Portfolio

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Ausgewählte Projekte 2019-2023

Bachelor of Science Architektur

Technische Universität Braunschweig

Portfolio
Carla Henriette Skeries

INTRODUCTION

c.skeries@tu-braunschweig.de

Carla Henriette +49 (0)
152

59542203

c.skeries@tu-braunschweig.de

Henriette Skeries

Bachelorentwurf

Wintersemester 2022/23 7. Semester

IKE | Institut für Konstruktives Entwerfen, Industrie- und Gesundheitsbau

Prof. Carsten Roth

Bearbeitungszeit 16 Wochen

Einzelarbeit

Grasse, Frankreich

MUSÉE INTERNATIONAL DE LA PARFUMERIE

Wir befinden uns in Grasse, einer französischen Kleinstadt in den Hügeln nördlich der Cote d´Azur mit eindrucksvoller Aussicht auf die Provence, umsäumt von duftenden Blumenfeldern. Vor allem die südliche Hanglage der Stadt führte dazu, dass sich die bedeutendsten Parfumproduktionsstätten der Welt hier niederließen und sie als Hauptstadt des Parfums bekannt machten.

Heute werden die ursprünglich in der Provence heimischen Blumen und Blüten wie Rosa Centifolia oder Jasmin jedoch größtenteils aus anderen Ländern billig importiert, sodass die Plantagen rund um Grasse zunehmend an Bedeutung verlieren.

Um die Identität der Stadt zu stärken, soll ein neues Duftmuseum das vorhandene Ensemble Fragonard ergänzen und Besuchern aus aller Welt den Weg der Parfümherstellung vom Anbau über die Ernte der Rohstoffe bis hin zur Duftölgewinnung und schließlich der Kreation eines harmonischen Parfums nahebringen.

Schwarzplan; nach Westen sind die kleinteiligen, dichten Altstadtstrukturen erkennbar

Aufsicht im Lageplan; in die massive Steinskulptur schneiden sich die fünf Duftbausteine mit zentraler Treppenskulptur

Musée International de la Parfumerie

5
|

Der Entwurf für den Neubau strukturiert sich nach den fünf wichtigsten Duftfamilien, aus denen ein Parfum zusammengesetzt werden kann:

• Citrus und Früchte

• Grün und Kräuter

• Blumen und Blüten

• Gourmand und Gewürze

• Synthetische Duftstoffe

Je einer, der in die Gesamtkubatur eingestellten Körper, ist gänzlich einer Duftfamilie gewidmet und lässt den Besucher die Herstellung dieses Parfumbausteins räumlich erleben. Dabei gliedert die Geschossigkeit die Verarbeitungsschritte: die natürlichste Form des Duftes, die Pflanzengärten, werden im obersten Geschoss präsentiert. Mit zunehmender Verarbeitung des Rohstoffes wird der Duft intensiver bzw. schwerer und auch die entsprechende Ausstellung befindet sich tiefer im Gebäude.

Jeder Duftbaustein besteht aus einer begehbaren Betonskulptur, umfasst von einer Glashaut, die sich der charakteristischen Form des ausgestellten Duftes angleicht. Durch Öffnungen innerhalb der Skulpturen und durch die, durch alle Geschosse vertikal durchgängigen Lufträume verteilt sich der Duft in dem gesamten Glaskörper und empfängt den Besucher bereits beim Öffnen der Türen. Bei gutem Wetter kann die Glashaut nach oben geöffnet werden und so auch die Umgebung mit ihrem Geruch erfüllen.

Eine mittig eingestellte Treppenskulptur bildet das Herzstück des Gebäudes und verbindet in der Vertikalen die Geschosse und in der Horizontalen die Duftbausteine durch ausladende Stege miteinander.

Kubaturmodell im Maßstab 1:500; Blick von Südosten

Die angrenzenden Räume öffnen sich durch vollständige Verglasung zum Innenhof und werden auch über diesen belichtet, sodass das Gebäude nach außen eine ebene Fassade präsentiert. Nur wenige in die Südseite eingeschnittene Loggien ergänzen das Belichtungskonzept.

