Camper – The Walking Society – Ausgabe 13: Ydra

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YDRA Wir sind nach YDRA gesegelt, um einen absolut einzigartigen Ort zu entdecken. Auf dieser Mittelmeerinsel bewegt man sich nur zu Fuß oder auf dem Rücken eines Pferdes und das Stadtbild ist seit mehr als einem Jahrhundert unverändert. Hier ist ein entschleunigtes, auf Nachhaltigkeit ausgelegtes Leben möglich.

THE WALKING SOCIETY Für die 13. Ausgabe begeben wir uns in eine Region Griechenlands, in der Vergangenheit und Gegenwart aufeinandertreffen und etwas ganz Besonderes erschaffen. Bis heute begeistert die Insel mit ihrer eindrücklichen Kultur und außergewöhnlichen Kreativität.

WALK, DON’T RUN.

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CAMPER bedeutet im Mallorquinischen „Bauer“. Die Einfachheit des ländlichen Lebens vereint mit mediterraner Geschichte, Kultur und Landschaft – all das beeinflusst die Werte und die Ästhetik unserer Marke. Unsere Wertschätzung für Kunst und Handwerk und unser Traditionsbewusstsein sind die tragenden Säulen unseres Versprechens: Wir bieten originelle, funktionale und hochwertige Produkte in ansprechenden und innovativen Designs. Menschlichkeit, die Förderung kultureller Vielfalt und die Erhaltung des historischen Erbes sind die Grundlage unseres unternehmerischen Handelns.

GEHEN bedeutet, sich fortzubewegen – sich von einem Ort zum anderen zu begeben. Voranzukommen, neue Wege zu beschreiten, offen zu sein für Innovation. The Walking Society ist eine virtuelle Gemeinschaft, in der jede*r willkommen ist – unabhängig von sozialem, kulturellem, wirtschaftlichem oder geografischem Hintergrund. Einzeln und als Zusammenschluss fördern die Mitglieder dieser Gemeinschaft Vorstellungskraft und positive Energie, indem sie wertvolle Ideen und Lösungen entwickeln, um die Welt zu verbessern. Auf einfache und ehrliche Weise.

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Ydra

6 Vangelis ist ein Mann weniger Worte. Er stammt aus Vlichos, einem östlich des Hafens gelegenen kleinen Dorf.

Er verbringt seine Tage mit den Pferden Aris und Misty, mit denen er Waren die Insel rauf- und runtertransportiert.

Obwohl sich die griechische Insel in den letzten 80 Jahren verändert hat, ist sie auch heute noch ein der Unverfälschtheit verhaftetes “gelobtes Land”. Was hat sich seit 1941 verändert? In den 60er-Jahren kam die Elektrizität – und mit ihr die Künstler*innen, Autor*innen und Schauspieler*innen. Die griechischen Maler*innen und Henry Miller hatten die Insel vor allen anderen entdeckt. Jetzt taten es die Intellektuellen ihnen gleich. Hier schrieb Patrick Leigh Fermor eines seiner berühmtesten Werke Mani: Reisen auf der südlichen Peloponnes. Leonard Cohen setzte im Frühjahr 1960 Fuß auf die Insel und schwelgte später gerne in Erinnerungen an seine Zeit auf Ydra: «Es war als wäre jeder jung und schön und enorm talentier – und überzogen mit einer Art Goldstaub.» Heute gleicht dieses Talent einem magischen Geist, der das Netz aus engen Straßen vom Hafen, entlang der weißen mit Fuchsien und Bougainvilleen verzierten Hauswände,

Ein versteinerter Laib Brot. Unnachgiebig und gelassen in der Ägäis treibend. Das mag vielleicht nicht das erste Bild sein, das einem beim Ansegeln der Insel Ydra in den Kopf kommt, doch es ist das Bild, das Henry Miller 1941 in seinem Reisetagebuch

Der Koloß von Maroussi malte: «Hydra ist ein Felsen, der aus dem Meer ragt wie ein riesiger versteinerter Laib Brot. Es ist das zu Stein gewordene Brot, das der Künstler als Lohn für seine Arbeit erhält, wenn er zum ersten Mal das Gelobte Land erblickt.»

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8 bis ins Hinterland durchzieht. Ydra ist das Land der Künstler*innen, Kurator*innen... und Stiftungen.

Hort der Kreativen wurde und lange vor der Unabhängigkeit Griechenlands 1821 war Ydra Zufluchtsort der Seeräuber und Freibeuter, der großen Kapitäne und Seefahrer. Das Jahr 1821 findet man in den Straßen rund um den Hafen immer wieder: auf Restaurantschildern und den Flaggen, die über der alten Burg wehen, in der heute ein Geschichtsmuseum untergebracht ist. Trotz seiner winzigen Größe spielte Ydra eine wichtige Rolle im Kampf der Hellenen gegen das Osmanische Reich. Ihre von Iakovos Tombazis und Andreas Miaoulis geführte Flotte war eine entscheidende Waffe des neuen Königreichs Griechenland. Sie werden auf der Insel noch heute als Nationalhelden gefeiert. Der kleine Hafen liegt in einem gut geschützten rechteckigen Versteck. Er versinnbildlicht die über Jahrhunderte weitergegebene Weisheit der lokalen Seefahrer. Tagtäglich pendeln heutzutage zwischen Ydra und Piraeus Fähren mit Besucher*innen, Lebensmitteln,

Die bekannteste ist die Zweigstelle der von Dakis Joannou in Athen gegründeten DESTE Foundation for Contemporary Art. Jedes Jahr ermöglicht er es einer*einem Künstler*in in den kleinen Räumen des ehemaligen Schlachthofs mit Blick auf das Meer neue Werke zu kreieren und Langeauszustellen.bevorsiezum

9 Dimitris arbeitet in der von seinen Großeltern 1930 eröffneten Konditorei. Die Spezialität des Hauses: mit Rosenwasser und Mandeln verfeinertes Marzipangebäck.

10 Corinna Seeds ist Gründerin des Hydrama Theatre & Arts Centre. Sie stammt ursprünglich aus Griechenland, wuchs in London auf und ließ sich schließlich auf Ydra nieder. 2022F/WSet

11 Simon ist Maler und kommt aus Frankreich. Vor zwölf Jahren stieg er aus Versehen auf das falsche Boot und landete auf Ydra. Er ist bis heute nicht zurückgekehrt. 2022F/WWalden

DIMITRIOS ANTONITSIS S.15 Wir haben einen Nachmittag mit Dimitrios Antonitsis verbracht. Er leitet das Programm „Hydra School Projects“, das Künstler*innen seit vielen Jahren Ausstellungsmöglichkeiten auf der Insel bietet.

MICHAEL LAWRENCE S.97 Maler Michael Lawrence verließ Kalifornien, um auf Ydra die Körpern, Meer, Sex und Liebe innewohnende Freiheit künstlerisch festzuhalten.

DESTE FOUNDATION S.105 Ydra ist die Insel der Kunst. Dakis Joannou und die lokale Zweigstelle der in Athen angesiedelten DESTE Foundation für zeitgenössische Kunst haben in großem Umfang zu diesem Bild beigetragen.

DIE FAMILIE MARDEN S.133 Die Kunst liegt der Familie Marden wahrlich im Blut. Seit den 70ern verbringen sie ihre Sommer auf Ydra. Wir haben einen sonnigen Nachmittag im Schatten der Bäume ihres ruhigen Gartens verbracht.

STEPHAN COLLOREDO-MANSFELD S.51 Der aus einer Weltenbummlerfamilie stammende Musiker und Produzent Stephan Colloredo-Mansfeld wuchs auf Ydra auf und organisiert heute die besten Partys der Insel.

YDRAS KINDER S.112 Etwa 200 Kinder gehen auf Ydra zur Schule, weshalb das Durchschnittsalter der Insel weit unter dem des restlichen Landes liegt. Das verspricht Gutes für die Zukunft.

Doch es erwarten sie weder Busse noch Autos oder Züge. Seit jeher sind die einzigen Hilfsmittel mit Rädern auf Ydra die Karren der Lastenträger*innen, die sie über das Kopfsteinpflaster ziehen. Besucher*innen klettern zu Fuß zu ihren Unterkünften oder setzen sich auf den Rücken der kleinen Esel die geduldig am Hafen auf sie warten. Sie machen sich auf den Weg zu familiengeführten Gasthäusern, Mietwohnungen oder weitestgehend unauffälligen kleinen Hotels. Auf Ydra scheint die Zeit stillzustehen. Als läge auf ihr ein Bann, der weder gebrochen noch kopiert werden kann. Das Fazit des amerikanischen Dichters Kenneth Koch, der zur selben Zeit wie Cohen auf der Insel lebte, ist vielen noch bekannt: “Wer einmal auf Ydra gelebt hat, kann nirgendwo anders leben, auch nicht auf Ydra.“

ZU FUSS IN YDRA UNTERWEGS P.41 Ein Gespräch mit dem Bürgermeister von Ydra, George Koukoudakis, über das gemäßigte Tempo der Insel, ihre Erhaltung und ihre Zukunft.

12 Post und Zeitungsstapeln.

UNERWARTETE FREIKÖRPERKULTUR S.59 Eigentlich gibt es auf den Sporaden keine offiziellen FKK-Strände. Doch Reisende auf der Suche nach natürlicher Freiheit zieht es schon seit jeher nach Griechenland.

HYDRAMA THEATRE & ARTS CENTRE S.32 Das Theater ist eine griechische Erfindung und Ydra ist sich ihrer Rolle in diesem kulturellen Erbe bewusst. Die von Corinna Seeds gegründete Hydrama Theatre & Arts Centre ist eine lebendige Bühne – in ihrem Garten.

