SOPHIE REINHOLD
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SOPHIE REINHOLD DAS KANN DAS LEBEN KOSTEN
INTERVIEW HANNES SCHMIDT TEXT TENZING BARSHEE
CONTEMPORARY FINE ARTS BERLIN 2020
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Der folgende Text besteht aus editierten Auszügen eines Gesprächs zwischen Sophie Reinhold und ihrem Partner Hannes Schmidt. Dieses fand bei einem Spaziergang im März 2020 während des Lockdowns statt; inmitten der Vorbereitungen zur Ausstellung „Das kann das Leben kosten“. So wie sich die Bilder gegenüberstehen, entstehen Fragestellungen, die, ähnlich wie bei einer Collage, Gedankenräume öffnen. Fragestellungen, die sich bei den einzelnen Bildern vielleicht so gar nicht ergeben, obwohl oder gerade weil sie auch für sich selbst stehen können. Sie funktionieren in der Ausstellung also auch speziell in Bezug aufeinander. Weil dieses Gespräch sich auf eine konkrete Ausstellung bezieht, können wir auch konkrete Bilder ansprechen, oder? Der Eiermann. Das Corona–Ei. Oh mein Gott?! Was hat denn das Ei mit Corona zu tun? Es traut sich jetzt endlich erstmals wieder hinter seinem Vorhang hervor und schaut, ob die Welt da draußen noch existiert. Du scheinst beunruhigt ... ich habe das „C“-Wort gesagt. Concerned? (Lacht) Die Bildmotive sind stilistisch doch sehr unterschiedlich: Ein Ei schaut besorgt hinter einem Vorhang aus Primärfarben hervor, hat dabei das Aussehen eines Bürokraten und sieht selbst sehr besorgt aus. Bürokratischer Clown. Es wirkt nicht, als hättest du großes Mitleid mit ihm, allerdings hat er etwas Trauriges. Ein trauriges Wesen, das vielleicht nicht mehr so ganz versteht, was seine Bühne ist. Die Frage ist vielmehr: „Warum noch auf eine Bühne treten?“ Ach ja? Wenn ich mir andererseits den Widder anschaue, habe ich das Gefühl, er hätte den gleichen Gesichtsausdruck, den ich meine selbst zu haben, während ich das Bild mit dem Eiermann betrachte. Der Widder schaut mich an, als fände er mich bemitleidenswert, habe aber dennoch kein Mitleid. Ich denke, es wird nicht wenige Leute geben, die sich
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von dem Widder wie von einer Art Buddha-Figur angeschaut fühlen, als gäbe es eine Lösung, von der er bereits weiß, wir aber noch keine Ahnung haben. Das wäre schön. Das haben doch gute Porträts recht häufig. Vielleicht nicht unähnlich dem Blick der Mona Lisa, die Unendlichkeit ... … sie wird uns in jedem Fall überleben. Der Widder hat, denke ich, eine ganz spezielle Rolle in der Ausstellung. Ja, weil in diesem Bild die Malerei im klassischen, fast altmeisterlichen Stil genutzt wird, um eine Form von Erhabenheit zu erzeugen. Dieses Bild eröffnet jedenfalls eine andersartige Perspektive auf die Ausstellung, die eines quasi übergeordneten Betrachters. Jetzt wird diese Serie aber immer wieder von einer anderen Folge von Bildern regelrecht unterbrochen. Von Malereien mit sehr kontrastreich gegeneinander gesetzten Farbflächen, die in ihrer konkreten Form an die Gestaltung von BVG-Bussen, Polizeiwagen und Fahrzeugen der Berliner Müllabfuhr erinnern. Wie nennt man eine solche Malerei noch gleich? Konkreter Minimalismus? Es gibt also eine Form der Unterbrechung dieser figurativen, duktuslastigen Malereien durch sehr flächige, minimalistische Malerei, die im Übrigen auch aus gefärbtem Marmormehl besteht, deren Flächen mit ihren scharfkantigen, reliefartigen Überlagerungen die Farben klar voneinander trennen. In einem Bild vermutet man die Aufschrift eines Polizeiwagens. Diese ist aber so ins Bild gesetzt, dass nur das Wort Poli übrig bleibt, was stark auf die Idee von polis, also die antike griechische Stadtgesellschaft, verweist. In dieser Reihe bildet sich so etwas wie die Ästhetik einer äußerlichen Realität ab, wie sie im Stadtbild zu finden ist. Die Polizei setzt die Ausgangssperren durch, die Müllabfuhr fährt immer noch. Es sind sozusagen die ordnenden Systeme, Ordnungssysteme der Demokratie. Und diese unterbrechen diese sehr subjektiven Szenen, die in
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1. Gewรถhne dich nicht daran 2019
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2. I know I have the right to remain silent, but I want you to know I am a screamer. 2020
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der Ausstellung eine andere Kontinuität haben. Ob da jetzt ein Anzugträger eine Bratwurst reitet, ein Clown sich nicht auf die Bühne wagt oder ein erleuchteter Widder einen analytisch betrachtet. Da treffen Realitäten aufeinander, die sich auf eine Art gegenseitig bedingen. Auf der einen Seite dieses sehr Menschliche und dem gegenüber die geraden Linien eines von Menschen gemachten, staatstragenden Systems, das diese ganzen Regungen und Bedürfnisse zu regeln scheint. Nur als kurzer Versuch mal zu beschreiben, wie man diese Gegenüberstellungen vielleicht verstehen kann. Sie stehen auch stark im Kontrast zu beispielsweise dem floralen Bild in dem die Farben rauschhaft überzeichnet dargestellt sind. Die Farben verlassen vor allem auch die Kanten, die Realitätskanten. Du sprichst von den im Bild reliefhaft vorgegebenen Kanten, über die die Farbe hinaustritt? Ja, insofern überschreitet sie sozusagen die gegebene, uns verständliche Definition von so einer Blume. Es handelt sich hierbei um eine Ansammlung von Orchideen. Die Orchidee hat für mich persönlich eine starke Bedeutung, weil es sich um eine der für mich eindrucksvollsten, exotischsten Blüten handelt, die es in der DDR eben nicht gab. Oder anders gesagt, die Orchidee hatte für mich einen Symbolcharakter für westliche Überlegenheit. Anzustrebender Besitz, eine Verlockung, westliche Verlockung. (Lacht) Wenn du eine Orchidee besitzt, hast du’s sozusagen geschafft.
