicht gebrochenen Seite und füllt die Luft mit feinen Strings und Chords bis sie zum Zerreißen gespannt ist. Yuksek On Plonk streuen eine Prise Boogie-Clash-Understatement ein, die dann, wenn sich die verzerrte Gitarre anschleicht, ebenfalls etwas hat, was zielsicher die Erwartung auf die kommende Dance-Extase schürt. Den definitiven Winner obendrauf gibt es noch von Paul Delgado und Gert-Jan Bijl, die derzeit als Gerd 4Lux für mich zu den Producern der Stunde gehören. Sie wandeln das Ganze durch einen 1A-Kontrabasslauf, Trompete und Jazzdrums zu einem Phusion-Monster par excellence. Word!

M.PATH.IQ ••••• SCORP - MALUMA [SCORP/006 - INTERGROOVE] Scorp ist, das haben wir euch bislang verschwiegen, das Label von Steve Rachmad aka Sterac und so vieles andere, und ist eigentlich immer ein Siegel für Qualität. Sehr pumpende, dunkle aber auch sphärisch dahinfloatende Excursionen in eine Technowelt aus Sequenzen, die man in seiner galaktischen Konsequenz schon fast vergessen hatte, immer wieder aber gerne in Erinnerung ruft, und die hier auf zwei sehr schönen, klingelnd-acidlastigen Variationen auftaucht und verebbt, als wäre es immer noch diese Zeit mitten in den 90ern und es wäre auch überahaupt nicht altmodisch, in irgendeiner Form. Modulation und Stagnation kann auch was gutes haben.

BLEED ••••

KATE WAX - BLACK SHEEP EP [VIKING MUSIC/005 - NEUTON] Gleich sieben Tracks packt Kate Wax auf ihre EP für Viking, und klar dreht sich hier alles um die Boombox, das analoge Gewitter oldschooliger Beats und natürlich ihre Vocals, die sich natürlich um sie selbst drehen, oder eben darum was man so als “Girl Force” alles anrichtet. Vom Prinzip her könnte man hingehen und sie mit den ersten Peaches Tracks vergleichen, aber hier geht es eben einfach von Beginn an viel deeper zu, und auch viel mehr um Musik als um Performance, denn selbst die Vocals werden immer genau und sehr speziell bearbeitet, und so reduziert wie die Musik dazu ist, so präzise slammt sie auch. Kleines Killeralbum. www.imploz.com BLEED •••••

ANDREAS SAAG - LATIN LESSON [SLS/017 - INTERGROOVE] Auch auf SLS gibt es hier mehr Annäherung an Acid, allerdings, der Name sagt es schon, mit einem Überfluss an Brazil Groove, dass einem auf “Tristese” ganz schwindelig wird vor lauter Fusion. Wer sich einen Track mit portugiesischen Vocals vorstellen kann, die mit der Acidbassline um Vorherschaft kämpfen und gleichzeitig im Hintergrund verschleppte Bläsersätze nicht nur ertragen kann, sondern es liebt, wenn sie unter der Hirnhaut krabbeln, der wird diesen etwas übertrieben vollmundigen Track lieben und vorerst nicht mehr aus dem Case nehmen. Etwas Humor braucht es dafür schon. Die Rückseite bekommt einen Pianodetroitmix des Tracks mit zerstückelteren Vocals in Dubflavour, und mit “Camborele” noch einen funkigeren, grabenderen Track, der ohne Saxophon irgendwie fetter gewesen wäre, weil die komprimierten Beats dann einfach mehr gekickt hätten.

BLEED •••••-••••

MOONSOON - ROCKIN´ (MIXES) [WOOL RECORDINGS 001 - DISCOGRAPH] Entweder der gesamte Releaseplan hat sich mal eben um ein Vierteljahr verschoben, oder die Jungs von Moonsoon besitzen die Coolness, die Nummer Eins ihres noch kleinen Pariser Labels mit einigem Delay zu veröffentlichen. Wie auch immer. Rockin´ selbst wurde an dieser Stelle bereits mit Lob überhäuft. Insofern konzentrieren wir uns auf die Remixe von Dimlite (Sonar Kollektiv) und Metaboman (Musik Krause), die alleine schon zeigen, wie schnell sich Moonsoon im Kreise der Gleichgesinnten herumgesprochen haben.

Dimlite schleifen erst nach einer Minute mit etwas ähnlichem wie einem Beatloop heran. Dann aber holen auch sie etwas Undefinierbares zwischen HipHop und melancholischem Elektro aus ihrem Rechner. Metaboman, geht da noch einen Schritt weiter. Er frickelt aus Mali ein quietschendes und von Saxophon abstrahiertes Etwas, das im Zeitraffer seine melodischen Bestandteile frei gibt. Eine gewagte Kombination für eine spezielle Hörerschaft. Die dürfte den Dreien aber aus den Händen fressen. Tipp.

BLEED ••••-•••

V.A. - HITS SELECTION [SPACE FACTORY/003 - NEUTON] Ach die verarschen einen doch hier auf dieser Compilation des Labels aus Aix En Provence.

Schon der erste Track mit seinem kurzen Vocal das ankündigt, worum es hier geht: “Oldschoolacidtrax” zwinkert nicht nur mit den Augen, sondern versetzt einen direkt mitten in den Timewarp und lässt einen nicht mehr los. Kiko jedenfalls setzt aufs Ganze, Salamander übertreibt es mit den schwelenden Basslines vielleicht ein klein wenig, aber trümmert sich gute Snares zurecht, die das Ganze dann doch noch ruff wirbeln lassen, Savas bleibt stoisch und kickt mit einem so lässig schlurfenden Discomonster, dass einem schwindelig wird, als hätte man zu tief in die Discokugel geschaut und für die Freunde des breitwandig elektroiden Ravegestus kommt dann noch ein Track von Milimetric dazu. Sehr amüsant das Ganze.

BLEED •••••-•••• PATCHWORKS - SUGAR EP [STILLMUSIC/001] Ein neues Chicagohouselabel für die smoothere Jazzseite des anderen Kontinents und natürlich kommen da Multiinstrumentalisten und Soulsänger, Gitarristen und Freunde des restlosen Beats zusammen, die einem manchmal ein wenig zu viel der Guten an musikalischer Erziehung zeigen. Aber auf Tracks wie “Down To The Valley” auch wieder so strange dabei sein können, dass einem schwindelig wird vor Tiefe.

BLEED •••••-•••

V/A: - DRYROT [ONE] Nach Veröffentlichungen auf Merck und Mono:tonik sowie auf seinem eigenen Netzlabel Inpuj hat Proswell jetzt einen Mix auf One veröffentlicht, der es in sich hat. Ein paar alte Tracks und Schnipsel finden sich darin wieder, dazu eine Menge Neues und teilweise Unveröffentlichtes aus dem Merck-Camp. Mit dabei: Tim Koch, Sleepy Town Manufacture, Sense und natürlich Proswell selbst.

Ein feiner Electronica-Klassenausflug sozusagen, komplett mit IDM-Austauschschülern. Interessanterweise hat One ganz darauf verzichtet, eine Tracklist zu dem Mix zu veröffentlichen. Wer will, kann also fleißig Netaudio-Jeopardy spielen. Angenehmer ist es allerdings, sich einen Dreck um die Details zu kümmern und lieber Spaß zu haben mit Proswells Arrangement, das an Stelle von Schlummer-Flow lieber auf Akzente setzt - und natürlich gerade so wunderbar Sinn macht.

one.dot9.ca JUSTIN HARRIS - WHAT`S INSIDE MY HEAD [TOM BONE VIBRATING MUSIC/002 - WORDANDSOUND] Und schon wieder ein neues Label, exclusiv im Vertrieb von Word and Sound, das einem den Funk zurück in die Seele slammt. Remi Mattei, französischer DJ, leitet das Ganze und kommt auf dem zweiten Release gleich mit einem verwirrend intensiven Monster von Justin Harris der Freaks. Trocken, und die Sequenzen wie ein Champion rockend, quietscht er sich durch einen Shufflefunk höchster Präzision und Konzentration auf der A-Seite, der mit seinen Strings nach dem Break immer sweeeter und seeliger wird. Lil Mark remixt dass mit knochentrockenen Bleeps und einem Groove, der patscht und klonkt, als wären die Bassbins immer noch aus Ebenholz.

Der Bonustrack tut dann ein letztes in dieser hyperaufgeladenen Soulstimmung mit seinen verknusperten, gedämpften Trompetensamples im Hintergrund, und dem quasseligen Flavour, der langsam immer federnderen Beats. Ein Killer.

BLEED •••••

mypage.bluewin.ch/PHONT-PAGE

<43> - DE:BUG.81 - 04.2004

FABRICE LIG & JEAN VANESSE AKA SOUTH UNION - STAGE EP [ADRENOGROOV/010 - INTERGROOVE] Gibt es eigentlich keinen Monat, ohne dass man am liebsten einen Fabrice Liveact sehen möchte, oder jeden DJ, den man so kennt, davon überzeugen will, dass Fabrice es mal wieder mehr gerockt hat, als alle anderen? Raygun EP, Kanzleramt LP und EP und dann auch noch diese Platte hier, mit Livemitstreiter Jean Vanesse, die so lässig und straight los rockt, als wäre der Beat grade eben erst erfunden worden. Weniger discoid und verspielt als auf so mancher seiner anderen Platten, ist diese Platte etwas, das selbst den letzten Technohardliner noch auf den Geschmack bringen dürfte und in seiner bestechend einfachen, direkten Art eigentlich jeden Dancefloor zum Jubeln bringen dürfte. Verdammt. Die 808-Snares und -Toms bringen einen um. 3 Tracks, Variationen, wie auch immer man das nennen will, und ein Taho Remix dazu. Was will man mehr. Pure Dancefloorextase. www.adrenogroov.com BLEED •••••

NETAUDIO

• = NEIN / ••••• = JA

www.woolrecordings.com M.PATH.IQ ••••• AIR LIQUIDE FEAT. KAHN - SO MUCH LOVE [MULTICOLOR - INTERGROOVE] Ach, da sind sie wieder, die Ravemonster Kölns schlechthin. (Naja, Cem ist ja schon ein Berliner).

Und für ihre neueste Wiederauferstehung haben sie gleich dreifach in die Oldschoolkiste gegriffen und lassen die Beats nicht nur schön oldschoolig tackern als wäre Acidfieber angesagt, sondern machen Discostrings in purer Perfektion und haben einen Preacher gesampelt, der einem die Seele rausreißt - und was übrigbleibt, schnappt sich einfach Kahn, der sich mal kurz in die einzig wahre Discogöttin verwandelt hat. Ein Pianohit, dessen dunklere Seiten Tiefschwarz ausforschen mit einem Remix, der das Popflavour rausnimmt, dafür aber ganz schön die große Clubnudel raushängen lässt, Christopher Just ist natürlich der unangefochtene Oldschool-Rave-Champion, und als Abschluss gibt es dann noch einen fluffig straighten Housemix als Bonus für alle die einfach nicht genug Piano bekommen können. Sie sind definitiv zurück.

www.multicolor-recordings.de BLEED •••••

POST OFFICE 2 [TELEGRAPH/014 - NEUTON] Auf der 12” zum Album finden sich die umtriebigen Ark, Villalobos, Cabanne und Pantytec, innerster Circle also, angenommen mal man glaubt drann, dass Ark (hier eine Cooperation mit Sety, die sich bestechenderweise “Junkies Can´t Go Up Hill” nennt) irgendwie im Kreis gehen könnte und nicht etwas schon bei der ersten Kurve lieber die ornamental geschwungene Eigenwilligkeit einer verwuschelten Schlinpflanze in Funknährboden verwandelt. Danach geht es mit “Something” von Ricardo deep deep in die verzwirbelten Hocheffektkammer, aus denen der pure, pumpende Abstraktionswahn strahlt. Cabanne hat sich mittlerweile in eine Soulgott verwandelt, dem man vor lauter wobbelndem Pusherflavour kaum noch was entgegensetzen kann. Und der “Live In San Francisco 1.2000”-Track von Pantytec ist zwar etwas trocken, aber dennoch verbogen und schluckaufgeprüft genug, um uns auszugrooven.

SUMO - I NEED [CHIZ RECORDS/004] Sehr, sehr lässig ineinanderrollende Acidbassline und schleppend kickender Housebeat der klassischsten Sorte auf “I Need”, der in seiner massiv hereingeschobenen Art vor allem eins bewahrt: Funk. Auch der “Guitar” Mix wird deshalb nicht zu elektroclashig, sondern eben erhaben und unschlagbar direkt. Pure 21st Century Soul auch auf der Rückseite mit dem breakigeren “Keep On” und dem detroitverliebten “Yaoul”. Killer.

www.logisticrecords.com

www.imploz.com

BLEED •••••

BLEED •••••

JANKO ••••• BELIEF SYSTEMS - EPROMS [MAGNATUNE] Wenn jemand unter dem gleichen Namen Musik veröffentlicht, unter dem er auch ein Label betreibt, dann kann das schon mal ein bisschen verwirren. Belief Systems ist so ein Fall. Ursprünglich war es mal ein Label, auf dem Darin Marshall eine Reihe von EPs mit Tracks der Context.fm-Posse veröffentlicht hat. Jetzt hat Marshall seiner Weltanschauung eine persönlichere Note gegeben, indem er zwei MP3-EPs auf dem schlagzeilenträchtigen Netzlabel Magnatune herausgebracht hat und zwar unter dem Namen Belief Systems. Oder sind die rund 15 Tracks doch eine Art kollektive, pseudonyme Labelschau, vielleicht sogar mit Sutekh und Stewart S. Walker? Nichts Genaues weiß man nicht. Fest steht auf jeden Fall, dass die Tracks allesamt lohnenswert sind und auch das gut gemeinte, aber komplizierte Click-through-Agreement, bei dem man sich zur richtigen CreativeCommons-Lizenz durchhangeln muss, einen keinesfalls vom Download abhalten sollte. Denn Belief Systems zeigt uns mit melodieverliebten Sentimentalitäten, rockenden Acid-Referenzen und luftig-elektroiden Ausflügen, dass er auf vielen Parties tanzen kann. Sehr nett.

www.magnatune.com JANKO ••••• SAINE - ABSENCE [TOKYO DAWN] Prymer von Tokyo Dawn wird ja nicht müde, mir gegenüber zu betonen, dass der Saine gar nicht so ein religiöser sei und eigentlich viel lieber Musiker als Seelenheiler sein wolle. Trotzdem wird mir beim Anhören von Saine-Tracks immer irgendwie ganz schummrig und erhaben und ich seh’ Engel am Assoziations-Himmel auftauchen. So viel zum Thema Projektionen. Auch Absence hat mich wieder voll und ganz verzaubert, und zwar obwohl der Track eigentlich recht minimalistisch daherkommt und auch vor bekannten Klischees aus dem Reich des Sphärischen nicht halt macht. Das aber eben alles sehr erhaben. www.tokyodawnrecords.com JANKO ••••• SYLVAIN CHAUVEAU - - CINÉMATOGRAPHE 1 & 2 [] Zwei Pianominiaturen mit Streichern von Sylvain Chauveau, dessen reduziertes Spiel auch hier einfach mal die Zeit stehen lässt. Der nette Kerl braucht dreieinhalb Minuten, um diese unheimlich deepe Melancholie zu verbreiten, sagt in diesen wenigen Sekunden mehr als manch andere(r) auf übervollen CDs oder in hunderten Megabyte auf ihren Netaudioservern.

www.antiopic.com/allegorical/anmp010.html RENE ••••• DELUGE - DEPARTURES IN AFFECTION AND NEW NOISE [THINNER/051] Ungebrochen releasen Thinner eine außerordentliche Platte nach der anderen. Das Album von Deluge aka Jean-Sébastien Roux, der schon auf Autoplate releast hat, ist so soft und dennoch groovend, baut sich seine Beats stellenweise aus Vocalresten oder sanften kleinen bauschigen clickernd clonkenden Percussionsounds, die dem Rest der Sounds und ihren Dubs sehr viel Raum geben, sich aber dennoch nicht darauf ausruhen, sondern in einem sehr sweeten harmonischen Flow auf und ab bouncen, als wäre das ganze Album ein Traum von einem Pool aus kleinen weichen Kugeln, in denen man den Rest seiner Tage verbringen möchte. Wie das Ganze mit Rimbaud zusammenhängt, weiß ich nicht, ist aber wohl auch nicht unbedingt nötig. Sehr, sehr schöne, extrem ruhige Platte. www.thinnerism.com/releases.php?r=thn051 BLEED ••••• THE HONORABLE WORM - FEAR OF NUMBERS [MP3DEATH/005] Da verstehen sie keinen Spaß, die Jungs von MP3Death, eine Platte, die darf nicht viel mehr sein, als auf eine Floppy passt. Deswegen ist 24Bit nicht nur Standard, sondern Programm und passt zu den verdammt strangen Tracks des Labels hier mal wieder perfekt. “123456789” reißt einem das psychedelische Herz aus den Halbleitern und spinnt mit Gitarrensoli aus der Swinging 60s Gruselecke, Xylophon und ratternden Beats zu Computerstimme und Gespenstersong so rotzig, dass man den Track einfach lieben muss. “Fear Of Madness (and clouds)” setzt dem mit seinem chillig bitverkrusteten Easyunwohlsein noch einen drauf. Große Platte.

gorehole.org/mp3death/M3D005-honorable_worm-fear_of_numbers/ BLEED ••••• QORSER - TRACK MEET [DOBOX/005] Beinahe hätte ich diese Platte von Qorser übersehen, aber seit der letzten ist er einfach nur besser geworden, ohne dabei diese Qualität leichter Chicago-Housemusik zu verlieren, die melodisch und verspielt zugleich sein kann, aber dennoch vor allem davon lebt, einfach zu sein. Sobald das Final Scratch für Panther da ist, wird diese EP auf jeden Fall jeden Abend gedroppt, die klingt von Anfang bis Ende so frisch, als wäre sie sowas wie die ersten Nick-Holder-Sachen. Vier Killertracks ohne viel Drumherum und mit sehr klaren, von allem Soundmalerischen unbeeindruckten funkigen Beats. dobox.dajis.net/df/dbdf005/dbdf005.htm BLEED •••••

<44> - DE:BUG.81 - 04.2004

HIP HOP

• = NEIN / ••••• = JA

PLANET ASIA - THE GRAND OPENING [AVATAR - PIAS] Vorweg muss ich zugeben, dass ich seit den ersten 12es einer der größten Fans von Planet Asia war und bin. Auf der anderen Seite hat der Mann in den USA - obwohl mit Source-Auszeichnungen gesegnet - nie die Anerkennung bekommen, die ihm in Europa zuteil wurde. Und vielleicht ist gerade das der Grund, dass es mit dem angekündigten Major-Release nicht so recht klappen will.

Muss ja auch nicht sein. Dafür gibt es hier ein 15 Tracks starkes Album, das ohne Zweifel den Stempel „hörenswert” verdient. Features von alltime-favourites wie Tony Starks aka Ghostface Killa oder die Cali Agents Reunification mit Rasco überzeugen auf ganzer Linie. Leider bleibt aber der Eindruck, dass Asia nicht wirklich weiß, wo er (vor allem) wie hin will.