CHLOE, DENNIS, MELINA, ROULIS, ZEUS S.23 Auf Ydra gibt es keine Autos, keine Motorräder und keinen öffentlichen Nahverkehr. Es gibt nur die kleinen, starken Pferde, die Menschen und Waren über die ganze Insel bewegen.

PROTOMAGIA S.87 Griechenland feiert den Frühling mit unendlich vielen Blumen. Am 1. Mai, auch bekannt als Protomagia, werden Kränze aus Blumen und Knoblauch geflochten, die Glück bringen sollen.

ATHLETICÒS OMILOS YDRAS S.121 Der Fußballplatz auf Ydra ist Heimstadion des Vereins Athletikòs Omilos Ydras und eine von den Bewohner*innen der Insel gern genutzte Grünfläche.

13 Vater Ioanikios, 86, ist einer der fünf orthodoxen Priester der Insel. Auf dem Foto links sieht man ihn Brot für die Messe kaufen.

Laut Peter hat sich seine Arbeit in den vergangenen 40 Jahren kaum verändert, mit Ausnahme der Pandemie.

ANTONITSISDIMITRIOS

Eine Unterhaltung mit

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ist unerwartet, sie wirkt ausgefallen und doch anmutig. Dimitrios Antonitsis ist eine wahre Instanz auf Ydra und kaum jemand kennt die Insel so gut wie er, der sie seit 40 Jahren sein Zuhause nennt. Dimitrios organisiert seit 23 Jahren jeden Sommer das Kunstfestival „Hydra School Projects“. Künstler*innen wir Gregor Hildebrandt, Brice Marden und Kiki Smith haben ebenso daran teilgenommen wie junge Nachwuchskünstler*innen, die hier mit den Alteingesessenen zusammenkommen. Jede Ausstellung folgt einem Thema.

Als Künstler arbeitet Dimitrios seit Jahren mit einem ungewöhnlichen Material: Aluminium. Durch den Einsatz einer Titanlegierung wird mit einer besonderen Technik aus eigentlich brüchigem Aluminium ein unglaublich robuster Werkstoff. Diese Robustheit macht seine Werke für Sammler*innen so interessant. Man findet sie in seinem ganzen Haus, angefangen bei der Haustür. Sein Wohnzimmer ist ein außen liegender Hof mit einem Tisch und sechs Stühlen aus Aluminium, die zur heißesten Zeit des Tages sicher im Schatten stehen. Im Haus selbst sind kleine und große Kunstwerke verteilt und Dimitrios‘ Hunde schlängeln sich abwechselnd lethargisch und energiegeladen um sie herum. Sobald sich Dimitrios für unser Gespräch hinsetzt, macht es sich der kleinste der drei, ein schwarzer Dackel namens Baracudaki, sofort auf seinem Schoß bequem.

Es dauert nicht lange, bis man ihm auf den kopfsteingepflasterten Straßen Ydras begegnet, immer elegant in weich fallender Kleidung gekleidet. Diese Eleganz

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17 Hydra School Projects ist in einem ehemaligen Schulgebäude der Stadt in einer Seitenstraße nahe dem Hafen untergebracht.

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Die Dekoration im Haus von Dimitrios Antonitsis ist eine Mischung aus Aluminium und seinen eigenen Skulpturen. Dazu gehört auch eine Neuinterpretation der Endlosen Säule von Brâncuși mit einer traditionellen griechischen Amphore.

Ydra wird als Reiseziel immer beliebter. Könnte sich das negativ auf das Natur- und Kulturerbe der Insel auswirken?

Das Risiko lässt sich aufgrund der sich verbessernden Technologie und Reisemöglichkeiten nicht vermeiden. Das erinnert mich an dein Werk Soul Substitute aus dem Jahr 2014. Die aus dem Archiv der Hellenic Tourism Organi sation zusammenstellte Sammlung auf Leder gedruckter Fotografien war eine Kampagne, die das architektonische Erbe Griechenlands präsentieren sollte. Berühmtheiten wie Grace Kelly waren auch zu sehen. Schon damals hast du den Tourismus und die Art, wie bestimmte Orte von den Massen als lebendige Postkarten angesehen werden, unter die Lupe genommen.

Fangen wir ganz von vorne an, Dimitrios. Wann hast du dich in die Insel Ydra verliebt und was hat dich hierher geführt?

Kunstschaffende ein, sowohl berühmte Künstler*innen, wie etwa Brice Marden, als auch Nachwuchskünstler*innen. Sie kamen schon immer aus aller Welt zu uns. Bevor es die School Projects gab, war das Motiv der meisten das Meer und die Boote. Deshalb zeigte ich in meiner allerersten Ausstellung nur abstrakte Werke, Videokunst und Installationen, die rein gar nichts mit dem Meer zu tun hatten. Ein Werk wurde sogar für den vom Guggenheim Museum koordinierten Hugo-BossKunstpreis nominiert!

Genau. Das Ziel der Gründung von Hydra School Projects war, so vielen Künstler*innen wie möglich einen Ausstellungsort zu bieten. Anfangs lud ich jedes Jahr zehn oder elf neue

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Ja, obwohl es bei dem Projekt eher um die Ästhetik von Prunk und Pracht als um Tourismus ging. Die Fotos waren Instagram, bevor es Instagram gab. Das Instagram von 1968. Der Titel Soul Substitute sollte aufzeigen, dass man sich beim Ansehen der Fotos nicht auf die Schönheit der Orte an sich, sondern auf ihren potentiellen Nutzen und Erfolg auf Instagram konzentriert.

Sprechen wir über die Materialien, die du verarbeitest: Was reizt dich so an Aluminium? Mir gefällt, dass Aluminium kalt und doch formbar ist. Glänzend und doch empfindlich. Diesem zerbrechlichen Metall wohnt eine konstante Gegensätzlichkeit innen. Außerdem hat mich schon immer das Konzept des Außenseiterdaseins fasziniert.

Aluminium ist meiner Meinung nach der Außenseiter unter den Metallen, denn die meisten bevorzugen Bronze.

Die Kunstschaffenden kommen fast jeden Abend in einem der Häuser auf der Insel zusammen. Über die eine oder andere legendäre Party spricht man noch heute. Empfindest du sie als wesentlichen Bestandteil der Seele Ydras? Ich bin der Meinung, dass Partys immer wichtig sind. Auf den Partys hier kann man wunderbar beobachten, wie sich die meisten Besucher*innen verhalten, wenn sie sich frei oder befreit fühlen. Viele von ihnen leben ganz anders in den Städten und möchten in Griechenland und auf Ydra das erleben, was sie nur aus Geschichten kennen. Früher hat das richtig Spaß gemacht. Da konnte man noch niemanden googeln und wusste nie, ob jemand ein*e berühmte*r Autor*in oder ein*e Trickbetrüger*in war. In welcher Branche sie erfolgreich waren oder auch nicht. Das war eine wundervolle Ansamm lung von Menschen. Manch eine behauptete, sie sei eine persische Prinzessin. Andere gaben sich als Milliardäre aus. Auf Ydra konnte man sich neu erfinden. Diese Partys waren Komödie und Tragödie zugleich, wie im Theater.

Meine Geschichte mit Ydra begann vor vielen Jahren. Als ich noch in Zürich studierte, kam ich mit meiner Familie während der Ferien zum Segeln hierher. Sie luden ihre Freunde ein und ich meine. Ydra war jedes Jahr das unbestrittene Highlight. Aufgrund der Nähe zu Piraeus war die Insel immer unser letzter Halt. Auf unseren Segeltouren legten wir an vielen Inseln an und hatten immer eine schöne Zeit. Doch die Erinnerungen an Ydra haben sich am stärksten in mein Gedächtnis gebrannt. War das in den 90er-Jahren? Leider nicht. Das war in den 80ern! Was hat dich damals so an der Insel begeistert? Ihr liegt ein besonderer Zauber inne. Wenn man bei ruhiger See den versteckten Hafen aus Richtung Norden ansegelt, sieht man ihn erst kurz bevor man anlegt. Er taucht auf wie aus dem Nichts. Man könnte es auch mit einem Crescendo vergleichen: Du segelst und alles, was du siehst, sind Steine, Steine und noch mehr Seine. Und dann erblickst du plötzlich diesen winzigen, symmetrisch gestalteten Hafen. Das ist unglaublich. Die Hydriot*innen waren früher Piraten und haben den Hafen so clever angelegt, dass man die Stadt beim Vorbeisegeln nur wenige Minuten lang sieht. Dann verschwindet sie wieder aus dem Blickfeld. Das ist wie eine Fata Morgana, man ist sich nicht sicher, ob man sie wirklich gesehen hat oder nicht, so klein und gut versteckt ist sie. Sie zieht blitzartig vorbei. Wie kam es dazu, dass Ydra zu deinem Zuhause wurde? Man könnte sagen, ich wurde adoptiert. Als ich noch in Zürich lebte, war ich jeden Sommer hier. Da hatte sich hier bereits eine Gemeinschaft internationaler Künstler*innen und griechischer Kurator*innen gefunden. Das war eine großartige, extravagante Gruppierung. Leider weilen viele von ihnen heute nicht mehr unter uns. Entweder sind sie verstorben oder sie haben ihre Häuser verkauft. Ich möchte, dass diese Gemeinschaft weiter gedeihen kann. Ich weiß, dass die vielen am Hang zwischen den Felsen liegenden Häuser für ältere Menschen nicht leicht zu erreichen sind. Das hat die Familie Marden clever gelöst, indem sie sich ein Haus unten im Dorf gekauft hat. Auf dieses Haus hier hat mich Helen Marden bei einem Spaziergang aufmerksam gemacht. Sie hat ein richtiges Gespür für Häuser, das liegt in ihrer DNA. Zu jener Zeit war dieses Haus in einem sehr schlechten Zustand.

