Präsident Isnogud (Leseprobe)

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Liebe Bagdader und Bagdadamen … Bagdadinnen? Bagda‑ dessen? Leute aus Bagdad: Dies ist ein wahrer Sieg der Demokratie!

ES LEBE ISNOGUD! PRÄSIDENT ISNOGUD

Ähm … Entschuldigt, wenn ich die Stim‑ mung dämpfe, aber …

PRÄSIDEN T ISNOGUD

as? Aber w Nun erzählt man uns schon seit 28 Bänden, dass isnogud es nie schafft!

Wer nicht hüpft, ist gegen isnogud!

Und?

Wenn’s nicht zu viel verlangt ist, wüsste ich gerne, warum es diesmal geklappt hat …

nur mal so interesse‑ halber …

begann so … Nun gut … Es im märchenhaften Kalifat zu Bagdad, der Prächtigen, sorgte ein Magier mit noch nie da gewesenen Methoden für Furore. Ohne eine Lampe zu benutzen, verstand es der grosse Freut, jede Seele, die sich auf seinen Diwan bettete, zu durchleuchten. Und er besass die Gabe, augen‑ blicklich den Traum aller, die sich von ihm therapieren liessen, zu erfüllen. Die erste Patientin der Ge‑ schichte hiess Anne Al-Hyse.

Mm-Hmm … Macht 60 Piaster.

Freut

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Ein Patient nach dem anderen erschien bei ihm, bis schliesslich kam, wer kommen musste …

Ehre und Ruhm dem Grosswesir isnogud! Die Tore dieser Praxis stehen sei‑ ner majes­ tätischen Erscheinung all…


Der Mann ist eine Leuchte!

Erleuchte mich, Tür‑ steher: Wie lautet dein Name?

…zeit offen …

Wat ir Volt, Euer Diener! ihr müsst nur befehlen.

… doch im Abendland verheisst er eine grosse Zukunft … Macht 60 Piaster.

MmHmm …

ihr verwünscht Eure Eltern wegen dieses grotesken Vorna‑ mens …*

Das werde ich … und zwar dem Henker, wenn du nicht endlich Auskunft gibst!

WO IST FREUT?

Der nächste Wicht … äh … Ungedul‑ dige!

Was heisst hier „Mm-Hmm”? ich will Kalif werden anstelle des Kalifen! Warum?

Also: Habt ihr einen bestimmten Traum?

Hmm … die Zeit ist noch nicht reif. Darüber sprechen wir beim nächsten Mal. Macht 60 Piaster.

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ich will Kalif werden anstelle des Kalifen.

Hmm … dafür scheint ihr mir umso reifer. Macht 60 Peitschenhiebe!

HEEENKER!!!

*„Nick” war in Bagdad ein recht ungewöhnlicher Name. (Anm. d. Redaktion.)

Wo ihr Freud findet? Freud und Leid liegen nah beieinander, sagt man. Leider wohnt hier kein Leid in der Nachbar‑ schaft.

Quatsch keine Opern! Wo finde ich Freut?


Genau deshalb helfe ich Euch nicht! Um Euch zu helfen, müsste ich Euren innigsten Wunsch ergründen, doch so‑ bald ich Euer Unbewusstes entschlüssele, will mich euer Bewusstes pfählen!

ihr habt mich gerufen, Grosswesir?

Ach was!

Rede, Freut, sonst behandelt der dich! Na schön: Weil ihr klein seid (1,50 meter in Pantoffeln), leidet ihr an einem Min‑ derwertigkeitskomplex. Darum würde Euch die Grösse des Kalifenamts das Gefühl verleihen, kein Knirps zu sein. (So, macht 60 Piaster!)

Aber ja!

Henker! Peitsche dieses Gross‑ maul aus und verarbeite es zu Kebab. Das soll man mir dann zu Mittag servieren, es wird mir ein Freu‑ denmahl sein!

Nein, wartet! Wenn ich die Neurose Eurer Grösse mit der Grösse Eurer Neurose sowie Eurer Grössenneurose assoziiere, erhalte ich den Schlüs‑ sel zu Eurem Traum. Er wird erfüllt, ihr werdet …

Danke, o infamer Wesir! ihr seid zwar klein, doch euer Herz ist gross!

Henker, foltere den Ärmsten nicht … enthaupte ihn!

Unterdessen bereitete sich der gute Kalif Harun al-Pussah in seinem Arbeitszimmer auf eines der wichtigs‑ ten politischen Ereignisse seines Lebens vor …

Wie? Was?

Beherrscher der Gläubigen? Huhu, Beherr‑ scher?!

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… Kalif anstelle des Kali‑ fen!

Hm … Moment mal! Henker, foltere den Ärmsten nicht!