landet also als Subjekt vor Gericht, vor einer staatlichen Instanz. Es geht mir zuerst auch darum, dass diese Räume immer recht ähnlich strukturiert sind, auch damit die Protagonisten wie die Zuschauer schon sofort wissen, wo wer ist. Eine klare Ordnung, dafür, wer wo sitzt beziehungsweise steht. Der Raum stellt eine Schnittstelle her zwischen diesen Welten. Die Art und Weise, wie der Gerichtsraum bei dir dargestellt ist, wirkt sehr traumhaft, fantastisch, eine sich in verschiedene Formen auflösende Realität. Nichts, was man direkt zuordnen könnte, es finden sich comichafte Elemente und höchstens Versatzstücke von verschiedenen Realitäten. Das „POLI“-Bild und andere Bilder dieser Serie haben ja quasi-dokumentarische Bezugspunkte. Ausschnitthafte Realität, schmerzhaft, klar. Kapitalistischer Realismus könnte man in Anlehnung an Polke etc. sagen. Interessant, wie durch Grafikdesign und dem CI den Instanzen Macht verliehen wird. Man erkennt sie wieder, man weiß, man hat sich zu benehmen, wenn ein Polizeiauto an einem vorbeifährt, wenn man im Park schlendert und den Abstand zum Nachbarn nicht einhält. Man kann schon aus großer Ferne erkennen: Es handelt sich um eine staatliche Gewalt. Genau so funktioniert in einem Gericht nun ja auch die Architektur, das ist die Art, wie dir verdeutlicht wird ...
Ha! Und wenn man ganz viele davon hat ...
... welche Rolle du einnimmst.
… ist man also reich.
Das Bild vermittelt einen sehr subjektiven Eindruck von diesem Gerichtsraum. Diese Konfrontation, die Art, wie diese Welten aufeinandertreffen, fasst die Konzeption dieser Ausstellung sehr gut zusammen, finde ich. Die Wahrheit eine Höhle, so ja auch der Titel des Höhlenbildes.
Wir sollten hierbei auch über das große zentralperspektivisch angelegte Bild sprechen. Der angedeutete Raum im Bild ist auch durch reliefhaft zueinander abgesetzte Flächen ausgeführt. Die Farbe geht entlang dieses Raums, ergänzt ihn, setzt sich aber auch immer wieder über ihn hinweg. Es handelt sich um einen Gerichtssaal. Hinter dem Pult erkennt man auch eine Figur, die ein Richter sein könnte. Der Betrachter des Bildes befindet sich etwa in der Position, in der sich ein Angeklagter finden würde: vor bzw. unterhalb des Pults. Dieses Bild erscheint wie eine Überschneidung der zwei Welten der gesellschaftlichen Institutionen einerseits und andererseits jener Welt der Subjektivität, wie sie in anderen Bildern abgebildet ist. Man
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Man könnte es auch aus einer anderen Perspektive beschreiben: Du, als jemand, der zwei verschiedene Staatssysteme nacheinander erlebt hast, die gleichzeitig die beiden großen konkurrierenden Wirtschaftssysteme repräsentieren, bist mit zwei sehr verschiedenen Wahrheiten konfrontiert worden. Beide haben jeweils den Lebensraum, dein Denken, dein Handeln in rechtsstaatlicher wie sozialer Hinsicht in sehr unterschiedlicher, fast diametraler Weise geprägt. Allein aber die Tatsache, dass man beides erfahren
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3. BSR 2019
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4. Wilde Orchideen 2020
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hat, macht ja die Möglichkeit aus, die Sachen hinterfragen zu können. Wenn du nie was anderes erlebt hast, ist dir die ganze Konstruktion von dem, was du vor dir hast, auch nicht bewusst. Und wenn man jetzt noch eine durch Corona bestimmte Situation mit dazu nimmt, ist es vielleicht das erste Mal seit Langem, dass man sagen kann: Die Wahrheiten, die existiert haben, sind sehr stark ins Kippen gekommen. Es ist gerade das erste Mal, dass sichtbar wird, dass ein System wie eine Welt unter einer Glocke funktioniert, ähnlich wie in dem Film „The Truman Show“. Im Fall von Kapitalismus ist das eben eine sehr große Glocke. Man hat für einen Moment die Chance zu begreifen, dass diese Welt theoretisch auch vollständig anders sein kann
Was meinst du? Naja, man schläft, isst, träumt, dem einen ist schlecht, ein anderer hungert – es geht immer weiter. Eine Situation, die das Verständnis für die Unterschiedlichkeit dieser Dinge ermöglicht, das ist doch unwirklich. Der Erfahrungswert, die Dinge aus einer anderen Perspektive betrachten zu können, ist doch unfassbar wertvoll, nein?
... Es kippt gerade von einer vermeintlich liberalen Wirtschaftswelt in eine restriktive, kontrollstaatliche Situation. Ob für die allgemeine Gesundheit gut oder schlecht mal außen vorgelassen, es ist auf jeden Fall alles anders bezüglich quasi allem.