Verlässt du wie so viele die Insel, wenn es kühler wird? Vor der Pandemie bin ich viel öfter verreist. Doch dann habe ich herausgefunden, dass Ydra im Herbst und Winter genauso wundervoll ist wie im Sommer. In diesem Jahr habe ich einen Teil des Winters hier verbracht. Wird mit Hydra School Projects versucht, die Kunst und Kultur der Insel zu bewahren?

“Der Insel liegt ein besonderer Zauber inne. Wenn man bei ruhiger See den versteckten Hafen aus Richtung Norden ansegelt, sieht man ihn erst kurz bevor man anlegt. Er taucht auf wie aus dem Nichts. Man könnte es auch mit einem Crescendo vergleichen: Du segelst und alles, was du siehst, sind Steine, Steine und noch mehr Seine. Und dann erblickst du plötzlich diesen winzigen symmetrisch gestalteten Hafen. Das ist unglaublich. Das ist wie eine Fata Morgana, man ist sich nicht sicher, ob man sie wirklich gesehen hat oder nicht, so klein und gut versteckt ist sie. Sie zieht blitzartig vorbei.”

Verspürst du auch nach 23 Jahren noch denselben Enthusiasmus? Lass es mich so zusammenfassen: Die Fassade und das Gerüst sind dieselben, doch ich kämpfe auf verlorenem Posten. Mit den Jahren wird ein Körper schwächer. Er verändert sich und so auch dein Geist, doch das Grundgerüst bleibt. Irgendwann werde ich nicht mehr hier sein und Hydra School Projects wird zu Ende gehen. Nichts von alledem wird bleiben. Doch auf metaphysischer Ebene hinterlassen die Künstler*innen, die nach Ydra kamen und sich von der Insel haben inspirieren lassen, etwas für die Ewigkeit. Inwieweit hat sich zeitgenössische Kunstszene in Griechen land verändert?

Es läuft momentan alles gut. Ich habe vor kurzem die großartige Ausstellung Brice Marden and Greek Antiquity im Museum of Cycladic Art kuratiert. Das war eine paradiesische Arbeit. Wusstest du, dass das Paradies nicht aus dem Christentum stammt? Es ist eine ursprünglich persische Vorstellung: ein gut geschützter Garten voller atemberaubender Pflanzen und Tiere, ein Ort, an dem das Jagen und Finden von Nahrung ein Leichtes war. Ein Ort zum Genießen. Ich wurde gebeten, eine Ausstellung im Museum of Cycladic Art zu kuratieren und durfte mich an der außergewöhnlichen Kunst der griechische Antike in ihrer ganzen Fülle erfreuen. Ich konnte sie neben den Werken eines meiner absoluten Lieblingskünstler, Brice Marden, ausstellen. Das bedeutet für mich das Paradies. Um auf deine Frage zurückzukommen: Nein, ich habe bisher keine Pläne für die Zukunft. Ich möchte einfach nur das Hier und Jetzt genießen, mindestens bis Ende August.

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In den 1990ern und 2000ern war das eine phänomenale Kunstszene, denn es stand Geld ohne Ende zur Verfügung. Käufer*innen aus aller Welt, aber auch aus Griechenland, erstanden Werke im großen Stil. Es gab eine superenthusiastische Gruppe junger Sammler*innen, die die griechischen Nachwuchskünstler*innen anfangs enorm unterstützten. Doch sie infizierten sich mit dem, wie ich zu sagen pflege, ‘Kunstmessenvirus‘. Heute kaufen sie nur noch auf Messen wie der Art Basel und nirgendwo anders. Und seit der Wirtschaftskrise in Griechenland ist sowieso nichts mehr so wie früher. Hast du neben Hydra School Projects noch andere Pläne?

Die Esel am Hafen springen einem sofort ins Auge. Die kleinen, aber kräftigen Tiere sind überall auf den griechischen Inseln zu finden. Sie sind der Motor, der Ydra antreibt, und eines ihrer einzigen Fortbewegungsmittel. Ein Wiehern. Das ist Harriet Jarmans Klingelton. Die Springreiterin aus England kam 2000 mit ihrer Familie nach Ydra und lebt seither dort. 2014 gründete sie einen Pferdezuchtverein auf der Insel. Harriets Pferde bringen Besucher*innen an Strände, über Bergpfade und Gipfel, bis das Stadtzentrum weit hinter ihnen liegt. “Ich möchte Menschen zeigen, warum ich diese Insel zu meinem Zuhause gemacht habe“, sagt sie. “Es gibt auf Ydra so viel mehr zu entdecken als nur den Hafen.“

DENNISCHLOEMELINAROULISZEUS

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Wenn man Harriet Jarman fragt, wann sie eine Pause von ihren Pferden macht, sagt sie überzeugt und mit einem Lächeln auf den Lippen: “Ich lebe doch schon im Paradies; ich brauche nicht viel Urlaub.“

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27 Harriets Pferde sind nicht einheimisch, sie stammen ursprünglich von anderen griechischen Inseln oder dem Festland. Nur eines kam auf Ydra zur Welt: Dennis.2022F/WMilah

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Obwohl die Insel so abhängig von Pferden als Transportmittel ist, gibt es auf Ydra keine Tierärzt*innen. Zum Glück statten Mitarbeitende des Griechischen Tierschutzbundes der Insel einmal im Jahr einen Besuch ab und untersuchen alle Pferde.

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Das Haus von Corinna Seeds bietet auf der einen Seite einen tollen Ausblick aufs Meer. Dreht man sich um, entdeckt man ein Freilichtamphitheater. Es ist schlicht gehalten, eben wie ein klassisches griechisches Theater, und sie hat es selbstständig gebaut. Corinna wurde in England geboren, doch als Kind lebte sie mit ihrer griechischen Mutter auf Hydra. Im Erwachsenenalter wurde es irgendwann unmöglich, dem Ruf ihres früheren Zuhauses nicht zu folgen.

“Damals gab es keine Möglichkeiten für Kinder und Jugendliche, sich mit Kunst auszudrücken“, erzählt sie.

“Ich gründete das Theater, um eine Gemeinschaft zu bilden, insbesondere für Kinder.“

32 DAS HYDRAMA THEATRE

Jedes Jahr zieht es Studierende aus Griechenland und dem Rest der Welt in Corinnas Hydrama Theatre & Arts Centre. Sie versuchen sich in klassischem griechischen Theater, besuchen Tanz-, Schauspiel- und Bühnenbildkurse und führen natürlich Stücke vor einem Publikum auf. Doch fast am wichtigsten sind die Masken, die sie entwerfen. Im griechischen Theater sind sie unabdingbare Hilfsmittel der Figurendarstellung. “Anfangs waren die Menschen etwas verunsichert“, erinnert sich Corinna. “Der Anblick der Schauspieler*innen in den ungewohnten Masken sorgte für Misstrauen. Damals kam nur eine Person zur ‘Premiere‘. Heute ist das anders. Das Publikum ist eine bunte Mischung aus Inselbewohner*innen, Tourist*innen, Kunstschaffenden, Pferdetrainer*innen... einfach allen.“

41 ZU FUSS UNTERWEGSINYDRAmitBürgermeisterGeorgeKoukoudakis

42 52FLÄCHEKM2 ENTFERNUNG VON PIRAEUS IN37SEEMEILENWEITESTEBREITE23KM 55KÜSTENLÄNGEKMBERG592EROSM SCHMALSTE BREITE 6 KM

Die zwischen Piraeus und Ydra pendelnden Boote laden AmazonPäckchen und Vorräte für Bars und Restaurants ab. An den auf den Straßen verteilten Tischen wird erst gefrühstückt, dann folgt das Mittagessen. Die Esel versuchen kopfschüttelnd Fliegen zu verjagen, während sie auf die nächste Beladung warten. Doch dann kommen immer weniger Boote. Die Sonne steht im Zenit. Die heißeste Zeit des Tages beginnt und Ydra kommt zur Ruhe. Die nächsten Stunden vergehen in fast absoluter Stille. Zumindest kommt es unseren an Stadtlärm gewohnten Ohren so vor. Es fehlt das konstante Brummen der Motoren, die Staus, das urbane Chaos. Doch die Stille, die in den heißen Stunden auf Ydra einkehrt, ist alles andere als ruhig. Man hört das Zirpen der in den Pinien versteckten Grillen, das Klappern der Pferdehufen auf dem Kopfsteinpflaster, das Schreien der Möwen über dem Hafenbecken. Autos sind auf Ydra verboten, Motorräder und Fahrräder ebenso. Ab und an findet man vielleicht noch einen alten Drahtesel zwischen den Booten angelehnt. In der größten Stadt der Insel kommt man problemlos zu Fuß ans Ziel. Doch die anderen Dörfer, Vlychos im Westen und Limnioiza im Osten, zu erreichen, gestaltet sich etwas schwieriger. Zu Fuß muss man Geduld haben und eine gute Ausdauer. Andernfalls ist immer auf die Pferde Verlass. Auf Ydra reitet man sie traditionell im Seitensitz.

“Es gibt keine motorisierten Fahrzeuge, weil die Inselbewohner*innen das schon immer so wollten. Seit den 1960ern sind Motorräder und Autos gesetzlich verboten. Nur einige wenige Autos sind auf der Insel erlaubt, und auch nur mit Genehmigung des Kulturministeriums. Wenn ein öffentliches Gebäude renoviert werden muss, stellen

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Morgens geht es hektisch zu. Die mit Tagesausflügler*innen beladenen Fähren legen am Hafen an, die Anker rasseln ins Wasser, die Leinen werden an den Pollern straffgezogen.

