StiftungsReport 2012/13

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Mit Stiftungsstrategien nachhaltig wirken – soziales Engagement an der Zukunft messen Ein Plädoyer von Daniela Kobelt Neuhaus, Vorstandsmitglied der Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie, Bensheim Im Gegensatz zu Unternehmensstrategien, die auf der Grundlage einer längerfristigen Planung einen Gewinn beziehungsweise Wettbewerbsvorteil intendieren, ist die Stiftungsstrategie eine wenig taktische. Die im Unternehmerischen bedeutsamen Wettbewerbskomponenten fallen ebenso weg wie die marktgerechte Platzierung. Übrig bleiben die stifter’schen Interpretationen der Welt, verbunden mit einer daraus resultierenden, relativ unflexiblen, möglichst widerspruchsfreien Handlungs- oder Förderabsicht.56 Stifter hinterlassen meist eine ideologische Strategie, welche die Organisation bindet, selbst wenn sich die Zeiten und gesellschaftlichen Zusammenhänge verändern. Dennoch ist es berechtigt, Stiftungen per se als strategische Unternehmen zu sehen. Folgt man Mintzberg und Waters Schlussfolgerungen, dass „Strategien immer auf zwei Beinen gehen, einem vorsätzlichen und einem emergenten“57, so hinken Stiftungen zwar durch ein gekürztes emergentes Bein. Jedoch erweist sich das beabsichtigte Ziel für das Alltagshandeln der Stiftungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter vielfach als ­voraus­schauende und Zeiten überdauernde Vision. Ein Beispiel dafür ist der Wille des Stifters Karl Kübel, der formulierte, dass immer mehr Eltern in der Welt „der leiblich-­ seelisch-geistige Nährboden“ 58 schon für ihre jüngsten Kinder sein sollen – eine Forderung, die nun, 40 Jahre nach der Stiftungsgründung, auch in der Bildungspolitik angekommen ist. Nachhaltigkeit ist an Werte, aber auch an Zukunft und Orientierung gekoppelt Insbesondere Stiftungen aus dem sozialen Sektor beabsichtigen meist eine nachhaltige Verbesserung der Welt. Auslöser, die zur Gründung von Stiftungen oder zur Entwicklung von Programmen in Stiftungen führen, entstehen parallel zur globalen und gesellschaftlichen Entwicklung – oft auch als Gegenpol zu dieser. Es ist nicht von ungefähr, dass insbesondere in Zeiten hoher Veränderungsdynamik neue, vielfältige Stiftungen entstehen. Veränderungen implizieren immer Ängste und Befürchtungen, denen man entgegen­ wirken will. Dies kann reaktiv geschehen, zum Beispiel: „Upps – die Grundschule im Dorf ist gefährdet, da wollen wir sie doch mal retten.“ Oder es geschieht proaktiv prozesshaft: „Wenn sich die Zwergschule im Dorf nicht halten kann, was können wir dann für die ­Bildungsgerechtigkeit im Landkreis tun?“

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