Du meinst, in meinem Fall beispielsweise? Wenn man zwei verschiedene Systeme erlebt hat. Das erste habe ich als Kind erlebt, da hatte ich ja quasi keine Wahl bzw. nur zuerst eine Perspektive. Mit 12 oder 13 war ich ja schon im Westen, oder besser: der Westen war da. Und er kam mit so einer Wucht, dass du erst mal natürlich davon ausgehst, dass das die Wahrheit ist, die immer gefehlt hat. Dir wurde ja gewissermaßen ein Defizit und Mangel bescheinigt, und alles, was von nun an kommen würde, sei das, was dir gefehlt hat, und du sollst glücklich damit sein. Hier sind sie nun, die Parameter des Glücks, in Form eines kapitalistischen Kaufrauschs. Nach Steglitz fahren, Big Mac, Kirschen und Überraschungseier essen und sich dann dafür schämen, dass man es wieder auskotzt. Und tatsächlich auch eine Scham im Sinne von: Ich werd nicht erreichen, was sie schon haben.
Außer aber dem, was immer ist ...
Du meinst „haben“ im Sinne von einem Vorsprung?
... alle Akteure plötzlich neu dirigiert werden. Es ist nicht so als wäre gerade alles Anarchie ... ... im Gegenteil.
The following text is a series of edited excerpts from a discussion between Sophie Reinhold and her partner Hannes Schmidt. It took place while they were out for a walk in March 2020 during lockdown—right in the middle of preparations for the exhibition “Das kann das Leben kosten” (That could cost you your life). The way the paintings are arranged, facing one another, poses questions and, like a collage, opens up space for ideas and questions in a way that might not happen if one was looking at the pictures on their own, despite the fact that, or perhaps because, each picture also stands for itself alone. In this exhibition, however, they work particularly well together. As this interview refers to a specific exhibition, we can talk about specific pictures—is that okay with you? R U concerned?
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The Corona egg. Oh my God?! What does the egg have to do with Corona? The egg has finally found the courage to emerge from behind its curtain to see if the world out there still exists. You look concerned … I said the “C” word. Concerned? (Laughs) The motifs in your pictures are stylistically quite different. A worried-looking egg, emerging from
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behind a curtain of primary colors. It looks like a bureaucrat and seems to be quite perturbed about something. A bureaucratic clown. You don’t seem to have much sympathy with him, and yet he has a sad air about him. A sad creature that perhaps no longer quite understands his role on the world’s stage. The question is rather: “Why still step onto the stage at all?” Oh really? By comparison, when I look at the ram, its facial expression is like mine when I’m looking at the painting with the egg man. The look on the ram’s face says it finds me pitiful, yet it has no pity for me. I think many people will feel the ram is looking at them in the same way a Buddha figure would. As if he had found the solution to something that we haven’t got a clue about. That would be nice. Good portraits often have that. Perhaps not unlike the Mona Lisa, the eternity … … she will certainly outlive us. I think the ram plays a very special role in the exhibition. Yes, because that picture uses a classic painting style, almost like the Old Masters, to generate a sense of grandeur. The picture certainly offers a different perspective of the exhibition, that of an observer looking on from above, as it were. This series is interrupted again and again by another sequence of works, paintings with highly contrasting blocks of color set against one another, their forms reminiscent of BVG buses, police cars or Berlin’s garbage collection trucks. What is painting like that called again? Concrete minimalism? These figurative, over-stylized paintings are interrupted by very flat, minimalistic paintings. They were painted using colored marble powder, the surfaces with their sharp-edged, relief-like overlaps separate the colors clearly from one another. One painting appears to show a police car, but contains only the word Poli, strongly referencing the
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idea of the polis, the administrative city of ancient Greece. It thus presents us with something like the aesthetics of an external reality we find in the urban landscape. The police enforce curfews, the garbage collection vehicles continue to run. These are, so to speak, the systems that bring order to society. And they break up the very subjective scenes, which have a different continuity in the exhibition. Whether a man in a suit riding a sausage, a clown wary of coming on stage or an enlightened ram looking at you with an analytical expression on its face. Realities that to some extent mutually define one another, also clash with one another. On the one side you have something very human, and across from it the straight lines of a system created by humans to support the state, which appears to regulate all these emotions and needs. That is just a brief attempt to describe how these juxtapositions might be understood. They also contrast starkly with the floral painting executed in overdrawn colors, LSDlike and ecstatic. The colors spill over the edges, the edges of reality. Are you speaking about the relief-like edges in the painting that the colors extend beyond? Yes, they overstep the given definition of a flower we have come to understand. The painting shows a collection of orchids, a flower that has personal significance for me. It is one of the most impressive and exotic flowers, I find, and we didn’t have them in the GDR. In other words, I see the orchid is a symbol of western superiority. Strived-for possession, a temptation, western temptation. (Laughs) When you own an orchid, you’ve really made it in life. Aha! And if you own lots of them ... … then you’re rich. We should also talk about the work painted with a grand, central perspective in mind. The room intimated in the painting also has surface areas that set themselves apart from each another in a relieflike way. The color stretches along the room, and adds to it, but also breaks with it. It is a courtroom, and the figure behind the bench might be a judge. Looking at the picture, one almost feels like the accused—standing in front of or below the bench. This painting appears to provide an overlap between two worlds: social institutions on the one hand and
