Natur+Umwelt 4-2013

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Natur+Umwelt BUNDmagazin in Bayern www.bund-naturschutz.de

Heft 4-2013 95. Jahrgang 4. Quartal

Postfossile Zukunft Lebensqualit채t Teilen statt Besitzen Energiesparen Erneuerbare Energien N채he statt Ferne Regional & Saisonal Kreislaufwirtschaft


WIR SAGE N DAN KE

Die Jubiläumsmitglieder: Familie Floder

JANDA+ROSCHER, Die WerbeBotschafter

Fotos: BN-Archiv

Vielen herzlichen Dank! Sie erinnern sich? Im letzten Heft haben wir das 200 000ste Mitglied gesucht. Schon kurz nach Erscheinen der N+U konnten wir dann Familie Floder als Jubiläumsmitglieder begrüßen. (siehe Beitrag auf Seite 28/29).

Menschen wie Sie machen den BN zu dem, was er ist. Jeder Beitrag ist wertvoll. Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung!

Nur weil so viele Menschen den BUND Naturschutz bei seiner Arbeit für ein lebens- und liebenswertes Bayern unterstützen, können wir uns gemeinsam jeden Tag mit aller Kraft, Überzeugung und Herzblut für die gute Sache einsetzen.

Im Heft finden Sie neben der Beitrittskarte für Interessierte auch vier weihnachtliche Geschenkanhänger mit Tiermotiven.

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Natur + Umwelt 4-2013

Inhalt BUND Naturschutz Bayern 4/5 Intern  Zahlungsverkehr wird auf SEPA umgestellt, neue Publikation beleuchtet BNGeschichte

6 Die besten Sammler der Haus- und Straßensammlung

7 Porträt  Renate KirchhofStahlmann und Volker Stahlmann

8 Ratgeber  Kinder vor elektromagnetischer Strahlung schützen

9 Wintertraum Schneeschuhwandern in den Allgäuer Alpen

10 Titelthema

23 Aktuell Freihandelsabkommen EU/USA

24 Vielseitig verwendbar Die Hundsrose im Pflanzen­ porträt

25 Fotoseite

26/27 Natur schützen 28/29 Aktuelle Kurzmeldungen 30/31 JBN-Seite

Inhalt BUND

B1 Editorial und Inhalt

B2 Magazin Kurznachrichten

B4 Kommentar

B6 Titelthema  Weniger ist mehr: der Weg zu einem nachhaltigeren Lebensstil

32/33 Neue Bücher

34 Bekommt die Natur Ihr Recht?  Aktueller Stand der Klage gegen die dritte Startbahn und mehr Regionales

Die Erde erwärmt sich, unsere Ressourcen gehen zur Neige. Wir zeigen Wege zur großen Transformation auf. Ab Seite 10

B18 Aktion

B20/21 Biosphärenreservat ­Spreewald

42 Bildung

B22/23 Aktiv  Wohin mit unserem Atommüll?

43 Termine

B28/29 Internationales

Liebe Leser

Postfossile Zukunft

B30 Persönlich  Stefan Menzel im Porträt

Ein besonderes Jahr neigt sich dem Ende entgegen. Der BN hat sein 100-jähriges Bestehen gefeiert. Für manchen mag es eine ungewohnte Erfahrung gewesen sein, wie dem Verband lobend auf die Schulter geklopft wurde. Einen »Glücksfall für Bayern« nannte gar Ministerpräsident Horst Seehofer den BN. Wie Recht er damit hat, zeigen die zum Jubiläumsjahr vom Ehepaar Berner dokumentierten »Geretteten Landschaften«. Es gibt mehr davon, als man meint, auch wahre Juwelen an Naturschönheit wie der Donaudurchbruch bei Weltenburg. Aber: Viele dieser Erfolge sind vor Ort fast schon wieder in Vergessenheit ­geraten. Das wäre doch ein guter Vorsatz für die nächsten 100 Jahre. Nicht nur unsere Arbeit, sondern auch die ­Erfolge dieser Arbeit besser zu dokumentieren, damit wir nachfolgenden Generationen zeigen können: Engagement für den Natur- und Umweltschutz lohnt sich. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen ein schönes und erfolgreiches neues Jahr 2014! Ihre Luise Frank, Redakteurin Natur+Umwelt

Aktive Bamberger

Ein schönes Beispiel dafür, wie kreativ sich die JBN auf lokaler Ebene engagiert, ist in Oberfranken zu finden. Seite 30/31

Das große Jubiläumsbuch

Das perfekte Weihnachtsgeschenk: der wunderschöne Bildband ­»Achtung Heimat« zum 100-jährigen Bestehen des BUND Naturschutz. Seite 33

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Foto: Fotolia/Photo-K

Änderungen im Zahlungsverkehr

SEPA hält auch beim BN Einzug Der Europäische Zahlungsverkehr hält auch beim BUND Naturschutz in Bayern e. V. Einzug. Der Verband zieht die Mitgliedsbeiträge ab dem 15. Januar 2014 im SEPA-Verfahren ein.

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ie brauchen sich um nichts zu kümmern – der BN erledigt alles für Sie! Ihre Einzugsermächtigung wird als SEPA-Lastschriftmandat weiter genutzt. Alle bestehenden Vereinbarungen zur Höhe und zur Zahlungsweise Ihrer Beiträge ­bleiben unverändert. Sie erkennen unsere Lastschrift an unserer ­Gläubiger-Identifikationsnummer

Bitte ausfüllen und per Post oder per Fax senden an: BUND Naturschutz in Bayern e.V. Dr.-Johann-Maier-Str. 4 93049 Regensburg Fax 09 41-2 97 20-31

DE52 0010 0000 2840 19. Als Mandatsreferenz verwenden wir Ihre Mitgliedsnummer. Sie finden diese Nummer auch auf Ihrem Adress­ aufkleber dieser Mitgliederzeitung direkt über Ihrer Anschrift. Auch die Fälligkeit ändert sich nicht: Der Fälligkeitstag für jährliche Beiträge ist der 10. Januar oder der 10. Juli. Der Fälligkeitstag bei

allen anderen Zahlern ist der vorletzte Arbeitstag des Ihnen bekannten Monats. Fällt der Fälligkeitstag auf einen Feiertag, Samstag oder Sonntag, wird am darauf folgenden Bank-Arbeitstag eingezogen. Hat sich Ihr Konto geändert? Bitte informieren Sie uns umgehend, um dem Verein unnötige und teure Rücklastschriften zu ersparen. Bitte füllen Sie dazu bitte den unteren Anhang aus und senden ihn uns zu. Sie nehmen noch nicht am Lastschriftverfahren teil? Das ist schade. Denn eine Rechnungsstellung macht mehr Arbeit, belastet die Umwelt und kostet jedes Mal 1,36 Euro. Dieses Geld fehlt dann für die Naturschutzarbeit. Das neue SEPA-Verfahren gilt als europaweit noch sicherer. Wenn Sie gerne ­teilnehmen möchten, füllen Sie ­unteren Anhang aus uns senden ihn uns zu – per Post oder per Fax: 09 41-2 97 20-31. Mit etwas Glück gewinnen Sie dabei auch noch einen tollen Preis: Unter allen ­Einsendern verlosen wir fünf Exemplare des neuen BN-Bildbandes »Achtung Heimat« (siehe Seite 33). Herzlichen Dank für Ihren Beitrag für den Natur- und Umweltschutz!

SEPA-Lastschriftmandat Hiermit ermächtige ich den BUND Naturschutz Bayern e. V., widerruflich Zahlungen von meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein Kreditinstitut an, die vom BUND Naturschutz e. V. auf mein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Hinweis: Ich kann innerhalb von 8 Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit meinem ­Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen.

Gläubiger-Identifikationsnummer DE52 0010 0000 2840 19 Mandatsreferenz = Mitgliedsnummer (bitte vom Adressaufkleber der Zeitschrift übernehmen)

Vorname | Name (Kontoinhaber)

Straße | Hausnummer

Postleitzahl | Ort

IBAN: DE _ _ | _ _ _ _ | _ _ _ _ | _ _ _ _ | _ _ _ _ | _ _

(Ihre IBAN finden Sie auf Ihrem Kontoauszug)

Datum | Unterschrift (Kontoinhaber)

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100 Jahre BUND Naturschutz Natur + Umwelt [4-13]


nlässlich seines 100-jährigen Bestehens hat der BUND Naturschutz erstmals eine unabhängige wissenschaftliche Aufarbeitung der Verbandsgeschichte in Auftrag gegeben. Drei renommierte Umwelthistoriker haben ein Jahrhundert bewegter Geschichte unter die Bund naturschutz Forschung Nummer 11 • September 2013

Bund naturschutz Forschung • Nr. 11

100 Jahre Bund naturschutz in Bayern

100 Jahre Bund naturschutz in Bayern

• Fragen an eine bewegte Geschichte • Naturschutz in Bayern zwischen Staat und Zivilgesellschaft • Zwischen Honoratiorenverein und moderner Umweltlobby • Materialien zur Verbandsgeschichte

Lupe genommen. Die Ergebnisse dieser Arbeit liegen jetzt in der neuen Ausgabe der Reihe »BUND Naturschutz Forschung« vor. Im September wurden sie auch im R­ahmen einer verbandsinternen ­Tagung vorgestellt. Die Publikation beleuchtet Lichtund Schattenseiten der Verbandsentwicklung, von der Gründung unter der Schirmherrschaft des Kronprinzen Rupprecht von Bayern über die Zeit des Nationalsozialismus bis hin zum Bürger­ widerstand gegen Atomkraft und grüne Gentechnik. Den Wandel von einem staatsnahen Honoratiorenverein zu Bayerns größtem Naturund Umweltschutzverband ana­ lysierten Dr. Ute Hasenöhrl und Dr. Richard Hölzl unter der Leitung von Dr. Frank Uekötter. Der BN-Vorstand lädt zu einem breiten Diskussionsprozess ein und freut sich, wenn die spannende Geschichte auch vor Ort in den Kreisund Ortsgruppen mit all ihren engagierten Persönlichkeiten erforscht und dokumentiert wird. (lf) Der Band »100 Jahre BUND Naturschutz« aus der Reihe »BUND Naturschutz Forschung« ist zum Preis von 15 Euro über die BN-Service GmbH erhältlich.

Zeit für Kurskorrekturen

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ine ökologisch-soziale Energiewende, sofortiger Atomausstieg, engagierter Klimaschutz, eine bäuerlich-gentechnikfreie Landwirtschaft und ein Stopp für den Flächenfraß – das sind die Kernforderungen an die bayerische Politik, die der BUND Naturschutz nach der Landtagswahl im September an die neue bayerische Regierung gerichtet hat. Mit absoluten Mehrheiten im Maximilia­ neum hatte der BN schon oft genug zu tun. Das hat weder unser Engagement gebremst noch Erfolge verhindert. Auch gegenüber der neuen ­Regierung unter Ministerpräsident Horst Seehofer wird der BN sich ebenso gesprächsbereit wie kämpferisch für den Schutz der bayerischen Natur einsetzen. Er wird eine kompetente, aber weiterhin auch unbequeme Stimme für den Umweltschutz sein. Gerne erinnern wir den wiedergewählten Ministerpräsidenten an seine Aussage, dass es keinen weiteren Staustufenausbau der Donau geben wird und er sich auch in Berlin dafür einsetzen wird. Dennoch: Es wird höchste Zeit für grundlegende Kurskorrekturen! Es wird höchste Zeit, dass die bayerische Regierung die Energiewende ernsthaft anpackt – mit der Abschaltung der drei verbliebenen Atomkraftwerke, mit einem engagierten bayerischen Klimaschutzgesetz und der Förderung von Energieeffizienz wie der Kraft-Wärme-Kopplung. In der Verkehrspolitik müssen Straßenaus- und -neubauten endlich zugunsten der Sanierung und des Substanzerhaltes des bestehenden Straßennetzes von der Prioritätenliste gestrichen werden. Wir brauchen weder Ausbau noch Neubau von Flughäfen in Bayern, statt dessen einen flächendeckenden Ausbau der Schiene. Ganz weit oben auf die Agenda des neuen bayerischen Kabinetts gehören auch die Förderung einer bäuerlichen, ökologischen und gentechnikfreien Landwirtschaft sowie Verbraucherschutz und Tierschutz. Auch im Bereich des Naturschutzes gibt es offene »Baustellen«, die die neue Regierung anpacken muss, vom Schutz der Moore, der Alpen und alter Wälder über die Re-

naturierung von Auen bis hin zum Schutz der Biodiversität. Die politischen Rahmenbedingungen müssen so geändert werden, dass ein naturverträgliches Leben und Wirtschaften anerkannt und belohnt wird. Schließlich stehen uns große Aufgaben bevor: der Umbau der Verkehrs- und Mobilitätssysteme für das herannahende Zeitalter ohne billiges Öl, ein ehrgeiziger Klimaschutz, um die Folgen der Erderwärmung durch den CO2-Ausstoß so gering wie möglich zu halten. Dieser Umbau unserer Wirtschaftssysteme hin zu Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft beinhaltet nicht zuletzt eine Neugestaltung unserer ganzen Gesellschaft hin zu einer neuen Lebensqualität, die nicht aus konsumgetriebenem, umweltzerstörendem »schneller, höher, weiter« besteht. Über diese große Transformation auf dem Weg in die postfossile Zukunft informiert Sie auch der Titelschwerpunkt dieser »Natur+Umwelt«. Für diese großen Herausforderungen der Zukunft werden wir viel Überzeugungsarbeit leisten müssen – und das geht nur mit engagierter Basisarbeit vor Ort. Schon in diesem zu Ende gehenden Jubiläumsjahr haben wieder zahlreiche Ehrenamtliche des BUND Naturschutz Großartiges geleistet. Die vielen Jubi­ läumsveranstaltungen im ganzen Land waren alle hervorragend besucht und gerade auch für die Motivation im Einsatz für mehr Naturund Umweltschutz ein großer Schritt nach vorn. Dafür möchten wir uns an dieser Stelle ganz herzlich bei Ihnen allen bedanken.

Foto: Roggenthin

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Liebe Mitglieder

Geschichte des BN erforscht

Ihr Prof. Dr. Hubert Weiger, Vorsitzender des BN Ihre Doris Tropper, stv. Vorsitzende des BN Ihr Sebastian Schönauer, stv. Vorsitzender des BN

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Foto: Busl

Jippie! Schüler des Münchner Ernst-Mach-Gymnasiums im BN-Naturschutzzentrum am Ammersee – die Belohnung für ein sensationelles Sammelergebnis.

Die BN-Haus- und Straßensammlung

Ein Gewinn für alle Seit 30 Jahren sammeln Tausende ehrenamtlich Aktive Spenden für Bayerns Natur. Ein Einsatz, der die wichtige Arbeit der Naturschutzverbände unterstützt. Gleichzeitig bietet die Sammelwoche den Schulen Gelegenheit, soziale Kompetenz, Selbstbewusstsein und Verantwortungsgefühl der Kinder zu fördern.

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ine sehr erfolgreiche Tradition nennt Edwin Busl die Sammelaktion der Schüler des Ernst-Mach-Gymnasiums (EMG) Haar. Er ist Lehrer am EMG und Leiter des Wahlkurses Umweltschule. Knapp 300 Kinder des Gymnasiums sind dieses Jahr wieder ausgeschwärmt, um Spenden für bayerische Naturschutzverbände zu sammeln. Zusammen haben sie 9470 Euro gesammelt und dem BN überreicht. Mit diesem Ergebnis waren sie die erfolgreichste Schule der diesjährigen Sammelaktion.

Was motiviert?

Doch wie kann man Schüler in Zeiten von Smartphone und X-Box eigentlich für eine solche Sammelaktion begeistern? Natürlich spiele der Wettbewerb eine Rolle, Wieder Spitze! Keiner sammelte 2013 mehr für den BN als Traudi Tüpprath. BN-Landesgeschäftsführer Peter Rottner bedankte sich persönlich.

meint Edwin Busl. Auf die 30 besten Sammlerinnen und Sammler der Schule habe schließlich eine schöne Belohnung gewartet. Sie verbrachten in der letzten Schulwoche einen Tag beim Baden und Baumklettern im BN-Naturschutz- und Jugendzentrum Wartaweil am Ammersee. »Eine gute Idee«, sagt Edwin Busl. »Dadurch lernen die Kinder die Arbeit des BN besser kennen – ein erfreulicher Nebeneffekt.« Aber gerade bei den Kindern der fünften und sechsten Jahrgangsstufe spiele neben dem Wettbewerb auch die Tierliebe und ein großes Schutzbedürfnis gegenüber der Natur eine große Rolle, erklärt er weiter. Annika, zwölf Jahre alt und Schülerin der siebten Klasse am EMG war auch fleißig unterwegs. Mit knapp 750 Euro hat sie sich mit ihren zwei Klassenkameraden Philipp und Moritz unter die besten vier Teams der Schule gesammelt. Was sie motiviert? »Den Moritz kenne ich schon ganz lange und wir haben früher schon Spielzeug verkauft und das Geld gespendet, weil wir die Tiere so gerne mögen.« Also schon eine richtige Naturschutzkarriere, und das in der 7. Klasse! Später will Annika vielleicht mal selbst einen Bauernhof haben. »Da kann man dann selbst was für die Tiere tun«, sagt sie, und dass ihre Mutter auch immer auf Tier- und Naturschutz achte und Bio einkaufe. Ebenfalls seit mehreren Jahren äußerst erfolgreich beim Sammeln sind das Gymnasium Donauwörth und die Realschule Waldkraiburg. Mit 9109 und 7748 Euro landeten sie dieses Jahr auf dem zweiten und dritten Platz aller Schulen.

Foto: Ruchlinski

Engagierte Einzelsammlerin

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Auch Traudi Tüpprath aus Zangberg ist schon lange mit der Sammelbüchse für Bayerns Natur unterwegs. 2013 war sie mit großem Abstand die beste Einzelsammlerin. »Über 5400 Euro sind ein überragendes Ergebnis«, sagte Gerd Ruchlinski, Kreisvorsitzender der Kreisgruppe Mühldorf. Er kann sich ebenso freuen wie die Region, denn das gespendete Geld bleibt zum größten Teil im Landkreis, um die zahlreichen Aktivitäten der Kreisgruppe mitzufinanzieren. Heidi Tiefenthaler


Renate Kirchhof-Stahlmann und Volker Stahlmann

Alles umsteigen, bitte! Naturschutz lebt – auch von Orten, die zum Nach­ denken einladen. Von Orten, die der Kultur Raum geben, um sich der Natur zu nähern. Von Räumen, die Geschichte atmen und einen Hauch Zukunft in sich tragen. Und von Menschen, die solche Orte schaffen. Renate Kirchhof-Stahlmann und Volker Stahlmann ist dies im mittelfränkischen Ottensoos gelungen. Von Christoph Markl-Meider

igentlich stehen an dieser Stelle Menschen im Mittelpunkt – und nicht Orte. Eben Persönlichkeiten, die etwas bewegen, sei es im BUND Naturschutz oder in seinem Sinn. Und dass Renate Kirchhof-Stahlmann, 70, und Volker Stahlmann, 68, dazu prädestiniert sind, macht schon ein kurzer Blick in beider Lebensläufe sehr überzeugend deutlich. So gehört der ehemalige Professor für Betriebswirtschaft seit den 1980er-Jahren zu den Vorreitern umweltorientierten Managements in Deutschland. Auf seine Initiative hin wurden ökologische Inhalte fest im Studium verankert. Seine Frau hat wiederum die Nachhaltigkeit zum Thema ihres international anerkannten künstlerischen Schaffens gemacht – und das seit vier Jahrzehnten. Dabei arbeitete sie mit dem Zukunfts­ philosophen Robert Jungk oder dem Komponisten Karlheinz Stockhausen zusammen. Dass es am Ende dennoch nicht das übliche Portrait geworden ist, liegt weniger an dem außergewöhn­ lichen Ehepaar selbst als an dem magischen Ort, den es in den vergangenen vier Jahren mit dem Kulturbahnhof Ottensoos kreiert hat. Der 1859 erbaute Ottensooser Bahnhof ist einer der ältesten Deutschlands. Doch nach längerem Leerstand drohte der unter Denkmalschutz stehende Bau zu verwahrlosen. Auf der Suche nach einem Refugium für ihr künstlerisches Lebenswerk und nach einem Forum für eine Kultur der Nachhaltigkeit entschlossen sich Volker Stahlmann und ­Renate Kirchhof-Stahlmann, das Gebäude aus privaten Mitteln zu kaufen und zu sanieren.

Die Weichen neu stellen

Schon bei der Renovierung setzt das Paar ein Signal für umweltbewusstes Wirtschaften. Vorhandene Materialien wurden wieder verwendet, zusätzlich kamen baubiologische Stoffe und regenerative Energien zum Einsatz. Trotz Denkmalschutzauflagen gelang es mit viel Eigenarbeit und engagierter Nachbarschaftshilfe eine Kostenexplosion zu verhindern.

Foto: Markl-Meider

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Nächster Halt: Nachhaltigkeit In ihrem Kulturbahnhof zeigen Renate Kirchhof-Stahlmann und Volker S ­ tahlmann, »warum Menschen nachhaltig handeln müssen und wie sie es können«, so die UNESCO.

