Behinderung und Universität Schon früh war mir die Bedeutung einer guten Ausbildung klar. Als Rollstuhlfahrer mit CP kamen handwerkliche Berufe für mich nicht in Betracht. Meine Aus- und Weiterbildungen waren geprägt von eiDer Autor an der Universität Berkeley. (Foto z.V.g.) S. 5: Das Hauptgebäude der Universität Zürich (Foto: Expose/ shutterstock.com)
nem starken Willen, dem oft verbreiteten Vorurteil «Das geht nicht» etwas entgegenzusetzen.
Früh wurde mir klar, dass ich Dinge nur erreichen kann, wenn ich es auch probiere. Das war der Fall beim Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Zürich. Zum ersten Mal war ich nicht «der einzige» Mensch mit einer Behinderung. Dies gab mir Mut. Die damalige Leiterin der Beratungsstelle Studium und Behinderung, Olga Meier-Popa, hat mir durch grossen persönlichen Einsatz den Wechsel von Graubünden nach Zürich erleichtert. Hinaus in die Welt Im Jahr 2008 absolvierte ich ein Austauschjahr an der University of Georgia (nahe Atlanta) im Südosten der USA. Von einer früheren Reise war mir die weit ausgebaute hindernisfreie Architektur sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor bekannt. Die ersten Kontakte mit der Universität waren vielversprechend und ich fühlte mich willkommen. Nach einer langen administrativen Vorbereitung war es soweit. Die Aufregung über die einmalige Chance liess die Sorgen, dass etwas schiefgehen könnte, in den Hintergrund treten. Das war auch gut so, denn eine gewisse Portion Abenteuerlust und Flexibilität gehört bei so einem Unterfangen dazu. Rückblickend kann ich sagen, es war richtig und wichtig. Das Leben auf dem weiten Campus zusammen mit rund 40 000 Studentinnen und Studenten war eine prägende Zeit, die tiefe Freundschaften formte. War immer alles problemlos? Nein. Meine Gegenfrage: Läuft hier alles immer problemlos und einfach? Die ehrliche Antwort ist auch hier nein. Aber ich habe gelernt, mit ungeplanten Vorkommnissen, mit einer anderen Kultur, einer anderen Sprache und nicht zuletzt mit einem anderen Bildungssystem umzugehen. Dies gab und gibt mir heute noch eine innere Stärke. Grossartige Erlebnisse, wie z. B. ein von der Univer-
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sität organisierter Rafting Trip, die unvergesslichen Samstag-Nachmittage beim American Football zusammen mit 92 000 Fans oder die historische Wahl von Barack Obama zum ersten afroamerikanischen Präsidenten der USA entschädigten für die langen Abende und Nächte in der Bibliothek. Ich fand ein Umfeld vor, das mir ermöglichte, mein Potential vorurteilsfrei vollkommen auszuschöpfen. Von Osten nach Westen Nach erfolgreichem Masterabschluss an der Universität Zürich und einigen Jahren Berufserfahrung, in denen ich im Datenschutz- und Technologierecht mein Rechtsgebiet gefunden hatte, zog es mich wieder in die Ferne. Ein Nachdiplomstudium (LL.M.), erlaubte mir während eines Jahres eine Vertiefung im Technologierecht. Die Idee geisterte lange in meinem Kopf herum. An der University of California, Berkeley (nahe bei San Francisco) konnte ich sie auch in die Tat umsetzen. Wieso Berkeley? Einerseits, weil in der Nähe des Silicon Valley ein Programm angeboten wurde, das mir die Vorlesungen brachte, auf die ich mich spezialisieren wollte. Andererseits die Geschichte von Berkeley als Gründungsort der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung und des Americans with Disabilities Act. Diesen Geist spürt man heute noch. So gibt es eine Firma, die von Menschen mit Behinderung gegründet wurde, «easydoesit». Frei übersetzt immer schön langsam kommt man zum Erfolg. Das Angebot dieser Firma umfasst Spitex, Rollstuhlreparatur und Transportdienst für Menschen mit Behinderung als Notfalldienst. D.h. wenn die Assistenzperson nicht