GIANT STEPS •••-••••

nen lässt. Endlos sanft schraubt sich dieser Track in unsere Herzen. Die Zukunft, ganz klar. “Can I” arbeitet dann mit den Vocals von Amo Check, es geht irgendwie um Drogen und alles, was da dranhängt, ist viel mehr Spoken Words als Hop, ist eindringlich, verletzend und berührend und wird nur von einem schüchternen Rhodes getragen. Auch in diesem Monat muss es wieder heißen: Botanica Del Jibaro ist das Einzige, was zählt. Ein Meisterwerk!

JOSH MARTINEZ - BUCK UP PRINCESS [BELLA UNION/CD51 - ROUGHTRADE] Josh Martinez ist in seiner jüdisch-hispanischen Sippe vermutlich sowas wie ein schwarzes Schaf, dessen Eltern heute noch den Tag verfluchen, an dem sie ihm das Geld für einen Plattenspieler vorgeschossen haben. Das haben sie davon: Einen rappenden Tunichtgut, der auf Mariachi-Gitarren über weed + free booze reimt und Vancouver B.C. mit “Georgia on my Mind” grüßt. Das macht er mit dem guten Geschmack, dem technischen Vermögen und der verschwurbelten Introspektionsmanie, die die besseren Anticon-Produktionen ausmacht (Ein Beat kommt auch von Jel), aber Buck Up Princess groovt im ganzen besser und verzichtet auf eine übertriebene AntiRap-Establishment-Ideologie. Spaß ist der Schlüssel, Selbstreflexion und Ehrlichkeit, gerade bei den gelogenen Geschichten. Das macht die Scheibe zu einem meistens hochvergnüglichen Sozialreport mit den faulsten, verkifftesten, sonnigsten Beats der nährern Hip-Hop-Zukunft.

EM ••••

www.botanicadeljibaro.com THADDI ••••• MANUVERS PRESENTS - AFLUENZA [BOTANICA DEL JIBARO/020 - HAUSMUSIK] Endlich auf Vinyl! Zum Maxipreis legt Manuvers hier zehn Tracks hin, die lockerer und flockiger nicht sein könnten, Seven Star und Serum mit ins Boot holen und in ihrer relaxten jazzigen Bockigkeit einfach einzigartig sind. Kollegin Caynd hat in Ausgabe 68 bereits alles gesagt. Unentbehrlicher Klassiker, jetzt auf Vinyl. Rennen!

www.botanicadeljibaro.com THADDI ••••• CLIMBER - [BOTANICA DEL JIBARO/019 HAUSMUSIK] Leider habe ich keine Ahnung, was das hier ist.

Leider erreiche ich auch niemanden, der mir weiterhelfen könnte. So oder so, gut ist es auf jeden Fall. Climber (wir vermuten hier ganz frech, dass jemand honoriges aus der Botanica-Blase dahintersteckt) widmet sich Funk und Soul in seiner weich, verträumten Art und steckt voller instrumentaler Überraschungen, die ganz Miami gleich in ein ganz anderes Licht tauchen, die Zeitlupe anknipsen, den Jazz als Godfather immer im Blick haben, extrem deep den klassischen Mo’Wax-Sound in die Ecke stellen und den Helikopter taumelig um die Discokugel kreisen lassen. Und wenn ihr denkt, Jack Bauer springt raus, weil er dringend wieder einen Kopf braucht, dann ist das eine Illusion: L.A. klingt anders.

www.botanicadeljibaro.com DIPLODOCUS - EPISTIMOLOGY BW SUMMERS GONNA HURT YOU [BIG DADA/062 - ROUGHTRADE] Nachdem Big Dada mit Roots Manuva, Lo-Tek HiFi, Ty, New Flesh, Big Jus den britischen Hip-Hop für immer verändert hat, überrascht und erschüttert auch der neue Act Diplo von der ersten Note an, allerdings für den B-Boy auf etwas unerwartete Weise. Hier geht es nicht um die Dancehall, noch nicht mal den Sonntagabendtanztee, sondern um Gebiete, in denen man schon mal eine “Suite” veröffentlicht: Die Rede ist von SamplerKomposition, von Leuten, die vom Solar Arkestra über King Tubby, von Rammelzee bis Phillip Glass musikalisch alles aufgesaugt haben, was die Geschichte hergibt, und die wissen, wie man trotzdem Musik macht, ohne dass dieses Übergewicht im Hirn zu unschönen Szenen führt. Four Tet ist so einer, Daedalus ein anderer, und Diplo schliesst da nahtlos an. Summers Gonna Hurt You ist ein knapp 10minütiger, minimalistischer Grower mit gebremsten Breakbeats und Gitarrensolo. Das vierteilige Epistimology ist noch ein Ende länger, und kombiniert drei störrische Beats mit prägnanten Atmos, um dann in einer Art Haight-Ashbury-Hommage zu gipfeln. Heftiges Hirnfutter für die blauen Stunden des Lebens.

EM •••• MANUVERS - SUPERNATURAL TANGENTS [BOTANICA DEL JIBARO/017 - HAUSMUSIK] Puh, was soll man da noch sagen. Manuvers lädt sich für “Supernatural Tangents” Seven Star ein und ja, ich habe lange keinen so relaxten Track mehr gehört, der in seinen Chords so blau schimmert, diie Beats so fluffig aus dem Ellenbogen schüttelt und alles so perfekt und rund erschei-

AMERIKA PULSEPROGRAMMING TULSA FOR ONE SECOND REMIX PROJECT [AESTHETICS/36LP - HAUSMUSIK] Das könnte der Beginn einer tollen Serie werden.

Auf mehreren Maxis werden alle möglichen Kumpels Tracks von letzten Pulseprogramming-Album remixen. Los geht es mit Schneider TM, der hier ganz shuffelnd-schnuffelnd agiert und sich wahrscheinlich fragt, warum er damals kein Shoegazer war. Static aka Hanno Leichtmann kommt auf der B-Seite, und endlich gibt es diesen Mix auf Platte! Packend packt er einen der Pulseprogramming-Hits in ein etwas tighteres Gestell, drückt dem Tune seineTrademark auf und nein, viel fällt einem dazu nicht mehr ein. So perfekt ist das. www.aesthetics-usa.com THADDI ••••• DETROIT UNDERGROUND 02 [DET.UND/002 - NEUTON] Die zweite EP dieser Serie von Minicompilations beginnt mit dem Wahldetroiteter Phono.O, der die Korken knallen lässt und sich mit sehr wohlfühlenden Samples seiner selbst oder einer ähnlichen menschlichen Gestalt im Griff diverser Genussmittel zu einer Funksause aufmacht, die nichts an Albernheiten auslässt und trotzdem ein Hit ist. Kero kommt danach mit einem darken hymnischen Track, der weit eher in die Welt dunkler Beats und surrender Klangexperimente mit leicht melancholischem Unterton passt, als in die sonst von ihm gerne propagierte Satanstechnosause. Auf der Rückseite dann nochmal 4 Track, Direkt Jives eigenwillige angeknarzte HipHopneurose, ooo in blitzend euphorisierdem Krabbelfunk, nochmal Direkt Jive als Computerdestroyer auf Pulnkmoshout und Kero, der seinen

THADDI ••••• URBAN RENEWAL PROGRAM SUPPLEMENT 1.5 [CHOCOLATE INDUSTRIES - ROUGHTRADE] Anlässlich der Wiederveröffentlichung ihres „Urban Renewal Program”-Samplers bringen Chocolate Industries aus Chicago eine kleine EP raus.

Eine Ergänzung des Samplers, auf dem es je ein neues Stück von Caural, Atmosphere und The Timeout Drawer und ein Intro von Prefuse73 zu hören gibt, also nicht nur HipHop. Zudem ein Remix von Diverses „Blindman”, mal wieder mehr als ein Sonnenschein, ein sehr korrekter Kut Masta Kurt Remix von „Whylin Out” mit Diverse und Mos Def, der sich ja in letzter Zeit in Sachen Rap eher rar gemacht hat, und Aesop Rock hat seinen eigenen Track „Train Buffer” geremixt, auch cool.

Alles sehr geschmackvolle Stücke, kann man sich definitiv zulegen. Und bemüht euch gar nicht erst, www.chocolateindustries.com zu checken.

colateindustries.com CAYND ••••• VAST AIRE - ELIXIR [CHOCOLATE INDUSTRIES- ROUGHTRADE] Vast Aire von Cannibal Ox bringt bald ein Album raus, das ist die zweite und offizielle Maxi dazu und Chocolate Industries wird immer mehr zu einem meiner Lieblingslabel. Wie gut, dass Vast Aire von DefJux, wo er als eine MC-Hälfte neben der Produktion von dem vielleicht etwas überpräsenten Boss El-P die Cannibal Ox LP rausgebracht hat, dorthin gewechselt ist. „Elixir” ist ein schwer gedunsteter Monsterrollerbeat von Ayatollah, auf dem neben Vast Aire Sadat X zu hören ist, danach gibt es einen psychotisch angetickten stran-

Die Produktionen sind durchweg ansprechend, leider lässt das Mastering bzw. der Sound ein wenig zu wünschen übrig. Insgesamt aber, und auch ohne den beschissenen Afrika-Bonus, ein sehr gutes Album, das Lust auf mehr macht.

www.chocolateindustries.com

www.senerap.com

CAYND •••••

GIANT STEPS •••••

DEAD PREZ - RBG [COLUMBIA - SONY] Die Speerpitze des politischen HipHop ist zurück. “Revolutionary but Gangster” ist der Untertitel dieses Albums. Soviel wussten wir ja schon und auch sonst hat sich nicht viel verändert. Überdurchschittlich melodische Instrumentals wechseln sich ab mit aggressiven AcousticBaselines. Darüber gibt’s zur Hälfte Double-Time Raps, in denen die große amerikanische Nation wieder voll auf die Fresse bekommt. Bis heute ist noch niemand aufgetaucht, der diese Mischung so exzellent und vor allem fresh, fresh, fresh beherrscht wie Stic.Man und M-1. Die Notwendigkeit des Transportes von (afro-amerikanischen) politischen Interessen über “Soul”-Musik ist von Gil Scott-Heron bis zu Tupac oft genug dokumentiert worden.

GIANT STEPS •••••

PIPI SKID - FUNNY FARM [PEANUTS & CORN/28 - VINYL KINGZ] Pip Skid aka Pipi ist ja so das Urgestein von Peanuts & Corn und es ist einfach gut zu sehen, dass da jetzt ein neues Album kommt. McEnroe, Labelchef, hat, wie immer, produziert und, heilige Scheiße, auch der wird immer besser. Ich stelle mir seine Sample-Bibliothek mittlerweile immens vor, ich wusste gar nicht, dass Iomega überhaupt so viele Zips hergestelle hat. In Kanada, wo ja beide herkommen, legt man viel Wert auf weiche Sounds, Beats, die in ihrer Unterschiedlichkeit immer kicken, Samples im eigentlichen Sinne, und wahrscheinlich liebe ich das hier auch deshalb so, weil McEnroe dieses riesige Archiv an Sprachsamples hat und der gesamte Umgang mit Sprache so mit zum Spannendsten zählt, was ich seit langer Zeit gehört habe, Samples also, Tradition und Streicher. Kein Wunder, das Leben muss so deprimierend sein in Pipi-Land. Die Geschichten, die er erzählt, nehmen einen schon mit. Weit vorne vor allen anderen, auch ohne Produktionsbudget von fünf Millionen Dollar.

EYEDEA & ABILITIES - E&A [EPITAPH - RHYMESAYERS/ SPV] Man kommt in bestimmten Teilen der USA wahrscheinlich gar nicht an Rockmusik vorbei, und selbst wenn sie nur geschliffen wird, wirkt sie doch nachhaltig prägend. Auf dem zweiten Album von DJ und Produzent Abilities und MC Eyedea hört man demzufolge Rockmanöver mit MC-Tiraden unter der Indie-Flagge, was teilweise schon so seinen relaxten Charme hat, HipHop ist halt längst nicht mehr nur urbane Musik, sondern durchaus für landumfassende Wortketten geeignet. Hat ein paar nette musikalische Ideen, eine Menge Scratches, einen überzeugt klingenden MC, aber irgendwie fällt hier der Stempel „IndieHipHop” zu deutlich drauf, was sich etwas unfrisch ausprägt.

CAYND •••• BLOCKHEAD - MUSIC BY CAVELIGHT [NINJA TUNE - ROUGHTRADE] Nachdem er sich für so einige cool verwinkelte Beats auf Aesop Rocks Alben verantwortlich gezeigt hat, gibt es nun das Debütalbum von Blockhead. Zu hören sind schwermütige Instrumentalsounds, melancholisch verstimmt und mit einem Hang zu Klassik, weswegen so hier und da ebensolche Instrumente sowie ein paar sweete Sätze eingebunden werden. Wenn es Musik gäbe, zu der man vor Schwerkraft seufzend in den Wald blicken müsste, dann diese. Wobei man da auch sehr schnell schmerzvoll aufschreckt, wenn einem ein Gitarrensolo entgegen jammert. Vermutlich grandios für Herbsttage.

www.ninjatune.net CAYND •••• ALIF - DAKAMERAP [OUT HERE REC - HAUSMUSIK] Bei dieser kleinen Rap-Kapelle handelt es sich um drei Mädels aus Dakar im Senegal. ALIF ist eine Abkürzung und bedeutet frei übersetzt in etwa „feministische Straßenbewegung”. Zugleich ist dies aber auch der Name des ersten (und alles dominierenden) Buchstaben im arabischen Alphabet. Man scheint hier ganz bewusst auf Provokation zu setzen. Inhaltlich beschäftigen sich die Texte von Myriame, Mina und Oumy mit dort alltäglichen Themen wie ständigen Raubüberfällen und Betrügereien, Jobs, die der Sklavenarbeit ähneln und Inzest - allesamt Tabus in der recht konservativen Öffentlichkeit Westafrikas. Raptechnisch sind alle drei erste Liga und könnten ohne Problem gegen Europas Rap-Elite antreten.

www.peanutsandcorn.com THADDI ••••• THE GIFT OF GAB - FOURTH DIMENSIONAL ROCKETSHIPS GOING UP [QUANNUM PROJECTS - ROUGHTRADE] Wahrscheinlich würde Gifted Gab auch Fliegen retten, weil man ja das Leben generell nicht verachten sollte, so zahm kommt er jedenfalls auf dieser Platte rüber. Ziemlich kuscheliger Sound, behaglich zum Tage in den Bäumen sitzen und Blätter betrachtend auf die nette kleine Welt um einen herum zu blicken, zumal The Gift Of Gab älter und weiser geworden ist und inzwischen wirklich Religion gefunden hat, was auch immer er damit meint. Eine recht unplatte und unkomplizierte Platte, lieblich und gelassen gerappt mit kleinen Verweisen auf die alte Schule, reflektiert und bejaend, melodisch und warm.

CAYND •••• THE LAST EMPEROR - PALACE OF THE PRETENDER [RAPTIVISM - PIAS] Aus Philly kommt dieser studierte MC, der Ende der 90er ja schon z.B. auf der Lyricist Lounge Compilation mit seinem lyrischen Talent zu glänzen wusste. Jetzt gibt es sein erstes Album, auf dem einige Stücke in den letzten Jahren bereits die Runde gemacht haben, einige aber neu dazu gekommen sind. Auf jeden Fall rappt The Last Emperor verständlich und nett gereimt, inhaltlich wird auch einiges bedacht, vielleicht sind ein paar Stücke etwas zu sehr verständnisvoll und lieblich, insgesamt ist es aber ein nett umfangreiches und charmantes Album. www.thelastemp.com CAYND •••• KANYE WEST - THE COLLEGE DROPOUT [ROC-A-FELLA - UNIVERSAL] Pathos, Pathos und noch mal Pathos. Mr. West ist bei Roc-A-Fella für die hochgepitchten Sing-Sang Soul Beats zuständig. Nein, nicht „Hard Knock Life” (Mark 45King), aber „Izzo (H.O.V.A.)” ist so einer. Wegen eines schlimmen Autounfalls, daraus resultierender Kiefer-OP ergo danach mächtig Draht im Mund, nahm Kanye die Lead-Single des Albums mit dem autobiographisch konnotierten Titel „Trough the Wire” auf. Zugegeben: Ziemlich bescheuert. Andererseits hat er ein gar nicht so schlechtes Album drum herum gebaut. Von vorne

bis hinten wird ganz professionell ein Club Banger an den nächsten gereiht. Schließlich wird hier wieder bewiesen, dass wir uns endgültig von klassischen Underground/Commercial-Kategorien verabschieden müssen. So rocken Kweli und Common auf „Get Em High” alles andere als Conscious-Rap; und Mos Def tut sich mit Freeway zusammen. Qualität ist alles in diesen mageren Zeiten.

GIANT STEPS •••• BRIMSTONE 127 - METAMORPHISES [ROOFTOP CREATIONS] Seth “Brimstone” Schere kommt aus dem sonnigen, aber latent bösen Florida, wo er im Dunstkreis von Metetronix, Cyne und Botanica del Jibaro an einer Alternativgeschichte von frischem, politisch aufgewecktem Hip-Hop mitschreibt.

Metamorphises schließt da an, wo Mitte/Ende der Neunziger die Native Tongues und KRS-1 in Schweigen oder Redundanz versanken und HipHop in einem Zustand der Ratlosigkeit hinterließen, aus dem auszubrechen noch nie das schlechteste Vorhaben für ein Debutalbum war.

Brimstone mag nicht als der originellste neue Reimer in die Annalen eingehen, aber mit Sicherheit als charismatischer MC, der einen guten Beat sicher nach Hause bringt. Und gute Beats gibt es auf Metamorphises reichlich: von klassischen Partytunes wie “Tuff Talk”, die überraschend vielschichtig den Laden rocken, dem funky Hip-HopHörspiel “Walkininyc”, das einen Besuch in der Wiege des Hip-Hops beschreibt, bis zu ruhigen Nummern wie “I’m guessing” mit der schönen Stimme der Sängerin Mariposa und einander umschmeichelnden Piano-, Strings- und Gitarrenloops. Eine der wenigen Hip-Hop-LPs der letzten Zeit, die sich wirklich von vorne bis hintern zum durchhören anbieten.www.brimstone127.com EM ••••-••••• DJ WALLY - NOTHING STAYS THE SAME [THIRSTY EAR - ROUGHTRADE] Der vom New Yorker Pianisten Matthew Shipp kuratierten ‘Blue Series’ hat der Jazz der letzten Jahre die erstaunlichsten und ästhetisch erfolgreichsten Verbindungen mit programierter Musik zu verdanken. Dabei liegt die Verantwortung des Finalmixes meist in der Hand eines Regisseurs, während eine Stammbesatzung um Shipp, den drummer Guillermo E. Brown und Bassist William Parker das notwendige Ausgangsmaterial liefert. Nach Shipp selbst, sowie Figuren wie Spring Heel Jack, Priest und Sayyid, DJ Spooky und El-P ist jetzt DJ Wally dran, der bisher mit seinem Hang zu dusseligen Kinderliedern und anderen Albernheiten eher die Schattenseiten New Yorker Breakbeatschaffens repräsentierte. Auf Nothing Stays The Same beschränkt er sich darauf, dem überbordenden Konvolut von Tönen und Akkordschichtungen mit einem simplen Groove die nötige Erdung zu geben. Den durchaus gegenwartsbezogenen Sound der Musiker, der aus der Erfahrung von - vor allem - Free Jazz, aber auch Elektro-Miles, Soul, Knitting FactoryPostmodernismen und Hip-Hop schöpft, kann Wally, indem er Vibraphon und Querflöte ausgiebig in den Vordergrund stellt, tatsächlich noch in Richtung Easy Listening drücken. Gegenüber weitaus offeneren und aggresiveren Konzepten der Vorgänger ist das etwas enttäuschend, es bleibt eine Lounge-Platte für gehobene Ansprüche.