Ein Urlaub auf der Insel ist absolut einzigartig. Ydra zwingt einen, alles langsamer anzugehen. Entspanntheit ist nicht das Ziel, sie ist eine selbstverständliche Gegebenheit. Obwohl die Insel klein ist, braucht alles seine Zeit. Man muss sich an das Tempo anpassen. Natürlich gibt es trotzdem die Eintagsfliegen, die von den Fähren springen und innerhalb weniger Stunden meinen alles gesehen zu haben. Doch um diesen Teil der Ägäis wirklich zu verstehen,

44 wir beim Kulturministerium einen Antrag, damit sie die nötigen Fahrzeuge herbringen”, erklärt George Koukoudakis, der junge Bürgermeister der Insel.

Dann kehrte er für seine Doktorarbeit nach Griechenland zurück. Er stammt ursprünglich aus Ydra und wollte sich um die Insel und ihre Bewohner*innen kümmern: “Mir gefällt alles an Ydra: die Gemeinschaft, die Geschichte, die wunderschöne Natur und die Architektur.” In seiner Wohnung hängen Portraits der berühmtesten Kapitäne und Admiräle der Flotte Ydras. Zur Zweihundertjahrfeier schrieb George 2021 ein Buch über den Unabhängigkeitskrieg gegen das Osmanische Reich. Er definiert Ydra als “lebendiges Freilichtmuseum” mit allen damit verbundenen Vor- und Nachteilen. “Wir gehen jeden Tag an Gebäuden vorbei, die hier schon im 18., 19. oder 20. Jahrhundert standen”, erklärt er. Doch es wird viel diskutiert über ihre Zukunft und Erhaltung. Es ist den Bewohner*innen Ydras beispielsweise nicht erlaubt, Solarzellen zu installieren, was in Griechenland längst weit verbreitet ist. “Natürlich möchten wir Ydra erhalten”, sagt George Koukoudakis. Doch was haben wir davon? Das ist eines unserer Probleme: Wir sind ein Freilichtmuseum ... aber niemand zahlt für seine Eintrittskarte.”

Er hat in England studiert. Erst der Bachelor in Politikwissenschaften an der University of Exeter, gefolgt von Europastudien in Cambridge.

45 ES GIBT DENINSELBEWOHNER*MOTORISIERTENKEINEFAHRZEUGE,WEILDIEINNENDASSCHONIMMERSOWOLLTEN.SEIT1960ERNSINDMOTORRÄDERUNDAUTOSGESETZLICHVERBOTEN.

46 WEG 500AVLAKI-STRANDHAFENVOMZUMM DAUER INSELRUNDGANGSEINESZUFUSS13STUNDEN

Und natürlich darf auch keine Seefahrtsanalogie fehlen: “Ydra ist wie ein Boot mit begrenzter Kapazität. Es hat nur Platz für eine bestimmte Anzahl an Passagieren.”

Ein Leben fernab des Mottos “schneller, höher, weiter”, dem der Rest der Welt folgt, hat natürlich auch eine Kehrseite. In Ydra beobachtet man seit einigen Jahren einen Bevölkerungsrückgang. Während des Unabhängigkeitskrieges wuchs die Bevölkerung auf 16.000 an. Zu der Zeit war Athen eine Kleinstadt mit 7000 Bewohner*innen und Piraeus ein einfaches Fischerdorf. Heute leben 2000 Menschen dauerhaft auf Ydra. “Ich bin optimistisch und sehe das Glas halb voll”, sagt George Koukoudakis. “Menschen sehnen sich nach der Natur, nicht nur in Griechenland, sondern in ganz Europa. Ich denke, wir sind endlich auf dem richtigen Weg. Hier genießt man eine hohe Lebensqualität: kristallklares Wasser, saubere Luft, Geruhsamkeit. Auf Ydra zu leben ist ein absolutes Privileg.”

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muss man sich Zeit nehmen, sie zu entdecken. Eine Wanderung durch die Hügel und Berge, ein Besuch der versteckten Strände fernab des Hafens, ein Abendessen in einem der familiengeführten Lokale, die auf ihre rustikale Art den Fisch des Tages perfekt gegrillt mit einer erfrischenden Zitronenscheibe servieren. Keine touristischen Restaurants, keine für die Massen produzierten Produkte. “Tourismus stellt hier kein Risiko dar”, sagt der Bürgermeister mit ruhiger Stimme. “Es gibt 7000 Betten. Sobald die belegt sind, kann niemand mehr kommen. Wir wollten noch nie den Massentourismus, wir wollen Qualitätstourismus. Bei uns gibt es keine großen Hotels, nur die ehemaligen Kapitänshäuser und kleinen Luxushotels. Das größte verfügt über 30 Zimmer.”

48 ES PASSAGIEREN.ANZAHLBESTIMMTEPLATZESKAPAZITÄT.BEGRENZTEREINYDRAMEHRKANNBELEGTSOBALD7000GIBTBETTEN:DIESIND,NIEMANDKOMMEN.ISTWIEBOOTMITHATNURFÜREINEAN

51 Eine Unterhaltung mit COLLOREDO-STEPHANMANSFELD

Stephan lebt für die Musik und in seinem Tonstudio passiert so einiges: Künstler*innen, wie Sebastién Tellier im Jahr 2019, nehmen neue Stücke auf und kommen zu Jamsessions zusammen. Auch zu künstlerischen Darbietungen wurde bereits eingeladen, beispielsweise von der Fotografin Margherita Chiarva.

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Von außen betrachtet sieht das Haus von Stephan ColloredoMansfeld aus wie die vielen anderen Gebäude aus weißem Stein, die die schroffen Berge Ydras zieren. Sobald man den schattigen Hof durchquert hat, betritt man eine Terrasse und ein riesiges Wohnzimmer mit hohen Decken. Die Fenster bieten eine wundervolle Aussicht auf den kleinen Hafen, das Meer und das Festland in der Ferne. Im Haus findet man ein Triclinium, antiquarische Stühle und eine mit Adlern und anderen, nicht zur griechischen Ikonographie gehörenden, Motiven dekorierte Anrichte. Es sind Erbstücke. Die Familie Colloredo-Mansfeld lässt sich bis ins 16. Jahrhundert irgendwo zwischen dem nordöstlichen Italien und Österreich zurückverfolgen.

Unter einem Steinofen im Tonstudio hat Stephan ein Bett aufgebaut, für den Fall, dass er während Aufnahmen mal müde wird. Es steht nur wenige Zentimeter entfernt von dem Schlagzeug und einer Orgel aus den 60er-Jahren. Musik gibt es quasi zum Frühstück. Das Haus wirkt in seiner Lage hoch oben im alten Teil der Stadt wie ein Hort der friedlichen und meditativen Abgeschiedenheit. Der perfekte Ort für Musikaufnahmen und die legendären Partys, zu denen Stephan gerne einlädt.

Doch Stephan sieht nicht aus wie ein Nachkomme des habsburgischen Adels. Er versprüht das schillernde Freiheitsgefühl der 70er-Jahre, dem Jahrzehnt, in dem er mit seiner Familie nach Ydra zog. Damals war dieses Haus noch eine Teppichfabrik. Nun ist es sein Zuhause. Die mehreren Stockwerke sind gefüllt mit zeitgenössischer Kunst und Antiquitäten. Neben der Küche befindet sich ein Aufnahmestudio mit seltenen Kultinstrumenten und allem, was das Musikerherz begehrt: Ein Schlagzeug, Dutzende Gitarren, andere Saiteninstrumente aus unterschiedlichen Kulturen, Bassgitarren und ein Mischpult dürfen nicht fehlen.

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Es ist ein andauernder Prozess. Mal repariert man etwas, mal probiert man etwas aus... Das ist wie Therapie oder Meditation. Du stammst aus einer sehr internationalen und multikulturellen Familie. Was hat sie nach Ydra verschlagen und wo liegen ihre Wurzeln? Meine Mutter ist eine tschechisch-kanadische Malerin, mein Vater ist ein schweizerisch-griechischer Bildhauer. Sie lebten zusammen auf der kleinen Insel Kastellorizo. Für meine Geburt mussten sie nach Athen fahren und entschlossen sich danach, meine griechische Großmutter auf Ydra zu besuchen. Das war Liebe auf den ersten Blick. Also ließen sie sich in den 70er-Jahren auf der Insel nieder.

Es gab auf der Insel bis vor kurzem keine Elektrizität. Nein, die gibt es seit den 60ern. Leonard Cohen schrieb das Lied Bird on the Wire als er hier lebte. Die Inspiration war ein Vogel auf einer der ersten elektrischen Leitungen auf Ydra. Es war ein ganz besonderer Ort. Was ist das Geheimnis hinter der besonderen Beziehung Ydras zu Kunst, Musik und Kreativität, die die Insel seit jeher mit Leben erfüllen. Liegt etwas Magisches in der Luft? Die fehlenden Autos machen einen großen Unterschied. Deshalb ist die Insel so malerisch und wirkt weit entfernt von dem Chaos des modernen Lebens. In Kombination mit dem umwerfenden Licht und der nie versiegenden Quelle griechischen Weins entsteht eine einzigartige, magische Atmosphäre. Wann und wie hast du deine Liebe zur Musik entdeckt?

Reist du häufig zwischen Ydra und Miami hin und her?

Ich habe während meiner Zeit im Internat in Österreich angefangen, Platten zu sammeln. Ich war ungefähr 13 Jahre alt und es fiel mir schwer, mit den Wundern der modernen Welt klarzukommen. Die Musik war mein Fluchtort und ist bis heute meine treueste Begleiterin. Wie kam es dazu, dass du das Tonstudio hier aufgebaut hast? Ich hatte mich darüber mit einem hier ansässigen Tontechniker aus den USA häufig unterhalten. Wir waren uns der bedeutsamen Musikgeschichte der Insel bewusst, doch diese Art von Infrastruktur fehlte einfach. Im Laufe der Jahre haben wir in diesem Haus Schritt für Schritt ein richtiges Studio zusammengestellt. Ich bin umgeben von der Musik und Kultur dieser Insel. Gehen viele Menschen in diesem Haus ein und aus?

