WPK Quarterly 2013 II

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Die Wissenschaftsjournalisten

Sponsoring des Journalismus

Ausgabe II / 2013

DAS MAGAZIN DER WISSENSCHAFTS-PRESSEKONFERENZ e.V.

Der Sündenfall?

Alternative Finanzierung im Wissenschaftsjournalismus

Anstoß Freistoß Abpfiff

Wie man Sponsoring im Journalismus bewerten kann Über die Grenzen der Wissenschaftsfreiheit Ein Nachruf auf den New Scientist Deutschland


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Was ist professioneller Journalismus wert? EDITORIAL

„Versuchsstation des Weltuntergangs.“ So nannte Karl Kraus in einem Beitrag für Die Fackel 1915 Österreich. Der Wiener Journalistik-Professor Hannes Haas zitierte 2010 dieses Wort von Kraus zu Beginn eines Buchkapitels über die Krise des Journalismus.* Warum er das tat, ist unklar. Denn die Rede von der „Versuchsstation des Weltuntergangs“, schreibt Haas, sei möglicherweise passend für manches in Österreich, für den Medienbereich allerdings nicht, weil der sich nur verzögert entwickele. Die Österreicher machten die Fehler der anderen erst mit sicherem Abstand. Hannes Haas hat so wenig wie Karl Kraus bei seinen Ausführungen an die so genannten „Medienkooperationen“ gedacht, die eine Reihe von Qualitätsmedien in Österreich zur Finanzierung des spezialisierten Wissenschaftsjournalismus unterhalten, darunter Der Standard und Die Presse. Unter anderen diese beiden lassen sich ihren Wissenschaftsjournalismus finanzieren durch diverse Hochschulen und Forschungsorganisationen, und zwar zu erklecklichen Anteilen. Und damit nicht genug: Sie lassen sich ihren Journalismus darüber hinaus finanzieren durch Bundesministerien, zuvörderst zu nennen das Ministerium für Wissenschaft und Forschung.

Man muss sicher nicht gleich vom Weltuntergang reden, aber zu einer Versuchsstation wird Österreich durch diese Praxis gleichwohl. Die Versuchsanordnung: Man lotet aus, wie viel Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit, wie viel Staatsferne man einbüßen kann, bevor der Journalismus untergeht. Ein sehr riskanter Versuch, so viel steht fest. Es gibt jedoch keinen Grund, mit dem Finger auf Österreich zu zeigen. Erstens deshalb, weil wir auf der Suche nach alternativen Finanzierungsmodellen der skizzierten Art nicht allein in Österreich fündig geworden sind, sondern auch in der Schweiz, in Tschechien, in Spanien, Griechenland, Irland und Estland. Und zweitens deshalb, weil diese Medienkooperationen durchaus vergleichbar sind mit dem Geschäftsmodell einer Vielzahl freier Journalisten, die ihre Rechnungen nur begleichen können, weil sie zu erklecklichen Anteilen auch Wissenschafts-PR machen. Diese Kooperationen von Hundertschaften freier Autoren bleiben aber vollständig verdeckt. Nur deshalb bergen sie geringere Risiken für die Glaubwürdigkeit ganzer Medientitel, die auf die Dienste von Freien angewiesen sind, diese aber in aller Regel schlecht bis sehr schlecht bezahlen. Eine Gefahr für den Journalismus sind diese Zustände gleichwohl.

Auch deshalb war die Situation der Freien und ihre Abhängigkeit von der Wissenschafts-PR ein wichtiges Thema auf der diesjährigen Weltkonferenz der Wissenschaftsjournalisten in Helsinki. Hristio Boytchev bezeichnet die Session dazu in seinem Bericht als ein Highlight und fordert von den Verlagen mit Blick auf die geringen Honorare etwas, das eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Eine einleuchtende Antwort auf die Frage, was professioneller Journalismus denn wert ist. Unwissentlich sekundiert er damit dem in Zürich lehrenden Journalismusforscher Otfried Jarren, der in der „Kommunikationsverweigerung“ der Verlage und ihrer Journalisten den Kernpunkt der Krise auszumachen glaubt.* Geredet werde über Technik, über Technologien, über neue Geschäftsfelder und Geschäftsmodelle, über das Zusammenwachsen von Print und Online... . Über eines werde aber nicht gesprochen: Über den Sinn und den sozialen Zweck von publizistischen Angeboten. Und wer darüber nicht spreche, ätzt Jarren, der könne auch keine Zahlungsbereitschaft aktivieren. „Und wer zudem niemals seine Finanzquellen offen legt, wer sich aus allen nur denkbaren Quellen finanzieren lässt, aber für die publizistischen Kernprodukte und echte journalistische Leistungen


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uns keinen Preis zu nennen vermag, dessen Probleme werden größer. Das ist umso problematischer dann, wenn man für dieses Tun auch noch öffentliche Anerkennung verlangt oder gar auf die Wahrnehmung eines öffentlichen Auftrages, den man habe, hinweist. Es leidet die Glaubwürdigkeit.“ 4,50 € kostete ein Heft des New Scientist Deutschland, nicht allzu viel, wenn man den Inhalt in Rechnung stellt, den die Redaktion für diesen Preis lieferte, findet Annette Leßmöllmann. Außer ihr fanden das offenbar zu wenige andere Leserinnen und Leser. Deshalb muss sie für uns die Geschichte eines Scheiterns erzählen. Und sie muss sich fragen, warum ein Magazin, das vieles richtig gemacht hat, schon nach kurzer Zeit wieder verschwand. In dieser Ausgabe machen wir etwas, das wir aus guten Gründen gewöhnlich nicht tun. Wir sprechen über uns, ohne eigentlich recht zu wissen, wer wir sind. Der Anlass: Wir haben Geburtstag. Das WPK-Quarterly gibt es seit 10 Jahren. Volker Stollorz, der dieses Magazin maßgeblich geprägt hat und dies nach wie vor tut, blickt zurück auf das Projekt Quarterly, das wir weiter verfolgen wollen. Dazu suchen wir Mitstreiter. Einzige Anforderung: Lust, sich mal zwischen alle Stühle zu setzen; zwischen Wissenschaft und Journalismus, zwischen Popularität und Anspruch, zwischen Objektivität und Meinung. Denn, so sagt es Volker Stollorz: Zwischen allen Stühlen ist auch zukünftig der richtige Platz für das WPK-Quarterly. } Markus Lehmkuhl *Beide zitierten Beiträge finden sich in Bartelt-Kircher, G., H. Bohrmann, et al. (2010). Krise der Printmedien: eine Krise des Journalismus?, De Gruyter Saur.

Inhalt Editorial

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Milde Gaben für den Journalismus Eine Übersicht

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Wie man die Risiken des Sponsoring abschätzen kann: Ein Vorschlag

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Auf den Geldgeber kommt es an! Eine Replik

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Eindrücke von der Weltkonferenz der Wissenschaftsjournalisten Ein Bericht

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Das Ende für den New Scientist Deutschland Eine Analyse

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Soll man den Murks von Kollegen korrigieren oder ignorieren? Ein Standpunkt

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H5N1: Neue Regeln für die biologische Forschung? Eine Expertise

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Zum 10. Geburtstag des WPK-Quarterly Ein Rückblick und Ausblick

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WPK Neue Mitglieder

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Impressum

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Markus Lehmkuhl ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der FU Berlin. Er leitet die WPK-Quarterly Redaktion.

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Milde Gaben! In vielen europäischen Ländern lässt sich der Wissenschaftsjournalismus von Geldgebern unterstützen. Wissenschaftsförderer, Stiftungen, selbst Ministerien öffnen ihre Börsen. Eine Übersicht Von Markus Lehmkuhl

Es ist ein deutlich sichtbarer Kasten, der immer mittwochs in der Beilage „Forschung spezial“ des Wiener Standard erscheint. Daraus geht hervor, dass die Produktion der Beilage finanziell unterstützt wird durch zahlreiche Forschungsinstitutionen, darunter der Wissenschaftsförderfond (FWF), der der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) vergleichbar ist. Darunter auch das Forschungsministerium, die Österreichische Akademie der Wissenschaften sowie zahlreiche einzelne Hochschulen wie etwa die FH Vorarlberg. Die Auflistung endet mit einer Versicherung des Verlages: „Die redaktionelle Verantwortung liegt bei Der Standard“. Unterstützung bedeutet ganz konkret: Allein im ersten Quartal 2013 flossen nur aus den vier genannten Quellen gut 55.500 € auf das Konto des Standard. Davon entfielen 14.000 € auf den FWF, 23.445 auf das Forschungsministerium, 8.000 auf die Österreichische Akademie der Wissenschaften und gut 10.000 € auf die FH Vorarlberg. Die Zahlen gehen aus einer Auflistung der Kommunikationsbehörde Austria hervor, der mit öffentlichem Geld finanzierte Organisationen den Betrag melden müssen, den sie für Medienkooperationen pro Quartal ausgegeben haben. Geregelt ist das im § 3 des Medientransparenzgesetzes, das seit 2012 in Österreich in Kraft ist. Ohne dieses Gesetz wäre der tatsächliche Umfang der Unterstützung nur schwer ermittelbar gewesen. Denn der Verlag will über die Höhe der Zuwendungen „aus Wettbewerbsgründen“ keine Angaben machen. Immerhin teilt der Verlag aber mit, dass diese Beilage

komplett durch Sponsorengelder finanziert werde. Der Umfang der Beilage schwanke je nach Sponsorvolumen. Ohne die Sponsoren gäbe es diese mehrseitige wöchentliche Beilage nicht. Der Standard hätte zwei bis zweieinhalb Wissenschaftsredakteure weniger. Der Hinweis auf den Wettbewerb erscheint gerechtfertigt. Denn ganz ähnliche Kästchen finden sich bei der zweiten überregional erscheinenden Tageszeitung Die Presse. Der Umfang der Unterstützung, den etwa Die Presse allein durch den FWF und das Forschungsministerium erhielt, deckt sich fast genau mit dem des Standard. Der Presse flossen im ersten Quartal 2013 aus beiden Quellen gut 38.000 € zu. Außerdem profitieren das Magazin Falter, das seine fünf Mal jährlich erscheinende Beilage Heureka durch Sponsoren finanziert und die APA, die nationale Presseagentur Österreichs, deren Wissenschafts-Dossiers durch Zuwendungen einer ganzen Gruppe von Bundesministerien ermöglicht werden, darunter auch das Forschungsministerium. Mit im Boot ist auch das ORF-Fernsehen, das über Medienkooperationen Produktionskostenzuschüsse erlöst. So für Produktionen, die in Deutschland regelmäßig montags um 19.30 Uhr in der Reihe Akademie über BR alpha verbreitet werden. Daraus ergibt sich, dass nennenswerte Teile der spezialisierten Wissenschaftsberichterstattung in Österreichs Qualitätsmedien mit nationaler Verbreitung nicht klassisch finanziert sind. Ein Problembewusstsein ist mindestens in der Redaktion des Standard nicht auszumachen. Aus der Redaktion verlautet, man sei über die Details der

Finanzierung nicht genau im Bilde und verweist auf die Geschäftsstelle. Die Art der Finanzierung habe auf die redaktionelle Arbeit aber keinen Einfluss. Finanzierung und Redaktion erscheinen als getrennt voneinander. Dies deckt sich mit den Angaben von maßgeblichen Förderern nur zum Teil. Eine Einmischung in redaktionelle Entscheidungen ist nach Angaben des FWF nicht vorgesehen. Man sehe sich in der Rolle des „Ermöglichers“ eines qualitativ ansprechenden Wissenschaftsjournalismus, sagt Stefan Bernhardt, zuständig für Öffentlichkeitsarbeit und Wissenschaftskommunikation beim FWF. Die Zahlungen an den Standard stünden allerdings dann auf dem Prüfstand, sollte die Redaktion auf eine grundsätzlich wissenschaftskritische Linie umschwenken. Ausdrücklich nicht gemeint damit sei „berechtigte Kritik“ an wissenschaftlichem Fehlverhalten Einzelner. Der Freiraum der Redaktion finde allenfalls dort seine Grenze, wo die gesamte redaktionelle Linie des Standard auf eine kritische Betrachtung des Wissenschaftsbetriebes umschwenke, sagt Bernhard. Bei Marianne Baumgart von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften klingt das anders. So sei das finanzielle Engagement der Akademie an die Erwartung gekoppelt, dass „wir da auch vorkommen, wir bezahlen ja nicht ins Blaue“, sagt Baumgart. Mit dieser Haltung steht Baumgart nicht allein. Auch die Fachhochschule Vorarlberg erwartet konkrete Gegenleistungen. Offenbar reagiert Der Standard auf Ansprüche von Geldgebern nicht nur dadurch, dass bestimmte Themen redaktionell aufgegriffen werden. Ih-


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nen wird zuweilen wohl auch dadurch begegnet, dass Anzeigen geschaltet werden. So weiß man bei der Fachhochschule Vorarlberg auf Anfrage nicht genau zu sagen, welcher Anteil der Zahlung in Höhe von gut 10.000 € im ersten Quartal 2013 auf eine Anzeige entfiel und welcher der Forschungsbeilage zufloss. Dies verweist auf eine Schwierigkeit bei der Deutung der Zahlungen für Medienkooperationen, die laut Medientransparenzgesetz ausgewiesen werden müssen. Ausgaben für Anzeigen werden nicht von jenen unterschieden, die etwa Wissenschaftsredaktionen zufließen. Nicht jede Gutschrift der vom Standard aufgeführten Institutionen lässt sich eins zu eins der Forschungsbeilage zurechnen. Deshalb lässt sich auch nicht verlässlich abschätzen, ob dem Standard für seine Forschungsbeilage mehr Geld zufließt, als er für deren Produktion tatsächlich aufwendet. Angesichts der Höhe der Zahlungen ist dieser Verdacht nicht ganz abwegig. Die Geschäftsführung des Standard will sich nicht dazu äußern, ob Überschüsse erzielt werden. Nach Angaben seines Sprechers, Stefan Bernhardt, hat der FWF als einer der Unterstützer keine Kenntnis davon, ob seine Zahlungen tatsächlich in vollem Umfang allein der Forschungsbeilage zufließen. „Als Kooperationspartner geht mich das nichts an“, sagt Bernhardt. Die Zahlungen sind für die Unterstützer im Einzelfall mehr als ein Almosen. So steckt die Österreichische Akademie der Wissenschaften pro Quartal gut 30.000 € in Medienkooperationen mit dem Standard, der Presse am Sonntag (8500 €) und dem ORF (knapp 15.000 €). Dies ist nach Angaben von Marianne Baumgart ein „ordentlicher Posten“ des Sachmittelbudgets. Entsprechend kann sie sich durchaus vorstellen, sich vom Standard anders als bisher vertraglich zusichern zu lassen, dass die Mittel allein der Forschungsbeilage zugutekommen. Medienkooperationen dieser Art bestehen in Österreich seit etwa zehn Jahren. Es scheint, als hätte sich das als eine gängige Form etabliert, um Wissenschaftliches durch spezialisierte Redaktionen in die Öffentlichkeit zu bringen. Wie unsere Recherchen zeigen, ist Österreich kein Sonderfall. Auch in der Schweiz, in Irland, Griechenland, Spanien, Finnland,

