Dark Feather # 22

Page 30

DARK FEATHER # 22

was man kriegen kann. Mystik muss sich eben den Gegebenheiten auch anpassen, um Teil unseres Lebens zu bleiben, so bizarr das klingt. Ich weiß, dass einige meiner Lieder Leute berührt haben. Ich kann nie wissen, was genau das Echo war, das sie erzeugt haben, doch es ist für mich sehr schön zu erfahren, dass es überhaupt passiert. Vielleicht ist das mein sehr kleiner Beitrag zur Ent-Ent-Mystifizerung unserer Welt :-) Deine Songtexte entstammen zum Großteil der Fantasie. Auf Deiner Homepage schreibst Du, dass sie Dir häufig „einfach so zufliegen“. Kann ich mir das in etwa so vorstellen, dass Du jederzeit mit Zettel und Stift unterwegs bist und Du spontan Ideen für Texte bekommst?

Deine Zeichnungen finde ich ebenfalls sehr gelungen. So drücken die Elfen, Feen, Meerjungfrauen und andere Bewohner des Fantasygenres Emotionen wie Fröhlichkeit, Hoffnung, Trauer oder auch Mut aus. Was mir bei Deinen Zeichnungen dabei aufgefallen ist, dass die gezeichneten Charaktere sehr häufig weiblichen Geschlechts sind. Ist dies Zufall oder sind die Arbeiten ebenfalls der Ausdruck Deiner Seele? Und wenn ja, inwiefern?

Ich fürchte, der Hauptgrund ist, dass ich ein tief verwurzeltes ästhetisches Vorurteil mit vielen anderen Zeichnern des phantastischen Genres teile und damit auch „erzogen“ wurde: Frauen scheinen irgendwie hübscher zu sein, wenn man sie zu Papier bringt. Vielleicht ist das Tradition, vielleicht liegt es an Attributen Ja, so in der Art :-) Einige meiner Lieder wie Figur, Accessoires, wallenden Haaren – sind auf der Rückseite von Schreibblöcken, es ist schwer zu sagen. Es ist eine Zeitungen oder sogar schnöden Kassenbons unbewusste Falle und führt auf lange Sicht entstanden. Andere mussten eine Weile vor dazu, dass man auch weniger Übung darin sich hin wachsen, wieder andere schreiben hat, einen ansehnlichen Mann darzustellen. sich quasi von alleine. Eines habe ich sogar Ich habe mehrfach versucht, dagegen im Halbschlaf gehört und musste dann anzugehen, war mit dem Ergebnis aber oft schnell wieder ganz wach werden, um es nicht so zufrieden. Definitiv etwas, woran aufzuschreiben. Manche habe ich profan ich arbeiten sollte. ;-) Wer mit dieser „gewerkelt“, so wie ich eine Geschichte „Frauenlastigkeit“ angefangen hat, die schreiben würde. Schwierig ist es, wenn ich Künstler oder die Betrachter der Bilder, gar nichts zu schreiben dabei habe und sich wäre noch mal interessant zu wissen! mir ein Lied auf einem langen Spaziergang aufdrängt. Dann ist es quasi ein Zu einem kleineren Teil gibt es allerdings Wettrennen zwischen meinem auch Bilder, bei denen die dargestellte Figur Kurzzeitgedächtnis und der verbleibenden etwas mit mir selber zu tun hat, mit Wegstrecke, damit ich die Worte erinnern Phantasieszenarien, an denen ich gerne Teil kann, bis ich sie endlich zu Papier bringe. hätte – wenn es also Bilder gibt, in denen eine rothaarige Frau in einem tiefen Wald So unterschiedlich, wie die sitzt, kann man ziemlich sicher davon Entstehungsprozesse sind, so verschieden ausgehen, dass ich das gerne wäre ;-) Das fühlen sich die Lieder später auch an. Ich gibt es natürlich auch in der sehr viel kann mich meistens daran erinnern, wie es subtileren Variante. Da Malerlei eine Form war, sie zu schreiben, und das bleibt an von Telepathie ist – zumindest das, was ihnen hängen. Demnach gibt es welche, die man eben machen kann, ohne wirklich sich bis heute besonders richtig und gut PSI-begabt zu sein -, denn immerhin anfühlen und andere, die ich fast nie singe, transferiere ich ein Bild aus meinem Kopf weil sie vermutlich bei ihrer Erschaffung in den eines anderen, kann man sich sicher nicht genug Glamour mitbekommen oft fragen, was ein Bild über den Erschaffer haben, ganz gleich, wie gut sie von der aussagt. Ob man auf solche Fragen ehrliche Geschichte her sein mögen. Antworten kriegt, bleibt jedoch dahin gestellt. 30

All Deine künstlerischen Arbeiten, egal ob das Schreiben, Musizieren, Schmuckdesign oder das Zeichnen, entspringen thematisch einem großen Hobby von Dir: Rollenspiele! Rollenspieler werden ja häufig in der Gesellschaft sehr kritisch beäugt und gerne auch mal als „realitätsfremd“ bezeichnet. Ich denke, dass Rollenspiele ein unerschöpflicher Quell an Kreativität sein können. Das ist doch in erster Linie etwas ausgesprochen Schönes… Da stimme ich dir komplett zu. Rollenspiele, ob als Pen&Paper oder in der Live-Version, beflügelt die Kreativität sehr. Gerade wenn es um Nischen geht, in denen es noch nicht so viel professionelles Material gibt, mit dem man sich versorgen kann oder an dem man sich messen muss, ist das ein Tummelfeld für alles, vom Nähen und Schreiben über das Zeichnen und Werkeln. Ich kenne Leute, die sonst zwei linke Hände kultiviert haben, sich aber plötzlich an aufwändige Gewandungen und Ausrüstungen gewagt haben oder deren längster selbst geschriebener Text aus einer Charaktergeschichte bestand. Es ist heute anders, da es ein viel größeres Angebot an Dingen „vom Profi“ gibt, in Läden, auf Märkten oder im Internet. Das verleitet dazu, nicht mehr selber kreativ zu werden, sondern lieber etwas zu kaufen, sei es nun ein Rollenspiel-Modul oder ein Mittelalterkleid. Ich kann das gut verstehen, es ist auch verlockend, etwas wirklich gut gemachtes zu haben, doch es fehlt natürlich der Charme des Individuellen ebenso wie die Zufriedenheit, selber etwas zu erschaffen. Wenn man dann auch keine Lieder oder Geschichten mehr schreibt, weil man das „ ja nicht wirklich kann“, frisst die Kommerzialisierung die Kreativität auf. Was aber, fürchte ich, ein ohnehin weit verbreitetes Phänomen ist. Eigene, persönliche, wunderbar unperfekte Kreativität ist ein Schatz, aber sie braucht zuweilen durchaus sowas wie Mut, so seltsam das auch klingt. Und Zeit, natürlich.


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.