EM ••• EL-P - HIGH WATER [THIRSTY EAR - ROUGHTRADE] Irgendwie mochte ich El-P lieber als er noch als junger MC mit sprichwörtlichem Rucksack durch die Gegend zog und unbekümmert kranke Beats sowie souveräne Reime gedroppt hat. Rumpelige

Beats gegen experimentelle Instrumentalsounds einzutauschen mag ja eine advancte Idee sein, aber gibt es nicht schon genug Jazz auf der Welt, soviel Tee kann doch keiner trinken. Hier hat El-P jedenfalls für die Thirsty Ear-Hausband als Komponist fungiert, deren Musiker improvisieren geflissentlich zu den von El-P angeregten Themen, was teilweise recht prägnante Klangphasen hat, dann aber wieder ins eher belanglose Rumexperimentieren abrutscht, was für manch einen vermutlich große Kunst ist. Für Jazz ist das bestimmt eine Bereicherung und für El-Ps Vater ein großes Geschenk, der hat nämlich nebenbei mitgewirkt und El-P hat ihm diese Platte gewidmet. Wir erwarten mit Spannung El-Ps Einstieg in die bildende Kunst. www.thirstyear.com CAYND ••• DJ RHETTMATIC - EXCLUSIVE COLLECTION [UP ABOVE - PIAS] Oh, DJ Rhettmatic ist Connaisseur, nichts anderes will uns das CD Cover sagen, auf dem er mit Pfeife und Rotwein in einem Lehnsessel inmitten einer (Platten-)Bibliothek neben Golfschlägern posiert. Hier hat er sich durch den Up Above Backkatalog gemixt und sofort hat man wieder auf dem Schirm, dass das eigentlich ein sehr gutes und momentan positiverweise offensives Label ist. Die Stücke, die anlässlich dieser Mix-CD rereleased werden, sind weitgehend sehr cool und vor allem frisch, u.a. von Dilated Peoples, Sadat X, Jay Dee, Geology, Beatnuts, Noelle, Jurassic 5, Visionaries, Writer’s Block, Pete Rock und Grap Luva. Rhettmatic, nebenbei Teil der Visionaries und der Beat Junkies, gibt den Tracks als virtuoser DJ durch allerlei Cuts definitiv eine eigene Note. Wer einen korrekten HipHop-Mix braucht, sollte definitv zugreifen und sich ansonsten um die Maxis bemühen. www.upabove.com CAYND ••••• BEANS - MUTESCREAMER [WARP - ROUGH TRADE] Beans, vielen bekannt als ein Drittel des legendären Anti-Pop Consortiums, hatte sich ja schon zur Produktion seins Albums mit namhafter Prominenz umgeben. Zwei der schillernden Namen, Prefuse 73 und El-P, finden sich nun wieder auf einer 7” mit der jeweiligen Remixgestaltung von “Mutescreamer”. Beide belassen den progressiven Stil von Beans Rap und schnippeln lieber an der Umgebung herum. Guter Rhythmus, präziser Flow. Prefuse 73 bevorzugt den durchwachsenen Dancefloor und der stört sich an der Spoken Poetry Vergangenheit eines Beans keineswegs. El-P bevorzugt es, dezent gewürzt mit charmanten Oldschoolsounds zu unterhalten und vervollständigt den angenehm hörbaren Hip Hop, der nicht langweilt, aber auch keine neuen Maßstäbe setzt. Rauhe Beats jenseits von Hypes, eben mit ordentlich Groove und bodenständiger Attitüde.

JUK ••• DIVERSE - JUS BIZ [CHOCOLATE INDUSTRIES - ROUGHTRADE] Die B-Seite dieser Maxi von Diverses kürzlich erschienenem Album ist definitiv Hammer, wahnsinnig dichter und flowiger Track, die Produktion von Madlib ist schwer hypnotisch und Diverse kann auf jeden Fall mehr als nur rappen. Der den summenden Hook übernehmende, namenlose Gast-MC klingt auch angenehm, coole Zusammenstellung. Neben dem Titeltrack gibt es noch einen Zusatztrack. „Beyond Beyond” ist jedenfalls ein Favorit.

CAYND •••••

• = NEIN / ••••• = JA 26ten Geburtstag in einer Stimmung begeht, bei der man ihm lieber nicht noch auf die Warzen treten möchte.

BLEED ••••• PURPLE FLASH - WE CAN MAKE IT [ENVIRON UNCLASSICS/003] Die Metro Area Posse hat eine neue Spielwiese, und das hier ist schon das dritte Release ihrer Serie von den meisten mit Sicherheit unbekannten Reissues Früh-80er-Discoklassiker mit einem neuen Edit, den diesmal Darshan Jesrani übernimmt. Das Orginal ist Stringsäuseln und Discomelancholie der Postin High Era mit Glöckchensounds fürs Herz und der Remix unterfüttert das Ganze mit mehr solidem Funk, aber bewahrt durch und durch die schlendernde Nachmittagsmelancholie. www.environrecords.com BLEED ••••• LUSINE - FLAT REMIXES [GHOSTLY/027 - NEUTON] Unfassbar, dieser Lusine, auch hier, wenn er nur einen Track beisteuert, der, naja, verraten wir zuviel, wenn wir euch sagen, dass er unfassbar ist?, und dann Matthew Dear, Cepia und Dimbiman remixen. “Flat” gab es 2001 schonmal und wird hier also für Ghostly wieder ausgebuddelt und es macht gar nichts. Nein. Herr Dear entdeckt Lusines Breitbandigkeit für sich selber, hält sich in den Beats vornehm zurück und arrangiert einen für ihn sehr ungewöhnlich dichten Track. Schwierig, das vom Original nicht auch zu behaupten.

Cepia komprimiert die Beats noch stärker, lässt der Struktur ihren Raum und ist im Umgang mit dem Track ganz sachte und vorsichtig. Der Dimbiman-Mix lag leider noch nicht vor. Muss ja aber

UNITED KINGDOM

• = NEIN / ••••• = JA

CLARO INTELECTO - SECTION E.P. [AI/008 - HAUSMUSIK] Claro hat mit seiner ersten E.P. auf Ai aus dem Stand einen Klassiker geschaffen. “Section” greift diesen Faden auf. Wie ein Wunder erfindet hier jemand Detroit immer wieder neu, auch wenn der Haupt-Track eigentlich “Chicago” heißt. Eine Rhodes-Melodie, vierviertelter Break, sparsame Streicher und eine Bassline, die einem keine Wahl lässt. “Section Part Two” ist dann viel darker und beackert in bester Rephlex-Tradition den düster schwelgenden 808-Elektro. “Mono” blubbernd metallisch im Roboter-Squaredance und “Senti” ist dann das, was wir eigentlich von Chicago erwartet hätten: ein deep schnippendes HouseKleinchen, das es sich nicht nehmen lässt, mittendrin in ein Distortionmonster umzukippen.

Killer. Wir verraten hier wohl nicht zuviel, wenn wir sagen, dass das Album, das im Mai erscheint, der Wahnsinn schlechthin ist. Mehr dazu bald.

krabbelt sich das ganz schön ins morbide Acidhirn und rockt da, wie es will, aber ansonsten wirkt diese Konstellation von Oldschool und massivem 150BPM-Rock doch ein wenig klassisch und die IDM-Nummer auf der Rückseite braucht es wirklich nicht, denn sie ist einfach zu flach.

BLEED ••••-•••

THADDI •••••

CRAZY GIRL AND THE D.O.G - IT`S BITCHIN [BURNT OFFERINGS/001 - WORDANDSOUND] Was für eine skurrile Idee ist das nun schon wieder. Hyperaktiver Elektrofunk mit Killerlyrics und einer völlig überzogen albernen 80er Revivalwelt, die klingt, als wäre sie direkt aus einer Sitcom gestiegen. Wenn es dunkel wird, dann werfen diese Leute hier den Moog an und holen die Blechdosen raus zum Rascheln und Klimpern, und es wird dann obendrein auch noch Soul draus, pur und sleazy, oder speediger Drogenpunk. Killer.

BLEED •••••

CANE - TECHNOTEST [ARCOLA/005] Enttäuschend, es sei denn, man ist ein absoluter Fan der angehend härteren Frühphase von Plus 8 mit ein wenig digitalem Dopplereffekt, dann

NOTENSHUN FEAT. SANDY MILL - SOULMUSIC [CHILLI FUNK 065 - ROUGH TRADE] Wer auf House mit viel Soul steht, sollte sich unbedingt das hier zu Gemüte führen. Sandy Mill

www.airecords.com

gen Track und als Drittes den „Posse Slash” mit Aesop Rock, Poison Pen, Breez Evahflowin, Karniege und DJ Cip One, produziert von Da Beatminerz. Bald gibt es dann das Album, seid gespannt auf ein verschroben flowiges Werk.

auch gut sein, oder? Ist schließlich eine Platte von Lusine.www.ghostly.com THADDI ••••• MATAYA - SHE [LISTEN TO REASON/003 - INTERGROOVE] Ein hierzulande recht unbekanntes Ami-Label mit klaren, percussiven Housestrukturen, irgendwo an der Grenze zwischen Minimal und Progressivsound, dabei aber nicht schleimig, kitschig oder irgendwas, sondern immer eben genau so reduziert und konzentriert, dass man sehr aufmerksam wird und sich gerne auf jeden einzelnen der Tracks so lange einlässt wie möglich. Am schönsten finde ich das leicht Detroit-angehauchte “Time Tracking”, das aus seinen klaren, klickenden Beats langsam hintergründige Orgelvariationen holt und dabei melancholisch zeitlos wirkt.

Sweet. Ruhige Tracks sind aber, wie man auf dem zweiten inneren Track hören kann, eh ihre Stärke.

BLEED •••••-•••• SEAN DESON - THE SHIT 2003 REMIXES VOL TWO [MATRIX/008 - WORDANDSOUND] Tja, drei (auf der Platte stehen vier) Remixe später und man ist irgendwie überhaupt kein bisschen weiser. Alles so halbgar zwischen Breitwandtechno und Oldschool und eigentlich gefällt mir nur der trocken shuffelnde Track von Dimitri Pike einigermaßen, aber auch das ist nicht wirklich besonders. Auf dem absteigenden Ast das Label, würden wir sagen.

BLEED •••

Platte von Claude Young der Legende zu hören und zu sehen, wie er in seiner eigenwilligen Art schrammelig quirliger sequentieller Funkmusik einen Weg durchzieht, der so strange und dabei so offensichtlich einfach wirkt, dass man sich eigentlich völlig umstellen muss in den Hörgewohnheiten und sich einfach nur wundern kann darüber dass auf der Rückseite ausgerechnet Marco Bailey und James Ruskin die Remixe machen. Da gibt es zwar Looptechno Überschneidungspunkte, aber irgendwie ist das dennoch nicht ganz fair.

BLEED •••• RUN STOP RESTORE - GEOMETRY [MINUS/020] Run Stop Restore sind im Kommen mit ihrer Art minimale Grooves, die eine irgendwie hintergründige Slowmotiondronerockidee dabei haben, ohne das allzusehr durchklingen zu lassen und dabei natürlich immer auch im minimalen, prototypischen Minus-Sound laborieren. Reduziert und dahingleitend, als wäre aus der Autobahn längst ein Parcours geworden, der zwischen digitaler Welt und Teerbelag keinen Unterschied macht. Funky, aber auf sehr unterkühlte Weise.

m-nus.com BLEED •••••

CLAUDE YOUNG - THE ALTAMIRIAN EP [MB SELEKTIONS/001 - INTERGROOVE] Eigenwillig nach so langer Zeit mal wieder eine

PIETER K - COMMUNICATION [PALETTE/028 - WORDANDSOUND] Irgendwie gefällt mir Pieter K als Drum and Bass Produzent doch besser, denn da kann man kitschiger sein, ohne damit direkt in einem so breiten Fahrwasser unterzugehen, dass die Lounges dieser Welt nun mal leider als unverschweigbare Tatsache zu einem Brackwassergrauen ma-

begeistert mit ihrem Gesang und der im Grunde schlichten Hommage daran, wie eben Soul Musik sie bewegt. Ein klassisches Arrangement mit Rhodes, Funkbass und Streichern liefert das Gerüst für den Danism Remix, der an der richtigen Stelle für kollektives Grinsen sorgt. Ebenso spirituell ist das Pianopella, das zeigt, dass Sandys Stimme auch solo ergreift. Zum Aufstehen passt dann die Back In The Day-Version, die den straighten Beat kürzt und tagsüber die Listen Now Deepness-Version. Wie so oft sind es hier nur Nuancen, die einen wirklichen guten Song von den meisten anderen unterscheidet.

M.PATH.IQ •••••

vorgenommen, treiben ihm das deepe Housefeeling aus und zerren so lange an den Synths rum, bis ein elektronischer Rocker dabei heraus kommt, der nicht weniger spooky ist. Dancefloor Madness! Helicopter Jackson treibt seinen “Booty Song” in etwas hysterische Höhen, rockt zwar ein wenig gewollt aber trotz allem ganz gut mit brummelnder Bassline Richtung Peaktime. Zu guter letzt gibt es noch einmal Jahcoozis “Fish” im Team Natascha-Mix von den WMF-Homies Highfish, Fritz Zander und Mitte Karaokes Dominik Sprungalla. War gut, ist gut, bleibt gut. Das Ganze gibt es auf zwei seperat verkauften 12”es.

SVEN.VT ••••-•••••

V.A. - REBELFUTURISM [CROSSTOWN REBELS/006A/B - INTERGROOVE] Endlich die Auskopplungen der gleichnamigen Mix-CD, denn dort verstecken sich zwei exzellente exklusive Remixe, die nicht auf der CD mit drauf sind. Tekel von der Initial Cuts-Posse aus Paris verwandelt Kiki und Silversurfers “Welcome to Berlin” in ein hypnotisch groovendes Monster, das sich ganz an das Synthiethema und die Bassline des Originals hält. M.A.N.D.Y. haben sich Joakims spooky Monsterhit “Come into my Kitchen”

PRAVEEN - CIRCLE SONG [EXPANDING RECORDS/EVS3:03 - CARGO] Diese 7”s von Expanding lassen einen immer wieder für ein paar Minuten alles vergessen. Gut, dass es Menschen gibt, die noch in Serien denken und sich so rührend um aussterbende Formate kümmern. “Circle Song” ist ganz einfach, ganz schüchtern, ganz weich, ganz warm und ganz sweet. Zurückhaltend schiebende Beats, endlos schöne Melodien und fertig ist schon der Zeitstillstand. “Nameless” war früher bestimmt HipHop auf einem Casio, stolpert über sich selbst,

chen. Der Titeltrack ist zwar sehr elegant und stimmig, aber dennoch etwas zu glatt, “Schism” in seinen Sounds fast ein wenig esoterisch und nur der deeper flowende Remix von “Communication” findet aufgrund der verspielteren Breaks hin zu dem, was wir an Pieter K gerne mögen.

BLEED ••••

wie Headman schwer, obwohl er hier einen sehr schönen, housig an den frühen Zeiten der 90er orientierten, klassischen Acidtrack macht, der bei jeder Afterhour die Hände in die Luft snarewirbelt. Das Orginal verklöppelt sich allerdings etwas zu sehr in den Congas, lässt die Bassline zu weit hinten und überrascht einen dann mit bratzigem Vocal, dass fast knarzig klingt.

MATTHEW DEAR - ANGER MANAGEMENT [SPECTRAL/13 - NEUTON] Wusste ich nicht. Nein, ich hatte keine Ahnung, dass Funk so betrunken sein kann und vor allem manchmal auch will, bei Matthew Dear zumindest. “Anger Management” ist eigentlich zu schnell, kriegt nie die Loop-Kurve und ist dabei ein kickendes Monster voll euphorisierter Halbleiterindustrieangestellter. “Future Never Again” ist eines dieser Trockenheits-Statements, vollgestopft mit shuffelnden Halbwahrheiten der hoch fiependen Sorte. Der Chord macht dann alles klar. Zwei manische Tools. www.ghostly.com THADDI •••••

www.turborecordings.com

PANASH - JACK 2 JACK [TURBO RECORDINGS/022 - INTERGROOVE] Es gibt wohl kaum jemand, der in der letzten Zeit auf so vielen Labeln mit Tracks untergekommen ist, wie Jesper Dahlbäck. Und zu Recht. Immer wieder eine Freude zu sehen, wie er mit einfachen Sounds einen Track zusammenbastelt, der ständig neues Territorium auslotet, sich rings um die Oldschoolvibes eine Begeisterung für skurrile Sequenzen und Effekte bewahrt und dabei immer vor Glück sprudelt. Noch einer der Hits des Monats sein “Jack 2 Jack” Remix mit den gephaserten Modulationen des Vocals und der solide schlängelnden Acidbassline. Da hat es jemand

rappelt sich auf, läuft nach Hause und blüht auf dem Weg dahin mit schimmernden Sounds noch richtig auf. www.expandingrecords.com THADDI ••••

BLEED ••••• SPETTRO, THOMAS SAHS, COSMIC GROOVE TRANSMISSION - TEXAN LEEDS CONNECTION EP [UNDERGROUND SOUL TRIBE/001 INTERGROOVE] Es wird definitiv in den Staaten zur Zeit wieder soviel gegroovt, wie schon ewig nicht mehr. Jeder der drei dieser Posse aus San Diego in Dallas und Leeds (es ist eine kleine Welt), haut einen irgendwann durch eine einfache, spleenige Idee um.

Spettro`s Track z.B. kommt mit einer quietschig, bluesig, jazzigen Trompete in Dub, die einfach swingender kaum sein könnte, in diesen lässigen, mit vielen Vocalsamples aufgeheizten Deephousegroove, der Mix von Thomas Sahs bringt einen mit seinen abgedämpften Bleeps, die natürlich an Sweet Excorcist erinnern, um den Verstand. Und nur der Cosmic-Groove-Mix braucht zumindest eine Einigung darüber, dass tribal-vocal Samples OK sind, dann aber stelzt er erhaben mit seinen breakigen Beats und deeper melodischer Subbassline durch uns durch als wäre doch alles nur eine Frage der Tiefen den Magen erreichenden Melodien.