Ganz klar Tellier, Sébastien Tellier.

Welche*r Besucher*in war bisher am einzigartigsten?

Ja, normalerweise lebe ich für einige Monate in Florida und verbringe die wärmeren Monate hier. Meine Mutter lebt in Österreich, mein Vater in der Schweiz, und meine Kinder sind in Kalifornien. Ich verreise viel, aber meine zwei Ankerpunkte sind Ydra und Florida.

Ich lade normalerweise Leute ein, die ich mag. Sie kommen her und leben hier. Aber man kann die Räumlichkeiten auch für Aufnahmen mieten.

Bringst du dich in den kreativen Prozess ein?

Nur, wenn ich darum gebeten werde! Wir alle haben unsere eigene Vorstellung von Kreativität. Aber ja, ich produziere auch ein bisschen.

Liegt dir besonders viel an einem bestimmten Instrument? Ich sammle Instrumente. Ich besitze eine Farfisa Compact Duo Orgel, wie sie Pink Floyd in den 60ern gespielt hat. Außerdem habe ich ein Theremin und ein Mellotron. Mir gefallen besonders die etwas ausgefalleneren. War es schwierig, all diese Instrumente auf die Insel zu bringen?

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Ja, sehr. Sie sind zu zerbrechlich für einen Pferderücken. Wir mussten sie zu Fuß vom Hafen hierhertragen. Spielst du oft? Früher habe ich viel gespielt, heutzutage produziere ich eher. Ich liebe die Musik, aber ich war noch nie besonders gut im Musizieren.

Ich würde sagen, Musik spielt fast die Hauptrolle in meinem Leben. Ich führe einen Schallplattenversandhandel und kann wieder all die Klänge, die mich seit meiner Kindheit begleiten, nachstellen. Wo ist deine riesige Plattensammlung?

Du kamst nicht auf Ydra zur Welt, aber lebst schon seit langer Zeit hier, Stephan. Wie war es, als nicht-griechisches Kind hier aufzuwachsen? Meine Kindheit war magisch und sehr glücklich. Ich war ein Abenteurer und immer am Herumstromern. Wir waren zwar in der Minderheit, aber es gab eine Gruppe nicht-griechischer Kinder, die hier aufwuchs. Unser Umfeld war stark von der Philosophie der späten 60er geprägt und wir waren umgeben von Kunstschaffenden und einigen bunten Vögeln, die ich im Nachhinein nur als ”surreal“ beschreiben kann. Dieses Gebäude war früher eine Teppichfabrik. Wurde es im Laufe der Jahre umfangreich renoviert?

Die ist in Miami gelagert. Das Klima hier auf Ydra ist nicht optimal, die Luftfeuchtigkeit ist zu hoch. Das ist das perfekte Partyhaus. Ja, wir feiern hier viele Partys und in diesem Raum passiert so einiges! Liebe gedeiht, Liebe verwelkt...

Spielt Musik noch eine wichtige Rolle in deinem Leben?

Hat sich das seit deiner Kindheit verändert?

Ich habe auf meinen Reisen viel von der Welt gesehen und Ydra war schon immer mein Zuhause. Die Vertrautheit, die Gerüche, die Erinnerungen... das ist unersetzbar.

Fühlst du dich wohl im Alleinsein? Absolut. Ich finde es sehr wichtig, dass man sich in der Einsamkeit wohlfühlt. Was sind deine Pläne für die Zukunft?

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Bevor Stephan Colloredo Mansfeld es zu seinem Zuhause machte, war in der ehemaligen Teppichfabrik das Atelier des griechischen Malers Demetri Gassoumis untergebracht, der ab 1959 einige Jahre lang auf Ydra lebte.

Kurz gesagt: Oliven, Mandeln und Granatäpfel. Im weiteren Sinne wohl die glücklichen Erinnerungen an eine sorgenfreie Zeit. Die versuche ich immer wieder neu in einem moderneren und reiferen Kontext zu schaffen.

Woraus bestehen deine Wurzeln auf Ydra?

Gibt es etwas, das das Leben hier so besonders macht? Was dich sagen lässt: “Das ist mein Zuhause“?

Alles ist immer in Bewegung. Momentan baue ich ein MusicResidency-Programm auf und arbeite an einer Räumlichkeit für Konzerte. Außerdem habe ich im Garten eine mehrere hundert Jahre alte Zisterne gefunden, die sich prima als abgetrennter Raum für Gesangsaufnahmen eignet. Der Raum ist groß genug für eine Person und bietet eine bessere Akustik ohne Echo. Es gleicht einem Wunder, dass Ydra nicht dem Massentourismus zum Opfer gefallen ist. Ja, zum Glück. Es liegt ein schmaler Grad dazwischen, mit der Schönheit der Insel zu werben und sie auszunutzen. Viele Menschen kommen hierher, weil sie hier für sich sein und auf eine gewisse Art verstecken können.

“Meine Kindheit war magisch und sehr glücklich. Ich war ein Abenteurer und immer am Herumstromern. Wir waren zwar in der Minderheit, aber es gab eine Gruppe nichtgriechischer Kinder, die hier aufwuchs. Unser Umfeld war stark von der Philosophie der späten 60er geprägt und wir waren umgeben von Kunstschaffenden und einigen bunten Vögeln, die ich im Nachhinein nur als “surreal” beschreiben kann.”

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FREIKÖRPERKULTURUNERWARTETE

Die Faustregel für Mittelmeerstrände lautet meistens: Je näher an den großen Städten sie liegen, desto weniger beeindruckend sind sie. Ydra stellt die Ausnahme dar. Wenn man vom Hafen aus Richtung Westen geht, erreicht man in kürzester Zeit den Avlaki-Strand, eine winzig kleine Bucht, die gut geschützt vor dem Wind einen Blick auf das kristallklare Meer bietet. Von der Straße aus muss man einige mit Piniennadeln bedeckte Stufen hinunterklettern, um den Strand mit der Plattform aus Beton und den kleinen abgerundeten Steinen zu erreichen. Folgt man dem Straßenverlauf weiter, kommt man zu den Stränden Kamini, Vlichos und Plakes. Geht man noch weiter, wird der Spaziergang schnell zur ungeplanten Wanderung.

Eigentlich gibt es auf den Sporaden, zu denen auch Ydra gehört, keine offiziellen FKK-Strände. Doch Reisende auf der Suche nach natürlicher Freiheit zieht es schon seit jeher nach Griechenland. Besonders außerhalb der touristischen Hochsaison bieten die kleinen Buchten der Insel Privatsphäre und Schutz.

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60 Es gibt mindestens 15 Strände auf Ydra. Die meisten liegen an der Nordküste und blicken auf das griechische Festland. Die Strände im Süden der Insel, wie Klimaki, Nisiza und Limnioniza, erreicht man ganz einfach mit dem Wassertaxi. Oder man nimmt eine anstrengende Wanderung auf sich. 2022F/WNinaRight

Von Piraeus aus erreicht man die 70 Kilometer entfernte Insel Ydra mit dem Tragflächenboot innerhalb von zweieinhalb Stunden. Die Bewohner*innen Athens oder der Peloponnes steuern meist lieber den Hafen von Metochi an. Von dort aus bringen einen die Fähren in nur 20 Minuten auf die Insel.

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Künstler Reza Hasni hat einige der schönsten Gedichte und Lieder Leonard Cohens über seine Zeit auf Ydra grafisch neu interpretiert.

HYDRA 1963 From Flowers for Hitler, 1964 Leonard Cohen

HYDRA 1960 From Flowers for Hitler, 1964 Leonard Cohen

BIRD ON THE WIRE From Songs from a Room, 1969 Leonard Cohen

75 «Come over to the window, my little darling / I’d like to try to read your palm / I used to think I was some kind of Gypsy boy / before I let you take me home.»

Er ist der wohl berühmteste Bewohner Ydras. Berühmter noch als die Admiräle, die Kapitäne und die Kunstschaffenden.

Und weitaus berühmter als die anderen Schriftsteller*innen, die den Drang verspürten, über diese Insel zu Siebenschreiben.Jahre verbrachte er auf Ydra.

Ob die Liebe zwischen ihm und seiner Partnerin und Muse Marianne Ihlen anderswo genau so intensiv gewesen wäre? Die Frage erübrigt sich. Alles im Leben wird von den Umständen beeinflusst. Und selbst wenn man die Realität absichtlich unbeachtet ließe, müsste man die Frage wohl verneinen.

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Mit diesen Zeilen beginnt Leonard Cohens So Long, Marianne

Marianne trifft Leonard, nachdem ihr vorheriger Partner, Autor Axel Johnson, sie und ihren sechs Monate alten Sohn verlassen hat. Sie kommt 1958 nach Ydra, Leonard Cohen 1960. Zu jener Zeit ist er noch nicht der Singer-Songwriter, den wir späten kennenlernen würden, sondern ein aufstrebender Nachwuchsautor aus Kanada. Eines Abends sieht er sie am Hafen vorbeilaufen und ist sofort verzaubert. Sie ziehen gemeinsam in ein Haus mit einer großen Terrasse ganz in der Nähe des immer belebter werdenden Hafens. Hier schreibt er und tritt ab und zu in den Lokalen auf. Er veröffentlicht in den sieben Jahren in Griechenland zwei Gedichtsammlungen und zwei Romane: The Spice-Box of Earth, Flowers for Hitler, Beautiful Losers und The Favourite Game.