Tschechien und in Estland finden oder fanden sich Beispiele für die „Ermöglichung“ von Wissenschaftsberichterstattung durch mehr oder weniger wissenschaftsnahe Geldgeber: Nationale Wissenschaftsförderorganisationen, Universitäten und private Stiftungen sind es, die für wissenschaftsjournalistische Produkte ihre Börse öffnen. Selbst die Unterstützung konkreter Medienprodukte durch staatliche Stellen ist nicht beispiellos. Nach Angaben von Kostas Dimopoulos, der die griechische Szene seit Jahren beobachtet, sei die Stiftungsfinanzierung in Griechenland die Regel, allerdings komme es gelegentlich auch zu Zahlungen staatlicher Stellen an bestimmte Medienprodukte. In Irland und Estland finden sich mehrere Beispiele der Unterstützung von Radio- und Fernsehsendungen durch die nationalen Wissenschaftsförderorganisationen. Diese Unterstützung ist prinzipiell mit der beim Wiener Standard vergleichbar, allerdings mit einem wesentlichen Unterschied: Nicht staatliche Stellen treten als Förderer auf, sondern ausschließlich Wissenschaftsförderorganisationen. Mindestens im Falle von Estland mischen die Förderer anders als in Österreich im operativen Geschäft kräftig mit und nehmen Einfluss auf Themenwahl und auch die Gestaltung einzelner Beiträge. In Spanien engagieren sich sowohl staatliche Stellen als auch private Stiftungen, um einzelne journalistische Angebote zu unterstützen. Nach Angaben von Gema Revuelta, die seit vielen Jahren an der Universität in Barcelona Wissenschaftskommunikatoren ausbildet, treten einzelne Wissenschaftsorganisationen anders als in Österreich oder der Schweiz nicht auf den Plan, was sie darauf zurückführt, dass Universitäten und zentrale Wissenschaftsförderer nicht über die nötigen Ressourcen verfügen. Der Wissenschaftsjournalismus in Finnland kommt nach Einschätzung von Esa Väliverronen, Professor für Wissenschaftsjournalismus an der Universität in Helsinki, derzeit weitgehend ohne externe Unterstützung aus. Allerdings gab es auch in Finnland in den 90er Jahren einzelne Medienprodukte, die entweder durch Zusammenschlüsse einzelner Universitäten ermöglicht wurden oder durch private Stiftungen.

Recherchen des Schweizer Magazinjournalisten Yves Demuth zufolge, gibt es in der Schweiz drei Modelle der finanziellen Unterstützung des Wissenschaftsjournalismus durch Externe. Modell 1 Die privaten Stiftungen Mercator und Gebert Rüf finanzieren gemeinsam die Produktion einer wöchentlich erscheinenden Doppelseite im profitablen Gratisblatt 20 Minuten. Das Geld fließt nicht direkt in die Kasse des Verlegers, der Tamedia AG, sondern in die Kasse der Agentur für Wissenschaftskommunikation scitec-media, die der Schweizer Wissenschaftskommunikator Beat Glogger betreibt. Diese Agentur, die auch wissenschaftsnahe PR-Aufträge ausführt, liefert die Doppelseite der Tamedia AG zu. Modell 2 Die Hochschulrektorenkonferenz, also der Zusammenschluss der Schweizer Universitäten, zahlt zwei Drittel der Gehälter für zwei Wissenschaftsredakteure der Schweizerischen Depeschenagentur (SDA). Modell 3 Es unterscheidet sich vom zweiten Modell dadurch, dass ein Universitäten-Trio (Genf, Lausanne und Neuenburg) eine von ihnen selbst direkt finanzierte Mitarbeiterin an den Westschweizer öffentlich-rechtlichen Radiound Fernsehsender RTS abgestellt hat. In diesem Sender betreut die Mitarbeiterin hauptsächlich eine von zwei auf Wissenschaftsthemen spezialisierten Online-Plattformen. Man kann diesen Beschäftigungstyp vielleicht am ehesten als „embedded scientist“ bezeichnen, weil die Universitätsbeschäftigte mit RTS E-Mail-Adresse für Außenstehende nicht von den regulär Beschäftigten zu unterscheiden ist. Aus dieser Übersicht ergibt sich, dass solche Finanzierungsmodelle nicht unüblich sind im europäischen Ausland. In allen acht Ländern, in denen wir nachgefragt haben, existieren oder existierten solche Modelle. Auch in Deutschland gab es einen solchen Fall. So wurde vor mehr als 10 Jahren die ZDF Sendereihe Humboldts Erben üppig mit Mitteln der DFG unterstützt. Derzeit gibt es solche Kooperationen wahrscheinlich nicht. Elisabeth Hoffmann jedenfalls, Vorsitzende des Verbandes der Hochschulsprecher, kennt keine vergleichbaren Beispiele. Ihrer Einschätzung nach werde man aber über kurz oder lang auch in Deutschland über solche Modelle diskutieren. }

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Gefahr erkannt! Problem gebannt? Geld zu nehmen, um Journalismus zu finanzieren, ist riskant. Aber wie lassen sich die Risiken abschätzen? Ein Vorschlag Von Markus Lehmkuhl

Wohl kaum ein Thema weckt derzeit im Journalismus mehr Interesse als die Erosion des klassischen Geschäftsmodells, unter der fast die gesamte Branche zu ächzen scheint. Entsprechend vital ist die Diskussion über neue Erlösmodelle, die insbesondere teure „Spezialjournalismen“ wie den Investigativjournalismus oder auch den Wissenschaftsjournalismus über Wasser halten könnten. Wie unsere Recherchen zeigen (siehe Beitrag „Milde Gaben“) existieren alternative Erlösmodelle im Wissenschaftsjournalismus längst, wenn auch nicht in Deutschland. Relativ prominente Beispiele: Die wöchentlich erscheinende Beilage Forschung Spezial des Wiener Standard wird seit über zehn Jahren maßgeblich getragen unter anderem durch Zuwendungen des Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF und dem Ministerium für Wissenschaft und Forschung. Diese Beilage existiert nur, weil sie Unterstützer hat. Gleiches gilt für die wöchentliche Wissenschafts-Doppelseite im Schweizer Gratis-Blatt 20 Minuten, die von der Agentur scitec-media zugeliefert wird. Die Kosten tragen die beiden Schweizer Stiftungen Gebert Rüf und Mercator. Zwanglos erklären lässt sich die Existenz dieser und auch anderer Modelle damit, dass der Wissenschaftsjournalismus ebenso wie der Sportjournalismus nicht im Ruf steht, große Distanz zu seinem Berichterstattungsgegenstand zu wahren. Wissenschaftsjournalismus ist nach wie vor dominiert von Erfolgs-

geschichten, weil er für Wissenschaftskritisches bislang jedenfalls kein großes Publikum begeistern kann. Und selbst da, wo er Pseudo-Science als PseudoScience anprangert, dort, wo er auf die Limitationen oder Ambivalenzen wissenschaftlicher Studien hinweist, dort, wo er kritisch nach wissenschaftlicher Evidenz fragt, darf er grundsätzlich auf die Wertschätzung wissenschaftsnaher Akteure bauen. Grenzen findet diese Wertschätzung dort, wo Journalismus ganz „unwissenschaftlich“ oder aber ganz grundsätzlich Wissenschaft attackiert oder kritisiert. Grenzen findet die Wertschätzung aber auch dort, wo Journalismus übervereinfachend wissenschaftliche Sachverhalte verzerrt. Solche journalistischen Produkte findet man aber eher selten im spezialisierten Wissenschaftsjournalismus. Denn zum Selbstverständnis und zur Professionalität eines Wissenschaftsjournalisten gehört es ja gerade, die Wissenschaft mit wissenschaftlichen Ellen zu messen. Im Ergebnis existieren große Schnittmengen zwischen dem real existierenden Wissenschaftsjournalismus und dem, was wissenschaftsnahe Förderer wollen. Vielleicht auch deshalb gibt es keinen Konsens darüber, wie das Schweizer und das Österreichische Modell zu bewerten sind. Solche Modelle scheinen aber das Zeug zu haben, die Szene zu emotionalisieren. Dies gilt mindestens in der Schweiz. Die Zeitschrift Saldo attackierte im Mai diesen Jahres das stiftungsfinanzierte

Modell von 20 Minuten: Das sei kein unabhängiger Journalismus, sondern allenfalls unkritische Verlautbarung wissenschaftsfreundlicher Botschaften. Diese Bewertung wies der angesprochene Chef von scitec-media, Beat Glogger, der die Inhalte im Auftrag der Stiftungen für 20 Minuten erstellt, entschieden zurück. Zwei Positionen trafen in dem Disput unvereinbar aufeinander: Eine, die auch im Wissenschaftsjournalismus vor allem den unabhängigen und neutralen Beobachter und Kontrolleur sehen will. Eine andere, die sich unter Wissenschaftsjournalismus kaum mehr vorstellen will oder kann als eine Art Erklärbären für das Komplizierte, das er einfachen und möglichst jungen Leuten durch die Anwendung gängiger Vermittlungsstrategien näher zu bringen versucht. Das Ergebnis: Konfrontation, nicht Verständigung. Gut - Böse - Rhetorik statt Suche nach belastbaren Faktoren, um das Sponsoring konkreter journalistischer Produkte zu beurteilen.

Jede Art der Finanzierung birgt Risiken Um die Freund-Feind-Rhetorik von vorneherein zu durchbrechen und kon-


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struktiv über Für und Wider von Sponsoring zu diskutieren, kann man sich einen Vorschlag von zwei Neuseeländern zunutze machen. Peter Adams und Fiona Rossen schlagen vor, sich zunächst auf eins zu verständigen: Jede Art von Finanzierung birgt Risiken für den Journalismus. Das gilt für die erodierende „klassische“ Finanzierung aus Abo und Werbung ebenso wie für das Crowdsourcing oder die Finanzierung aus öffentlich-rechtlichen Stiftungen. Abhängig vom Finanzierungsmodell lauern Risiken allerdings an unterschiedlichen Orten. Öffentlich-rechtliche Finanzierungen stärken die journalistische Unabhängigkeit, sie schwächen aber unter Umständen die Publikumsorientierung. Sponsormodelle schwächen die journalistische Unabhängigkeit, können aber grundsätzlich einer Verflachung Vorschub leisten, die unter Umständen eine große Abhängigkeit vom Markt nach sich zieht. Wenn man sich darauf verständigt hat, sollte man nach Auffassung der beiden Neuseeländischen Philosophen daran gehen und zu analysieren versuchen, welche relevanten Risikoquellen es gibt. Ausgehend davon schließlich braucht man Faktoren, die für eine schnelle Risikoabwägung brauchbar sind. Adams und Rossen haben das im Auftrag von gemeinnützigen sozialen Organisationen versucht. Diese Organisationen fragten sich, ob sie Geld, das direkt oder indirekt aus Profiten mit Spielautomaten, Wetten oder Casinos stammt, für die Finanzierung ihrer Organisationen annehmen sollten. Sie sahen sich dem ethischen Dilemma gegenüber, Gutes nur dann tun zu können, wenn sie Geld aus Quellen annehmen, die aus ihrer Sicht Schlechtes tun, nämlich Glücksspiele organisieren. Auf Verlage und Rundfunkanbieter angewendet, stellt sich die Situation angesichts eines starken Kostendruckes etwa so dar: Sie müssen sich fragen, ob sie Geld von Dritten annehmen oder besser auf ein wissenschaftsjournalistisches Angebot verzichten. Sie müssen also zwei Risiken gegeneinander abwägen: das Risiko, kein Angebot zu machen, gegen das Risiko, Geld von Externen anzunehmen. Bezogen auf den Journalismus gibt es mindestens drei Risikoquellen, die für die Abwägung des Sponsoring ganz besonders relevant sind:

1. Verlust oder Einschränkung der Unabhängigkeit Sowohl der Wiener Standard als auch das stiftungsfinanzierte Angebot von 20 Minuten legen Wert darauf, ihre Unabhängigkeit zu betonen. Beide beziehen ihre Rede von der Unabhängigkeit darauf, dass sich die Finanziers nicht ins operative Geschäft einmischen, etwa Themen vorgeben oder Einfluss nehmen auf die Gestaltung der Beiträge. Also, so das Signal, alles in Ordnung! Maßgeblich für die Abschätzung der Risiken für die Unabhängigkeit der journalistischen Arbeit ist aber sicherlich nicht nur der Umstand, ob ein Geldgeber sich in die Auswahl der Themen und deren konkrete Umsetzung einmischt. Das ist allenfalls die allerletzte Stufe einer Verwandlung des Journalisten in ein Mietmaul. Maßgeblich ist auch der Anteil der Kosten, die ein einzelner Sponsor oder Unterstützer beisteuert. Je höher die Anteile Einzelner sind, desto größer wird das Abhängigkeits-Risiko. Trotz reklamierter oder tatsächlicher Unabhängigkeit, die sich auf das operative Geschäft der Auswahl und Aufbereitung von Wissenschaftsthemen bezieht und trotz der Tatsache, dass es relativ viele Unterstützer gibt, ist dieses Risiko im Falle der Beilage des Standard ganz erheblich. Angesichts der Zahlungen an den Verlag muss man davon ausgehen, dass die Refinanzierung der gesamten Beilage ganz maßgeblich vom FWF und vom Forschungsministerium abhängt. Sollte eine der beiden Institutionen solche Unterstützungen nicht mehr für adäquat halten, dürften die anderen dieser Haltung folgen. Es ist deshalb schwer vorstellbar, dass die Wissenschaftsredaktion ihr Produkt durch Kritik an den wichtigen Förderern existenziell gefährdete. Diese Beschränkung fällt im Falle des Standard besonders ins Gewicht, weil es sich bei den Förderern um Institutionen handelt, die den eigentlichen Berichterstattungsgegenstand – aktuelles Wissenschaftsgeschehen – maßgeblich gestalten und deshalb mindestens indirekt die Berichterstattung über sich selbst finanzieren. Dass dies zu Problemen führt, ist im Medienjournalismus zu besichtigen.