Ähnlich der Treppenskulptur scheint auch das gesamte Gebäude in zwei Richtungen zu greifen und so eine Verbindung schaffen zu wollen. Durch das Vorstoßen eines Gebäudearmes in Richtung der Altstadt wird ein Vorplatz sowie der Museumseingang aufgemacht. Forschung und privaterer Gastforscherbereich strecken sich dagegen in die andere Richtung und werden separat erschlossen. Durch die Versprünge der Geschosse entsteht zudem eine öffentliche Durchwegung über das Gebäude.

Farblich harmoniert das neue Duftmuseum durch vorgehängte, großformatige Natursteinplatten mit den gelben Fassaden der anderen Museen Fragonard. Der Materialwechsel zu Weißbeton im Inneren der Duftbausteine betont ihre Einzigartigkeit und erweckt das Gefühl, eine Welt zu betreten, die nur dem Duft gehört.

7 | Musée International de la Parfumerie

Treppenskulptur aus Stahl als verbindendes Element in der Vertikalen

Glashaut als Dufthülle

Tragwerk aus HEA-Stahlprofilen mit Dachausfachung

Glasstege als verbindendes Element in der Horizontalen auf Stahlunterkonstruktion

eingestellte Duftbausteine aus Weißbeton: Citrus und Früchte Grün und Kräuter Blumen und Blüten Gourmand und Gewürze synthetische Duftstoffe Natursteinmassiv mit eingeschnittenem Innenhof

| 8 Musée International de la Parfumerie

jedes Geschoss des Museums beschäftigt sich mit einem anderen Verarbeitungsschritt der Parfumherstellung; im obersten Geschoss werden zunächst die Rohstoffe angebaut, der Ernte- bzw. Reifeprozess befindet sich im darunterliegenden Geschoss und im Erdgeschoss werden schließlich verschiedene Verfahren der Duftölsynthese präsentiert

Grundriss Erdgeschoss

Eingangsbereich

Ausstellung

Enfleurage Destillation

Expression Besucherlabore Extraktion

Wechselausstellung Forschung

Blütenfang

Holz, Rinden und Harze

Kräutertrocknung geerntete Früchte Besucher-Duftorgeln

Gewürzregal Blumenfelder

Kräutergarten

Grundriss 1. Obergeschoss

Citrusgarten Forschungsgärten

Gewürzgarten

Sonderausstellung

Forschung

Biodiversity LAB Neuro LAB

Circular Design LAB

Gastforscherarbeitsbereich

Einzelarbeitsplätze (mit Forscherloggia)

Café

Verwaltungsbereich

Kindermuseum

Schauraum

Grundriss 2. Obergeschoss

9 | Musée International de la Parfumerie 1 2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 2.10 2.11 2.12 2.13 2.14 2.15 2.16 2.17 2.18 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 4 5 6 7

Zugang zur öffentlichen Durchwegung über das Gebäude; Blick von Osten

Entwurfsmodell im Maßstab 1:100; Blick auf die südliche Fassade mit Anlieferung für die Forschung (links) und Museumseingang (rechts)

separate Erschließung der Gastforscherwohnungen von Norden

Innenhof mit den fünf Duftbausteinen, bestehend aus Betonskulptur und Glashülle; horizontale Erschließung über Glasstege

| 10 Musée International de la Parfumerie

Citrusgarten (ganzjähriger Anbau von Orangen, Limetten, Zitronen und Mandarinen)

Duftölherstellung: Expression

Früchte (vor Ort geerntete Citrusfrüchte; außerdem fruchtige Duftnoten wie Pfirsich, Apfel, Beeren oder Bergamotte)

Duftbaustein: Citrus und Früchte

Kräutergarten (grüne Duftnoten wie Minze sind frisch und leichtflüchtig- daher werden sie meist als Kopfnote eingesetzt)

Blumenfelder (wechselnde Ausstellung; für Grasse bekannt sind vor allem Jasmin, Rosa Centifolia, Tuberosen, Veilchen, Mimosen und Ginster) Duftorgeln (Synthese selbst komponierter Düfte)

Besucherlabore (Versuche zu aktuellen Forschungsthemen)

Duftbaustein: Blumen und Blüten

Blumenfang (zur Herstellung von 1l ätherischen Öls werden rund 650kg Blüten benötigt)

