FPC Magazin 2016

Ausgabe Das Magazin

2016

des F R A N K F U R T E R P R E S S E C L U B S

SCHWERPUNKT

Medienstadt Frankfurt

Regional verankert. International agierend.

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Als europäische Regionalbank setzt sich der Helaba-Konzern nachhaltig für die Entwicklung des Finanzplatzes Frankfurt und der Region ein. Dazu gehört auch die gezielte Förderung von Wirtschaft, Sport, Kultur, Bildung und Sozialwesen.

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Banking auf dem Boden der Tatsachen.

1 Editorial

Werner D’Inka, Präsident des Frankfurter PresseClubs und Mitherausgeber der FAZ

S o t i c k t e i n e M e d i e n s t a d t „The place to be“ sei Frankfurt, finden die Veranstalter der Buchmesse.

Stimmt. Und „The place to publish“ ebenfalls, denn Frankfurt ist nicht nur eine bedeutende Messe-, sondern auch eine Medienstadt von Rang: Drei Tageszeitungen, einen ARDSender und, wenn wir Bad Vilbel kurzerhand eingemeinden, ein landesweit sendendes Privatradio, auch nach dem Umzug von Suhrkamp nach Berlin immer noch eine stattliche Zahl an Buchverlagen, nicht zu vergessen Fach- und Zeitschriftenverlage, das Deutsche Filminstitut – das können nicht viele Städte vorweisen.

Doch weil Zahlen nur kalte Pracht sind, weil sich das Wesen einer Medienstadt nicht auf Firmenschildern offenbart, schauen wir in diesem FPC-Magazin hinter die Türen. Wie arbeitet eine Lokalredaktion? Was ist aus journalistischer Sicht das Besondere am Finanzplatz Frankfurt? Was heißt es für eine Sportredaktion, drei Fußball-Bundesligavereine vor der Tür zu haben? Welchen Stoff bietet das Kulturgeschehen für die Berichterstattung? Wie sieht der Arbeitstag eines Korrespondenten im Landeshauptstadtbüro Wiesbaden aus? Was gibt es in Frankfurt außer Hochhäusern noch zu fotografieren? Und wo treffen sich die Frankfurter Journalisten, wenn sie fertig sind mit Schreiben, Analysieren, Kommentieren, Fotografieren, Layouten, Moderieren, Senden?

Ein besonderer Blick gilt dem Nachwuchs. Kann man Journalismus lernen? Oder ist er ausschließlich eine Frage des Talents? Die Frage schien entschieden: Spätestens seit 1908 weltweit die erste Journalistenschule an der University of Michigan gegründet wurde, gilt Journalismus nicht als reine Kunst, sondern als lehr- und lernbares Handwerk. Nach und nach bildete er spezifische Berufsregeln und Rollenerwartungen heraus, denen sich mehr oder alle verpflichtet fühlten, die dieses Metier ergriffen. Neuerdings wird dieses Berufsbild infrage gestellt. Denn was immer irgendwo auf der Welt gerade geschieht, kann auf Facebook, Twitter, Instagram, Youtube und anderen Kanälen auch ohne den Umweg über Redaktionsstuben verbreitet und empfangen werden. Doch überlebt sich die traditionelle Rolle von Journalisten wirklich, nur weil sie nicht mehr die ersten und einzigen Überbringer von Neuigkeiten sind? Ist Journalismus eine Art Do-it-yourself-Beschäftigung und das Beharren auf handwerklichen Normen die Selbst­ legitimation einer Kaste, die um ihre Bedeutung fürchtet?

Wie sehen die jungen Leute ihre berufliche Zukunft? Haben Sie Vorbilder – und, wenn ja, welche? Auch darum geht es in diesem Heft.

Apropos Zukunft: Nach 16 FPC-Jahren geht Monica Weber-Nau in den Ruhestand. Dem Vertrag nach war sie die Geschäftsführerin des Frankfurter PresseClubs. In Wahrheit war sie Stab und Stecken, Herz und Hand, Seele und Seelsorgerin – die Chefin eben. Danke, Chefin!

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Inhalt

Das ClubJahr

FPC-Netzwerkveranstaltungen

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Max Hollein, Direktor des St채del-Museums und der Schirn, war Ehrengast beim Neujahrsempfang des FPC 2016.

Titel: Stephan Morgenstern

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OG 2

OG 1

EG

UG

FPC Veranstaltungsort

Schwerpunkt Medienstadt Frankfurt

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Medienstadt Frankfurt Die Rocket-Beans-TV-Mannschaft lockte weit über hundert Besucher zur Netzwerkveranstaltung in den Turm der DB Systel.

Auch wenn die meisten Menschen Frankfurt als Bankenstadt sehen, zeigt sich doch: Frankfurt ist auch Medienstadt.

4 Kommunikationsort Frankfurter PresseClub

Das Club-Jahr Bis hierher und weiter

FPC-Vizepräsident Gerhard Kneier im Gespräch mit dem ersten Ministerpräsidenten der LINKEN (Thüringen)

Bodo Ramelow Hauptthema des Clubabends mit Ministerpräsident Bodo Ramelow war die Flüchtlingskrise. Zu lange, so seine Kritik, habe sich Deutschland auf dem Schengen-Abkommen ausgeruht. Pragmatisch und souverän antwortete er auf die Frage nach der Rolle der LINKEN in Thüringen: Bei Hunderttausenden von Flüchtlingen sei kein Platz für Ideologie.

Auf ein letztes Wort: Bodo Ramelow mit Gästen

Der Ministerpräsident und FPC-Geschäftsführerin Monica Weber-Nau

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Von links nach rechts: Hans-Dieter Hillmoth, HIT RADIO FFH, Stephan Köhnlein, Moderator und Autor des Buchs „Die Sonne scheint über dem SV Darmstadt 98“ (Foto unten), und Rüdiger Fritsch, Präsident des SV Darmstadt 98

SV Darmstadt 98 Innerhalb von zwei Jahren gelang dem SV Darmstadt 98, der sich „Lilien“ nach den Blumen in seinem Wappen nennt, der Aufstieg in die Bundeliga.

Verantwortlich dafür ist Präsident Rüdiger Fritsch, der seit 2012 den Verein mit ruhiger Hand führt. „Aus Tradition anders“ lautet das Vereinsmotto. Das gilt auch für den Umgang mit den Medien. Mit HIT RADIO FFH und seinem Geschäftsführer und Programmdirektor Hans-Dieter Hillmoth verbindet den Verein eine Medienpartnerschaft.