Risiko verschärfend hinzu kommt, dass sich eine Gefährdung der Unabhängigkeit anders als beim Medienjournalismus nicht weitgehend auf eine ganz kleine redaktionelle Untereinheit beschränken lässt. Wissenschaft ist ein Querschnittsthema, sie ist in allen Ressorts periodisch von hoher Relevanz. Dadurch, dass die Untereinheit Wissenschaft beim Standard von der Gesamtredaktion organisatorisch nicht klar getrennt ist, besteht ein moderates Risiko, dass die „Beißhemmung“ sich auch auf andere Ressorts des Standard ausdehnt, die von der Unterstützung gar nicht profitieren. Besonders groß ist dieses Risiko bei der klassisch finanzierten Wissenschaftsberichterstattung des Standard, die Teil des Kulturressorts ist. Es ist nur schwer vorstellbar, dass ein „klassisch“ finanzierter Redakteur durch Angriffe auf einen maßgeblichen Förderer die Arbeitsgrundlage seiner Kollegen aufs Spiel setzt. Im Falle von 20 Minuten ist das Abhängigkeitsrisiko anders gelagert und deshalb schwieriger zu beurteilen, und zwar im Wesentlichen aus zwei Gründen: Erstens handelt es sich bei den Förderern, den Stiftungen Gebert Rüf und Mercator, nicht gleichzeitig um maßgebliche Player in der Schweizer Wissenschaftsszene. Es ist also weit weniger wahrscheinlich, dass diese Stiftungen selbst zu Gegenständen der Berichterstattung werden. Und zweitens sind die Mitarbeiter der Agentur, die diese Doppelseite zuliefert, organisatorisch von der Produktion der sonstigen Inhalte von 20 Minuten getrennt. Es ist zwar nicht unwahrscheinlich, dass auch die anzeigenfinanzierte Redaktion eine „Beißhemmung“ gegenüber den beiden Stiftungen ausprägen dürfte. Es ist aber nicht wahrscheinlich, dass diese Beißhemmung von größerer Relevanz ist. Ein Abhängigkeitsrisiko lässt sich bei diesem Modell eher auf der Ebene der Agentur scitec-media vermuten. Diese Agentur produziert nicht nur die Doppelseite, sie betreibt auch Wissenschafts-PR. Dadurch besteht das Risiko für 20 Minuten, dass die Abhängigkeit der Agentur von ihren Wissenschafts-Kunden Einfluss gewinnt auf das, was auf der Doppelseite wie thematisiert wird. Dieses Risiko lässt sich aber nur dann qualitativ abschät-

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zen, wenn man genauere Kenntnis hat über das Business-Modell der Agentur scitec-media. Grundsätzlich gilt aber: Je größer die Abhängigkeit dieser Agentur von den PR-Erlösen aus der Wissenschaft, desto größer ist auch hier die Wahrscheinlichkeit, dass man über die berichtet, von denen man finanziell abhängig ist.

2. Verlust von Reputation und Glaubwürdigkeit Neben einem Risiko für die journalistische Unabhängigkeit, das man bezogen auf die beiden hier diskutierten Beispiele zwischen den Polen sehr groß und moderat ansiedeln kann, birgt das Sponsoring ReputationsRisiken. Und zwar prinzipiell für beide Seiten, sowohl für den Geldgeber als auch für den, der das Geld annimmt. Seinen guten Ruf riskiert ein Verlag dann, wenn eine Finanzierungspraxis von seinen Lesern etwa nicht in Einklang zu bringen ist mit dem, was den guten Ruf begründet hat. So birgt die Annahme von Geld speziell vom Forschungsministerium für die Refinanzierung von etwas, das Der Standard selbst als unabhängigen Wissenschaftsjournalismus bezeichnet, ein erhebliches Risiko. Leser könnten diese Praxis für unvereinbar halten mit dem, was sie aus guten Gründen mit den Eigenschaften eines unabhängigen Qualitätsjournalismus in Verbindung bringen, nämlich Staatsferne. Im Ergebnis besteht ein erhebliches Risiko, dass die Glaubwürdigkeit des Standard Schaden nimmt. Glaubwürdigkeit dürfte aber eine ganz wesentliche Voraussetzung für die Wertschätzung des Standard darstellen. Wieso sollte man Geld ausgeben für ein Produkt, dessen Integrität in Frage steht? Dabei kommt es in der Außenwahrnehmung nicht unbedingt darauf an, dass ja nur ein winziger Teil der Text-Produktion des Standard mit Geld einer staatlichen Institution ermöglicht wird. Es kommt auch nicht unbedingt darauf an, dass man beim Standard die Aufgabe speziell des Wissenschaftsjournalismus offensichtlich nicht darin sieht, maßgebliche Wissenschaftsförderer zu kontrollieren oder zu kritisieren. Ein Reputations-Risiko birgt allein die Tat-

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sache, dass der Verlag zur Erstellung redaktioneller Inhalte überhaupt Geld einer staatlichen Institution annimmt. Im Falle von 20 Minuten liegen die Dinge anders. Denn um einen guten Ruf zu verlieren, muss man einen solchen haben. Um ein erhebliches Reputationsrisiko anzunehmen, müsste man davon ausgehen, dass Leser dem Journalismus dieses Gratis-Blattes Vertrauen entgegenbringen. Eine solche Annahme liegt nicht eben nahe, weil ja der Verlag klarmacht, dass sein Produkt (geld-)wertlos ist. Entsprechend wird man das Reputationsrisiko für die Tamedia AG als klein einschätzen dürfen. Im Gegenteil wird man argumentieren können, dass die Reputation von 20 Minuten durch das Engagement zweier gemeinnütziger privater Stiftungen potentiell aufgewertet wird. Dieser Fall birgt entsprechend mutmaßlich höhere Reputations-Risiken für die Stifter als für den Nutznießer, die Tamedia AG. Dies gilt aus meiner Sicht auch dann, wenn sich Abhängigkeiten der Agentur scitec-media von der PR in der Berichterstattung niederschlagen sollten und dies bekannt würde. Die Rufschädigung wäre für die Stiftungen mutmaßlich größer als für 20 Minuten, ein Produkt, das nichts kostet und bei dem sich Leser nicht überrascht zeigen dürften, wenn Vermischungen von PR und Journalismus bekannt würden.

3. Risiken für den Zusammenhalt innerhalb einer Redaktion Die Unterstützung durch Dritte, die sich auf ganz bestimmte Organisationseinheiten eines Verlages beschränkt, birgt Risiken für den inneren Zusammenhalt einer Redaktion. Dies bezieht sich einerseits auf die Möglichkeit der Ausgrenzung „gesponserter“ Kollegen aus dem Kreis der Kernbeschäftigten, die sich ihren Kollegen überlegen fühlen. Andererseits sind auch innere Konflikte klassisch finanzierter Journalisten desselben Hauses vorprogrammiert, wenn deren Berichterstattung die Existenzgrundlage einiger Kollegen gefährden könnte. Ein solches Risiko ist im Falle von 20 Minuten wiederum nicht zu erkennen, weil die Doppelseiten von Mit-

arbeitern einer Agentur zugeliefert werden, die trotz der anzunehmenden engen Zusammenarbeit mit einzelnen Tamedia-Mitarbeitern keinen Kollegenstatus haben.

Drei Faktoren für die Abschätzung von Risiken Aus diesen Überlegungen lassen sich drei Faktoren ableiten, die eine schnelle und relativ differenzierte Abschätzung ermöglichen, wie groß das Risiko für die Unabhängigkeit, die Reputation bzw. Glaubwürdigkeit und den inneren Zusammenhalt einer Redaktion sind. Sämtliche Faktoren lassen sich gestuft abschätzen (sehr hoch/groß – sehr niedrig/klein).

Faktor 1: Die „Wissenschaftsnähe“ eines Sponsors Risiken für Unabhängigkeit, Reputation und inneren Zusammenhalt einer Redaktion erscheinen umso größer, je wahrscheinlicher es ist, dass ein Unterstützer Gegenstand der Berichterstattung wird. Je wissenschaftsnäher ein Förderer, desto wahrscheinlicher werden Konflikte zwischen den Absichten einer Redaktion und denen des Sponsors. Sehr wissenschaftsnahe Förderer können weiter differenziert werden. Das Risiko erscheint umso höher, je konkreter Bezüge zwischen Berichterstattung und Förderer ausfallen. Das Sponsoring durch einzelne Universitäten birgt deshalb noch größere Risiken, dass es zu Konflikten kommt, als die Förderung durch große Wissenschaftsfördererorganisationen.

Faktor 2: Der Anteil einzelner Sponsoren an den Gesamtkosten Es kommt bei dieser Abschätzung auf die Anteile an, die einzelne Sponsoren zur Finanzierung eines Produktes beisteuern. Je größer dieser Anteil ist, desto größer ist das Risiko besonders für die Unabhängigkeit einer Redaktion. Es kommt darüber


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hinaus aber auch darauf an, wie eine Sponsorengruppe zusammengesetzt ist. Es ist für die Risikoabschätzung wesentlich, ob Sponsoren einem einzigen gesellschaftlichen Kontext zuzuordnen sind. Wenn sich ein Angebot etwa zu nicht mehr als fünf Prozent aus den Anteilen eines einzelnen Sponsors finanzieren lässt wie das etwa beim Science Media Center in Großbritannien der Fall ist, dann ist darüber hinaus relevant, ob es sich bei den einzelnen Sponsoren sämtlich um Wissenschaftsorganisationen handelt, bei denen man von einer gleichgerichteten Meinungsbildung ausgehen kann. In einem solchen Fall ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass der Rückzug eines einzelnen Sponsors den Rückzug weiterer Sponsoren nach sich zieht.

Faktor 3: Der Grad der organisationellen und inhaltlichen Einbindung unterstützter Teile in ein größeres Ganzes Risiken für Unabhängigkeit, Reputation/Glaubwürdigkeit und den inneren Zusammenhalt einer Redaktion erscheinen umso größer, je we-

niger abgetrennt ein unterstützter Teil wie eine Beilage oder eine einzelne Sendung von einem Gesamtprodukt inhaltlich und organisatorisch ist. Relevante konkrete Kriterien sind etwa, ob fremdfinanzierte Mitarbeiter eingebunden sind in die Gesamtredaktion und auch anderen redaktionellen Organisationseinheiten zuarbeiten. Dies ist zum Beispiel beim Standard der Fall. Relevant ist darüber hinaus, wie stark sich ein Produkt optisch und inhaltlich von einem Gesamtangebot abhebt.

Das Risiko im Einzelfall

Ausgehend davon lassen sich die Sponsoring Modelle im Wissenschaftsjournalismus bezogen auf ihr Risiko differenziert abschätzen. Die Abschätzung selbst lässt sich grafisch darstellen, so dass die Höhe eines Risikos prinzipiell auf einen Blick erfasst werden kann. Eine solche Abschätzung ist natürlich nicht „objektiv“. Man kann die einzelnen Modelle aber einer subjektiven Abschätzung

durch sehr viele relevante Außenstehende unterziehen lassen und so einen Eindruck gewinnen, wie eine größere Gruppe von Menschen das Risiko abschätzt.

Risiken einzelner Finanzierungsmodelle im Vergleich

Wir haben eine solche Abschätzung bei vier Finanzierungsmodellen gemacht. Wenn man die Risikoabschätzungen der drei Faktoren miteinander kombiniert, ergibt sich, dass das Risiko der Stiftungsfinanzierung (Gruppe 1) vergleichsweise kleiner ist als das Modell, das in Österreich verbreitet ist (Gruppe 4). Am größten ist das Risiko einzustufen bei einem Modell, das ebenfalls in der Schweiz vorzufinden ist (siehe Beitrag „Milde Gaben“): Ein Zusammenschluss von Universitäten bezahlt Wissenschaftsredakteure, die voll eingebunden sind in die Gesamtredaktion. }

Die Graphik zeigt die Risiken ausgewählter Finanzierungsmodelle im Wissenschaftsjournalismus im Vergleich. Graphik: © M. L.

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Auf den Geldgeber kommt es an! Wissenschaftsjournalismus, der von Dritten unterstützt wird, verliert nicht automatisch die Fähigkeit zur Kritik. Eine Replik Von Beat Glogger In der Kritik stehen wir, seit wir die Wissen-Seiten für 20 Minuten produzieren, also seit vier Jahren. Man gewöhnt sich daran, aber man wundert sich auch. Vorgeworfen wird uns, in einem finanziellen Abhängigkeitsverhältnis könne man keinen unabhängigen Wissenschaftsjournalismus betreiben. Die Gewöhnung an diesen Vorwurf tritt natürlich durch dessen fortwährende Wiederholung ein. Interessanter ist die Verwunderung: Sie rührt daher, dass unsere Kritiker immer nur prinzipielle Bedenken vorzubringen haben – obschon ich sie eins übers andere Mal auffordere, konkrete Fälle zu nennen, wo meine Redaktion befangen gewesen sei, wo wir zu wenig kritisch berichtet haben, zu wissenschaftsnah. Gefunden wurde ein solches Beispiel bis jetzt nicht. Natürlich kann es nicht das journalistische Ziel sein, in einem Gratisblatt, das frühmorgens in überfüllten S-Bahnen gelesen wird, die prinzipielle Systemkritik an der Wissenschaft zu üben. Wir verstehen unsere Aufgabe primär im Erklären. Denn, wenn das Publikum nicht weiß, was Nanotechnologie ist, kann ich es schwer mit Kritik an derselben zum Lesen animieren. Aber wenn wir kritisch sein wollen, dann sind wir es. Dies belegte ich kürzlich auf der „ScienceComm13“, der jährlichen in der Schweiz stattfindenden Konferenz der Wissenschaftskommunikatoren und -journalisten. Präsentiert habe ich eine Analyse der Berichterstattung von Sonntagszeitung, NZZ, Tagesanzeiger und 20 Minuten zur Premiere eines humanoiden Roboters der Universität Zürich. Die meisten kritischen Fragen, die meisten Quellen, die höchste Quellentransparenz und die meisten Beispiele lieferten die Sonntagszeitung und wir in 20 Minuten. Gefolgt vom Tagesanzeiger. Die NZZ begnügte sich mit einer Ein-Quellen-Geschichte ohne jeden kritischen Ansatz. Während das Zürcher Traditionsblatt von Weltruf sich also gerne zur