Duftölherstellung: Enfleurage

Rinden und Harze (Oberflächenverkleidungen aus Birkenrinde, Zedern- und Sandelholz)

Duftölherstellung: Destillation

Duftbaustein: Grün und Kräuter

Forschungsgärten (Ausstellung neuer Kreuzungen; Versuche zu Witterungsbedingungen und Schädlingsbekämpfung)

Duftbaustein: Synthetische Durfstoffe

| 12 Musée International de la Parfumerie

im Duftbaustein Blumen und Blüten haben alle drei Geschosse innerhalb der Betonskulptur vertikale Bezüge; die Blumenfelder selbst sind für einen maximalen Lichteinfall nach Süden terrassiert

angrenzende Räume im Steinmassiv (wie z.B. Lager, Verwaltung, Werkstätten) sind zum Innenhof ausgerichtet und werden auch über diesen belichtet

jeder Duftbaustein erhält durch die jeweils ausgestellte Art der Duftölsynthese eine charakteristische Form, die sich in Betonskulptur und Glashülle ausdrückt; im Körper für Citrus und Früchte wird die Expression (also das Auspressen der Früchte) durch die Halbkreisform der gewölbten Decke beschrieben

Detailmodell im Maßstab 1:20; Ausschnitt des Duftbausteins Gourmand und Gewürze

13 | Musée International de la Parfumerie
Schnitt BB Schnitt CC Schnitt DD

Gewürzgarten (Anbau der Pflanzen, die ihre würzige Duftnote bereits im frischen Zustand aufweisen; dazu zählen Currykraut, Kamille oder Ingwer)

Duftölherstellung: Extraktion

Duftbaustein: Gewürze und Gourmand

Gewürzregal (Austellung der Pflanzen, die erst bei der Verarbeitung ihren typischen Duft entfalten, beispielsweise Zimt; Gegenüberstellung des getrockneten und des gemahlenen Zustandes)

| 14 Musée International de la Parfumerie

Detailaufnahme des Entwurfsmodells im Maßstab 1:100

15 | Musée International de la Parfumerie

Kompaktentwurf

Sommersemester 2022

6. Semester

IEX | Institut für Experimentelles Entwerfen

Prof. Berthold Penkhues

Bearbeitungszeit 6 Wochen

Einzelarbeit

Braunschweig, Deutschland

AN DER LIBEREI

Das Entwurfsgrundstück an der Liberei befindet sich im innerstädtischen, aber dennoch ruhigem Braunschweiger Weichbild Neustadt und wird besonders durch die unmittelbare Nähe zur Kirche St. Andreas bestimmt, die nur wenige Meter entfernt hoch aufragt. Die Liberei selbst, ein historisch bedeutsamer Backsteinbau mit Stufengiebeln an Nordund Südfassade, positioniert sich auf dem Grundstück an der Ecke zur Kröppelstraße und misst im Grundriss nur wenige Meter, sodass zwischen Kirche und benachbarter Liberei ein starker Kontrast in der Dimensionierung entsteht. Das Grundstück dient gleichzeitig als privater Garten des nördlich angrenzenden Pfarrhauses.

Die Umfassung des gesamten Grundstücks mit mannshohen Ziegelmauern verleiht bereits dem Außenraum ein Gefühl von Geborgenheit und Ruhe und lässt den Besucher den Nachhall der historischen Nutzung der Liberei als Präsenzbibliothek spüren.

Mit der Entscheidung, für den Ort ein Sprachkompetenzzentrum zur Therapie von Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS) zu entwerfen, soll dessen Geschichte als Reich der Bücher und des Lernens weitergeschrieben und seine historische Exklusivität bewahrt werden.

Schwarzplan; die Gebäude des Sprachkompetenzzentrums orientieren sich in ihrer Dimensionierung an der Liberei

Isometrie
| 20 An der Liberei Ansicht Ost

Eine erfolgreiche Lerntherapie benötigt ein neutrales und unvoreingenommenes Umfeld, weshalb die thematisch unterschiedlichen Bereiche des Sprachkompetenzzentrums räumlich entzerrt werden. Jeder der drei Bereiche (Ankommen, Zusammenkunft und Therapie selbst) wird durch einen Innen- und einen entsprechenden, von Mauern umfassten Außenraum gebildet. Die Bereiche greifen labyrinthartig ineinander und je tiefer in den Garten vorgedrungen wird, desto exklusiver wird die Nutzung des gebildeten Raumes. Der Übergang von einem in den anderen Bereich wird durch Schwellen aus Ziegeln auf dem Boden ablesbar.

