Politik am Sonntag

Page 1

Sonntag, 10. Juli 2011

Seite

P o l i t i k

M

it der großen Hitze fällt das politische Führungspersonal zumeist in schläfrigen Dämmer. Dann befüllen parlamentarische Hinterbänkler das Sommerloch. In diesem Jahr bieten sich vielleicht wieder einmal Homoehe, Frauenquoten, die Abschaffung des Bundesrats oder eine erneute Sinndebatte über das Amt des Bundespräsidenten als Pausenfüller in der Saure-Gurken-Zeit an.

Vor den langen Sommerferien noch ein Ausblick in den politischen Herbst.

D

ie Halbzeit-Bilanz der Regierung fällt, wie Meteorologen sagen, durchwachsen aus: Konstruktives nebst seltsamen Pannen da, ein paar Pläne hier, ein wenig Streit dort. Zuletzt herrschte wieder Harmonie. Das nützte vor allem dem Kanzler. Laut letzten Umfragen vor der Urlaubssaison liegt die SPÖ bei 29 Prozent, die ÖVP kletterte nach dem Pröll-Abgang auf 26 Prozent – und die FPÖ sitzt mit 25 Prozent den Koalitionsparteien weiter dicht im Nacken.

S

pätestens im September könnte die Schönwetterperiode zwischen Bundesund Vizekanzler zu Ende gehen. Das würde wiederum ÖVP-Chef Spindelegger nützen. Der hatte zuletzt alle Hände voll zu tun, die steirischen Parteirebellen zu disziplinieren. Offenkundig vermissen manche hinter dem Semmering die gewohnte Zwietracht in der Koalition. Das Misstrauen wird zusätzlich durch Gerüchte über einen Geheimpakt genährt, wonach Faymann und Spindelegger nach den Nationalratswahlen so oder so auf ihren Posten verharren. Allerdings hätten im Fall des Falles Spindelegger und sein Team deutlich geringere Berührungsängste gegenüber den Freiheitlichen. Als problematisch wird freilich auch bei der ÖVP die teilweise recht merk-

Fotos: photonews.at/Georges Schneider, Mauritius Images

VONC L AUSP ÁNDI

würdige Truppe hinter FPÖ-Frontmann Strache eingeschätzt.

S

trategisch ist Spindeleggers Herbst-Offensive festgelegt. Mit den Themen Familie, Sicherheit und Eigentum möchte die ÖVP ihre altbewährten Kampfzonen abstecken. Dabei könnte es durchaus ruppig zugehen. Denn es ist der nicht eben zartbesaitete Partei-General Hannes Rauch, der die Konzepte entwickelt. Rauch hat auch schon seinen Schlachtruf: „Wir müssen das Eigentum vor zwei Gruppen schützen: den Ostbanden und den Sozialisten!“

R

auchs Repertoire eignet sich ideal fürs herbstliche Schlammcatchen mit der SPÖ. Besonders die von Werner Faymann und seinen Leuten getrommelte Vermögenssteuer hat es dem Mann aus der ÖVPZentrale angetan. Die Abwehrformeln lesen sich in Rauchs kleiner Kampffibel dann so: „Höhere Grundsteuern bedeuten Mietpreiserhöhungen!“; „Hier sollen Häuslbauer und Wohnungseigentümer zur Kasse gebeten werden!“; „Die Sparbuchbesitzer werden bis hin zum Notgroschen geschröpft!“, „Bei der SPÖ wird sogar der

Schrebergarten zum besteuerten Vermögen!“; „Mit der Eigentumsbesteuerung wird die Altersvorsorge zu Alterssorge, wenn dann der Zuwachs des Ersparten besteuert wird!“

F

inanzministerin Maria Fekter nimmt bei diesen Planungen eine Außenseiterrolle ein. Mit konfusen Alleingängen zur Steuerreform entfernte sich die Solotänzerin zunehmend aus dem innersten Kreis. Auch Fekters Inszenierung entspricht weniger dem Nadelstreifenressort, sondern nach wie vor dem der Polizeiministerin. Nicht nur Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, bei Spindelegger hoch im Kurs, soll die Augenbrauen hochziehen, wenn Fekter – der Ambitionen auf den Parteivorsitz nachgesagt worden sind – im Kreis ihrer Regierungskollegen in Standpauken-Manier von ihren Erlebnissen aus der Finanzwelt berichtet.

W

enn im Spätherbst die Wahrheit über Griechenlands Lage nicht mehr zu verschleiern ist, wird Fekter ohnehin andere Sorgen haben. Jetzt geht es nur noch um Zeitgewinn, bis die Banken ihr Geld in Sicherheit gebracht haben.

D

ann könnte die Stunde des Werner Faymann schlagen. Zwar trägt der Kanzler die teure GriechenHilfe mit, er konnte aber mit Finanztransaktionssteuer und dem Vorstoß für eine EU-Ratingagentur punkten. Zudem wird die SPÖ im Herbst wieder das Wehrpflichtthema hochkochen. Wenngleich Wahlrechtsexperten eine Volksbefragung zeitgleich mit der Nationalratswahl skeptisch sehen.

U

ngemütlich wird es im September erneut im Bildungsbereich, wenn SPÖ-Ministerin Claudia Schmied im Gleichtakt mit ÖVP-Bildungsverhandler Werner Amon das neue Lehrerdienstrecht ausarbeitet. Dabei geht es zwar um eine bessere Bezahlung, aber auch um längere Arbeitszeiten für die Lehrer.

E

in wenig Spannung kommt noch in Salzburg auf. Bis zum Jahreswechsel sollte geklärt sein, ob und wann Landeshauptfrau Gabi Burgstaller das Amt an ihren Stellvertreter David Brenner übergeben wird.

D

as war’s vorerst. „Politik am Sonntag“ kommt wieder im September.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.