6 Kommunikationsort Frankfurter PresseClub

Martin Hupka, stellvertretender Projektleiter des EZB-Neubaus (links), erläutert den FPC-Besuchern die Architektur

Inside EZB Eines der spektakulärsten Bauwerke von Frankfurt ist die Europäische Zentralbank. Nach vier Jahren Bauzeit und heftigen Diskussionen, die den Bau, vor allem wegen der denkmalgeschützten Großmarkthalle, begleiteten, war im März 2015 Einweihung. Die zwei ineinander verschlungenen Türme mit jeweils 43 und 45 Stockwerken sind der Arbeitsplatz für 2.600 Menschen. Das Symbol europäischer Geldpolitik, die hier gemacht wird, führte bei der Einweihung des Bauwerks zu Demonstrationen der Kritiker dieser Politik. Parallel zum friedlichen Protest gab es heftige Krawalle im Frankfurter Ostend und in der Innenstadt.

Hoch über Frankfurt, im 41. Stockwerk, befindet sich der „Ratssaal“, wo die Finanzgehirne Europas über die Geldpolitik entscheiden.

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Zwei Türme mit 43 und 45 Stockwerken über der denkmalgeschützten Großmarkthalle von Martin Elsässer

8 Kommunikationsort Frankfurter PresseClub

Elmar Theveßen „Wie sicher ist das ZDF?“, fragten die FPC-Gäste den stellvertretenden Chefredakteur des Senders Elmar Theveßen. Immer häufiger werden die Hacker-Angriffe von außen geführt, und nicht nur das ZDF ist gezwungen, sich zu schützen. Firmen werden digital bedroht, der Bundestag wird ­abgehört, und in Frankreich legen Cyberkriminelle TV 5 lahm.

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10 K o m m u n i k a t i o n s o r t F r a n k f u r t e r P r e s s e C l u b

Kurt Weiner Es gibt Fotos, die bleiben im Gedächtnis, ein Leben lang. Schöne und schreckliche Bilder, eingefangen von Fotografen wie Kurt Weiner, der mehr als vierzig Jahre für die FR in Frankfurt fotografierte. Eines dieser Bilder wurde weltberühmt. Das Foto der Edelhure Rosemarie Nitribitt, das er zwei Tage vor ihrem gewaltsamen Tod schoss. Da sonnt sie sich an ihrem Fenster. Es ist das letzte Foto von ihr. Berühmt auch sein Foto von Daniel Cohn-Bendit, der durch eine Polizeisperre stürmt.

Im Dezember 2015 ehrte der FPC sein langjähriges Mitglied mit einer Ausstellung seiner Bilder.

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12 K o m m u n i k a t i o n s o r t F r a n k f u r t e r P r e s s e C l u b

Neujahrsempfang 2016 Ehrengast des Neujahrsempfangs 2016 war Max Hollein, der Direktor des St채del-Museums und der Schirn.

In seiner Rede verwies Max Hollein auf die Notwendigkeit des Mäzenatentums, das in Amerika wesentlich ausgeprägter sei. 4 Milliarden Euro Spendengeldern in Deutschland für Forschung, Bildung und Kultur stünden 310 Milliarden US Dollar gegenüber. Einzige positive Meldung in den letzten Monaten, die hauptsächlich von Krieg, Terror und Flüchtlingselend bestimmt gewesen seien, war in Holleins Augen die Nachricht, dass Mark Zuckerberg anlässlich der Geburt seiner Tochter verkündete, er wolle 99 Prozent seines auf 45 Milliarden geschätzten Vermögens in den kommenden Jahren spenden. Hollein verwies in diesem Zusammenhang auf weitere Spender wie Bill Gates, Warren Buffett und Andrew Carnegie, der in seinem „Evangelium des Reichtums“ 1889 geschrieben hatte: „Es ist keine Schande, reich zu werden, aber schändlich, reich zu sterben.“

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Man kann auch ohne große Worte eine der sichersten Banken der Welt werden.

Selbst wenn es nicht jeden Tag in der Zeitung steht: Die Rentenbank gehört zu den sichersten Banken der Welt und verfügt über Triple-A-Ratings der drei wichtigsten Rating-Agenturen. Gerade heutzutage zahlt sich höchste Bonität eben aus, wenn es um die Unterstützung von Unternehmen in einer der wichtigsten Branchen Deutschlands geht: der Land- und Ernährungswirtschaft. Die Mittel für unsere Förderprogramme nehmen wir an den internationalen Finanzmärkten auf – mit anhaltendem Erfolg. Deshalb können wir sagen: Der Bulle steht uns näher als der Bär.

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14 K o m m u n i k a t i o n s o r t F r a n k f u r t e r P r e s s e C l u b

Fotos: Rainer Rüffer

In Deutschland, so Hollein, verlasse man sich zu sehr auf den Staat. Die ­Deutschen stifteten jährlich 0,4 Prozent ihres Vermögens, die Schweizer bereits das Fünffache und die Amerikaner das Zwanzigfache. Und das bei einer Erben­ generation, die die wohlhabenste in der gesamten EU sei. Mit wachsendem Wohlstand wachse auch die Verantwortung der Bürger für ihren Staat und seine Einrichtungen. Bürger müssten sich als nehmende und gebende Individuen verstehen, denn nur so seien der Erhalt und die Weiterführung von Institutionen aus Kultur, Bildung und Forschung in Zukunft gesichert. Als positives Beispiel nannte ­Hollein die Frankfurter Mäzene, deren Freigiebigkeit unter anderem durch Johann Friedrich Städel begründet wurde, der 1815 sein gesamtes Vermögen spendete. Daraus entstand das Städel, ein Museum von Weltrang, das 2015 seinen 200. Geburtstag feierte.

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16 K o m m u n i k a t i o n s o r t F r a n k f u r t e r P r e s s e C l u b

Bohnen im S i l v e r To w e r A m 1 5 . J a n u a r 2 0 1 5 g i n g R o c k e t B e a n s T V a n d e n S t a r t . E i n I n t e r n e t - T V- S e n d e r, der Gaming und klassisches Fernsehen miteinander verknüpft – ein Format, das junges Publikum zieht. Bei den FPC-Netzwerkveranstaltungen stellten die Macher i h r i n n o v a t i v e s K o n z e p t v o r.