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5. R U concerned? (Eiermann) 2020
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6. The truth, a cave (allegory of the cave) 2020
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the world of subjectivity we find in the other works. The onlooker becomes a subject before the court, facing a state authority. What I’m getting at is—rooms like this usually have a similar structure, so both the protagonists and the onlookers immediately know who is where. There is a clear order dictating where a person has to sit or stand. The room represents an interface between these worlds. The way the courtroom is presented in your painting has a very dreamlike quality, fantastical, where reality dissolves into various forms. Nothing you can associate directly, but comic-like elements and, at most, artefacts from different realities. The “POLI” painting and other works in that series have quasi-documentary points of reference. Cutouts of reality, painful, clear. Taking from Polke, etc. it might be called Capitalist Realism. Interesting how graphic design and a CI can lend certain entities such authority. They are instantly recognizable. And people know exactly how to behave if, walking in the park without observing the proper distance, a police car drives by. It is obvious, even from a distance, that you are looking at state power. That’s precisely how the architecture in a courtroom works as well, how you are clearly made to know … … what role you occupy. The painting communicates a very subjective view of this courtroom. This confrontation, the way these worlds clash with one another sums up the exhibition concept very well. Like the title of the cave painting—“The truth, a cave”. There’s another way to describe it. As someone who experienced two different state systems, which also represent the two great competing economic systems, you too were confronted with two quite different realities. These two states had a very different, almost diametrically opposing influence on your living circumstances, your way of thinking, and on your actions—both politically and socially. However, someone who has experienced both, can question both. It’s hard to be conscious of something that is right in front of you. Add to that the Corona situation, and it might be the first time in a long time that people realize the truths that existed before are on very rocky ground. For the first time, it is clear that a system functions like a world under
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a bell jar, just like in “The Truman Show”. And when it comes to capitalism, the bell jar is a very big one indeed. For a moment, you suddenly understand that, theoretically at least, this world can function very differently ... that everyone involved can be directed differently. It’s not as if everything is anarchy ... ... quite the opposite. ... We are currently moving away from a supposedly liberal economy and towards a more restrictive situation with more state controls. And, without addressing whether it is good for public health or not, there is no doubt that nothing relates to anything else in the same way it used to anymore. Except for things that have always been the same ... What do you mean? Well, we eat, sleep, dream, some people get sick, other people starve—it just goes on. A situation that allows us to understand the different nature of these things is unreal. Being given the chance to look at things from a different perspective is incredibly valuable, don’t you think? You mean, in my case, for example? Growing up in two systems. I experienced the first one as a child, so I had no choice as it were, only a perspective. I was already in the West at 12 or 13, or rather, the West was suddenly there. And it came with such force that, at first, you naturally believe it to be the truth you’ve always missed. You were told something was missing, that you had a deficit of some kind, and that all the things now coming your way were what you were missing all along, and so you should be satisfied with that. Here they are, the parameters of happiness, in the form of a capitalist shopping frenzy. Go to Steglitz, eat a Big Mac, cherries and a Kinder Egg, only to feel ashamed when you throw it all up again. And there really was that feeling of shame, in the sense of—I’ll never achieve what they already have. Do you mean “having” in the sense of them having a head start?
Translated from German by Lindsay Munro
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7. BVG 2019
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8. Courtroom 2020
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9. POLI 2019