Wächterin über den Qualitätsjournalismus aufschwingt, kann ich zumindest für unseren Wissensteil mit Fug und Recht behaupten: Wir liefern Qualität. Trotzdem reißt die Kritik nicht ab. «Man beißt doch nicht die Hand, die einen füttert», hielt mir eine Kollegin vom Radio einmal vor. Dem stimme ich zu – im Prinzip. Doch meine Maxime lautet anders: «Man läßt sich nicht von einer Hand füttern, in die man gerne beißen möchte.» Will heißen: Nicht von jeder Quelle nehme ich Geld für Journalismus. Ein Ministerium, eine Hochschule, eine Firma? Ausgeschlossen. Und nun bestätigt die Risikoabschätzung von Markus Lehmkuhl mich erst recht in meiner Haltung. Stiftungsfinanzierter Wissenschaftsjournalismus ist von allen Modellen der Fremdfinanzierung das am wenigsten problematische. Das werden meine kritischen Kollegen zähneknirschend zur Kenntnis nehmen (müssen). Ohnehin schulden sie mir noch die Antwort auf eine Frage, die ich ihnen ebenfalls an der ScienceComm13 gestellt habe: Wenn Wissen in 20 Minuten tatsächlich zu wenig kritisch ist, WEIL die Seiten fremdfinanziert sind und/oder WEIL die verantwortliche Agentur auch Kommunikationsaufgaben übernimmt, warum ist dann der Wissenschaftsjournalismus der so genannten unabhängigen Redaktionen nicht kritischer? Was ich vor Lehmkuhls Artikel nicht gewusst habe: dass Österreich ein Medientransparenzgesetz hat , das die mit öffentlichem Geld finanzierten Organisationen zwingt, den Betrag zu nennen, den sie für Medienkooperationen aufbringen. Was wohl so ein Gesetz in der Schweiz auslösen würde? Man erführe vielleicht, warum der Tagesanzeiger, der sich unabhängig nennt, das Patronat für eine Wissenschaftsausstellung übernimmt, dazu eine mehrseitige Berichterstattung liefert und verhindert, dass die veranstaltende Uni anderen Medien Hintergrundinformati-

onen zu der Ausstellung liefert. Oder interessieren diese „kleinen Abhängigkeiten“ die Branche etwa nicht? Und warum schreit niemand, wenn ein Redakteur einer ebenfalls unabhängigen Zeitung in der Jury des Schweizer Buchpreises sitzt, gleichzeitig das Porträt über den Gewinner schreibt, die Präsentation des Buches moderiert – und seine Zeitung die Veranstaltung als Medienpartner unterstützt und bewirbt? Na gut, das ist Kulturjournalismus. Aber muss der nicht auch unabhängig sein? Wo ich mit Lehmkuhl nicht ganz einverstanden bin, ist sein Fazit, dass Verleger zwei Risiken gegeneinander abwägen müssen. Das Risiko, kein Angebot im Wissenschaftsbereich zu machen, mit dem Risiko, Geld von Externen anzunehmen. Es gibt noch eine dritte Möglichkeit: Die Verlage finanzieren eine Wissensseite selbst, weil die Leserschaft sie will. Denn Wissen steht bei Publikumsbefragungen immer ganz oben auf der Prioritätenliste. In der Sonntagszeitung hat das Buch Wissen am zweitmeisten Lesende. Bei der NZZ am Sonntag steht Wissen auf Rang drei. Trotzdem publiziert zum Beispiel das Blatt meiner Heimatstadt lieber drei Seiten Kultur – unter anderem mit Berichten zu Opernpremieren in Bayreuth – als einmal wöchentlich Wissenschaft. Doch vielleicht ist das ganz einfach die Schuld der Wissenschaftsjournalisten selbst, wie Irène Dietschi, die ehemalige Präsidentin des Schweizer Klubs für Wissenschaftsjournalismus in dessen letztem Bulletin zur Diskussion stellte. Was machen wir Journalisten falsch, dass Verleger und Chefredaktoren Wissenschaft nur als Special Interest und nicht als Pflichtstoff sehen? }

Beat Glogger ist Inhaber der Agentur scitecmedia, welche die Doppelseite Wissen in 20 Minuten produziert.


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Was ist Journalismus wert? Eindrücke von der Weltkonferenz der Wissenschaftsjournalisten. Ein Bericht Von Hristio Boytchev

“Es ist eine gute Zeit für den Journalismus, aber eine schlechte für Journalisten”, sagte Ivan Oransky in seinem Vortrag auf der Schlusssitzung der WCSJ 2013. Damit traf er die Stimmung auf dem Welttreffen der Wissenschaftsjournalisten in Helsinki ganz gut. Einerseits zeigte sich hier, dass sich sehr viel tut auf unserem Feld. Sessions zu neuen Darstellungsformen, Geschäftsmodellen und zur Rolle des Wissenschaftsjournalismus überhaupt buhlten um Aufmerksamkeit. Trotzdem war die Medienkrise – in den USA weiter fortgeschritten als hier – als Bedrohung für den professionellen Journalismus immer spürbar. Eine überzeugende Antwort, wie ihr zu begegnen ist, fehlt. Doch was ist professioneller Journalismus überhaupt? Die Veranstaltung, die sich am deutlichsten mit dieser Frage beschäftigte, war die Debatte „Wearing many hats? How to preserve independence“. Initiator war der Niederländer Peter Vermij, der selbst viele Jahre als Wissenschaftsjournalist gearbeitet hatte, bis er zur Wissenschaftskommunikation wechselte. Er habe dann auch aufgehört, sich als Wissenschaftsjournalist zu bezeichnen. Allerdings habe er gemerkt, dass viele Kollegen es nicht so handhaben und sich trotz Neben- und Hauptbeschäftigung an Universitäten oder in der Industrie weiterhin als Journalisten ausgeben. Um das genauer zu untersuchen, hat er eine Umfrage gemacht, deren Ergebnisse er auf der Session vorstellte. Insgesamt hatten sich rund 400 Menschen beteiligt, die angaben, sich mit Wissenschaftsjournalismus zu beschäftigen. Etwa 50 davon kamen aus Deutschland. Drei Viertel präsentierten sich ausschließlich als Journalisten, ein Fünftel gab sich gleichzeitig als Journalist und Öffentlichkeitsarbeiter aus. Doch nur 30 Prozent bezogen ihr

Einkommen allein von Medienhäusern, neun Prozent der Befragten erzielten gar kein solches Einkommen. Ob das nun ein Problem ist, darüber wurde diskutiert. Bora Zivkovic, zu der Zeit noch Blogredakteur bei Scientific American, sah das als harmlos an. “Journalismus ist kein Beruf, sondern eine Handlung. Jeder kann Journalismus ausüben, wenn er zum Beispiel über einen Verkehrsunfall berichtet”. Diese Ansicht ist in den USA beliebt, auch der New-Media-Guru Jeff Jarvis hat sie in ähnlicher Form geäußert. Dass sich jemand, der sich für Blogs stark macht, diese Meinung vertritt, verwundert nicht. Trotzdem lohnt es sich, über die Aussage und ihre Konsequenzen genauer nachzudenken.

Ist Journalismus wie Kochen?

Ist Journalismus also wie Kochen und jeder, der ein Omelett rührt, kann sich Koch nennen? Oder ist die Tatsache, dass man nur von Medienhäusern Einkommen bezieht, etwas Besonderes und Schützenwertes? Ich glaube, wir brauchen eine überzeugende Antwort auf diese Frage, ob und warum professioneller Journalismus einen Wert hat. Sie sollte dann klar und selbstbewusst kommuniziert werden. Was kann also eine Zeitung leisten, das das Greenpeace Magazin oder Max Planck Forschung nicht kann? Ist es Unabhängigkeit? Wie sieht es damit aber dann im Detail aus: Ist ein Journalist noch unabhängig, wenn eine Forschungseinrichtung eine Reise be-

zahlt oder eine Stiftung eine einwöchige Segeltour – Eigenbeteiligung 150 € für WPK-Mitglieder? Es wäre hilfreich, wenn die WPK hier klare Regeln oder Empfehlungen hätte. Das würde die Entscheidung einfacher machen. Die Medienhäuser sollten sich fragen, was für einen Journalismus sie von ihren festen und freien Mitarbeitern erwarten. Geringe Honorare und die Weigerung, Reisekosten zu übernehmen, befördern es eben, dass freie Journalisten gern Nebenjobs annehmen, z.B. mal etwas für die Leopoldina schreiben. Oder auf Pressereisen mit geringer Eigenbeteiligung mitfahren, weil sie sonst überhaupt keine Geschichten machen könnten. Das mag man OK finden, oder nicht. Es sollte aber klar sein: Wenn man findet, dass die FAS doch etwas anderes ist als Helmholtz Perspektiven und Journalismus ein Beruf, dann sollte man darüber nachdenken, ob man durch niedrige Honorare möglicherweise nicht selbst diesen Unterschied zunichte macht und damit auch ein Stück der eigenen Daseinsberechtigung. Die Session “Blurring Lines” war nicht nur aufgrund des Inhalts, sondern auch wegen der Form ein Highlight. Zuerst gab es zwei Eingangsstatements. Kai Kupferschmidt vertrat die ‚reine‘ Lehre: “Wir schreiben als Wissenschaftsjournalisten ständig, wie alles alles beeinflusst, tun aber bei uns selbst so, als ob Geld von außen unsere Meinung nicht ändert.” Anne Sasso stand für den pragmatischen Ansatz. Danach stellte Vermij Fragen an das Publikum: Geben Sie eine Teilfinanzierung einer Geschichte immer in der Zeitung an? Ist es OK, für eine Hochschulzeitschrift zu schreiben und gleichzeitig für eine Zeitung ein Interview mit dem Präsidenten dieser Uni zu führen? Diejenigen, die mit “Ja” antworteten, gingen zur einen Seite des Raumes, die anderen zur

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gegenüberliegenden Seite. Dann sollte man durch Argumente die Gegenseite überzeugen oder seine Position erläutern. Der große Vorteil dieses Formats ist, dass man zu jedem Punkt Stellung beziehen muss. So entsteht ein sinnvoller Dialog. Auch die WISSENSWERTE könnte davon profitieren. Es gab natürlich viele andere interessante Sessions. Die meisten von ihnen sind immer noch nachvollziehbar. Es wurde eifrig unter dem Hashtag #wcsj2013 getwittert, auf der Homepage des Kongresses gibt es Links zu Storify, wo die Tweets verewigt sind. Wie bei der WISSENSWERTE wurde es meist dort spannend, wo es nicht um Wissensvermittlung durch Forscher, sondern um Journalismus ging. Gut fand ich den Workshop “Investigative journalism in science journalism” von Mark Lee Hunter. Er vertritt den Ansatz, dass eine journalistische Recherche stärker einer wissenschaftlichen Methode gleichen sollte. Dazu ist sein Buch “Story-Based Inquiry” zu empfehlen.

Leisten Multi-MediaGeschichten mehr als konventionelle?

“The killer science journalists of the future” war der vielversprechende Name einer Session, die von Bora Zivkovic organisiert wurde. Die Wissenschaftsjournalisten der Zukunft wären, ginge es nach dem Podium, weiblich, jung und amerikanisch – und nicht journalistisch im klassischen Sinne. Erin Podolak etwa schreibt für das DanaFarber Cancer Institute, Rose Eveleth macht Videos für TED-Ed. Die Session vermittelte viel Enthusiasmus für neue multimediale Erzählformen. Doch auf die Frage von Deborah Blum, was denn multimediale Geschichten schaffen, was konventionelle nicht können, kam vom Podium leider nur die Antwort, dass Erzählen immer noch sehr wichtig sei. Darum ging es spezifisch in “Narratives in science writing”. Alok Jha vom Guardian, Ed Yong und Helen Pearson von Nature erzählten von ihren Erfah-

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Workshop ‚Narratives in science writing‘. Der Raum war übervoll, die Veranstalter hatten offenbar die Anziehungskraft des altmodischen Schreibens unterschätzt. Quelle: Flickr

rungen bei der Komposition längerer Stücke. Der Raum war übervoll, die Veranstalter hatten offenbar die Anziehungskraft des altmodischen Schreibens unterschätzt. Am Ende glich der Workshop eher einem Treffen einer Selbsthilfegruppe. Die Sprecher betonten alle, wie schwer das Schreiben gerade längerer Stücke sei. Es gab zwar ein paar Tipps, die dankbar angenommen wurden, z.B. es doch mal chronologisch zu versuchen, Brüche im Text nicht zu scheuen, immer wieder zur Ursprungsidee zurückzugehen – für mehr blieb trotz deutlichen Überziehens der vorgesehenen Dauer aber keine Zeit mehr. Dafür ist das Format auch nicht wirklich geeignet. Hier könnte die WPK vielen deutschen Kollegen mit einem Workshop einen großen Dienst erweisen. Bei einem zweitägigen Seminar zum Thema „Lange Textformen“ könnte man gemeinsam Geschichten planen und auswerten. Die Zeit braucht man, um Tiefe zu erreichen. Auf dem Reporterforum etwa gibt es auch einstündige Workshops, die sich mit langen Stücken beschäftigen – über Allgemeinplätze gehen sie aber selten hinaus. Überhaupt ist aus deutscher Perspektive zu sagen, dass der hiesige Journalismus den internationalen Vergleich überhaupt nicht scheuen sollte. Allerdings könnten wir uns auf solchen Veranstaltungen besser verkaufen. Helsinki war eigentlich ein Heimspiel, da

hätte es mehr Sessions mit deutscher Beteiligung geben können. Das nächste Treffen wird 2015 in Seoul stattfinden, das wurde auf der Abschlusssitzung verkündet. Die Stadt hatte sich gegen den Mitfavoriten aus Kapstadt durchgesetzt, ausschlaggebend soll das bessere Programm gewesen sein. Die letzte Sitzung diskutierte nochmals die Zukunft des Wissenschaftsjournalismus. Alok Jha erntete viel Applaus für seine Bemerkung, er habe auf dem Kongress viel versteckten Hohn gegenüber konventionellem Journalismus gespürt, der nicht gerechtfertigt sei. Abschließend ging es auch noch um Finanzierungsmodelle. Ivan Oransky berichtete stolz von CrowdfundingProjekten seiner Studenten, die hier und da einige Tausend Dollar gesammelt hatten. Es war Peter Evans von General Electric, der die Frage stellte, wie nachhaltig das eigentlich sei. }

Hristio Boytchev ist freier Wissenschaftsjournalist. Er hat Biologie und Journalismus studiert und arbeitet für Spiegel online, Focus und Nature.