Unterhaltung und Spaß stehen bei Rocket Beans TV klar im Vordergrund. Daneben aber darf es gelegentlich auch sehr ernst sein: Bei tiefgründigen Call-in-Sendungen können Zuschauer beispielsweise ihre Fragen zu Themen wie Depressionen und Ängste stellen – auch das kommt gut an. „Rocket Beans ist nerdisch, geekisch, spitz“, beschreibt Arno Heinisch den Sender. Er ist einer der Gründer von Rocket Beans TV und Geschäftsführer. Gemeinsam mit Mitbegründer und Moderator Etienne Gardé war er am 11. September bei den FPC-Netzwerkveranstaltungen zu Gast. Die zwei unterhielten sich mit Steffen Ball von Ballcom über den Run auf Streaming-Plattformen und das Fernsehen von heute und morgen.

Veranstaltungsort: der 31. Stock des Silver Towers der DB Systel, in 166,7 Metern Höhe.

Begrüßt wurden Gäste und Publikum von DB-Systel-Vertreter Klaus Kattepuhl, der sichtlich amüsiert über das ewig gleiche Verhalten der Besucher sagte: „Man klebt am Fenster und fotografiert, bis die Speicherkarte voll ist.“ Das Gezwitschere und die geteilten Fotos auf Twitter unter den Hashtags #silvertower und #fpcnetz bestätigten das. „Die Atmosphäre hier hat was von Hörsaal und Raketenabschussbasis“, beschrieb Ball mit Blick auf den Bedienpult vor sich seinen Eindruck. Im Hamburger Studio der „Bohnen“ sieht es ganz sicher nicht so nüchtern aus. Dennoch war der Besuch in Frankfurt für die beiden Gäste quasi ein Heimspiel: für Gardé, weil er hier geboren wurde, für Heinisch, weil er einen Großteil seiner Kindheit in der Mainmetropole verbracht hat.

FPC-Netzwerk Der FPC will sich mehr öffnen für alle an Medien Interessierte: Pressesprecher, Öffentlichkeitsarbeiter und Multiplikatoren. Zu den FPC-Netzwerkveranstaltungen sind alle willkommen, natürlich auch Nichtmitglieder. Wir wollen Themen der Medienentwicklung frühzeitig aufspüren und in kurzen, knackigen Formaten behandeln. Informationen und Themen und die Locations sind wichtig, doch Kollegen treffen, sich austauschen, sich vernetzen ist genauso wichtig.

Tipp: Schnell registrieren, den Newsletter abonnieren, sich für die nächste Veranstaltung anmelden und kommen. Und wer darüber hinaus an den exklusiven Clubveranstaltungen teilnehmen möchte, wird am besten gleich Mitglied.

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Im Silver Tower der DB Systel trafen sich mehr als hundert Youngsters, die ihre Idole von Rocket Beans erleben wollten

18 K o m m u n i k a t i o n s o r t F r a n k f u r t e r P r e s s e C l u b

R Ü C K B L I C K

Macher mit reichlich Erfahrung Wer Rocket Beans TV noch nicht kannte, konnte sich durch einen Trailer ein Bild machen. Am Anfang des Filmclips singt Roberto Blanco fröhlich den Namen des Senders vor sich hin. Albern darf es bei den „Bohnen“ sein. Von Naivität aber keine Spur. Dass die Macher was vom Fernsehgeschäft verstehen, zeigen schon die Lebensläufe. Gardé moderierte unter anderem die Sendung „MTV Game One“ und Late Night Shows der Sendung „Late Knights“ von GIGA. Heinisch, als studierter Wirtschaftswissenschaftler, wirkte unter anderem bei ProSieben und Sat1 mit, war Chefredakteur bei Schwartzkopff TV und nicht zuletzt auch Grimme-Preisanwärter für Fernsehformate wie „Pimp my Fahrrad“ oder „Game One“.

Rocket Beans TV zeigt, dass junge Leute nicht wie weithin vermutet nur noch in sozialen Medien unterwegs sind und Fernsehen für sie uninteressant ist. Denn die „Bohnen“ fahren mehrgleisig: Als vollwertiger Sender stellen sie ein Rund-um-die-Uhr-Entertainment auf die Beine. „Das ist reizvoll, aber auch anstrengend.

Die Zeit will schließlich gefüllt werden“, sagte Heinisch. Es gibt eine Website, auf der die „Bohnen“-Community chattet, und auf Youtube sind ebenfalls Sendungen abrufbar.

Freiheit und das Acht-Säulen-Modell Heinisch und Gardé haben mit ihrem Sender die Freiheit gewählt.

Sie wollten ihrer Kreativität freien Lauf lassen. „Wir sind unsere eigenen Auftraggeber und müssen niemand die Bänder zur Ab-

Sascha Lobo und die Reptilien Irokesenschnitt und Anzug 31. März 2015 | Exotarium, Zoo Frankfurt Gast: Sascha Lobo, Blogger, Buchautor und Journalist Moderation: Corina Socaciu und Nils Bremer, Freie Journalistin und Chefredakteur „Journal Frankfurt“ Für die Pinguine und Leguane des Exotariums tat sich eine neue Welt auf. Bisher hatte sie das Internet in ihren Klimaboxen nicht sonderlich berührt. Aber als die Moderatoren mit Sascha Lobo einen kurzweiligen und teilweise auch spannenden Galoppritt durch die Welt des Netzes unternahmen, spitzten auch die Bewohner des Exotariums die Ohren.

Anonymität im Netz als Grundrecht, keine Heldenverehrung für Snowden, die Netzpolitik der Bundesregierung ein Debakel und bizarre Summen für die Vorträge des Netzerklärers – das sind nur einige wenige Thesen aus dem schnellen Dialog auf der Bühne. Nach einer Stunde konnten sich Pinguine und Leguane wieder ihrem Alltag widmen, und die Besucher des FPC begannen zu netzwerken. Dem Auftakt der FPC-Netzwerkveranstaltungen im Zoo folgte im Juli in den Räumen des Kunstvereins Familie Montez das Thema: Wie kann man mit Bloggen Geld verdienen?

Video: Livestream.watch

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Das Event wurde von Livestream.watch live übertragen und aufgezeichnet

nahme schicken“, so Gardé. „Wenn wir eine Sendung über Kakteen machen wollen, dann machen wir das.“ Sogleich kam aus dem ­Publikum eine Reaktion auf diese Aussage: Die „Bohnen“ hätten das Zeug dazu, alles zu „zerlabern“, so dass auch eine Kakteensendung sicher von Erfolg gekrönt wäre.