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Im Laufe der Jahre findet der “Gypsy boy“ seine Balance. Wie man aus seinen Liedern heraushört, ist das Marianne zuzuschreiben. Doch die beruhigende Kraft der Frühjahrsstille, die sternklaren Nächte, und das noch weitestgehend von Fähren und Yachten unberührte Meer werden ebenso ihren Beitrag geleistet haben. Er schreibt seine ersten Lieder. Vielleicht spürt er, dass er eine Zukunft in der Musik hat, nicht nur in der Literatur. Seine Bücher sind nicht so erfolgreich, wie er es sich erhofft hat. Eines Tages beobachtet er in dem Dorf Kamini, wie die ersten Strommasten errichtet werden. Er bemerkt einen Vogel, der auf einer der neuen Leitungen landet, und schreibt: “Like a bird on the wire / Like a drunk in a midnight choir / I have tried in my way to be free.“ Sie werden zu Zeilen in einem seiner bekanntesten Lieder.

78 1969 verlässt Leonard Cohen die Insel. Er meint, nach Nordamerika zurückkehren zu müssen, um seiner Musikkarriere nachzugehen. Seine Beziehung mit Marianne endet im Guten und die beiden bleiben für den Rest ihres Lebens befreundet. Eine solche Liebe, geboren und gewachsen auf dieser Insel, würde in einer derart andersartigen Welt wie der von Tennessee nicht überleben.

Marianne stirbt im Juli 2016 in Oslo. Leonard Cohen schreibt in einer letzten Abschiedsmail: „Geliebte Marianne, ich bin dir so nahe, dass ich deine Hand berühren kann.“ Sein Tod folgt nur drei Monate später im November desselben Jahres.

ISLAND BULLETIN From Flowers for Hitler, 1964 Leonard Cohen

THE GLASS DOG From Flowers for Hitler, 1964 Leonard Cohen

DAYS OF KINDNESS Leonard1985 Cohen

Liebe, Meer und Schmerz. Tod, Rausch, Leidenschaft, Resignation. Betrachtet durch eine psychedelische Brille.

Der Frühling ist die beste Zeit für eine Reise nach Ydra. Die blühenden Bougainvilleen werden umschwirrt von hungrigen Bienen und füllen die engen Straßen mit einem Duft, der den Jasmin olfaktorisch fast in den Schatten stellt. In vielen Ländern der Welt wird am 1. Mai der Tag der Arbeit gefeiert. Hier überschneidet sich das Datum mit dem viel älteren Protomagia, der Feier der Wiedergeburt. Übersetzt bedeutet das Wort einfach "1. Mai“.

PROTOMAGIA

Der Monat Mai ist nach der römischen Göttin Maia benannt, die auch in der griechischen Mythologie wichtig war. Zu Ehren der Mutter des Hermes fand am ersten Tag dieses Monats traditionell ein Fest statt, um eine gute Ernte zu sichern. Traditionsgemäß werden in Griechenland Blumenkränze als Hommage an den Frühling zusammengestellt. Zwischen den Blüten wird Knoblauch eingeflochten, um die bösen Geister zu verjagen.

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Alpenveilchen und Mohnblumen gehören zur einheimischen Flora. In den wasserarmen Bergen wachsen Pinien, Zypressen und Olivenbäume. Die Brandgefahr hat sich durch die Hitzewellen der vergangenen Jahre stark erhöht.

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Michael Lawrence Licht und Farbe. Freiheit, nackte Körper, das Meer, die Liebe. Der 1943 in Los Angeles geborene Künstler Michael Lawrence zog 1992 nach Ydra und verinnerlichte vom ersten Moment an alles, was die Insel ausmacht. Zu den Sammler*innen seiner Werke gehören sein Freund Ray Bradbury und natürlich Dakis Joannou, der sich keine von Ydra inspirierte Kunst entgehen lässt. Michael fand auf Ydra vor allem das Nebeneinander von Moderne und Antike faszinierend. Ähnlich wie eine seiner anderen großen Lieben, Rom.

Michael Lawrence Ydra, June 24, 2012 Watercolor on arches paper 101 x 66 cm

98 Michael Lawrence Ydra, May Watercolor2018onarches paper 101 x 66 cm

99 Michael Lawrence Ydra, April 29, 2018 Watercolor on arches paper 101 x 66 cm

100 Michael Lawrence Ydra, May 5, 2018 Watercolor on arches paper 101 x 66 cm

101 Michael Lawrence Ydra, Watercolor2018 on arches paper 101 x 66 cm

102 Michael Lawrence Ydra, June 13, 2018 Watercolor on arches paper 101 x 66 cm

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FOUNDATIONDESTE

106 WENN DAKIS JOANNOU AUF DER INSEL ANKOMMT, ZIEHT ER ALLE BLICKE AUF SICH UND SEINE SUPERYACHT MIT DEM FRECHEN NAMEN “ GUILTY“ (Z. DT. SCHULDIG ). SIE IST MIT IHRER VON JEFF KOONS DESIGNTEN BEMALUNG AUS BUNTEN GEOMETRISCHEN FORMEN, INSPIRIERT VOM CAMOUFLAGE-MUSTER DER BRITISCHEN SCHIFFE AUS DEM ERSTEN WELTKRIEG, NICHT ZU ÜBERSEHEN. DAKIS IST 82 JAHRE ALT, DOCH ER WIRKT MIT SEINEM GEWIEFTEN SCHIEFEN GRINSEN IM GESICHT NOCH IMMER WIE EIN EXTRAVAGANTER GESCHÄFTSMANN. DOCH EIGENTLICH KENNT MAN IHN WENIGER AUS DER UNTERNEHMENSWELT ALS EHER AUS DER KUNSTBRANCHE. DAKIS JOANNOU GRÜNDETE 1983 IN ATHEN DIE DESTE FOUNDATION. AUF YDRA GIBT ES SEIT 2008 NICHT UNWEIT DES HAFENS EINE ZWEIGSTELLE DER GEMEINNÜTZIGEN STIFTUNG. SIE IST IN EINEM UNAUFFÄLLIGEN GEBÄUDE UNTERGEBRACHT, DAS SICH NICHT GROSS VON DEN ANDEREN AUF DER INSEL UNTERSCHEIDET. DIE WÄNDE AUS DICKEN STEINEN SCHÜTZEN VOR DER UNNACHGIEBIGEN SOMMERHITZE UND PEITSCHENDEN STURMWELLEN. JEDEN SOMMER WIRD DER EHEMALIGE SCHLACHTHOF IN EINEN AUSSTELLUNGSRAUM FÜR KÜNSTLER*INNEN UND GRUPPEN AUS ALLER WELT UMFUNKTIONIERT.

IM JUNI FEIERTE DIE MIT SPANNUNG ERWARTETE AUSSTELLUNG APOLLO VON JEFF KOONS IM DESTE FOUNDATION PROJECT SPACE VERNISSAGE. DER KÜNSTLER IST AUS MEHREREN GRÜNDEN EIN ALLES ANDERE ALS NORMALER GAST. DAS LIEGT ZUM EINEN AN SEINER VERBINDUNG ZUM GRÜNDER

107 DER STIFTUNG. ZUM ANDEREN WAR DIE ERÖFFNUNG DES PROJEKTS URSPRÜNGLICH FÜR DEN SOMMER 2020 GEPLANT. DANN WURDE SIE AUFGRUND DER PANDEMIE UM EIN JAHR VERSCHOBEN. UND DANN NOCH EINES. BIS INS JAHR 2022. BEKANNTE NAMEN HABEN IHRE WERKE BEREITS IN DEM EHEMALIGEN SCHLACHTHOF AUSGESTELLT: KIKI SMITH ( MEMORY , 2019), DAVID SHRIGLEY ( LAUGHTERHOUSE , 2018), ROBERTO CUOGHI ( PUTIFERIO , 2016), URS FISCHER ( YES , 2013), MAURIZIO CATTELAN ( WE , 2010) SOWIE MATTHEW BARNEY UND ELIZABETH PEYTON ( BLOOD OF TWO , 2009). VOM AUSSTELLUNGSRAUM AUS BLICKT MAN DIREKT AUF DAS MEER. IN DEN VERGANGENEN 40 JAHREN HAT DIE DESTE FOUNDATION DIE WELT DER ZEITGENÖSSISCHEN KUNST STARK BEEINFLUSST. DAKIS JOANNOU GING DIESES ABENTEUER DES SAMMLERDASEINS IN DEN 80ERN MIT GEMISCHTEN GEFÜHLEN AN. UND SO ENTSTAND DIE IDEE, EINE STIFTUNG ZU GRÜNDEN. IN EINEM GESPRÄCH MIT DER ZEITSCHRIFT INTERVIEW IM JAHR 2016 ERKLÄRTE ER: “ DAMALS WUSSTE ICH NICHTS ÜBER DAS SAMMELN. ICH DACHTE, ES GINGE UM DAS SAMMELN VON TROPHÄEN, UND DAS WAR SO GAR NICHT MEINS. DOCH ICH WOLLTE MEIN LEBEN DENNOCH MIT KUNST FÜLLEN.“ EINES TAGES SPRACH ER AM STRAND IN GRIECHENLAND MIT KUNSTKRITIKER PIERRE RESTANY DARÜBER UND DIESER WAR SICH SICHER: “ EINE STIFTUNG IST DER EINZIG RICHTIGE WEG.“

108 MATTHEW BARNEY AND PEYTON (BLOOD OF TWO CATTELAN (WE , 2010), MIRROR , 2011), ANIMAL FISCHER (YES , 2013), PAWEL (THE SECRET OF THE PHAISTOS 2014), PAUL CHAN (HIPPIAS ROBERTO CUOGHI (PUTIFERIO WALKER (FIGA , 2017), DAVID (LAUGHTERHOUSE , 2018), (MEMORY, 2019), 199 , 2020, 2021, JEFF KOONS (APOLLO

109 AND ELIZABETH TWO , 2009), MAURIZIO DOUG AITKEN (BLACK ANIMAL SPIRITS , 2012, URS PAWEL ALTHAMER PHAISTOS DISC , HIPPIAS MINOR , 2015), PUTIFERIO , 2016), KARA DAVID SHRIGLEY 2018), KIKI SMITH 2020, THE GREEK GIFT, APOLLO , 2022).

