Magazin «umwelt» 4/2013 - Die Alpen: schützen und nutzen

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umwelt 4/2013 > Bodenschutz

Unsere Böden verfügen je nach Standort und Zusammensetzung der ver­ witterten Ausgangsmaterialien über unterschiedliche Eigenschaften. So entscheiden unter anderem der Gehalt an Humus und Nährstoffen sowie die Speicherfähigkeit für Wasser und Luftporen über die Eignung als

Fachleute wichtige Schlüsse ziehen und zum Beispiel die Fruchtbarkeit eines ­Bodens oder sein Potenzial als Wasserspeicher einschätzen. «Die Informationen sollten allerdings nicht nur Bodenspezialisten, sondern idealerweise auch der Planung und weiteren Fachbereichen dienen», erläutert Fabio Wegmann von der Sektion Boden beim BAFU, der das Projekt NABODAT leitet. «Erst wenn klar ist, welche lebenswichtigen Funktionen ein Boden erfüllt, können Planer diese auch berücksichtigen.» Voraussetzung dafür ist eine verständliche Bewertung der Ökosystemleistungen und Bodenfunktionen. Dabei stellen sich beispielsweise folgende Fragen: Ist ein Boden bestes Ackerland, oder hat er das Potenzial für eine wertvolle Trockenwiese? Kann er Wasser gut speichern, Nitrat zurückhalten, Schwermetalle binden und als Kohlenstoffspeicher dienen? Oder verfügt er kaum über Qualitäten dieser Art und lässt sich somit als potenzielles Baugebiet nutzen? Um aus den vorhandenen Daten solche Funktionsbewertungen und die entsprechenden Antworten abzuleiten, müssen die geeigneten Methoden hierzulande erst noch entwickelt werden. Andere

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Ackerland. Dank besserer Kenntnisse der vielfältigen Bodentypen – wie Braunerde-Pseudogley, Parabraunerde und Kalkbraunerde (von links) – wollen die Umweltbehörden den Bodenverbrauch bewusster steuern.

Alle Bilder: Agroscope (Gabriela Brändle, Urs Zihlmann) und LANAT (Andreas Chervet)

europäische Länder – wie etwa Deutschland – sind diesbezüglich bereits einen Schritt weiter. Das Potenzial des Bodens erfassen Welche Chancen eine Datenbank mit Funktionsbewertungen bietet, zeigen konkrete Anwendungen in Hessen und Rheinland-Pfalz. Die beiden Bundesländer haben die Daten zu ihren historischen Bodenschätzungen – eine spezielle Kartierungsart – gemeinsam mit einem Ingenieurbüro digitalisiert und zu thematischen Bodenkarten aufbereitet. Diese geben unter anderem über das Ertragspotenzial, die Filterkapazität oder das Wasserrückhaltevermögen Auskunft. Dabei erfolgte eine Zuteilung der Flächen in fünf Bewertungsstufen – von einem sehr geringen bis zu einem sehr hohen Erfüllungsgrad der Bodenfunktion. Aus einer weiteren Karte lässt sich ablesen, wo Flächen mit hohem Biotopentwicklungspotenzial liegen. Die Karten stehen in hoher Auflösung mit parzellenscharfen Abgrenzungen zur Verfügung. Den Anstoss zu den Bodenschätzun­ gen in Deutschland gaben ursprünglich landwirtschaftliche Interessen. In die-

sem Bereich haben die digitalisierten Daten denn auch rasch Anklang gefunden. Gleichzeitig zeigte sich eine rege raumplanerisch motivierte Nachfrage. Deshalb hat man aus den Basisdaten weitere Bodenfunktionsbewertungen abgeleitet. Für Planungsaufgaben sind je nach Situation unterschiedliche Funktionen relevant, wie Ricarda Miller vom beteiligten Ingenieurbüro «Schnittstelle Boden» festhält. Zentral seien aber das Potenzial eines Bodens für die Entwicklung natürlicher Pflanzengesellschaften, das Ausmass der Bodenfruchtbarkeit im Hinblick auf einen hohen landwirtschaftlichen Ertrag, die Funktion für den Wasserhaushalt sowie die Bedeutung einer Fläche als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte. Gesamtnote kann nützlich sein Weil für die Raumplanung oft eine integrale Aussage zum Wert eines Bodens nützlich sein kann, entwickelte Ricarda Miller auch eine Gesamtbewertung der Bodenfunktionen. «Das Resultat lässt sich nicht einfach aus dem Mittelwert der Einzelwerte gewinnen, denn dies würde zu einer Nivellierung der Ergebnisse führen und den Bodenschutz eher


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