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DAS HERZZERREISSENDE MUSTER DER GEGENWART ODER „EINE ART POST-CORONA-IMPRESSIONISMUS“ TENZING BARSHEE Einige Gedanken sind schon wieder aus. Es ist schon spät. Das Berliner Morgenlicht produziert eine schonungslose Wirklichkeit. Das helle Licht verkörpert einige wichtige Bestandteile der Malerei: radikale Ehrlichkeit, Zärtlichkeit und Hoffnung. Es ist eine Hauptmotivation und eine inhärente Angst des Malens. Sie sitzen vor der weißen Leinwand und rätseln, ob sie schon wieder das Neue, das Echte oder das Richtige malen sollen. Im Morgengrauen sammelt sich alles: das was ansteht, Freude und Ängste, Glucksen und Grinsen, leeres Schlucken. Unterwerfung oder Freiheit? Emanzipation oder Knechtschaft? Täglich lüftet sich der Vorhang vor dem gleichen Kopfkino. Die Gedanken kommen langsam heim: ein Muster ist eigentlich nichts anderes als eine Wiederholung. Die wiederkehrenden Inhalte – nennen wir sie einfachheitshalber Motive – können theoretisch endlos auftauchen. Die Anzahl verschiedener Motive, die sich wiederholen, ist auch unbegrenzt. Solange sich das Motiv eindeutig wiederholt, ist die Funktion des Musters erfüllt. Das beruht logischerweise auf mathematischen Prinzipien, am Ende beschreibt es einfach eine mehr oder weniger komplexe Wiederholung, das Auf- und Abtauchen eines Motivs. Abwesenheit ist ein wiederkehrendes Thema bei Sophie Reinhold: das Ausgelassene, das Ungesagte, das Uneingeladene. Grundregeln der Abstraktion. Dass nicht alles gesagt werden muss. Das erzeugt so etwas wie eine Grundstimmung. Ein Muster vielleicht. Es schafft einen Platz abseits der Sprache. Eine ganz deutliche Schweigsamkeit. Bei einer großen Anzahl von Motiven geht die Übersicht eines Musters leicht verloren. Unordnung macht sich breit. Distanz hilft dabei, den Überblick zurückzugewinnen. Sobald sich die Wiederholung des Motivs bestätigt, hat sich das Muster mit Erfolg durchgesetzt, das triggert sowohl den obsessiven als auch den Geist der Gelassenheit. Einige andere Motive: Sophie Reinhold kultiviert ihre Harmonie in der augenscheinlichen Unregelmäßigkeit – und umgekehrt. Ihre Arbeit ist durchzogen von verschiedenen Stimmen und Gegenstimmen. Jeden Ariadnefaden, der einem in die Hände fällt, fädelt die
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Künstlerin an einer anderen Stelle auf. Sie hat keine Hemmungen, ihre inszenierte Stille zu unterbrechen. Sie setzt eindeutige Akzente. Das Buchstäbliche wird aber nie als Gegensatz missbraucht. Stattdessen stilisiert sie das An- und Ausgesprochene als Teil eines Kultes des Weglassens. Selbst in den Momenten, in denen sich die Künstlerin konkret äußert, behält das Fragmentarische bei Sophie Reinhold die Oberhand. Es ist eine wechselseitige Auseinandersetzung zwischen Eindringlichem und Flüchtigem: das, was da ist, und das, was fehlt. Das ist ähnlich in den Fiktionen des Alltags. Das zwischenmenschliche Leben besteht aus ineinander verzahnten und auseinandertriftenden Momenten: Begegnungen und Umarmungen, Intensitäten und Adieus. Eine Überlagerung an Gefühlen und inneren Monologen. Daraus resultieren repetitive Impulse, Reaktionen und Verhaltensweisen. Ein Muster eben. Das ist hochkomplex und ziemlich banal. Der Ausgangspunkt für Sophie Reinholds Malerei ist der solide Gegenstand – das Greifbare, das Handfeste, wiederholt benutzt sie Grafit- oder Marmorpulver, um ihre Bildträger auszubauen. Die Leinwände werden eingepackt. Bekommen eine dicke Schicht aufgetragen. Der pulverisierte Marmor wird mit Pigmenten gemischt, aufgeschichtet und angeschliffen. Steinharte, starke Panzer. Die Oberfläche glatt und undurchlässig. Tiefe wird über die Oberfläche hergestellt. Das erzeugt eine paradoxe Lebendigkeit. Denn das, was dabei rauskommt, ist nicht bloß tief, sondern vor allem flach. Das entmachtet die Illusion des gemalten Bildes als etwas, das sich auf einer Oberfläche abspielt. Es erklärt die Malerei als einen Gegenstand, der das Material durchdringt. Es wäre verlockend, sich auf dem Gewicht dieses Bildkörpers auszuruhen. Das ist dieser Künstlerin aber zu wenig. Sie will mehr. Bei ihr wird das Monumentale zweckentfremdet. Die harten Oberflächen dienen ihr als Screen für ihre Malereien – ein offener Schauplatz, wo Tanzen zwar erlaubt ist, aber auch scharf gerichtet wird, jede Leinwand wird zum öffentlichen Tribunal, Verstecken geht nicht. Das ist der wiederholte Versuch einer radikalen Ehrlichkeit, schonungslos, liebevoll ausgeführt. Die Bedeutung des Bildes wird hochgehalten und abgeschossen.
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10. Das kann das Leben kosten 2020
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11. Portrait of the Ram 2020
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Es gleicht der abstrakten Erzählung der Gegenwart: der Kurzsichtigkeit des Alltags, einer unermüdlichen Abfolge von Gefühlen und Eindrücken. Solange die Intuition stimmt, ist das schon so etwas wie eine konkrete Erfahrung. Was sich am Ende aber einbrennt, das, was etwa übrig bleibt, ist das herzzerreißende Muster der Gegenwart. Meistens fehlt die Distanz. Fehlt die Übersicht. Die Erinnerung knallt den Deckel drauf und verklumpt die Bruchstücke des Alltags. „Was geschieht mit denen, die die Wirklichkeit gar nicht kennen“, fragte die Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek 2004 in ihrer Siegesrede. Sie verdeutlichte, dass sie eine „zerzauste Wirklichkeit“ meinte, „die kein Kamm glätten kann“, und sagte, ihre Texte wären der Versuch, sich dieser Wirklichkeit anzuschmiegen. Das übersteigt die Einsilbigkeit einer darstellenden Erzählung, das ist um einiges mehr, eher ein Amalgam zwischen dem, was rein-, und dem, was rausgeht. „Die Wirklichkeit ist das, was unter die Haare und die Röcke fährt und sie eben davon reißt.