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MOBILE WELTEN I 7

FREITAG, 25. APRIL 2014 I VERLAGSBEILAGE

mer noch gut ein Liter weniger als der Segmentdurchschnitt. Zügig und nahezu ruckfrei schaltet die Steuerelektronik durch die Zahnradkaskaden. Lediglich nach dem Anfahren oder Ausrollen muss der Motor zum erneuten Drehzahlaufbau Luft holen, ehe die Kraft erneut zur Entfaltung kommt. Der recht geradlinige Geschwindigkeitsaufbau ohne spürbare Zugkraftunterbrechungen ist ein besonderer Fahrspaß, der dem Grundsatz Sparen ohne Reue huldigt. Den vorhandenen Spritspareffekt muss man aber ins Verhältnis zu den höheren Anschaffungskosten für ein Doppelkupplungsgetriebe stellen. Im Falle des Skoda Octavia betragen diese 1 800 Euro. Fahrzeuge mit acht Gängen sind mehr oder weniger Exoten und wenn schon dann meist in der Oberklasse anzutreffen. Audi setzt eine Acht-Gang-Automatik bereits in Verbindung mit einem 309 kW/430 PS starken 2.0 TFSI Hybrid im A6 ein. Bei BMW gibt es so eine Kombination gar im Dreier 330 D in Verbindung mit einem 190 kW/258 PS starken Selbstzünder. Bei Jaguar könnte man die Acht-Gang-Automatik sogar als besonderes Markenzeichen ansehen. Der Hersteller bestückt fast ausnahmslos seine Angebotspalette ob im XF, im XJ oder im F-Type in Kombination mit sechs oder acht Zylindermotoren, ob Benziner oder Diesel entsprechend. Was die Vermutung nahe legt, dass der Spritspareffekt längst nicht der einzige Einsatzgrund ist, sondern auch Komfortoder Statusfragen eine Rolle spielen. Einerseits drückt der XF 2.2 Sportbrake Diesel durch eine lange Übersetzung der oberen Gänge die Verbrauchswerte auf achtbare fünf bis sechs Liter. Andererseits bedienen sich die Benziner der XF Limousine – alle mit Acht-Gang-Automatik – mit kaum weniger als zehn Liter im Tank. Ein auffälliger Widerspruch, der auf den Einfluss der Hersteller auf den Verbrauch oder andere Eigenschaften hinweist. Jaguars Benziner schalten eher nervös und extrem sportlich. Die Mercedes-E-Klasse und der Range Rover Evoque gehören zu den ersten SerienPkw der Welt, die mit einem Automatikgetriebe, das neun Schaltstufen besitzt, unterwegs sind. Der Einsatz von immer mehr Gängen scheint sich zu einem nach oben offenen Wettbewerb unter den Autobauern zu entwickeln. Getriebehersteller ZF, der den Range

Rover ausstattet, ermittelte für seine 9Gang-Automatik eine Kraftstoffersparnis von etwa 16 Prozent gegenüber einer 6-Gang-Automatik. Mercedes spricht im Vergleich mit der 7-Gang-Automatik im Vorgänger von 0,3 Liter weniger auf 100 Kilometern im aktuellen E350 BlueTec. Gleichzeitig würden sich die Drehzahl- und Geräuschniveaus deutlich senken. Die Reaktionszeiten zwischen den Schaltstufen seien spürbar kürzer. Von gar 45 Prozent weniger Verbrauch in Kombination mit einem Vier- statt eines Sechszylinders spricht man bei Jeep, wenn es um den neuen Cherokee geht. Auch bei ihm sollen es unter anderem neun Gänge schaffen, das Tor zu einem anderen Verbrauchsniveau aufzustoßen. Alles Argumente für immer noch einen Gang mehr? Skeptischer klingt da Peter Tenberge, Professor für Antriebstechnik von der Uni Bochum. Er sagt: „Je mehr Gänge ein Getriebe hat, desto häufiger schaltet es auch. Und jede Schaltung kostet Energie.“ Dass die Zahl der Schaltstufen weiter wie zuletzt wachsen sollte, halten er und andere deshalb nicht unbedingt für zwingend. Seine Untersuchung eines Sechs-, eines Acht- und eines Zehnganggetriebes mit gleicher Endübersetzung erbrachte nur minimal unterschiedliche Verbrauchsergebnisse. Mehr Gänge sollten die Entwickler daher erst in Betracht ziehen, wenn alle anderen Mittel zur Kraftstoffersparnis ausgeschöpft wären. Diese könnten in einer weiteren Spreizung der Schaltstufen oder in einer weiteren Verringerung der Reibung im Getriebe liegen. Überdies ist auch die Entwicklung aufwendig. Um die 9G-Tronic genannte Automatik von Daimler Realität werden zu lassen, mussten, wie die Entwickler berichten, 85 Milliarden Kombinationsmöglichkeiten untersucht werden. Auch bei Gewicht und Baugröße darf durch mehr Schaltaufwand kein Zuwachs entstehen. Aber das scheint lösbar. Die ersten Hersteller wagen sich inzwischen aus der Deckung. So haben Volkswagen und Hyundai bereits angekündigt, in naher Zukunft in einigen Modellen zehn Schaltstufen in einem Doppelkupplungsgetriebe verbauen zu wollen. Und auch bei GM und Ford steht angeblich die zehnte Schaltstufe längst auf der Agenda. Wie die Fachpresse vorhersagt, könnte es 2016 in Oberklassemodellen und SUVs soweit sein. (mwo.)


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