Drei Jahre dauerte es, bis aus dem alten Stationsgebäude einer der zukunftsträchtigsten Begegnungsorte in Bayern entstanden war. Auf einem mitreißenden Rundgang durch das heute in jeder Hinsicht kunstvolle Gebäude mit seinen historisch geprägten Ausstellungs- und Veranstaltungsräumen verdeutlichen die Initiatoren, wie sie die Kreativität als Mittlerin zu einer Kultur der Nachhaltigkeit einsetzen möchten. Dazu würden insbesondere die zwei großen Zeichnungs-­ Zyklen »Genesis« und »Zeiten« von Renate KirchhofStahlmann dienen. »Wir sind ein Ehepaar, das in die gleiche Richtung blickt«, sagt Volker Stahlmann. Im September 2012 wurde dieser visionäre Blick auf zukünftige Heraus­ forderungen und Lösungen in besonderer Weise gewürdigt. Da erhielt der in Form einer Stiftung betriebene Kulturbahnhof die Auszeichnung als offizielles ­Projekt der UNESCO-Bildungsdekade für nachhaltige Entwicklung. Die Initiative zeige eindrucksvoll, heißt es in der Begründung, »warum Menschen nachhaltig handeln müssen und wie sie es können«.

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Kontakt Kulturbahnhof ­Ottensoos, Bahnhofstr. 11, 91242 Ottensoos, Tel. 0 91 23-65 18, E-Mail info@kulturbahnhof-ottensoos. de, Internet www. kulturbahnhofottensoos.de

Öffnungszeiten Samstag und Sonntag 14 – 17 Uhr. Eintritt frei, ­Führungen nach Vor­anmeldung. ­Ottensoos ist von Nürnberg aus mit der ­S-Bahn zu erreichen.


Kinder vor elektromagnetischer Strahlung schützen

Brauchen wir Babyrasseln mit Smartphone?

Illu: Blumenschein

Weihnachten rückt näher und viele Eltern, Großeltern, Onkel und Tanten überlegen, was sie den Kindern in der Familie schenken sollen. Eine eher fragwürdige Wahl sind funkbasierte Geräte wie Mobiltelefone oder WLAN-Spielkonsolen.

Foto: privat

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chon für die Kleinsten gibt es ein wachsendes Angebot von »I-Toys« – Rasseln, Töpfchen oder Plüschtiere mit integrierten Smartphones und interaktiven Märchen-Apps. Geworben wird nicht nur für digitale Klassenzimmer (mit Smartboards und Tablet-PCs), sondern bereits für digitale Kindergärten. Kultusministerien unterstützen diese »Revolution der praktischen Bildungsarbeit« tatkräftig mit Broschüren. Der Neurologe Manfred Spitzer belegt mit Erkenntnissen der Hirnforschung: Statt der erhofften Lern­ erfolge tritt eher das Gegenteil ein. »Wenn es überhaupt einen Effekt gibt, dann ist dieser negativ. Wer gerade erst dabei ist, sich die Welt anzueignen, sollte sich unbedingt der realen Welt zuwenden.« Verlieren Naturerlebnisse in einer zunehmend digitalisierten Umwelt ihre Attraktivität für Kinder? Werden Vogelstimmen bald nur noch über Apps und Klingeltöne zu hören sein? Haben Kinder die Wahl, virtuelle Abenteuer in virtuellen Spielwelten mit virtuellen Freunden zu erleben – oder gemeinsam auf Bäume zu klettern, entscheiden sie sich in aller Regel für das Original.

Foto: privat

Medienkonsum überdenken

Die Autoren Sabine Moosmaier, Arbeitsgruppe Elektrosmog, und Axel Schreiner, Arbeitskreis Umweltbildung im BUND

Kinder sollten, so oft es geht, die Möglichkeit erhalten, sich zu bewegen und in der Natur zu spielen. Dies – und nicht der Bildschirm – fördert ihre körperliche, geistige und seelische Entwicklung und damit ihre Persönlichkeit. Darüber hinaus verdienen Kinder ­ Schutz vor den Risiken elektromagnetischer Strahlung. Wer noch wächst, reagiert empfindlicher auf Umwelteinflüsse. Kinder sollten besonders wenig Strahlung ausgesetzt sein. So empfiehlt das Bundesamt für Strahlenschutz, Handytelefonate bei Kindern so weit wie

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möglich einzuschränken. Kinder ahmen ihre Eltern nach. Schärfen wir also den Blick auch auf die »Risiken und Nebenwirkungen« der beliebten Funktechniken. Wir sollten uns trauen, unbequeme Fragen zu stellen, auch zum eigenen funkbasierten Medienkonsum. Eltern, Pädagogen und Politiker sollten die Gefahren und Risiken kennen, die eine zunehmend funkvernetzte ­digitale Welt mit sich bringt. Und unsere Kinder und die nachfolgenden Generationen davor schützen. Das für die kindliche Entwicklung so wichtige »Erleben mit allen Sinnen« verdient hier besondere Unterstützung.

Strahlung vermeiden – acht Tipps

N utzen Sie kabelgebundene Techniken, ob zu Hause, in Kindergärten oder Schulen (schnurgebundene T­elefone, Kabelverbindung ins Internet etc.). F inger weg von funkenden Spielsachen und Lerngeräten schon für die Kleinen. E ingeschaltete Handys nicht in Kinderbetten/Kinderwägen legen oder nah am Körper tragen.  I nformieren Sie sich über die Auswirkungen digitaler Geräte speziell auf Kinder und Jugendliche und achten sie dabei auf unabhängige Quellen. Mehr dazu unter: www.bund.net/elektrosmog.  Vereinbaren Sie mit ihren Kindern Spiel- und Nutzungszeiten von digitalen Medien. S ind Sie auf funkbasierte Geräte angewiesen, nutzen Sie solche mit Abschalttechnik und/oder senken Sie die Strahlungsleistung; deaktivieren Sie Funkverbindungen, wann immer möglich (Flugmodus bei Handys/Tablet-PCs »ein«, WLAN- und Bluetooth-Optionen bei anderen Geräten »aus«). E rmuntern Sie Kinder die Natur zu erleben und draußen zu spielen. Siehe: www.bund.net/umweltbildung. G enießen Sie Ihre Freizeit mit den Kindern, ohne ständig erreichbar zu sein.


Zapfig kalt REISEN In Eisbärten hängt in der Breitachklamm das erstarrte Wasser von den Wänden.

Fotos: Gerhard Rohrmoser

REISEN

BN-Reise Winterwandern in den Allgäuer Bergen

Tiefe Klamm und hohe Gipfel Wilde Schluchten, alte Bergdörfer und weite ­Winterlandschaften bietet das Schneeschuh­ wandern in Bayerns Süden. Wer ein bisschen ­Kon­dition mitbringt, kann hier eintauchen in eine von Schnee und Eis verzauberte Natur.

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angsam und gleichmäßig steigen wir durch den winterlichen Wald bergan. Mit den Schneeschuhen versinken wir nicht zu tief. Trotzdem, das Gehen strengt an, und so sind mit der Zeit die Gespräche verstummt. Ab und zu staubt von einem Ast eine Schneewolke auf uns hinunter. Auch der Wald selbst ist verschwiegen. Einmal krächzt ein Eichelhäher. »Aber der muss sich keine Sorgen machen«, sagt Gerhard Rohrmoser. Die Ruhezonen der Tiere betreten wir nicht. Darauf achtet der Forstingenieur sehr genau. Jetzt lichten sich die Bäume, und über die sonnigen Hänge fällt unser Blick auf die Bergkämme von Rauheck und Kreuzeck und die steilen Flanken der Höfats. Ein Athlet muss man nicht sein, um an dieser Wanderwoche teilzunehmen, aber man sollte eine solide Kondition haben, um pro Tag etwa vier Stunden in winterlichem Gelände gehen zu können. Gleich nach der Anreise mit Bahn und Bus geht es auf einem kurzen Spaziergang ohne Gepäck – denn das wird für uns abgeholt – zum »Basislager«, dem rund anderthalb Kilometer abseits von Straßenverkehr gelegenen »Naturfreundehaus Freibergsee«.

Ein Schlund aus Fels und Eis: die Breitachklamm

Am ersten Tag tauchen wir ein in das Zwielicht der Breitachklamm, eine der größten Felsschluchten Mitteleuropas. Dort sägt sich die Breitach seit über 10 000 Jahren durch den Kalkfels. Südlich von Tiefenbach rücken die Wände eng zusammen, steigen fast hundert Meter in die Höhe. Die Zuflüsse zur Breitach sind zu blau schimmernden Säulen, Zapfen und Eisfällen erstarrt. Dann weitet sich die Klamm und gibt uns wieder

frei. Wir wandern bachaufwärts ins Kleinwalsertal. Warm und behaglich sitzen wir dort im urigen »Waldhaus« am Kachelofen. Nicht weit entfernt hat die Erdgeschichte eine weitere wilde Schlucht im Trettachtal geschaffen, den »Hölltobel«. Oberhalb dieser Klamm liegt Gerstruben, ein auf 1155 Metern gelegenes Bergdorf, die höchste dauerhaft bewohnte Siedlung in den Allgäuer Alpen. Über dem Weiler thront die majestätische Höfats, berühmt als »Edelweißberg«, gefürchtet für ihre extrem steilen, felsdurchsetzen Grashänge. Gerstruben wurde schon im 13. Jahrhundert gegründet und gehört heute zum UNESCO-Weltkulturerbe. Rohrmoser erklärt zur Geschichte: »Aus dem Wallis kamen die Walser wahrscheinlich als Klimaflüchtlinge ins Kleinwalsertal.« Die Walser waren bekannt dafür, auch in hohen Lagen Vieh halten, Getreide und andere Feldfrüchte anbauen zu können. Einige der Hofanlagen sind fast 400 Jahre alt. Vor einem Haus – im Giebel ist die Jahreszahl 1619 eingekerbt – zieht Gerhard Rohrmoser einen Schlüssel hervor und öffnet die altersdunkle Holztür. Ehrfüchtig betreten wir das original eingerichtete Wohnhaus. Wie viele Generationen mögen hier oben über die Jahrhunderte hinweg wohl ihr einfaches Leben in der rauen Bergnatur geführt haben? Wie sich der moderne Tourismus mit seinen Menschenmassen auf Oberstdorf und Umgebung auswirkt, erzählt uns bei einem Rundgang durch den Ort der Vorsitzende des ansässigen BUND Naturschutz. Im Kurort mit seinen künstlich beschneiten Skigebieten, den Langlaufloipen, dem Eisstadion, den Skisprungund Flugschanzen tummeln sich in der Hochsaison oft über 20 000 Gäste. »Das sind doppelt so viele wie Einwohner«, weiß Rohrmoser. Fern allen Pistenrummels tauchen wir hingegen auf dem Weg durchs Schwarzwassertal noch einmal in die Winterstille ein. Vor uns ragt der Hohe Ifen auf. Gemsen, Steinböcke und Steinadler haben hier oben ihr R­evier. Vielleicht haben wir ja Glück und können zu­ sehen, wie sich einer der »Könige der Lüfte« in den blauen Himmel schraubt. Lucia Vogel

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Steiler Zahn Die Höfats gehört mit ihren extrem steilen Flanken zu den markantesten Bergen des Allgäu.

Reisezeit: 8. bis 14. Februar 2014

Infos zu Reisepreis und Anmeldung unter: BUND-Reisen ReiseCenter am Stresemannplatz Stresemannplatz 10 90489 Nürnberg Tel. 09 11-5 88 88-20 Fax 09 11-5 88 88 22 www.bund-reisen.de


Foto: Fotolia/Igor Yaruta

Postfossile Zukunft

Lebensqualit채t Teilen statt Besitzen Energiesparen Erneuerbare Energien N채he statt Ferne Regional & Saisonal Kreislaufwirtschaft


Wie wird die Welt aussehen, die wir eines Tages unseren Kindern übergeben? Verschmutzt und ausgeplündert – oder durch verantwortungsbewussten Umgang auf einem guten Weg in die Zukunft? Wenn wir Letzteres erreichen wollen, steht ein fundamentaler Kurswechsel an.

I

n Karelien am »Grünen Band Europa« zwischen Finnland und Russland werden wertvolle Kiefern­ urwälder abgeholzt. Nach ihrer Verarbeitung in finnischen Papierfabriken landen sie als »Hygienepapier« auch in bayerischen Haushalten. Dies ist nur eines von vielen Beispielen für den weltweiten Kampf um Rohstoffe und billige Energie. Trotz guter Erfolge beim Ausbau der Erneuerbaren Energien hängen auch in Bayern nahezu alle Bereiche des Lebens und Wirtschaftens sowie viele Arbeitsplätze noch völlig am Tropf von Kohle, Öl, Gas, Uran und »Seltenen Erden«. Massive Belastungen für Natur, Landschaft und Klima beim Raubbau von Rohstoffen sind aber nur ein Teil des Problems. Die Rohstoffe, insbesondere Öl und Gas, werden knapper und damit teurer. Kriege werden inzwischen auch um Rohstoffe geführt. Sogar der Einsatz der Bundeswehr zur Sicherung von Transport­ routen ist leider kein politisches Tabuthema mehr. Doch wie lange können wir uns ein auf Ausbeutung von Mensch und Natur basierendes Wirtschaftssystem noch leisten? Sind selbst für »Normalverdiener« in zehn oder 20 Jahren eine warme Wohnung, die heiße Dusche und die gewohnte Auto-Mobilität noch bezahlbar? Leider wurden diese Fragen in den zurückliegenden Wahlkämpfen von einer großen Koalition des »Weiter so« oft verdrängt. In unseren Alltagssorgen gehen sie häufig unter, aber entkommen werden wir ihnen nicht mehr. Kann die Wirtschaft in Bayern und Deutschland mit erheblich weniger Energie- und Ressourcenein-

satz, auf Basis Erneuerbarer Energien und mit geschlossenen Material- und Rohstoffkreisläufen funk­ tionieren? Sind Produkte aus anderen Ländern ohne die Verletzung von Menschenrechten und Umweltvorschriften marktfähig oder müssen nicht die Marktregeln im Sinne einer fairen, sozial-ökologischen Wirtschaftsweise fundamental geändert werden? Wer setzt den Abschied vom »fossilen Kapitalismus« und einer Wegwerfgesellschaft gegenüber denen durch, die derzeit glänzend daran verdienen oder als Arbeitnehmer existenziell davon abhängen? Es ist höchste Zeit für eine breite gesellschaftliche Diskussion darüber, wie eine radikale Veränderung, eine »große Transformation« der bestehenden Verhältnisse erreicht werden kann. Der BUND Naturschutz will den Nachdenk-Prozess über diese Zukunftsfragen mit Ihnen, liebe Mitglieder, und mit Partnern in Wirtschaft, Gesellschaft, Gewerkschaften, Kirchen und ­Politik voranbringen. Richard Mergner

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Klimawandel in Bayern

Heiß, nass und stürmisch

Foto: Fotolia/Falk Blümel

»So schlimm wird’s bei uns schon nicht werden«, ist bei vielen die stille Hoffnung in Sachen Klimawandel. Doch der Schein trügt: Auch in einer gemäßigten Klimazone wie Bayern müssen wir uns auf massive Veränderungen einstellen.

S

teigende Durchschnittstemperaturen und häufigere Extremwetterereignisse – so lässt sich die Prognose zusammenfassen. Die Studie »Klimaanpassung Bayern 2020« der Universität Bayreuth kommt zu diesem Schluss. Und der im September veröffentlichte Report des Weltklimarats IPCC bestätigt diese Prognose. Was aber bedeuten die klimatischen Veränderungen für die Natur in Bayern, für uns Menschen und unser Alltagsleben?

Temperaturanstieg

Bis zum Jahr 2020 rechnet die Studie mit einem deutlichen Anstieg der Mitteltemperaturen. Besonders stark betroffen werden der Süden und Westen Bayerns sein, ebenso die Alpen. Sommertage (über 25 Grad Celsius) und heiße Tage (über 30 Grad) werden massiv zunehmen, während die Zahl der Frosttage (Höchsttemperatur unter 0 Grad) deutlich abnehmen wird. Zurückgehen wird damit auch die Dauer der Schneebedeckung. Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt werden angesichts dieser Entwicklung nicht ausbleiben. Spezialisierte Arten könnten es schwer haben zu überleben. Umgekehrt können bislang nicht heimische Arten einwandern. Besonders drastisch wird die Veränderung der Lebensräume in den Alpen ausfallen: Bei einer Durchschnittserwärmung um 2 Grad würden sich die Vegetationszonen im Gebirge um 400 Höhenmeter nach oben verschieben.

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Da kommt was auf uns zu! Extremwetterereignisse wie Stürme, Unwetter, Starkregen und Hagel ­werden in Bayern zunehmen.

Extremwetterereignisse

Die Studie der Universität Bayreuth rechnet mit dem Auftreten von Extremwetterereignissen in einem »bislang ungekannten Ausmaß«. Zunehmen werden alle Arten von Extremwetterereignissen, so auch Starkregen mit großen Niederschlagsmengen in kurzer Zeit. Damit einher geht ein deutlicher Anstieg der Hochwassergefahr. Was das bedeuten kann, hat sich in diesem Jahr bereits in geradezu apokalyptischen Ausmaßen beim Donauhochwasser gezeigt. Mit weiteren Beeinträchtigungen von Verkehr und Transportwesen, Schäden an öffentlicher Infrastruktur und Privathäusern muss gerechnet werden. Aber auch das andere Wetterextrem, nämlich längere Dürreperioden, wird häufiger auftreten. Hiervon werden Land- und Forstwirtschaft durch Ertragsausfälle wirtschaftlich besonders stark betroffen sein. Die Verfügbarkeit von Wasser, für uns bislang eine Selbstverständlichkeit, kann aufgrund dieser Wetterverhältnisse ebenfalls beeinträchtigt werden. Umgeknickte und entwurzelte Bäume, abgedeckte Dächer, durch Hagelschlag plattgedrückte Getreide­ felder – auch diese Bilder wird es häufiger als bisher zu sehen geben. Der wirtschaftliche Schaden eines Sturm­


Karikatur: Gerhard Mester

ereignisses kann riesig sein. Blitzschlag und herabstürzende Äste oder Dachziegel können auch Menschen­ leben gefährden.

Fazit

Die Dramatik der Situation zeigt sich schon darin, dass die Studie zu dem Schluss kommt, die eben geschilderten Auswirkungen des Klimawandels seien angesichts der bisherigen Entwicklung unvermeidlich und nicht mehr umkehrbar. Die drängendste Aufgabe muss also sein, eine weitere Erderwärmung und damit einen noch drastischeren Klimawandel zu verhindern. Hier ist Druck auf die Politik gefragt! Jedes Zehntelgrad, um das sich die Erde weiter erwärmt, bringt massive Auswirkungen auf das Klima mit sich. Es geht um den konkreten Schutz der Natur und Artenvielfalt vor Ort, aber auch um den Schutz von Menschen weltweit. Wir müssen damit rechnen, dass im Laufe dieses Jahrhunderts Millionen von Menschen ihre Heimat verlieren, aufgrund des steigenden Meeresspiegels und sich ausbreitender Wüsten. Der kleine Inselstaat Tuvalu im Süd­ pazifik wird wohl der erste sein, der von der Landkarte verschwindet. Die Pläne für die komplette Evakuierung liegen dort schon in der Schublade. Vor solchen Dramen kann niemand einfach die Augen verschließen. Einen Beitrag zum Klimaschutz kann auch jede und jeder Einzelne leisten (siehe Tipps auf Seite 22). Was bleibt zu tun, um den unvermeidlichen Folgen des Klimawandels zu begegnen? Eine bestmögliche

Vorsorge im Hinblick auf Extremwetterereignisse ist auf alle Fälle ratsam. Für die Landwirtschaft empfiehlt die Studie unter anderem die Anpassung von Frucht­ arten sowie die »weitere Verbesserung der bodenschonenden und wassersparenden Arbeitsweisen«. In der Forstwirtschaft wird man sich um Risikominimierung bemühen. Eine angepasste Baumartenwahl steht ganz oben auf der Liste der Empfehlungen. In der Flora und Fauna Deutschlands rechnen die Wissenschaftler in den nächsten Jahrzehnten mit ei­ nem Artenverlust von geschätzt 5 bis 30 Prozent, besonders bei Arten von Sonderstandorten wie Mooren. Die Studie empfiehlt, den Erhalt ausreichend großer Populationen anzustreben und Wanderungsbewegungen zu erleichtern, zum Beispiel durch stärkere Biotopvernetzung. Kommunen werden ihre Wasseranlagen an die neuen Anforderungen anpassen müssen. Besonders betroffen von der Entwicklung wird der Tourismus in den Alpen und den Mittelgebirgen sein, vor allem durch die geringere Schneesicherheit im Winter. Ein wetterunabhängiges Ganzjahresangebot für Touristen sehen die Wissenschaftler hier erfolgversprechender als Schneekanonen. Luise Frank

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Quellen:  »Klimaanpassung Bayern 2020 – Der Klimawandel und seine Auswirkungen – Kenntnisstand und Forschungsbedarf als Grundlage für Anpassungsmaßnahmen«; Kurzfassung einer Studie der Univer­ sität Bayreuth, herausgegeben vom Bayerischen Landesamt für Umwelt, Dezember 2007  Bericht 2013 des IPCC


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Das Zeitalter des Erdöls geht zu Ende

»Wir stoßen überall an Grenzen« Der globale Rückgang konventioneller ­Ölförderung ist in greifbare Nähe gerückt. Doch was bedeutet dieser »Peak Oil« für unser Alltagsleben, was wird sich ändern müssen? Natur+Umwelt sprach mit dem ­Experten und Autoren Jörg Schindler.