“ Das wirklich Schlaue in der Malerei von Sophie Reinhold ist, dass die Künstlerin davon ausgeht und das in ihrer Kunst immer wieder beweist, dass sich ihre Wirklichkeit nicht glätten lässt, dass das Ereignis längst stattgefunden hat, bevor es in eine Form gezwungen werden kann. Ihre Kunst praktiziert eine kaleidoskopische Multiplizität und folgt keiner einseitigen Formel, das macht dieses Werk vielseitig und -schichtig. Eine Methode wird deutlich: die Entscheidung, ihre Malerei zu schleifen, das Ab- und Auftragen ihrer Bilder, das reflektiert die Idee, dass unsere Wirklichkeitserfahrung einer Abnutzung des Alltags gleichkommt. In Sophie Reinholds Ausstellung „Das kann das Leben kosten“ hingen prominent drei Bilder nebeneinander. Diese Arbeiten stehen exemplarisch für die Entschiedenheit ihrer Abstraktion. Etwas wird immer entfernt, ausgespart. Die drei Motive sind Detailaufnahmen. Abstrahierte Logos der Berliner Infrastruktur, Institutionen des Alltags, von links nach rechts: Stadtreinigung, Polizei, Verkehrsbetriebe („BSR“, „POLI“, „BVG“; alle 2019). Die Wahl und Farbigkeit der Motive sind eine klare Entscheidung für ihre Signalwirkung: die Malereien attestieren ihre Präsenz unmissverständlich durch den hohen Wiedererkennungswert der gewählten Ausschnitte. Das ist die produktive Hin- und Herbewegung, die Sophie Reinhold in ihrer Arbeit immer wieder meistert. Einerseits stellt sich über das von der Künstlerin benutzte visuelle Vokabular ein unmittelbarer
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Realitätsbezug her, der so intensiv ist, dass man sich ihm nicht entziehen kann. Und andererseits bewährt sich das Bild als abstrakte Einheit, die sich vom Zugzwang einer figurativen Erzählung loszulösen weiß. Das heißt aber nicht unbedingt, dass die Erzählung den Raum verlässt. Bei „BSR“, „POLI“ und „BVG“ gaben die Oberflächen der Fahrzeuge der Müllabfuhr, der Polizeiautos oder die Fenster der U-Bahn den künstlerischen Impuls. Diese Motive sind im Berliner Stadtleben allgegenwärtig. Sie begleiten den städtischen Alltag. Ein urbanes Muster, dass sich in konstanter Bewegung befindet. Es sind aber auch stille Symbole für die (Un-)Sichtbarkeit der systemrelevanten Berufe, der Menschen, welche diese infrastrukturelle Arbeit tagtäglich verrichten. „Berliner Seerosen“ bezeichnete Sophie Reinhold das unfreiwillige Triptychon. „Eine Art Post-CoronaImpressionismus“. „Das kann das Leben kosten“ war, soweit ich weiß, die erste Berliner Ausstellung, die nach der Lockerung der Einschränkungen aufgrund der Covid19-Pandemie aufmachte. Die vor der weltweiten Krise entstandenen Malereien belegen, dass Sophie Reinhold unserer verklumpten Gegenwart mit angemessener Dringlichkeit auf den Zahn fühlt. Bereits im 19. Jahrhundert versuchte der Impressionismus diesen Klumpen zu illustrieren. Dabei entstanden Bilder, die gleichzeitig das Greifbare als auch das bereits Verschwundene verkörperten – das ist ähnlich bei der Fotografie, welche das Licht festhält, während es ihr durch die Finger schlüpft. Das Klischee des Impressionismus: die Unschärfe, das Wabernde, Schwimmende, das alles floss leider zu oft in den Sumpf der Uneindeutigkeit, was relativ schnell seinen Reiz verlor. Es überrascht nicht, dass die französische Sprache kein Wort für Muster kennt. In Frankreich, wo der Impressionismus seinen Ursprung hat, bleibt ein Motiv ein Motiv, egal wie oft sich das Ganze wiederholt. Egal, ob das abgebildete Muster bereits zu Tode langweilt. Was interessanterweise davon übrig bleibt, ist die anhaltende Frage nach der Struktur von Erinnerungen und danach, welche Bilder diese produziert. Die kollektive Erinnerungsmaschine ist – gerade im Bezug auf die Erzählung der Moderne und ihre Folgen – am Ende gar nicht so klar und eindeutig, wie es die herrschenden Stimmen es einem gerne vormachen. Das stellt die Frage nach dem Ich. Wer will da überhaupt noch sprechen? Bilder sind keine Stopfgänse.
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Wie viel Identität können wir der Malerei noch eintrichtern? Wie weit kann man sich öffnen, bevor der gewünschte Affekt in der Einsamkeit verschwindet? Für die Berliner Künstlerin Sophie Reinhold waren positive Kindheitserinnerungen an die Deutsche Demokratische Republik und das Erwachsenwerden in der Zeit nach der Wende prägende Erlebnisse. Diesen Erfahrungen verdankt sie die Fähigkeit, einen illusionsfreien Blick auf Inneres und Äußeres richten zu können. In ihrer Arbeit reflektiert die Künstlerin wiederholt, inwiefern sogenannte westliche demokratische und liberale Werte als Deckmantel für Gewinnmaximierung und andere kapitalistische Strategien dienen. Wie solche Ideale hochgehalten werden und gleichzeitig als ausgetrocknete Behauptungen in einer Ecke verkümmern.
Zurück zu dem, was fehlt: in frühen Arbeiten wählte Sophie Reinhold wiederholt eine Figürlichkeit, die das Flüchtige betonte. Figuren waren angedeutet. Manche waren regelrecht ausgeblichen. Obwohl diese Motive die Vergänglichkeit des Lebens und die damit einhergehende Melancholie ausschmücken, habe ich hinter diesen Figuren vor allem die Sehnsucht nach einer spür- und erlebbaren Menschlichkeit vermutet. Den Versuch, einen ehrlichen, zärtlichen und hoffnungsvollen Umgang mit der Wirklichkeit aufrechtzuerhalten. Sehnsucht. Was für ein tolles Wort. Berlin, August 2020
THE HEARTBREAKING PATTERN OF THE PRESENT OR “A KIND OF POST-CORONA IMPRESSIONISM” TENZING BARSHEE Some thoughts are out again. It’s already late. The morning light casts Berlin in unsparing reality. This brightness embodies some significant aspects of painting: radical honesty, tenderness and hope.
abstraction. To not give it all away. This constraint sets the tone, her underlying mood. Maybe it’s a pattern. It creates a place apart from language. A very clear silence.
Painting’s drive and inherent fear: to sit in front of the blank canvas and puzzle with the possibility of painting something new or true or real, again. Dawn gathers it all up: what’s been waiting there, the joy and fear, a smile, a grimace, that empty gasping. Subservience or freedom? Emancipation or bondage? Every day the curtains draw on that same reel that plays in your head.
When there are many motifs, the sense of a pattern is easily lost. Disorder stretches out. Distance helps to make sense of the overview again. Discerning the motif’s repetition—affirming the pattern—satisfies some obsessive impulse and fosters a spirit of serenity.