Diese Unabhängigkeit birgt aber auch Risiken, denn von Luft und Fans allein lebt es sich schlecht. „Bekommen denn die Mitarbeiter regelmäßig Geld?“, fragte Ball. Ja – finanziert werde Rocket Beans TV über ein Acht-Säulen-Modell, das trage und sogar Pläne für die Zukunft zulasse. Zuschauerspenden, das Affiliate-Partnerprogramm von Amazon und Merchandising seien drei davon. Aktuell haben die „Bohnen“ eine eigene Sales-Abteilung gegründet, die für Produktplatzierung und Branded Content verantwortlich ist. Ganz sicher aber werde sich Rocket Beans TV nicht durchkommerzialisieren wie private Sender, betonte Heinisch. „Wir stehen für Glaubwürdigkeit und Transparenz. Produktplatzierungen bleiben vom redaktionellen Inhalt unabhängig.“ Bezogen auf den Videokanal Youtube hat der Sender der Freiheit zuliebe die Avancen diverser Multi-Channel-Networks zurückgewiesen. Zurzeit teilen sich drei „Netzwerke“ diesen Markt auf: Studio 71, eine ProSieben/Sat1-Tochter, Mediakraft Networks und TubeOne Networks. Sie binden beliebte Youtuber, die dann maximal monetarisiert werden. So stehe Florian Mundt alias LeFloid beispielsweise bei Studio 71 unter Vertrag.

Die „Bohnen“ wissen, dass sie sich nicht den leichtesten Weg gewählt haben – das war dem Gespräch zu entnehmen. Aber sie sind mit Leidenschaft dabei. „Erfolg ist für mich, wenn’s weiter-

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Mit Journalismus im Internet Geld verdienen?

Richard Gutjahr über die Zukunft des Journalismus 1. Juli 2015 | KVFM – Kunstverein Familie Montez e.V., Honsellbrücke am Hafenpark Gast: Richard Gutjahr, Moderator, Journalist und Blogger Moderation: Tapio Liller, Oseon – Agentur für vernetzte Kommunikation Seit Jahren sind Verlage und andere Medienunternehmen auf der Suche nach dem Heiligen Gral: einer Website, die die Renditen wieder steigen lässt, die anknüpft an die goldenen Zeiten, als mit Journalismus noch sehr viel Geld verdient werden konnte. Einer, der zumindest skeptisch in die Zukunft großer Verlage blickt, ist der Journalist und Blogger Richard Gutjahr. Er sieht das Ende der großen Verlage und Medienkonglomerate – auch wenn er, nicht zuletzt als dessen Mitarbeiter, von ihnen lebt. Wie lange noch? Und wie können Medien in Zukunft Geld verdienen und Journalismus finanzieren? Darüber und über andere Fragen hat der bekannte Medienmacher Gutjahr im Kunstverein Familie Montez Auskunft gegeben.

Fotos: Rainer Rüffer

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geht“, resümierte Gardé. Ihm sei bewusst, dass ihr Format schnelllebig und von den Launen des Publikums abhängig sei. Durch den intensiven Austausch seien sie allerdings auch nah am Zuschauer und seinen Wünschen dran. Das traditionelle Fernsehen, die öffentlich-rechtlichen und die privaten Sender, stütze sich dagegen zu 90 Prozent auf lizenzierte Formate vor allem aus dem US-amerikanischen und englischen Ausland. „Was dort gut läuft, muss auch hier gut ankommen“, kommentierte Heinisch. Das Resultat sähe man am Angebot. Das klassische lineare Fernsehen leide unter enormem Quotendruck. Die Verantwortlichen zeigten sich wenig risikobereit, hätten zu viel Angst, dass etwas Neues floppen und deshalb Köpfe rollen könnten, bedauerte Heinisch.

Bei Rocket Beans TV ist erlaubt, was Spaß macht. Der Erfolg gibt den Machern bislang recht. „Wir konzentrieren uns jetzt erst einmal auf redaktionelle Professionalität“, schloss Heinisch. Ebenso stehe eine mögliche Erweiterung des Senders auf dem Plan. Und mit diesen Aussichten lautet auch künftig die Parole: „Alles muss.

Nix kann.“ Na dann, weiterhin Glückauf!

Stephanie Aurelia Runge Freie Redakteurin für Public Relations info@textbausatz.de

Wird Upday wichtiger als die „Bild“-Zeitung?

Springer startet mit Samsung eine personalisierte News-App 19. Januar 2016 | Wyndham Grand Frankfurt, Wilhelm-Leuschner-Straße 32 Gast: Jan-Eric Peters, langjähriger Chefredakteur der WELT-Gruppe, jetzt Stv. CEO von Upday Moderation: Chris Berdrow, Leiter der Nachrichten- und Hessenredaktion bei HIT RADIO FFH Alle großen Player der digitalen Welt gieren nach journalistischen Inhalten. Der Start der personalisierten News-App Upday im Frühjahr ist in seiner Bedeutung für die Medienwelt kaum zu überschätzen. Für dieses Projekt sind Springer und Samsung eine strategische Kooperation eingegangen, die sich auf mehrere Länder Europas erstreckt.

Anfang September hatte Axel Springer bekanntgegeben, dass der Medienkonzern die ­Nutzer von Samsung-Smartphones in Europa künftig über die vorinstallierte UpdayApp mit Nachrichten versorgen wird. Die Nachrichten umfassen sowohl Informationen, die durch ein lokales Redaktionsteam ausgewählt werden, als auch ein algorithmusbasiertes Angebot, das auf die individuellen Nutzerinteressen zugeschnitten ist.

WIR MACHEN NACHHALTIGKEIT ZU EINEM VERSPRECHEN. Nachhaltigkeit ist für uns ein elementarer Teil unseres Werteverständnisses und fester Bestandteil unseres Geschäfts zugleich. So sind wir beispielsweise zentraler Finanzierer der Energiewende, prüfen Kredite systematisch auf Nachhaltigkeit und bauen langfristige Bindungen zu unseren Kunden, Partnern und Mitarbeitern auf. Die Ratingagentur oekom research zeichnet dafür die gesamte DZ BANK Gruppe erneut mit dem oekom Prime Status, der höchsten Auszeichnung für nachhaltiges Engagement, aus.