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Mit einer guten Idee zwischen allen Stühlen Nach 31 Ausgaben wurde der deutsche Ableger des britischen New Scientist wieder eingestellt. Warum hat das Konzept nicht funktioniert? Eine Analyse Von Annette Leßmöllmann Als die Nachricht durch die TwitterTimeline huschte, dass der deutsche New Scientist nach nicht mal einem Jahr Bestehen Ende Mai 2013 eingestellt werden soll, habe ich spontan einen Kondolenz-Tweet abgesetzt: „Schade“, befand ich. Und meinte das ernst. Sofort antwortete mir einer meiner Absolventen, Online-Journalist und Herausgeber eines hoffnungsfrohen crossmedialen Magazins, Tenor: Wieso? Die haben es nicht anders verdient. Kein innovatives Konzept, keine Online-Impulse, keine Zukunft. War der New Scientist Deutschland (NewSD) einfach nur altbacken, printlastig, Community-fern, zu wenig innovativ, für junge Leute uninteressant? Welche Innovation wäre denn überzeugender gewesen? Und: Geben Leserinnen und Leser für innovative Konzepte im Wissenschaftsbereich Geld aus? Das Scheitern des deutschen New Scientist führt uns mitten hinein in die Debatte um Geschäftsmodelle und veränderte Nutzungsgewohnheiten. Und es führt zur Frage, was „Innovation“ eigentlich sein kann. Tatsächlich war der deutsche New Scientist als Printprodukt konzipiert. Er war zwar online als Tablet-Version verfügbar, aber nicht mit einem wirklich eigenständigen Konzept. Im Web wurde er von einem freundlich gestalteten, aber nicht übermäßig lebendigen Redaktionsblog begleitet. Man lernte die Redaktion kennen. Und das Blog schöpfte unter dem Etikett „Gute Frage“ sporadisch Leserinput ab. Zudem war die Redaktion auf Facebook und Twitter aktiv und bestückte einen eigenständigen Webauftritt mit redaktionellen Inhalten. Dies alles ist heute Standard – das Innovative im Heft muss demnach woanders erwartet werden, nämlich im Inhalt. Und das ist erst einmal nichts Schlimmes, zumindest, was ein Viertel der angepeilten Zielgruppe der NewSD-Leser betrifft, die Studierenden: Eine nichtrepräsentative Umfrage unter 200 Journalismus-Studierenden, die Onlinejour-

nalismus-Student Daniel Höly für seine Diplomarbeit in Darmstadt gemacht hat, ergab, dass die meisten Befragten Printprodukte lesen wollen – „wenn sie relevante Inhalte für uns liefern“. Vorsichtige Schlussfolgerung: Print allein hält die Zielgruppe nicht ab, zuzugreifen. Aber der Inhalt muss ihnen etwas liefern, das sie woanders nicht bekommen.

Die Innovation muss im Inhalt liegen Das gilt für die anderen Zielgruppen des NewSD vermutlich auch, die Matthias Urbach nennt, der als Redaktionsleiter die „Hard Sciences“ im Heft verantwortete: Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftler, insbesondere solche, die inzwischen in anderen Bereichen arbeiten, aber Kontakt mit ihrem Feld halten wollen, sowie interessierte Laien. Also eine Überschneidung mit Geo-, Spektrum-der-Wissenschaftoder Bild-der-Wissenschaft-Lesern, aber auch Lesern der wöchentlichen Wissensressorts bei Spiegel und anderen. Sie alle sollten mit einer anspruchsvollen, aber dennoch allgemeinverständlichen Sprache erreicht werden.

Auf der Suche nach Besonderheiten

Was also war das Besondere am NewSD? Die Reihung beginnen kann man beim Economist-artigen Understatement (dünn, Klammerbindung, Papier wie ein billiges Comic-Heft), aber mit 66 vollgepackten Seiten, handwerklich überzeugend gemacht und offensichtlich von einem engagierten

Team erstellt, gut getextet und recherchiert, mit zurückgenommenem Layout und Konzentration ganz auf die Sache; wöchentlich und aktuell (gut ein Drittel spielte sich allein in der Rubrik „Diese Woche“ ab), mit gesellschaftlichem Dreh – und Humor. Von den Themen her war es breit aufgestellt, auch Sozial- und Geisteswissenschaften kamen vor, hinzu kam Technologisches oder Grundlagenforschung, oft mit besonderem Zuschnitt. Es war ein Heft, das sofort auf das Zeitgeschehen reagieren konnte, anstatt sich in der monatlichen Rückschau in einer Art aktuellen Zeitlosigkeit zu verrenken. Dafür lieferte es aber deutlich mehr Input, als es die Wochentitel auf ihren Wissenschaftsseiten bringen können. Der deutsche New Scientist hatte es sich zum Programm gemacht, gesellschaftliche Debatten wissenschaftlich zu unterfüttern, „auch einer gewissen Wissenschaftsferne in solchen Debatten entgegenzuwirken“, so Matthias Urbach – ganz wie das britische Mutter-Magazin, das sich derzeit inhaltlich auf den amerikanischen Markt ausrichtet und dort der Wissenschaftsfeindlichkeit entgegenwirken will. So war das deutsche Heft also eben gerade nicht „noch so ein Wissenschaftsmagazin“, so Urbach. Was war falsch daran? Ich kann das traurige Schulterzucken von Michael Plasse fast durchs Telefon sehen. Der Verlagsleiter der Manager Magazin Verlagsgesellschaft mbH verantwortete den deutschen New Scientist und sagt: „Wir sind gescheitert. Das muss man sich ehrlich eingestehen.“ Das publizistische Konzept habe nicht funktioniert. Obwohl bis zu 30 000 Probe-Abos abgeschlossen wurden, haben viel zu wenige diese in Bezahl-Abos gewandelt. Die für den Businessplan wichtige Abo-Auflage ist nach wenigen Monaten nicht mehr gewachsen. Da hätte es auch nicht geholfen, noch ein Jahr länger weiterzumachen. Hatte der Verlag einen zu kurzen Atem? Michael Plasse glaubt nicht dar-

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an, dass sich die Abonnentenzahlen von selbst erhöhen, nur weil man abwartet. Allerdings sei auch die Zeit des jahrelangen Päppelns und Querfinanzierens in den Verlagen vorbei. Stichprobenartige Umfragen ergeben den Eindruck, dass der Titel nicht so recht zu seinen Leserinnen und Lesern fand. Manche kannten das Heft gar nicht, manche lasen bereits das britische Heft und wussten nicht, warum sie zum deutschen wechseln sollten; viele wollten sich das Heft erst einmal ansehen und bekamen es im Handel nicht, und nur die Allerwenigsten griffen zum Hörer oder gingen ins Internet und bestellten sofort ein Abo. „Der New Scientist Deutschland sollte sich über den Vertrieb finanzieren“, sagt Michael Plasse. „In diesem SpitzenMarktsegment muss ein solcher Titel ohne große Image-Etats auskommen.“ Die Bekanntheit muss sich also über Leseproben und „Heftkontakte in der Zielgruppe“ aufbauen.

„Wir sind gescheitert“ – am publizistischen Konzept Als reines Kiosk-Produkt funktioniert ein Nischenobjekt wie der NewSD auch nicht, obwohl dort die Platzierung dank des Spiegel-Umfelds schon viel besser war als ein Heft ohne diesen Kontext. Man müsse also in klassisches Abo-Marketing investieren, sprich: Günstige oder sogar kostenlose Probe-Abos, damit die Leser sich ein Bild machen können. Bei kleinen, aber feinen Publikationen aus Plasses Revier, den Wirtschaftstiteln – etwa dem Harvard Business Manager – funktioniere das doch auch. Bleibt die Frage, ob das in den heutigen Zeiten reicht, und ob sich ein Geschäftsmodell eines Wirtschaftstitels auf den Wissenschaftsbereich übertragen lässt. Und ob das „hoch-saturierte Marktumfeld“ der Qualitäts-Wissenschaftstitel den NewSD überhaupt hineingelassen hätte – obwohl in einem solchen Umfeld „Innovation durchaus möglich ist“, wie Plasse betont. Aber da das Heft nun mal eine Abozeitschrift sei, die man nicht in Massen über den Kiosk

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vertreibt, helfe also nur das klassische Direktmarketing. Es sei heute aber viel schwieriger als noch vor 15 Jahren, Leser dazu zu bewegen, für das Gelesene regelmäßig zu bezahlen, das gibt auch Michael Plasse zu. Und es bleibt die Frage: Erreichte die Botschaft des Besonderen, Gesellschaftsbezogenen, Kritischen des deutschen New Scientist potentielle Leser überhaupt? Haben sie erkannt, dass sie hier für sie relevante Informationen bekommen?

Ein Heft, das nicht den Weg zur Zielgruppe fand

Das Portemonnaie zückt, wer Nutzwert im besten Sinne bekommt, z.B. exklusive Wirtschaftsinformationen (Wall Street Journal), Einordnungswissen, das die tägliche Quälerei durch die dicke Tageszeitung ersetzt (Die Zeit), soziale Aufwertung und Bestätigung eines Lebensstils (Landlust). Ob der New Scientist Deutschland irgendeine Form dieses durchaus intellektuellen Nutzwerts, mindestens aber die geforderte Exklusivität bedient hat, bleibt die Frage. Immerhin sind die Wochenmagazine, allen voran der Spiegel aus dem gleichen Haus, mit ihren Wissenschaftsteilen eben doch auch aktuell und gesellschaftsnah aufgestellt. Sie sah Michael Plasse dann auch durchaus als Konkurrenz. „Was habe ich davon, das zu lesen?“ – diese Frage des Lesers müssten sich Zeitschriftenmacher heute doch immer wieder ehrlich vorlegen, das konzedieren auch die Heftmacher Lothar Kuhn und Matthias Urbach. Es zwingt dazu, bei jedem Text und jedem Titel den ganz besonderen Dreh herauszuarbeiten.

Selbstgesteckte Ziele nicht erreicht? Ich habe keine vergleichende empirische Untersuchung gemacht, stichprobenartig allerdings festgestellt: Viele Themen im NewSD standen auch wo-

anders – und nicht jeder Dreh war der ganz besondere, überraschende; er kam manchmal einfach durch die britische oder amerikanische Perspektive eines übersetzten Textes hinein, die interessant zu lesen, aber nicht notwendigerweise für mich relevant war. Aber es zählt nicht nur Exklusivität, sondern auch ein bestimmtes Lebensgefühl oder ein spezieller Zugang zu einem Themenbereich, der Magazine erfolgreich machen kann. „Ein Magazinkauf hat mit Emotionen zu tun“, dem stimmt auch Michael Plasse zu. Vielleicht punktet hier der britische New Scientist bei seinen Lesern, der einen bestimmten Umgang mit Wissenschaft aufgreifen kann. „Er lebt von diesem speziellen Humor und der Wissenschaftskultur, die es schafft, sich hochwertig und doch populär zu geben: diese spezielle angelsächsische Mischung“, sagt Christoph Koch, Ressortleiter Wissen beim Stern und einer, der den New Scientist gerne im Original liest. Das britische Originalrezept funktioniert seit 1956, und das Magazin steht unter anderem für kontroverse Themen und eine mutige Themenwahl, die Forschung als intellektuelles Abenteuer erleben lässt. Hat dieser Zugang in der deutschen Zeitschrift funktioniert? Im deutschsprachigen Raum lesen immerhin bis zu 8000 Menschen wöchentlich den britischen New Scientist. Anstatt nun 8,50 € für diesen am Kiosk auszugeben, sollten sie mit der deutschen Ausgabe für 4,50 € glücklich werden; das war das Geschäftsmodell. Hierfür übernahm die deutsche Redaktion etwa 70 Prozent der Inhalte des Mutterblatts und versah sie mit einem „deutschen Dreh“, der Rest waren eigene Geschichten. Diese redaktionelle Aufgabe war nicht immer einfach: „Manchmal“, gibt Matthias Urbach zu, „mussten wir die englische Perspektive mühsam wieder heraus redigieren“, oder die Texte waren für den „deutschen Dreh“ einfach unpassend: Ein Jubeltext über die tolle Möglichkeit, Abwärme energetisch zu nutzen, hätte hier nur irritiert, weil das für deutsche Verhältnisse ein alter Hut ist. „Auch das Übersetzen war nicht immer einfach“, sagt Urbach. Weil die britischen Geschichten ein anderes Storytelling verwenden, wurde aus einer tollen englischen Geschichte plötzlich eine fade deutsche, die ohne Redigatur und Nachrecherche nicht


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gedruckt werden konnte. Daher habe die Redaktion darauf gedrängt, mehr Eigenes zu machen, um besser auf das Zeitgeschehen reagieren zu können. Waren anfangs noch drei Viertel der Geschichten „importiert“, blieben es am Ende zwei Drittel. Doch das Humorige sei beim deutschen Leser gut angekommen, sagt Chefredakteur Lothar Kuhn. Überschätzt habe man aber die Bekanntheit der Marke New Scientist, mit der deutsche Leser eben doch nicht automatisch das verbanden, was sich die Macher gedacht hatten. „Der englischsprachige Titel signalisiert: ‚Elitepublikation‘“, sagt zudem Christoph Koch. Er vermutet, dass das diejenigen abschreckt, die damit nichts anfangen können – und die anderen, die den britischen New Scientist sowieso schon lesen, sehen oder akzeptieren den Sinn der Eindeutschung nicht.