BLEED •••••

wehrfilterbasslines und Soundeffekten, verquer spleenig sequentiell bis hinein ins abstrakt bleepig Funkige, oder eben einfach nur ungeheuerlich. Unbeugsam und zurecht.

www.crime-productions.com JOUJOUKA / SUGAR SOUL - SHINJITSU EP [FEEDBACK RECORDINGS/005 INTERGROOVE] Auf der A-Seite ein etwas sehr professionell durchgezogener Grossraum-Technomix von Joy Kitikonti, zu dem man weiter eigentlich nicht viel sagen muss, als dass er die Musik ist, von der man sich immer fragt, was das eigentlich ist, wenn man mal im Fernsehen so ein Rave (ja, ja, die gibts noch) sieht. Der Remix von Joujouka des Sugar Soul Tracks hat ähnliche Qualitäten und ab unters Kopfkissen, die Ohren verrammeln ist nur kitschiger. Nee. BLEED ••

BLEED ••••

MARK HAWKINS - PERSISTANT RE-OFFENDER EP [CRIME/002] Das Label ist sein eigenes, und er releast hier, wie es scheint, noch strangere Technopoltertracks als auf Hörspiel, Neue Heimat, Nerven und so. Gradeaus aber brachial mit einer festgeketteten Bassdrum und krabbelnd wütenden Maschinenge-

www.bearentertainment.info

RAY MUNG - BIG BAMBU [BEARFUNK/003 - WORDANSOUND] Und schon wieder eine perfekte Platte auf diesem sehr deepen Label. Ray Mung produziert auf “Big Bambu” klöppelnd jazzige perkussive Dichte mit Querflöten ohne Kitsch und sehr solidem Groove aus Orgeln den selbst die Latin-Eskapaden nicht aufhalten können. Musik die einen sehr weit in ihren Groove lockt. Für die minimaleren unter euch auf der Rückseite ein Akwaaba Remix der sehr shuffelnd und mit viel Tiefe und leicht strangem scratchig elektronischem Effektsound dennoch purer Jazz ist. Fein.

BLEED ••••• SHUR-I-KAN - GENERATIONS [FREERANGE 042 - IMPORT] Tom Szirtes alias Shur-I-Kan teast sein zweites Album an. “Generations” ist ein sehr melodischer

DEN USA S U A W O H S E H IC E R DIE ERFOLG ACKASS).

J V T (M A R E G R A M M MIT BA mtv.de/vivalabam

0h mittwochs um 210.0 h freitags um 22.0 h samstags um 23.00 nur auf MTV

UNITED KINGDOM

• = NEIN / ••••• = JA

und gebrochener Jazz-House-Hybrid inklusive Funk-Bass, Flöte und Keys wie ihn auch Atjazz nicht besser hätte machen können. Die Vorlage übertragen dann die Kollegen Jimpster und die Una Bombers in den Clubkontext. Jimpster begradigt Beats und Bass und schwoft so schon mal den Floor warm. Die Una Bombers, die sich noch im vergangenen Jahr mit Electric Soul für eine der besten Compilations des Jahres verantwortlich zeigten, gehen in minimale, epische und fast schon detroitige Gefilde und dürften sich so eher am früher Morgen hören.

M.PATH.IQ •••••- •••

vour und dem perfekt auf explodierende Breaks hin produzierten Groove irgendwie ständig kurz vor einem Sprung in die nächste Welt steht. Als Bonus dann noch ein “Superdemo 01” Track mit elektroiderem Sound. Grönland Records, wer hätte das gedacht. www.groenland.com BLEED •••••-••••

PET - SUPERPET [GRÖNLAND RECORDS - VIRGIN] Wer zum Teufel ist das denn schon wieder? Berliner? Engländer? Egal. Die “Original Super Version” jedenfalls ist lässigster Easylisteningelektroclashpartypop für all die, die die Casioorgeln immer noch am liebsten dick und breit grinsend hören und dabei dennoch keinen reinen Wavekitsch wollen, es aber vertragen, wenn am Ende dann Spacedronerock draus wird. Der “Evil Nine Remix” kommt etwas verhaltener, mit dezentem Goasynthgeblubber im Hintergrund, Digeridoo, aber fällt mit dem straighten Rockbeat aus der Klassikerschule dennoch auf die Füße. Mein Favorite ist allerdings dann der “Toob Remix” (aka Red Snapper Posse), der mit seinen shuffelnden Beats, leicht angekratzt bleepigem Karnevalfla-

DRUM’N’BASS V.A. - 720 REVOLUTION PART 1 [720° - GROOVE ATTACK] Das aus Blame ein richtiger Raver geworden ist, der mittlerweile seine ganz eigene Version vom Breitwandrock im Bad Company-Style perfektioniert hat, dürfte sich mittlerweile rumgesprochen haben. Auf dieser Mix-CD kann man dann auch die wiederentdeckte Freude am schiebenden Raveirssinn im ehemals auf ätherisch-detroitige Sound-Erkundungen spezialisierten 720° Stall bestaunen. Über die Hälfte der fünfzehn Tracks auf diesem Mix stammt von Blame persönlich. Der Rest von K.O.T.P und Voidscan. Das Atmosphärische, die Detroit-Referenzen sind geblieben, aber eben mit mehr Drang zum Floor, mehr sägenden Sequenzen und Basslines. Auch wenn es dabei mal in etwas kitschig trancige Abgründe gehen kann. So offensiv rockig hat man 720° noch nie gehört.

SVEN.VT •••• CALIBRE - MR.MAVERICK/HIGHLANDER [SIGNATURE/005 - GROOVE ATTACK] Calibre scheint erst mal genug von Garagehouselastigen Tracks zu haben und gräbt sich ganz in eine grummelnde Straightness, die eher an manche KMS Platten als an Deep-House-Adaptionen erinnert. Tune! Auf der Flipside wirbeln einem die Amenbreaks zu schrägen Synthiesounds um die Ohren und treiben einen so gnadenlos wie perfekt über surreale traumartige Dancefloors. Beste Calibre-Tracks seit langem.

SVEN.VT ••••• V.A. - WHAT PRICE WILL YOU PAY? [COMMERCIAL SUICIDE /CD002 - GROOVE ATTACK] Jetzt hat auch Klute die Mix-CD entdeckt. Alte, neue und kommende Hymnen mixt er in einem flotten Mix zusammen, der die ganze Spannbreite von Commercial Suicide von nervös technoiden Neurofunk über housige Deepness bis zu breaklastiger Deepness präsentiert. Die Tracks

THE VISITORS FEAT. ROXANNE WILDE - OUR LIPS ARE SEALED [WALL OF SOUND - LABELS] Auch bei Wall Of Sound ist Retroschlager angesagt. Sie covern einfach mal Fun Boy Threes/ The Go Gos “Out Lips Are Sealed”, ähem, ob das jemand auf diese etwas läpsche Art braucht, wage ich zu bezweifeln. Man muss den Großen doch nicht alles nachmachen. Die Rückseite mit ihrem Stringkitsch bringt uns auch nicht grade über die 80er Retrozielgrade hinaus. Nö.

BLEED •• RICHARD SENN AKA BRONX DOGS [MIXED BLOOD/001 - WORDANDSOUND] Sehr dunkle Funkhousetracks mit leicht strangen Vocals, die fast schon wieder die Grenze zwischen Disco und Punk neu in Angriff nehmen und dabei dennoch jedem Handbaghousefan gefallen könnten, was an sich schon eine Leistung ist. Die trockeneren elektroideren Tracks wie “3rd Rail” oder das etwas eigenwillig zwischen Wavepop und rotzigem Punkflavour mit dezenteren Disco-

sprengseln hin und her geisternde “Prepare To Quality” sind mit Sicherheit leichter zu verdauen und im Eclashciruit unterzubringen. Mal sehen, ob das eher mit Humor verstanden werden soll oder vielleicht doch etwas sehr in Richtung Trendsound schielt, die Grenze ist hier nämlich wirklich nicht so klar.

BLEED •••• PATRICK DREAM - STRANGE WORLD [SPECIAL NEEDS/018 - WORDANDSOUND] Auf der A-Seite, das gibt man dem gern, ein DJ Ali Remix, der mit säuselnden Hintergrundvocals, massiver Walze aus Beats und elegisch eingeflochtenem Soulgesang vor allem eine Art von kriegerischem Deephouse anzettelt, in der man sich manchmal ein wenig nah ans Lagerfeuer geschoben fühlt. Das Orginal dazu ist wesentlich upliftender und ein nahezu zurückhaltend charmanter Vocaltrack, der manche an Richard Davis erinnern dürfte. Mit “Over” wird es dann noch mal richtig deep und stringverliebt.

BLEED ••••-••••• JOUJOUKA - PUNX PLAY VIDEO GAME EP [MAD SKIPPER/001 - INTERGROOVE] Tokyoter Elektrobuddies mit irgendwie überzeugend unwavigem Bratzsound. Und dennoch stecken darin Vocals, die allerdings eher so einer verschroben-psychedelischen Stimmung, sleazy, aber irgendwie auch supernatural, denn so rich-

tig sleazy können Japaner ja immer irgendwie nicht. Jedenfalls hab ich es noch nicht gesehen wie sie den Sprung von cool zu schmierig schaffen würden. Naja, zuviel versprochen, denn der zweite Track ist dann so richtig was für die “Depechemode-New Order” Revivalparty-Fraktion.

Ouch. Übertrieben wie Hölle und irgendwie der totale Bombastkitsch. Remixe kommen in Teutonisch von Northern Lite, die noch mal die Oumph des Elektroclash werden, wenn sie so weiter machen und Thomas P. Heckmann, der immer noch in seinem Zeitloch an der Acidschraube dreht.

BLEED ••••-•• AKIRA SHIHARA - TRIPLE VOX EP [REELMUSIQ/053 - INTERGROOVE] Tja, sind die jetzt auch bei Intergroove gelandet.

Lange haben wir ja nichts mehr von Reel gehört, obwohl der Klassiker unter den japansichen Labeln mit Sicherheit nicht faul war. Nur, es ist eben einfach auch etwas zu sehr funky loopy Brummeltechno mit Vocalstakkatos und ein paar extra Soundeffekten. Die können ganz gut sein, so dachte ich beim ersten Track z.B. meine Nachbarn haben was gegen 120dB zur Mittagspause und haben mir als Strafe dafür einen Verstärker an die Billighinterhofklingel gebaut, aber nee, alles hier hat seine Ordnung und will mit allen Mitteln die Ravecrowd zur Extase bewegen. Manchmal eben etwas unter der Gürtellinie.

BLEED •••

COMMON FACTOR - IN BETWEEN [SOMA/145 - NEUTON] Sehr deep für Soma, klar. Common Factor ist dafür bekannt, aber auch der Daniel Ibbotsons Remix von “In Between”, mit dem diese Platte anfängt, schwebt in den Zwischenräumen von deepem House und Detroit, lässt leichte, glückliche Synthesizermelodien mit knallig oldschooligen Beats um die Wette rennen und irgendwie wird das Stück von Mal zu Mal upliftender, und auch die schnarrenden Electrosequenzen geben dem Ganzen perfekt smoothen Drive. Das Orginal ist, wei man es von Common Factor kennt, jazziger in den Beats und verspielter in der Percussion, viel mehr auf den Groove konzentriert und so Oldschool, dass man meint, einen Hauch von Knistern auf der Platte zu spüren. Sein zweiter Track, “In Troubles Arms”, verlegt sich etwas mehr noch auf die Strings und dürfte so etwas sein wie der Sound, zu dem Fabrice Lig auch langsam hin driftet. Wunderschöne Platte. Vielleicht die beste Soma dieses Jahres. www.somarecords.com BLEED ••••• MASTER H - DON´T STOP [SOMA/144 - NEUTON] Und auch auf der neuen Master H merkt man, dass Soma langsam doch immer mehr in eine Richtung tendiert, die dem immer noch paradigmatischen Discosound mit leicht freakiger Prägung folgt. Auch wenn einem vermutlich das Vo-

cal von “Don`t Stop” auf der A-Seite leicht etwas über den Kopf wachsen kann, wenn man nicht mit Piratenradio aufgewachsen ist, gibt es auf der Rückseite Hipp’E`s Remix, der das Ganze weich und mit sehr deepem Houseflavour abfedert, die Vocals zu kurzen, pushenden, klassischen Stakkatos zerhackt und vor allem von der deepen, runden Bassline lebt, sowie den Instrumental-Mix, der Tiefschwarz den Kampf ansagt.

www.somarecords.com BLEED ••••-••••• TONY THOMAS - GOOD FORTUNE / JUMP [SOMA/146 - NEUTON] Funk diesmal, auf dem DJ Hal Remix von “Good Fortune” mit so hausbacken angeholzten Basslines und leicht trudelnden Saxophonen, Flöten, Gitarren und allem was so zu einem dahinperlenden Discosommerhit gehört. Und das alles, ohne zu weit in die Kitschwelten zu driften, die einem da immer zum Verhängnis werden können. Die Rückseite will allerdings die Masse mit dem Brecheisen Techhouse auf die Tanzfläche schieben, was in England ja irgendwie immer funktioniert, einem hier aber doch etwas zu überladen vorkommt. Machodubstyle eben, perfekt gemacht, aber liegt etwas schwer im magen.

www.somarecords.com BLEED ••••

• = NEIN / ••••• = JA von Calibre, Amit, Breakage, Zero Tolerance, Concord Dawn, Invaderz, Artificial Intelligence, Hive & Tejada, Invincible, Silent Witness und natürlich Klute ergänzen sich im Mix äußerst gut und Amit schießt mit “Roots” den Vogel ab in Sachen eigenwilliger Groovetrack des Monats. Hoffentlich macht dieser fast schon ein wenig an Ragga erinnernde Rhythmus, der komplett auf die Kickdrum verzichtet, Schule.

SVEN.VT •••• DJ SS - DEAL WITH THE MATTER [FORMATION/LP14] Diese Platten werden ja jetzt so in Teilen releast.

Case Files Pt2 nun und eine Kollaboration von DJ SS mit Skibadee, die natürlich immer dann, wenn der schlängelnde Groove überborded, den MC zur Sprache kommen lässt und dabei immer wieder an der Strassenecke steht und rockt wie Sau. Auf der Rückseite dann mit “Let It Go” ein Vocaltrack, der davon singt, dass man Drum and Bass liebt und dabei losschmettert, mit einer martialischen Bassline-Kollision nach der anderen. Killer.

www.formationrecords.com BLEED ••••• CHRIS SU - SATISFY [CRITICAL 011 - ALPHAMAGIC] Spätestens mit diesem Release ist Critical für mich eines der Label der Stunde. Hier wird unabhängig vom Status einfach gute Musik veröffentlicht. So taucht nach Calibre und Phobia nun das ungarische Wunderkind Chris SU auf, der auf DJ Traces DSCI4-Label bislang eher reine Bretter veröffentlicht hat. Hier darf auch er etwas deeper zur Sache gehen. Satisfy ist ein nicht nur durch die Vocals absolut euphorischer Breaker, der Melodiesprengsel und Sphären durch die Prime-Time peitscht. Die Flip Try Again kombiniert ebenfalls Vocals und tighte Beats, zeigt sich aber eben dort eingängiger und noch melodischer. Dennoch hat auch das soviel Bassuntergrund, dass ich mich zwischen beiden nicht entscheiden

kann. Burnt einfach nur.www.criticalmusic.com M.PATH.IQ •••••

rocken lässt, dass einem die Ohren schlackern.

Nächste Generation, immer noch. “Kiss My Clown Step”, was für ein Titel.

BULLETPROOF & DJ OPTIV - HIT & RUN [CYANIDE/009] Irgendwie kommt Bulletproof nach wie vor mit so rollend lässigen Breakbeatrolls in die Track rein, dass es trotz darker Stimmung und grabender Bassline nicht in diesem Tunnelblick aufgeht, sondern eben irgendwie psychotisch aus den Ritzen gequengelt wird und dabei soviel Energie auf die Dubs legt, dass die Tracks dennoch floaten wie Hölle. Die Rückseite “Filthy Sinner” ist dann allerdings etwas zu sehr komprimierter Technodrumandbasssound, der nicht wirklich Tiefe entwickeln kann.

BLEED •••••-•••

www.formationrecords.com

SIGNS OF THE ZODIAC - PISCES [SIGN/003] Tja, Sternensinger aus dem Formationcamp. Auf diesem Label, das eben speziell dafür da ist, Serien haben die ja schon immer gemocht, und es darf mit ruhigem Geplauder zwischen gezerrter und Subbassline und ein paar sphärischen Geräuschen herumgebummelt werden, ohne dass es viel mehr Ideen bedürfte, als einfach ein sympathisch, aber auch etwas belanglos rockendes Tool zu machen. Die Rückseite mit seinem “Badman” Sample kommt mir da schon näher.

BLEED •••• GENERATION DUB - DELIVERANCE EP [FORMATION RECORDS/108] Slammer durch und durch werden auf dieser EP hier 4 Tracks durchgebrettert. Und wenn man erstmal das Gefühl hat, ok, Bassline, Monstersound, Terroralarm, dann fällt Generation Dub immer noch wieder eine abwegige Ecke Dubreminiszenz, ein überraschender frischer Break aus zusammengeschroteten Amenbreaks als Soundeffekt oder eben einfach nur ein guter Soundeffekt ein, der das Ganze weit aus der üblichen dahinbrummenden Düsternis rausreißt und frisch

BLEED ••••• ZEN - AFTER PARTY [REFORMED/009] Klar, auf Reformed geht es immer etwas härter zu, aber allein diese angezogene Sirene und die leicht unheimlichen Sounds im Hintergrund geben der säuselnd rotzigen Bassline genug Raum, um einem sofort klar zu machen, dass Zen ein Meister seines Fachs ist. Clownstep für leicht paranoid-cybernautisch veranlagte Partytiere. Die Rückseite “Time Crisis” ist noch etwas alberner und im Groove shuffelnd jumpiger, klar dass Grooverider das droppt. Warriorstyle auf Overdrive.

BLEED •••• THE SIDESHOW EP VOL1 [FREAK RECORDINGS/006] Auch auf Freak gibt es jetzt mal eine Doppel 12” Compilation mit Mason feat. Armanni Reign, die die Show mit einem sehr lässig tiefer gelegten Amenintro und Soulvocalbreak, gespenstischer Hintergrundstimmung und einem langen HipHop Break (“I Represent The Hardcore”) kurzzeitig mal in eine ganz andere Richtung bringen.

Pendulum kommen dann in eher typischem Killerinstinkt mit technoidem Schreddersound, Keaton & Nitrox fügen dem wenig hinzu und als Abschluss dann eine breitwandige Amendusche von Cartrige Namens “Light Cycles”, die für mich den Hit dieser Platte ausmacht, kitschig, slammend, grandios und trotzdem so durch und durch Drum and Bass mit all seiner Geschichte.