Im Zusammenspiel mit der Liberei und der erneuten Nutzung dieser als Bibliothek lädt die erste und der Öffentlichkeit zugänglichste Raumsequenz durch Lesenischen, kleine Vorlesungsbühne und malerischen Außenraum dazu ein, Anzukommen und in die Welt des Buches einzutauchen. Betritt man den nächsten, tiefer im Herzen des Gartens liegenden Bereich, empfangen den Besucher eine Küche und Sitzgelegenheiten zum gemeinsamen Essen und Zusammenkommen. Schließlich befindet sich am Ende des Weges, durch Mauern vom Alltag abgeschirmt, der Therapiebereich, welcher sich durch helle Arbeitsplätze und einen begrünten Innenhof auszeichnet und auch im Außenbereich Raum für Reflektion und Konzentration bietet.

Der Entwurf begründet sich auf der bestehenden Einfriedung des Grundstücks sowie den drei bereits vorhandenen Zugängen und denkt sie weiter. Die fortgeführten Mauern leiten einerseits nach und nach durch alle drei Bereiche des Entwurfs und in das Herzstück des Gartens; andererseits stützen sie, durch eben diese Wegeführung, den Entwurf auch baulich als Außenwände der Innenräume.

Die gebildeten Innenräume richten sich in ihrer Wandhöhe nach den eingebundenen Mauern, ermöglichen jedoch durch die über den Mauern aufragenden Walmdächer unterschiedliche lichte Raumhöhen. Mittig in die Dächer eingeschnittene Oberlichter betonen das Hauptelement bzw. Thema des jeweiliges Bereiches.

Alle Körper öffnen sich in die Richtung der Liberei und stehen so trotz der sie umgebenden Mauern im Dialog mit ihr und ihrer Geschichte.

21 |
An der Liberei Ansicht Süd

Bestand: Liberei

Bibliothek und Denkmal

Ankommen

Übergang zwischen Außen und „Innen“

Perspektivische Darstellung des Therapieraums

Bestand: Pfarrhaus

Zusammenkunft

Kommunikation und Gemeinschaft

Theraphie

Konzentration und Reflektion

Bestand: Privates Wohnhaus

Raumprogramm; thematisch unterschiedliche Bereiche werden räumlich entzerrt

| 22 An der Liberei

Lesen

Begegnung Sanitär

Küche

Empfang

Therapie Sanitär

Material und Technik

Grundriss

die zweite Raumsequenz im Herzen des Gartens bietet die Möglichkeit zur Begegnung und Kommunikation

in einer ruhigen Ecke des Gartens verbirgt sich hinter Mauern der eigentliche Therapieraum, in dem in Einzel- oder Gruppenarbeit mit Blick ins Grüne gelernt wird

23 | An der Liberei
Schnitt aa
1 2 2.1 2.2 2.3 3 3.1 3.2
Schnitt cc

Entwurfsmodell im Maßstab 1:100; die drei Bereiche Ankommen, Begegnung und Therapie greifen mit Hilfe der Mauern labyrinthartig ineinander

das mittig in die Körper eingeschnittene Oberlicht betont das Thema des jeweiligen Bereiches

Pergola im Außenbereich der Therapie mit Sitznischen zur Kontemplation und Reflektion (links); gemeinschaftliche Pflanzbeete im Herzen des Pfarrgartens (rechts)

| 24 An der Liberei

Entwurfsmodell im Maßstab 1:200; Ankommen im Liber Hortus (= Büchergarten)

25 | An der Liberei

Konstruktives Projekt

Wintersemester 2021/22

5. Semester

ITE | Institut für Tragwerksentwurf

Prof. Dr. Harald Kloft

Bearbeitungszeit 14 Wochen

Partnerarbeit mit Inke Riebesehl

Braunschweig, Deutschland

DANCING IN CONCRETE

Durch den Bau des Braunschweiger Staatstheaters und der damit einhergehenden neuen Erschließungsachse, die das östliche Ringgebiet mit der Innenstadt verknüpft, wird der ehemalige Fürstliche Park in die heutigen Teilparks Museumspark und Theaterpark gespalten. Vor allem die nördliche Hälfte, der Theaterpark, wird durch eine stark variierende Topographie geprägt, die im Zentrum zu einem Hügel mit Aussichtsplattform ansteigt. Unmittelbar an diesen anschließend befindet sich das Gelände der Theaterwerkstätten, welches jedoch durch die Lage hinter dem Hügel und abseits der Straße, seine verschlossene städtebauliche Struktur und die fehlende Erschließung vollkommen unbeachtet bleibt.