Dann hat er meine Grösse! HE! HE!

ihr müsst Euch auf eines der wich‑ tigsten Ereig‑ nisse …

… Eures Lebens vor‑ bereiten! Wie alle zehn Jahre rücken die Kalifatswahlen näher …


Der geneigte Leser fragt sich nun sicher: Was zum Teufel sind „Kalifats‑ wahlen”? Nun, ganz einfach: Gemäss der Verfas‑ sung …

… muss der Kalif alle zehn Jahre seinen Titel erneuern …

Viel Glück für die Wahl! Und wenn du gewinnst …

TRÖT !

Für den Kalifen Harun al-Pussah ist das eine aufregende Zeit.

ich erkläre die Kalifatswahlen für eröffnet!

Schliesslich sind wir in meiner Familie alle „pro Feten”!

ZIEH T WEIT ER … N E A W A R A K DIE

Aischa, die Tochter des Prophe‑ ten, Hüterin der Wahlen, segnet den Kalifen.

Harun, ich segne dich!

Allerdings gibt es eine wich‑ tige Kleinigkeit zu beachten: Nur der Kalif darf sich zur Wahl aufstellen und nur der Kalif darf wählen … Das hat natür‑ lich einen gewissen Einfluss auf …

… wird das gefeiert!

… die Wahlplakate … Soeben ist Euer Wahlplakat eingetroffen, Kalif!

… die Meinungsumfragen … Verzeiht, o Beherrscher der Gläubigen, für wen werdet ihr stimmen?

Mich …

Hm …

… und nicht zuletzt die politischen Debatten …

Zu meiner Rechten Herr Rabul al-Zasta, der die Wirt‑ schaftspolitik des Kalifen befürwortet. Stimmt genau!

Das kann ich nicht so stehen lassen! ich bin viel mehr dafür als ihr!

Und zu meiner Linken Abdul al-Quole, der „sehr für” die Wirtschaftspolitik des Kalifen ist …

Kurz, die Kalifatswahl fesselt die Massen … Die Kalifats‑ wahl kann mich mal. ich will Kalif wer‑ den, egal wie!

Und das hat nichts mit meiner Grösse zu tun!

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Gross‑ wesir!

ich und „klein”? Lächer‑ lich!

… Al Dih, der alte Händler.

Euer 11-Uhr-Termin ist einge‑ troffen …

ich habe das Elixier Eurer Träume hereinbe‑ kommen!

Nimm mein Kanif, Al Dih.

AUF DIE DU EN N KNIE, W PRICHST! S MIT MIR

So nennt man diese Messerchen in der Schweiz. ich warne dich, alter Mann … Wenn dein Zeug versagt, lasse ich dich … Na, du weisst schon!

Grosswesir! Tretet ein, dann zeige ich Euch mei‑ ne günstige Win‑ terkollektion an Zaubertränklein und -sprüchen, um Kalif anstelle des ihr-wisst-schonwer zu werden!

Keine Bange! in der Gebrauchsanleitung steht klar: Wer diesen Trank trinkt, wird augenblicklich Kalif anstelle des Kalifen. Mit Geld-zurückGarantie!

Das heisst, sobald ich die verflix‑ te Verpackung aufkriege! Hat zufällig jemand eine Schere?

Hier! Trinkt das auf ex, o Grosswesir. ihr werdet stau‑ nen.

An Eurer Stelle würde ich mich in Acht nehmen, Herr! Der Kram vom alten Al Dih funktioniert doch nie.

Da hast du recht, Tunich‑ gud. Deshalb wirst du auch zuerst einen Schluck trinken!

ich möchte diesen Beruf an den Nagel hängen und Ziegen züchten. Ausserdem wäre ich gern Künstler, dann könnte ich nämlich meine Nummer aufführen …

Wie heisst du, Henker? Dikhör.

Mm-Hmm …

Bevor ich sterbe, wüsste ich gern: Wovon träumst du, Dikhör?

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Unterdessen in der Folterkammer … Bevor ich meines Amtes walte und dich enthaupte: Willst du noch etwas sagen, Freut?

Leg dich hin und erzähl mir mehr (macht 60 Piaster).


Versteh ich nicht …

„Wer diesen Trank trinkt, wird augenblicklich Kanif anstelle eines Kanifs. Mit Geld-zurück-Garantie!” Tut mir leid, alter Händler, aber versprochen ist versprochen:

HEEENKER!

Ein Frosch? Was soll der Quatsch?

„Wer diesen Frosch küsst, verwandelt ihn in einen Prinzen, der dem Küssenden seinen grössten Wartet! Wunsch er‑ Es steht so im füllt. Mit Zauberbuch! Geld-zurückGarantie!”

HEEENKER!!!