Ausgebohrt Das Zeitalter der konventionellen Erdöl­ förderung neigt sich dem Ende entgegen.

N+U: Wie wird sich diese Entwicklung auf unseren Alltag auswirken?

Jörg Schindler: Peak heißt auf Deutsch Höhepunkt oder Maximum. Der »Peak Oil« ist das Maximum weltweiter Ölförderung, der Zeitpunkt, ab dem die Ölförderung nicht mehr weiter gesteigert werden kann.

Jörg Schindler: Sie wirkt sich jetzt schon aus: Steigende Öl- und Spritpreise haben bereits zu Veränderungen geführt. Wir müssen uns daran gewöhnen, dass es reichliche und billige Energie nicht mehr geben wird. So wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben, denn mit weniger Sprit kann man weniger auf der Welt rumsausen. Wir stehen an der Schwelle eines strukturellen Umbruchs. Die Mobilität wird als erstes betroffen sein, der Raumwiderstand wird steigen.

N+U: Und ist dieser »Peak Oil« schon erreicht?

N+U: Was bedeutet Raumwiderstand?

Natur+Umwelt: Herr Schindler, was bedeutet eigentlich der Begriff »Peak«?

Jörg Schindler: Beim konventionell geförderten Öl, also das durch Bohren geförderte Öl, haben wir diesen Punkt 2005 erreicht, seither bewegen wir uns auf einem Plateau. Gestiegen ist nur noch die nicht konventionelle Förderung, aber die findet praktisch nur in den USA statt, durch Fracking. Seit etwa 2004, 2005 hat die Ölförderung nicht mehr auf die gestiegenen Preise reagiert. Viele Länder haben das Maximum der Förderung überschritten. Ein prominentes Beispiel vor unserer Haustür ist die Ölförderung in der Nordsee, dort war der Peak schon im Jahr 2000. Der globale Rückgang konventioneller Ölförderung ist absehbar. Auch Kohle, Erdgas und Uran sind endlich und werden in naher Zukunft ihren Peak erreichen. Gleichzeitig werden auch strategische Metalle wie seltene Erden knapp, die insbesondere auch für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien gebraucht werden. Wir stoßen überall an Grenzen.

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Jörg Schindler: Der Raumwiderstand definiert, wie viel Zeit und Energie und Geld ich brauche, um eine bestimmte Entfernung zu überwinden. Bei knapper werdender Energie für den motorisierten Verkehr steigt der Raumwiderstand. Als Folge wird die Nähe wieder wichtiger und die Ferne rückt ferner. Der Trend, alles immer weiter weg zu verlagern, weil der Transport fast nichts kostet, wird sich ändern. Da sehen wir auch schon eine Veränderung, zum Beispiel beim Frachtaufkommen im internationalen Containerverkehr oder bei der Luftfracht. Ein weiteres Beispiel ist das sogenannte »slow steaming« im internationalen Schiffsverkehr. Vor der Krise 2008 sind Containerschiffe mit 20 bis 25 Knoten pro Stunde gefahren. Jetzt fahren sie mit 16 bis 18, was bis zu 40 Prozent der Antriebskosten einsparen kann. Das ist eine Konsequenz der steigenden Ölpreise.


N+U: Wie sieht Ihre Prognose für die Zukunft aus? Denken Sie, dass wir das Ruder noch rechtzeitig herumreißen können oder fahren wir den Karren an die Wand?

Jörg Schindler: Ich hoffe, es kommt anders, aber wir sehen derzeit eher ein »Karren an die Wand fahren«. Alle reden von einer Energiewende, aber zu einer Energiewende gehört auch eine Verkehrswende. Momentan haben wir noch gar keine Vorstellung davon, dass die Welt anders funktionieren könnte als im fossilen Zeitalter mit seiner Massenmotorisierung. Früher war es

die heutigen Strukturen noch künstlich aufrechterhalten; der Flugverkehr zum Beispiel ist hoch subventioniert. In ein paar Jahren wird man froh sein, die dritte Startbahn am Münchner Flughafen nicht gebaut zu haben.

N+U: Wie reagieren die Menschen auf solche Informationen?

Jörg Schindler: Die häufigste Reaktion ist die Frage: »Und was ist Ihre Lösung?« Dann sage ich immer: »Sie sind genauso ein Experte für diese Umkehr wie ich.« Jeder Einzelne wird sich neu orientieren müssen.

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N+U: Was kann die Gesellschaft tun, was kann jede und jeder Einzelne tun?

Neue Mobilität Fahrradfahren wird ein wichtiger Bestandteil der neuen, postfossilen Mobilität sein.

leicht, aufs Land zu ziehen und im Ballungsraum zu arbeiten oder 20 Kilometer zum nächsten Supermarkt zu fahren. Billige und reichliche Energie hat zu diesen Fehlentwicklungen der Zersiedelung der urbanen Räume und der Funktionsentleerung der ländlichen Räume geführt. Es wird aber wieder anders funktionieren müssen: mit mehr Nähe, zum Beispiel Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe. Derzeit meint man noch, man müsse das Übel korrigieren, indem man Lösungen sucht, die den Raumwiderstand wieder nach unten bringen. Das wird nicht gehen. Es werden sich neue funktionale Kerne in der Provinz bilden, anderes wird aufgegeben werden müssen. Die Umkehr wird ein mühsamer und schmerzhafter Prozess. Derzeit werden

Foto: privat

Zur Person

Jörg Schindler: Ich muss mir in einem sich ändernden Umfeld überlegen: Wo kann ich leben? Wo kann ich arbeiten? Wie organisiere ich meine Mobilität? Zu beachten sind auch neue Optionen, zum Beispiel die elektro­ unterstützten Fahrräder, die viele Wege einfacher machen. Den Erfolg der Pedelecs hat kein Politiker und kein Verkehrsexperte vorausgesehen. Sie erweitern die Bereiche, wo kein Auto benötigt wird. In den Städten werden wir uns vorwiegend zu Fuß und mit dem Rad bewegen und für die größeren Entfernungen den öffentlichen Verkehr benutzen. Die Gesellschaft insgesamt muss von einer fossilen Verkehrspolitik zu einer postfossilen Mobilitätspolitik kommen, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Das erfordert ein völliges Umkehren bisher selbstverständlicher Prioritäten. Die Bevorzugung des motorisierten Verkehrs muss aufhören. Wir haben aus dem öffentlichen Raum Fahrbahnen gemacht, jetzt müssen wir aus den Fahrbahnen wieder öffentlichen Raum machen. Heute konzentriert sich die Verkehrspolitik noch auf effizientere Fahrzeuge, doch wichtiger ist die Schaffung effizienter Raumstrukturen, nämlich die Sicherung der Mobilität mit weniger Verkehr.

N+U: Sehen Sie ein Umdenken in der Politik?

Jörg Schindler, Jahrgang 1943, studierte Wirtschaftswissenschaften an der LMU München. Er befasst sich seit Jahrzehnten mit den Themen Energie und Verkehr. Von 2000 bis 2003 war er Mitglied der Enquêtekommission des Bayerischen Landtags »Mit neuer Energie in das neue Jahrtausend«. Jörg Schindler ist Autor und Mit­autor mehrere Bücher, u. a. »Postfossile Mobilität«, »Ölwechsel«, »Öldämmerung«.

Jörg Schindler: Es gibt allmählich eine geänderte Wahrnehmung. Der wissenschaftliche Beirat im Bundes­ verkehrsministerium plädiert zum Beispiel für ein flächendeckendes Tempo 30 in den Städten, aber da ist noch so viel Beton in den Köpfen! De facto ändern sich schon die Verhältnisse, zum Beispiel wird es auf den Straßen eng für Radfahrer, weil es immer mehr davon gibt. Dann wird es öffentlich wahrgenommen und irgendwann reagiert die Politik. Die Umstrukturierung wird durch Peak Oil erzwungen werden, dadurch ist die Tür geöffnet für eine menschenfreundlichere Mobilitätspolitik. Das Interview führte Luise Frank

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Zu Fuß gehen, Radeln, Bus und Bahn fahren

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Mobilitätswende – Wie wir morgen unterwegs sein werden

Kriechtempo Individuelle, fossile Mobilität stößt in Ballungsräumen bereits jetzt an ihre Grenzen. Der Peak Oil wird ein vollständiges Umdenken notwendig ­machen.

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ine Million Elektroautos im Jahr 2020 – das ist der einzige Punkt zur Mobilität im Programm der früheren Bundesregierung zur Energiewende. Damit soll der Eindruck erweckt werden: Wir tun etwas, die Sache ist auch im Verkehrsbereich auf gutem Weg. Tatsächlich verschwendet das die wichtigste Ressource, nämlich Zeit. Zeit für die Große Transformation im Bereich Verkehr und Mobilität: weg vom fossilen Verkehr hin zu einer postfossilen Mobilität. Zur Energiewende gehört eine Mobilitätswende. Wir können nicht so weiter machen, sondern nach dem Peak Oil ist der Übergang unvermeidlich. Aber was muss man machen, damit die Große Transformation im Verkehrsbereich verträglich gestaltet wird? Im Folgenden werden dafür Bausteine vorgestellt. Die Mobilitätswende beginnt im Kopf: Das Motto der fossilen Verkehrspolitik »schneller, weiter, mehr« mit der dazugehörigen Fixierung auf Fahrzeuge, Technik und Verkehrsinfrastruktur kommt an ein Ende. Ausgangspunkt sind ab jetzt die Menschen und ihre räumliche Mobilität: (1) Beweglichkeit, (2) Bewegung, (3) Ankommen, zur Ruhe kommen und an einem Ort Innehalten sowie (4) bewegend, also das emotionale und qualitative Element der Mobilität.

Mobilität aus eigener Körperkraft

Aktive Mobilität ist in Zukunft die Basis, das heißt die Mobilität aus eigener Körperkraft. Mehr zu Fuß gehen und Fahrradfahren baut nicht nur die Ölabhängigkeit ab. Vielmehr ist regelmäßige physische Aktivität eine Voraussetzung für Gesundheit und Wohlbefinden. Das Pedelec – elektrisch unterstütztes Fahrrad – wird zum Spielveränderer: Der Einzugsbereich der Haltestellen

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Der Übergang zu einer post­ fossilen Mobilität ist unvermeidlich. Ein Blick voraus zeigt: Die Änderungen werden tiefgreifend sein. Aber: Der Weg von der gegenwärtigen Auto- und Straßenfixiertheit hin zu einer neuen Definition von Mobilität ist weit.

im öffentlichen Verkehr vergrößert sich, hügelige bzw. bergige Gegenden eignen sich für aktive Mobilität und Pendler können damit deutlich weitere Strecken zur Arbeit zurücklegen als bisher. Öffentliche Fahrradverleihsysteme werden das Lebensgefühl der Städte ändern. Der öffentliche Verkehr wird heute – im Unterschied zum motorisierten Straßenverkehr – vielfach bereits elektrisch angetrieben. Eine Renaissance der Trambahnen wie in Frankreich steht auch in Deutschland an. Eine Vielzahl kleiner Innovationsschritte wird zukünftig das Gesamtbild ändern. Straßenbahnen, die in sensiblen Streckenabschnitten ohne Oberleitung mit Batteriebetrieb fahren, sind dafür nur ein Beispiel. Busse können im Nahbereich mit Wasserstoffantrieb fahren. Straßen werden nicht länger auf die reine Verkehrsfunktion zugeschnitten, sondern der öffentliche Raum, Kommunikation, Ambiente und das menschliche Maß kommen wieder zum Zug. »The human scale of speed« setzt sich durch und großflächige Tempo-30-Zonen werden zum Standard. Begegnungszonen werden gesetzlich verankert. Die Stellplatzverordnung wird ­modernisiert. Das alles fördert die aktive Mobilität im Alltag, da sich Kinder alters­gemäß früher selbständig bewegen können und sich Ältere länger am Gemeinschaftsleben eigenständig beteiligen können. Doch es braucht weitere Schritte auf dem Weg zu einer postfossilen Mobilität. Die Städte und Gemeinden werden zukünftig E-Scooter und E-Motorbikes gegenüber den fossil angetriebenen Rollern und Motorrädern priorisieren. Car-Sharing setzt sich flächendeckend durch. Hybridfahrzeuge lösen im Bereich des passiven Verkehrs die fossil angetriebenen Pkws mehr und mehr ab. Die ständige Aufrüstung der Pkws kommt an ein Ende, die motorisierte Übergewichtigkeit wird


Foto: Evangelische Akademie Tutzing

zur vorübergehenden Episode der verschwenderischen Ära des billigen Öls. Die Naturgesetze werden in Zukunft anerkannt und Geschwindigkeitsbegrenzungen auch auf Autobahnen zur Normalität. Pkws werden dazu passend von Anfang an auf 120 Stundenkilometer ausgelegt. Rufbussysteme und andere Innovationen im länd­ lichen Raum erhalten dort Mobilitätspotenziale. Dorfläden werden zu örtlichen Kommunikationszentren, rollende Geschäfte und Sparkassen erschließen den Raum.

Große Herausforderungen im Güterverkehr

Fotos: Fotolia/Sindy, Wolfgang Jargstorff

Güterverkehr und Logistik sind für eine arbeitsteilige Wirtschaft und für die moderne Gesellschaft grund­ legend. Deren Vernachlässigung in der öffentlichen Debatte – im Übrigen einschließlich der Vertreter der Wirtschaftsverbände – ist erstaunlich. Umso dring­

Mobilität von morgen Ein funktionierender Verbund von Öffent­ lichem Personenverkehr, Radfahren und ­Zufußgehen wird die Mobilität der Zukunft bestimmen – und den öffentlichen Raum grundlegend verändern.

Zur Person

Dr. Martin Held, Jahrgang 1950, studierte Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, seit 1984 Studienleiter Evangelische Akademie Tutzing für den Bereich Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung, Koordi­ nator des Gesprächskreises »Die Transformateure – Akteure der Großen Transformation«, Autor und Mitautor mehrere Bücher. Kontakt: held@ev-akademie-tutzing.de

licher ist es, dies als grundlegenden Bestandteil der Mobilitätswende zu etablieren: Schwere Güter schnell weit zu transportieren – das heutige Rational der fossilen Verkehrspolitik – ist überholt. Slow steaming, das heißt reduzierte Geschwindigkeiten im Seeverkehr, ist ein erster Schritt, der enorm Treibstoff spart. Ein Innovationsprogramm zur Nutzung der Windkraft zur See ist ein äußerst dringlicher nächster Schritt. Die Anbindung des Hinterlands von Seehäfen mit Eisenbahnen ist wichtiger als derzeitige Prestigeobjekte fossiler Verkehrspolitik. Der Ausbau von Flüssen zu Kanälen ist zu beenden, der Naturschutz in Zukunft verbindlich zu beachten. Was ist mit dem Straßengüterverkehr? Schwere Güter schnell weit zu transportieren wird elektrisch nicht gehen. Mit anderen Worten: Für die Feinverteilung von Gütern im Nahbereich sind Elektroantriebe (ob direkt oder mit Brennstoffzelle/Wasserstoff) darstellbar und sollten sukzessiv eingeführt werden. Für den Straßengüterfernverkehr gibt es keine derartige Substitutionsmöglichkeit. Sollte es gelingen, die viel zitierten Biotreibstoffe der zweiten Generation in absehbarer Zeit auf die Straße zu bringen, ist Fernverkehr von Gütern auf der Straße in gewissem Umfang weiterhin möglich; jedoch weit entfernt von den Wachstumsfantasien der derzeitigen Projektionen, die Öl als reichlich und billig unterstellen. Die räumlichen Strukturen der Arbeitsteilung werden sich ändern – Nähe wird wieder wichtiger. Nicht anders ist es mit dem Flugverkehr, ob für Personen und Güter: Hier sind noch gewisse Effizienz­ potenziale zur Verringerung des Treibstoffverbrauchs vorhanden. Wenn man aber die sehr langen Umlaufzeiten von Forschung und Entwicklung bis zu einer starken Marktdurchdringung nimmt, dann kann das nur in gewissem Umfang helfen. Die Mittel, die nach dem Streichen des Dienstwagenprivilegs und dem Auslaufen der Pendlerpauschale zur Verfügung stehen, werden zur sozialen Abfederung des Übergangs zur postfossilen Mobilität verwendet. Die ökologische und die soziale Frage gehören zusammen. Martin Held

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Quellen:  Martin Held & Manfred Neun: Cycling – The human scale of speed. Wheelpaper – the Velo-city 2010 magazine. Copenhagen, Juni 2010.  Martin Held & Jörg Schindler: Verkehrswende – wann geht’s richtig los. In: Heike Leitschuh et al. (Hg.): Wende überall? Vorreitern, Nachzüglern und Sitzenbleibern. Jahrbuch Ökologie 2013.  Martin Held, Manfred Neun und Jörg Schindler: Mobilitätspyramide und Active-Mobility-Index (AMI). Verkehrszeichen 1/2013.  Jörg Schindler & Martin Held unter Mitarbeit von Gerd Würdemann: Postfossile Mobilität – Wegweiser für die Zeit nach dem Peak Oil. VAS.


Woher kommt der Strom von morgen?

Energiewende von unten

Karikatur: Gerhard Mester

Wir alle brauchen elektrischen Strom. Tag für Tag. Doch woher nehmen wir ihn, wenn wir uns von Öl, Gas, Kohle und Uran als Energiequellen verabschieden möchten? Und wie wollen wir die Energiewende gestalten?

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Foto: Mader

Weitere Infos: www.die-buerger­ energiewende.de www.bund-naturschutz.de/themen/ energie.html

Der Autor Herbert Barthel ist Energiereferent des BUND Naturschutz.

m Wahlkampf tauchte sie kaum auf, die Energiewende – schade, denn eine zukunftsfähige Gesellschaft benötigt einen zukunftsfähigen Motor. Der Motor unserer modernen Technologiegesellschaft ist Energie: für Kommunikation, Arbeiten, Gesundheit, Mobilität, Bequemlichkeit und vieles mehr. Der BUND Naturschutz fordert daher seit über drei Jahrzehnten die Energiewende, den Umbau unserer Energieversorgung, weg von gefährlicher Atomenergie und weg von Kohle, Mineralöl und Erdgas hin zu zukunftsfähigen Erneuerbaren Energien wie Wind, Sonne und Bioenergie – für Strom, Wärme und Verkehr. Der BUND hat 2013 die Kampagne »Die Energiewende in Bürgerhand – Wir sind die Energiewende« ins Leben gerufen, für ein dezentrales und demokratisches Energiesystem. Eine postfossile Gesellschaft kann ihren Reichtum nicht, wie wir es bisher getan haben, auf der Ausbeutung fossiler Ressourcen begründen – nach dem Motto »Nach uns die Sintflut«. Ziel einer Energiewende muss sein, Energie nachhaltig zu bewirtschaften, nur das zu verbrauchen, was uns Sonne, Wind und Bioenergie liefern, ohne Abfälle und Schäden für die nächsten Generationen. Für dieses Ziel ist ein dynamischer und kräftiger Ausbau der Erneuerbaren Energien. Und je schneller, desto besser, denn das CO2, das bei der Stromproduktion durch Öl, Erdgas oder Kohle in die Atmosphäre gelangt, trägt zur Erderwärmung und damit zum Klimawandel bei. Wer ehrlich ist, muss sagen: Einfach abschalten können wir die Energiezufuhr nicht, denn unsere moderne Technologiegesellschaft ist auf Strom angewiesen. Ein »Zurück in die vorindustrielle Zeit« ist unrea-

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listisch. Wer ehrlich ist, muss auch sagen: Stromproduktion, die quasi im luftleeren Raum stattfindet und die niemand bemerkt, die gibt es nicht. Photovoltaikanlagen und Windkraftanlagen sind in der Landschaft deutlich sichtbar. Aber: Wer morgens kein Windrad sieht, muss sich fragen, woher abends der Strom für den Fernseher kam – vielleicht aus dem Kohlekraftwerk, dessen Abgase andere einatmen müssen? Unter dem Zwang unseres Energieverbrauches müssen wir Windräder in Bayern bauen, mit einer fundierten Regionalplanung an geeignete Stellen! Aber zugleich müssen wir über unseren Energieverbrauch ehrlich nachdenken – nur Einsparen von Energie führt die Energiewende zum Erfolg. Energiesparen kann dabei nicht heißen, einen neuen A+++-Fernseher zu kaufen, dann aber mit größerem Bildschirm, und auch nicht eine bessere Wärmedämmung, um dann im Winter die Raumtemperatur hochzudrehen, und auch nicht, mit Biosprit noch schneller und weiter Auto zu fahren. Energieverbrauch muss Gesprächsthema werden, mit Spaß und Einfallsreichtum. Je häufiger wir ein Gerät benutzen, desto mehr müssen wir über dessen Verbrauch nachdenken. 80 Millionen laufende Netzgeräte in Deutschland mit circa 10 Watt verbrauchen 800 Megawatt – und verprassen die Energie eines ganzen Atomkraftwerks! Also: Steckerleisten abschalten! Kochtöpfe mit Deckel sparen Strom, Tempolimit bei Reisen spart Sprit – gut für den Geldbeutel und das globale Klima. Herbert Barthel


M

it Vorhersagen ist es so eine Sache. Manchmal stimmen sie, manchmal nicht – oder sie werden so lange uminterpretiert, bis sie dann doch stimmen. Irgendwie. Viele Propheten haben in den vergangenen Jahrtausenden den Untergang der Welt vorhergesagt. Doch der blaue Planet dreht sich noch immer. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass die Kernbotschaft falsch wäre. Irgendwann wird die Erde verglühen, da sind sich Astronomen und Physiker sicher. Doch bis es soweit ist, wird noch viel Zeit vergehen. Der Klimawandel ist dagegen ein Ereignis, das sich im Jetzt und Hier abspielt. Die Prognosen der vergangenen Jahre haben sich bestätigt. Trotzdem gibt es Skeptiker, die die Erderwärmung noch immer bestreiten oder als Naturereignis interpretieren, an dem die Menschheit gänzlich unbeteiligt ist. Das ist allemal bequemer, als sich dem Problem zu stellen und nach Auswegen zu suchen. Dabei sind die Zeichen eindeutig. Die Menschheit steht vor einem gewaltigen Umbruch, einer großen Transformation. Und es ist nicht allein der Klimawandel, der zum Stresstest für die Menschheit wird. Es ist das Zusammenspiel von mehreren Faktoren, die das Gesicht der Erde in den nächsten hundert Jahren grundlegend verändern, ausgelöst durch das Ende des fossilen Zeitalters. Die Vorräte von Öl, Gas und Kohle werden immer knapper – und so teuer, dass wir sie durch neue Energiequellen ersetzen müssen. Eine globale Energiewende steht bevor. Und sie ist absolut notwendig, um den Klimawandel zu stoppen. Was die Politiker rund um den Globus nicht zu sagen wagen: Ein »weiter so« wird es nicht geben. Auch andere Rohstoffreserven, etwa Metalle, gehen zur Neige.