BLEED •••••-••• V.A. - PROJECT: STUDIO X [GOOD LOOKING /SX002 - ZYX] Dreifach-Vinyl dieser neuen Serie von Good Loo-

king Remixpaketen. Und die Remixerliste kann sich sehen lassen. Carlito, John B, Artificial Intelligence, Simon “Bassline” Smith und die Newcomer von Conmix und Stress Level & TC 1. John B kitscht auf seinem Epic-Mix von J-Laze in trancigem Breitwandformat bis die Schwarte kracht, während Carlito die Pianochords rausholt und sich ausgelassen in einen kickenden Housevibe steigert. Die anderen vier schwelgen dann eher in ungemein kickender Smoothness, die nach Sonnenaufgang und Open Airs schreit. Sehr schön.

SVEN.VT •••-••••• SPIRIT - 20/20 PT2 [INNERACTIVE MUSIC/002] Sehr smooth, dieser zweite Teil von 20/20, der Spirit mal wieder von der ganz elegisch dahindriftenden Seite kommen lässt, aber dabei dennoch ein Basslinefeuer anzündet, dass nicht nur glimmt, sondern auch Funken wirft. Euphorisierender Track. Die Rückseite kommt mit einer Subbassline aus dem Detroithimmel und sehr passenden Harmonien dazu und kein Wunder, denn “Memories Revisited” tut genau das, was es verspricht, Erinnerungen an glückliche Drum and Bass Zeiten mit Orgeln und Claps aufflackern zu lassen und wie in einem Sturzflug nochmal zu erleben.

BLEED ••••• SOUTHSTAR & MIRACLE / MENACER - OMEGA AMEN / I CAN’T TAKE THAT [INTASOUND/002] Der zweite Release dieses Labels und man kann fast schon an den Tracknamen ablesen, was hier passiert. “Omega Amen” muss einfach ein Monster sein, und das erfüllt es nach Stringintro mit dem dark fordernden “Omega” Schlachtruf auch voll und ganz und lässt die Amenbreaks explodieren, bis alles nur noch entlang dieser perlenden Snarewirbelketten gedacht werden kann und der Saal tobt. Die Rückseite geht es genau so spannend an und verknüpft Soulvocals, Amenoverlo-

ad und rasend getriebene Bassline so lässig, dass es vor allem darauf ankommt, wann die Subbässe dem Ganzen den endgültigen Schub ins Nirvana geben. Killerrelease.

BLEED ••••• SEBA & PARADOX YOU DIDN’T SEE IT DID YOU? [PARADOX MUSIC /003 - GROOVE ATTACK] Eine neue Paradox, endlich. Zusammen mit Seba, der auf diversen Good-Looking Schwesterlabeln veröffentlicht hat, gibt sich Dev Paradox von seiner eingängisten und rockigsten Seite, die irgendwie an frühe Source Direct- und PhotekTracks erinnert. Nicht, dass man diesen Track auf irgendeiner Drum and Bass-Party in Deutschland hören wird, dürften die meisten Djs doch noch immer von der für Paradox typischen Intensität abgeschreckt sein. Aber warum nur? Funky und endlos weit, wie nichts.

SVEN.VT ••••• ABASSADORS 1 - JERICHO / SIMON V [SANTORIN/015 - GROOVEATTACK] Weiter geht es in der Ambassadors Serie zur wundervollen Compilation des Labels mit einem Track von Jericho, der diese Art von schnittig schnellem gleitendem Funk mit breit grinsender Harmonie, leichten Gitarrensamples und extrem viel Flow wieder aufleben lässt, die man von manchen J-Laze Tracks oder ähnlichem kennt. Aquatic. Der Slam Edit von Simon V`s “Icebreaker” ist natürlich großes Pathos, aber es slammt eben mindestens genau so und dürfte noch den letzten Liebhaber großer Drum&Bass-Hymnen aus den versteckten Winkeln holen. Jeder neue Ansatz zum Break, jede in tiefe Gräben hinabstürzende Bassline ist pures extatisches Mashup und die Vocals könnten himmlischer nicht sein.

www.santorin.de BLEED •••••

• = NEIN / ••••• = JA

SONIC HEROES [GAMECUBE / SEGA] Dem guten alten Sega-Maskottchen gefällt es ja schon seit der Neuauflage der Dreamcast-Adventures auf dem Cube ganz gut, nun kommt mit Sonic Heroes der Multiplattform-Titel des fixen blauen Igels. In Heroes sind wir aber nicht mehr alleine mit Sonic bzw. einem seiner Kumpel unterwegs, wie schon in diversen Vorgängern, sondern ständig in Dreierbanden. So haben wir insgesamt vier Teams namens “Sonic”, “Rose”, “Chaotix” und “Dark” zur Auswahl und in jedem gibt es einen Geschwindigkeits-, einen Kraft- und einen Flugcharakter, welche uns durch die Level begleiten. Was ich bei so viel Neuem aber vermisse, ist, dass der nur allzu bekannte Sonic bzw. Sega den Sprung selbst nach über 20 Jahren nicht wirklich schafft, alles mal zu hinterfragen oder Humor ob seines Daseins zu entwickeln. Das hat Nintendo schon hinbekommen, wenn man den Plot des letzten Marios als verdienten Urlaub vom Leben als Superheld betrachtet und sich das geniale Wario Ware anschaut. Aber bei Sonic bleibt eine solche Eigenironie bisher leider noch auf der Strecke. Ein Großteil der Level sehen außerdem den Dreamcastvorgängern verblüffend ähnlich, auch an dem Hardrock-Soundtrack hat sich nichts geändert, die Fuzz-Gitarren gehen langsam aber sicher auf den Senkel. Und wenn Sonic sich in der dritten Dimension auch wunderbar zurecht findet, habe ich doch des öfteren mit Übersichtsproblemen ob der grausigen Kameraführung (die in den Vorgängern besser war) zu kämpfen gehabt. Wie gehabt führen alle Handlungsstränge mit der Zeit wieder zusammen, und wie gehabt nerven die eindimensionalen Charaktere genauso wie die amerikanische Sprachausgabe. Auf der Habenseite bleibt leider nicht viel: die Bonuslevel machen weiterhin Spaß und die Geschwindigkeit ist streckenweise nicht von schlechten Eltern. Aber es sind in letzter Zeit einfach mehr als eine Handvoll clevere, längere, aufregende, innovativere, kurzum bessere Jump ‘n Runs erschienen, als dass dieser “neue” Sonic-Teil noch vom Hocker reißt ...

BOB •••

tet, steht im weitgehend klassischen Fantasyuniversum von “Morrowind” ein eher simulativer Aspekt im Vordergrund. Das recht emergente Regelsystem erlaubt es dem Spieler, nach Gusto zu tun und zu walten, wie es gerade beliebt. Dieser Rahmen ist de facto auch in letzter Konsequenz eingeschränkt und programmiert, forciert den Spieler aber nur auf einer sekundären Ebene, dem Hauptstrang zu folgen. Durch den systemischen und weniger präfabriziert-gescripteten Ansatz entstehen auch produktive Lücken: Es besteht beispielsweise die Möglichkeit, seinen Charakter bereits im ersten Drittel des Spiels so dermaßen aufzupäppeln, dass aus dem Rest der Reise nur mehr eine reine Sightseeingtour durch die wunderschönen Regionen des Kontinents wird.

Auf eine Leitdifferenz runter gebrochen könnte man sagen, dass der Spieler in der alten Republik eine Geschichte primär nur zu aktualisieren braucht, während er sich bei “Morrowind” selber als Bricoleur eine für sich selbst bedeutungsvolle Story zusammenpuzzlen muss (“Runter gebrochen” deshalb, weil auch Bethesdas Kracher definierte Ziele sowie einen Endpunkt besitzt und keinen rein offenen, simulativen Ansatz wie die Sims-Titel verfolgt.). Für welches Fundament man sich entscheidet, liegt neben ästhetischen Präferenzen und der Frage, wie sehr man sich als Sofakartoffel gerade produktiv als “Co-Autor” des Geschehens einbringen möchte, letztendlich auch in der zur Verfügung stehenden Spielzeit. “Morrowind” braucht den gesamten Kotor-Parcours (bei mir mit einem Umfang von round-about 30 Stunden), um überhaupt in die Gänge zu kommen. Da es sich hier hauptsächlich darum dreht, in welche Richtungen sich der Hauptcharakter entwickelt, sprich, was aus Dir, lieber Leser/Spieler, im Verlauf des Spieles wird, braucht es halt seine Zeit, um veritable Resultate an den Tag zu legen. “Morrowind” bietet locker über 100 Stunden Unterhaltung und die beiden Add-Ons “Tribunal” und “Bloodmoon” legen da locker noch mal ein gutes Pfund drauf. Im Endeffekt präsentiert das “Game of the Year” eine Vielfalt in der Charakterentwicklung, die sonst nur Online-Rollenspiele bieten. Jetzt mag man einwenden, dass in der Netzwelt solch systemische Regeln noch viel emergenter zu Tage treten und ihre kommunikativen Komponenten selbst einen avancierten Vertreter wie “Morrowind” in einigen Jahren zu einem bald vergessenen Übergangsrelikt machen werden. Dies scheint mir richtig und falsch zugleich: Richtig, weil Online-RPGs natürlich eine ganz andere ökonomische, soziale und dementsprechend auch kollaborative Dimension bieten.

Falsch, weil bei Tausenden von menschlichen Einwohnern jeder das gleiche Recht hat, für seine Abogebühr von einem Zehner was Anständiges zu erleben. Da die gesamte Konsistenz der Welt den Bach runter ginge, wenn jedem gar epische Selbstverwirklichungsmöglichkeiten zur Verfügung stünden, sehe ich MMORPGS manchmal eher auf der Ebene einer superdeluxe Chatwelt mit vielen kleinen, primär eben aufgrund ihrer kommunikativen und weniger ihrer klassischspielerischen Dimension faszinierenden, Quests.

“Morrowind” und “Kotor” bleiben für mich weiterhin, jeder für sich auf seine Art und Weise, der spielerische Status Quo des Konsolenrollenspiels. Punkt.

BUB •••••

THE ELDER SCROLLS III: MORROWIND GAME OF THE YEAR EDITION [(XBOX / BETHESDA, UBI SOFT)] Zwei der mit Abstand spannendsten Singleplayer-Rollenspielabenteuer der letzten Jahre auf Konsolen entstammen beide westlichen Gefilden, laufen jeweils auf Microsofts schwarzer Kiste und verfolgen, einigen Gemeinsamkeiten zum Trotz, entgegengesetzte Ansätze: Gemeint sind “Knights of the Old Republic” und, you’ve guessed it, “Morrowind”, welches jetzt in neuer

Wir-feiern-uns-selbst-als-Spiel-des-Jahres-Edition inklusive zweier PC-Add-Ons vorliegt.

Während sich der Spieler in der Star Wars-Extravaganza “Kotor”, wie es von seiner Anhängerschaft gern verniedlichend abgekürzt wird, trotz Freiheiten in Form von Subquests und der innovativ realisierten binären Gesinnungsachse im Wesentlichen an einer festen Storyline abarbei-

MADE IN WARIO (JP.) [(GAMECUBE / NINTENDO)] Anarchie! Getreu dem Grundprinzip des Gameboy-Knallers “Wario Ware Inc” setzt Firmenneugründer Wario auch im Gamecube-Remake “Made in Wario” auf eines: die Reduktion des Spielens auf den alles entscheidenden Moment: den Absprung, den Schuss oder das Ausweichen, gepaart mit einer herrlichen Ignoranz der geltenden

BÜCHER

• = NEIN / ••••• = JA

HRSG.:CAROLIN KURZ - BERLINER STYLE [BOOTH-CLIBBORN EDITIONS LONDON, UK] Es wiegt ungefähr zwei Kilo und enthält etwa sieben Sätze Text. Mehr ist an Erklärungen auch garnicht nötig, den das gewichtige Coffeetable-Buch “Berliner Style” ist so voll mit Bildern, Grafiken, Flyern, Mode, Design und Kunst, dass das Informationsverarbeitungszentrum im Gehirn ohnehin genug zu tun hat. Compiliert hat die illustre Werkschau gestlaterischen Treibens in Berlin die Grafikdesignerin Carolin Kurz, die für eine Weile in London war, und vor kurzem zurück in die preußische Hauptstadt kam. Es geht die Mär, Reisen würde den Blick schärfen - und so ganz falsch kann das nicht sein, denn Frau Kurz hat auch das Layout-Konzept von Jan Rikus Hillmann für die De:Bug entdeckt und geschmeidig zwischen 43 andere Statements platziert - ganz unzweifelhaft wichtig in Sachen Design-Olymp!

Von Aktionen des Chaos Computer Club über die Digi-Pix-Welten von eboy, Poster von Walter Schönauer für Chicks on Speed bis hin zu Comics von Henning Wagenbreth lässt sich entspannte Nachlese betreiben, das ein oder andere “Ach, weißt du noch ...” oder “Das find’ ich ja ganz toll ...” werden fallen, wenn sich Freundinnen und Freunde des guten und urbanen Geschacks an einem Sonntagnachmittag über das bunte Gebinde beugen werden. Nachlese - denn leider ist das meiste dessen, was dort auftaucht, nicht mehr ganz brandneu. 2001, 2002, 2003 sind eben im schnelllebigen Berlin - zumal unter digitalen Bedingungen - schon Äonen entfernt. Fast scheint es, als seien Druckmaschinen keine adäquaten Kommuniakationsinstanzen für das, was flottester “Berliner Style” ist. Schön geworden ist das Paperback dabei trotzdem. Und vielleicht auch so etwas wie das Fotoalbum einer schönen Reise: Eingeklebt und aufbewahrt, für die Nachwelt, die Bekannten im Rest der Welt und alle die, die die Nase nicht die ganze Woche über in den Style-Fibeln stecken haben, sondern an den Sonntagnachmittagen gerne mal ein bisschen was wirklich schönes anschauen... ISBN 1-86154-251-8/ Ca. 35 € ARNE LINDE ••••

lich ein Lehrbuch, aber eine didaktische Aufbereitung von Arbeitsproben aus 50 Jahren, zum Spionieren und Visionieren. EUR 58,00

MANFRED KRÖPLIEN (HRSG.) - KARL GERSTNER - RÜCKBLICK AUF 5 X 10 JAHRE GRAPHIK DESIGN ETC. [HATJE CANTZ] Was den amerikanischen Designern ihr Paul Rand ist, der euch u.a. als Vater des legendären UPSLogos bekannt sein dürfte, ist den deutschen und schweizerischen Designern Karl Gerstner. Der 1930 geborene Gestalter hat die visuelle Kultur seit den 60er Jahren bis heute nachhaltig geprägt. Shell, Swissair und Langenscheidt sind nur drei der prominentesten Identity-Beispiele, die aus Gerstner Hand und Kopf stammen. Diese Werkschau müsste für jeden von Interesse sein, der keine Angst vor Klassikern hat, und sich für die Grundlagen visueller Gestaltung begeistern kann. Obwohl Euphorie nicht wirklich den Gefühlszustand beim Blättern dieses Buches beschreibt. Eigentlich ist es mehr ein Staunen über den klaren Aufbau von vielfältigen Corporate Designs, die Information immer auch als das festmachen, was eine Darstellung verändert, vergrößert, erweitert, eben über den eigenen geschmäcklicheren Tellerrand hinaus. Nicht wirk-

www.hatjecantz.de MIU •••• EUGEN GOMRINGER (HRSG.) - KARL GERSTNER - RÜCKBLICK AUF SIEBEN KAPITEL KONSTRUKTIVE BILDER ETC. [HATJE CANTZ] Obwohl etwas ganz anderes, ist uns dieses Buch viel lieber als der erste Karl Gerstner-Titel. Es ist schreiend aktuell, weil spätestens mit der Welle visueller Java-Applets, wie sie derzeit vor allem mit Tools wie Processing realisiert werden, die Frage nach historischen Vorläufern dieser programmierten, animierten Bilder auftaucht.

Schaut man sich nur ein paar Processing-Beispiele an, so scheint Karl Gerstner tatsächlich der heimliche Hero dieser Bastler-Gemeinde zu sein.

Denn auch er hat Bilder nie im üblichen Sinne entworfen, sondern Algorithmen, Operatoren, aus denen sich weitere Formen entwickeln. Die einzelnen Kapitel zeichnen den Weg der Farb-und Formengebung nach, eingebunden in ein leider ziemlich mausgraues Design. Gelingt es euch hiervon und auch von dem muffigen Kunst-Gestus, der besonders aus den Texten schwappt, abzusehen, werdet ihr euch wundern, wie schnell ihr den heutigen Umgang mit dynamischen Formen im Griff habt. Karl Gerstners weitaus legendäreres Werk “Programme entwerfen” von 1963 findet ihr leider nur noch nach monatelangem Stöbern in Antiquariaten, deshalb greift ruhig erstmal zu dem “konstruktive Bilder-Rückblick”, der gehört zum Handapparat eines jeden Designers. EUR 48,00

www.hatjecantz.de MIU ••••• CODAX PUBLISHER (HRSG.) - WALTER NIEDERMAYR - TITLIS [HATJE CANTZ] Ein Jahr nach Niedermayrs “Zivile Operationen” folgen wir ihm auf den über 3000 Meter hoch gelegenen Schweizer Titlis-Gletscher. Dieses mal konzentriert sich der Blick ausschließlich auf den alpinen Erlebnisraum, dessen strahlendes Weiß die Menschen fast verschlucken würde, wenn sie nicht ihre bunten Ski-Anzüge und Mützen als Signalkleidung tragen würden. Wieder ist es Niedermayrs technisches Auge, dass uns den Massentourismus als Puppenkiste offenlegt, und dabei auch die eigene, subjektive Entscheidung für den jeweiligen Kamerastandort obsolet erscheinen lässt. Dieser Band ist wegen seines speziellen Themas eigentlich nur für Groupies und Kunstwissenschaftler, die die Grenzen der Bilder-Räume vermessen und einordnen wollen. EUR 39,80

www.hatjecantz.de MIU •••• RONAN AND ERWAN BOUROULLEC [PHAIDON] Die Brüder Bouroullec sind die neuen Stars am Interior- und Produktdesigner-Himmel. Überdurchschnittlich talentiert, jung (Jahrgang 1971 und 1976), erfolgreich und mit besonderem Charisma ausgestattet, überragen die beiden Bretonen die oberflächliche Produkte-Welt. Jetzt haben sie die Meilensteine ihrer Projekte zusam-

HARVEST MOON - FRIENDS OF MINERAL TOWN - [GAMEBOY ADVANCE / UBISOFT] Dürfen Spiele das? Dürfen sie uns abhalten von den täglichen Pflichten, Terminen und Verabredungen? Dürfen sie uns derart brüsk in die ländliche Idylle zurück katapultieren, mit der Folge, dass Gedanken über Karottenanbau und -ernte, über die Notwendigkeit, Erz zu schürfen und Holz zu fällen oder auch der tägliche Gang in den Hühnerstall zum Eier sammeln und füttern in unsere Köpfe implantiert werden und von dort aus unser Alltagsleben auf die Probe stellen? Ja, sie dürfen.