Zau lac der‑ h en

Meine Augen sind nicht mehr die besten. Aber ich mach’s wieder gut! Schaut! Schaut! ! ak Qu

ich warne dich … Wenn’s diesmal nicht klappt, seziere ich dich zusammen mit deinem Frosch …

QUAK?!

h buc b er u c h Sau bb erb Sa

Verzeih, junger Trou‑ badour! Wie lautet dein Plan, um mich du-weisstschon-wer anstelle des Kalifen zu machen?

Soll das dein „Prinz” sein?

Schmatz!

i just want your extra time and your … kiss!

Dachte ich’s mir doch …

HEEENKER!

Wartet! Wie wär’s mit dem „iPfahl”?

ihr habt geru‑ fen?

VIERTEILE DIESEN ALTEN BETRÜGER!

Unmöglich!

Klick!

Warum?

Hab ich Euch schon den „iPfahl” gezeigt?

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Dank Freut habe ich über mein Leben nachgedacht und möchte mich beruflich um­ orientieren. Um es kurz zu machen: ich will einen ande‑ ren Job …

Aber was hast du gegen deinen Job? Leu‑ te zu töten ist doch klasse!

Freut hat mir das zergliedert: All die armen Seelen, die ich geköpft, gepfählt und gevierteilt habe, standen bloss stell‑ vertretend für Deinen Vater? meinen Vater.

Nicht unbedingt.

Zerbrich dir wegen dem nicht den Kopf, den hab ich schon vor Ewig‑ keiten pfählen lassen.

Na, Henker sein, ohne je­manden zu töten! Ach das … Was soll aus mir werden, wenn ich nieman‑ den mehr hinrichten lassen kann?

Andere einen Kopf kürzer machen: Ja! Die Zahl der Hin‑ richtungen kürzen: Nein!

Also, was ist jetzt? Willst du kündigen?

ÄäÄäh … Verzeiht, wenn ich mich in eure Un‑ terhaltung einmische, aber denkt auch irgendjemand an mich?

ich hab die Formel gefunden, Tunichgud!

Man könnte die Leute humaner umbringen … Vielleicht, wenn sie sich zu Tode lachen …

Aber wie willst du dann weitermachen? Was machen?

Das hab ich mir schon überlegt: ihr könntet es mit den Hinrichtungen et‑ was langsamer angehen lassen. 358 am Tag sind ein bisschen viel …

Von wem?

HENKER! ist in Bagdad bin dir klar, dass ich der einzige ich dich hinrichHenker. Vor mir ten lasse, wenn war es mein Va‑ ter, davor mein du nicht augen‑ Grossvater blicklich an die und … Arbeit gehst?

Es lebe Al Dih!

Dann erledige ich das eben selbst!

Abdul Kha D’Abra!

irgendwie hab ich das Gefühl, das wird mal wieder nicht mein Jahr …

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Danke, alter Händler, du hast mir das Leben gerettet! Nein, du hast mich gerettet … durch deine Weigerung, mich zu töten! Nein, du warst es.

Du warst der Erste.

Wie dem auch sei … Zum Dank schenke ich dir diesen Zauber‑ hut. Er bringt alles, worauf er sitzt, zum Sprechen! in deinem Beruf bestimmt nütz‑ lich. Mit diesem Fes reden selbst die Toten.

Raus aus mei‑ nem Büro!

Danke!

Nach dir.

Aber ohne dich wär ich auch der letzte gewesen.

Nein, ich dan‑ ke dir.

Nein, geh du zuerst.

Nein, viel besser: Wenn ihrwisst-schon-wer das Elixier trinkt und Kanif wird an‑ stelle eines Kanifs, müsst ihr das Messerchen nur noch in den Fluss werfen, um ihr-wisst-schon-wer zu werden anstelle von ihr-wisstschon-wem.

Wisst ihr, Herr, als ich ein Kanif war, konnte ich messerscharf nachdenken … und da kam mir eine schnei‑ dende idee …

im Schnei‑ dersitz auf mir herumzu‑ lümmeln?

Unterdessen feilte der gute Kalif Harun al-Pussah an besagtem Ort unermüdlich am Programm der Kalifatswahl. Was sollte man dem Wähler diesmal alles auftischen? Wähler muss man richtig schmieren.

Mit Speck gefüll‑ ter Trut‑ hahn.

ist jetzt bald mal Schluss mit dem Gequassel?!

Das Rezept für eine gelun‑ gene Wahl.

Stimmt! Gar nicht so dumm! Komm, wir suchen sofort die Gemächer von wir-wissenschon-wem auf!

ich komme gerade aus der Druckerei, o Beherrscher der Gläubigen. Euer Stimmzettel ist fertig!

Genau wie Euer Wahl‑ programm.