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22 K o m m u n i k a t i o n s o r t F r a n k f u r t e r P r e s s e C l u b

Kommunikation auf vier Etagen Der Frankfurter PresseClub im Palais Livingston Seit Februar 2012

residiert der Frankfurter PresseClub im Westend der Stadt. Dort, in der Ulmenstraße 20 / Ecke Kettenhofweg, hat er seine Räume. Das Westend beginnt an der Alten Oper und endet an der Bockenheimer Warte. Rechts und links der Bockenheimer Landstraße liegt das Nobelviertel.

Während der Häuserkampfzeiten in den 70er Jahren war das Palais Livingston, im Volksmund „Pferdestall“ genannt, eines der heiß umkämpften Gebäude des Westends. Der Druck der Westend-Bürger, die sich gegen den vorgesehenen Abriss wehrten, war schließlich so groß, dass die Stadtpolitik die Reißleine zog und dem Vorhaben nicht zustimmte.

Die Stadt e ­ rwarb das Gebäude und wandelte es in einen Bürgertreff um. Nach der erneuten Sanierung, die von April 2011 bis Februar 2012 erfolgte, zog der ­Frankfurter PresseClub ein.

OG 1 Konferenzraum 1 Der Konferenzraum 1 ist der kleinere der beiden Tagungsräume im 1. Obergeschoss und bietet auf einer Fläche von 31 m² je nach Bestuhlungsmöglichkeit Platz für maximal 28 Personen.

OG 2

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OG 2 Konferenzraum 3 Der im 2. Obergeschoss befindliche „Giebelraum“ eignet sich hervorragend für Vorträge. Hier finden bis zu 60 Personen in Reihenbestuhlung Platz. Ferner sind hier auch Konferenzen und Seminare mit bis zu 30 Teilnehmern möglich.

Alle Räume sind mit modernster Konferenztechnik (Beamer, Audioanlage, WLAN) ausgestattet. Im Rahmen der Sanierung wurde durch den Einbau eines Personenaufzugs für einen durchgehend barrierefreien Zugang zu allen vier Etagen gesorgt.

OG 1 Konferenzraum 2 Auf derselben Ebene wie Konferenzraum 1 gibt es einen w ­ eiteren Raum, der sich mit seinen knapp 54 m² sehr gut für Pressegespräche, aber auch für Vorträge und Seminare eignet. Hier stehen diverse Bestuhlungsmöglichkeiten zur Verfügung, etwa U-Form, Bankett, Reihe oder Parlamentarisch. Bei Reihenbestuhlung haben maximal 48 Personen Platz.

Catering Von Konferenzgetränken und Gebäck über Brezeln, Kanapees und Fingerfood bis hin zum Buffet sorgen wir für Organisation und Service. Wir arbeiten dabei mit unserem Gastronomen vor Ort, dem legendären „Herrn Franz“, und seinem gleichnamigen Restaurant im Erdgeschoss unseres Hauses, aber auch mit dem Caterer Martha’s Finest zusammen.

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E x t e r n e V e r a n s ta lt u n g e n 2015 P r e ss e k o n f e r e n z e n AG Dokumentarfilm e.V. Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen BHB BHP Marketing & Service GmbH Bundesverband Deutscher Banken e.V. Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen e.V. Bundesverband Öffentlicher Banken CSC Deutschland GmbH Deutsche Asset & Wealth Management Deutsche Leasing AG Finance Magazin

Meetings Instinctif Deutschland GmbH Int. Gesellschaft für Menschenrechte International Federation of Robotics LPX Group Messe Stuttgart Möller Horcher PR GmbH Novartis Ole von Beust Consulting GmbH & Co KG SMA Solar Technology AG Thöring Heer & Partner VdW Südwest Verband der Südwest­ deutschen Wohnungswirtschaft e.V.

Der Frankfurter PresseClub im Palais Livingston Seit Februar 2012 residiert der Frankfurter PresseClub im Westend der Stadt. Dort, in der Ulmenstraße 20 / Ecke Kettenhofweg, hat er seine Räume im Palais Livingston, im Volksmund „Pferdestall“ genannt. Der FPC vermietet seine Räume für Pressekonferenzen, Vortragsveranstaltungen, Workshops und andere Events. Neben namhaften Unternehmen treffen sich hier regelmäßig Vereine, Verbände, Parteien und Arbeitsgemeinschaften.

Raumanfragen an: info@frankfurterpresseclub.de.

Schulungen/Tagungen/Workshops Better Orange IR & HV AG BNP Paribas S.A. Rainer Brenner Augenoptik GmbH CBRE CDP gGmbH Cross Media Consulting Wolfgang Ernd GmbH DGPSF Dt. Gesellschaft für Professional Service Firms e.V. Dirk Metz Kommunikation EnBWEnergie Baden-Württemberg AG

Equens SE Hoya Lens Deutschland GmbH HR Frankfurt Kalms & Partner Kraftkontor Santander Bank Stiftung Leben mit Krebs Ulrich Wagner WEG & Immobilienverwaltung

DFL Liga Travel GmbH Union Asset Management Holding AG Witten School of Management GmbH

R e g e l m ä ss i g e T r e f f e n Vereine/Parteien BPW Frankfurt CDU Westend Rotary Palmengarten

Vortragsv e r a n s ta lt u n g e n

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Buchvorstellungen/ Weitere Events AB Bernstein Deutsch-Britische Gesellschaft Deutsche Atlantische Gesellschaft Deutsche Gesellschaft für Ausländische Politik Deutsch-Französische Gesellschaft FFM e.V. dpa Dt. Presse-Agentur GmbH FDP Friedrich-Ebert-Stiftung Friedrich-Naumann-Stiftung geldanlagen-nachrichten German Australian Business Council e.V. German Carolina Club Graf von Westphalen IFM Immobilien AG Instituto de Empresa S.L. JP Kom GmbH Julia Pergande Katalanisches Kulturzentrum Kürschners Politkontakte NDV GmbH & Co. KG Mercuri Urval GmbH SPD Wellensiek Rechtsanwälte WWF Deutschland

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26 K o m m u n i k a t i o n s o r t F r a n k f u r t e r P r e s s e C l u b

Die neue Frau an der Spitze Sabine Storm übernimmt von April an die Geschäftsführung des Frankfurter PresseClubs. Die 34-Jährige ist bereits bestens mit dem Club vertraut. Denn 2013 hat sie den Vorstand bei der Neuausrichtung des FPC beraten, die unter anderem das neue Leitbild und das erfolgreiche Profil der FPC-Netzwerkveranstaltungen ­h e r v o r b r a c h t e . M i t d i e s e r B a s i s i s t s i e p r ä d e s t i n i e r t f ü r d i e A u f g a b e n , d i e a u f s i e

Foto: Rainer Rüffer

als FPC-Geschäftsführerin warten.