Und eigentlich sind wir auch recht froh damit. In recht simpler Draufsichtgrafik stellt der Charme Paradigmen: realistische 3D-Grafik? Drauf geschissen, was für Gameboy reicht, sollte auch auf dem Gamecube sichtbar sein. Story? Warum auch? Doppelbelegung sämtlicher Knöpfe? Einer tut es doch auch. Das aus der Gameboy-Variante bekannte Spiele-Recycling wird hier auf die Spitze getrieben: nur ein paar Multiplayer-Microspiele sind dazu gekommen, der Rest ist vom Gameboy bekannt. Wer also bereits im Besitz von “Wario Ware Inc” ist - und das sollten eigentlich alle vernünftigen Spieler sein - und vorhat, “Made in Wario” hauptsächlich alleine zu spielen, kann sich die Anschaffung getrost sparen. Seinen wahren Reiz entfaltet das Spiel im Multiplayer-Modus, der anarchisch, hämisch, gehässig ist. Wer nicht gerade selbst an der Reihe ist, kann mit seiner Spielfigur über den Bildschirm laufen und die anderen stören, den Moment suchen und die Gegner von der richtigen Aktion ablenken. Unberechenbar auch das Kartenspiel. Während einer spielt, können sich die anderen lustig Karten klauen. Und zur Versöhnung gibt es das gemeinschaftliche Seilspringen, das allerdings unfreundlich wird, sobald jemand einen Sprung vergurkt hat. Dass “Made in Wario” bisher nur in Japan erschienen ist, macht die Konfusion komplett: wir wissen auch nicht, was die verschiedenen Menüpunkte bedeuten, aber irgendwie werden wir schon zum Spiel kommen. Lasse dich von deinem Instinkt leiten.

RYD •••• FINAL FANTASY X-2 - [PLAYSTATION / EA] Trugen die bisherigen Teile der “Final Fantasy”Reihe die etwas schwülstige Schwere von 70erJahre Konzeptalben, so ist “Final Fantasy X-2” hauptsächlich eins: Pop - und das in der japanischen Variante: quietschbunt, albern und durchgeknallt. Hauptdarstellerinnen sind eine Mädchenbande: die aus “Final Fantasy X” bekannten Yuna und Rikku, sowie die neu hinzugekommene Paine. Zusammen sind sie die Gullwings, gemeinsam auf der Jagd nach Spheres - eine Kreuzung aus Videorekorder und Edelsteinen - auf welchen die Vergangenheit des Landes festgehalten wurde. Anstelle eines bedeutungsschwangeren Intros bekommen wir jetzt ein Konzertvideo - mit Vorstellung der Streiterinnen in Schnörkelschrift, verziert mit rosa Herzchen. An die Stelle der dramatisch inszenierten Fabelwesen, die auf Seiten der Guten kämpfen, tritt jetzt der Kleiderschrank: Jedes Kostüm birgt bestimmte Eigenschaften und kann auch gerne im Kampf gewechselt werden. Ebenso frisch und unbefangen das Spielprinzip. Keine rundenbasierten Kämpfe mehr: Gefechte laufen in Echtzeit ab. Das führt ab und an zu einem unübersichtlichen Gewusel auf dem Bildschirm - auch weil die Menüs nicht unbedingt schlank sind - doch bringt es auch einen Schwung ins Spiel, der dem leicht angemufften Prinzip der Reihe gut tut. “Final Fantasy”-Puristen werden sich mit Grausen abwenden, wir anderen dagegen verlieben uns auf der Stelle - aber dann wiederum würden wir ja auch Ulala aus “Space Channel 5” sofort heiraten.

RYD ••••

mengestellt und versuchen damit zugleich eine Genealogie ihrer Designpraxis. Man muss kein Einrichtungsfreak sein, um schon auf den ersten Seiten zu erkennen, dass bei den Bouroullecs das Alltäglich-Bekannte einen Schubs bekommt.

Warum muss sich eine Küche dem Grundriss von vier Wänden anpassen? Viel eher sollte sie frei stehen, modular, variabel und beweglich sein. So schaffen Küchenmodule Raum, statt Wände zu dekorieren. Die “Desintegrated Kitchen” war der Ausgangspunkt für die langjährige Zusammenarbeit mit Guilo Cappellini, DEM italienischen Möbel- und Produkthersteller. Es folgte “Lit Clos”, ein Bett auf Stehlen, halb-geschlossen, halb-offen, ein Raum im Raum sozusagen. Von Beginn an interessiert die Bouroullecs nicht das fertige Produkt, sondern dessen (offener) Funktionszusammenhang. So entwerfen sie nie Einzelstücke, sondern denken in Serie und Variation. Geglückt ist ein Entwurf dann, wenn sich der Gegenstand aus dem ursprünglich vorgesehenen Gebrauchskontext löst und dem Designer die Regeln der Verwendung aus den Händen rutschen. Ganz so, als ginge es im Entwerfen von Formen um ihre Vorläufigkeit, darum, die Bedingung der Möglichkeit von Formen überhaupt zu generieren. Am deutlichsten tritt diese Arbeitsweise in den “Templates” zu Tage. So nennen die Bouroullecs frei-skalierbare Stücke, die allesamt den selben Skizzen entwachsen und für verschiedene Auftraggeber zeitgleich ausgedacht werden. Das Prinzip der “Clouds” z.B. taucht sowohl in den beweglichen, organischen Wandmodulen, als auch in Ohrringen und Haarreifen auf. Wenn eine solche Übertragung gelingt, ist die Formstudie, die meist auch Experimente mit Materialien beinhaltet, geglückt. Und selbst wenn die Bouroullecs freie Stücke ganz ohne Auflagen für die Kreo Gallerie in Paris realisieren, bleiben sie nicht an Deko-Objekten kleben. Mit ihren “Stones” formen sie den Zustand fließender Definitionen und fangen Zustände des Unfertigen ein. Mit ein wenig Abstand wird klar, dass das Buch wie ein schönes Märchen über zwei prinzengleiche Jungs mit außergewöhnlichen Visionen gestrickt wurde. In diesem Fall ist es egal, und wir schliessen wir freiwillig die Augen und folgen blind der Legende von einer Welt mit anderen Gesetzesmäßigkeiten.

MIU ••••• SOPHIA VYZOVITI - FOLDING ARCHITECTURE, SPATIAL, STRUCTURAL AND ORGANIZATIONAL DIAGRAMS [BIS PUBLISHERS] So gern wir auch Pixel rücken und Vektoren verzerren, die Formgebung geht manches Mal nicht über die Möglichkeiten der Software hinaus. Ein Blatt Papier hilft da vielleicht aus der Klemme, jedenfalls in Zwischenstadien des Designs. Als der Architekt Greg Lynn vor über 10 Jahren den Sammelband “Folding in Architecture” herausbrachte, gab er der Entwurfslehre einen völlig neuen Anstoß. Seitdem wird gefaltetes Papier mehr und mehr zum Materialträger von Ideen und Entwürfen. Statt aufwändige und teure Modelle herzustellen, greifen auch die prominentesten Architekten (siehe Rem Koolhaas Entwurf für die “Bibliotheques Jussieu” oder Diller + Scoffidio’s “Eyebeam Museum for Art and Technology”) zu diesem Werkzeug. Sophia Vyzoviti hat ihre Erfahrungen in der Entwurfslehre an der TU Delft, Arbeit-

von Harvest Moon auf dem Gameboy - wie schon früher auf Gameboy, SNES und Playstation - die Sorge um das Wohlergehen des eigenen digitalen Hofhundes in Windeseile über alle anderen Bürgerpflichten. Die pittoreske Bauernhofidylle nun aber in Farbe und umfangreich wie damals auf der Konsole in der Jackentasche verstauen zu können, ist geradezu beängstigend, andererseits natürlich ein wunderbar-hedonistischer Zustand.

Nach einer gewissen Anfangsratlosigkeit was denn nun zuerst zu tun sei und sich am Besten für die schnelle Blüte unserer kleinen Farm auswirke, finden wir uns rasend schnell zurecht in dieser schnuckeligen Betriebswirtschaft. Überflüssige Statistiken, Info-Grafiken etc. überlassen wir lieber Powerpoint oder den drögen Wirtschaftssimulationen, denn Harvest Moon geht es nicht um Zahlen, sondern in gewisser Hinsicht um ein Lebensgefühl; so verbleibt dieses Modul am ehesten zwischen verniedlichter Version der mit Landluft geschwängerten Dorfkultur und Sinnstiftung durch den eigenen Hof samt einer gehörigen Portion protestantischer Arbeitsethik ... und überzeugt damit auf ganzer Linie. Zwar weist die Übersetzung hier und da ein paar Schnitzereien auf, auch darf das Spielziel, nach 30 Spieljahren - die in 4 Jahreszeiten à 30 Tage vorübergehen - eines der im Dorf herumwuselnden Mädchen durch Geschenke so weit zu kriegen, das Alter Ego zur Frau zu nehmen, in diesen unseren Gendersphären mehr als einfach nur auffallen. Doch summa summarum bleibt es ein feines Spiel, mit dem ehemals Nicht-Spieler ebenso Spaß haben werden wie die Hardcore-Fraktion, die um einen neuen Harvest Moon-Teil eh nicht rum kommen dürfte.

BOB ••••• MEGAMAN X7 - [PLAYSTATION 2 / CAPCOM] Vielleicht war es ja so: Vor zwei Jahren saßen alle Capcom-Leute um einen Tisch, jemand rief “Wie wäre es, wenn wir mal das Genre des 2D-Sidescroll-Prügelshooter wiederbeleben”, alle stimmten zu, liefen zu ihren Computern und programmierten um die Wette. Dann kam das eine Team mit “Viewtiful Joe” an und hatte ein Meisterwerk geschaffen und die anderen hatten eben nur “Megaman X 7” zusammengestoppelt, das aber trotzdem irgendwann veröffentlicht wurde, um ein bisschen von den Produktionskosten wieder reinzuholen. Aber ach, die Megaman-Serie ist eine der ältesten und die 7 im Titel deutet eben auf

sergebnisse und Vorgehensweise ihrer Studenten nun in einem kleinen Büchlein herausgegeben. Folding Architecture eignet sich als Einführung für den kreativen Jedermann, da zunächst alle möglichen Falt-Techniken benannt und mit Beispielen vorgestellt werden, um dann auch die Fortführung hin zu räumlichen Diagrammen, Plänen und Strukturen aufzuzeigen. In dem kurzen, aber präzisen Schluss-Essay spannt Sophia Vyzoviti den Bogen hin zur Philosophie und referiert auf Deleuzes’ “Die Falte - Leibniz und der Barock”. In diesem Buch steht mehr über das Potential digitaler Werkzeuge als in manchem Software-Handbuch oder Medientheorie-Schinken, glaubt es mir. EUR 12,00

www.bispublishers.nl MIU ••••• MANUEL GAUSA, VICENTE GUALLART, WILLY MÜLLER (HRSG.) - HICAT - RESEARCH TERRITORIES [ACTAR] Barcelona, das Zentrum Kataloniens, hat viele Verehrer - auch in der Architektenzunft. Nicht nur die geglückte Umstrukturierung der Stadt in den letzten Jahren beweist, dass hier viele Raumplanungs-Ideen die ganze Region regelmäßig aufwirblen. Jedenfalls ist das Anliegen einiger ansässiger Architekten und Stadtplaner, die Zukunft Kataloniens unter die Hand zu nehmen, besonders ausgeprägt. “hiCat” - HiperCatalunya ist ein mehrmonatiges Forschungsprojekt, das die Chancen und Möglichkeiten Kataloniens mit finanziellen Aufwand, institutioneller Unterstützungen und vor allem neugierigem Engagement katalonischer und internationaler Raumplaner ausgelotet hat. Die Ergebnisse wurden im Herbst 2003 der Öffentlichkeit in einer Ausstellung präsentiert. Nun ist endlich die englische Ausgabe des Katalogs bei Actar erschienen. Katalog klingt eigentlich zu belanglos, denn das zwei Bände umfassende Kompendium gehört inhaltlich und visuell zum Must-Have eines jeden Zukunftsforschers. Der 1. Band bereitet das operative Framework auf: Zahlen, Statistiken, Fakten über die Region, gepaart mit entsprechenden Fragestellung zur Bevölkerungsentwicklung, dem Wirtschaftsstandort, Finanzmärkten, Mobilität und Information - kurz um, alles, was ein Territorium des 21.

Jahrhundert ausmacht. Den Grafik-Designern ist es zu verdanken, dass diese numerischen Größen vorstellbare und handhabbare Ausmaße bekommen. Die Grafiken sind nicht nur zu entziffern, es macht riesen Spaß sie zu lesen und die Meta-Daten-Ebene Kataloniens zu bereisen. Mit diesem Vorwissen im Gepäck greift man dann zum nächsten Band und staunt nicht schlecht, was die Profis mit diesem Material angestellt haben. Diese “Multilayered strategies, surveys and proposals” haben insgesamt 26 allesamt aktuell relevante Büros entwickelt (u.a. West8, UN Studio, NL Architects, MVRDV, Cloud 9, Roche & Sie). Obwohl die Themenfelder “Geographies and Logistics, Networks and Systems, Habitats and Cultures” und deren Analyse komplex und sperrig erscheinen, helfen Begriffe und visuelles Instrumentarium, den einzelnen “Lösungsansätze” nachzugehen. Mal konkrete Umbau-Massnahme mal Utopie, die Vorschläge, Beschreibungen, Dokumentationen und Methodiken der einzelnen Gruppen geben einen fundamentalen Einblick in die Kon-

diese Tatsache hin. Die schöne Geschichte kann also nicht wahr sein. Um so unverständlicher, warum man uns billigste 16-Bit-Ästhetik ohne jegliche reflexive Ebene serviert, ein Leveldesign, wie es stumpfer kaum sein könnte, und oberpeinliche “3D”-Phasen, in denen man nur noch zwei Schritt um die Spielfigur sehen kann und völlig verloren ist. Ewig lange Diashow-Cutscenes mit Tickertext, die man nicht wegklicken kann und die immer und immer wieder neu starten, wenn man an einem Punkt gescheitert ist, runden das schlechte Gesamtbild des Spiels ab. “Megaman X 7” sieht so aus und fühlt sich so an, wie ein Spiel, das in einem drittklassigen Hollywoodfilm als Requisite für jugendliche Abhänger verwendet wird. Könnte allerdings auch von Itchy & Scratchy in den „Simpsons” gespielt werden. Für einen billigen Lacher also gut, aber das Geld eigentlich nicht wert.

MWM •• I-NINJA - [PS2 / NAMCO, SONY] Auch wenn sich die Videospielschreiberlinge dieses Blattes nahezu alle auf bonbonfarbene Jump’n Runs einigen können, beschleicht mich das Gefühl, dass solche Titel beim Gros der Kids zumindest ästhetisch nicht gerade ihre Blütephase der Popularität erleben. Im jugendlichen Alter, dem immer noch die meisten Spieler entstammen, sammelt man mit seinem Medienkonsum gerne mal Distinktionsgewinne, gegenüber anderen oder gar den eigenen Faves des Heranwachsens. „Realistische” Videospielkost zeigt, wie toll erwachsen man doch schon geworden ist. Dass gerade solche Titel das genaue Gegenteil vom derzeit ökonomisch ach so gesuchten „AdultContent” sind, merkt man dann erst wieder später. Anyway, Fakt ist: Die Verkaufszahlen von Sly Raccoon, Mario & Co gingen in der letzten Jahren so sehr den Bach runter, dass es nur am Spielerischen allein nicht liegen kann. Ein aktuell gerne angewendeter Lösungsweg, den man auch in den einschlägigen Fernsehcartoons beobachten kann, scheint, die bunte Welt des Comics mit halbstarken Sprüchen aufzupäppeln. Also weg vom reinen Friede, Freude, Eierkuchen á la Disney und Nintendo hin zu vermeintlich antiautoritären Schenkelklopfern. Das diese meistens wie auch im vorliegenden Exempel von „I-Ninja” eher nerven, als wie z.B. beim immer noch genialen „Conkers Bad Fur Day” (Rare, N64) anarchisch die Konventionen zu brechen, scheint auf der Produzentenseite kaum jemand zu merken. Also englische Sprachausgabe an, damit die debilen Dialoge weniger ins Gewicht fallen und rein ins Getümmel: I-Ninja nimmt sich Spielideen aus ca.

15 verschiedenen Titeln von Sonic bis zu „Super Monkey Ball”, rührt sie gut durch und fertig ist der Gemischtwarenladen der Geschicklichkeitsspiele. Das Gameplay erreicht zwar in keiner Weise die Tiefe von großen Nintendo- und Raretiteln, ist aber immer gerade so abwechslungsreich, dass man nicht anfängt, sich zu beschweren. Ein Kessel Buntes, auf Musik bezogen würde man jetzt sagen „von Abba bis Zappa”, die Greatest Hits of Platform-Gameplay von den 70ern bis heute. Sehr kurzweilig und bis auf die nervigen Sprüche obendrein auch noch charmant inszeniert, aber Wege aus der Krise zeigt auch Namcos kleiner Ninja keine auf .

BUB •••-•••• WHIPLASH - [PLAYSTATION 2 / EIDOS] O.K., O.K., man kann also in Jump-and-Run-Derivaten nicht mehr ohne ein Duo auskommen. Banjo & Kazooie, Jak & Daxter, Ratchet & Clank und jetzt also Redmond & Spanx. Und auf den ersten Blick, beziehungsweise mit den Augen eines Entscheidungsträgers der Gamesindustrie gesehen, geht “Whiplash” diesen Topos auch mit bestechender Konsequenz an. Zwei Versuchstiere, die

struktion von Wissen, Information und Raum.

Egal wieviele Wolkenkratzer-Kitas und Unterwasser-Altenheime Barcelona noch bekommen wird, hiCat hat es vorausgesehen. EUR 58,00

www.actar.es MIU ••••• WILLIAM J. MITCHELL - ME++ THE CYBORG SELF AND THE NETWORKED CITY 2003 [MIT PRESS] Nein, ich habe die “City of Bits” und “E-topia” von Mitchell nicht gelesen, obwohl diese mit “ME++” als inoffizielle Trilogie über die Veränderungen für Raum und Zeit durch digitale Technologien gesehen werden. Aber auch ohne dieses Vorwissen hat mich ME++ sehr gut unterhalten. Mehr noch, das Buch ist von der Sorte kompakter, gut recherchierter Überblick, der dank vielfacher Verweise auf Vordenker, Paralellkonzepte und Standardwerke nicht wirklich zu kurz ausfällt. ME++ beschreibt die Eigenschaften und Auswirkungen drahtloser Technologien für den Einzelnen, welcher sich statt durch den ausgedehnten Raum bewegt, nun in Verbindungen von Ort zu Ort beamt. Welche Veränderungen das im alltäglichen Leben mit sich bringt, verpackt Mitchell in manchmal gewagten Beschreibungen möglicher zukünftiger Arbeitsverhältnisse und technologischer Devices. Als Ausgangspunkt für weitere Sondernachforschungen der Phänomene Präsenz, Ereignis, Flüchtigkeit im Zusammenhang mit urbanen Strukturen in jedem gut Fall geeignet. EUR 25,25

www-mitpress.mit.edu MIU ••••• MARK STEPHEN MEADOWS - PAUSE & EFFECT. THE ART OF INTERACTIVE NARRATIVE [NEWRIDERS] Interaktives Geschichtenerzählen gilt als einer der heiligen Grale der Digitalität. Viele, nennen wir sie der Einfachheit halber immer noch Autoren, versuchen seit der Hyperfiction oder den ersten Textadventures, Formen der Partizipation mit non-linearer bzw. besser: multilinearer Narration durch das Medium Computer zu koppeln.

