Freundesbrief - Ausgabe Nr. 201 - Mai 20

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Koen und Team beladen ein Auto für die Auslieferung von Lebensmittelpaketen in Winnyzja.

Christen an der Seite Israels

Freundesbrief Nr. 102 · Mai 2020

Jüdische Holocaust-Überlebende und Bedürftige in der Ukraine erfahren in Corona-Zeiten existenzielle Hilfe durch Christen Wie in vielen Teilen der Welt ist auch die Ukraine, das flächenmäßig größte Land Europas, von dem „Shutdown“ der Corona-Pandemie überrascht worden. Wie überall sind die Schwächsten der Schwachen in besonderer Weise von dieser Ausnahmesituation betroffen.

Eine Vielzahl von Hilferufen Aufgrund der jahrelangen Arbeit mit jüdischen Gemeinden in vielen Städten der Ukraine ist dem Mitarbeiter­ team um Koen Carlier (Leiter der Ukraine-Arbeit von Christians for Israel / Christen an der Seite Israels) die aufziehende Not vor allem unter den Überlebenden und der älteren jüdischen Bevölkerung in der Ukraine schnell bewusst geworden. Als Koen ab Mitte März Hilferufe aus zahlreichen jüdischen Gemeinden aus allen Teilen des weitläufigen Landes erreichten, war er vorbereitet. Inzwischen sind die Lebensmittelvorräte bei vielen betagten jüdischen Menschen am Schwinden. Die normale Routine der Besorgung ist eingeschränkt. Die Suppenküchen mussten geschlossen werden. Die jüdischen Gemeinden sind je länger, desto mehr überfordert.

Zupackende christliche Nächstenliebe Koen Carlier ist in einer Unternehmerfamilie aufgewachsen. Er hat in Abstimmung mit jüdischen Leitern und den ukrainischen Behörden einen Notfallplan entwickelt: Dutzende freiwillige Helfer wurden mobilisiert, um Tausende von Lebensmittelpaketen zu packen, die unter Einbeziehung der neun Fahrzeuge von Christen an der Seite Israels über das weitverbreitete Netzwerk jüdischer Gemeinden im ganzen Land verteilt werden. Oft bis an die Türen der bedürftigen Menschen. Diese tatkräftige, zupackende, unkomplizierte Art der christlichen Nächstenliebe berührt viele jüdische Menschen tief. Sowohl die Betroffenen in den Häusern als auch die Leiter in den Gemeinden.

Ermöglicht durch die Spendenbereitschaft von Christen aus Deutschland und Holland Dies wiederum ist nur möglich, weil es zum einen ein über Jahre gewachsenes vertrauensvolles Beziehungsnetz gibt und zweitens eine Infrastruktur an Helfern und Autos, die sich seit Jahren in der Alijah-Arbeit (Hilfe für Juden, die nach Israel auswandern) und bei der Unter-

Jüdische Gemeinden mit Suppenküchen in der Ukraine, die wir derzeit mit „Essen auf Rädern“ unterstützen.

stützung von Holocaust-Überlebenden einbringen. Der dritte entscheidende Faktor ist jedoch die finanzielle Großzügigkeit von Christen, vorwiegend aus Holland und Deutschland, die ein Herz für diese besonders bedürftigen jüdischen Menschen in der Ukraine haben. Im März ist diese Aktion angelaufen. Im April hat sie volle Fahrt aufgenommen und bis Ende Mai soll sie nach aktueller Planung mindestens weitergehen. Jeder Tag kostet tausende Euro. Was für eine Gelegenheit, den jüdischen Gemeinden und den jüdischen Bedürftigen in der Ukraine unser Herz und unsere Verbundenheit als Christen, als Deutsche zum Ausdruck zu bringen!

Ihr Harald Eckert


Notfallmodus in der Ukraine Zehntausende warmer Mahlzeiten und Lebensmittelpakete an Bedürftige verteilt Ab 17. März 2020 dann kam das öffentliche Leben per staatlicher Verordnung zum Erliegen. Die Suppenküchen wurden geschlossen, öffentliche Verkehrsmittel wurden eingestellt. Doch für das Team in der Ukraine gab es seitdem kaum eine Pause. „Weil wir vorbereitet waren, konnten wir in kürzester Zeit zu  ‚Essen auf Rädern‘  umstellen – nicht nur hier in Winnyzja, sondern auch in Dutzenden anderer jüdischer Gemeinden in der Ukraine“, so Koen.