Der Entwurf eines neuen Tanztheaters auf dem Grundstück soll nicht nur das Braunschweiger Staatstheater um die benötigte Spielstätte erweitern, sondern den Standort auch besser anbinden und der Öffentlichkeit zugänglich machen.

Die beiden Seiten des Parks, die Straßen- und die Okerseite, verschmelzen durch das Aufbrechen des Blocks und das Zurücksetzen des neuen Tanztheaters an die benachbarte Brandwand. Eine neue Verbindungsachse ensteht, die den Besucher beim Durchschreiten drei verschiedene Außenraumqualitäten erleben lässt:

Schwarzplan; das neue Tanztheater befindet sich am Rand des Theaterparks und durchbricht die Verschlossenheit des Bestandes

Während die Rasenflächen und hohen Bäume im Westen das Thema des Hindurchwanderns mit sich bringen, lädt im Osten ein breiter Steg zum Verweilen ein. Der Hof der Theaterwerkstätten selbst und der Neubau des Tanztheaters werden durch das entstehende Wegekreuz Mittelpunkt der Begegnung und des kulturellen Austausches.

29 | 74 73 72 71 70 70 71 72

Primärstruktur aus eingespannten Stützen und ausgefachten Bindern (links); Sekundärstruktur mit aussteifender Hülle (rechts)

Das spannungsgeladene Zusammentreffen von Park und Oker sowie das von Künstler und Zuschauer im Theater findet auch Ausdruck in der Formgebung des Gebäudes. Ähnlich der Spannungskurve eines klassischen Theater weitet sich das Gebäude mit voranschreitender Handlung auf (Exposition und Erregendes Moment), erreicht im Tanzsaal seine maximale Größe und Höhe (Höhepunkt) und verjüngt sich schließlich wieder zu seinem Ursprungszustand (Retardierendes Moment und Ende).

Ebenso die sich aus ihrer starren Form herausdrehenden Fassadenpaneele wirken, als tanze die Architektur ihre eigene Choreografie und sei selbst Teil der Aufführung. Dabei ergänzen sich die Paneele in ihrer Bewegung, sodass im Bereich des Tanzsaals die Fassade vollständig geschlossen ist und das Aufdrehen erst zu den Stirnseiten graduell zunimmt. Diese Dynamik bestimmt, welche Raumsequenzen bereits vor Beginn der Vorstellung Einblicke hinter den Vorhang bzw. die Fassade bieten und welche noch vollständig verbergen, was sich dahinter abspielen wird.

Grundlegend gliedert sich das Tanztheater durch das Einschieben zweier dienender Einheiten in drei Teile: im Herzen des Gebäudes befindet sich der multifunktionale Tanzsaal, nach Westen ersetzt ein neuer, den Bedürfnissen der Tänzer angepasster Proberaum den derzeit bestehenden und nach Süden öffnet sich das Café, das bei Veranstaltungen auch als Foyer dient, in Richtung der Oker. Steht eine Aufführung bevor, können zwei der tagsüber starren und sich unauffällig in die Fassadenbewegung einfügenden Paneele vollständig geöffnet werden und formulieren so eine von Weitem erkennbare, monumentale Eingangsgeste. Im Kontrast dazu betreten die Künstler das Gebäude unauffällig durch versteckte Glastüren, die zwischen den sich aufdrehenden Fassadenpaneelen entstehen.