Stresstest für die Menschheit Die Querdenker des Club of Rome haben schon vor 40 Jahren vor den Grenzen des Wachstums gewarnt. Nur wollte das damals niemand hören. Heute sind ihre Thesen ­aktueller und brisanter denn je. Der große Umbruch hat bereits begonnen.

Trinkwasservorräte und Anbauflächen nehmen ab, während die Weltbevölkerung unaufhaltsam wächst. Finanzsysteme drohen zu kollabieren. Der Globus stößt an seine Grenzen. Davor haben die Wachstumskritiker des Club of Rome bereits vor 40 Jahren gewarnt. Ungläubiges Staunen und wütender Protest waren die Reaktion. Doch die Zeit gibt dem USWissenschaftler Dennis Meadows und seinen Kollegen Recht. Viele ihrer Prognosen sind bereits eingetroffen. Die Probleme werden immer dringlicher und sie erfordern einen grundlegenden Wandel und neue Denkmodelle. Begriffe wie Wirtschaftswachstum, Fortschritt, Humanismus und Gerechtigkeit müssen neu definiert werden. Und auch die Gesellschaft muss sich verändern und diesem Prozess anpassen. Es braucht viel Mut, diesen Wandel anzustoßen. Es gibt dafür keine fertigen Konzepte. Versuch und Irrtum werden eng beieinander liegen. Das zeigt schon jetzt das Beispiel der deutschen Energiewende. Ein Experiment, das die ganze Welt mit großem Interesse verfolgt. Gelingt es, werden auch andere Länder das Konzept übernehmen. Das muss Ansporn und Ziel zugleich sein. Auch wenn es Viele vielleicht noch nicht bemerkt haben. Der große Umbruch hat bereits begonnen und er wird sich nicht aufhalten lassen. Doch er lässt sich gestalten, darin liegt auch eine große Chance. Silvia Liebrich

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Foto: Andreas Monka

Foto: Fotolia/Zuerli

Gastkommentar

Die Autorin Silvia Liebrich ist Redakteurin in der Wirtschaftsredak­tion der Süddeutschen Zeitung.


Foto: Fotolia/Gerhard Seyfert

Schon 1997 hat der BUND Naturschutz erkannt, dass es so wie ­bisher nicht unbegrenzt weitergehen kann. Im Positionspapier »Zukunftsfähiges Bayern« hat der Verband vor 16 Jahren seine Forderungen formuliert. Was hat sich seither getan? Ist Bayern auf einem guten Weg in die Zukunft?

Bayerns Weg in die postfossile Zukunft Foto: Fotolia/fotobi

Erneuerbar Wenn Kohle, Gas, Öl und Uran zur Neige gehen, muss die Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien aufgebaut sein.

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ir brauchen Visionen«, sagte der damalige BNVorsitzende Hubert Weinzierl und stellte bisherige Gewohnheiten in Frage: »Wozu brauche ich so viel Mobilität, so viel Wohnfläche, so viel Energie, wenn ich die meiste Lebenszeit für deren Erarbeitung aufwenden muss?« 1997 war es noch mehr als heute ein gewagtes Unterfangen, den absoluten Geltungsanspruch des Wirtschaftswachstums in Frage zu stellen. Aber schon damals war der BN nicht allein damit: Parallel zur Position »Zukunftsfähiges Bayern« entstand die Studie »Zukunftsfähiges Deutschland«. Herausgeber war der BUND in Zusammenarbeit mit Misereor und dem Wuppertal Institut für Umwelt, Klima, Energie. Nachhaltige Entwicklung und ökologischer Erneuerung waren in diesem Jahr auch das zentrale Thema des Leitantrages auf der Delegiertenversammlung.

Ökologische und soziale Marktwirtschaft

Die Prämisse »Wirtschaftswachstum um jeden Preis«, mit der in den vergangenen Jahren viele politische ­Weichenstellungen getroffen wurden, haben zu einem völlig entfesselten Finanzmarkt geführt, auf dem hochriskante Spekulationen mit gigantischen Summen stattfinden – und im schlimmsten Fall ganze Volkswirtschaften an den Rand des Abgrunds bringen können.

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Nah und gut Regionale Wirtschaftskreisläufe wie hier auf dem ­Wochenmarkt werden in Zukunft eine wichtigere Rolle spielen.

Die Wirtschaftskrise von 2008 hat dies deutlich gemacht. Seither gibt es zwar auf nationaler und inter­ nationaler Ebene Bemühungen, dem Finanzsektor wieder verstärkt Zügel anzulegen, bislang jedoch mit wenig konkreten Erfolgen. Eine ökologische und soziale Marktwirtschaft forderte der BN schon 1997. »Wirtschaftswachstum auf Kosten der Natur ist keine zukunftsfähige Strategie«, so die zentrale Erkenntnis. Als Kernelement des Strukturwandels sollte eine ökologische Steuerreform dienen, die das Aufkommen aus einer Energiesteuer zur Senkung der Lohnnebenkosten verwendet. Auch eine ressourcensparende Produktion, langlebige Produkte und regionales gehörten zu den Forderungen. Und seitdem? Die Debatte um »Peak oil« hat einiges bewegt. Bei immer mehr Menschen kommt die Erkenntnis an, dass das Zeitalter reichlicher und billiger Energie zu Ende geht. Steigende Öl- und Rohstoffpreise bewirken bereits Änderungen am Markt, aber noch nicht in der grundlegenden Struktur des Wirtschaftens. »Schneller, höher, weiter« ist nach wie vor das Motto des Weltmarkts. Ein Hoffnungsschimmer: Im Kleinen beginnt sich einiges zu bewegen. Vom Freistaat geförderte regionale Vermarktungskonzepte, eine wachsende Zahl kritischer Verbraucher und zumindest einige


wenige Unternehmen, in denen umgedacht wird. Dennoch fehlen die politischen Rahmenbedingungen für ein zukunftsfähiges Wirtschaften heute genauso wie 1997.

35 865 Euro pro Einwohner betrug 2012 das Bruttoinlandsprodukt Bayerns. Der Ressourcenverbrauch und durch die Wirtschaft entstandene Umweltschäden werden nicht mit eingerechnet.

Weniger, sicherer, sauberer – die Energiewende

Wenn man 1997 jemandem erzählt hätte, dass 2011 eine schwarz-gelbe Bundesregierung den Atomausstieg beschließen würde – wer hätte einem geglaubt? Tatsache ist: Im Bereich Energie hat sich die politische »Großwetterlage« seit 1997 deutlich verändert. Längst sind aber noch nicht alle Forderungen aus der Position »Zukunftsfähiges Bayern« umgesetzt. Der Atomausstieg: beschlossen (wenn auch mit sehr großem Zeitfenster). Der Umstieg auf Erneuerbare Energien: beschlossen. Abkehr von Energieverschwendung und Großkraftwerken: bislang nur in Sonntagsreden auszumachen. Der BUND Naturschutz fordert deshalb heute noch genauso wie damals entschlossene Bemühungen zur Energieeinsparung und Energieeffizienz. Die Kampagne »Energie in Bürgerhand« des BUND soll den Ausbau dezentraler Strukturen bei Erneuerbaren Energien vorantreiben (siehe auch Beitrag auf S. 18).

25 % des in Deutschland produzierten Stroms kommen derzeit aus Erneuerbaren Energien – Tendenz steigend. In Bayern ist es bereits rund ein Drittel.

40 % der Produktionsstätten Erneuerbarer Energien

in Deutschland gehören Privatpersonen, nur 6,5 % den vier großen Energieversorgern.

50 % des Stromverbrauchs will die bayerische Regierung bis 2020 aus Erneuerbaren Energien decken.

431 000 Photovoltaikanlagen waren Ende 2012 in Bayern installiert

sowie 559 Windkraftanlagen.

Verkehrspolitik, Flächenverbrauch

1997 vermeldete der BN einen massiven Ausbau des überörtlichen Straßennetzes und gleichzeitig einen Streckenverlust beim Schienennetz der Bahn. Daran hat sich bis heute leider nicht das Geringste geändert. Bis auf eine einzige Ausnahme (die LKW-Maut) haben alle damaligen Forderungen nach wie vor Gültigkeit: Priorität für Verkehrsvermeidung. Anreize zum Umsteigen vom Auto auf einen Verkehrsverbund aus Bahn,

Bus, Fahrradfahren und Zufußgehen. Massiver Ausbau des ÖPNV, auch in der Fläche. Im Bereich Straßenbau: Bestandserhalt statt Neubau, Verzicht auf Großprojekte wie die B 15 neu oder den Ausbau des Münchner Flughafens.

17 Hektar verschwanden 2012 in Bayern täglich

unter Asphalt und Beton – das entspricht 25 Fußballfeldern.

2 Milliarden Menschen beförderte die Deutsche Bahn 2012 auf einem Schienennetz von

33 505 Kilometer Länge (2006 waren es noch 34 019 Kilometer).

Naturschutz, Land- und Forstwirtschaft: Bayern ist

Lebensraum für viele Tausend Pflanzen- und Tierarten. Das soll auch so bleiben. Die Forderungen von 1997 sind leider heute noch genauso aktuell: Ausweisung landschaftlicher Vorranggebiete, Sicherung von Lebensräumen für gefährdete Arte und ein »Investitionsprogramm Naturschutz«. Ein Biotopverbundsystem ist begonnen, aber noch längst nicht umgesetzt. Zahllose verpasste Chancen auch im Bereich Land- und Forstwirtschaft: eine konsequente Umsteuerung der Finanzmittel hin zur Förderung einer bäuerlichen, ökologischen Landwirtschaft hat bis heute nicht stattgefunden. Auch die bayerischen Staatsforsten stehen immer mehr unter dem Druck der Gewinnmaximierung. Fast 8000 Tierarten in Bayern galten 2012 als im Bestand bedroht.

6 % der bayerischen Bauernhöfe wirtschaften ­ökologisch.

Natürliche Ressourcen erhalten – Wasser und Boden

Trinkwasser ist unser wichtigstes Lebensmittel, fruchtbarer Boden unsere Lebensgrundlage. Dennoch gehen wir mit beiden Ressourcen um, als ob sie unendlich vorhanden wären. Ein 1997 geforderter, flächendeckender Grundwasserschutz – vor allem vor der Einbringung von Pestiziden und Nitrat aus der nicht-ökologischen Landwirtschaft – ist bis heute nicht umgesetzt. Kein Stück besser sieht es beim Boden aus: Eine Abkehr von wuchernden Gewerbegebieten auf der grünen Wiese? Ein bayerisches Bodenschutzgesetz? ­ Der Rückbau überzogener Erschließungsflächen? Alles Fehlanzeige. Luise Frank

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Tipps für ein nachhaltigeres Leben

»Und was kann ich tun?«

Karikatur: Gerhard Mester

gen von CO2 und ist somit ein echter Klimakiller. Jedes Schnitzel weniger macht einen Unterschied. Übrigens: Wenn alle Menschen auf der Welt sich so ernähren würden wie wir, würden die Ressourcen bei weitem nicht ausreichen, um genügend Würstchen, Steaks und Braten hervorzubringen. Der beste Lebensmitteleinkauf: saisonal, regional und bio.

Energie und Ressourcen sparen

Aus vielen kleinen Steinchen wird irgendwann ein großes Mosaik. Auch auf dem Weg in die postfossile Zukunft werden viele kleine Maßnahmen notwendig sein. Wer mit dem Fahrrad in die Arbeit fährt oder einen Apfel mit einem kleinen Fleck kauft, mag sich nicht fühlen wie ein Weltretter – aber: Wenn das immer mehr Menschen tun, wird es zum Trend, und wenn Millionen Mensch einem Trend folgen, bewegt sich was. Mobilität auf den Prüfstand

In die Arbeit mit dem Auto, zum Arzt mit dem Auto, zum Einkaufen mit dem Auto. Nehmen Sie Gewohnheiten kritisch unter die Lupe. Oft lässt sich mit ein bisschen mehr Organisation einiges erreichen. Viele Autofahrten lassen sich durch Zufußgehen, Radeln oder Busfahren ersetzen. Und vielleicht mal Urlaub im Nationalpark um die Ecke statt eine Fernreise?

Umsteigen auf Ökostrom

Interessante Links: www.kein-heimfuer-plastik.at www.repaircafe.de www.gruenerstromlabel.de

Warum noch länger die Atomlobby unterstützen? Inzwischen gibt es zahlreiche Anbieter von Strom aus Erneuerbaren Energien. Auch bei Ökostromanbietern gibt es Unterschiede. Achten Sie auf »Das grüne Stromlabel«.

Wie viel ist genug?

Weihnachten steht vor der Tür. Wie groß muss der Geschenkeberg wirklich sein? Wie viel lassen wir uns von der Werbeindustrie einreden, und wie viel brauchen wir tatsächlich zum Leben und Glücklichsein? Für die Herstellung eines jeden Konsumartikels werden Ressourcen und Energie verbraucht.

Beim Essen die Welt retten

Banal, aber wirkungsvoll: Essen Sie weniger und wenn, dann besseres Fleisch. Die konventionelle Fleischproduktion mit Importfuttermitteln erzeugt große Men-

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Vermeiden Sie Kunststoffprodukte, denn Plastik wird aus Erdöl hergestellt. Stoffbeutel und Einkaufskorb statt Plastiktüte. Auch Energie aus Erneuerbaren Energien sollte nicht verschwendet werden, deshalb gilt: Alle handelsüblichen Stromspartipps sind auch ein Schritt in Richtung postfossile Zukunft. Zum Beispiel: Geräte nicht auf standby laufen lassen, bei Neuanschaffungen energiesparende Geräte wählen, Steckerleisten mit Abschaltknopf installieren, Stoßlüften statt dauergekippte Fenster, Wärmedämmung aus Naturmaterial ans Haus.

Viel zu schade zum Wegwerfen!

Flohmärkte, Gebrauchtwarenhäuser, Tauschbörsen und zahlreiche Plattformen im Internet bieten heute die Möglichkeit, Dinge, die man nicht mehr braucht, weiterzuverkaufen, zu tauschen oder zu verschenken statt wegzuwerfen. Aber auch Lebensmittel landen Jahr für Jahr tonnenweise im Müll. Achten Sie darauf, angebrochene Packungen aufzubrauchen, bevor sie Neues kaufen. Unterstützen Sie den Verkauf von Obst und Gemüse mit kleinen Schönheitsfehlern.

Vernetzen

»Bewusstsein schaffen« heißt das Zauberwort. Darin haben die Aktiven des BN jahrzehntelange Erfahrung: informieren, überzeugen, bewegen. Geben Sie zum Beispiel dieses Heft zum Lesen an Freunde weiter. (lf)

Zum Weiterlesen:

 Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten Welt: Ein Anstoß zur gesellschaftlichen Debatte, herausgegeben von: BUND, Brot für die Welt und eed, Fischer Taschenbuch Verlag 2009, 14,95 Euro  Grenzen des Wachstums – Das 30-Jahre-Update: Signal zum Kurswechsel, von Donella Meadows, Dennis Meadows, Jorgen Randers, Hirzel 2011, 29 Euro  ECO-World, Das alternative Branchenbuch 2013, das Branchenbuch für ethischen Konsum, ALTOP Verlag 2013, 5 Euro


Foto: Fotolia/Gina Sanders

Lebens- und Umweltqualität in Gefahr

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irtschaftswachstum, steigende Löhne, mehr Wohlstand. Mit diesen altbekannten Heilsversprechen werben Interessensgruppen von der Bertelsmann-Stiftung über Wirtschaftsvereinigungen bis hin zu Großkonzernen und der Bundesregierung für ein »Freihandelsabkommen« zwischen Europa und den USA. Ein solches Abkommen soll mehr Handelsströme und mehr Marktfreiheiten für Unternehmen sichern. Die angestrebte Angleichung von Normen, Standards, Steuern und Verträgen hätte massive Auswirkungen auf die Lebens- und Umweltqualität von 800 Millionen Bürgern in den beteiligten Staaten. Doch die Verhandlungen darüber werden hinter verschlossenen Türen ohne jede Bürgerbeteiligung geführt – Demokratie sieht anders aus. Die Banken- und Finanzkrise hat gezeigt, dass unregulierte Märkte ganze Länder an den Rand des wirtschaftlichen Ruins bringen können. Doch hier geht es nicht darum, die negativen Auswirkungen des vielfach ungeregelten globalisierten Welthandelssystems zu beheben und für Menschenwürde, faire Arbeitsbedingungen und Umweltschutz zu sorgen. Vielmehr setzen Konzerne wie Monsanto, BASF, Google oder BMW die Regierungen in Deutschland und USA unter Druck: Sie beraten die Verhandlungskommissionen und versuchen, die Vorteile der Deregulierung und Liberalisierung aufzuzeigen. Doch die warnenden Stimmen aus der »Zivilgesellschaft« vor einer »Transatlantic Trade and Investment Partnership« (TTIP) werden lauter.

hung für die Umwelt und die Verbraucher auf beiden Seiten des Atlantiks«. Das Abkommen könnte Tür und Tor für Gentechnik, Hormonfleisch und gefährliche Chemikalien öffnen. Mühsam durchgesetzte Errungenschaften der europäischen Umweltbewegung stünden zur Disposition. So wären beispielsweise die europäische Chemikalienverordnung REACH, die Zulassungs- und Kennzeichnungsverfahren für gentechnisch veränderte Lebensmittel und das bislang geltende Importverbot für hormonbehandeltes Rindfleisch betroffen.

Klagerecht für Unternehmen

Besonders brisant: Unternehmen könnten in einem internationalen Schiedsgerichtsverfahren gegen Regierungen klagen, wenn sie durch neue Gesetze ihre Gewinnerwartungen geschmälert sehen. Damit könnte etwa der Atomausstieg, ein Verbot des Gasfrackings oder strengere Effizienzstandards behindert werden. Selbst die Privatisierung der Trinkwasserversorgung und Wasserwirtschaft – in der EU gerade erst erfolgreich abgewehrt – würde wieder auf die Tagesordnung kommen. Das Bündnis fordert daher den Stopp der Verhandlungen und will eine breite gesellschaftliche Diskussion über Standards für einen fairen und umweltgerechten Handel voranbringen. Sebastian Schönauer, Richard Mergner

Türöffner für Gentechnik

Der BUND Naturschutz und sein Bundesverband BUND kritisieren in einem breiten Bündnis von Bauern, kirchlichen Organisationen, Entwicklungsverbänden und Verbraucherschützern die Ziele als »Bedro-

Foto: Stephan

Wirtschaftswachstum um jeden Preis?

Weitere Infos www.carta.info/64438/ttip-die-wunschlisten-der-lobbyisten/ www.dnr.de/aktuell/ttip---nein-danke.html

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Foto: Mader

Das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA darf kein Freibrief für das Wachstum von Konzernen auf Kosten von Mensch und Natur werden.

Woher weht der Wind? Das geplante Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU könnte den Wildwuchs ­unregulierter Märkte fördern.

Die Autoren Sebastian Schön­ auer ist stellvertretender Vorsitzender des BUND ­Naturschutz und Wasserexperte, ­Richard Mergner ist der Landesbeauftragte des BN.


