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Wind und Wasser

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Nickellegierungen

Nickellegierungen

WIND UND WASSER DIE ROLLE VON NICKEL FÜR SAUBERE ENERGIEN

Selbst kleine Mengen von Nickel in einer Anwendung können für eine erfolgreiche Inbetriebnahme einen großen Unterschied ausmachen.

Saubere Energietechnologie Bedeutung von Nickel

Solar/Fotovoltaik Gering Sonnenwärmekraftwerke (CSP) Mittel Wind Mittel Wasserkraft Gering Bioenergie Gering Geothermik Hoch Kernkraft Mittel Elektrofahrzeuge und Batteriespeicherung Hoch Wasserstoff Hoch

In ihrem jüngsten Flagship-Bericht The Role of Critical Minerals in Clean Energy Transitions (Die Rolle kritischer Mineralstoffe beim Übergang zu sauberen Energien) dokumentiert die Internationale Energieagentur (IEA) die erwarteten Anforderungen an verschiedene Metalle und Mineralstoffe, um Technologien mit geringem Kohlendioxidausstoß zu ermöglichen und die bestehenden, nicht nachhaltigen Methoden zur Energieerzeugung zu ersetzen. In dem Bericht wird die Bedeutung von Nickel (hoch, mittel, gering) für einige umweltfreundliche Energietechnologien aufgezeigt. Selbst eine kleine Menge Nickel kann enorm wichtig sein, wenn es darum geht, Resilienz zu gewährleisten und die erfolgreiche Installation von sauberen Technologien zu ermöglichen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Wasserkraft. Obgleich die Bedeutung von Nickel im Bereich Wasserkraft als gering (kleine Menge) eingestuft wird, ist seine Verwendung für die Schweißbarkeit von Turbinenschaufeln und die lange Lebensdauer von anderen Komponenten, wie sie z. B. in Dammschleusen eingesetzt werden, außerordentlich wichtig. In manchen Anwendungsbereichen kann sogar davon gesprochen werden, dass Nickel für diese Technologien geradezu unverzichtbar ist. Während im IEA-Bericht nur die Erzeugung von elektrischem Strom behandelt wird, resultieren andere umweltfreundliche Technologien in Wärmeenergie. Ein Beispiel ist die Produktion von Biokraftstoffen, die in hohem Maß vom Einsatz von Nickel in Form von Edelstählen abhängt. Tatsächlich benötigt der Energiemix zum großen Teil Nickel in der einen oder anderen Form, und es überrascht nicht, dass alle sauberen Energietechnologien Nickel nutzen. In diesem Artikel untersuchen wir genauer, was Nickel in drei sauberen Energietechnologien bewirkt: in der Geothermik sowie der Wasser- und Windkraft.

Geothermik

Wärme tief aus der Erde kann zur Erzeugung von Strom und zum Beheizen von Häusern und anderen Gebäuden genutzt werden. Das Konzept ist einfach: Dampf oder unter Druck gesetztes heißes Wasser mit einer Temperatur von über 150 °C wird in Rohrleitungen an die Oberfläche geleitet, wo es stromerzeugende Turbinen antreibt, bevor es sich dann wieder abkühlt. Das kältere Wasser wird durch Rohrleitungen an Fernwärmeanlagen geleitet und dann wieder zur Quelle zurückgeführt, um auf natürliche Weise erneut erhitzt zu werden. Einer der Hauptvorteile der Geothermik besteht darin, dass die gewonnene Energie zuverlässig und jederzeit verfügbar ist (im Gegensatz zur Sonnen- oder Windenergie). Die geothermische Energieerzeugung ist derzeit noch recht begrenzt (mit einer Kapazität von wohl nur ca. 16 GW) und auf Orte beschränkt, an denen die Wasserquellen relativ nahe an der Erdoberfläche liegen, in der Regel in einer Tiefe von weniger als drei Kilometern. Die Investitionskosten für eine GeothermikAnlage sind oft höher als die für andere nachhaltige Technologien, lassen sich aber durch den kontinuierlichen Betrieb der Anlage rechtfertigen. Die Qualität des Wassers oder Dampfes ist im hohen Maße ortsabhängig. Manchmal ist das Wasser sehr korrosiv, weil es hohe Mengen von Chloriden und

