Sozialalmanach 2009 Schwerpunkt "Nachhaltigkeit der sozialen Sicherung"

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durchgesetzt wurde27. Damit werden öffentliche Gelder verwendet, um die „öffentliche“ Erziehungsverantwortung zu finanzieren. Wenn in diesem Kontext von einer Wahrnehmung der Erziehungsverantwortung durch die Öffentlichkeit gesprochen wird, darf nicht darunter verstanden werden, dass der Staat die Rechte und Pflichten der Erziehungsberechtigten beschneiden oder in Frage stellen möchte. Die Übernahme von Erziehungsverantwortung bedeutet in diesem Kontext, dass in Anbetracht des gesellschaftlichen Wandels (Stichwort Pluralisierung der Familienformen, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, innerfamiliale Veränderung des Verständnisses von Familie) ein Bedarf an Betreuung und somit auch an Erziehung entstanden ist, der nicht mehr allein durch die Familie gemeistert werden kann und zunehmend durch die öffentliche Hand übernommen werden muss. Wie ernst der Staat es mit „seiner“ Erziehungsverantwortung nimmt, wird wesentlich davon abhängen, wie viel er letztendlich in die pädagogische Qualität in Einrichtungen der Kinderbetreuung – unabhängig, ob es sich hierbei um Maisons Relais, Foyers de Jour, Crèches, Tageseltern oder auch Einrichtungen der Heimerziehung handelt – investieren möchte. Neben der Übernahme von Kosten der Kinderbetreuung gilt es jedoch dafür zu sorgen, dass Familien über genügend Einkommen verfügen damit ihre Kinder und Jugendliche im vollen Umfang und in allen Bereichen der Gesellschaft (von Bildung bis Kultur) teilhaben können und nicht aufgrund von Armut Benachteiligungen erfahren müssen. Wird die Kindertagesbetreuung in Zukunft wirklich zu einem kostenlosen Angebot ausgebaut, so darf dies nicht zu Lasten der Transferzahlungen an die von Armut betroffenen Kinder und deren Familien gehen. Es bedarf auch weiterhin an ausreichenden und zusätzlichen finanziellen Zuschüssen28.

Literaturverzeichnis Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (2006): Familie zwischen Flexibilität und Verlässlichkeit. Perspektiven für eine lebenslaufbezogene Familienpolitik. 7. Familienbericht. Bundesdruckdache 16/1360. Caritas (2008): Gesellschaftliche Herausforderungen 2009-2014. Luxemburg. Hornstein, Walter (1998): Das Projekt „Integrative Familienhilfe“ im Kontext der Jugendhilfe. In: Schenk, Manfred & Brandhorst, Katrin (Hrsg.), Jugendhilfe in Bewegung. Trier, S. 17-27.

27 In der letzten Legislaturperiode fand noch durch die Einführung der „Mammerent“ im Jahre 2002 eine

Stärkung der Elternschaft statt. Die Erziehungsleistungen von Eltern führen seitdem zu einem Anspruch auf eine gesonderten Rentenbetrag. 28 Vgl. Caritas (2008).

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