Am Ende dieser Idee strahlt die Utopie des Holodecks, einer gleichzeitig völlig immersiven wie interaktiven Technologie des Storytellings. Soweit die Theorie. Dass in der Praxis der letzten Jahre dabei viel Mumpitz rumgekommen ist, lassen wir jetzt mal ebenso gnädig beiseite wie den Fakt, dass nicht wenige dem Ganzen zwar ein enormes Zukunftspotential zusprechen, kaum jemand aber einen Clou hat, wie die schöne neue Geschichtenwelt eigentlich aussehen soll. Mark Stephen Meadows versucht dem Phänomen etwas genauer auf den Grund zu gehen und schafft mit seinem Buch so etwas wie einen, übrigens toll bebilderten, XXL-Essay, der mit seinen Ausführungen zur Rolle der Perspektive oder dem seiner Meinung nach dominanten Status des Visuellen, Geschichten Schaffende jeglicher Couleur inspirieren will, über den Schatten der eigenen Tradition zu springen. Mehr als ein Imaginationstrigger will “Pause&Effect” mit seinen vielen Querverweisen z.B. zur Architektur scheinbar leider nicht sein, denn auch Meadows geht über ein reines Konturenzeichnen der “Interactive Narratives” nicht hinaus. Das hört sich jetzt vielleicht

aus einem Forschungslabor fliehen und dabei sowohl die Einrichtung kaputtmachen wie ihre Leidensgenossen befreien müssen, aneinander gekettet nicht nur durch ihr Schicksal (beziehungsweise den Gamedesigner) sondern auch ganz konkret: “Flucht in Ketten” als Zeichentrickfilm, kein schlechter Ansatz. Es wird aber auch ein grundsätzliches Problem dieses Ansatzes deutlich. Denn meine Identifikation als Zuschauer findet mit dem Sidekick statt, dem schwächeren, aber intelligenteren Partner des Duos, der unter dem Aktionismus des Stärkeren zu leiden hat: Stan Laurel bei „Laurel & Hardy”, Herbert Feuerstein bei “Schmidteinander”, oder eben hier der an der Kette herumgeschleuderte sprechende Hase Redmond. Anders als im Film oder im Fernsehen muss ich beim Spiel aber auch noch den Handlungsträger führen, mich also auch mit diesem identifizieren, und das lässt das filmische Empathiesystem ziemlich aus den Fugen geraten.

Der Sidekick nervt nur noch und ist bestenfalls ein quasselndes Stück Inventar. Den Entscheidungsträgern, die nur Cutscenes zu sehen bekommen, kann das nicht auffallen. Einem Spieler schon.

MWM ••• PRINCE OF PERSIA - THE SANDS OF TIME [GAMECUBE / UBISOFT] Die Branche munkelt, Ubi Soft habe ein gelinde gesagt nicht so gutes Weihnachtsgeschäft 2003 hinter sich. Das, soviel Fürsprechen muss erlaubt sein, aber ziemlich zu unrecht. Da war einerseits der präsentationstechnisch exzellente, spielerisch hoch spannende, wenn auch etwas zickige

Comic-Egoshooter XIII, andererseits der knuffige Genremix Beyond Good & Evil. Der dritte Smasher im Bunde kommt ebenso wie das letztgenannte diese Tage erst auf XBox und Gamecube heraus, sollte aber jedem noch einmal wärmstens empfohlen werden: Selten waren so schmoowe Animationen in so feinem Ambiente zu bewundern, selten hat man sich ob der Präsentation am Bildschirm derart in einem Märchen wie Tausend und eine Nacht gefühlt. Die Knobeleinlagen unterbrechen Gehüpfe und Schwertkampf in den richtigen Intervallen, ohne dass Langeweile aufkommt. Und die Innenarchitektur der Level darf ohne Übertreibung als pfiffig und atemberaubend zugleich gelten. Der Sound klingt in manchen Zwischensequenzen zwar nach unterhalb der 64 Kbps komprimiert, was an fehlenden Ressourcen im Cube liegen mag, vielleicht aber auch nur für eine nicht ganz so saubere Portierung spricht. Ansonsten bleibt die Empfehlung bestehen: Ein großes Abenteuer im Orient, das sich wunderbar mit der Vorlage, dem Klassiker aus der Heimcomputer-Ära, verträgt.

BOB ••••-•••••

schlimmer an, als es tatsächlich ist, denn die Blaupause im engeren, oder das künstlerische Vokabular des “Genres” im weiteren Sinne hat sich ja noch gar nicht herausgebildet. Oftmals tritt Meadows leider in ähnliche Fettnäpfchen, in die viele Hypertextapologeten vor 15 Jahren schon einmal getappelt sind: Texte in analoger Manifestation erscheinen ihm linear, statisch und uniform, das Digitale dagegen kommt richtig dufte nonlinear und dynamisch daher. Dieser blinde Fleck sei ihm verziehen, schließlich beobachtet Meadows eine Szene, deren Teil der Autor selber ist. Das Buch gewinnt mächtig durch viele Bonusinterviews mit so unterschiedlichen Leuten wie z.B. Scott McCloud (“Comics richtig lesen”), den Machern und Spielern vom Netzmarketing-Game zu Spielbergs “A.I.”, der “Banja”-Crew aus Frankreich, Marcos Novak u.v.m. Seine Gesprächspartner kommen aus den verschiedensten Feldern, verfolgen ebenso differente Ansätze und machen “Pause&Effect” schließlich doch noch zu einem halbwegs spannenden Buch, welches das junge Terrain immerhin rudimentär kartographiert. Wer es allgemein entweder gerne etwas praxisgerecht-handfester oder andererseits theoretisch versierter liebt, greift besser zu etwas anderem, für die Meute dazwischen ist “Pause&Effect” vielleicht sogar ein kleiner Glücksfall.

257 Seiten, 45 $ BUB •••-•••• STEFAN RIEGER - KYBERNETISCHE ANTHROPOLOGIE [SUHRKAMP] Steuerung, Regulierung, Rückkopplung: Zwischen Luhmanns Systemtheorie, Friedrich Kittlers Aufschreibesystemen und Michel Foucaults “Technologien des Selbst” durchforstet dieses Buch historische wie experimentelle Apparaturen oder Theorien und stellt zwischen Hochfrequenzkinematographen, Abtastalgorithmen, Fliehkraftreglern oder Wurfapparaten und theoretischen bzw. philosophischen Konstrukten her.

Ein dickes Buch, eine materialreiche Studie, die geschickt dem klassischen Gegenüber von Mensch und Maschine entkommt, indem sie davon ausgeht, dass Menschsein immer einen Entwurfcharakter hat, zu dem Medien ihren Teil beitragen. Also kein Gegeneinander, sondern ein Miteinander, das je nach spezifischer Konstellation in ein “Bild vom Menschen” mündet. Diese “virtuellen” Bilder des Menschen untersucht Rieger in seiner kybernetischen Anthropologie. In gewisser Weise verfolgt Rieger damit das historische Apriori unserer Moderne, in der die anthropomorphe Ausrichtung der Technik von einer technomorphen Ausrichtung des Menschen begleitet wird. Geschickt setzt er sich so auf jene Stelle, von der aus es möglich ist, den von Kittler in die Geisteswissenschaften eingebrachten technischen Diskurs mit einer Figur des Menschen zu versöhnen, die sich mit Foucault längst schon von einem ontologischen Wesen verabschiedet hat. Sowohl die Medientheorie als auch die Anthropologie geraten damit wieder in Bewegung. Das wurde auch langsam mal Zeit.

www.suhrkamp.de MERCEDES ••••

<47> - DE:BUG.81 - 04.2004

GAMES

BZZZZSSSSSST! DUNKEL! WARUM? <48> - DE:BUG.81 - 04.2004

DE:BUG PRÄSENTIERT BERNHARD FLEISCHMANN & CONTRIVA

STONESTHROW & ILLMINDMUZIK TOUR

Eine Groovebox auf Reisen. Auch wenn Bernhard Fleischmann mittlerweile Verstärkung durch einen Rechner bekommen hat, ist die Silberbox von Roland nach wie vor tragendes Element seiner wundervollen Wiener Knittertracks. Support kommt von unserer Lieblingsband Contriva. Hingehen und und mitplöckern. Groovebox-Besitzer zahlen die Hälfte. Naja ...

Rhymes kicken statt Steine schmeißen mit den frischesten MCs der Westküste. Dudley Perkins singt für Blumen, Wildchild, Oh No und Medaphoar rappen für die Party, DJ Romes scratcht für die Ewigkeit. Bessa net verpasse!

01.04. - ZÜRICH (CH), DYNAMO / 02.04. - MÜNCHEN, RING DI ALARM @ BACKSTAGE / 03.04. - AARAU (CH), FLÖSSERPLATZ (+ JUNGLE BROTHERS) / 04.04. - DÜSSELDORF, UNIQUE / 05.04. - KASSEL, SPOT (+ PERVERTED MONKS / AFU RA) / 09.04. - AMSTERDAM (NL), PARADISO / 10.04. - STUTTGART, ALTES ZOLLAMT / 11.04. - MANNHEIM, LAGERHAUS / 12.04. - BERLIN, WMF

07.04. KÖLN, STUDIO672 / 08.04. LEIPZIG, CONNE ISLAND / 09.04. ESSEN, HOTEL SHANGHAI / 10.04. HAMBURG, WESTWERK / 11.04. BERLIN, BASTARD / 13.04. DARMSTADT OETTINGER VILLA / 14.04. STUTTGART, SCHOCKEN / 15.04. MÜNCHEN, HARRY KLEIN / 18.04. ZÜRICH, BOGEN 13

CAMP MUSIC FESTIVAL 14.-16. MAI 2004

FINLANDIA FRESH STYLES JEFF MILLS, DERRICK CARTER & DE:BUG

Aus der Krise lernen. Beim "Camp Music Festival" rücken die Konstanten der elektronischen Musik näher zusammen. Labels und Künstler, Fans und Veranstalter versammeln sich zum definitiven Meet & Greet. Die Zeiten sind zu hart, um über seinen eigenen Tellerrand nicht hinauszuschauen. Labels informieren an Ständen über ihre Aktivitäten, Künstler spielen sich in Showcases die Seele aus dem Leib, Veranstalter gründen neue Allianzen und die Fans kommen aus dem Staunen nicht mehr raus. Auch Debug hostet fünf frische Label und ihre Musik. Be there!

Die Sause geht weiter. Finlandia hat in diesem Monat mit Mills und Carter wieder Hochkarätiges auf dem Hochprozentigen kleben. Klar, dass die Debug da auch mit einer eigenen großen Party dabei ist. Für ausreichend Eis ist gesorgt. Ab! JEFF MILLS: 16.04 HAMBURG, WAAGENBAU / 28.04 BERLIN, WMF / 14.05 MÜNCHEN, WORLDLEAGUE IN DER BADEANSTALT / DERRICK CARTER: 16.04 FRANKFURT / MAIN, MONZA / DE:BUG - SIEBEN JAHRE WELTREKORD! 02.04. BERLIN - KINO INTERNATIONAL FEAT. KRIKOR (LIVE), BRETT JOHNSON, JESPER DAHLBÄCK, MARC SCHNEIDER, BLEED. TEXTONE NETAUDIO-LOUNGE MIT JAY HAZE, MIKAEL STAVÖSTRAND (LIVE), ROBERT LIPPOK (LIVE), YOUNG THADDEUS

MOTOPARK OSCHERSLEBEN - GOLDFRAPP, INTERNATIONAL PONY, FUNKSTÖRUNG, AIR LIQUIDE, SVEN VÄTH, RUSH, JOSH WINK, VICTOR DUPLAIX UND MEHR, MEHR, MEHR VON DIESER GÜTE! CHECK://WWW.CAMP-MUSIC.DE

JASON FORREST AKA DONNA SUMMER

SENDER AUF TOUR

Support: MR MRKS / Ein Mann, ein Sample. Jason Forrest zerlegt alle Lebenszeichen aufgezeichneter Musik in Fragmente und setzt seinen Boller-Bausatz immer frisch zusammen.

Benno Blomes PS-starker Technotross macht sich zum 4-jährigen Jubiläum mit voller Knarz-Ölung auf, um das romantische Brett über euren Köpfen zu schwingen. Ihr werdet's überleben und euren Enkeln davon berichten.

09.04. BERLIN, BASTARD (+ PATRIC CATANI) / 10.04. DRESDEN, SCHEUNE (+ NOIZE CREATOR) / 14.04. KARLSRUHE, ZKM (+ DJ LITHOPS, VERT, SCHLAMMPEITZIGER, FRANK DOMMERT) / 15.04. MÜNCHEN, REGISTRATUR / 16.04. ZÜRICH, BOGEN 13 / 17.04. CHDÜDINGEN, BAD BONN (+ VERT, SCHLAMMPEITZIGER) / 18.04. RAVENSBURG, DOUALA / 19.04. KONSTANZ, THEATERFOYER / 20.04. NÜRNBERG, K4 / 21.04. INNSBRUCK, WORKSTATION / 25.04. GRAZ, POPCULTURE / 26.04. WIEN, RHIZ / 27.04. STUTTGART, SCHOCKEN / 28.04. KÖLN, KULTURBUNKER MÜLHEIM (+ ALEJANDRA & AERON) / 29.04.

HAMBURG, HAFENKLANG (+ THEPRODIGY)

03.04. MARIA, BERLIN (BASTEROID/KONKORD/METOPE LIVE, JAKE FAIRLEY LIVE, BENNO BLOME, CARSTEN JOST, PETER GRUMMICH) 16.04. TANZHALLE, HAMBURG (KONKORD LIVE, BENNO BLOME) 23.04. KUNSTWERK, KÖLN (METOPE/KONKORD/BASTEROID LIVE, JAKE FAIRLEY LIVE, BENNO BLOME) 24.04. DOORNROOSJE, NIJMEGEN (BENNO BLOME) 24.04. PAPIERFABRIK, BURG STARGARD (JAKE FAIRLEY) 30.04. DEPOT, TÜBINGEN (BABY FORD, BENNO BLOME) 01.05. HARRY KLEIN, MÜNCHEN (BABY FORD, BENNO BLOME)

DETROIT GRAND PUBAHS

7 JAHRE DE:BUG - WELTREKORD!

Ja, auch wir wollen wissen, wo man die feschen Schlüpper von Black Fu kaufen kann. Vielleicht gibt es auf der Tour ja nochmal die Gelegenheit, dem guten Mann in die Büchs zu spicken. Aber auch in L.O.G.G. wäre klar: 2004 wird das Jahr der Pubahs. Ganz sicher. Mit ihrem neuen Album "Galactic Ass Creatures from Uranus" geht das musizierende Bootytechno-Kabarett auf Tour, um die Dancefloors mit ihrem zotig-debilen Humor und einer Wagenladung x-rated Funk zu salben.

Über sieben Brücken musst du gehen, sieben dunkle Jahre überstehen. Nach "5 Years On Acid" (wer sich erinnert, war nicht da) nun sieben volle Jahre auf die Zwölf. Debug, die elektronische Lieblingszeitung, ist immer für euch da. Geburtstage muss man feiern, wie sie fallen. Zusammen mit Finlandia Vodka haben wir diverse internationale Flüge geblockt, einzig und allein, damit ihr rockt. feat.: Krikor (live), Brett Johnson, Jesper Dahlbäck, Mark Schneider, Bleed. Texttone Netaudio-Lounge mit Jay Haze, Mikael Stavöstrand (live), Robert Lippok (live), Thaddi Herrmann

02.04. BERLIN, MARIA / 03.04. ESSEN, HOTEL SHANGHAI / 24.04. LEIPZIG, DISTILLERY

02.04. BERLIN, KINO INTERNATIONAL

TERMINE IM APRIL

DEADLINE FÜR DIE MAI AUSGABE 14.04.2004 / DATES@DE-BUG.DE

TOUR ............................................................................. BERLIN - LOVELITE. 09.04. - Fangkiebassbeton, Caynd, Basti Zett, Shir Kahn, Kiwi, Andrew Pekler 5 JAHRE DOXA: HOMETRAINER, PITCHTUNER, FREDERIQUE MING. 07.04. - Hamburg, Weltbühne / 08.04. - Berlin, BERLIN - MAGNET. 28.04. - Milimetrik (live), Ulrich Schnauss Lovelite / 09.04. - Dresden, Scheune / 10.04. - Leipzig, Ilses (live), Valis Erika BERLIN - MARIA. 02.04. - Detroit Grand Puh Bahs (live), SteCOKE DJ-CULTURE PRESENTS: GEORGE MOREL & DJ MO- ve Bug, Clé, Phonique / 03.04. - Jake Fairly, Konkord/ BaHAN. 15.04. - Berlin, Casino / 16.04. - Hamburg, Mandarin Ka- steroid/ Metope, Carsten Jost, Benno Blome, Peter Grumsino / 17.04. - Köln, Appartment / 22.04. - Leipzig, Club Velvet mich, Ms Elbe / 08.04. - Panaceam Marusha, M-Trick + / 23.04. - München, Funky Kitchen / 24.04. - Frankfurt / Main, Switch, Dose D + MC Wuzi Khan, Witez, Teenz, Rescue, MC U 60311 Massiw Le Ghaze / 10.04. - Robots In Disguise (live), I Am X Live (lie), Sex In Dallas (live), Client DJ-Team, Mr. Freeze, Preed LALI PUNA. 17.04. - München, Bayerischer Rundfunk / 23.04. / 11.04. - Moderat, Timtim, Housemeister, Sascha Funke, Kiki, - Luzern, Boa / 24.04. - Fribourg, Frison / 25.04. - Genf, Lusine Skate, Safety Sissors / 17.04. - Andre Galluzzi, Graziano Avitavile / 24.04. - Wolle XDP, Boris, Tyree, Naughty / 29.04. - NinMúM. 14.04. - Schorndorf, Manufaktur / 15.04. - Köln, Gebäu- ja Tunes - Coldcut (live), Hexstatic, Strictly Kev aka DJ Food, de 9 / 16.04. - Heidelberg, Karlstorbahnhof DK / 30.04. - Le Hammond Inferno, Stereo De Luxe, ED 2000 & Vela PERVERTED MONKS FEAT. AFU RA. 01.04. - Berlin, Kesselhaus / 03.04. - Wil, Remise / 07.04. - Braunschweig, Jolly Joker BERLIN - PAX. 03.04. - Meat Katie, Sanny Dee, Elbee Bad, / 08.04. - Hamburg, Phonodrom / 10.04. - Mattsee, Postkut- Namtrak sche BERLIN - PFEFFERBANK. 03.04. - Silvie Marks, ND_BauTELEMEN. 08.04. - Berlin, Pfefferbank / 10.04. - Bad Kloster- mecker, Ruede Hagelstein, Carsten Klemann lausnitz, Muna / 17.04. - Cottbus, Schallwerk BERLIN - POLARTV. 03.04. - Zombi Nation/ John Stralight, VADIM, WOODY, BLU RUM13, YAHRAH BRAVO. 01.04. - Woody, Haito, The Jetset aka Steff Deiniger und Christian Köln, Subway / 02.04. - Jena, Cassablanca / 04.04. - Wein- Schiller / 10.04. - Tiefschwarz, Phono, DJ Kaos, The Strike Boys heim, Cafe Central / 07.04. - Bremen, tba / 10.04. - Nürnberg, / 11.04. - Carl Craig, Woody, Der dritte Raum (live), Anja Desi / Schneider, Philip Bader, Brian Cares, Peak / 17.04. - Kevin Saunderson, Damian Lazarus, Kiki, Silversurfer ON THE FLOOR ...............................................................