Thoughts begin to come home: a pattern is nothing more than repetition. Its recurrent contents—let’s call them motifs to keep it simple—can theoretically appear endlessly. The potential variation of repeating motifs is also infinite. As long as the motif is clearly repeated, the pattern’s requisite is met. This is mathematical logic to describe the repetition’s degree of complexity, the motif’s appearance and disappearance. Absence is a recurring theme in Sophie Reinhold’s work: the left out, unsaid, uninvited. Basic rules of
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Some other motifs: Sophie Reinhold cultivates harmony through apparent irregularity—and vice versa. A panoply of voices—tones and countertones—permeate her work. Every thread of Ariadne that you might begin to hold on to, the artist unravels somewhere else. She doesn’t hesitate to break her staged silence. She places her accents unequivocally. These incursions of the literal are never misplaced, not misused as contrast. Rather she stylizes what is said, and left unsaid, as part of a cult of omission. Even in her most concrete moments of expression, for Sophie Reinhold, the fragmentary maintains the upper hand. This is a confrontation between the urgent and the fleeting: what is there and what is missing.
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13. BUT 2020
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Everyday fictions are similar. Interactions with others, that life lived between people, moving towards and away from each other: encounters and embraces, poignant moments and parting ways. And the overlay of feelings and interior monologues. This results in repetitive impulses, reactions and behaviors. Just a pattern. It’s at once highly complex and entirely banal. A solid object is the starting point for Sophie Reinhold’s painting—the tangible, tactile graphite or powdered marble constructs the pictorial body. The canvases are wrapped. A thick layer is applied. The powdered marble is mixed with pigments, laid on and sanded down. Rock-hard, a suit of armor. The surface is smooth, impermeable. Depth is created on the surface. Here the work’s paradoxical vitality: the result is not only deep, but above all flat. This undermines the illusion of the painted image as something that is all surface. Reinhold positions painting as an object penetrated by material. It’s tempting to rest on the weight of this pictorial body. But for this artist, that’s not enough. She wants more. She misuses the monumental. These hard surfaces serve as screens for her paintings, an open stage where dancing is allowed, but also strictly choreographed, every canvas becomes a public tribunal, hiding is not an option. This is the repeated attempt at radical honesty, ruthlessly, lovingly carried out. The images—and what they might mean—are held up and knocked down. It resembles the abstract narrative of the present: everyday shortsightedness, the tireless sequence of feelings and impressions. Intuition guides this succession into something like a concrete experience. But what burns you, often all that’s left, is the present’s heartbreaking pattern. Usually there is no distance. That overview is missing. Memory cuts it off, jumbles the fragments of everyday life together. “What happens to those who don’t even know reality?” asked writer Elfriede Jelinek in her 2004 acceptance speech for the Nobel Prize in Literature. She made it clear that she was describing a “disheveled reality [...] which no comb can smooth out,” positioning her texts as an attempt to linger there. It’s something that exceeds narrative, it is much more, an amalgamation between what is included and what slips out. “Reality is what gets under your hair and your skirt and just rips them off.” Sophie Reinhold’s paintings consistently demonstrate her astute understanding that her reality cannot be smoothed over, that the experience takes place long
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before it’s manipulated into form. Her art emerges from a kaleidoscopic multiplicity; not following a formula, always multifaceted. One aspect of the method is salient: the decision to sand a painting, to remove and apply images, reflects an experience of reality tantamount to the wear and tear of everyday life. In Sophie Reinhold’s exhibition “Das kann das Leben kosten” (That could cost you your life) three pictures hung prominently next to each other. These works are exemplary of the decisiveness of her abstraction. Something is always removed, left out. The three images are detail shots. Abstracted logos of Berlin’s infrastructure, its everyday institutions, from left to right: city cleaning, police and public transportation (“BSR”, “POLI”, “BVG;” all 2019). The choice and color of the motifs are a decision deliberately made for a signaling effect: the paintings derive their presence from the immediate recognizability of their patterns. This is the back and forth movement that Sophie Reinhold masterfully navigates time and again. On the one hand, her visual vocabulary makes such direct and intense reference to reality, that it’s inescapable. And on the other, the image proves itself an abstract entity detached from the command of a figurative narrative. This doesn’t mean that narrative is out of the picture. In“BSR”, “POLI” and “BVG,” the surface of garbage trucks, police cars and subway windows are the impetus for the works. These motifs are omnipresent in Berlin, accompanying the city’s everyday life. An urban pattern that is in constant motion. But they are also silent symbols for the (in)visibility of essential workers, the people who work daily within this infrastructure. “Berlin water lilies,” said Sophie Reinhold, of the involuntary triptych. “A kind of post-Corona Impressionism.” “Das kann das Leben kosten”, was, as far as I know, the first exhibition to open in Berlin after restrictions due to the Covid-19 pandemic were relaxed. These paintings, made before the global crisis, stand as a testament to Reinhold’s (appropriately) urgent scrutiny of our jumbled present. Impressionism tried to illustrate this jumble as early as the 19th century. These images sought to materialize the tangible alongside what had already disappeared—this is similar to the way in which photography captures the light as it slips through its fingers. That cliché of Impressionism: the blurring, floating, almost wobbling, flowed unfortunately all too often into a swamp of ambiguity, which quickly lost its appeal.