Porträt

Wenn im Spätherbst die Natur ihre Farben einzieht, leuchten aus Braun und Grau die roten Hagebutten und signalisieren: Hier gibt es Nahrhaftes. Vögel und Säuger folgen der Einladung und verbreiten so die kleinen Nussfrüchte, die, eingebettet in raue Härchen, im Inneren der Sammelfrüchte liegen.

dungsförderndes »Blutreinigungsmittel«. Er ist zudem ein traditioneller Haustee; der »Kernlestee« war früher vielfach Schwarztee-Ersatz. Einfach herstellen lassen sich Hagebuttenwein und -likör. Die zart duftenden Blütenblätter aromatisieren Speisen oder Getränke. en Beginn des Frühsommers hatte die Hundsrose Die Hundsrose, uralter Begleiter des Menschen, ist (Rosa canina) verkündet, als sie ihre stacheligen auch präsent in Mythos und Magie. So erscheint im Zweige mit großen, duftenden, hellrosa Blüten Märchen »Dornröschen« symbolhaft die alte Wächterschmückte. Es sind Pollenblumen, denn die besuchen- funktion des stacheligen Strauchs. Vom »Tausendjähriden Insekten wie Bienen, Käfer oder Schmetterlinge gen Rosenstock« an der Apsis des Hildesheimer Doms finden keinen Nektar, sondern »nur« Blütenstaub. erzählt die Sage, dass Kaiser Ludwig der Fromme Die Menschen haben Hagebutten seit Urzeiten ge- (814 – 840) bei einer winterlichen Jagd sein um den sammelt – als Nahrungs- und als Heilmittel. Auch die Hals hängendes Kreuz verloren hatte. Die Diener fananderen heimischen Wildrosensträucher – es gibt etwa den es an einem Hundsrosenstrauch, der grünend und 40 oft schwer unterscheidbare Arten – bieten Blüten blühend inmitten des Schnees stand, und Ludwig ließ und Hagebutten für Menschen und Tiere. Heute wissen an der Stelle eine Kapelle bauen. Nach neueren Unterwir, dass die Früchte einen sehr hohen Vitamin-C-­ suchungen mag der Strauch, der nach der Zerstörung Gehalt haben, der auch durch Kochen nicht wesentlich durch Bomben im 2. Weltkrieg wieder wundersam erverringert wird, dass etwa Carotinoide, Fruchtsäuren, standen ist, tatsächlich um die 1000 Jahre alt sein. Drei Gerbstoffe, ätherisches Öl und fettes Öl wohltuend wir- Hagebutten an Weihnachten oder Neujahr gegessen, ken. Neben Mus (siehe Kasten) und Konfitüre schätzt galten mancherorts als glückbringend. man in der Volksmedizin den Tee. Hergestellt aus Die Hundsrose schätzt lehmigen, sandigen oder ­getrockneten Fruchtschalen und/oder Kernen, gilt er steinigen Boden und sonnige Plätze wie Ränder von unter anderem als immunstärkend und als ausschei- Wäldern, Hecken, Wegen und Straßen. Auch im Siedlungsbereich erscheint das raschwüchsige Gehölz, etwa auf Brachen. Diese Flächen, deren ursprüngliche Nutzung weggefallen ist, sind günstig für das Stadtklima und zeichnen sich durch große biologische Vielfalt Hagebuttenmus aus. Sie stehen heute oft im Spannungsfeld zwischen R eife, feste oder leicht erweichte Zersiedelung und Verdichtung. Der BUND Naturschutz Hagebutten waschen. Stiel- und setzt sich für eine differenzierte Betrachtung des ProbBlütenansatz abschneiden, längs halbieren. lems ein und fordert, trotz vielerorts wachsenden  F rüchte (»Kerne«) entfernen. (Wegen der kratzenWohnraumbedarfs, besonders wertvolle Brachflächen den Härchen mit Handschuhen arbeiten.) zu erhalten.  F ruchtschalen waschen, um sie von Härchenresten

Foto: privat

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Die Autorin Dr. Gertrud Scherf hat mehrere ­Pflanzenbücher verfasst.

zu reinigen; in einem Topf knapp mit Wasser bedecken, über Nacht zugedeckt stehen lassen. M asse weich kochen. Durch ein Sieb streichen. N ach Belieben mit Zucker oder Honig süßen. Geeignet als Kuchenfüllung, Beilage zu Waffeln oder Pfannkuchen, Grundlage für Desserts, beispielsweise mit Vanillecreme oder Quark.

Konfitüre: Das ungesüßte Mus mit Zucker – etwa 300 g Zucker auf 500 g Mus – und etwas Zitronensaft bis zur gewünschten Konsistenz kochen.

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Buchtipp: Wildkräuter & Wildfrüchte

In ihrem aktuellen Buch zeigt unsere ­Autorin Gertrud Scherf, was die Natur jeden Monat neu an Köstlichem zu bieten hat und wie man daraus leckere Gerichte be­reitet. BLV-Verlag, ISBN 978-3-8354-0718-3, Euro 14,95. Bestellung unter Tel. 0 91 23 - 99 95 70, info@service. bund-naturschutz.de

Zeichnung: Claus Caspari; aus »Der BLV Pflanzenführer für unterwegs«, BLV Buchverlag

Die Hundsrose


Foto: blickwinkel/Hecker/Sauer

Der BUND Naturschutz setzt sich für gefährdete Insekten ein, die als Bestäuber unserer Pflanzen von großer ökolo­ gischer Bedeutung sind. Auch Schwebfliegen zählen dazu, etwa die seltene »Lejogaster metallina«.

BEDROHTE BESTÄUBER


Sie ist alt, uralt sogar. Die Eibe kam schon vor 150 Millionen ­Jahren vor und ist damit die ­älteste in Europa heimische Baumgattung. Früher wurde ihr sogar ewiges Leben angedichtet – und mehr als 1000 Jahre kann sie tatsächlich werden. Vielleicht, weil sie sich für alles Zeit lässt.

Die Zeit der Eibe

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m Schatten ihrer schnellwüchsigen und lichthungrigen Kollegen kann die Eibe Jahre und Jahrzehnte ausharren. Keine andere Baumart ist besser auf ein Leben im Dämmerlicht des Kronendachs eingestellt als sie. Mit etwa 20 Metern maximaler Höhe reicht sie nicht an ihre hoch aufgeschossenen Waldnachbarn heran. Dafür ist sie die Baumart mit dem längeren Atem, deshalb kommt sie sowohl als Pionierbaumart im Anfangsstadium eines Waldes als auch im Unterwuchs alter Buchen- und Mischwälder vor. Aufs Durchhalten programmiert, verfügt sie über eine außer­ ordentliche Regenerationsfähigkeit: Sogenannte Senkerwurzeln verankern sie tief in der Erde, schlafende Knospen treiben aus, wenn abgestorbene Äste ersetzt werden müs-

Europäische Eibe (Taxus baccata) Klasse: Nadelhölzer (Pinopsida) Ordnung: Kiefernartige (Pinales) Familie: Eibengewächse (Taxaceae) Verbreitung: vom Atlasgebirge in Nordwestafrika über Europa, Kleinasien bis in den Kaukasus und den Nordiran Status: in Deutschland und Bayern gefährdet

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sen oder plötzlich mehr Licht zur Verfügung steht. Stockausschläge und zusätzliche Triebe wachsen an schwächelnden Hauptstämmen empor, stützen sie und verwachsen damit. Ihr Wuchs wirkt deshalb oft eigen und knorrig. Die Rinde ist graubraun bis rötlich und löst sich in Schuppen vom Stamm, ähnlich wie bei der Platane. Anders als beispielsweise bei Zypressen, führen die Nadeln der Eibe kein Harz, weshalb sie beim Zerreiben nicht duften.

Unersättliche Nachfrage

Wahrscheinlich ist es dieses lang­ same Wachstum, das dem Holz der Eibe seine einzigartige Zähigkeit und Härte verleiht. Der »Stahl der europäischen Baumarten« wird es deshalb auch genannt. Das Wissen um diese Qualität ist uralt: Die zwei ältesten bisher gefundenen hölzernen Werkzeuge sind Jagdwaffen aus Eibenholz, etwa 150 000 und 90 000 Jahre alt. Und auch Ötzi wagte den Weg über die Alpen nicht ohne seinen Eiben-Langbogen. Elastisch und doch extrem hart, eignet sich das Holz hervorragend als Werkstoff für Bögen und Armbrüste. Dement-

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sprechend war die Nachfrage lange Zeit nahezu unersättlich – mit dramatischen Folgen. Im Mittelalter brachen in ganz Europa die Bestände zusammen. Anteil an deren Dahinschmelzen hatten auch die Fuhrleute. Sie rückten dem Nadelbaum zu Leibe, wo immer sie konnten, denn das Taxin in den Nadeln und Ästen der Eibe kann ein ausgewachsenes Pferd töten. Unglücklicherweise hält es aber Rehe nicht vom Naschen ab. Vermutlich nehmen diese immer nur geringe und deshalb nicht tödliche Mengen auf. Unter Forstleuten wird sogar vermutet, dass sie die Eibe gerade wegen ihrer berauschenden Wirkung aufsuchen. Wie auch immer, all diese Faktoren haben dazu geführt, dass die Eibe mittlerweile eine Rarität in unseren Wäldern ist. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung hat deshalb im vergangenen Jahr erstmals eine deutschlandweit einheitliche Inventur durchführen lassen. Das Ergebnis: Obwohl sich die zahlreichen Kulturformen der Eibe in Gärten und Friedhöfen großer Beliebtheit erfreuen, ist die Wildform mit bundesweit 60 000 erfassten Exempla-


Vorsicht geboten Alles an der Eibe ist ­giftig – bis auf das verführerisch rote Fruchtfleisch der Beeren.

Vielfalt als roter Faden

Foto: privat

Erwin Engeßer ist Forstbetriebsleiter in Kelheim, seit fast 40 Jahren BN-Mitglied und heute Sprecher der Ortsgruppe Kelheim. Sein Engagement für den Naturschutz hat ihn zu seinem Beruf gebracht – und damit auch zur Eibe. Rein ökonomisch gesehen, ist die Eibe im Wirtschaftswald eigentlich kein Gewinn. Warum liegt Sie Ihnen trotzdem so am Herzen?

Fotos: Willner

Ich bin vor 23 Jahren hierher gekommen und seit dieser Zeit auch für den Staatswald im Bereich der Weltenburger Enge zuständig. Damals war ich begeistert, dass es hier noch so viele Eiben gibt. Das kannte ich von keinem anderen Waldgebiet. So habe ich Feuer gefangen, mich intensiver mit dieser Baum­art befasst und auch erfahren, dass die Eibe früher überall im Lande verbreitet war und bereits im Mittelalter nahezu ausgerottet wurde. Seither ­versuche ich, die Eibe auf der ganzen Forstbetriebsfläche wieder zu etablieren.

ren nicht nur selten, sondern teilweise sogar in ihrem Vorkommen bedroht. Das Gros der Bäume fanden die Wissenschaftler in Thüringen (33 000) und Bayern (15 000).

Bayerns Eibenwälder

Die eigentliche Stärke der Eibe – ihr langsamer Wuchs – ist heute ihre Achillesferse. In den auf schnelle Rendite getrimmten Wirtschaftswäldern hat sie kaum eine Chance. Bis zu 25 Jahre müssen junge Eiben vor hungrigen Rehen geschützt werden, damit sie alt und groß werden können. Das ist vielen Waldbesitzern zu teuer, weshalb sich der BUND Naturschutz seit langem für niedrigere, waldverträgliche Wilddichten einsetzt. In Bayern gibt es trotz alledem noch schöne Bestände der Eibe. Einer der bekanntesten ist sicher der Paterzeller Eibenwald nahe dem oberbayerischen Weilheim. Mit über 2000 älteren Eiben ist er einer der größten in ganz Deutschland. Die Aktiven der BN-Kreisgruppe Weilheim setzen sich hier seit Jahr-

zehnten mit viel Engagement und Aufklärungsarbeit für den Erhalt dieses Kleinods ein. Ein weiteres großes Vorkommen findet sich in den Wäldern der Weltenburger Enge bei Kelheim. Dass die Eibe hier eine Zukunft hat, liegt auch an Erwin ­Engeßer, dem dortigen Forstbetriebsleiter und BN-Mann (siehe ­Interview). Mit der bundesweiten Erfassung kann nun besser entschieden werden, wo der Schutz der Eibe am besten ansetzen muss. Laut Studie gibt es große genetische Unterschiede zwischen nördlichen und südlichen Vorkommen. Die wichtigsten Standorte im Norden und Süden des Landes müssen deshalb geschützt und verjüngt werden. ­Vereinzelte Vorkommen sollen nach Möglichkeit durch »Trittsteine« verbunden werden. Und dann kommt sie hoffentlich bald wieder in unseren Wäldern, die Zeit der Eibe. Heidi Tiefenthaler

Können Sie auch Ihre Revierförster für diese Idee begeistern?

Ja, auf jeden Fall, die ziehen alle sehr gut mit. Wir haben den Plan, in den nächsten zehn Jahren in jeder Waldabteilung Eibentrupps zu pflanzen.

Hat die Eibe eine wichtige Funktion im Wald?

Sie ist einfach eine Bereicherung und bietet uns als Schattenbaumart die Chance, eine zusätzliche Schicht und damit mehr Struktur im Wald zu bekommen. Ich habe immer gesagt, je mehr Vielfalt – desto ­besser. Das zieht sich wie ein roter Faden durch meine 35 Dienstjahre und war mir immer ein guter Ratgeber.

Und was nützt mehr Vielfalt und Strukturreichtum?

Die Wälder werden dadurch stabiler und widerstandsfähiger: An jeder Baumart hängen weitere Arten – dadurch wird das ökologische Netz größer. Ein vielfältiger Wald ist besser für die Zukunft ­gerüstet, zum Beispiel auch unter dem Aspekt der Klima­erwärmung.

Wie wird die Eibe damit klarkommen?

Die Eibe ist eine zähe und sehr langlebige Baumart, die auf vielen verschiedenen Standorten zurechtkommt. Sie kann viel Schatten ertragen, aber auch im Licht wachsen. Also ich denke, dass sie gut mit dem Klimawandel klar kommt.

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BN begrüßt 200 000stes Mitglied

Foto: BN

ieses Jahr kann der BUND Naturschutz nicht nur sein 100-jähriges Jubiläum feiern, sondern auch sein 200 000stes Mitglied willkommen heißen. Die vierköpfige Familie Floder aus dem Landkreis Traunstein hat sich im Sommer für eine Familienmitgliedschaft beim BN entschieden und ist just das 200 000ste Mitglied geworden. Damit haben sich so viele Menschen wie noch nie in Bayerns größtem und ältestem Natur- und ­Umweltschutzverband zusammengefunden. Der BN-Landesvorsitzende Hubert Weiger (im Bild 3. v. l.), Landesgeschäftsführer Peter Rottner (2. v. l.) sowie die Traunsteiner BN-Vorsitzende Beate Rutkowski (links) und ihr Stellvertreter Hermann Eschenbeck (rechts) begrüßten Familie Floder persönlich beim BN und überreichten ihr einen Geschenkkorb. Darin ent­ halten waren Produkte aus BN-Projekten wie Likör aus dem Kalchreuther Kirschenprojekt bei Erlangen oder Lammleberwurst vom Rhönschafprojekt. Für die Kinder gab es zwei Plüschbiber.

Bürger entscheiden gegen Straßenneubau

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ei einem Bürgerentscheid in Langenzenn im Landkreis Fürth haben sich die Bürger Ende September gegen den Bau einer Nordumfahrung des Ortes durch das Schutzgebiet Zenntal ausgesprochen. Die BN-Ortsvorsitzende Regina Heeren zeigte sich hocherfreut angesichts der Zustimmung zu dem vom BN und der örtlichen Bürgerinitiative gegen die Nordumgehung erzwungenen Entscheid. Die Stadtratsmehrheit hatte ein Ratsbegehren dagegen gestellt und wollte die Straße unbedingt bauen. Da sowohl Bürgerentscheid als auch Ratsbegehren eine Mehrheit erreichten, entschied die Stichfrage: Hier stimmten 56,68 Prozent der Langenzenner dafür, dass im Fall einer Pattsituation der Entscheid der Bürgerinitiative gilt.

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Foto: JBN

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JBN-Aktion auf dem Zugspitzgletscher

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nde August zogen 17 Aktive der BN-Jugend­ organisation JBN aus, um an geeigneter Stelle auf den Klimawandel hinzuweisen: auf dem Gletscher der Zugspitze! In Eisbärenkostümen und ausgestattet mit Infomaterial, Bannern und einem gigantischen Rettungsschirm für das Klima ging es an den Aufstieg. Oben angekommen verdeutlichten die kläglichen Reste des Zugspitzgletschers in erschreckender Evidenz die Notwendigkeit eines konsequenten Klimaschutzes. Experten gehen davon aus, dass das Eis in 20 Jahren verschwunden sein könnte. Die JBN erntete für ihren Einsatz großen Zuspruch von Zugspitztouristen aus aller Welt. Es darf nicht nur an Symptomen gearbeitet werden – die Ursache selbst, der Klimawandel muss endlich angegangen werden!

Seehofer: Entscheidung beim Donauausbau ist irreversibel

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ach der Entscheidung der bayerischen Staatsregierung zu Jahresbeginn, die Donau zwischen Straubing und Vilshofen nicht zu kanalisieren und stattdessen auf die Natur schonendere Ausbauvariante A zu setzen, regte sich Widerspruch: So ließen Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer und Vertreter von Wasser- und Schifffahrtsbehörden wissen, dass auch die Staustufenvariante C künftig noch möglich sei. Die Donau werde nur im Abschnitt zwischen Straubing und der Isarmündung nach Variante A ausgebaut; ab der Isarmündung sei alles offen. Um hier Klarheit zu erlangen, hakte der BN bei Ministerpräsident Horst Seehofer nach. In einem Schreiben vom 11. September bestätigte See­ hofer, dass der beschrittene Weg eines sanften Donauausbaus irreversibel sei. Auch im Abschnitt nach der Isarmündung »sollen keine Staustufe und kein Stichkanal gebaut und dazu keine Verfahren eingeleitet werden«. Bayern werde dies mit großem Nachdruck verfolgen. Der BN nimmt den Ministerpräsidenten beim Wort und wird alle weiteren Schritte an der Donau genau im Auge behalten.

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Jubiläumsauktion: Wer bietet mehr? ubiläumsparty auf der Arche – so sieht der berühmte Zeichner und Karikaturist Horst Haitzinger den 100. Geburtstag des BUND Naturschutz: Biber, Bär und Co bringen ein Ständchen. Dankenswerterweise hat Horst Hait­ zin­ger sein Original-Kunstwerk, ein Aquarell im Format DIN A3, für eine Benefizversteigerung zur Verfügung gestellt. Jeder kann online mitbieten. Das aktuelle Höchst­ gebot lag zu Redaktionsschluss bei 2050 Euro. Wer das Jubiläumsaquarell haben möchte, sollte sich allerdings nicht mehr allzu viel Zeit lassen, denn die Versteigerung läuft nur noch bis Jahresende 2013. Der Erlös kommt einem Naturschutzprojekt des BN zugute. Jetzt mitbieten unter www.bund-naturschutz.de/100-jahre-auktion

Foto: BN

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Neuer BN-Beirat

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m 6. Juli kam der dieses Jahr neu gewählte Beirat des BUND ­Naturschutz zu seiner ersten Sitzung zusammen (Bild). Dabei wählten die 36 Beiratsmitglieder zum zweiten Mal Manfred Engelhardt (2. v. r.) zu ihrem Sprecher. Engelhardt – Gymnasiallehrer und Vater zweier Kinder – ist seit vielen Jahren im Beirat aktiv und zudem Kreisvorsitzender des BN in Kitzingen. Als sein Stellvertreter wurde Max Walleitner aus der Kreisgruppe München bestätigt. Der Beirat des BUND Naturschutz arbeitet ehrenamtlich und wird alle vier Jahre auf der Delegiertenversammlung gewählt. Er berät den Landesvorstand und überwacht die Umsetzung der Beschlüsse der Delegiertenversammlung. Außerdem entscheidet er über Fachpositionen und Finanzen, beschließt über grundsätzliche Fragen, Aktionen und Programme.

Equipment für Energiedetektive

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BN klagt gegen Frankenschnellweg nfang August hat der BUND Naturschutz gegen den Planungsbeschluss der Regierung von Mittelfranken für den Ausbau des Frankenschnellwegs in Nürnberg geklagt. Mit dem Ausbau der Straße droht eine Transitautobahn durch Nürnberg und letztlich eine Wiederauflage der erst nach dreißig Jahren Kampf verhinderten Rednitztalautobahn. Die veranschlagten Kosten für den Straßenbau liegen bei 450 Millionen Euro – Geld, das sinnvoller für öffentliche Verkehrsmittel wie die Stadt-Umland-Bahn, die Sanierung von maroden Brücken oder die überfällige Renovierung von Schulen der Stadt eingesetzt werden sollte. Unterstützt wird der BN bei seiner Klage vom Verkehrsclub Deutschland, dem Verein zum Schutz des Rednitztals und der Bürgerinitiative gegen den Frankenschnellweg. Dennoch ist der BN dringend auf finanzielle Unterstützung angewiesen: Spendenkonto 9 300 001 100, Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 700 205 00, Stichwort »Klage Frankenschnellweg«

Foto: fotolia.com/fotoflash

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as Einsparen von Energie ist der wichtigste Schritt auf dem Weg zu einer erfolgreichen Energiewende. Wie und wo der einzelne Bürger ansetzen kann, zeigt der BN: Mehrere Kreisgruppen – zum Beispiel Regensburg und Bad Kissingen – bieten Wärmebildkameras an, um herauszufinden, wo die Wärmelecks des eigenen Hauses liegen und man in punkto Wärmedämmung nachbessern könnte. In Landshut und Kitzingen lenkt der BN die Aufmerksamkeit in den Keller: Dort verschwenden alte Heizungspumpen Strom, wo moderne Geräte die gleiche Leistung für weniger als ein Fünftel des Energieeinsatzes bringen könnten. Das BN-Bildungswerk verleiht seit Kurzem Strommessgeräte, mit denen Energiedetektive den Stromfressern in ihrem Haushalt auf die Spur kommen und Ideen entwickeln können, den eigenen Stromverbrauch zu senken – auch zum Wohle des Weltklimas. Kontakt zu BNKreisgruppen und BN-Bildungswerk: www.bund-naturschutz.de

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Mit Hammer und Harke

Fotos: JBN

Sie ziehen in Mönchskutten durch die Straßen, entmüllen einen Weiher und bauen mitten in der Stadt Kartoffeln an: Die Bamberger JBN ist seit Jahren vielfältig aktiv.