„Um ehrlich zu sein, war es weniger die Position, die mich zur Bewerbung angetrieben hat. Vielmehr sind es die spannenden Aufgaben und die Zusammenarbeit mit dem FPC-Vorstand.“ Diese sei bereits im Laufe der damaligen Positionierungsanalyse so angenehm gewesen, die Atmosphäre so konstruktiv und wertschätzend, dass sie die Kooperation auf diesem Weg gern fortsetzen wolle, sagt die Redakteurin des Hessischen Rundfunks. Für den HR wird Sabine Storm übrigens auch weiterhin aktiv sein. „Ich bin dankbar für die Flexibilität, die mir vom HR und dem FPC e­ ntgegengebracht wird, und freue mich, dass ich mich für beide Institutionen ­einsetzen kann.“ Sabine Storm ist eine Frau, die den Überblick behält. Das hat sie bereits in der Vergangenheit vielfach unter Beweis gestellt – als Journalistin, Social-MediaRedakteurin sowie als Bloggerin, und davor auch als Assistentin von Katja Marx, der Hörfunk-Chefredakteurin und Leiterin des Programms hr-iNFO. Ihre

Chefin ermöglichte Sabine Storm damals, berufsbegleitend ein Studium im Bereich Medienkommunikation und Journalismus zu absolvieren. Das hat sie vor zwei Jahren abgeschlossen. Vor ihrer journalistischen Karriere hatte ihr Lebenslauf sie zunächst in die Ausbildung zur Verlagskauffrau geführt. Eine Qualifikation, die in der FPC-Geschäftsführung ebenso gefragt ist wie ihre Kompetenz als Journalistin.

Im Club steht die neue FPC-Frontfrau halbtags zur Verfügung und ist natürlich auch bei Veranstaltungen und Vorstandssitzungen zugegen. „Ich freue mich auf die Vielfalt der Themen, die mich im Club erwarten, auf die Zusammenarbeit mit dem Vorstand und den Mitgliedern – auf die jungen ebenso wie die langjährigen, die mit ihrem reichen Erfahrungsschatz auch für den heutigen Qualitätsjournalismus viel beizusteuern haben.“ Stephanie Aurelia Runge Freie Redakteurin für Public Relations info@textbausatz.de

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Die Chefin

Foto: Stephan Morgenstern

Monica Weber-Nau zum Abschied

Sie hat Chefredakteure, Intendanten, Minister- und FPC-Präsidenten, Vorstandsmitglieder und Verbandsvorsitzende kommen und gehen sehen. Sie hat sie im Frankfurter PresseClub begrüßt, und sie hat das Licht gelöscht, wenn der letzte Gast gegangen war. Kurzum: Sie war die Chefin.

Eine wie sie gibt es kein zweites Mal. Zu sagen, Monica Weber-Nau habe sich um den FPC verdient gemacht, ist nicht völlig falsch. Aber es ist viel zu wenig.

Sie war der Club, und der Club war sie.

Während ihrer 16 Clubjahre hielt jeder Vorstand tapfer die Fiktion aufrecht, er sei es, der die Leitlinien der Arbeit bestimme.

Doch es hat keinen Sinn, die Augen vor der Wahrheit zu verschließen: Jeder Vorstand war Wachs in den Händen der Chefin. Das mag man unter dem Blickwinkel der Gewaltenteilung bedenklich finden, aber ein Presseclub ist kein Vereinsrechtsseminar – und gut für den Club war es allemal.

Sehr gut sogar. Denn was hat Monica Weber-Nau in den 16 Jahren nicht alles vorbereitet, organisiert, eingefädelt, oft genug auch ausgebadet, und mit Bravour zustande gebracht: Clubabende, Neujahrsempfänge, Sommer- und Weihnachtsfeste, Ausstellungen, Reisen, die Gründung des Netzwerks Forum Deutscher PresseClubs, Mitgliederversammlungen. Das FPC-Ma-

gazin ist unter ihrer Federführung zu einer beachteten Branchenpublikation geworden.

Der Umzug von der Saalgasse in den „Pferdestall“ forderte ihre ganze Kraft und viel mehr Zeit, als im Arbeitsvertrag steht. Das Ergebnis war glänzend.

Es gibt, grob gesprochen, zwei Auffassungen, eine Geschäftsführerrolle auszufüllen: die Repräsentations- und die Arbeitshypothese. Monica Weber-Nau hat sich für die zweite entschieden – nicht aus Kalkül, sondern weil sie so ist, wie sie ist. Sie hätte gar nicht anderes gekonnt. Das heißt nicht, dass sie nicht zu repräsentieren verstünde, im Gegenteil. Sie hat dem FPC ein Gesicht und eine vernehmbare Stimme gegeben, aber eben nicht als Frühstücksdirektorin, sondern jederzeit zu- und anpackend. Das ist durchaus wörtlich zu verstehen, denn Monica Weber-Nau fand es niemals unter ihrer Chefinnenwürde, eine Glühbirne auszuwechseln, die Folgen eines Wasserrohrbruchs zu beheben oder Stühle zu rücken.

Und weil hinter jeder starken Frau ein patenter Mann steht, gilt an dieser Stelle auch Christoph Maria Fröhder ein herzliches Wort des Dankes. Auch er hat sich – in aller Stille – für den FPC eingesetzt.

Die Tontechnik funktioniert nicht, oder eine andere muss her? Ein potenzieller Gast aus der Welt der Medien oder der Politik

soll angesprochen werden? Ein Moderator für einen Clubabend wird gesucht? Nie hat sich Christoph Maria Fröhder verschlossen, und nie hat er Aufhebens davon gemacht.

Ratgeber für Manager füllen Buchregale. Wie die Geschäfte eines Presseclubs zu führen sind, steht freilich in keinem Handbuch. Deswegen hat sich Monica WeberNau ihre Rolle auf den Leib geschneidert, und auch das war ein Glücksfall für den FPC. Sie hat sich nie als bloße Notarin der weisen Beschlüsse des Vorstands verstanden – und wenn der kurz davor war, einen aus ihrer Sicht gar nicht weisen Beschluss zu fassen, sagte sie es unverblümt. Meistens hatte sie recht. Sie hat als gelernte Journalistin und als wache Beobachterin des Zeitgeschehens ihrerseits Themen auf den Tisch des Hauses gebracht, Diskussionen angeregt, Gesprächsabende initiiert. Und es hat sie bekümmert, wenn interessante Angebote von den Mitgliedern nicht angemessen wahrgenommen wurden.