Zu wenig eigener Wiedererkennungswert

Es stellt sich die Frage, ob der New Scientist Deutschland sich nicht mit Verve zwischen alle Stühle gesetzt hat. Elitär (was in Deutschland schnell nach hinten losgeht) und mit wenig MarkenWiedererkennungswert, aber inhaltlich im Lizenz-Korsett des britischen MutterMagazins und mit wenig Spielraum für die Redaktion. Ein wissenschaftsjournalistisches Konzept, das im vollbesetzten Marktsegment erst gegen die Etablierten aufgebaut und mit Kraft auch als Image kommuniziert werden müsste. Zu dünn, um schick zu sein, was sich wieder mit dem elitären Anspruch beißt. Zu teuer, um mal eben mitgenommen zu werden. Zu früh dran, um konsequent als schickes Tablet-Magazin zu erscheinen und auf den komplizierten und teuren Printweg zu verzichten. Vielleicht geht das in zwei, drei Jahren. Zu klein (und vielleicht doch einen Tick zu traditionell), um offensiv einen SocialMedia-Buzz zu inszenieren oder zumindest eine stabile, hochwertige Community aufzubauen. Was hat die Redaktion falsch gemacht? Aus Verlagssicht nichts! Michael Plasse singt geradezu Lobeshym-

nen auf den Chefredakteur und sein Team. Sie ist mit einer nur 20-köpfigen Mannschaft (inklusive Art Direktion und Schlussredaktion) nach minimaler Vorbereitungszeit an den Start gegangen, hat aufgeräumte Cover produziert, die zu Recht Preise gewonnen haben – und die auch auf dem Tablet wirken (http:// blog.new-scientist.de/wp-content/uploads/Cover_47_12.jpg). Und sie zeigt Humor, auch im Untergang, wie das letzte Cover mit dem Spruch für alle „Per Anhalter…“-Liebhaber zeigt: http://blog. new-scientist.de/wp-content/uploads/ NewScientist_Cover_Vor_Rueck_23.jpg. Aber es fehlte der „Buzz“. Auch wenn man ein Magazin vielleicht nicht allein mit Sozialen Medien an den Start bringen kann (wobei hippe Publikationen wie Business Punk sehr erfolgreich mit Social-Media-Marketing auf den Markt gingen), mit zu geringer Unterstützung durch Facebook etc. funktioniert es garantiert nicht. Außerdem vergibt man sich damit die Möglichkeit, die Bedürfnisse seiner Zielgruppe genauer kennen zu lernen – will sie denn überhaupt gesellschaftlichen Bezug? Welchen Kritikstil braucht sie – die ätzende Spiegel-Manier, oder lieber doch konstruktiv und etwas wellnessartig wie neuerdings bei der Zeit? Lechzt sie nach evidenzbasiertem Wissen und fundierten Entscheidungen? Und wenn ja, wie bereitet man das so auf, dass sie auch versteht, was sie da bekommt?

Wie diese Marktlücke füllen?

Zwar hat der deutsche New Scientist „eine solide Social Media-Arbeit gemacht“, wie Bloggerin und Wissenschaftsjournalistin Beatrice Lugger ihm bescheinigt, die unter anderem das deutsche Scienceblogs-Portal aufgebaut hat. Aber trotzdem: Zeit Wissen „liken“ bei Facebook über 20.000 Personen, Geo 37 000, der New Scientist Deutschland hat gut 2500, was immerhin deutlich mehr ist als Facebook-Muffel P.M. (alle Zahlen vom 8.10.2013), aber doch vergleichsweise wenig. Der Twitter-Kanal hatte 600 Follower. Auch wenn Masse nicht alles ist und redak-

tionelles Marketing natürlich immer am Zeitbudget der Redakteure nagt – hier wäre noch Luft drin. Was nützt es, wenn man im Aboshop schon Anfang Oktober 2012 alle Produkte, Print oder online, kaufen konnte – wenn von dieser Möglichkeit zu wenige Menschen wissen. Ein einziger Leserkommentar findet sich im Redaktionsblog zu der Ankündigung, dass der Aboshop geöffnet ist – und der weist höflich darauf hin, dass man das Blog nicht per RSS-Feed abonnieren kann. Antwort der Redaktion? Keine. Immerhin gab es ein wenig Bewegung auf der Seite, als es darum ging, eine „Gute Frage“ zu posten (und die Antwort gleich mit) http://blog.new-scientist.de/gute_frage/, eine gute Idee, „die wir gerne noch ausgebaut hätten“, so Matthias Urbach. Der – inzwischen abgeschaltete – eigenständige Web-Auftritt mit einer Vielzahl redaktioneller Beiträge erbrachte „in guten Wochen 150 000 bis 200 000 Seitenaufrufe“, sagt Lothar Kuhn. Doch die Zersplitterung der Community zwischen Facebook und eigenem Auftritt machte wohl auch dem NewSD zu schaffen. Vielleicht wäre ein ausgeprägterer Community-Aufbau angezeigt gewesen – nicht, um sich innovativ zu geben, sondern, um das tatsächlich vorhandene, inhaltlich innovative Konzept auch zu kommunizieren. Denn eigentlich braucht der Wissenschaftsjournalismus genau das: Ein Magazin, das evidenzbasiertes und wissenschaftsgefüttertes Weltverständnis vermittelt; eine Wissenschaftsberichterstattung, die aktuell und geballt daher kommt und thematisch breit aufgestellt ist; einen Wissenschaftsjournalismus, der nicht auf politischem, wirtschaftlichem und technischem Auge blind ist. Aber dieses Konzept muss vermittelt werden – das ist nicht geglückt. Schade eigentlich. }

Annette Leßmöllmann ist Professorin für Wissenschaftskommunikation am Karlsruher Institut für Technologie (KIT).

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Schokolade macht schlank Murks aus der Feder von Kollegen oder von Wissenschaftlern ist nicht selten. Soll man das korrigieren oder ignorieren? Ein Standpunkt Von Alexander Mäder

Das sei ein schwarzer Tag für den Wissenschaftsjournalismus gewesen, schrieb der Statistiker Gerd Antes in einer Rundmail. Der Fall liegt schon anderthalb Jahre zurück, doch er eignet sich so gut wie andere, um zu fragen, ob der Journalismus nicht manchmal still halten sollte. Ende März 2012 gab die University of California in San Diego eine Pressemitteilung mit der Überschrift „Regular Chocolate Eaters are Thinner“ heraus, die in Deutschland hohe Wellen schlug. Nicht alle, aber doch viele Medien brachten die Nachricht mit einer Überschrift der Art „Schokolade macht schlank“ heraus. Das Netzwerk für Evidenzbasierte Medizin kritisierte das später in einer eigenen Pressemitteilung: Journalisten hätten die Bürgerinnen und Bürger – unabsichtlich oder bewusst – in die Irre geführt. Die Studie ist im Journal „JAMA Internal Medicine“ (Band 172, Seiten 519 – 521) erschienen und geht auf eine ordentliche Befragung zurück. Die Medizinerin Beatrice Golomb untersucht eigentlich die Wirkung von Statinen, doch sie hatte in ihren Fragebögen zu den Lebensgewohnheiten der rund 1000 Teilnehmer auch nach dem wöchentlichen Schokoladenkonsum gefragt. So war es möglich, den statistischen Zusammenhang mit dem

Body Mass Index zu berechnen. Er ist leicht negativ, das heißt: Wenn der Body Mass Index steigt, dann sinkt tendenziell der Schokoladenkonsum. Der Einwand der Statistiker und Mediziner ist aus Büchern und Journalisten-Fortbildungen bekannt: Eine Korrelation reicht nicht aus, um einen kausalen Zusammenhang zu begründen – also in diesem Fall die Aussage, dass die Schokolade den Body Mass Index beeinflusst. Es könnte schließlich genauso gut umgekehrt sein: Wer dünn ist, isst häufiger Schokolade, gerade weil sie oder er glaubt, es sich leisten zu können. Der statistische Zusammenhang ist mit beiden Erklärungsansätzen vereinbar und belegt daher keinen von ihnen. Die kausale These, dass Schokolade schlank mache, ist spekulativ. Journalisten haben die frisch veröffentlichte Studie nicht nach ihrer wissenschaftlichen Qualität für die Berichterstattung ausgewählt, sondern weil sie eine Frage betrifft, die viele umtreibt: Wie viel Schokolade ist gut für mich? Eine solche Auswahl ist grundsätzlich berechtigt, weil sich Journalismus nicht an dem orientieren sollte, was wissenschaftlich relevant ist, sondern an dem, was aus der Wissenschaft für sein Publikum relevant ist. Doch in diesem Fall hätte man zum

Ergebnis kommen müssen, dass die Studie die Frage, wie viel Schokolade gut für einen ist, nicht beantwortet.

Studien: Fehlinterpretation hochwillkommen? Nun kann man einwenden, dass Beatrice Golomb und ihre Hochschule wenig unternommen haben, um Journalisten darauf hinzuweisen, dass die kausale These spekulativ ist. Im Gegenteil: In einem Youtube-Video, das die Pressemitteilung ergänzt, sitzt Beatrice Golomb in einem Pralinengeschäft und erläutert dort die angeblich positiven Wirkungen der Schokolade auf den Stoffwechsel. Man darf wohl unterstellen, dass es ihr ganz recht war, wie die Studie von deutschen Journalisten aufgenommen worden ist. Ein Teil des Problems liegt also im Wissenschaftsbetrieb. Doch das hilft dem Journalismus nicht weiter, denn er muss aufpassen, dass er nicht in die Irre geleitet wird. Im Normalfall sollte es so laufen: Der kritische Journalist erkennt die Ein-


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schränkungen der Studie und legt sie zur Seite. Sie oder er überlegt vielleicht noch, ob sich ein Beitrag zum Hype der Pressearbeit lohnen würde. Aber dazu müsste es eine Universität in der Nähe sein oder eine bekannte Autorin. Und dann schlägt die Studie doch so hohe Wellen, dass das Thema wieder aufkommt: Sollte sie oder er die Studie doch noch aufgreifen, um sie richtig einzuordnen – und dabei die Berichte der Kollegen zu relativieren oder zu korrigieren? Dann wären die Medienberichte der Anlass und nicht mehr die Studie. Ist das in Ordnung? Widerwille regt sich, denn dafür bin ich jedenfalls nicht Journalist geworden. Was gibt man als Berufsstand für ein Bild ab, wenn man sich mit den Berichten der Kollegen befasst statt mit dem echten Leben? Man vergeudet Ressourcen für letztlich uninteressante Ergebnisse und bestätigt womöglich den Verdacht des Publikums, dass viele Journalisten unkritisch sind. Es mag zwar schwer zu ertragen sein, den kausalen Schluss „Schokolade macht schlank“ unkommentiert stehen zu lassen – und er war so oft zu hören und zu lesen, dass man befürchten musste, dass er hängen bleibt. Doch es wird schon niemand so dumm gewesen sein, nach Lektüre einer entsprechenden Meldung eine Schokoladendiät zu beginnen. Die Meldung hatte einen Schön-wär’s!-Klang und dürfte das Publikum kaum über den Augenblick hinaus beschäftigt haben. Und selbst wenn: Wer sich tatsächlich ernsthaft gefragt hat, ob Schokolade schlank macht, würde richtige Einordnungen im Internet rasch finden.

Die Tücken der Themenwahl

Manche Journalisten werden sich hingegen über die Gelegenheit gefreut haben, die Aussagekraft von Korrelationsstudien zu erläutern, denn einen guten Anlass dazu hat man nicht oft. Das Netzwerk für Evidenzbasierte Medizin kritisiert zwar, dass immer wieder Kor-

relationsstudien für kausale Schlüsse missbraucht würden, doch nur selten werden sie so stark verbreitet wie im Fall der Schokoladenstudie. Die Themenauswahl der tagesaktuellen Medien unterscheidet sich in der Regel so deutlich, dass Studien eher selten übereinstimmend von mehreren Medien ausgewählt werden. Doch das mindert den Widerwillen nicht wirklich. Man steht vor einem Dilemma. Mein Publikum hat aus anderen Quellen von der Studie gehört, steht ihr möglicherweise skeptisch gegenüber und erwartet nun von mir eine Einordnung. Sich dem zu verweigern, wirkt so, als hätte man zu diesem Thema nichts zu sagen. Deshalb fügt man sich womöglich zähneknirschend. In anderen Ressorts mag das gang und gäbe sein. Aber das macht es für den Wissenschaftsjournalismus nicht erstrebenswert. Denn Übereinstimmung in der Themenwahl ist nicht viel wert, wenn es keine gute Wahl ist.

sorts das volle Programm. Und wenn eine Meldung wie die über die Schokoladenstudie überall auftaucht, dann gilt das als Beleg dafür, dass sie wichtig ist. Dann folgt die Frage: Warum haben wir nichts dazu gemacht? Doch diese Frage sollten Wissenschaftsjournalisten lernen, selbstbewusst zu beantworten. Hier könnte sich zeigen, wie ernst es ein Medium mit dem oft geäußerten Wunsch nach eigenen Geschichten meint: Traut es sich, gegen den journalistischen Mainstream zu entscheiden und auf ein anderes Thema als die Schokoladenstudie zu setzen?

Die Alternative wäre mehr Mut zum Profil: Wofür steht mein Medium? Will ich wissenschaftliche Erkenntnisse als Service aufbereiten, will ich beeindruckende Geschichten erzählen oder will ich aufklären und vor falschen Schlüssen warnen? Nicht jedes Medium muss alle Aufgaben erfüllen, und deshalb muss sich auch nicht jeder Journalist unter Druck fühlen, die Schokoladenstudie einzuordnen. Für den einen sind forschungspolitische Entscheidungen wichtig, weil es um Geld geht, für andere stehen Expertisen zu politischen Fragen im Vordergrund. Wieder andere setzen auf gehobene Unterhaltung und zeigen die überraschenden Phänomene der Tierwelt oder der Quantenwelt auf. Und im großen Feld der Medizin gibt es diejenigen, die den besten ärztlichen Rat zusammentragen, und diejenigen, die sich mehr für die Grundlagenforschung und neue Medikamente interessieren, und diejenigen, die Fehlentwicklungen im Gesundheitssystem herausarbeiten. Die Relativierung der Schokoladenstudie ist nur für Medien interessant, in denen regelmäßig Ernährungstipps gegeben werden oder wissenschaftstheoretische Reflexion betrieben wird, denn nur bei ihnen dürfte das Publikum eine Einordnung erwarten. Aber in der Regel erwarten Chefredakteure von ihren Wissenschaftsres-

Das Science Media Center Deutschland (SMC), das die WPK mit Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft plant, könnte dabei helfen. Denn diese Einrichtung soll Journalisten auch vor irreführender Berichterstattung schützen. Bei der Schokoladenstudie könnte das Center zum Beispiel Experten bitten, die Aussagekraft der Studie einzuschätzen, und den Journalisten damit nahelegen, die Studie lieber zu ignorieren. Doch auch das SMC wird sich entscheiden müssen, wie es seine Kapazitäten einteilt. Wäre seine Hilfe nicht wichtiger bei Studien, die schwieriger einzuschätzen sind als die Korrelation zwischen Body Mass Index und Schokoladenkonsum? Bisher ist das SMC nur darauf festgelegt worden, seine Themen nach journalistischen Gesichtspunkten auszuwählen. Es hat daher noch den Spielraum, die Ziele genauer zu bestimmen. }

Orientierung durch das Science Media Center?