Schwefelwasserstoff enthält. In diesem Punkt spielt die Anwendung von nickelhaltigen Legierungen eine kritische Rolle. Manche der Anlagen, wie das Salton SeaProjekt in Kalifornien, nutzen nickelbasierte Legierungen wie C-22 (N06022), während sich die meisten anderen mit einem niedrigeren Nickelanteil begnügen. Die Hellisheiði Power Station in der Nähe der isländischen Hauptstadt Reykjavik ist das sechstgrößte geothermische Kraftwerk der Welt. Es erzeugt 303 MW Elektrizität und 400 MW Wärmeenergie, die über eine 19,5 km lange Pipeline in die Stadt geleitet wird, um Häuser und Unternehmen zu beheizen. Das an die Oberfläche geleitete Wasser hat eine Temperatur von ca. 200 °C und einen geringen Chloridgehalt; auch der Schwefelwasserstoffanteil ist nicht zu hoch. Die im System eingesetzten Materialien reichen von typischen KohlenstoffstahlLegierungen bis zu verschiedenen Arten von Edelstahl und Legierungen mit einem hohen Nickelgehalt. Für bestimmte, besonders kritische Komponenten ist sogar Titan erforderlich. Zu den Hauptkomponenten, in denen Nickel eingesetzt wird, gehören die Turbinen, Kondensatoren, Wärmetauscher, Pumpen und Rohrleitungssysteme, bei denen z. B. Edelstahl des Typs 630 (S17400) und 316L (S31603), verschiedene Duplexlegierungen, 6% Mo (S31254) und die Nickellegierung 625 (N06625) verwendet werden. Im Kraftwerk können bis zu 100 Tonnen Nickel in den verwendeten Legierungen zum Einsatz kommen. Diese Materialien bieten bei korrekter Anwendung Korrosionsbeständigkeit, Festigkeit und saubere Oberflächen und dadurch eine hervorragende Wärmeübertragung und einen kosteneffektiven Betrieb.

Wasserkraft

Wasserkraft ist derzeit die größte Quelle erneuerbarer Energie. Der IEA zufolge wird erwartet, dass die Kapazität bis 2040 um 70% steigen wird, vor allem in der Region Asien-Pazifik. Wasserkraft wird auch in Zukunft eine wichtige erneuerbare Energiequelle bleiben. Natürlich werden weitere Wasserkraftwerke gebaut werden; darüber hinaus müssen aber auch ältere Anlagen erneuert und ihre Effizienz verbessert werden. Dies bietet die Gelegenheit, mittels moderner Technologien die Lebensdauer zu verlängern und die Energieerzeugung zu erhöhen. Bei den meisten Wasserkraftanlagen speisen Staumauern die Turbinen, mit denen Elektrizität erzeugt wird, mit Wasser. Hier kommt Nickel in zentralen Komponenten Manchmal ist das geothermale Wasser sehr korrosiv, weil es hohe Mengen an Chloriden und Schwefelwasserstoff enthält. In diesem Punkt spielt die Anwendung von nickelhaltigen Legierungen eine kritische Rolle.

Wasserkraft ist derzeit die größte Quelle erneuerbarer Energie. Die widerstandsfähigsten Turbinen werden aus nickelhaltigem Edelstahl hergestellt.

Nickel wird manchmal als das „versteckte Metall“ bezeichnet. In Windturbinen ist es in der Tat versteckt, ermöglicht aber auch eine zuverlässige und kosteneffiziente Energieerzeugung. zum Einsatz und wird in Zukunft wohl eine noch größere Rolle spielen. Das Kernstück des Kraftwerks ist der Generator. Dieser besteht aus einer Turbine (einem Wasserrad), die vom Druck des Strömungswassers angetrieben wird und bei der ein Rotor mit Magneten in einem fixierten Stator mit Kupferdrahtspulen dann Elektrizität erzeugt. In der Regel wird die Turbine aus nickelhaltigem Edelstahl hergestellt. Sie muss sowohl korrosions- als auch kavitationsbeständig sein. Turbinen sind verschieden groß, häufig aber von beachtlichen Dimensionen. Ihre Schweißfähigkeit und die Möglichkeit von Schweißreparaturen spielen bei der Materialauswahl eine wichtige Rolle. Deshalb bestehen die widerstandsfähigsten Turbinen aus nickelhaltigen martensitischen und austenitischen Edelstählen wie 410NiMo (UNS S41500), EN 1.4488 (keine UNS-Nummer), Typ 304 (S30400) und ihren Gussäquivalenten. Die Statoren sind ebenfalls sehr groß. Für die Leistungsfähigkeit dieser Komponenten sind die nichtmagnetischen Eigenschaften von nickelhaltigem austenitischem Edelstahl am wichtigsten, insbesondere bei Legierungen wie XM-19 (S20910). Mit zunehmendem Wasserdruck und -volumen kann das Gewicht anderer Systemkomponenten mit Nickel reduziert und ihre Widerstandsfähigkeit erhöht werden. High Strength Low Alloy (HSLA)-Stähle sind für die zukünftige Entwicklung großer Druckrohrleitungen, die die Turbine mit Wasser versorgen, weiterhin hervorragende Optionen. Solche Druckrohrleitungen können einen Durchmesser von bis zu 10 m aufweisen. Durch Stahl höherer Festigkeit wird das Gewicht gesenkt; außerdem ist damit der Vorteil eines größeren Innendurchmessers verbunden. Nickel fördert in diesen Legierungen die für eine hohe Festigkeit erforderliche Martensitbildung. Außerdem hat Nickel den zusätzlichen Vorteil, dass es die Schweißfähigkeit der Druckrohrmaterialien verbessert. Diese Vorteile, die niedrigeren Kosten, der reduzierte Stahlverbrauch und die verbesserte Effizienz sind der Schlüssel für die Zukunft dieses wichtigen Sektors erneuerbarer Energien.