110 YDRA BLICKT AUF EINE LANGE BEZIEHUNG MIT DER KUNST ZURÜCK. IM 20. JAHRHUNDERT WAR SIE ZIEL ZAHLREICHER KUNSTSCHAFFENDER, ANFANGS VOR ALLEM AUS GRIECHENLAND. ANGEFANGEN MIT NIKOS HADJIKYRIAKOS-GHIKAS, DER SEINE FREUNDE PATRICK LEIGH FERMOR UND JOHN CRAXTON IN SEIN HAUS AUF DER INSEL EINLUD, BIS HIN ZU PANAGIOTIS TETSIS, DESSEN ZUHAUSE HEUTE EIN DER ÖFFENTLICHKEIT ZUGÄNGLICHES MUSEUM IST. EINER DER WICHTIGSTEN MALER*INNEN YDRAS, PAVLOS PANTELAKIS, LEITETE 17 JAHRE LANG DIE ANSÄSSIGE HOCHSCHULE FÜR BILDENDE KUNST UND TRUG ENTSCHEIDEND ZUR ARCHITEKTONISCHEN UND STÄDTEBAULICHEN ERHALTUNG DER INSEL BEI. MARCELLA MALTAIS VERLIESS KANADA IN RICHTUNG EUROPA, LIESS SICH IN DEN 60ERN AUF DER INSEL NIEDER UND SCHLOSS MIT LEONARD COHEN EINE FREUNDSCHAFT FÜRS LEBEN. DIESE IM FRÜHEN 20. JAHRHUNDERT GEBORENEN KÜNSTLER*INNEN ERLEBTEN MIT, WIE SICH YDRA VON EINEM FISCHERDORF ZU EINEM ZUNEHMEND KOSMOPOLITISCHEN ZENTRUM ENTWICKELTE. DER HAUPTSITZ DER DESTE FOUNDATION IN ATHEN HATTE BIS 1997 KEIN FESTES ZUHAUSE. ERST 1998 WURDE SIE IN EINER EHEMALIGEN PAPIERFABRIK IM VORORT NEO PSYCHIKO UNTERGEBRACHT UND DER AMERIKANISCHE ARCHITEKT CHRISTIAN HUBERT MIT DER UMGESTALTUNG BEAUFTRAGT. DAKIS JOANNOU HATTE ZU DIESEM ZEITPUNKT EINE BEEINDRUCKENDE PRIVATE SAMMLUNG ZUSAMMENGESTELLT, DIE ZU EINER DER ERSTEN AUSSTELLUNGEN IN DEN NEUEN RÄUMLICHKEITEN WURDE. JEFF KOONS, DER AUS DER GESCHICHTE DER STIFTUNG NICHT WEGZUDENKEN IST,

111 PRÄSENTIERTE DORT ZUR JAHRTAUSENDWENDE SEINE SHOW MILLENNIUM CELEBRATION . ZUR FEIER DER OLYMPISCHEN SPIELE IN ATHEN ORGANISIERTE DIE DESTE FOUNDATION IHRE BIS HEUTE UMFANGREICHSTE AUSSTELLUNG. MONUMENTS TO NOW ZEIGTE NICHT NUR WERKE AUS DER DAKIS JOANNOU SAMMLUNG. INSGESAMT ARBEITETEN SECHZIG KÜNSTLER*INNEN UND FÜNF KURATOR*INNEN AN DER AUSSTELLUNG, NAMENTLICH DAN CAMERON, MASSIMILIANO GIONI, NANCY SPECTOR, JEFFREY DEITCH UND ALISON HEUTZUTAGEGINGERAS.ISTDIEDESTE FOUNDATION EINE TRAGENDE SÄULE DER MEDITERRANEN KUNSTWELT. SIE FÖRDERT REGIONALE TALENTE MIT DER VERGABE DES DESTE-PREISES AN GRIECHISCHE NACHWUCHSKÜNSTLER*INNEN. ES BESTEHEN KOOPERATIONEN MIT DEM MUSEUM OF CYCLADIC ART UND DEM BENAKI MUSEUM IN ATHEN. UND ERST KÜRZLICH ARBEITETE DER URSPRÜNGLICH AUS ZYPERN STAMMENDE DAKIS JOANNOU, DER DIE INSEL NACH DER TÜRKISCHEN INVASION VERLIESS, MIT DER A.G. LEVENTIS GALLERY AUF ZYPERN ZUSAMMEN.

112 YDRAS KINDER Europa wird immer älter. Das trifft vor allem auf die Mittelmeerländer zu. Italien führt diese Statistik an und Griechenland ist der Republik dicht auf den Fersen. Doch das Durchschnittsalter auf Ydra liegt unter dem des restlichen Landes. Das verspricht Gutes für die Zukunft. Es gibt zwei Grundschulen und eine weiterführende Schule auf Ydra. Schulabgänger*innen bleibt danach auf der Insel nur die Marineakademie, für alle anderen Universitäten müssen sie das Festland aufsuchen. Kalliopi, Ioana, Gregori, Ilias und ihre Freund*innen gehören zu den etwa 200 Kindern, die hier zur Schule gehen. Ein Vater, der sich auf der Insel als Trekkingführer niedergelassen hat, erklärt uns, dass sich heutzutage viele Kinder entscheiden, Ydra nie zu verlassen. Mit einer ausladenden Armbewegung zeigt er auf das Panorama, als würde er sagen wollen: Hier hat man alles, was man braucht.

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Wenn man aus einem der in den Hügeln gelegenen Häuser oder mit einer Drone auf Ydra blickt, wirkt das große grüne Rechteck zwischen all den Terrakottadächern fast wie ein See. Doch es ist der inseleigene Fußballplatz, samt Kunstrasen, Zuschauerrängen und Umkleidekabinen. Im Hintergrund prangen die Berge, im Vordergrund glitzert das Meer. Die Trikots des Athletikòs Omilos Ydras (z. Dt. Sportverein Hydra) tragen die Farben der jahrhundertealten offiziellen Inselflagge. Das Team ist klein, es spielen Kinder und Erwachsene zusammen. Der Hauptsponsor ist passenderweise eine Mineralwassermarke: Ydra bedeutet auf Griechisch “Wasser“. Es ist nicht ungewöhnlich, dass das Athlitikòs-Team den Platz während des Trainings mit anderen Inselbewohner*innen teilen muss: Kinder, die mit ihren Freund*innen kicken, Sportbegeisterte, die um das Feld joggen, und andere, die sich einfach nur nach Schatten und etwas kühleren Temperaturen sehnen.

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130 Fußball ist der beliebteste Sport in Griechenland, dessen Nationalmannschaft 2004 die Europameisterschaft gewann.

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133 Eine Unterhaltung mit MARDENFAMILIE

Eine Insel und eine Familie, die gefühlt schon immer zusammengehören: Die Mardens leben seit den 1970ern auf der Insel. Ihre Liebe für diesen Ort, den sie wie so viele andere durch Zufall entdeckten, ist seit 50 Jahren unverändert. Brice Marden ist einer der bekanntesten zeitgenössischen Maler Amerikas. Seine Frau Helen Malerin und bildende Künstlerin, ihre Tochter Mirabelle Kuratorin. Sie sind kürzlich aus Athen zurückgekehrt, wo Brice die Ausstellung “Divine Dialogues“ im Museum of Cycladic Art eröffnet hat. Sie stellt einen Austausch zwischen den Werken des Künstlers und ausgewählten Antiquitäten aus der Dauerausstellung des Museums dar.

Zur heißesten Zeit des Jahres lebt die Familie in diesem alten Haus mit dem großen Atelier und dem schattigen Innenhof, der zu entspannten Nachmittagen einlädt. Mirabelle hat vor kurzem Cole Mohr geheiratet, der in den 2000ern als internationales Model bekannt war. Er trinkt mit Zitronen aus eigenem Anbau aromatisiertes Wasser und erinnert sich an seinen ersten Besuch der Insel während ihrer Hochzeitsreise. Er beschreibt die Insel als einen “Traum“. Einen Traum, der von Generation zu Generation weitergegeben wird.

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Helens Ehemann und Mirabelles Vater, Brice Marden, ist einer der einflussreichsten zeitgenössischen Künstler unserer Zeit. Er wird seit 2017 von der Gagosian Gallery vertreten und hat seine Werke in einigen der angesehensten Museen der Welt ausgestellt.

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136 Helen Mardens Bitter Light a Year wurde 2021 in der Gagosian Gallery in New York ausgestellt. Man kann ihre Werke außerdem im Whitney Museum und im Princeton University Art Museum bewundern.

Warum zieht zog es so viele Künstler*innen und Musiker*innen nach Ydra?

H: Wie ich eben gesagt habe: Die Insel ist schön und günstig. Es gab auch griechische Künstler*innen hier, wie etwa Niko Ghika. Hat Ydra deine Werke beeinflusst?

Du bist in New York geboren und aufgewachsen, Mirabelle, doch Ydra ist seit deiner Kindheit ein Teil von dir. Mirabelle Marden: Meine Mutter war auf Ydra als sie schwanger mit mir war. In gewisser Weise bin ich schon immer hier gewesen. Juli und August hier. Jedes Jahr zwei Monate. Mit den Augen eines Kindes betrachtet, wie würdest du die Insel von damals beschreiben?

Es ist Teil meiner DNA. Siehst du dich selbst als Künstlerin?