BERLIN - STERNRADIO. 02.04. - Philip Bader, Brian Cares, AUGSBURG - KEROSIN. 03.04. - Raumagent Alpha (live), Ge- DJoker Daan / 02.04. - Karotte, Mohan, Daniel Sunn / 04.04. brüder Teichmann, Tobias Schmid / 17.04. - Eorbique (live), - Frederic, Maringo, Matic, Vipe / 08.04. - Sammy Dee, Mitja Stefan Sieber, Sebastian Seibold Prinz, Tama Sumo, Noise, Abteilung Ton (live) / 09.04. - Mike Vamp (live), Clé, Martin Landsky / 10.04. - Laudert (live), MiBAD KLOSTERLAUSNITZ - MUNA. 10.04. - Kitbuilders (live), chi Noiser, Toby Dreher / 11.04. - Teil I: Frank Stone, Calvin Telemen (live), M.A.N.D.Y., White Horse Bosco, Waikiki & Funkadelic, Thomson / 11.04. - Teil 2 Daniel Dreier, Frederic, Chris Holden, Mat Diaz, Gunnar Stiller / BERLIN - 12|34. 10.04. - Sondermann, M.Path.Iq, Sidewinder / 16.04. - Housemeister, MC Wuzi Khan, Gianni Vitiello / 17.04.

16.04. - Phonique, Dave DK, Tigerskin aka Korsakow (live) / - Saint Remy, Duplex 100, P.Toile / 18.04. - Cinthie & Naked, 24.04. - Bleed, Felix K, Wan2, M.Path.Iq, MC Massiw Le Gha- Bürger P., Chris Holden, Daniel FX / 23.04. - Haito, Diringer / za 24.04. - Gebrüder Teichmann (aka HA.TE und Andi Orange) plus Live Act / 25.04. - Tanith, Mat Diaz, Daniel Boon, S-Tee / BERLIN - APOLLO SAAL. 03.04. - Shantel / 23.04. - To Rococo 30.04. - Sascha Funke, Mitja Prinz Rot (live) BERLIN - VOLKSBüHNE. 09.04. - Le Tigre BERLIN - AUSLAND. 28.04. - Kim Cascone (live), TIm Tetzner BERLIN - WATERGATE. 02.04. - Metro, Defraq & Scamp & BERLIN - CASINO. 10.04. - Adam Freeland, Smash FX, Arzt & White MC, Flowpro & MC Santana, Flare 5 & MC Mace, ElepAstma, Circuit Breaker, Machomovers, Anja Schneider, hant & MC Zhi, Defiant, Wan2, Radek, Appollo, Duff / 03.04.

Nomad - Ewan Pearson, Stan Fontane, Rework (live), Rob Mello, Naughty / 07.04. - André Galluzzi, Ellen Allien, Tobi NeuBERLIN - COOKIES. 11.04. - Naughty mann, Dinky (live), Magda, Phase2, Luciano, Woody, Sasse, Henrik Schwarz (live), DJ T, Nick Höppner / 09.04. - MoonBERLIN - HEBBEL THEATER. 10.04. - Gonzales bootica, Sebo K, Olli, Conny, Fourtyounces / 10.04. - Sammy Dee, Losoul, Basteroid (live), Jens Bond, Guido Schneider, BERLIN - ICON. 03.04. - Emisz, Appollo, N'dee, J.MC / 10.04. - Cassy / 16.04. - DJ Patife, Appollo, Metro, Metro, MC CleveMarcus Intalex, Calibre, Emisz, MC Mace / 17.04. - Metro, Flo- land Watkiss, Eva B, Stefan Rogall, Kay Meseberg / 17.04. - Elwer, N'Dee, White MC / 24.04. - Bad Company feat. D-Bridge ectric Indigo, Carsten Klemann, Richard Bartz (live), Empro, Anym / 23.04. - Lee, Metro, Defiant, MC Soultrain, Team ShaBERLIN - KINO INTERNATIONAL. 02.04. - Finlandia Fresh detek (live), Sascha, Pete / 24.04. - Marcel Dettmann, Anja Styles Approved: Krikor (live), Brett Johnson, Jesper Dahl- Schneider, Disko, Ralf Kollmann, Marcus Kavka / 30.04. - Kabäck, Marc Schneider, Bleed, Jay Haze, Stewart Walker, buki, Metro, Fat Jon, Ame, Daniel Best Robert Lippok (live), Thaddi Herrmann BERLIN - WMF. 01.04. - OH (live), Gebrüder Teichmann / BERLIN - KINZO. 03.04. - Mladen Pornovic, Saap / 14.04. - 03.04. - Alexander Robotnik (live), Andreas Sachwitz, Daniel Yannick, Noema / 17.04. - Mocky (live), Jack Tennis, Dennis / Wetzel, DJ Noshe, DJ Woody, Yarah Bravo, Blu Rum 13 / 08.04.

24.04. - Process (live), Triple R, Oliver Hacke - Plastique De Rêve vs. Crowdpleaser (live), Clé, Mike Vamp, Mitte Karaoke DJ Team, Bleed, Bass Dee / 09.04. - Catch 22 /

GETIPPT 10.04. - Bateroid vs Metope (live), Steve Kotey aka Chicken Lips, Sven vT, Telefon Tel Aviv (live), Marko Haas, Daniel Meteo / 12.04. - DJ B-Side, Stonethrow & Illmindmuzik feat. Dudley Perkins, Wildchild, Oh No, Medaphoar, DJ Romes, DJ Minski / 15.04. - Carsten Kleemann / 16.04. - Jazzanova, Dirk Rumpf, Amp Fiddler PA / 17.04. - Highfish, ATA, ODJ Harri, Sasse, Tommi Grönlund / 23.04. - Richard Dorfmeister feat.

Rodney Hunter, Daniel Haaksmann, Dutch Rythm Combo, Danny Wonder & Soulfood Sound / 24.04. - Ellen Allien, MDSLKTR DJ Team, Mochipet, Geroyche, Vio, Lat Cen, Silk / 28.04.

- Finlandia Fresh Styles Approved: Jeff Mills / 29.04. - Cantürk & Maxime / 30.04. - Clé, Dixon, Terrible

Echokrank (live) / 16.04. - Konkord (live), benno Blome, Pfeil, M.Max / 17.04. - Wighnomy Brothers (live), Tobias Schmid, Ralf 10/100 / 23.04. - Mitja Prinz, Deine Villa / 30.04. - Metro A, Metro B

THADDEUS HERRMANN / ARNE LINDE

Kid Chic / 11.04. - Dixon, Julietta / 16.04. - Anthony Rother (live), Zobeir Nawid, Benna / 23.04. - Terrence Fixmer, julietta, Felix Houzer / 24.04. - Neil Landstrumm, Daniel Schuster, Florian Faber / 30.04. - Rabauke, FC Shuttle, Hometrainer

HAMBURG - TBA. 01.04. - Finlandia Fresh Styles Approved: MüNCHEN - KRANHALLE. 02.04. - The Advent (live) / 10.04.

Theo Parrish - Surgeon & Regis (live), Mad Max, Mark Flynn, Stepfan Riedel / 24.04. - Tobias Thomas, The Modernist (live), Frank Lorber, HAMBURG - WAAGENBAU. 16.04. - Finlandia Fresh Styles Gayle San Approved: Jeff Mills MüNCHEN - PATHOS. 15.04. - Black Dice (live), Hans PlatzJENA - OGS. 09.04. - E.Decay, MC Navigator, minuspol, Stan- gumer feat. Thomas Wühr, DJ Ji / 16.04. - Telefon Tel Aviv (lident Elise, Methylan.TT, ve), Shinto, Nemo, Ji

BUCHHOLZ - ATMOSPHERE 412. / 10.04. - Grooverider, Phantasy, Simon Bassline, Slider, Genzo, Freak, Baze.Djunkiii KARLSRUHE - TOLLHAUS. 23.04. - Ursula Rucker CHEMNITZ - VOXX. 11.04. - Wevie Stonder (lie), Klangkultur KöLN - ARTHEATER. 03.04. - Rollin B, Walter B38, Miss Dee, (live), Slik (live), Geroyche (live), Quever+Versis (live), David Henree, DC, MC My-T Esbo (live), Subtrack / 30.04. - Mochipet (live), Geroyche (live), Vio-Lat-Cen (live), Slik & Geroyche KöLN - KHD. 30.04. - Kitbuilders (live), Captain Comatose (live), Pitchtuner (live), Dan Curtin, Gido Brang DRESDEN - FESTSPIELHAUS HELLERAU. 10.04. - Nq (live), Yoshihiro Hanno (live), Aoki Takamasa (live), Daisuke Ishida KöLN - SENSOR. 03.04. - Acid Pauli (live), Strobocop, Triple R / 07.04. - Jeff Mills, Claus Bachor DüSSELDORF - REINRAUM. 30.04. - Silent Waters, Repeat Orchestra (live), Daniel Fritschi KöLN - STADTGARTEN. 11.04. - DJ Lee, Panacea, Giana Brotherz, Basic, RInc, Forward, MC Marvelous, DMC Quincy DüSSELDORF - UNIQUE. 02.04. - Zero DB, henry Storch / 16.04. - J Buzz, KT Kennedy (live), Gee / 23.04. - Metaboman KöLN - STUDIO672. 02.04. - Tobias Thomas, Chloé / 09.04. (live), Gla Gla, Gee / 30.04. - Maria Ghoerls (live), Adam K (li- Superpitcher, Tobias Thomas, Paul Kalkbrenner (live) / 16.04. ve), Bob Bobsen, Gee - Tobias Thomas, Michael Mayer / 23.04. - Tobias Thomas, Lee Smith / 30.04. - Tobias Thomas, Miss Kittin FRANKFURT / MAIN - MONZA. 16.04. - Finlandia Fresh Styles Approved: Derrick Carter KöLN - SUBWAY. 01.04. - Vadim, Woody / 02.04. - Falko Brocksieper, M.I.A. / 11.04. - Uh-Young Kim, Action Schmidt / FRANKFURT / MAIN - POP AND GLOW. 11.04. - Mia, Ada (li- 16.04. - Daniel Wang, Jörg Waschat, Guido Brang / 17.04. - Carve), Mateuzzi, Flowjob, Wicked E, Dolores / 30.04. - Thomas sten Jost, Lawrence, Acid Maria / 24.04. - Matias Aguayo, Brinkmann (live), Minimalistics, Marco Sönke, Oliver Garcia Christian S

MüNCHEN - REGISTRATUR. 12.04. - Tied & Tickled Trio NüRNBERG - ZOOM. 03.04. - Jeff Mills, Sascha Funke, Telemen (live), Homebase, Letter / 20.04. - Regis (live), Stewart Walker (live), Todd Bodine, Leo Laker OBERHAUSEN - RED BULL CIRCLE OF BALANCE. 23.04. Funkstörung / 24.04. - Funkstörung OFFENBACH - HAFEN 2. 16.04. - S-Max, Paradroid OFFENBACH - ROBERT JOHNSON. 01.04. - Spektrum (live), Ata, Heiko MSO, Weller / 02.04. - Kabuki, Chopper & MC Ronin, Jenna G / 03.04. - Yannick, Marek, Lars Bartkuhn / 08.04.

- Atmo & Brtschisch (live) / 09.04. - Sieg über die Sonne (live) / 10.04. - Glimmer Twins (live), Sebastian / 16.04. - Roman Flügel, Meat / 17.04. - Chicken Lips, Steve Kotey, Losoul / 23.04. Thomas Hammann, Gerd Janson, Sven Helwig / 24.04. - Phono, Weller / 30.04. - ND Baumecker, Heiko MSO RAVENSBURG - DOUALA. 02.04. - Jeff Mills, Jesco Schuck STUTTGART - ALTES ZOLLAMT. 01.04. - Biz Markie / 15.04. Jeru The Damaja

FREIBURG - E-WERK. 02.04. - Peter F. Spiess (live), Constar, KöLN - WESTPOL. 16.04. - Duplex 100, Saint Remy, P'Toile, STUTTGART - LE FONQUE. 23.04. - TLR, Schmerzlabor, LEgoEphy Falko Brocksieper welt (live), Mick Wills, Orgue Electronique (live) HALLE - ZETKA. 17.04. - Jay Haze, Dapayk (live), Marcel Knopf, LEIPZIG - DISTILLERY. 02.04. - Ed 2000, Sencha, con.struct / Audiomatik 03.04. - Alexander Kowalski (live), Secam (live), Frog, Rentek, Boys´r´us ! / 09.04. - Soulpusher, Boogaloo P ussy, Master HAMBURG - CLICK. 03.04. - Miss Kittin, Harre / 08.04. - Ju- PA, Masta D / 10.04. - Baby Ford, Tiny, Rotzloeffels HiFi, Disstus Köhnke DJ-Team, Turner / 10.04. - Martin Landscape, ko 69 / 11.04. - Eddi Matos, DJ Rog, Chris Zet, Stalker, Bert GluUnique / 11.04. - Misc / 17.04. - Stewart Walker (live), Marc sa, Klima, Absurdotronics / 16.04. - Racoon, Angeldust, Jeff Schneider / 24.04. - Cassy, Lawrence Smart, Jenize, MC Phowa, Cat + Snout, Windy & Booga, Snoopy, MC Amon, MFO / 17.04. - James Pennington aka The SubHAMBURG - EDELFETTWERK. 02.04. - Sven Väth urban Knight, CHristian Fischer, Michel, Chris Manura, da Haerste / 23.04. - Supersonic Sound, Uplifted International, HAMBURG - MANDARIN KASINO. 09.04. - DJ Patife, Cleve- Soca Twins / 24.04. - Detroit Grand Puhbas (live), Disko 69, land Watkiss Bronco T., MC Dicktator, Zasda 213, Peter Scratch / 30.04. Ruben C, Derrick, Cuba Crew, Sevensol, Stars for Soul -Crew HAMBURG - PHONODROME. 24.04. - DJ Rush LüNEBURG - JEKYLL & HYDE. 19.04. - Juri Gagarin HAMBURG - PUDEL. 02.04. - Carsten Jost, Lawrence / 03.04.

- Phono / 04.04. - Wechsel Garland, Strobocop, Raf Le Spoink, MANNHEIM - MS CONNECTION. 02.04. - Ratpack, Shar-Pei Superdefekt / 09.04. - Marc S., Zoran Zupanic / 10.04. - Car- & DJ Systec, Insane Frequencies, Loki, Loo.p b2b NSE, MC Sisten Jost, Lawrence / 11.04. - Plemo (live), Firestarter, Raf Le nista / 30.04. - Andy C, DJ Craze, Mickey Finn, Bryan Gee, Spoink, Superdefekt / 16.04. - Modeselektor, Ben Becker / Temper D, E Decay, MC Skibadee, MC IC3, MC Shabba, MC Ta18.04. - Raf Le Spoink, Superdefekt / 23.04. - Move D / 24.04. li, MC Navigator, Bailey, Teebee, Concord Dawn, Counterstri- Bonnie, Carsten Jost / 25.04. - Mochipet (live), Vio.Lat.Chen ke, Typecell, Phace, Soulsurfer, DMS, Rise'N'Shine, Pleasure (live), Geroyche (live), Leekon (live), Suschibombers (live), Slik, DJ Geroyche / 30.04. - Chello Scotti, Christian Harder MEININGEN - ELAN. 10.04. - Magda, Vera Heindel / 24.04. Justus Köhnke, Daniel Wang, Michael Kerkmann HAMBURG - TANZHALLE ST. PAULI: 01.04. - Meteorites (live), Markus Rossknecht / 02.04. - Turner, Daniel Wang, Erobi- MüNCHEN - BR FUNKHAUS. 02.04. - Gonzales que / 03.04. - Stanley Ipkiss, Justin Case / 09.04. - Adam Sky aka Adamski, Anton Silber / 10.04. - Schlammpeitziger (live), MüNCHEN - HARRY KLEIN. 09.04. - Modeselektor (live), JäVert (live), Rabauke, Michael Lange / 12.04. - Aavikko (live), ger 90, Honey / 10.04. - Aster.Oh, Monoblock B, John Player,

STUTTGART - NEUE HEIMAT. 03.04. - Marcin Czubala, Sigi Haussner, Daniel Früh / 10.04. - Dash, Dry, Daniel Benavente / 17.04. - Shon, Mark Mautz / 24.04. - Marc Snow, Daniel Benavente, Electric Fuel STUTTGART - SUITE 21. 17.04. - Chloé STUTTGART - THEATERHAUS. 08.04. - Tied & Tickled Trio WEIMAR - REITHAUS. 16.04. - Anja Schneider, Sog, Wallace & Grmit, Desmond WIEN - FLEX. 13.04. - Chloé WUPPERTAL - 45 RPM. 10.04. - Jungle Brothers ZEULENRODA - UNO. 03.04. - Heiko MSO, Curtis Fresh, Mathias Kaden ZüRICH - AERA. 09.04. - Jichael Mackson (live), Anette Party, Andaloop, Wandler ZüRICH - ROHSTOFFLAGER. 02.04. - Jimi Tenor (live), Mouse on Mars (live), Luciano (live), Filewile (live), Mirwais Singin (live), Miss Kittin / 03.04. - Mouse On Mars (live) / 03.04. - Peaches (live), A Touch of Class / 09.04. - Ed Rush & Optical, Oldskool, Impact / 10.04. - Adam Beyer / 17.04. - Ben Sims / 24.04. - Monika Kruse, Manon, T-Nova, Chloé ZüRICH - SILBERBAR. 03.04. - Dash Dude, Apoll (live)