Windkraft

Die Nutzung des Windes zur Energieerzeugung hat in letzter Zeit stark zugenommen. Derzeit werden mit Windkraftanlagen weltweit fast 750 GW erzeugt. Die Kosten der Energie aus Windturbinen sind gesunken und die einzelnen Turbinen größer geworden. Heute werden Turbinen für 10 MW und mehr angeboten. Größere Windturbinen führen zu einer geringeren Intensität der Materialnutzung, d. h. es wird weniger Material pro MW Energie eingesetzt, was ein wichtiges Nachhaltigkeitskriterium darstellt. Auch hier spielt Nickel eine kritische Rolle. Die Anwendung von Nickel wird meist mit Edelstahl in Verbindung gebracht. Tatsächlich werden bei Windturbinen viele sicherheitskritische Elemente wie Leitern, Steuerpulte und Befestigungsmittel aus Edelstahllegierungen hergestellt. Hauptsächlich kommt Nickel in Windkraftanlagen aber in kleinen Mengen zur Anwendung, um die Festigkeit zu erhöhen und die Zähigkeit von niedriglegiertem Stahl zu verbessern. Viele Legierungselemente erhöhen die Festigkeit und Härte von Stahl. Nickel ist aber eines der wenigen, die auch die Zähigkeit verbessern, also die Fähigkeit, mechanische Energie zu absorbieren, ohne zu reißen. Und das ist für den Windturbinenbetrieb von entscheidender Bedeutung. Der Getriebekasten einer Turbine enthält die wichtigsten angetriebenen Teile; bei einer 8-MW-Turbine kann er bis zu 86 Tonnen wiegen. Fällt eine wichtige Komponente aus, ist das Auswechseln von Teilen oder gar des ganzen Getriebekastens bei einer Windturbine an Land eine kostspielige Angelegenheit. Bei Offshore-Anlagen können die Kosten und Ausfallzeiten aber ins Gigantische steigen. Daher sind Zuverlässigkeit und lange Lebensdauer grundlegende Faktoren, damit sich Windkraftanlagen rechnen. Das Gewicht des Getriebekastens ist ebenfalls wichtig, weil das Gewicht der Gondel, in der sich der Getriebekasten befindet, auch bei stärkstem Wind getragen werden muss. Eine Reduzierung des Gondelgewichts um nur ein Kilo ermöglicht Materialeinsparungen von bis zu 10 kg im stützenden Aufbau. Das Design ist ebenso von kritischer Bedeutung wie die gewählte Legierung. Ein Großteil des Stahls im Getriebekasten enthält Nickel. Bei manchen Komponenten beträgt der Nickelanteil bis zu 2 %. Selbst höherlegierte Nickellegierungsstähle werden in Betracht gezogen, weil inzwischen mit Turbinengrößen von bis zu 20 MW geplant wird. Komponenten, die derzeit überhaupt kein Nickel enthalten, können in Zukunft einen Anteil von ca. 0,5 % aufweisen, um das Gewicht zu reduzieren und die Zuverlässigkeit zu erhöhen.

Windkraft in der Arktis

Die Versorgung abgelegener Orte im Norden Kanadas mit Strom und Wärme ist immer eine enorme Herausforderung, insbesondere wenn diese nicht ans Straßennetz angeschlossen sind. Das gilt auch für die Raglan Mine, ein Nickelbergwerk von Glencore in Nunavik im nördlichen Drittel der Provinz Quebec. Während des kurzen Zeitraums, in dem die Schifffahrt überhaupt möglich ist, wird ein großer Vorrat an Dieselkraftstoff auf dem Seeweg angeliefert. Weil es im Winter auch tagsüber dunkel und stets bitterkalt ist, sind Wärme und Strom lebensnotwendig. Eine der wenigen potenziellen alternativen Energiequellen in dieser Region ist die Windkraft, was natürlich die Frage aufwirft, ob diese Technologie unter extremen arktischen Bedingungen, z. B. bei Schneestürmen, sicher eingesetzt werden kann. 2014 und 2018 wurden zwei Windturbinen sowie ein komplexes Energiespeichersystem mit Lithium-Ionen-Batterien gebaut und installiert. In dieses System mussten auch die Windturbinen- und Dieselkraftstoffsysteme integriert werden. Die ersten, erfolgreich abgeschlossenen Schritte wiesen die Machbarkeit des Konzepts nach, sodass derzeit Studien zur potenziellen Installation von zwei neuen 3-MWWindturbinen durchgeführt werden. Jede Turbine ermöglicht Einsparungen von mehr als zwei Millionen Liter Diesel im Jahr und dadurch eine Reduzierung der Kohlendioxidemissionen um 3600 Tonnen – eine Erfolgsgeschichte, zu der auch Nickel seinen Beitrag leistet. In jeder Windturbine kommen ca. 2000 kg Nickel zum Einsatz. Im Gondelbereich findet sich Nickel in Lagern, Wellen, Zahnrädern und Hydraulikkomponenten, während es in anderen Abschnitten für Befestigungsmittel, Steuerschrankgehäuse und viele andere Komponenten genutzt wird. Jede Turbine bewirkt eine Reduzierung der Kohlendioxidemissionen um mehr als 3600 Tonnen im Jahr und erfordert ca. 2000 kg Nickel.

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