Monica Weber-Nau kann mit ihrer Präsenz einen Raum füllen. Sie hat aber eine zweite, eine leise Seite. Sie hat ein feines Gespür dafür, wenn jemand Hilfe oder auch nur ein Wort zu rechten Zeit braucht.

Dann nimmt sie sich Zeit, kümmert sich, hört zu, gibt Rat. Das trägt sie nicht zu Markte, aber diejenigen, derer sie sich angenommen hat, danken es ihr. Über 16 Jahre, vier Olympiaden, hat Monica Weber-Nau den FPC geprägt. Sie steht für alles, was gut ist am Frankfurter PresseClub. Sie hat ihm mit ihrem Engagement ein Herz und eine Seele gegeben, weit über die Pflicht hinaus. Der Vorstand, die Geschäftsstelle und die Mitglieder stehen in ihrer Schuld und danken ihr sehr herzlich für gute, von Vertrauen getragene Jahre. Wie sagt der Volksmund in ihrer Hunsrücker Heimat? „Datt ware Zeide!“ Alles erdenklich Gute, Chefin, wir vergessen Sie nicht.

Werner D‘Inka Präsident FPC Mitherausgeber der FAZ

44 2013

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30 K o m m u n i k a t i o n s o r t F r a n k f u r t e r P r e s s e C l u b

Forum Deutscher PresseClubs Es war einmal eine Presseclub-Geschäftsführerin in Frankfurt, die sich nach Gleichgesinnten zum Erfahrungsaustausch sehnte.

Sie forschte im Internet und fand viele Presseclubs, die über Deutschland verteilt waren. So begann vor rund eineinhalb Jahrzehnten die Geschichte des Forums Deutscher PresseClubs.

Monica Weber-Nau hatte mit ihren Über Nach 14-jähriger Arbeit als Gründungslegungen recht und fand viele Gleichgevorsitzende des Forums hat sich auf der sinnte, die ebenfalls netzwerken und sich Sitzung im Mai 2015 Monica Weber-Nau austauschen wollten. Was mit losen Treffen in den Forumsruhestand verabschiedet. im Jahr 2002 begann, hat sich zu einem In Anerkennung ihrer Verdienste wurde regelmäßigen Treffen entwickelt. sie zum Ehrenmitglied des Forums er Im Jahr 2004 wurden durch die Teilneh- nannt. Als Nachfolger wurde Dieter Barth, mer Regeln aufgestellt, die dem Verbund Schatzmeister/Schriftführer des Presseclubs zum Forum Deutscher PresseClubs einen Nürnberg, bestimmt.

Rahmen gaben. Seither treffen sich die „Ich werde die Arbeit von Monica Vorstände der einzelnen Clubs immer in Weber-Nau weiterführen und natürlich einer anderen Stadt. Dort lernt man neben auch eigene Akzente setzen. So ist es mir den Schönheiten der Stadt auch die besonwichtig, dass künftig jede Tagung unter deren Merkmale des gastgebenden Clubs einem Motto steht und wir uns vor allem kennen. mit Zukunftsfragen beschäftigen. Etwa Gesprochen und diskutiert wird über mit der Y-Generation (nach der Generation den Internationalen Tag der Pressefreiheit, der Baby-Boomer der 70er Jahre und der die Notwendigkeit der Präsenz der Clubs im Internet oder auf Facebook, die Gemeinnützigkeit und Newsletter gegebenfalls die Steuerpflicht von 28.05.2015 Presseclubs und vieles mehr.

Liebe Forumsmitglieder!

Im Laufe der Jahre verfestigte Mit unserem neuen Newsletter für die Mitglieder des FORUMS Deutscher PresseClubs stelle ich mich als neuer sich das Netzwerk dank der unVorsitzender des FORUMS vor. Mir ist wichtig, die Kommunikation unter ermüdlichen Anstrengungen von und zwischen den Clubs zu fördern und neue Ideen zu liefern.

Die jährlichen Tagungen sollen künfMonica Weber-Nau zu einem Fotig unter einem Motto stehen, das sich aus den Bedürfnissen der einzelnen ergibt und frische Impulse für rum, mit dem man auch schon mal Clubs die Arbeit in den Clubs liefert.

Das geht nur, wenn die Clubs uns auf Reisen gehen kann. So fanden, immer wieder über Neuigkeiten und Ideen informieren. durch die Clubs aus Frankfurt, Die Mitglieder des Forums vor dem ehemaligen Kanzleramt (Foto: Volker Lannert) München und Nürnberg organiBonner Medienclub siert, Reisen nach Südafrika, nach Gastgeber der Jahrestagung Zypern, durch das Baltikum und des Forums Deutscher PresseClubs nach Antalya statt.

Der Newsletter verdeutlicht, welche Durch die entstandenen KonNach Eröffnung der Tagung des Forums Deutscher PresseClubs am 15.5. durch den Art von Informationen wir benötigen.

Vorsitzenden des Bonner Medien Club e.V. Dr. Andreas Archut im Haus der Geschichte Wir haben damit auch eine Plattform für die Eigendarstellung der Mitglietakte konnten auch schon Refeder Bundesrepublik Deutschland, ließ es sich Hausherr Prof. Dr. Hans Walter Hütter als der. Weitere Themen sind z.B. die Präsident der Bundesstiftung nicht nehmen, den Mitgliedern sein Haus und dessen Berichte und das Protokoll unserer renten untereinander vermittelt Aufgaben vorzustellen. Seine zentrale Aussage: Im HdG wird nicht geforscht, sondern Jahrestagungen, die jedes Jahr von einem anderen Club ausgerichtet weres wird im Blick auf bestimmte Objekte und historische Entwicklungen werteorientierden. Ferner wollen wir informieren, werden, so manches Mitglied te „Quellenkritik“ betrieben. Danach wurde die Agenda Punkt für Punkt abgearbeitet. was in den einzelnen Clubs angeboten ob es nun Veranstaltungen oder nahm an spannenden Veranstaltun- wird, sich u.a. ein weiterer Punkt in der Dabei zeigte sich, dass Punkt bestimmte Reisen für die Mitglieder Agenda: (teils auch alle FORUMS-Mitglieder) 1. Neues aus den Clubs sind. Und wir werden natürlich auch gen anderer Presseclubs teil.