Alexander Mäder leitet das Wissenschaftsressort der Stuttgarter Zeitung.

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H5N1: Die biologische Forschung braucht neue Regeln Die Experimente mit den angeschärften Vogelgrippe-Viren H5N1 haben vor zwei Jahren öffentlich für Aufsehen gesorgt. Sie beschäftigen Institutionen wie den Deutschen Ethikrat nach wie vor. Dessen stellvertretenden Vorsitzenden haben wir gebeten, seine Haltung zur Einschränkung der Forschung darzulegen. Eine Expertise Von Wolf-Michael Catenhusen

Im Jahr 2011 begannen zwei Forschergruppen in den USA und in den Niederlanden mit Arbeiten an einer neuen Variante des Vogelgrippevirus H5N1. Ziel der breit diskutierten Versuche war es, die Gefährlichkeit des Erregers durch gezielte Mutation deutlich zu steigern. Die Forscher wollten verstehen, mittels welcher Eigenschaft der Erreger durch die Luft zwischen Säugetieren übertragen werden kann. Bei den Experimenten im Hochsicherheitslaboratorium sollten also in der Natur bisher nicht vorkommende, womöglich auch für Säugetiere hochansteckende Varianten des Vogelgrippevirus H5N1 erschaffen werden. Begründet wurden diese Experimente damit, dass man Erkenntnisse über die Struktur von Viren mit Pandemiepotential benötige. Auch stärker anwendungsbezogene Gründe wurden vorgebracht: So sollten die Versuche bei der Entwicklung von Impfstoffen und Überwachungsmethoden helfen. In den Diskussionen blieb schon der Beitrag solcher Projekte für den Erkenntnisgewinn in der Forschung umstritten. Auch der anwendungsbezogene Nutzen ist umstritten: Einzelne Experten stellen den Sinn solcher Experimente für die Impfstoffentwicklung in Frage. Sie verweisen darauf, dass etwa Beiträge der Genomsequenzierung einen ungleich relevanteren Beitrag zur Entwicklung wirksamer Impfstoffe gegen neu auftretende Krankheitserreger leisten. Grundsätzliche Bedenken werden vor allem deshalb vorgebracht, weil solche „optimierten“ Krankheitserreger besonders gut als Waffe von Terroristen missbraucht werden könnten – genau das gilt auch für den gezielt optimierten H5N1-Virus. Die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse, so die Kritik,

könne eine Bauanleitung liefern, zu der weltweit „interessierte Kreise“ Zugang erhielten. Solche „Biosecurity“-Fragen beschäftigen unsere Gesellschaften verstärkt, seitdem Briefe mit gefährlichen Bioagenzien wie Anthrax verschickt wurden. Unter dem Eindruck solcher Attacken stellte die EU-Kommission 2008 fest, dass „Biologische Waffen vermutlich besonders attraktiv für Terroristen sind.“

Das Dilemma Dual - Use

Bei den Experimenten in den Niederlanden und den USA geht es keinesfalls um die Herstellung biologischer Waffen, die durch die weltweite B-Waffen-Konvention verboten ist. Es geht vielmehr um das Grundproblem der doppelten Verwendung, dem „Dual-Use in der biologischen Forschung“. Das Dilemma tritt immer dann auf, wenn im Labor Organismen mit toxischen oder pathogenen Eigenschaften entstehen. Bei solchen Experimenten stellt sich aus politischer Perspektive die folgende Frage: Unterliegen Forschungsvorhaben an Krankheitserregern, Viren oder Bakterien, die auf bloßen Erkenntnisgewinn oder auf konkreten medizinischen Nutzen abzielen, auch dann der Forschungsfreiheit, wenn deren Ergebnisse direkt durch Dritte zur Herstellung von „Biowaffen“ genutzt werden könnten? Dürfen solche Experimente der freien Entscheidung des Wissenschaftlers überlassen bleiben oder braucht die Wissenschaft Vorgaben für verantwortliches Handeln? Wären solche Überlegungen mit der starken Stellung

der Wissenschaftsfreiheit in unserem Grundgesetz vereinbar? Die Wissenschaftsfreiheit kann in Deutschland nur dann eingeschränkt werden, wenn sie in Konflikt mit konkurrierenden Schutzgütern der Verfassung gerät. Dazu zählen insbesondere der Schutz der Menschenwürde sowie der Schutz von Gesundheit und Leben von Menschen. Die Zahl der Schutzgüter wurde vor gut 10 Jahren durch die Aufnahme des Tierschutzes und des Umweltschutzes als Staatsziele im Grundgesetz ausgeweitet. Hinzu kommt, dass die Verpflichtung des Staates mittlerweile nicht nur die Gefahrenabwehr umfasst, sondern auch die Risikovorsorge. Beispielhaft für diese Erweiterung der Schutzpflichten ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom November 2010: Der Gesetzgeber hat danach „gleichermaßen den in Art. 20a GG enthaltenen Auftrag zu beachten, auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen. Dieser Auftrag kann sowohl die Gefahrenabwehr als auch die Risikovorsorge gebieten. Zu den nach dieser Maßgabe von Art. 20a GG geschützten Umweltgütern gehören auch die Erhaltung der biologischen Vielfalt und die Sicherung eines artgerechten Lebens bedrohter Tier- und Pflanzenarten.“

Die biologische Forschung braucht neue Maßstäbe

Braucht die biologische Forschung also neue Regeln und Maßstäbe für


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einen verantwortlichen Umgang mit „Biosecurity“-Fragen? Meine Antwort lautet mit Blick auf das Vorsorge-Gebot staatlichen Handelns: Ja! Offen bleibt damit allerdings die Frage, ob diese Regeln und Maßstäbe im Rahmen einer Selbstverpflichtung der Wissenschaft ausgestaltet werden, also zum Beispiel durch einen VerhaltensKodex. Und wenn ja: Soll es sich dabei um Ratschläge handeln oder Regeln mit verbindlichem Charakter? Müssen die „Biosecurity“-Risiken in den Prozess der Entscheidung über Anträge auf Forschungsförderung einbezogen werden? Oder brauchen wir hier weitere gesetzliche Vorgaben, um Schaden abzuwenden? Die geltenden Bestimmungen im Gentechnikgesetz und der Biostoffverordnung beziehen sich auf den Schutz der Gesundheit, des Lebens von Menschen, aber auch der Umwelt vor gefährlichem biologischem Material in der Forschung oder am Arbeitsplatz. Die Frage lautet nun: Soll, ja kann dieser Schutz auch auf möglicherweise rein hypothetische Risiken des Missbrauchs der Ergebnisse biologischer Forschung zu terroristischen Zwecken ausgeweitet werden? Denkbare Schadensausmaße bei einer Epidemie abzuschätzen ist das Eine. Entscheidender scheint mir aber die Frage, ob man Aussagen über die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Missbrauchs von Forschungsergebnissen überhaupt treffen kann. Solche neuartigen Fragen an Verantwortung von Grundlagenwissenschaft in der Gesellschaft sind nicht nur in Deutschland klärungsbedürftig. Immerhin hat das deutsche Wissenschaftssystem erste Schritte vollzogen. Schon 2008 hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft Richtlinien zur Berücksichtigung von „Biosecurity“Fragen im Antrags- und Entscheidungsverfahren über die Finanzierung von Forschungs-Projekten beschlossen. Hier stellen sich Fragen nach den bisherigen Praxiserfahrungen. Und: Welche Forschungsorganisation außer der DFG kann und muss handeln? Vor einem Jahr hat die LeibnizGemeinschaft in Wahrnehmung ihrer

Verantwortung Verhaltensregeln für Fragen der Biosicherheit für Einrichtungen im Umgang mit biologischen Ressourcen erlassen, mit Vorgaben für eine Verbesserung des Informationsstandes, Fragen des Datenschutzes, darunter auch die Einführung von Zugangskontrollen zu gelagerten biologischen Ressourcen mit „Dual-Use“ Relevanz. Das auf diesem Gebiet vorbildlich tätige Robert-Koch-Institut begleitet diesen Prozess mit eigenen Aktivitäten.

Es besteht Handlungsbedarf

Unternommen wurden erste Schritte auf dem Weg zur Minderung des „DualUse“-Risikos, ob sie ausreichen, bleibt die Frage: Ein elementarer erster Schritt ist die Verbesserung des Informationsstandes in der Wissenschaft selbst über „Dual-Use“-relevante Forschung in den Biowissenschaften zum Beispiel im Feld der Synthetischen Biologie. In Deutschland sollte zudem ein Studium, eine Promotion in den Biowissenschaften verpflichtend eine Aufklärung zu „Dual-Use“-Aspekten beinhalten. Andere Länder wie Großbritannien verfügen über hochqualifiziertes Informationsmaterial zu diesen Fragen. Solches Material ist in Deutschland zentral für alle Forscher in den Biowissenschaften zu erstellen. Die Amerikaner verfügen als bisher einziges Land seit 2004 über eine unabhängige zentrale Expertenkommission zu Fragen der „Biosecurity“, den National Science Advisory Board of Biosecurity (NSABB). Das Gremium einschlägiger Experten berät Regierung, aber auch Wissenschaft, Medien und Gesellschaft. Es ist aus Experten der biologischen Forschung, aber auch Experten für die Bewertung von Fragen des Terrorismus zusammengesetzt. Eine solche Kommission in Deutschland, oder auf EU-Ebene ist von strategischer Bedeutung für Klärungs- und Entscheidungsprozesse in der Wissenschaft und in der Politik.

Seit 2005 wird versucht, das Feld „biosecurity“-relevanter Forschung in den Biowissenschaften auf das Gebiet „Dual-Use-Research of Concern“ zu begrenzen, auf Forschung, „die nach gegenwärtigem Verständnis voraussichtlich Wissen, Produkte oder Technologien zur Verfügung stellt, die direkt von Anderen missbraucht werden können, um die öffentliche Gesundheit und Sicherheit, Landwirtschaft, Pflanzen, Tieren, die Umwelt oder Güter zu bedrohen“. Eine solche Definition hat auch die DFG ihren Richtlinien zugrunde gelegt, wobei zu klären wäre, was „direkt“ in diesem Zusammenhang bedeuten soll, wenn schon die Publikation der genetischen Sequenz eines neuartigen Erregers Dual-Use-Potenzial besitzt. Eine weitere Schlüsselfrage lautet: In welchen Fällen halten wir vor dem Start von Forschungsprojekten eine RisikoNutzen-Bewertung für sinnvoll oder gar für erforderlich? Wer besitzt die erforderlichen Informationen und Methoden für eine solche Bewertung? Was müsste die Politik gegebenenfalls tun? „Dual-Use“-Forschungsprojekte sind in Deutschland bisher nicht bekannt geworden. Es gibt vermutlich nur sehr wenige hierzulande. In diesem Sommer wurde in „Science“ und „Nature“ angekündigt, die Forschung an Vogelgrippe Viren vom Typ H7N9 weiterzuführen. Zugleich wurde ein neues Regelwerk der USRegierung für solche Forschungen angekündigt. Es soll Vorgaben für das Antrags- und Entscheidungsverfahren und weitere Regeln für die Förderungen solcher Forschung enthalten. Derweil geht die Entwicklung in den biologischen Wissenschaften mit hohem Tempo voran. Es besteht unverändert Handlungsbedarf. }

Wolf-Michael Catenhusen ist Staatssekretär des BMBF a.D. und stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Ethikrates

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Es war eine kleine Revolution Vor zehn Jahren ging das WPK-Quarterly zum ersten Mal online. Ein Rückblick und Ausblick Von Volker Stollorz

Es war der 27. Oktober 2003. Damals startete nach intensiven Planungen die neue Kommunikationsplattform der Wissenschafts-Pressekonferenz. Als das „Baby“ endlich „online“ war, begann für mich als damaliger InternetVorstand der Wissenschafts-Pressekonferenz (WPK) eine kleine Revolution. Ihre Spuren reichen bis heute. Die Initiative hin zu mehr Vernetzung und Sichtbarkeit der WPK war im November 2002 von einer kleinen Gruppe von Mitgliedern um Michael Lange, Claudia Ruby, Thomas Liesen und mir ausgegangen. Die Erneuerer wollten dem damals leicht sklerotischen Verband mit einem „Plädoyer für frischen Wind“ wieder mehr Leben einhauchen und so neue Mitglieder werben. Dazu sollte sich der Verein als Netzwerk zur Förderung des Wissenschaftsjournalismus in allen seinen Facetten positionieren. Nicht nur persönlich, sondern auch online sollten sich Interessierte über Themen und Entwicklungen informieren können, Mitglieder konnten „crossmedial“, d.h. über alle Medienformate hinweg, voneinander lernen.

Das WPK-Quarterly wollte seine Leser immer über das Internet erreichen Für den neuen Internetauftritt wurde schon damals ein Diskussionsforum eingeplant, es wurde aber damals wie heute kaum genutzt für Beiträge und Kommentare. Es gab schon damals – dank des unermüdlichen und findigen Webentwicklers Thilo Bauer – ein innovatives Videostreaming von WPK-Pres-

sekonferenzen, bei dem sich Mitglieder bundesweit in lokale Veranstaltungen ihres Verbandes einwählen konnten. Es gab schon damals intensive Diskussionen, welchen Stellenwert eine solche Mediathek und Internetplattform im Verband der WPK haben sollte. Auf der neuen Webseite präsentierte sich im Oktober 2003 auch ein „ambitioniertes neues Magazin für Wissenschaftsjournalisten.“ Die Artikel im WPK-Quarterly konnte man im Volltext online oder als PDF lesen. Mit der Gründung des Online-Magazins wollte die „Frische Wind“-Gruppe das sich „rasch wandelnde Feld des Wissenschaftsjournalismus kritisch begleiten.“ Die Redaktion war von Beginn an winzig, redigiert wurden die Texte in einem einfachen Redaktionssystem online, Thomas Kamp besorgte das schlanke Layout der ersten PDF-Version, das Quarterly wurde ein Klassiker der Selbstorganisation.