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It’s no surprise that there is no word for pattern in French. In France, the birthplace of Impressionism, a motif remains a motif no matter how many times it’s repeated. Even if it’s enough to bore you to death. What remains is the perennial question of how memory is structured and the images it produces. Ultimately, the collective memory machine—especially with regard to modernity and the tales of its influence—is nowhere near as clear-cut as the master narrative likes to insist. This gets at the question of ego. Who wants to talk about this anyway? A painting is not a stuffed goose. How much more identity can we drum into painting? How much can you open up, before the desired connection turns to lonely isolation instead? For Berlin-based artist Sophie Reinhold, fond childhood memories of the city under the GDR and growing up in the period after the fall of the Wall were formative experiences. These experiences lent her a view from the inside and from the outside, unhampered by illusions. In her work, the artist repeatedly reflects on the extent to which so-called Western democratic and liberal values serve to obscure profitmaximizing, capitalist strategies. How such ideals are touted and revealed as more or less empty. Back to what’s missing: in her early works, Sophie Reinhold repeatedly worked in a figuration that looked to the fleeting. Figures were alluded to. Others had faded away. While these images consider life’s transience, and its accompanying melancholy, behind the figures I sense a longing for a tactile humanness. A palpable humanity. The attempt to deal with reality honestly, tenderly, hopefully. Longing. What a word.
Berlin, August, 2020 Translated from German by Camila McHugh
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14. Untitled 2020
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Index 1 Gewöhne dich nicht daran 2019 Öl auf Marmormehl auf Jute Oil on marble powder on jute 190 x 140 cm / 74 3/4 x 55 in SOR/M 11
6 The truth, a cave (allegory of the cave) 2020 Öl auf Marmormehl auf Jute Oil on marble powder on jute 200 x 180 cm / 78 3/4 x 70 3/4 in SOR/M 26
2 I know I have the right to remain silent, but I want you to know I am a screamer. 2020 Öl auf pigmentiertem Marmormehl auf Jute Oil on pigmented marble powder on jute 80 x 60 cm / 311/2 x 232/3 in SOR/M 27
7 BVG 2019 Grafit und pigmentiertes Marmormehl auf Leinwand Graphite and pigmented marble powder on canvas 140 x 190 cm / 55 x 74 3/4 in SOR/M 7
3 BSR 2019 Pigmentiertes Marmormehl auf Leinwand Pigmented marble powder on canvas 140 x 190 cm / 55 x 74 3/4 in SOR/M 8 4 Wilde Orchideen 2020 Öl auf Marmormehl auf Jute Oil on marble powder on jute 110 x 90 cm / 431/3 x 351/2 in SOR/M 25 5 R U concerned? (Eiermann) 2020 Öl auf pigmentiertem Marmormehl auf Jute Oil on pigmented marble powder on jute 80 x 60 cm / 311/2 x 232/3 in SOR/M 29
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8 Courtroom 2020 Öl auf Marmormehl auf Jute Oil on marble powder on jute 190 x 278 cm / 74 3/4 x 1091/2 in SOR/M 23 9 POLI 2019 Pigmentiertes Marmormehl auf Leinwand Pigmented marble powder on canvas 140 x 190 cm / 55 x 74 3/4 in SOR/M 6 10 Das kann das Leben kosten 2020 Öl auf Marmormehl auf Jute Oil on marble powder on jute 140 x 110 cm / 55 x 431/3 in SOR/M 31
12 Mann mit Wurst 2020 Öl auf pigmentiertem Marmormehl auf Jute Oil on pigmented marble powder on jute 110 x 140 cm / 431/3 x 55 in SOR/M 32 13 BUT 2020 Aquarell auf Papier Water color on paper 31,9 x 23,9 cm / 121/2 x 91/2 in SOR/Z 2 14 Untitled 2020 Öl auf Marmormehl auf Jute Oil on marble powder on jute 50 x 40 cm / 192/3 x 15 3/4 in SOR/M 33 Umschlag hinten innen Cover back inside U R U 2020 Aquarell auf Papier Water color on paper 31,9 x 23,9 cm / 121/2 x 91/2 in SOR/Z 1 Umschlag hinten Cover back Easy Chair 2020 Aquarell auf Papier Water color on paper 31,9 x 23,9 cm / 121/2 x 91/2 in SOR/Z 3
11 Portrait of the Ram 2020 Öl auf Marmormehl auf Jute Oil on marble powder on jute 110 x 90 cm / 431/3 x 351/2 in SOR/M 24
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Dieser Katalog erscheint anlässlich der Ausstellung This catalogue is published as part of the exhibition Sophie Reinhold Das kann das Leben kosten 20. Mai – 20. Juni 2020 20 May – 20 June 2020 Contemporary Fine Arts, Berlin Bruno Brunnet & Nicole Hackert Grolmanstraße 32/33 10623 Berlin, Germany Tel. +49 (0) 30-88 77 71 67 www.cfa-berlin.com gallery@cfa-berlin.de © 2020 Contemporary Fine Arts, Snoeck Verlagsgesellschaft, die Autoren und die Fotografen the authors and photographers
Sophie Reinhold Geboren 1981 in Berlin Born 1981 in Berlin Lebt und arbeitet in Berlin Lives and works in Berlin
Interview Hannes Schmidt
Fotos der Carrara-Marmor-Steinbrüche, Toskana (oben und S. 28 + 29): Frederic Detjens
Text Tenzing Barshee
Photographs of the Carrara marble quarries, Tuskany (above and pp. 28 + 29): Frederic Detjens
Übersetzung / Translation Lindsay Munro (Interview) Camila McHugh Gestaltung / Design Imke Wagener Fotografie / Photography Matthias Kolb Lithografie / Lithography Farbanalyse, Köln Erschienen in / Published by Snoeck Verlagsgesellschaft mbH Nievenheimer Straße 18 50739 Köln www.snoeck.de ISBN 978-3-86442-332-1 Printed in Germany
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SOPHIE REINHOLD
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