Sie haben eine Mission, so wie

­ artin Luther vor gut 500 Jahren. Sie M werden für ihre Forderungen ein­ stehen wie einst der Reformator. Die Dezemberkälte kann ihnen nichts ­anhaben, auch die verwunderten ­Blicke der Passanten lassen sie unberührt. Im schwarzen Mönchsgewand ziehen sie gemessenen Schrittes durch die Bamberger Altstadt, vier Mönche in schwarzer Kutte und ihr Gefolge. Reporter begleiten sie, eine Fernsehkamera hält das Geschehen fest. Die Prozession hält am Portal der Martinskirche und an der ­Rathaustür. Erst sind die Hände der Mönche nur zum Gebet gefaltet. Dann haben sie Papier, Nägel und einen gewaltigen Hammer parat.

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­ in Knall hallt durch die Straßen, E noch einer und noch einer: Die ­Mönche schlagen ihre Thesen an. Nicht die Reform der Kirche fordern sie, nein. Sie wollen Politik und Gesellschaft wachrütteln, endlich mehr für den Klimaschutz zu tun. Heute handeln  Ausgedacht hat sich diese Aktion die Bamberger JBN. Ihr Banner flattert im Wind. Helfer verteilen Infomaterial und sammeln ­Unterschriften. Damit jeder die Botschaft hört, kommt auch ein Mikrofon zum Einsatz. »Verringert den Ausstoß von Treibhausgasen«, fordern die streitbaren Mönche und un-

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termauern ihr Begehr mit vier zusätzlichen Hammerschlägen. Weiter geht es mit den Thesen, bis zur vielleicht wichtigsten: »Handelt heute, denn morgen kann es schon zu spät sein!« Die Forderungen klingen unverändert aktuell, doch die Aktion liegt ­bereits vier Jahre zurück. Ende 2009 wollte die neu gegründete Bamberger JBN-Gruppe auf die gerade laufende Klimakonferenz in Kopenhagen hinweisen. An ihr Lampenfieber erinnern sich die Protagonisten immer noch. »Am Anfang hatte ich ziemlich Schiss. Das war meine erste große Aktion, und ich wusste nicht, wie die Leute reagieren würden«, erzählt Lukas Garbe. »Wir haben unsere Thesen nicht wirklich ans Holz der Türen genagelt, sondern nur so getan. Trotzdem war es ein tolles Gefühl, die ganze Kirche hallen zu hören nach den Schlägen – obwohl wir nur einen Gummihammer hatten.« Ausflüge und Aktionen  Seitdem hat die Bamberger JBN vieles aufgegriffen, das ihr auf den Nägeln brennt. Sie haben an den großen Demos gegen Atomkraft nach Fukushima teilgenommen. In diesem Sommer haben sie mit dem Fahrrad ein Wasserkraftwerk und – als Kontrast – den Atommeiler in Gundremmingen besucht. Auf einem Gemeindezentrum haben sie Solarzellen installiert und so ein bisschen zur Energiewende in Franken beigetragen. Außerdem waren sie gemeinsam im Steigerwald, den der BUND als Natio-


nalpark schützen möchte. Und sie haben ein Hör-Memory und einen Barfußparcours für das Bamberger Flussfest entwickelt. Praktischer Naturschutz steht ebenfalls auf dem Programm. »Einmal hatten wir uns vorgenommen, einen Weiher von all dem Müll zu befreien, der sich dort viele Jahre angesammelt hatte. Die Ausbeute hat uns überrascht«, meint Lukas Garbe. Mit Wathosen, Müllgreifern und Gummistiefeln brachten sie massenweise Abfall ans Licht: Dosen, Flaschen und anderes Kleinzeug, aber auch einen

Cityroller, eine Parkbank und einen Kaugummiautomaten. Ein spontan errichtetes Müllmahnmal forderte Passanten zum Nachdenken auf. Lust auf Regionales  Lukas Garbe hat die Bamberger JBN einige Zeit mit geleitet. Hat der 19-Jährige ein Patentrezept da­für, wie eine Gruppe zusammenhält? »Es ist gut, wenn Leute dabei sind, die motivieren können und organisiert sind«, meint er. »Doch gute Stimmung ist auch wichtig: Wir haben oft DVDs geschaut oder uns zu Spiele-Nachmittagen verabredet. So entstehen Freundschaften, und alle haben später Lust, neue Aktionen zu starten.« Nach seinem Abitur macht Lukas Garbe nun ein freiwilliges ökologisches Jahr bei einer Energieberatung. Die Gruppe schart sich inzwischen um die neuen Leiterinnen Valerie Gleisner und Jessica Ruff. »Wir kümmern uns derzeit vor allem um Regionales«, so Jessica Ruff, eine 19-jährige Studentin. Die Bamberger JBN steht parat, wenn Krötensammler gesucht werden, es gegen den Ausbau eines Regionalflughafens zu mobilisieren gilt oder sich beim »Tag der Jugend« die Verbände präsentieren. Kartoffeln verschenken  Die jungen Bamberger haben sich auch dem Thema Ernährung verschrieben. Im Frühling verschenkten sie Tüten ­voller Bamberger Hörnle, einer regionalen Kartoffelsorte mit besserer Ökobilanz als die übliche Massen­ ware. »Wir haben keine Angst vor Dreck unterm Finger­nagel«, lacht ­Jessica Ruff. Und so verwandelte ein

Zum großen Jubiläumsfest in Wartaweil ­ gab es strahlend blauen Himmel und satte 35 Grad. Wie gut, dass die Jugend- und ­Bildungseinrichtung des BN direkt am ­Ammersee gelegen ist, der willkommene ­Abkühlung bot. Über 200 Gäste waren ­gekommen, um mit der Jugendorganisation des BN, der JBN, ein buntes, fröhliches ­Geburtstagsfest zum 100-jährigen Bestehen des BUND Naturschutz zu feiern. Gegen Abend, nach festlichen Reden und Führungen, wurde aufgetischt und angezapft. Bei einer Party in der Bootshalle konnte danach weitergefeiert werden.

Dutzend junger Umweltschützer städtisches Grünland in einen fruchtbaren Kartoffelacker. »Monatelang haben wir geackert, gejätet, gepflanzt und gegossen – und dann ­reiche Ernte eingefahren.« Frisch motiviert starten die ­Bamberger ins neue Jahr. Vielleicht werden sie mitten in der Stadt ein Picknick organisieren, um zu zeigen, wie man sich regional und ökologisch ernähren kann – und der Genuss nicht zu kurz kommt. Helge Bendl

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Neuer Umgang mit Lebensmitteln

Sarah Wiener hat ein kämpferisches Buch über einen bewussteren Umgang mit unserer Nahrung geschrieben. Es ist eine Art persönliches Manifest der bekannten Spitzen­ köchin für mehr Achtung vor dem, was uns nährt. Rezepte gibt es nur wenige, stattdessen erklärt Sarah Wiener in Experteninterviews und sehr persönlichen Stellungnahmen, warum sie sich für einen neuen Speiseplan stark macht. »Ganze Generationen begeben sich durch ihr Nicht-Wissen in Abhängigkeit zur Nahrungsmittelindustrie mit ihren stark verarbeiteten Speisen und ihrem Einheitsgeschmack«, schreibt sie. Ihr Alternativprogramm: wieder mehr selber kochen – und es seinen Kindern beibringen! Tipps für einen nachhaltigen, regionalen Einkauf runden das Buch ab. Sarah Wiener: Zukunftsmenü – Warum wir die Welt nur mit Genuss retten können, Riemann Verlag, ISBN: 978-3-570-50150-4, 19,99 Euro

Mehr als Marmelade

So schmecken die Berge

Susi Schneider hat zehn Jahre lang eine Hütte in den Tiroler Alpen bewirtschaftet. Für dieses Buch hat sie von Hüttenwirten aus Deutschland, Österreich und Südtirol Rezepte ­gesammelt. Bei deftigem Eintopf, Kaspressknödeln oder Hirten­ makkaroni werden sofort Urlaubs­ erinnerungen wach. Jedes Rezept ist so gut bebildert, dass einem das Wasser im Mund zusammenläuft. Es gibt fleischhaltige, vegetarische und süße Gerichte. Das Repertoire reicht von bodenständig bis hin zu experimentierfreudig, aber allen ­Rezepten gemeinsam ist: Sie sind einfach und ursprünglich. Susi Schneider: Mein Hüttenkochbuch, Rosenheimer Verlagshaus, ISBN: 678-3-475-54194-0, 16,95 Euro

Ein wertvoller Ratgeber für alle, die unter Vorratshaltung mehr als ein paar Marmeladenrezepte ­verstehen. Haushalts- und Ernährungsexpertin Hildegard Rust erklärt, dass Haltbarkeit mit der Auswahl frischer, guter Lebensmittel beginnt. Sie gibt Tipps für den Einkauf und die richtige Lagerung und erklärt ausführlich und mit vielen praktischen Tipps und Rezepten verschiedene Techniken der Haltmarmachung: durch Zucker und Hitze, durch Dörren, durch Ein­ salzen, durch Milchsäuregärung, Pökeln, Räuchern und anderes mehr. Wer die Rust’schen Tipps befolgt, hat nicht nur einen gut gefüllten Vorratskeller, sondern muss auch nie mehr schlechtgewordene Reste wegwerfen. Hildegard Rust: Vorrat halten, Alois Knürr Verlag, ISBN: 978-3928432-47-4, 24,90 Euro

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Jubiläumsbildband erschienen

Es ist DAS BN-Buch! In 100 Jahren seines Bestehens hat der BUND Naturschutz jetzt erstmals einen umfassenden Bildband über sich und seine Arbeit veröffentlicht. »Achtung ­Heimat« lädt dazu ein, Bayerns Natur ganz neu zu entdecken: mit dem kundigen Blick von ­Naturschützern.

Bayerns Natur neu entdecken

B

ayern sähe heute anders aus, wenn es den BN nicht gäbe – das kann der BUND Naturschutz mit Fug und Recht von sich behaupten, wie auch schon der Wander­ führer »Gerettete Landschaften« ­dokumentierte. Viele herrliche Landschaften, mit denen sich der Freistaat heute rühmt, wurden erst aufgrund der Initiativen des Ver­ bandes gerettet. Atemberaubend schöne Naturfotografien machen die Lek­türe des Bildbandes zu einem optischen Genuss – und den Bildband zum perfekten Weihnachtsgeschenk! Überhaupt wurde mit höchstem Qualitätsanspruch Bildmaterial zusammengetragen, das einfach jede Leserin und jeden Leser berührt. Das Buch lädt zu einer Entdeckungsreise durch Naturschutz­ themen und deren Geschichte in Bayern ein: Alpen, Wald, Flüsse – aber nicht nur Landschaften, sondern Themen wie Müll, Energiewende, Flächenfraß oder verlorene Landschaften haben ihren Platz in »Achtung Heimat«. Die Leser können die ehrfurchtgebietenden Buchenwälder des Steigerwalds ­bestaunen, zu majestätischen Alpengipfeln auf­blicken oder anhand von historischen Bildern entdecken, wie das deutsche Mülltrennungssystem ­entstand oder die Stimmung

am Bauzaun der geplanten WAA in ­Wackersdorf war. Zeitsprungbilder machen den Landschaftswandel sichtbar. Faszinierende Tier- und Pflanzenbilder zeigen Bayerns schützenswerte Artenvielfalt. Kein »Hurra«-Buch, sondern eine offene, kritische Bestandsaufnahme. Sie zeigt, wofür und warum sich Menschen jeden Alters seit 100 Jahren im BUND Naturschutz, Bayerns größtem Umweltverband, engagieren. Ob seinerzeit am WAA-Zaun oder heute an der Donau. ­Heimat

ist damit für den BN nichts Rückwärtsgerichtetes und schon gar nichts Volkstümelndes. Es lohnt sich, diese Heimat neu zu ent­ decken! »Achtung Heimat«, Volk Verlag, ISBN: 978-3-86222-114-1, 29,90 Euro, erhältlich über die BN Service GmbH, Tel. 0 91 23-99 95 70, im Buchhandel oder per Bestellkarte hinten im Heft.

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Klage gegen dritte Startbahn: Entscheidung steht bevor

Bekommt die Natur ihr Recht?

Foto: Fotolia, rofus

Seit März kämpfen der BN, mehrere Privatkläger und Kommunen sowie der Landkreis Freising vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gegen die geplante dritte Start- und Landebahn am Flughafen München.

Foto: privat

D Christine Margraf ist die BN-Regionalreferentin für Oberbayern. Sie vertritt den BN im Prozess gegen die dritte Startbahn.

ie bayerische Staatsregierung als Mehrheitseigner an der Flughafen-München-Gesellschaft (FMG) hält an der Planung fest – und das, obwohl die Münchner Bürgerinnen und Bürger mit deutlicher Mehrheit im Bürgerentscheid im Juni 2012 die dritte Bahn abgelehnt haben und sich bisher keiner der OB-Kandidaten Münchens davon distanziert hat. Einem Baubeginn müsste aber die Stadt München als Anteilseigner zustimmen. Und obwohl die Flugbewegungen sinken und 2013 vermutlich das Niveau von 2004 erreichen werden. Was die FMG als Bedarf für 2025 an Flug­ bewegungen prognostiziert hat, ist nicht mehr zu erreichen, für die ­realistisch absehbare Entwicklung reichen die beiden bestehenden Bahnen völlig aus. Die Richter entschieden rasch, dass der Münchner Bürgerentscheid für das Gerichtsverfahren keine Rolle spielt. Dann folgten acht Verhandlungstage zum Bedarf. Vor allem der BN hat Widersprüche und völlig realitätsfremde Annahmen in den Prognosen und Berechnungen aufgegriffen. Ein Pilot, der die Aussagen des BN bestätigen wollte,

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Foto: Pixelio, Stefan Zerfaß

Wachstum um jeden Preis? Eine dritte Startbahn am Münchner Flughafen würde auch den Lebensraum vieler Vogelarten wie des ­Kiebitzes zerstören.

durfte nicht aussagen. Absurd ist das Urteil des Hessischen VGH, das die Beklagte laufend zitiert: »Eine Prognose wird nicht dadurch falsch, dass sich die Realität anders ent­ wickelt als vorhergesagt.« Immer wieder wird klar: Auf Seiten der Kläger stehen die Realität, gesunder Menschenverstand, Überzeugungen und Engagement, auf der anderen Seite eine Phalanx bezahlter Gutachter und Rechtsanwälte aus ganz Deutschland mit einer Fülle theoretischer Berechnungen und oft vollkommen realitätsfremder Annahmen. Leider stehen auf der Gegenseite auch eine Rechtssprechung und Gesetze, die weniger den Menschen und die Natur schützen als Flughafenbetreiber und Investoren: Die Grenzwerte für Lärm sind deutlich höher als die medizinischen Empfehlungen, zahlreiche krebserregende Luftschadstoffe haben nicht mal Grenzwerte und werden gar nicht betrachtet. Das Klima hat mangels Klimaschutzgesetz überhaupt kein Recht und muss vom BN über europäische Verpflichtungen in den Prozess eingebracht werden. Hoffnungen knüpft der BN natürlich besonders

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an das Naturschutzrecht: 155 Vogelarten leben in dem Gebiet, das der dritten Startbahn geopfert werden soll, darunter Kiebitz, Wachtelkönig, Kuckuck oder die seltene Wiesenschafstelze. Das Gericht hat mehrfach betont, dass es nicht den Sinn der dritten Bahn überprüft, sondern nur, ob der Planfeststellungsbeschluss gegen Gesetze verstößt. Da die Gesetze weite Spielräume lassen, ist der juristische Kampf für die Kläger schwierig. Nichtsdestotrotz führen sie diesen Kampf mit großem Engagement und Aufwand – in der Hoffnung, dass die Rechte von Bürgern und der Natur in der Rechtssprechung (wieder) einen höheren ­Stellenwert erhalten. Angesichts des ­offenkundigen Fehlens eines Bedarfs, der massiven Zerstörungen der Natur im Erdinger Moos und der unzumutbaren Belastungen für viele Menschen kann das Gericht die dritte Startbahn durchaus ­stoppen. Christine Margraf


Fotos: Mardi

Kreisgruppen Donau-Ries und Dillingen

Der holländische Agrarunternehmer Adrian Straathof will einen Schweinemastbetrieb in Reichertsweiler bei Donauwörth zum industriellen Großstall mit einer Jahresproduktion von bis zu 70 000 Ferkeln ausbauen. Ein Aktionsbündnis wehrt sich dagegen.

ie im Bau befindliche Anlage war bereits 2008 vom Landrats­ amt Donau-Ries genehmigt worden und soll 3000 Zuchtsauen und 30 000 Ferkel aufnehmen. Im August 2013 organisierte das Aktionsbündnis »Stoppt den Saustall« unter ­Beteiligung des BUND Naturschutz eine Demonstration gegen das Vorhaben, an der sich 300 Menschen beteiligten. Wie das Projekt überhaupt eine Baugenehmigung erhalten konnte, ist für Stefan Kreppold, Biobauer und Sprecher des BN-Landesarbeitskreises Landwirtschaft, Flussdialog: Im Rahmen des seit Frühjahr 2013 laufenden Projekts »Licca Liber – Freier Lech« des Wasserwirtschaftsamts Donauwörth kommen jetzt die Bürger zu Wort. Für den Spätherbst ist eine Online-Befragung in den Kommunen Augsburg, Friedberg, Gerst­ hofen, Kissing, Königsbrunn und Mering geplant. Ziel des Projekts

nicht nachvollziehbar: »Schon aus emissionsschutzrechtlichen Gründen hätte die Genehmigung versagt werden müssen«, sagte er auf der Demonstration. Neben dem Großstall bei Donauwörth sind im Donauried noch zwei neue Hähnchenmastbetriebe mit jeweils 40 000 Mastplätzen geplant, wogegen die BN-Kreisgruppe Dillingen Einspruch erhoben hat. Bayernweit liegen derzeit 58 planrechtliche Genehmigungen für bis zu 100 000 weitere Schweinemastplätze vor. Die Hühnermastbetriebe in

ist die Stabilisierung der Fluss­ sohle bei gleichzeitiger Renaturierung des Flussabschnitts im Naturschutzgebiet Augsburger Stadtwald (s. Foto). Aus Sicht des BN kann eine wirkliche Renaturierung nur ohne neues Wasserkraftwerk, mit einer deutlichen Rückverlegung der Deiche und einem Abbau der Seitenverbauung und Sohlschwellen, gelingen. Der BN ruft daher dazu auf, sich an der Online-­ Befragung zu beteiligen. Weitere Informationen: www.bund-naturschutz. de/themen/wasser/fluesse/lech.html und www. flussdialog-liccaliber.de Foto: Pfeuffer

D

Bayern sollen um 3,2 Millionen neue Mastplätze erweitert werden. Der BN fürchtet, dass die Ausweitung der industriellen Tiermast zu einer schleichenden Amerikanisierung der Landwirtschaft in Bayern führt. Entgegen dem Lippen­ bekenntnis der Politiker zur bäuer­ lichen Landwirtschaft verdrängt die Massentierhaltung unweigerlich die bäuerlich strukturierten Fami­ lienbetriebe. Bereits heute wird in Deutschland weitaus mehr Schweinefleisch produziert, als verbraucht wird. Der BN fordert mit Nachdruck eine Neuausrichtung der Agrarförderung, orientiert an ökologischen und sozialen Kriterien und am Wohl der Tiere. Der »Donauwörther Saustall« entspricht leider einer gegenteiligen Entwicklung. Thomas Frey (as)

Gedenken: »Hier wär die Bundesstraß’ geteert, hätten wir uns nicht gewehrt«, steht auf dem Stein, den die BN-Ortsgruppe Immenstadt auf ihrem Grundstück am Badeweg zum Großen Alpsee aufgestellt hat. Der Gedenkstein, gesetzt am 28. Juli zum 100-jährigen BN-Jubiläum, erinnert an den drei Jahrzehnte langen Kampf um die Erholungslandschaft Großer und Kleiner Alpsee, die bis zum erfolgreichen Bürgerentscheid 2010 von der Ortsumfahrung Immenstadt bedroht war. Mit der Aktion will der BN die Bürger zum Protest gegen behördliche Fehlplanungen ermutigen.

Alternative: Die BN-Kreisgruppen Neu-Ulm und Memmingen-Unterallgäu haben statt des sechsspurigen Ausbaus der Autobahn A 7 zwischen Ulm und Memmingen den zweigleisigen Ausbau der parallel verlaufenden Illertalbahn vorgeschlagen. So soll neben dem überregionalen Personen- und Güterverkehr auch das Konzept einer Regio-S-Bahn Donau-Iller umgesetzt werden. Weitere Informationen: www.mobil-statt-verplant.de

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NATURNOTIZEN AUS SCHWABEN

Saustall in Donauwörth

Protest gegen Tierfabriken Gegen die industrielle Schweinemast protestierten Natur- und Tier­ schützer im August in ­Donauwörth. Sie forderten den als »Schweine­ baron« bekannten Investor Straathof auf, den Bau der Anlage aufzugeben.