Mein

Hühn‑ chen in Gänse­ schmalz.

Schafs‑ ragout mit Fett‑ klösschen.

Schmalz in Olivenöl.

10 Uhr: Frühstück des Beherr‑ schers der Gläubigen 11 Uhr: Pause 13 Uhr: Mittagessen 14 Uhr – 18 Uhr: Mittagsschlaf 18 Uhr – 20 Uhr: Appetithäppchen 20:05 Uhr: Abendessen 22 Uhr: gute Nacht

Olivenöl in Schmalz.

Schmalz mit Schmalz.

Leider sind die Umfragewerte heute kata‑ strophal. Ach ja. Gestern hab ich ver‑­ gessen zu antworten.

HARUN AL-PUSSAH

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Ich ich melde das Eintreffen des Grosswesirs und seines Mietsklaven, o guter Kalif!

amm Progr

Stimm

r e fü

! dich

Mitten bei der Arbeit?


O Beherrscher der Gläubigen, verzeiht die grässliche Abscheu‑ lichkeit, die Euch zu Füssen liegt. Doch ich habe hier einen edlen Wein, der Euch zu Eurem Mahl vorzüglichen munden wird.

Wein? Eine wun‑ derbare idee! Du bist zu gü‑ tig, mein guter isnogud! Das trifft sich ganz ausge‑ zeichnet, heute speise ich nämlich daheim.

Warum???

ÄÄÄÄH, NEIN! ER SOLL AUF KEINEN FALL VORKOSTEN!

Weil ich nichts zu mir nehmen darf, was mein Vorkoster nicht vorgekostet hat … Dann soll er halt vor‑ kosten!

Essen und trinken sind mein kostbarstes Vergnügen. Wenn ihr mich daran hindert, kostet euch das beide die Stellung! Nein, der Vorkoster wird kosten, koste es, was es wolle …

Hmm … Anscheinend ein feiner Tropfen. Leider kann ich ihn nicht trinken …

VORKOSTER!

ich stopfe ihn mit einem Taschentuch zu und rufe einen Klempner … Da kenne ich einen guten, der im Palast von Tausendundeine Nacht arbeitet …*

Was? Du willst auch nicht, dass mein Vorkoster arbeitet? Seit zwei Tagen weigert er sich schon zu kosten!

Verzeiht, aber irgendwo kommt hier die ganze Zeit schon so ein nerviges Geräusch her …

ich bin der Vorkoster. ihr habt gerufen?

Was muss ich hören? Dir schmeckt die Arbeit nicht mehr?

Genau, ich scheue das Kosten. * Aus jener Zeit stammt die Sitte, 1001 Nacht zu warten, bis ein guter Klempner kommt.

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Das ist nur mein tropfender Wasserhahn.

Darf man vielleicht fragen, warum? Wisst ihr, wie gefährlich dieser Job ist? Stellt euch mal vor, man will den Kalifen vergiften, dann kostet es mich das Leben!


Damit ist jetzt Schluss! ich habe mich vom grossen Freut analysieren lassen und sein Urteil lautet: Nur um den Tod meiner Mutter zu verges‑ sen, habe ich mein eigenes Leben immer wieder aufs Spiel gesetzt. Freut

So was nennt man Berufsrisiko! Das gehört nun mal dazu!

FREUT

SCHON WIEDER?! DEN WERD ICH

hat mir ge‑ raten, meinen Traum zu verwirkli‑ chen: Mein eigenes Restaurant zu eröffnen, das Kentucky Freut Chicken.

Reg dich nicht auf, mein guter isnogud. ich hebe das Glas auf unsere Freundschaft.

Wir kennen uns schon so lange. Wenn du mir etwas antun woll‑ test, wüsste ich das …

Tatsächlich? ihr trinkt mein Elix… äh … meinen Wein?

Dir ver‑ traue ich voll und ganz.

Darf ich daran erinnern, o ehrenwer‑ ter Kalif, dass Euer Vorhaben ge‑ setzlich untersagt ist! Der kostet mich den letz‑ ten Nerv!

Wie soll ich auf meine Kosten kommen, wenn ich nichts Unvorgekostetes kosten darf, du aber nicht vorkos‑ test?

Dafür habe ich noch keine Lösung. Am besten fragen wir Freut, was der dazu meint …

! HEEENKER Ja, spinn ich denn?

HEEENKER!

ihr habt mich gerufen?

Pfähle diesen Kostverächter!

SOFORT!

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Unmöglich, ich töte niemanden mehr. Aber ich könnte mal schauen, ob er sich vielleicht über diese sprechende Ziege totlacht … Wie nennt man einen Fakir, der Sekt trinkt und dabei Johannis­beeren isst? Einen Fakir Royal.


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