Das Tragwerk aus zwei eingespannten Stützenreihen, die jeweils von einem ausgefachten Dreiecksträger überspannt werden, ermöglicht einen durchgängigen Innenraum. Dies ist besonders für den Tanzsaal von Bedeutung, der keine klassische Bestuhlung vorgibt und bei Bedarf durch bewegliche, frei verdrehbare Akustikpaneele in weitere Einheiten unterteilt und individuell gestaltet werden kann. Anpassbare Theaterspots und Sonnenschutzrollos ergänzen das Multifunktionskonzept. Da sich das Gebäude nicht nur in die Breite, sondern auch in die Höhe ausdehnt, nimmt zur Mitte hin zwar die Spannweite der aufliegenden Träger zu, gleichzeitig vergrößert sich jedoch auch ihre statische Nutzhöhe.

Umhüllt wird die Primärstruktur von der tanzenden Fassade, die zum Einen durch die Kerndämmung als Raumabschluss und zum Anderen durch biegesteife Verbindungen als Aussteifung dient.

Dancing in Concrete 31 |

Grundriss

Ansicht

Längsschnitt

Blick vom Hof der Theaterwerkstätten; das graduelle Verdrehen der Fassade geht wie eine Welle durch das Gebäude

Herzstück des Theaters ist der multifunktionale, stützenfreie Tanzsaal; zu beiden Seiten durch dienende Einheiten begrenzt

Entwurfsmodell im Maßstab 1:200; der Entwurf vermittelt zwischen Straßen- und Okerseite des Theaterparks

Blick auf das Café ☼/ Foyer ☾

| 32 Dancing in Concrete B B Schnitt A-A M 1:100 2 1 6 8 10 13 14 16 18 19 20 21 23 B Grundriss M 1:100 B A 0,8m ,14

Perspektivische Darstellung der Multihalle

Konstruktive Inspiration des Projektes ist die Entwicklung des Shortcrete 3D Printings (SC3DP), einem aktuellen Forschungsprojekt des Instituts für Tragwerksentwurf der Technischen Universität Braunschweig. Nach dem Vorbild des herkömmlichen additiven 3D-Drucks wird mit Hilfe robotergestützter Fertigung Beton schichtweise aufgetragen, sodass großformatige komplexe Geometrien schalungslos gefertigt werden können.

Der Entwurf des Tanztheaters widmet sich den einzigartigen Gestaltungsmöglichkeiten, die diese neuartige Technologie bietet, und stellt sich der Frage, ob ein Gebäude vollständig durch 3D-gedruckte Betonfertigteile konstruiert werden kann: Wie könnte die Vorfertigung der einzelnen Bauteile ablaufen? Wie werden Bewehrung und Dämmung im Herstellungsprozess eingebracht? Welche bewährten Bautechniken können transformiert und neu angewendet werden?

Das Shortcrete 3D Printing eröffnet das Potenzial, Gebäude aus Beton materialeffizient und ressourcenschonend zu gestalten und bietet neben individuellen kreativen Freiheiten ebenso neue allgemeine Lösungen für zukunftsfähiges Bauen.

Schichtaufbau Paneele (35cm)

Deckschicht WU-Beton

Tragschicht Stahlbeton, wellenförmiger 3D-Druck

Dampfbremse

Mineralwolle, dazwischen Manschettenanker und Verbundnadeln

Vorsatzschicht Stahlbeton, wellenförmiger 3D-Druck

Deckschicht Beton

Dancing in Concrete 33 | Horizontalschnitt 3D-Druck-Sandwichpaneel

Exemplarische Herstellung eines Sandwichpaneels

zeitgleicher 3D-Beton-Druck der Trag- und Vorsatzschale; jeweils wellenförmiger Auftrag

schichtweises Einlegen der horizontalen Bewehrung und Verankerungselemente

Aufsprühen der Dampfsperre

Einlegen der vertikalen Bewehrungsstäbe

beidseitiges Aufspritzen einer Betondeckschicht mit mindestens 3cm Betonmindestdeckung über der Bewehrung nachträgliches Einbringen von Mineralwolledämmbahnen

| 34 Dancing in Concrete

kraftschlüssig als ein Element gedruckt Innenliegendes Regenfallrohr

3D-Druck-Sandwichpaneele, 35cm Vorsatzschicht 3D-Druck-Beton (wasserbeständig), 9cm Dämmschicht Mineralwolle, 10cm Tragschicht 3D-Druck-Beton, 16cm