Die Natur kehrt zurück. Schützt sie!

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die Unterschutzstellung der beiden noch unerschlossenen Seen – bis heute leider erfolglos. Im Herbst 2011 schlossen sich deshalb der Landesbund für Vogelschutz (LBV), der Ameisenschutzverein Hirschberg (ASH), der OWV und die Naturfreunde Schwandorf zu einem Bündnis für den Erhalt dieses Kleinodes zusammen. 2012 kartierten drei Fachleute, gefördert vom Bayerischen Naturschutzfonds und von der Glücksspirale, das Gebiet. Dabei konnten 74 Vogelarten, 26 davon Rote-Liste-Arten, nachgewiesen werden, darunter der stark gefährdete Ziegenmelker, die Heidelerche sowie Krick- und Schell­ente. Wegen des geringen Fischbesatzes findet sich dort ­außerdem eine bayernweit wohl einzigartige Population der

Foto: Lengendobler

NATURNOTIZEN AUS DER OBERPFALZ

urch das Nebeneinander von Gewässern, Verlandungszonen, sandigen Rohbodenbereichen und Heiden hat sich die ehemals großflächig zerstörte Natur im Tagebaugebiet zu einer ökologisch ä ­ ußerst wertvollen Landschaft entwickelt. Doch das Seengebiet ist mittler­ weile auch zum Touristenmagneten geworden. Drei der fünf Seen sind bereits erschlossen und auch der vierte wird mehr und mehr zum ­Geheimtipp für den »wilden Tourismus«. Schon 2008 forderte der Oberpfälzer Waldverein (OWV) bei der Höheren Naturschutzbehörde

Foto: Pöhler

Das ehemalige Braunkohle-Tagebaugebiet im Landkreis Schwandorf hat sich zum Schatzkästchen gemausert: Eine aktuelle Kartierung zeigt, dass sich dort allerhand seltene Tierarten wohlfühlen. Naturschutzverbände fordern deshalb, dieses Gebiet endlich dauerhaft zu sichern.

Jubiläum: Bei Bioschmankerln und fairem Kaffee haben sich Anfang Juli zahlreiche Mitglieder des BN vor dem Andreasstadel in Regensburg eingefunden, um den 100. Geburtstag des Landesverbandes zu feiern. Die Ortsgruppen präsentierten sich mit einem Bastelstand für Insektenhotels, mit dem ­Energiefahrrad und einem selbst komponierten Geburtstagslied. Reißenden Absatz f­ anden die

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selbst gebackenen Lindenbäume der OG Obertraubling. Moorwanderung: Mit dem Erwerb einer etwa einen Hektar großen Fläche ist dem BN im Landkreis Cham ein weiterer wichtiger Beitrag zur Sicherung des Arracher Moores gelungen. Grund genug für die Ortsgruppe Kötzting, Anfang Juli die Bedeutung dieses Biotopkomplexes im Rahmen einer

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Schützenswert Noch hat die Natur an zwei der fünf Seen im ehemaligen Tagebaugebiet Vorrang. Ein Rückzugsgebiet für seltene Arten.

Östlichen Moorjungfer, daneben bedeutende Vorkommen von Nor­ discher Moosjungfer und SumpfHeidelibelle. Damit sind nach Auffassung aller fünf Umweltverbände alle naturschutzfachlichen Voraussetzungen für die Ausweisung der beiden Seen als Naturschutzgebiet (NSG) mehr als erfüllt. Sie ist mehr als überfällig, um den Verlust wertvoller Offenstandorte durch Suk­ zession und die Vereinnahmung dieser Refugien durch den wilden Tourismus zu verhindern. Helmut Schultheiß (ht)

BayernNatur-Exkursion zu verdeutlichen. Über 60 Teilnehmer folgten den interessanten Erläuterungen der Moorspezialisten ­Anette Lafaire (Naturpark Oberer Bayerischer Wald) und Konrad Bierlmeier (Landratsamt Cham). Abschied: Dieter Wutzer, der langjährige Vorsitzende der Kreisgruppe Neustadt a. d. Waldnaab ist Mitte Juni an den Folgen eines Unfalles verstorben. Zum BN stieß er nach dem erfolgreichen Kampf gegen die Wiederaufarbeitungs­ anlage Wackersdorf. Sein Engagement galt besonders der Sicherung einer lebenswerten Umwelt und dem Erhalt der Natur in seiner

Heimat sowie der Energiewende vor Ort. Mit seinem frühen Tod hat der BN einen außergewöhnlichen Menschen und zuverlässigen Freund verloren. Online-Petition: Der Kampf gegen den umstrittenen Ausbau der B 299 am Hessenreuther Berg ist noch nicht ausgestanden. Die Bürgerinitiative »Unser Hessenreuther Wald« startete Anfang August ­zusammen mit dem BN eine ­Online-Petition. Innerhalb von wenigen Wochen haben mehr als 1300 Natur- und Heimatfreunde unterzeichnet und ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Unsinnsprojekt deutlich artikuliert.


Kreisgruppen Lichtenfels und Kronach

Keine Autobahn durch Main- und Rodachtal!

eit Jahrzehnten plant das Staatliche Bauamt Bamberg den Neuund Ausbau der B 173 zu einer vierspurigen autobahnähnlichen Straße von Lichtenfels in Richtung Kronach. Die ursprünglich angedachte sogenannte Bahntrasse bei Trieb scheiterte vor Gericht zu Recht am europäischen Vogelschutzgebiet Naßanger. Anton Reinhardt, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Lichtenfels: »Obwohl die Bevölkerung in Bedroht: Die Stadt Bamberg plant zusammen mit Memmelsdorf, ­Litzendorf und Strullendorf ein riesiges Gewerbegebiet im Haupts­ ­­moorwald. Und das, obwohl die Stadt mit 155 Hektar Konversionsfläche (vgl. N+U 3-2013) bald ein riesiges Entwicklungsgebiet zur Verfügung haben wird. Das be­ troffene Areal ist Lebensraum für Gelbbauchunke und Laubfrosch sowie Teil der SandAchse Franken. Mit dem Bau würde die Staatsregierung gegen ihre eigenen Ziele, den Flächenfraß und die Zersiedelung einzudämmen, verstoßen. Der BN fordert deshalb, die Konversionsflächen für die Gewerbeansiedlung zu nutzen und die US-

den an der B 173 liegenden Landkreisen Lichtenfels, Kronach und Hof seit Jahren sinkt, wird stur am Plan einer vierspurigen Variante festgehalten. Dabei hat sich seit dem Ausbau der B 303 zwischen Sonnefeld und Theisenort und seit

Militärflächen im Hauptsmoorwald unter Schutz zu stellen und gegebenenfalls zu renaturieren. Kein Bedarf: Im Oktober versammelten sich auf dem Coburger Marktplatz zahlreiche Menschen um gegen einen Flugplatzneubau bei Wiesenfeld-Meeder zu demonstrieren. Die BN-Kreisgruppe Coburg und das »Bündnis für die Region« hatten dazu aufgerufen. Der BN-Landesbeauftragte Richard Mergner betonte, dass es für den Eingriff keinen Bedarf gebe, weil Coburg einen nutzbaren Flugplatz besitze. Die Sprecherin der Bürgerinitiative, Dagmar Escher: »Wir haben keinen Quadratmeter

Kleiner ist besser Die Aktiven fordern einen vernünftigen und naturverträg­ lichen Ausbau der B 173.

Foto: Kreisgruppe Wunsiedel

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der Eröffnung der A 73 der Verkehr von der B 173 weg verlagert.« Aus Sicht des BN reiche deshalb eine zweispurige Trasse völlig aus. Auch eine zusätzliche, wechselnde Überholspur sei denkbar. Bernd Priemer und Günther Wimmer von der Bürgerinitiative B 173 Hochstadt: »Wir befürchten durch die Südvariante eine unnötige Lärm- und Schadstoffbelastung in Hochstadt sowie einen riesigen Flächenverbrauch. Unser Bürgerentscheid erbrachte eine große Mehrheit gegen diese Planung.« Der BN und die Bürgerinitiative Hochstadt haben nicht immer zusammengestanden. Trennten sie zunächst die unterschiedlichen Einschätzungen zur Bahntrasse, eint sie jetzt die Sorge bezüglich Lärmbelastung und Flächenfraß. Es besteht die Möglichkeit, eine naturverträgliche, bürgerfreundliche und kostensparende B 173 zu realisieren, wenn Bauamt und Verkehrs­ minister Ramsauer es nur wollen. Tom Konopka (ht)

Land für solch einen Unsinn übrig.« Überfällig: Seit Anfang September wird endlich das Flussbett der ­ Eger saniert. Im Juli hatte Fred Terporten-Löhner, Vorsitzender der Kreisgruppe Wunsiedel, die Verantwortlichen aufgefordert, endlich tätig zu werden, denn im Mai vergangenen Jahres hatten sich mehreren Tausend Tonnen mit

Schwermetallen belasteter Feinschlamm vom Staubecken des Kraftwerks Leupoldshammer (s. Foto) in die Eger ergossen. Dabei wurde unter anderem die Nahrungsgrundlage für Bachneun­ auge, Aalrutte und Äsche zerstört. Verursacher waren die neuen Besitzer der Egerkraftwerke. Sie ließen im Zuge der Sanierung der Kraftwerksturbine zwei Wochen lang den Grundablass öffnen.

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NATURNOTIZEN AUS OBERFRANKEN

Foto: Konopka

Ende Juli fand der Erörterungstermin zur Umfahrung von Trieb und Hochstadt (B 173 neu) statt. ­Vertreter des BUND Naturschutz und der örtlichen Bürgerinitiative beteiligten sich rege, weil hier eine ­Autobahn »durch die Hintertür« droht.


Kreisgruppe Berchtesgadener Land

Aus für Baupläne am Königssee

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Trauer um Michael Lohmann: Ende Juli dieses Jahres ist mit Dr. Michael Lohmann eine der überzeugendsten NaturschutzPersönlichkeiten Bayerns von uns gegangen. Er starb kurz vor seinem 80. Geburtstag in Übersee am Chiemsee. 56 Jahre lang erfasste und dokumentierte der Biologe die Vogelfauna des Chiemsees und setzte sich für den Schutz und die Entwicklung seiner Heimat und besonders des Achentales ein. Mit seinen Aufsätzen und Büchern, Vorträgen und Führungen hat Foto: OVB

NATURNOTIZEN AUS OBERBAYERN

eit drei Jahren gab es Pläne der N&F Königssee AG des Schweizer Projektentwicklers Nüesch, für 50 Millionen Euro am Seeufer ein neues 4-Sterne-Hotel sowie drei ­Appartementgebäude und zwei Geschäftshäuser zu bauen. Den Baugrund wollte ein lokaler Hotelier stellen, der seinerseits mit dem Verkaufserlös sein eigenes Hotel erweitern wollte. Das Bauleitverfahren

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Verhindert So hätte das Seeufer mit dem Erweiterungsbau des Hotels Königssee und den neuen AppartementTürmen (rechts, grau unterlegt) ­ausgesehen. Nun bleibt das gewachsene Ortsbild erhalten.

für die beiden Millionen schweren Investitionsvorhaben war im Juli vom Schönauer Gemeinderat gebilligt worden, gegen den Widerstand von Naturschützern und Heimatpflegern.

­ ichael Lohmann viele Menschen M wachgerüttelt und für den Naturschutz gewonnen. Er war lange Jahre Vorsitzender der Kreisgruppe Rosenheim des Landesbunds für Vogelschutz und auch in der Kommunalpolitik für den Umwelt- und Naturschutz aktiv. Christine Margraf, Regionalreferentin Oberbayern Rennstrecke im FFH-Gebiet: Auf dem Gelände des ehemaligen Militärflughafens Fürstenfeldbruck bei Maisach sollen eine Fahrsicherheits-Trainingsanlage von BMW und eine Trabrennbahn entstehen. Die BN-Kreisgruppe Fürstenfeldbruck lehnt diese Pläne strikt ab

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Der BN, der das Projekt bereits im Raumordnungsverfahren als ­völlig überzogen abgelehnt hatte, erneuerte seine Kritik auf einer Informationsveranstaltung am 9. September, bei der BUND- und BNVorsitzender Hubert Weiger die ­drohende Entwertung des Orts- und Landschaftsbilds am Rand des ­Alpennationalparks anprangerte. Eine von der BN-Kreisgruppe unterstützte Bürgerinitiative sammelte innerhalb einer Woche über 800 Unterschriften für einen Bürgerentscheid. Ziel war die Einstellung des Verfahrens, um ein ortsplanerisches Rahmenkonzept im Auftrag der ­Gemeinde zu ermöglichen. Dies ist nun gegeben: Auf der ­Sitzung des Gemeinderats vom 24. September gab Bürgermeister Stefan Kurz bekannt, dass die In­ vestoren ihre Bauanträge am Vortag zurückgezogen hatten – ein ebenso großer wie überraschender Erfolg für alle, die sich gegen das Groß­ projekt engagiert hatten. Der Wald und große Findlinge, darunter das bekannte Naturdenkmal »Löwenstein«, bleiben nun ebenso erhalten wie der Park um den denkmalgeschützten Alten Bahnhof. Kurt Schmid (as)

und hat ihre Einwände hinsichtlich Naturzerstörung und Verlärmung Anfang September schriftlich der Gemeinde dargelegt. Mit zahlreichen Sondernutzungen und einer Rennstrecke steht vor allem das BMW-Zentrum in der Kritik, das auf dem artenreichen FFH-­ Gebiet (siehe Bild) um die frühere Startbahn geplant ist. Laut Gesetz dürfen FFH-Gebiete nicht verändert werden, außer die Planung Foto: KG Fürstenfeldbruck

Foto: Gemeinde Schönau

Das umstrittene Hotel-Großprojekt am Ufer des Königssees in Schön­ au ist vom Tisch. Nach massivem Protest der lokalen Bürgerinitiative und der Kreisgruppe des BUND Naturschutz zogen die Investoren Ende September ihre Pläne zurück. Nun ist der Weg frei für ein städtebau­ liches Konzept, das auch Natur- und Landschaftsschutz berücksichtigt.

liegt im öffentlichen Interesse und ist alternativlos. Beides ist nicht der Fall. Der BN will Klage ein­ reichen, falls das Vorhaben genehmigt wird. Nein zu Olympia: Nach der gescheiterten Bewertung für 2018 will sich die Stadt München mit ihren Partnern in Garmisch-­ Partenkirchen, Ruhpolding und ­Königssee für die olympischen Winterspiele 2022 bewerben. Was Olympia tatsächlich an Natur­ zerstörung, Kosten und sozialen Folgen bedeutet, darüber klärt das Bündnis »Nolympia«, dem auch der BN angehört, im Internet auf: www.nolympia.de.


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Etappensiege: Die BN-Argumen­ tation zum Industriegebiet Interfranken wurde in den letzten ­Monaten in gerichtlichen Teilentscheidungen bestätigt. Der BN und mehrere Bürger klagen gegen das Industriegebiet und den Bau einer Zufahrtsstraße, die offiziell

Foto: BN-Archiv

Futter satt Wildblumen wie diese Wilde Karde sind für Hummel & Co. eine ­gedeckte Tafel.

Kreisgruppe Roth

Blühende Wiesen statt eintöniger Ackerflächen

Bunte Wiesen bringen nicht nur Abwechslung fürs Auge – Insekten, Vögel und Tiere wie der Feldhase profitieren davon. Grund genug für den BUND Naturschutz, sich für die weitere Förderung artenreicher Wiesen einzusetzen. 20 Prozent kürzt. »Es wird spannend werden, ob die neue Bundesregierung den Spielraum Deutschlands für die Erfüllung von Biodiversitätsverpflichtungen nutzt, oder die ­Agrargelder weiterhin den großen agrarindustriellen Betrieben zuschanzt.« Bayernweit wurden bislang rund 20 000 Hektar Blühflächen angelegt. Obwohl sie nur knapp ein Prozent der Ackerfläche ausmachen, leisten

als Kreisstraße deklariert wird und für die ein Bach verlegt werden soll (s. Foto). Das Verwaltungsgericht Ansbach entschied, das Planfeststellungsverfahren hierfür aus­ zusetzen. Weiter hat der Verwaltungsgerichtshof München beschlossen, das Verfahren gegen den Bebauungsplan für die Straße auszusetzen. Er hat einen Zusammenhang zwischen den beiden Vorhaben Straßenbau und Industriegebiet bestätigt. In der Haupt­ sache liegt noch keine Gerichtsentscheidung vor.

sie Großes: Sie fördern nachweislich die Artenvielfalt, vernetzen Struk­ turen und schaffen Nahrungs-, ­Lebens- und Rückzugsräume für viele Tierarten. Außerdem sorgt der dichte, mehrjährige Bewuchs für einen erhöhten Wasserrückhalt und reduziert Erosion und Humusauswaschungen. Karina Winkler, Tom Konopka (ht)

Überzogen: Der BN warnt vor einem Raubbau im Landkreis ­Weißenburg-Gunzenhausen. Dort soll Juramarmor abgebaut werden. Die Planungen seien völlig über­ zogen, kritisierte der Landesbeauftragte Richard Mergner im August bei einem Ortstermin. Im laufenden Regionalplanverfahren zur Ausweisung neuer Steinbrüche fordert der BN daher, die Abbauflächen deutlich zu reduzieren und auf die Gebiete im Weißenburger Wald bei Dettenheim und nördlich des Schambachtals zu verzichten. Sie beherbergen wertvolle Pflan­ zen­standorte und sind landschaftlich besonders bedeutsam.

Protest: Mit einem Protestfest hat die Ortsgruppe Heroldsberg unter Ingrid Haubenreißer Ende Juni die Stimmung der Bürger aus Kalchreuth und Heroldsberg bestens dargestellt: Etwa 500 Besucher kamen und schlossen sich den Forderungen des BN, der örtlichen Bürgerinitiative und der Bürgermeister der beiden Gemeinden an, die Tongrube am Mistelberg nicht als Deponie für Schotter und ­Bauschutt zu nutzen. Viele Aktive setzen sich schon seit den 1990erJahren dafür ein, das sich ent­ wickelnde Biotop stattdessen zur Nah­erholung und für Umwelt­ bildungs­zwecke zu erhalten.

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NATURNOTIZEN AUS MITTELFRANKEN

Foto: Altreuther

eit 2004 hat der Nebenerwerbslandwirt und BN-Waldreferent Ralf Straußberger Blühflächen rund um die Gemeinde Rohr im Landkreis Roth angelegt. Er verwendete dazu heimisches Saatgut, das aus über 50 Wildkräutern und Kultur­ arten wie Sonnenblume, Wilde Möhre und Buchweizen besteht. Außerdem wurden drei Streuobstwiesen und drei Hecken angelegt. Ende Juni konnten sich Pressevertreter und Fachleute ein Bild von diesem Erfolgsprojekt machen. Die Wiesen bieten heute Lebensraum für viele selten gewordene Tierarten. Ob Rebhuhn, Neuntöter, Wachtel oder Feldlerche: Hier können sie ungestört brüten und finden genug Insektennahrung für ihre Jungen. Auch Bienen und andere Blüten­ besucher profitieren von der bunten Pracht. Mit Hinguckern wie ­Moschus-Malve, Wilder Karde oder Färberkamille erhöhen die Flächen außerdem die Attraktivität der ­Kulturlandschaft. Der BN-Landesbeauftragte Richard Mergner forderte daher, nicht zuzulassen, dass die EU die Förderung für den ländlichen Raum um


Foto: Kornbrust

Stilsicher Passend zur Jubi­ läumsfeier im Stall der BN-Rhön­ schafherde sang das Rhöner ­Frauenquartett »Kaufmannsware«.

Kreisgruppe Rhön-Grabfeld

Unterfranken feiert den BN

100 Jahre BUND Naturschutz: Auch in Unterfranken war dies angesichts beachtlicher Erfolge wie der Verhinderung des Hafenlohrtal­speichers,ein Grund zum Feiern. Stimmungsvoller Veranstaltungsort: der Stall der BN-eigenen Rhönschafherde.