Einzelne Schwerpunktthemen sind bis heute lesenswert Schon der Schwerpunkt der ersten Ausgabe, sie zählte 14 Seiten, bleibt bis heute lesenswert. Das heiße Thema lautete: „Forscher am Pranger!“ Im Editorial diskutierte ich die ambivalente Rolle von Journalisten bei der Aufklärung von Verdachtsfällen. Hintergrund war ein Beispiel von mutmaßlichem Fehlverhalten eines französischen Forschers, der einem falschen Verdacht zum Opfer gefallen war. Der Stoff wurde in mehreren Perspektiven vertieft. Die Kollegen Hubert Rehm (Laborjour-

nal), Ulrich Schnabel (Die Zeit) und Holger Wormer (SZ), berichteten aus der Praxis ihrer Berichterstattung. Siegfried Großmann, damals Ombudsman der DFG, steuerte Überlegungen über juristische Minenfelder medialer Aufklärung von Fehlverhalten aus der Sicht einer Wissenschaftsförderorganisation bei. Das Thema Forschungsfälschung und Verdachtsberichterstattung gehört heute zum Mainstream. Sogar die deutsche Forschungsministerin stürzte über ein angebliches Plagiat. Aber es war das Team des Quarterly, dass die Brisanz des Themas früh erkannte und den Kollegen den Austausch über die journalistischen, ethischen und juristischen Fallstricke ermöglichte. Es ist schade, dass die frühen Ausgaben des WPK-Quarterly nicht mehr im Netz zu finden sind, erzählen sie doch ein Stück Geschichte im deutschen Wissenschaftsjournalismus. Einige Artikel dienten als Grundlage für das Buch „Fakt, Fiktion, Fälschung – Trends im Wissenschaftsjournalismus“ aus dem uvk-Verlag, andere werden bis heute in der Ausbildung junger Wissenschaftsjournalisten eingesetzt. Schon in der ersten Ausgabe des WPK-Quarterly findet sich eine weiterhin aktuelle Sicht eines Außenseiters auf den Wissenschaftsjournalismus. Damals kritisierte Jens Katzek – in der Rubrik „Unter der Lupe“ – den Umgang der Medien mit der „Grünen Gentechnik“ aus der Sicht der Wirtschaft. Schon der Titel „Warnen ja, aber wo bleibt die Entwarnung?“ war bewusst provokant gewählt. Immer wieder widmete das WPK-Quarterly dem „Wann-und-wierichtig-warnen“ inspirierende Beiträge, frühzeitig übrigens auch über die Risikokommunikation durch Klimawissenschaftler im Weltklimarat IPCC. Wer die Kurzporträts der neuen WPK-Mitglieder in der ersten Quarterly-


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Ausgabe überfliegt, der erfährt, dass der Verein 2003 für Talente attraktiv wurde. Unter anderen Sascha Karberg, Klaus Koch, Volkart Wildermuth und Kathrin Zinkant prägen den Wissenschaftsjournalismus mit ihren Arbeiten und Aktivitäten bis heute mit. Bereits in der zweiten Ausgabe wagte das WPK-Quarterly eine Positionsbestimmung und erkundete unbescheiden den wachsenden Trend hin zu mehr Entertainment: „Wissen statt Wissenschaft: Wo steht der Wissenschaftsjournalismus heute?“ lautete das Thema des Schwerpunkts. Darin stellte Michael Lange eine damals mutige und bis heute virulente Frage an seine Kollegen im Radio: „Ran an den Experten oder ran an die Oma?“ Früh erspähte die Redaktion auch den Trend hin zu einem „politischen Wissenschaftsjournalismus“, bei dem sich der Wissenschaftsjournalist „quasi als Experte oder Anwalt des Lesers oder der Leserin in klinische Studien vertieft.“ Ein Novum, das sich zu einer Zeit ereignete, als die Risiken der Hormonersatztherapie für Frauen in den Wechseljahren kritischer bewertet wurden. Und zwar entgegen dem Rat ärztlicher Fachgesellschaften, deren Experten damals weiterhin Werbebotschaften verbreiteten und verschwiegen, dass sie in Lohn und Brot der Hersteller von Hormonpillen standen.

Das WPK-Quarterly als Forum für interdisziplinären Dialog Bereits im zweiten Heft tauchte erstmals auch ein Kommunikationswissenschaftler mit seinem analytischen Blick auf unsere Zunft auf. Matthias Kohring, Autor des Buches „Vertrauen in Journalismus“, provozierte mit seinen Konzepten zur „Symbolischen Leistung der Wissenschaftsberichterstattung“. Es gehe für das Publikum nicht um die Formel „Vertrauen durch Wissen“, sondern stattdessen um „Vertrauen statt Wissen.“ Kohring forderte folgerichtig schon damals und zu Recht, der Journalismus sei für die Gesellschaft „viel zu wichtig, als dass er sich vor den Karren der Wis-

senschaft spannen lassen sollte.“ Die Redaktion hoffte damals in ihrem Editorial, dass WPK-Quarterly möge „den interdisziplinären Dialog“ voranbringen, immerhin sei das Magazin „selbst Ergebnis eines solchen.“ Die originelle und eigenwillige Verbindung zwischen Praxis und Theorie des Wissenschaftsjournalismus sollte eines der Alleinstellungsmerkmale des Quarterly werden. In der dritten Ausgabe, in der Redaktion arbeiteten nun Thomas Kamp, Grit Kienzlen, Thomas Liesen und Volker Stollorz mit, hieß der Schwerpunkt „Radioreporter unter Druck.“ Es ging nicht das letzte Mal um die Krise im Journalismus, Sparzwänge und das Problem der Qualitätssicherung im Wissenschaftsjournalismus. Schon diese kurze Wiederlektüre der ersten Ausgaben – im Quarterly gab es seither viele weitere erstaunliche Themen und Initiativen bis hin zu kleinen „Forschungsprojekten“ – umreißt klar das programmatische Ziel der damaligen WPK-Quarterly-Redaktion. Es sollte um „heiße Eisen“ gehen, den interdisziplinären Austausch, einen analytischen Blick von außen auf den Wissenschaftsjournalismus, aber auch um praktische Fragen der Recherche, das Sichern von Qualität und frische Ideen, wie Wissenschaftsjournalisten aus ihrem Ghetto ausbrechen und mit Krisen im Verhältnis von Wissenschaft, Wissenschaftsjournalismus und Öffentlichkeit umgehen sollten. Kurzum, das Quarterly wollte Wissenschaftsjournalisten Orientierung bieten bei der journalistischen Beobachtung der Wissenschaft und dabei Publikumserwartungen im Blick behalten. Der Name „Quarterly“ entstand übrigens, weil der ehrenamtlichen Redaktion kein besserer einfiel und sie sich selbst unter Druck setzen wollte, in jedem Jahr vier Ausgaben zu stemmen. Das gelang nicht immer, weil der Kreis der komplett ehrenamtlich arbeitenden Mitarbeiter stets zu klein blieb. Das ist heute noch so, zum Glück stoßen immer wieder junge Talente ins Team, die eine Zeit lang mitarbeiten und dabei Erfahrungen sammeln, die wiederum die eigene Karriere befördern können. Wer mir 2003 vorhergesagt hätte, dass das WPK-Quarterly zehn Jahre später noch existieren würde, den hätte

ich für verrückt erklärt. Ich fragte mich damals und frage mich noch immer, ob und wenn ja welchen Wissenschaftsjournalismus es in zehn Jahren noch geben wird, in Zeiten der „Digital Disruption.“

Der richtige Platz des WPK-Quarterly ist der zwischen allen Stühlen Was also kann die Redaktion heute noch von den Anfängen des WPKQuarterly lernen auf dem Weg in die Zukunft? Zunächst einmal sollte die Redaktion weiter als Wanderer zwischen verschiedenen Welten agieren, ihr richtiger Platz ist der zwischen allen Stühlen. Das Quarterly ist insofern ein prekäres Projekt. Es verdankt dem Engagement und der inneren Freiheit seiner Macher alles. Seit Jahren prägt Markus Lehmkuhl das Magazin mit großem Engagement und einzigartiger interdisziplinärer Kompetenz als Chefredakteur. Die angestrebte Professionalisierung hin zu einer „echten“ Zeitschrift mit Abonnenten ist trotz aller Ideen nicht gelungen, eine ISSN-Nummer etwa hat das Quarterly erst seit kurzem. Die richtige strukturelle und finanzielle Verortung des Magazins im Verband ist weiterhin nicht wirklich geklärt. Nach wie vor weiß die Redaktion nicht, wie viel seines Budgets der Verband diesem Magazin dauerhaft einräumen will, welchen Wert dieses Magazin hat im Vergleich zu Reisen und Fortbildungen.

Man muss in der Zukunft der Versuchung widerstehen, das Rad neu erfinden zu wollen Sein Bekanntheitsgrad könnte sicher höher sein, aber das Quarterly hat sich inzwischen Reputation erworben über den Wissenschaftsjournalismus hinaus. Es wird sogar in der wissenschaftlichen Literatur zum Wissenschaftsjournalis-

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mus als Quelle zitiert. Das engagierte Magazin bleibt eine Insel der Seligen, gelegentlich wurde sie von heftigen Stürmen umtobt, zuletzt nach der Berichterstattung über die Causa Stefan Rahmstorf. In diesen Krisenmomenten zeigen sich die Grenzen der Ressourcen einer ehrenamtlichen Redaktion, vor allem dann, wenn die am Quarterly Beteiligten selber zur Zielscheibe von Kritik werden. Um das zu ändern, wäre eine stärkere institutionelle Verankerung in einem starken Verband von Kolleginnen und Kollegen wünschenswert. Mit mehr Ressourcen könnte sich das Quarterly zu einer zentralen Kommunikationsplattform für Wissenschaftsjournalisten im deutschsprachigen Raum fortentwickeln. Was die künftige Quarterly Strategie angeht, sollte die WPK meiner Meinung nach der Versuchung widerstehen, das Rad ständig neu zu erfinden. Sie sollte

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lieber gute Straßen bauen, auf denen es rollen kann. Mit Strategien für das Web 2.0 und mehr Interaktivität durch Social- und Mobil Media könnte die Leserschaft über das bisherige Stammpublikum hinaus sicher ausgedehnt werden. Entscheidend aber bleiben letztlich die Inhalte des Magazins und die werden weiterhin von zu wenigen Autoren geliefert, die was zu sagen haben und bereit sind, ihre Ideen und Anregungen honorarfrei aufzuschreiben. Professioneller wird das Magazin nur mit mehr finanziellen und personellen Ressourcen werden. Hier ist künftig auch die jüngere Generation der Wissenschaftsjournalisten gefragt. Sie könnte dabei von den Erfahrungen der älteren Kollegen manches lernen und dann eigene Wege gehen. Alle Erneuerer sollten wissen, dass das WPK-Quarterly als Online-Magazin gestartet ist und alle seine Leser – nicht

nur Wissenschaftsjournalisten – immer schon vor allem über das Internet erreichen wollte. Wie das heute cleverer gelingen könnte, darüber lohnt sich zu diskutieren. Ambitioniert über Trends im Wissenschaftsjournalismus zu reflektieren, sollte die Agenda des Quarterly bleiben. Die Redaktion freut sich über jeden engagierten Mitstreiter und Autor, der den Wissenschaftsjournalismus beschreiben oder ihn neu erfinden will. }

Volker Stollorz arbeitet als freier Journalist in Köln.

Neue Mitglieder Paul Klammer

Berlin

Nach meinem Wissenschaftsjournalismus-Studium (Schwerpunkt Biowissenschaften/Medizin) in Dortmund habe ich bei FOCUS volontiert. Dort arbeite ich als Redakteur. Vom Hauptstadtbüro aus verfolge ich Themen aus den Bereichen Medizin, Chemie und Umwelt. Mich fasziniert, wie Forschung den Alltag und das Leben von Menschen prägt. Von den Workshops und der Diskussion mit Kollegen bei der WPK erhoffe ich mir viele Anregungen.

Rainer Kurlemann

Düsseldorf

Schon während des Chemiestudiums habe ich freiberuflich als Journalist gearbeitet. Meine Themen stammen aus allen Bereichen der Naturwissenschaften. Als ich zur Rheinischen Post wechselte, diskutierte Deutschland über Gentechnik, wurde unsere DNA entschlüsselt, und der Bundestag debattierte über Stammzellen. Diese noch heute aktuellen Beispiele bestätigen, dass guter Wissenschaftsjournalismus für unsere Gesellschaft wichtig ist. Die WPK spielt dabei eine zentrale Rolle. Nach 14 Jahren bei der RP und bei rp-online.de möchte ich meine Leidenschaft jetzt als Freiberufler verwirklichen.

Brigitte Osterath Bonn

Was ich an meiner Arbeit als freie Journalistin liebe? In so viele spannende wissenschaftliche Projekte auf der ganzen Welt Einblick zu bekommen – und auch mal vor Ort in Afrika zu recherchieren! Von der Ausbildung Chemikerin, berichte ich über „mein“ Fach mit den wunderbaren Atomen und Molekülen, über Medizin, Tiere und Artenschutz – jeweils für Hörfunk, Print und Online, auf Deutsch und auf Englisch. Ich freue mich auf die Seminare bei der WPK und darauf, viele andere Wissenschaftsjournalisten kennenzulernen.

Christina Sartori Berlin

Erst kam die Biologie, dann der Wissenschafts-Journalismus. Vor allem im Radio, manchmal aber schreibe ich „für das Papier“, nicht „für das Mikro“. Fast immer über Medizin und Gesundheit, manchmal auch über Zellbiologisches – das hatte mich schon während des Studiums fasziniert. Nach acht Jahren als Redakteurin in der WDR5 Wissenschafts-Redaktion bin ich 2010 zurück nach Berlin gezogen und arbeite seitdem als freie Journalistin. Ich freue mich, jetzt in der WPK zu sein und hoffe, dadurch wieder engeren Kontakt mit anderen Wissenschafts-Journalisten zu bekommen.


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Impressum

Redaktion Markus Lehmkuhl (V.i.s.d.P.), Christian Eßer, Claudia Ruby, Gianna Grün, Hristio Boytchev, Nicole Heißmann, Antje Findeklee, Axel Bojanowski, Kai Kupferschmidt und Volker Stollorz

Autoren Markus Lehmkuhl, Beat Glogger, Hristio Boytchev, Annette Leßmöllmann, Alexander Mäder, Wolf-Michael Catenhusen und Volker Stollorz

Layout, Design und Titelbild Katja Lösche Titelbild unter Verwendung des Fotos “Money in Hands“ von 401(K)2013/flickr.com

ISSN 2197 - 5558

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung der WPK wieder.

Adresse

Telefon & Fax

E-Mail & Web

WPK-Quarterly Wissenschafts-Pressekonferenz e.V. Ahrstraße 45, D-53175 Bonn

Tel ++49 (0)228 – 95 79 840 Fax ++49 (0)228 – 95 79 841

wpk@wpk.org wpk.org

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