M: Naja, ich habe Fotografie und Tanz studiert, habe dann aber sieben Jahre lang eine Galerie geleitet. Ich arbeite viel mit Künstler*innen und Kunst. Ich habe beispielsweise meinen Vater bei der Veröffentlichung seines Buches und bei seinen Ausstellungen unterstützt. Während der Pandemie habe ich den Schaffensprozess meiner Eltern dokumentiert. Das war schön, wir haben zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder zusammen in New York gelebt. Erzähl uns von deiner Galerie.

C: Ja, und das spürt man. Als stünde hier die Zeit still, doch nichts wirkt veraltet oder überholt.

Mir gefiel die Insel sofort: Alles war toll und sehr günstig. Ich hatte nicht viel Geld, doch es reichte für die sechs Wochen. Für meine Unterkunft zahlte ich einen Dollar pro Nacht, damals zahlte man noch in Drachmen. Brice kam im darauffolgenden Jahr und wir mieteten uns für den ganzen August ein Haus für 200 Dollar. Zwei Jahrzehnte lang kam niemand nach Ydra. Andere sahen die Insel als wenig einladenden Felsen ohne Strände an... Doch in Wahrheit lebten hier die tollsten und interessantesten Menschen.

Cole, du warst eines der bekanntesten Models der Nullerjahre und jetzt malst du? Cole Mohr: Ja, ich hatte nie einen ausreichend großen Raum für meine Arbeit. Es gab zwei fantastische Ateliers, doch auch die waren zu klein und ich bin zu oft umgezogen. Das waren vorübergehende Räumlichkeiten und ich konnte mich nicht auf das konzentrieren, was ich erschaffen wollte. Wenn ich nicht absolut alles geben kann, fällt es mir schwer, irgendwas auf die Leinwand zu bringen.

M: Viele Menschen haben zwei Mal über Dinge nachgedacht, die sie zuvor als selbstverständlich angesehen haben, und setzen jetzt neue Prioritäten in Sachen Liebe, Arbeit, Scheidung, Ehe...

C: Es ist ein Paradies. Wirklich unglaublich. Es fühlt sich an wie ein Traum, als wäre es ein Ort, der nur für mich geschaffen wurde. Ich weiß, dass es vielen so geht. Es geht nicht nur darum, was man sieht. Die Insel verströmt etwas, wie ein Parfüm. Es ist beeindruckend, wie es Ydra geschafft hat, ursprünglich zu bleiben.

M: Es ist nicht ganz einfach zu erklären, aber wir sind beide lange

M: Es liegt sicher an den fehlenden Autos und den strengen Vorschriften für Renovierungen. Und wie gesagt, das ist toll für Kinder. Man kann sich einfach nicht verlaufen. Ich habe das als Kind probiert, aber egal, welcher Straße man folgt, man kommt immer wieder am Hafen an. Wo fühlst du dich am meisten zu Hause, Mirabelle?

M: Erst letztens saß ich in einem Café am Hafen und beobachtete all die Kinder, wie sie herumrannten und sich ihres Lebens freuten. Man kann hier machen, was man möchte. Hier fühlt man sich komplett frei. Das habe ich in New York noch nie verspürt.

Helen Marden: Eine Freundin von mir, sie war Model, lebte zu der Zeit auf Spetses. Ich besuchte sie und wir beschlossen, nach Ydra überzusetzen, und dann blieben wir für sechs Wochen.

Wie würdest du deine erste Zeit auf Ydra beschreiben, Cole?

Zeit viel herumgezogen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt zum Anhalten. Jetzt haben wir ein gemeinsames Zuhause und das ist wirklich aufregend. Statt in das Leben vor der Pandemie zurückzukehren, schlagt ihr ein neues Kapitel auf. C: Ich finde, dass wir uns immer an alles so anpassen, wie es passiert. Ich glaube nicht, dass es wirklich ein davor, dazwischen und danach gibt.

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M: New York und Ydra. Auf unterschiedliche Art. Alle meine engsten Freund*innen waren schon hier. Eine Freundin hat einmal gesagt, dass ich auf Ydra ganz ich selbst sein kannbin. Das ist eines der besten Komplimente, das man mir machen kann.

M: Ich war hier schon immer am glücklichsten. Meine Eltern arbeiten hier, sie malen den ganzen Sommer über. Vor zwei Jahren gestaltete ich eine Videoinstallation, die ich in Berlin präsentierte, deshalb begann ich auch, hier zu fotografieren und zu arbeiten.

Du kannst alleine losrennen und die Insel entdecken, und keiner muss sich Sorgen um dich machen. Du kannst einfach spielen. Und es gibt keine Autos. Spielt dieser Ort auch in deinem Erwachsenenleben eine wichtige Rolle?

M: Ich besaß sie von meinem 23. bis 30. Lebensjahr. Sie ist seit 13 Jahren geschlossen. Das war eine tolle Zeit. Ich bin noch mit vielen der Künstler*innen befreundet, mit denen ich damals zusammengearbeitet habe.

Wann hast du mit dem Malen angefangen? C: Da war ich etwa 20 Jahre alt. Jetzt bin ich 36. Ich habe eigentlich Fotografie studiert, aber mit 25 habe ich begonnen, die Malerei ernst zu nehmen. Es gab Hochs und Tiefs, doch ich bin glücklich über diese neue Lebensphase. Jetzt habe ich einen festen Ort dafür und muss beispielsweise meine Gemälde nicht mehr bewegen, wenn sie noch nicht ganz trocken sind.

Helen, wie bist du in den 70ern auf Ydra gelandet und wie war die Insel damals?

H: Wohl eher Brices Arbeit als meine. Er liebt die Olivenbäume, die

Heute haben Frauen mehr Wirkmacht. Die Presse kann nicht mehr so schreiben, wie sie es früher getan hat. Doch vor allem traue ich mir selbst mehr zu. Ich habe wieder angefangen zu malen und zu arbeiten. Ich liebe es immer noch. Viele Jahre lang habe ich niemandem irgendetwas gezeigt.

Was hältst du heute von den Kritiker*innen?

Dein Instagram-Profil ist wunderbar. Authentisch, nichts wirkt gestellt ... wie ein Tagebuch deines Lebens mit Brice.

H: Oh, vielen Dank! Ich möchte einfach zeigen, was ich mache. Auch Brices Krankheit. Warum auch nicht? Ich glaube, es hilft einigen Menschen. Ich möchte mich zeigen, wie ich bin. Die meisten Menschen machen in den sozialen Medien genau das Gegenteil.

H: Dazu kann ich nichts sagen, denn ich folge nicht vielen. Ich folge nur Profilen mit Tieren, die gerettet werden müssen: Esel, Fledermäuse, und die “Heldenratten“, die Minen aufspüren...

H: Meine Kinder sind jetzt erwachsen und ich fühle mich selbst sicherer. Früher war meine Ehe Futter für Vorurteile. Es wurde gesagt: „Sie ist nicht Brice Marden.“ Ich habe viel Kritik erfahren.

“Letztens saß ich in einem Café am Hafen und beobachtete all die Kinder, wie sie herumrannten und sich ihres Lebens freuten. Man kann hier machen, was man möchte. Hier fühlt man sich komplett frei. Das habe ich in New York noch nie verspürt. Du kannst alleine losrennen und die Insel entdecken, und keiner muss sich Sorgen um dich machen. Du kannst einfach spielen. Und es gibt keine Autos.”

H: Oh ja, das stimmt! Sagen wir mal so, ich war nicht besonders taktvoll. Ich wurde sehr schnell wütend, heute dauert das viel länger. Ich habe das Gefühl, ich bin der Welt gegenüber großzügiger geworden.

Mirabelle Marden

H: Nein, wir sind in den 90ern in dieses Haus gezogen. Heutzu tage ist es unmöglich, auf Ydra ein Haus zu kaufen,. abgesehen. Abgesehen von ein paar sehr großen Anwesen. Was vermisst du an dem Ydra von damals? H: Hauptsächlich das Sozialleben. Es war zurückhaltender, ruhiger... Das ist heute anders. Im Frühjahr 2021 wurde deine Arbeit zum ersten Mal seit langem in der Gagosian Gallery in New York ausgestellt. Was hat dich wieder zum Malen bewogen und warum die lange Auszeit?

H: Sie sind mir egal. Ich arbeite und das war‘s. Ich glaube, meine Gemälde gefallen heutzutage vor allem jungen Frauen. Ich weiß nicht genau warum, aber ich finde das toll. In einem Gespräch mit der Zeitschrift Vulture hast du vor eini gen Monaten gesagt, dass du netter geworden bist. War das früher nicht der Fall?

Farben138 der Blätter, das Licht. Ich arbeite mit Aquarellfarben und die Insel beeinflusst mich eher indirekt. Aber Brice ... Eine seiner Ausstellungen ist momentan im Cycladic Museum zu sehen und ein Objekt ist ein einfaches Olivenblatt. Für Brice war es Liebe auf den ersten Blick. In unserem ersten Haus hat er immer auf der riesigen Terrasse gearbeitet ... Ist das hier euer erstes Haus?

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Redaktion148 und Erstellung Alla Carta Studio Brand Creative Director Achilles Ion Gabriel Brand Director Gloria MitHotelHerstellungRezaIllustrationenElisaStylingDavideTexteSophieFotografieRodríguezGreenCoppoVotoHasniProductionbesonderem Dank an Alex KelseyBrackEdwards @Hydradirect Charlotte Hartley Asja ArtesDruckereiEvelinaLaurentiuPiombinoSarjanStoltidouGráficasPalermo, Madrid ISSN: Pflichthinterlegung:2660-8758 PM 0911-2021 Hergestellt in Spanien Alcudia Design S.L.U. ©Camper.comMallorcaCamper2022

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