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Foto: KG Miltenberg

NATURNOTIZEN AUS UNTRFRANKEN

er mit dem jüngsten Aus- und Anbau auch für Feiern bestens nutzbare Stall- und Scheunenkomplex erwies sich Mitte September bei typischem Rhönwetter dank der

Bodenständig: Nach vier erfolg­ reichen Naturerlebnistagen für Kinder veranstaltete die Kreis­ gruppe Miltenberg Mitte Juli einen Erlebnistag für Jugendliche und Erwachsene. Dort stand der oft vernachlässigte Fuß als Kunstwerk der Natur und als Lebensfunda-

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»Abwärme« der freudig blökenden Schafe als gemütlicher Zufluchtsort. Als bayernweites Erfolgs- und Vorzeigeprojekt würdigten ­Birgit Erb, Bürgermeisterin von Oberelsbach, und Landrat Thomas Habermann in ihren Grußworten vor allem das Rhönschafprojekt des BN, während ­Ministerialdirektor Christian Barth als Vertreter des Bayerischen ­Um­weltministeriums sparte nicht mit

ment im Mittelpunkt. Spannende Übungen zur Fußmotorik und -sensibilität waren ebenso geboten wie die Chance, mit selbst hergestellten Naturfarben Fußabdrücke auf Papier zu hinterlassen und ­daraus ein Gesamtkunstwerk zu gestalten. Familiär: Die Gelegenheit, in und mit der Natur zu leben und sie unter Anleitung von BN-Fachleuten mit allen Sinnen zu erleben, bescherte zehn Familien am letzten Sommerferien-Wochenende unvergessliche Momente. Die Kreisgruppe Schweinfurt hatte zu einem Familiencamp auf den ­Koppenwinder Zeltplatz eingela-

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Anerkennung für das breit ge­ fächerte Engagement des BN in ­Unterfranken, aber auch für richtungsweisende Initiativen (z. B. beim Streuobstwiesen- und Mittelwaldschutz) und würdigte dabei die ehrenamtliche Arbeit besonders. Ein ­vielfältiges Exkursionsprogramm, interessante Ausstellungen, Natursafari- und Bastelangebote, aber auch ­leckere Rhönschafgerichte und selbst gebackene Kuchen ­ließen bei den Besuchern keine Wünsche offen. Zahlreiche Kinder konnten ein selbst gebasteltes Rhönlämmchen als Erinnerungsstück mit nach Hause nehmen. Die Erwachsenen wurden mit der Streuobstballade, Rhöner Liedern und Musik der Gruppen »Kaufmanns­ ware« und »haisd’n’däisd vomm mee« unterhalten. Der Rahmen war ideal für die Ehrung etlicher Väter und Förderer des Rhönschafprojektes, wie Gerhard Kneitz, Zita und Josef Kolb sowie Georg Weidinger. Hubert Weiger gelang es in seiner Ansprache wieder einmal, den ­Zuhörern jede Menge Motivation und Optimismus für die künftige Naturschutzarbeit in Unterfranken mitzugeben. Helmut Schultheiß (ht)

den und bot dort unter anderem eine Fledermausexkursion und eine »Urwaldwanderung« zu imposanten Biotopbäumen an. 4 x 40: Von den neun unterfrän­ kischen Kreisgruppen konnten in den letzten Monaten mit Aschaffenburg, Bad Kissingen, Kitzingen und Miltenberg gleich vier das 40-jährige Jubiläum feiern. Mit ihrem Einsatz vor Ort haben sie ganz wesentlich dazu beigetragen, dass in breiten Bevölkerungs­ kreisen Verständnis und Sympathie für Naturschutzbelange gewachsen sind und der BN zu einer geachteten Institution geworden ist.

Bedroht: Wie kürzlich bekannt wurde, will die Gemeinde Rottendorf unmittelbar neben einem ehemaligen Mittelwald 25 Hektar Gewerbegebiet ausweisen. Damit würde ein biotopkartierter Waldkomplex massiv entwertet, der unter anderem Lebensraum für Halsbandschnäpper und Schwarzmilan ist. Seine große Bedeutung für den Lärm- und K ­ limaschutz, die Erholung und Gesamtökologie, aber auch der drohende Verlust von Offenland-Lebensräumen sind für die Kreisgruppe Würzburg Gründe, diese Planung entschieden abzulehnen.


Foto: Ziegler

Kreisgruppe Passau

chon seit 1990 will die Passauer Bürgerinitiative »Natur ja – Nordtangente nein!« die geschützten Talräume von Ilz- und Gaißa vor einem zerstörerischen Straßen­ projekt bewahren. Am Widerstand beteiligt sind auch die BN-Kreisgruppe und zahlreiche BN-Mitglieder. Obwohl der Passauer Stadtrat und die betroffenen Gemeinden Salzweg und Tiefenbach gegen das Bauvorhaben sind, bemühen sich Landrat Franz Meyer und Kommunalpolitiker aus dem östlichen Landkreis, eine Nordumfahrung Passaus als »B 388 neu« im Bundesverkehrswegeplan zu verankern. Zusammen mit der Nordtangente soll insgesamt ein neuer Autobahnzubringer von der österreichischen Grenze bei Wegscheid bis zur A 3 westlich von Passau entstehen.

Während die bayerische Staatsregierung und der parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Andreas Scheuer (CSU), das Projekt unterstützen, sind BN und Bürgerinitiative klar dagegen. Sie fürchten Brückenbauwerke, welche das FFH- und Naturschutzgebiet Halser Ilzschleifen und das Landschaftsschutzgebiet Gaißatal durchschneiden würden, und halten die Nordtangente für ebenso unnötig wie nutzlos: »Mautflüchtige« Lkw lassen sich nach Ansicht von Karl Haberzettl, dem Vorsitzen-

den der BN-Kreisgruppe, mit ein­ facher Beschilderung über den vor kurzem ausgebauten Autobahnzubringer bei Kalteneck (Hutthurm), nur zehn Kilometer nördlich von Passau, auf die Autobahn leiten und so aus dem Stadtgebiet fernhalten. »Dennoch planen einige ewig gestrige Politiker gigantische Brücken in Natur-, Landschaftsschutz- und FFH-Gebieten«, kritisiert Haberzettl. BN und Bürgerinitiative wollen weiter gegen die Trasse kämpfen, die Kultur- und Heimatlandschaft zerstören und wertvollste Schutzgebiete entwerten würde. Kurt Schmid (as)

wachsenden Widerstand in der ­Bevölkerung gegen die Weiterführung der B 15 neu in Richtung Süden bis Rosenheim. Die DVD ist unter bnkgla@landshut.org gegen einen Unkosten­ beitrag von 6 Euro erhältlich. Doppeltes Jubiläum: Im Sommer feierten die BN-Kreisgruppen Straubing-Bogen und FreyungGrafenau das Doppeljubiläum »100 Jahre BUND Naturschutz und 40 Jahre Kreisgruppe«. Bilderbuchwetter, traumhafte Landschaft und zünftige Musik bildeten den perfekten Rahmen für die Feier der Kreisgruppe Freyung-Grafenau am 21. Juli. Das Fest fand am »Grünen

Foto: Kreisgruppe

DVD des Widerstands: Seit den 70er-Jahren kämpft die BN-Kreisgruppe Landshut gegen die Ausbaupläne für die Bundesstraße 15 zwischen Regensburg, Landshut und Rosenheim. Der BN lehnt diese autobahnähnliche Fernstraße ab. Im Auftrag der Kreisgruppe erstellte der Naturfilmer Wolfgang Willner nun den Dokumentarfilm »Die gelbe Autobahn B 15 neu zerschneidet unsere Heimat – Eine Dokumentation des Widerstandes«. Der 45-minütige Film zeigt anhand der bereits gebauten ­Strecke zwischen Saalhaupt (A 93) und Neufahrn/Ergoldsbach die immensen Eingriffe in Landschaft und Natur und dokumentiert den

Bedrohtes Idyll Wird die Nordtangente gebaut, würde das Naturschutzgebiet »Halser Ilzschleifen« (großes Bild) vor den Toren Passaus durch eine Talbrücke entstellt, wie sie im Ilztal bei Kalteneck bereits Realität ist (kleines Bild).

Autobahnzubringer mit ihren Ortsumfahrungen ge­ fährden immer wieder wertvolle Naturlandschaft. Aktuell sind Ilz- und Gaißatal durch die geplante Nordtangente Passau bedroht. Der BUND Naturschutz ­fordert, das P ­ rojekt aus der bayerischen Vorschlagsliste für den ­Bundesverkehrswegeplan zu streichen.

Band« beim Grenzübergang nach Tschechien bei Haidmühle statt, wo der BN eine große Moorfläche an der Kalten Moldau besitzt.

Am 9. September beging dann die Kreisgruppe Straubing-Bogen die beiden runden BN-Geburts­ tage auf dem Ökomarktgelände der Bioland-Gärtnerei Justland in Straubing. BN-Landesvorsitzender Hubert Weiger (Bildmitte) überbrachte dem Ersten Vorsitzenden Andreas Molz (rechts) und seinem Stellvertreter Johann Meindorfer (links) Dank und Anerkennung für 40 Jahre ehrenamtliche Tätigkeit. Als Erfolge der Kreisgruppe wertete Weiger neben dem dauerhaften Einsatz für die frei fließende Donau, dass die Mülldeponie bei Gschwendt und das BMW-Fahrertrainingszentrum bei Rettenbach verhindert werden konnten.

[4-13] 100 Jahre BUND Naturschutz Natur + Umwelt

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NATURNOTIZEN AUS NIEDERBAYERN

Foto: Kelbel

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Kein Straßenbau im Schutzgebiet


Hutangerpate werden

Landschaftspflege und Umweltbildung

Ein vorbildliches Gebäude entdecken

Forschen für die Energiewende

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Foto: Kreisgruppe Kempten

WINTER IM WALD

as Zentrum für angewandte Energie Bayern führt seit mehr als 20 Jahren in Würzburg, Garching und Erlangen erfolgreich Forschung im Bereich der Erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz durch. Die thematische Ausrichtung der Würzburger Abteilung liegt auf der Erforschung und Entwicklung von Funk­ tionsmaterialien der Energietechnik und darauf aufbauender Komponenten und Systeme. Schwerpunkte dabei sind die Entwicklung und Optimierung von ­Materialien und hocheffizienten Systemen zur Wärmedämmung und Wärmespeicherung für den Gebäudebereich. Zum Aufgabenbereich gehören auch die Erforschung und Entwicklung organischer Solarzellen und Elektronik. Dr. Hans-Peter Ebert, Leiter der Abteilung Funktionsmaterialien der Energietechnik führt die Teilnehmer durch das neue Gebäude, das erst im Sommer 2013 bezogen wurde. Durch den kompromisslosen Einsatz innovativer Techniken ist hier nicht nur ein Demo­objekt, sondern ein Referenzobjekt mit Vorbildcharakter entstanden. Die Nutzung des Gebäudes ist als Experimentiergebäude konzipiert, an dem neue Entwicklungen im Gebäudebereich unter wissenschaft­ lichen Gesichtspunkten erprobt werden.  Ökohaus Würzburg, 1. Februar 2013, Anmeldung bis zum 30. Januar erforderlich! Kontakt: BN-Ökohaus Würzburg, Tel. 09 31-4 39 72, info@bn-wuerzburg.de

Waldweihnacht im Werdensteiner Moos

Suchen Sie sich Ihren eigenen Weihnachtsbaum! Handwerkszeug wird vom BN gestellt. ­ Mit der Entnahme des Fichtenjungwuchses unterstützen die Teilnehmer Maßnahmen zum Moorschutz. Es erwartet Sie

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eine stimmungsvolle Waldweihnacht für Familien. Genießen Sie einen Vormittag im Moor anstelle städtischer Hektik beim Christbaumkauf!  Immenstadt, Werdensteiner Moos, Parkplätze »Haxenwirt« und Wanderparkplatz Thanners; 14. Dezember 10 – 13 Uhr; Anmeldung nicht erforderlich; Tel. 0 83 23-9 98 87 60, Kontakt: BUND Naturschutz ­Naturerlebniszentrum Allgäu, Info@NEZ-Allgaeu.de

Mit der Familie im Winterwald

Der Wald als Sinnbild für Natur und eines der größten Öko­

100 Jahre BUND Naturschutz Natur + Umwelt [4-13]

as Naturschutzzentrum Wengleinpark geht als Ökostation des BUND Naturschutz schon immer einen praxisorientierten Weg und verbindet Maßnahmen zum Erhalt alter Kulturlandschaft mit Umwelt­ bildung. Seit 2010 werden die alten Hutanger der fränkischen Schweiz mit einer kleinen Herde Rinder beweidet. Warum und wieso Kühe ideale Landschaftspfleger sind, zeigt Rainer Wölfel, der Leiter des Naturschutzzentrums Wengleinpark, bei Führungen und Hutanger­ spaziergängen den interessierten Einheimischen und Besuchern. Sein Fazit: Die Herde kann Menschen begeistern und auf eine praxisnahe Art die Zusammenhänge zwischen Landwirtschaft, Naturschutz und Fleisch­erzeugung aufzeigen. Horaz und seine Herde pflegen unter anderem Flächen des BUND Naturschutz im Molsberger Tal bei ­Förrenbach. Das Molsberger Tal ist das älteste Naturschutzgebiet im Nürnberger Land. Für die Natur ist das Projekt bisher ein großer Erfolg, kostendeckend arbeitet es aber noch nicht. Daher gibt es seit kurzem das Projekt Hutangerpate: Die Paten werden über die Tätigkeiten rund um die Landschaftspflegeherde informiert und zu Aktionen und Weideführungen eingeladen. Das Patenschaftsmodell ist somit ein praxisnahes Bildungsprojekt der Ökostation. Die Paten haben auch die Möglichkeit sich aktiv zu beteiligen, zum Beispiel beim Zaunbauen und beim Rinderumtreiben. Alle Informationen unter: www.hutangerblog.de.

systeme in Mitteleuropa ist Sehnsuchtsort und Produk­ tionsstandort gleichermaßen. Im Naturschutzzentrum Wartaweil kann man für Gruppen oder Familien Waldführungen und Kurse buchen. Egal ob es um Waldmärchen oder Artenvielfalt im Wald geht, hier sind Interessenten richtig mit ihren Fragen und Wünschen.  Kontakt: Naturschutz- und Jugendzentrum Wartaweil, Wartaweil 76/77, 82211 Herrsching, Telefon 0 81 52 -96 77 08, wartaweil@bund-naturschutz. de

Ideenwerkstatt für ein gutes Leben

Inne halten, zur Ruhe finden, sein Leben überdenken, entschleunigen – dazu laden wir bei diesem Seminar ein. Mit kreativen Methoden, Medita­ tion, Gesprächen und einem Spaziergang zur Festung Marienberg im Würzburger Landesgartenschaupark können Sie Ihren Lebensweg reflektieren und vielleicht neu ordnen.  Würzburg, 14. Dezember; Anmeldung bis 12. Dezember ­erforderlich Kontakt: BN-Ökohaus Würzburg, Tel. 09 31 -4 39 72, info@bn-wuerzburg.de

Foto: Rainer Wölfel

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BN-VERANSTALTUNGEN UND WEITERE TERMINE Großdemo »Wir haben es satt!«

Für eine andere Agrarpolitik, für eine bäuerliche, umweltverträg­ liche Landwirtschaft, gegen Massentierhaltung und Agro-Gentechnik kann man im Januar auf die Straße gehen. Am 18. Januar findet in Berlin die Großdemo »Wir haben es satt!« statt.  Samstag, 18. Januar 2014, Berlin. Viele Kreisgruppen organisieren gemeinsame Bus- oder Zugfahrten.

der Umweltbildung engagieren. Kommen Sie zum Austausch, Reden und Kennenlernen.  Freitag /Samstag, 21.–22. Februar 2014; Naturschutzund ­Jugendzentrum Wartaweil, Anmeldung: Tel. 0 81 52-96 77 08; wartaweil@bund-naturschutz.de, Kontakt: Naturschutz- und Jugendzentrum Wartaweil, Wartaweil 76/77,82211 Herrsching

Foto: BN

Heldenmarkt in München

Netzwerktreffen U ­ mweltbildung im BN

Biodiversität und Bildung wird das Thema dieses Netzwerktreffens sein. Eingeladen sind alle jungen und alten Hasen, die sich in

Der Heldenmarkt – Deutschlands führende Messe für nachhal­ tigen Konsum, findet zum zweiten Mal in München statt. Ob ­Bio-Bier, Taschen aus Recycling-Material, vegane Leckereien oder grüne Mode: Ziel der Endverbraucher-Messe ist es, zu zeigen, dass es schon heute in vielen Bereichen nachhaltige Angebote gibt.  Samstag, 8. März 2014, 10 bis 20 Uhr, Sonntag, 9. März 2014, 10 bis 18 Uhr; Postpalast, Wredestraße 10, München, Infos und P ­ rogramm auf www.heldenmarkt.de

BN-STUDIENREISEN | TEL. 09 11 -5 88 88 20 | www.bund-reisen.de Jetzt auch Familienangebote im Programm!

IMPRESSUM

Der BUND-Reisekatalog 2014 liegt vor. Auch dieses Jahr wartet der Veranstalter aus Nürnberg mit einer Neuerung auf: Nachdem man sich im Vorjahr erstmals mit aktivem Engagement an ­Umweltprojekten beteiligen konnte (auch 2014 wieder im Programm), sind es diesmal Angebote für Familien, die das Programm erweitern. Umweltpädagogische Angebote und Abenteuerliches findet 2014 für Groß und Klein auf Langeoog, im Harz, Bayerischen Wald und auf Burg Lenzen statt. »Umweltfreundlich reisen, regionale Strukturen stärken«, dieses Motto zieht sich durch den Katalog und zeigt sich besonders bei der Reise ins Chiemgau, die in enger Abstimmung mit dem Ökomodell Achental entstanden ist. Sonne und Meer – neue Wanderstudien- und Erlebnisreisen führen im Frühjahr und Herbst in die Provence/Camargue, nach Sardinien oder in die toskanische Maremma. Aber auch die ­Winterreisenden kommen mit verschiedenen Schneeschuh- oder Langlauftouren auf ihre Kosten. Hubert Weiger wird zusammen Herausgeber: BUND Naturschutz in Bayern e. V. (BN), vertreten durch Peter Rottner, Landes­ geschäfts­führer, Dr.-Johann-Maier-Str. 4, 93049 Regensburg, www.bund-naturschutz.de Leitende Redakteurin (verantw.): Luise Frank (lf), Tel. 09 41-2 97 20-22, Fax -31, natur+umwelt@ bund-naturschutz.de Redaktion: Holger Lieber (hl), Heidi Tiefenthaler (ht), Andrea Siebert (as), Helge Bendl Mitglieder-Service: Tel. 09 41-2 97 20-29 und -20 Gestaltung: Gorbach GmbH, Utting a. Ammersee (Layout: Waltraud Hofbauer) Titelgestaltung: Gorbach GmbH, Fotos: Fotolia, (links von oben) yellowj, Claudia Otte, Cmon; (rechts oben) fotobi, (rechts unten) Gerhard Seybert; rechts Mitte: Wolfgang Willner Litho: Fotosatz Amann, Aichstetten Redaktion BUND-Magazin: Severin Zillich (verantw.), Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin, Tel. 0 30-27 58 64-57, Fax -40 Druck und Versand: Brühlsche Universitäts­ druckerei Gießen

mit dem Rumänienexperten Dietmar Gross eine Reise in die ­Donaukarpaten führen und Peter Rottner zeigt die Schönheiten Lettlands und Litauens. Die Rundreise durch Schottland wird ­sicherlich das Highlight für alle Vogelfreunde. Alle Reisen sowie kurzfristig neu eingestellte Programme und die Möglichkeit, einen Reisekatalog zu bestellen, finden Sie unter www.bund-reisen.de. Frühbucher erhalten die Reiserücktritts­ kostenversicherung kostenlos. BUND-Reisen, Tel. 09 11-5 88 88-20, info@bund-reisen.de

BUND-Reisen 2014

Nah dran. Natur erleben und verstehen

Verlag und Anzeigen: BN Service GmbH, Eckertstr. 2, Bahnhof Lauf (links), 91207 Lauf an der Pegnitz, Tel. 0 91 23-9 99 57-30, Fax -99, info@service.bundnaturschutz.de Druckauflage 3-2013: 117.636 Bezugspreis: Für Mitglieder des BN im B ­ eitrag ­ent­­halten, für Nichtmitglieder Versandgebühr ISSN 0721-6807 BN-Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft München, IBAN DE27 7002 0500 0008 8440 00, BIC: BFSWDE33MUE Mit Namen gezeichnete Artikel geben nicht unbedingt die ­Meinung der ­Redaktion oder des BN wieder. Nachdruck nur mit Geneh­migung des BN. Für unverlangt e ­ ingesandte Artikel oder Fotos keine Gewähr. Die Redak­tion behält sich das Recht vor, Leserbriefe zu kürzen. »Natur+Umwelt« wird auf 100 % R ­ ecycling­­­­papier gedruckt.

Wanderstudien- und Erlebnisreisen in die schönsten Nationalparke und Kulturlandschaften Neu: Familienreisen Mitwirken an Umweltprojekten Fotoseminarreisen

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WEIHNACHTSSPENDE Bitte unterstützen Sie uns auch 2014: Se l t e n e Ti e re u n d Pflanzen schützen

Ku l t u r l a n d s c h a f t e n b e w a h re n

D I E N AT U R S A G T

Gesunde Umwelt einfordern

! e k Dan Danke für Ihre Unterstützung im vergangenen Jahr 2013:

Umweltbildung fördern

FÜR IHRE HILFE

Der BUND Naturschutz blickt auf ein ganz besonderes Jahr zurück. 100 Jahre Verbandsgeschichte, 100 Jahre ehrenamtliche Arbeit, 100 Jahre unermüdliches Engagement. Gemeinsam mit unseren 200.000 Mitgliedern haben wir viel erreicht. Landauf und landab konnten wir wertvolle Landschaften sichern und damit den angestammten Lebensraum von zahlreichen seltenen Tieren und Pflanzen. Danke für Ihre Unterstützung. Auch im neuen Jahr erwarten uns wieder zahlreiche Herausforderungen.

DAFÜR BRAUCHEN WIR IHRE H I LFE ! Spendenkonto 93 00 000 510, Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 700 205 00, Überweisungsvordruck im Heft


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