06.11.2003
13:23 Uhr
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Führ mich, Kind, nach Bethlehem!
gesehen
C06_03_S22-23
Auf einen Blick Ein knapper Rückblick auf Opernpremieren und Festivals der letzten zwei Monate
Musik zu Advent und Weihnachten Dank der Neuen Opernbühne Berlin fand Händels Oper Amadigi di Gaula nach fast 200 Jahren endlich den Weg nach Berlin – wenn auch nicht auf die Opernbühne. Regisseur Alexander Paeffgen deutet die Dreiecksgeschichte mit all ihren Prüfungen als Versuchsreihe über die „emotional-psychischen Extremzustände“ der vier Protagonisten (eine Zauberin zählt noch dazu), missachtet kühn jede Regieanweisung und versetzt die „Operation Amadigi“ in einen Hörsaal des Krankenhauses Moabit, wobei die Darsteller in Patientenkleidung oder als Pfleger(innen) agierten. Dazu gab‘s Dias, Videos und AffektDefinitionen aus dem Lexikon. Das war ungewöhnlich, aber sinnig und keinesfalls platt. Zudem sang und spielte die junge Truppe engagiert und auf hohem Niveau. AC
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CDA 67443 NATIVITY Gregorianische Weihnachtsmusik aus England The Parley of Instruments Psalmody/Peter Holman
FOTO: NEUE OPERNBÜHNE BERLIN
HLL 7504 CHRISTMAS CLASSICS BERLIN/ADAM/MCCARTNEY/RUTTER BACH/TSCHAIKOWSKY/u.a. Hallé Orchestra Carl Davis
Wer könnte Puccinis feminine Porträts – etwa das der Sklavin Liù (Sara Eterno) – besser nachempfinden als eine Frau? Karen Kemnsek, GMD in Freiburg, animiert bei ihrem Amtsantritt das Orchester zu großer klanglicher Opulenz. Dieser ist Lisa Livingston (Turandot) selbst im Fortissimo stets gewachsen, während Alexey Kosarev (Calaf) mit seinen vokalen Mitteln haushalten muss. Freilich nicht aus diesem Grund vergewaltigt er sie, bevor sie ihn ersticht. Der offen gebliebene Schluss (hier von Alfano ergänzt) lässt auch diese Lösung zu, nicht aber die inszenatorischen Geschmacklosigkeiten von Matthias Schönfeldt. Einen Kaiser (Altoum) in Unterhosen mag man noch hinnehmen. Minister, die zu Köchen degradiert Menschenfleisch verarbeiten, nicht. BK
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FOTO: MAURICE KORBEL
GIM 0202 CHRISTMAS WITH THE TALLIS SCHOLARS Carols, Motetten, Choräle und Messen The Tallis Scholars Peter Phillips
Das Stadttheater Koblenz bietet mit der Erstaufführung der Oper Die tödliche Blume von Salvatore Sciarrino seinem Publikum einen Thriller von 1 1/4 Stunden. In der äußerst spannenden Regie der Intendantin Annagret Ritzel findet zwischen den vier Personen des Renaissancedramas psychologische Kleinarbeit vom Feinsten statt. Die Musik wird sehr sinnlich im augenschmeichelnden Bühnenbild von Siegfried E. Mayer von den Sängern Cynthia Grose, Jonathan de la Paz Zaens, Gerson Sales und André Schann dargeboten, hervorragend geführt von der Rheinischen Philharmonie unter der Leitung von Karsten Huschke. Ein Abend, der sehr dazu dient, an moderne Musik, zumal dieser gemäßigten Sorte, heranzuführen. MF
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COR 16004 HODIE An English Christmas Collection The Sixteen/Harry Christophers AUD 711 1147 FÜHR MICH, KIND, NACH BETHLEHEM! Musik zum Advent Valery Oistrach Phillip Langshaw Peter Schumann Capella Juventa Münster Ulrich Grosser
FOTO: STADTTHEATER KOBLENZ
In Schwarzenberg trifft sich alljährlich die Creme de la Creme der internationalen Kammermusikszene zur Schubertiade. In diesem Jahr gaben u.a. Christopher Maltman und Malcom Martineau eine exquisite Interpretation der Müllerlieder. Martineau ist weniger ein Begleiter als ein echter Interaktionspartner für die Sänger – und treibt so seine Kollegen immer wieder zu Höchstleistungen an. So auch Christopher Maltman, der in der bemerkenswerten Akustik des Angelika-Kauffmann-Saales gerade im Pianissimo das Publikum zu fesseln wusste. Und als wäre das alles nichts gewesen, sprangen beide am nächsten Morgen mit einem Wolf- und SchumannProgramm für die erkrankte Magdalena Ko˘zená ein. Bitte vormerken für nächstes Jahr! KH
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F OTO : S C H U B E RT I A D E S C H WA R Z E N B E R G
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22 crescendo 06 2003
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