DEAL-Magazin

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50 PROBLEMIMMOBILIEN

Ein Restbestand der Wohnungen konnte jedoch auch auf diesem Wege zunächst nicht erworben werden. Daraufhin klagte die Eigentümergemeinschaft die nicht gezahlten Sonderumlagen gerichtlich ein. Auf Grund dieser Zahlungstitel konnte die Kanzlei schließlich die jeweilige Zwangsversteigerung beantragen. Zum Zwangsversteigerungstermin erschien ausschließlich die Kommune und bekam den Zuschlag als Meistbietende. So konnten weitere Wohnungen für das jeweils „geringste Gebot“ erworben werden. Nach dem aktuellen Stand des Verfahrens „fehlt“ nur noch eine einzige Wohnung, weil dort ein Erbfall eingetreten ist und erst noch die Rechtsnachfolge auf Eigentümerseite geklärt werden muss. Sobald dies geschehen ist, kann die Stadt auch diese letzte Wohneinheit erwerben. Schlussendlich ist sie dann Alleineigentümerin der Immobilie und kann den Abriss auf eigene Kosten durchführen. Alternativ kann sie das Grundstück aber auch vollständig lastenfrei wieder an einen Investor verkaufen. Der besondere juristische Clou bei dieser Problemimmobilie bestand also darin, dass die Eigentümergemeinschaft am Ende privilegiert die Zwangsversteigerung betreiben konnte und hierdurch erst die Möglichkeit geschaffen wurde, die restlichen Einheiten der Verkaufsunwilligen zu einem Minimalpreis für die Stadt zu erwerben. Problemfall 3: Kompetenzgerangel als Sanierungshindernis in einer Großanlage mit Hotel- und Wohnnutzung Bei dieser Problemimmobilie handelt es sich um ein 30stöckiges Hochhaus mit Hotel- und Residenzbereich und mehreren Hundert Sondereigentumseinheiten an der deutschen Ostseeküste. In der Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) der Eigentümergemeinschaft ist – abweichend vom Gesetz – vereinbart, dass jeder Sondereigentümer den Balkon seines Apartments einschließlich tragender Elemente selbst und auf eigene Kosten instandhalten und instandsetzen muss. In dem gemischt genutzten Gebäudekomplex, der Anfang der 1970er Jahre errichtet wurde, verfügen nicht alle Einheiten über einen Balkon. Die Fassade einschließlich der Balkone ist in einem renovierungsbedürftigen Zustand. Nach dem Gesetz unterliegen Balkone – jedenfalls in ihren tragenden Teilen – der Zuständigkeit und Kostentragungspflicht der Gemeinschaft, also sämtlicher Eigentümer. Allerdings ist es mit dem Gesetz vereinbar, in der Gemeinschaftsordnung abweichende Regelungen zu treffen. Sind diese klar und eindeutig formuliert, kann es dazu kommen, dass Gebäudeteile, die im gemeinschaftlichen Eigentum stehen, dennoch der Verwaltungshoheit des einzelnen

Sondereigentümers unterliegen. Jeder Einzelne hat dann selbst und auf eigene Kosten dafür zu sorgen, dass sein Balkon in Schuss gehalten wird. Er darf grundsätzlich allein entscheiden, wann er Maßnahmen durchführt und welchen Handwerksbetrieb er beauftragt. Bei unterschiedlichen Ausführungsvarianten hat er – solange er keine baulichen Veränderungen, speziell beim Erscheinungsbild der Immobilie vornimmt – einen gewissen Handlungs- und Gestaltungsspielraum. Die Eigentümergemeinschaft kann zwar vom Sondereigentümer verlangen, dass dieser bei dringendem Instandsetzungsbedarf tätig wird und die Reparatur nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik durchführen lässt. Andererseits ist der Sondereigentümer davor geschützt, dass sich die Gemeinschaft durch einen mehrheitlichen Sanierungsbeschluss in seine Verwaltungshoheit einmischt. Die Herausforderung, mit der sich die Eigentümergemeinschaft konfrontiert sieht, ist Folgende: Um eine einheitlich Fassadenoptik zu erhalten, sollte die notwendige Balkonsanierung möglichst aus einer Hand und in jeweils gleicher Ausführung erfolgen. Dies ist bei der Planung und Ausschreibung entsprechend zu berücksichtigen. Juristisch heikel ist diese Aufgabenstellung, weil Beschlüsse der Mehrheit, die sich in die durch die Gemeinschaftsordnung verliehene Zuständigkeit des Sondereigentümers einmischen, mangels Beschlusskompetenz nichtig sind. Der Bundesgerichtshof hat dies in einem vergleichbaren Fall entschieden, wenngleich es dort um ein kleineres Mehrfamilienhaus mit wenigen Balkonen ging. Aufgrund dieser komplizierten Rechtslage hat die Eigentümergemeinschaft schließlich W I R Breiholdt Nierhaus Schmidt um juristischen Beistand und Rat ersucht. Der konstruktive Ansatz der Kanzlei verfolgt das Ziel, die Einmischung durch einen Mehrheitsbeschluss in die Belange der betroffenen Sondereigentümer zu vermeiden und diese vielmehr zu einer freiwilligen Mitwirkung an der gemeinschaftlichen Instandsetzung zu motivieren. In derartigen Fällen lassen sich gute Argumente dafür anführen, dass der einzelne Sondereigentümer nach der Gemeinschaftsordnung zwar berechtigt ist, die Sache in die eigene Hand zu nehmen, auf der anderen Seite daraus aber auch die Möglichkeit haben muss, die Maßnahme gemeinschaftlich durchzuführen und letztlich nur seinen Kostenanteil zu übernehmen. Als Anreize werden die Einsparungseffekte dargestellt, die sich daraus ergeben, dass die Gemeinschaft möglichst alle Balkone in eine einheitlich geplante Maßnahme einbindet. Zudem lässt die Verkehrssicherungspflicht, welche die Gemeinschaft für das Grundstück und das Gebäude hat, möglicherweise nicht zu, dass mehrere Sondereigentümer verschiedene Handwerker mit der Sanierung ihres


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