Tausende warmer Mahlzeiten Faina, Leiterin der Jüdischen Gemeinde Brazlaw, mit ihrer Mutter Golda, einer Holocaust-Überlebenden, und einer Lieferung Lebensmittelpakete, die in den nächsten Tagen an Bedürftige verteilt werden.

Von Anemone Rüger, Christen an der Seite Israels e.V. „Als Ende Februar unsere letzte Reisegruppe weg war, habe ich mir Gedanken gemacht“, berichtet Koen Carlier, der die weitverzweigte Arbeit von Christen an der Seite Israels (CSI) in der Ukraine leitet. „Ich dachte, wenn das so weitergeht, werden sie bald auch bei uns die Suppenküchen zumachen. Was sagen wir dann den Überlebenden, die essen wollen?“ Offiziell betrifft die weltweite CoronaPandemie nur einige tausend erkrankte Personen in der Ukraine, dem flächenmäßig größten Land Europas. Die Zahlen sind jedoch kein Indiz für eine hochwertige Gesundheitsversorgung, sondern belegen eher das Gegenteil. Denn mit dem Ende der Sowjetunion verschwand auch die kostenlose medizinische Versorgung. Arztrechnungen und Medikamente müssen privat bezahlt werden – und natürlich auch Corona-Tests. Seit Wochen sitzen nun auch Tausende von Holocaust-Überlebenden und bedürftigen Senioren zu Hause, die sonst regelmäßig von CSI über die jüdischen Gemeinden vor Ort versorgt werden. 2

Das Beste hoffen, für den Notfall planen Koen, der jahrelang in Belgien im Lebensmittelgroßhandel seines Vaters gearbeitet hat, verbrachte schon Anfang März ungezählte Stunden am Telefon. Im Lagerhaus der Baptistengemeinde in Winnyzja, wo Reisegruppen regelmäßig Lebensmitteltüten für Bedürftige packen, stapelten sich in kurzer Zeit die Paletten; Koen zählte nur noch in Zehntausenden. Gleichzeitig drängte er die jüdischen Gemeinden im Land, sich Vorräte für mobile Mahlzeiten anzulegen; zusätzliche Spenden wurden mobilisiert.

In Winnyzja selbst, einer Bezirkshauptstadt im Zentrum des Landes, teilt das CSI-Team, das mit polizeilicher Sondergenehmigung unterwegs ist, momentan regelmäßig 200 Mahlzeiten aus; landesweit sind es wöchentlich ca. 5000. Die Reaktionen sind bewegend. „Am Sonntagabend spät rief Oxana bei uns an, eine jüdische Rentnerin, die mit ihrer behinderten Tochter allein ist“, so Koen. „Am Anfang dachte sie, ‚Wir schaffen das schon, das ist bestimmt bald wieder vorbei.‘ Aber jetzt hat sie gemerkt, dass es doch nicht mehr alleine geht. Sie hat gefragt, ob wir sie doch noch auf unsere Liste für mobile Mahlzeiten setzen könnten. Dass wir ihr das ermöglichen konnten, war für sie ein Wunder!“

Raja, die als Kind das Todeslager Petschora überlebt hat, liest eine Grußkarte von Christen an der Seite Israels, die ihrem Lebensmittelpaket beilag.


Rita, die als Kind das Todeslager Petschora überlebt hat, nimmt von Mitarbeiterin Alina ihr Lebensmittelpaket in Empfang.

Igor, Fahrer und Mitarbeiter von CSI, bringt mit Sondergenehmigung Lebensmittelpakete zu den jüdischen Gemeinden im Umkreis von Winnyzja.

