ein ureigenes Bedürfnis von Kindern und gehört zu den natürlichen und unmittelbaren Äußerungsformen kindlicher Lebensfreude: sie laufen, hüpfen und klettern, wann immer sich ihnen eine Gelegenheit bietet. Sie bewegen sich aus Lust an der Tätigkeit und aus Interesse an ihrer Umwelt. Über Bewegung erfahren sie etwas über sich, ihren Körper und über die Dinge und Personen, die sie umgeben. „Die Körperlichkeit des Kindes ist das Zentrum seiner Persönlichkeit, der Dreh- und Angelpunkt seiner Existenz“11. Der Körper ist der Spiegel des psychischen Erlebens (personale Erfahrung), wichtiges Kommunikationsmittel (soziale Erfahrung) und Medium der kognitiven Erkenntnistätigkeit (Handlungskompetenz). Die Bewegungshandlung ist die kindgemäße Form die Welt zu begreifen und ein eigenes Weltbild zu konstruieren. „Lernen in der frühen Kindheit ist in erster Linie Lernen über Bewegung und Wahrnehmung, über konkretes Tun und über den Einsatz aller Sinne“12. 2.2 Bildung und Gesundheit Die aktuelle Bildungsdebatte schreibt der Bewegung zwei grundlegende Zuständig keitsbereiche zu: Zum einen ist Bewegung wichtig, um Handlungserfahrungen zu differen zieren, die die allgemeine Planungsfähigkeit zur Bewältigung schulischer Lernprozesse bedingen. Planungsfähigkeit gilt als komplexe Leistung (metakognitive Kompetenz), die sich als motorische Handlungsfähigkeit des Kindes in der Entwicklungsspanne zwischen drei und zehn Jahren entwickelt. Das Fehlen metakognitiver Kompetenzen wie Strategiebildung und Planungsfähigkeit stellt einen Risikofaktor für die kognitive Entwicklung dar und zeigt nicht selten Auswirkungen auf schulische Lernprozesse. Die Erkenntnisse ergeben sich aus der psychologischen und neurowissenschaftlichen Lernforschung, die „enge Zusammenhänge zwischen Körperhandlungen und Denken“ nachweisen13. Die andere Bedeutung der Bewegung liegt in der Transferleistung für den Erwerb schulischen Wissens und Könnens, etwa der Kulturtechniken (Lesen, Schreiben, Rechnen) oder naturwissenschaftlicher Grundlagen. Naturwissenschaftliche Erkenntnis ergibt sich entwicklungs logisch nun einmal aus dem Explorations- und Spielverhalten des Kindes und braucht eine (bewegungs-) praktische Basis. Die Forschung geht diesen Fragestellungen nach: Wie erfolgt der Weg von der bewegungsgebundenen intuitiven Physik zum Verstehen physikalischer Gesetze (zum Aufbau eines physikalischen Weltbildes)? Wie bereitet die körperbezogene Erfahrung der Raumdimensionen vorn/hinten; oben/unten; rechts/links ein Verständnis des Zahlenraumes als Grundvoraussetzung für geistige Rechenoperationen vor? Oder: Wieso schreiben wir von links nach rechts und welche Bedeutung haben Körperlichkeit
11 Fischer (2004). 12 Zimmer (2004). 13 Stern (2005, S. 269).
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