Fassade

Stütze, 25x30cm, mit Sandwich-Fassadenpaneel kraftschlüssig als ein Element gedruckt Innenliegendes Regenfallrohr

Dachaufbau

Fertigteil Dreiecksbinder, statische Nutzhöhe variiert nach Spannweite der Stützen

Sandwich-Dachpaneel mit integrierter Regenrinne (Gefälle 5 mm/m)

Fußbodenheizung in schwimmendem Estrich, 100mm Dichtungsfolie

Gipsfaserplatten, 900x900x18mm Stahlstützen, 60mm eingestellte Höhe

Nasshohlraumboden, 22cm PUR-Bodenbelag, 5mm, gegossen Fußbodenheizung in schwimmendem Estrich, 100mm

Dichtungsfolie Gipsfaserplatten, 900x900x18mm Stahlstützen, 60mm eingestellte Höhe

Unterbau

Kapillarbrechende Schicht, 20cm Sauberkeitsschicht (Magerbeton), 10cm Perimeterdämmung, 12cm

Dichtungsfolie

Bodenplatte Stahlbeton, 20cm Streifenfundament bis -1,2m OKFF, 80cm breit

Fassadenfenster / Künstlereingang

Dreischeiben-Isolierverglasung 32mm (4/10/4/10/4mm, Floatglas) Holz-Aluminium-Rahmen 68mm, dämmend, an in der Tragschicht verankerte Stahlwinkel geschraubt Einbau durch Einfräsen der Paneele bis zur Dämmebene, seitlicher Einschub der Rahmen und Verblendung der außenliegenden Stirnkanten

Entwässerung Kiesschüttung Abdichtung

Blechabdeckung Gitterrost

Aluminium Wärmeverteilung

Dancing in Concrete 35 |
1 2
4 6 7 8 Dreitafelprojektion Künstlereingang / Fassadenfenster M 1:20 2 7 2 3 4 6 7 8 1
3

3D-Druck-Sandwichpaneele, 35cm Vorsatzschicht 3D-Druck-Beton (wasserbeständig), 9cm Dämmschicht Mineralwolle, 10cm Tragschicht 3D-Druck-Beton, 16cm

Dachaufbau

Fertigteil Dreiecksbinder, statische Nutzhöhe variiert nach Spannweite der Stützen

Sandwich-Dachpaneel mit integrierter Regenrinne (Gefälle 5 mm/m)

Nasshohlraumboden, 22cm PUR-Bodenbelag, 5mm, gegossen Fußbodenheizung in schwimmendem Estrich, 100mm

Dichtungsfolie

Gipsfaserplatten, 900x900x18mm

Stahlstützen, 60mm eingestellte Höhe

Schwingboden, 22cm

PUR-Bodenbelag, 5mm, gegossen

Blindboden Sperrholz, 30mm, verlegt im Abstand von 50mm

Schwingträger Sperrholz, 30mm Elastikpads, 5mm Aufständerung, Holz 130mm/ Fußbodenheizung in Aluminium Wärmeverteilung

Dachfenster

Dreischeiben-Isolierverglasung 32mm (4/10/4/10/4mm, Floatglas)

Holz-Aluminium-Rahmen 68mm, dämmend, als durchgehende Ebene vor die Binder gesetzt

Dachentwässerung

Entwässerung der Dachpaneele durch zu den Längsseiten abfallenden Regenrinnen, Stahl, 10mm, halbrund Spritzwasserschutz durch hochgezogene Fensterrahmen

Lichtkonzept Indirekte Beleuchtung der Multihalle über versteckte Lichtleisten Anschraubbare Theaterspots Verdunkelungsmöglichkeit und Sonnenschutz durch automatisierte Dachfensterrollos

Rahmen und Verblendung der außenliegenden Stirnkanten

Holz-Aluminium-Rahmen, 68mm, dämmend, als durchgehende Ebene vor die Binder gesetzt

Indirekte Beleuchtung der Multihalle über versteckte Lichtleisten Anschraubbare Theaterspots Verdunkelungsmöglichkeit und Sonnenschutz durch automatisierte Dachfensterrollos

| 36 Dancing in Concrete
1 3 4
13 4 3 11 12 13 5 Detail Längsschnitt M 1:20
5 11 12

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