Die Lebensmittelpakete sind für viele jetzt überlebensnotwendig geworden. „Den Menschen gehen die Vorräte langsam aus,“ so Natalja, die in Kiew gerade auf dem Weg zu einem alten Ehepaar ist – beide bettlägerig. Außer den Ausgehbeschränkungen herrscht in der Hauptstadt auch noch Smogalarm wegen der Waldbrände in Tschernobyl. „Die Pflegekräfte der jüdischen Gemeinden sind zwar offiziell noch im Einsatz, aber viele können ihre Pfleglinge nicht erreichen, weil weder Busse noch Straßenbahnen fahren, und ein Taxi können sie sich nur im Notfall leisten. Für viele jüdische Rentner und Überlebende sind wir jetzt ihre Verbindung zur Außenwelt.“

5000 warme Mahlzeiten wöchentlich, sofern die Kosten durch Spenden gedeckt werden können.

einer Lebensmitteltüte in der Hand, war sie so überwältigt, dass sie das Teamfoto auf der Grußkarte geküsst hat“, berichtet Alina. „Sie hat Angst, vor die Tür zu gehen. Unsere Besuche sind ein Rettungsanker und auch ein großer Trost für sie.“ Raja hat als Kind das nahe gelegene Todeslager Petschora überlebt. „Ihr größter Wunsch ist, dass die Kontaktsperre bald vorbei ist und sie uns alle drücken kann!“ 5000 Lebensmittelpakete wurden in den letzten Wochen verteilt, weitere 5000 sollen im Monat Mai folgen, sowie

„Wir sind ja kein Logistikunternehmen, sondern wir haben eine Botschaft für das jüdische Volk, die man auch schmecken und sehen kann“, so Koen. „Die jüdischen Gemeinden merken, dass wir sie in dieser schwierigen Zeit nicht allein lassen. Sie wissen, dass hinter jedem Essen und jeder Lebensmitteltüte Spender stehen, die das jüdische Volk lieben. Und diese Botschaft kommt an.“

Ein Kuss aufs Foto Unsere Mitarbeiter Igor und Alina haben sich auch auf den Weg nach Tultschin gemacht. Dort ist die Finanzierung für eine Suppenküche für Holocaust-Überlebende durch eine ukrainische Gemeinde über Nacht komplett weggefallen, denn mit jeder Woche schrumpfen die ohnehin kleinen Ersparnisse zusammen. „Als wir vorhin bei Raja geklingelt haben, mit zwei warmen Mahlzeiten und

Ira (rechts), Koens Ehefrau, übergibt eine doppelte warme Mahlzeit an Oxana, die mit ihrer behinderten Tochter allein zurechtkommen muss. 3


Kurz und bündig CSI-Tageskonferenz

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„Jerusalem – Stadt des großen Königs“

14. November 2020 | NEUULM

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Christen an der Seite Israels e.V. Friedberger Str. 101 61350 Bad Homburg v. d. Höhe Germany Telefon: (0 61 72) 9 18 27 40 Telefax: (0 61 72) 9 18 27 42 E-Mail: info@israelaktuell.de www.israelaktuell.de

„Was geht uns die Vergangenheit an?“ Viele stellen sich diese Frage, oft aus negativen Erfahrungen heraus. Lebendiges Erinnern aber kann Herzen verändern! Menschen, die das erlebt haben, kommen hier zu Wort. Sie berichten, wie das Gedenken – befreit von quälender Bedrückung – zu etwas Gesundem, ja Heilsamem werden kann und neue Horizonte eröffnet. Lesen Sie in diesem Heft von neuen Berufungen und Aufträgen Gottes. Erfahren Sie mehr über die Arbeit unter Holocaust-Überlebenden, in Politik und Gesellschaft und in der Gemeinde Jesu. Und sehen Sie, wie aus der schlimmen Vergangenheit heute neues Leben, größere Sensibilität und geistliche Wachheit erwachsen kann – durch Gottes unbeschreibliche Gnade.

E-Mail: medien@israelaktuell.de

1. Vorsitzender: Harald Eckert Schatzmeister: Dietmar Kern Christen an der Seite Israels e.V. ist der deutsche Zweig von Christians for Israel ­International (mit Sitz in Nijkerk, Niederlande).

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