Magazin «die umwelt» 2/2019 - Gentechnologie

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360° KLIMAWANDEL

Neue Szenarien

Konkrete Klimazukunft der Schweiz Dank den aktualisierten Klimaszenarien kann sich die Schweiz besser auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten. Mithilfe dieser Forschungsergebnisse lassen sich etwa Warnsysteme oder Schutzbauten effizienter planen. Zudem können zum Beispiel die Betreiber von Wasserkraftwerken genauer abschätzen, wie sich das Abflussregime in ihren Einzugsgebieten verändern wird. Text: Kaspar Meuli Den Sommer 2018 wird man in Schaffhausen nicht so rasch vergessen. Neben milden Grillabenden und Open-AirKonzerten, die für einmal ohne Regen auskamen, hatten das wärmste in der Schweiz je gemessene Sommerhalbjahr und die extreme Niederschlagsarmut in der Ostschweiz auch deutlich weniger erfreuliche Auswirkungen.

Regen auf Tausende von Fischen aus. Die Menge an verendeten Äschen und Forellen betrug 3 Tonnen. Ab einer Wassertemperatur von 23 Grad Celsius (°C) zeigen diese Arten erste Stresssymptome, und bei 24 bis 25 °C sind sie ernsthaft gefährdet. Im August 2018 kletterte die Wassertemperatur im Rhein bei Schaffhausen jedoch auf 27 °C.

Häufigere Trockenperioden

«Die neuen Klima-Daten dürften der Umsetzung von Anpassungsprojekten Schub verleihen.» Roland Hohmann | BAFU

So büsste der Rheinfall – die touristische Hauptattraktion der Stadt – massiv an Anziehungskraft ein. Durch den tiefen Wasserstand verkam der grösste Wasserfall Europas zum Rinnsal. Dementsprechend nahmen auch die Besucherzahlen ab. Noch drastischer waren die Folgen des Ausnahmesommers für das Laufwasserwerk Schaffhausen, produzierte es doch nur noch halb so viel Strom wie gewöhnlich. Und gar tödlich wirkten sich Hitze und fehlender

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Probleme, wie sie Schaffhausen in jenem Sommer erlebt hat, werden in Zukunft in der ganzen Schweiz häufiger. «Mit fortschreitendem Klimawandel nimmt die Tendenz zur Trockenheit weiter zu», heisst es im neuen Bericht «CH2018 Klimaszenarien für die Schweiz». «Gegen Ende des Jahrhunderts könnte eine Trockenheit, wie sie bisher ein- bis zweimal in 10 Jahren auftrat, jedes zweite Jahr vorkommen.» Das Interesse an diesem «Beängstigenden Blick in die Klimazukunft der Schweiz» – wie die NZZ titelte – war gross. So verfolgten im November 2018 mehr als 700 Personen die Präsentation an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich, und die Medien berichteten prominent darüber. Gemäss den Hauptaussagen der im Auftrag des Bundesrates entwickelten Klimaszenarien wird die Schweiz trockener,

heisser, schneeärmer und kämpft künftig mit heftigeren Niederschlägen.

Zwei denkbare Entwicklungen Trotz der alarmierenden Perspektiven gibt es auch eine gute Nachricht: Handelt die Staatengemeinschaft entsprechend den Klimazielen von Paris und senkt sie die Treibhausgas-Emissionen, so lässt sich das Ausmass der geschilderten Auswirkungen bis 2060 auf etwa die Hälfte reduzieren. In der Schweiz wäre in diesem Fall mit einem Anstieg der durchschnittlichen Sommertemperatur um 0,9 bis 2,5 °C zu rechnen. Ohne solche Anstrengungen würde es bei uns jedoch um 2,3 bis 4,4 °C wärmer. Die Klimazukunft unseres Landes hängt entscheidend von der Entwicklung der weltweiten Treibhausgas-Emissionen in den kommenden Jahrzehnten ab. Der neue Bericht stellt deshalb konsequent ein pessimistisches neben ein optimistisches Emissionsszenario. Der Entwicklung ohne Klimaschutz stehen also griffige Massnahmen gegenüber, welche die Folgen des Klimawandels stark mildern.

Schritt nach vorne Im Vergleich zu früheren Schweizer Klimaberichten bedeute diese unmiss-


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