2. Neue Zielgruppen künftig auf das Wesentliche gekürzt immer wieder die Frage der Neumitgliederwerbung thematisieren.

Ich freue mich auf meine neue Aufgabe und hoffe sehr auf eine rege Mitarbeit aller Clubs.

Mit herzlichen Grüßen aus Nürnberg

werden sollte, da teils langwierige Club-Beschreibungen vielfach bekannt sind und wenig Neuigkeitswert in sich tragen.

Wie ein roter Faden durch die Diskussionen zog sich der schleichende Überalterungsprozess in den Clubs

für die PresseClubs Als eine denkbare neue Zielgruppe für die Mitgliedergewinnung gelten Blogger. Ein Erfahrungsbericht aus München zeigte allerdings auf, dass Blogger offenbar völlig andere Interessen als die Mitglieder des Presseclubs

Generation X/Golf der 80 er Jahre nun die Generation Internet/Game ab 85) und der Frage: Wie müssen sich Presseclubs auf sie einstellen? Oder: Sollen Presseclubs auch eine Heimat für Blogger bilden?“, so Dieter Barth bei der Amtsübernahme.

Als erster Schritt, um die Darstellung des Forums zu verbessern, wurde der Internetauftritt modernisiert. Nun können die Seiten auch problemlos über ein Smartphone abgerufen werden. Für die forumsinterne Kommunikation haben die Kollegen Ludwig Faust (Presseclub Regensburg) und Reinhard Schwarz (Presseclub OWL) einen Newsletter entwickelt, der nun zunächst unregelmäßig erscheinen wird.

In enger Abstimmung mit den Mitgliedsclubs des Forums (deren Anzahl sich auch noch erhöhen kann, ein weiteres Ziel) sollen die Themen für die jeweils kommende Tagung festgelegt werden.

An dieser Stelle wünschen wir vom Forum Deutscher PresseClubs unserer Gründerin Monica WeberNau für den richtigen Ruhestand am Ende Ihres Berufslebens von Herzen alles Gute, vor allem Gesundheit und Glück. Wir hoffen, dass Du uns auch künftig die Ehre Deiner Anwesenheit bei unseren Tagungen gibst, und führen das Forum in Deinem Sinne weiter.

Herzlichen Dank für alles!

D i e t e r B a rt h Vorsitzender des Forums Deutscher PresseClubs barth@wbg.nuernberg.de

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32 K o m m u n i k a t i o n s o r t F r a n k f u r t e r P r e s s e C l u b

SCHWERPUNKT

Medienstadt Frankfurt Ist Frankfurt eine Medienstadt?

33

Katja Marx, Hörfunk-Chef­ redakteurin und Programm­chefin hr-iNFO

„Journal Frankfurt“

36

30 Jahre „Medium Magazin“

38

72

Frankfurter Buchmesse

40

Die „Story-Redaktion“ von hr-iNFO

74

Jürgen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse

42

Hans-Dieter Hillmoth, HIT RADIO FFH

76

Filmstadt Frankfurt

46

Liane Jessen, Fernsehspielchefin Hessischer Rundfunk

50

Esther Schapira, Leiterin der Fernsehabteilung Politik und Gesellschaft des HR

78

Pitt von Bebenburg berichtet für die „Frankfurter Rundschau“ aus dem Hessischen Landtag

82

Die Lokalredaktion der „Frankfurter Neuen Presse“

84

Frankfurt – die Hauptstadt des Wirtschaftsjournalismus

86

Die Sportredaktion der FR

88

Die regionale Kulturredaktion Rhein-Main der FAZ

90

Schülerzeitungen

92

Drei Frankfurter im Porträt: Klaus Schöffling Hans Zimmermann Michael Herl

52 54 56

Das journalistische Seminar der Mainzer Universität

60

Die Otto Brenner Stiftung

62

Stipendien und Preise

64

Frankfurt und seine jungen Journalisten

66

Ein ARD-Reporter über Recherchen im Krisengebiet

68

Youtube-Verifikation im ZDF

70

33

Medienhochburg m i t S e l bs t v e r t r a u e n ?

Finanzen. Flughafen. Aber Medien? Ist Frankfurt j a

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Medienstadt?

…

Foto: Stephan Morgenstern

Im Prinzip

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Arbeitsplatz bei Reuters an der Messe mit Blick auf das Torhaus

Lothar Leonhard sitzt im „Operncafé“ – draußen, trotz erster herbstlicher Kühle –, bestellt einen Cappuccino und antwortet ganz schlicht auf die Frage, ob Frankfurt denn eine Medienstadt sei: „Frankfurt ist erst einmal eine Stadt mit einer fatalen Begabung zum Understatement.“

Das beziehe sich auf das Unvermögen, die Stadt vorzeigbar zu halten wie München, sie mit Selbstbewusstsein und auch Stolz zu bewerben wie Hamburg oder Berlin. „Hamburg würde von sich als Medienhochburg sprechen, München als Filmhochburg, Berlin sowieso als Nabel

der Welt. Dabei sind in Frankfurt gleich mehrere Bedingungen gegeben, mindestens gleichzuziehen. Das fängt schon bei den technischen Voraussetzungen an, die die Stadt bietet“, sagt Leonhard.

Er meint die Verlage, die Druckereien, die Postproduction, er meint aber auch

34 S c h w e r p u n k t M e d i e n s t a d t F r a n k f u r t

finden – zum Beispiel wenn es um StreetArt geht oder Fotografie. „Die Konkurrenz ist unglaublich hart, wahrscheinlich mehr als sonst irgendwo in der Republik“, sagt Boris Tomic, Lokalchef bei der „Frankfurter Neuen Presse“. Dass drei der Frankfurter Lokalzeitungen mittlerweile aus demselben Verlagshaus kommen, sei jedenfalls in der täglichen Arbeit nicht zu spüren. So gesehen müsste Frankfurt ja auch eine Medienstadt sein. „Auf dem Papier ist das so“, sagt Tomic. Doch was der Stadt fehle, seien zwei Dinge: die Konsumenten und eine Me-

Foto: Stephan Morgenstern

den Internetknotenpunkt und die Sendezentrale der ARD im Hessischen Rundfunk.

1976 kam Leonhard zur Werbeagentur Ogilvy & Mather nach Frankfurt, später wurde er zum Chef der Agentur, saß auch weltweit im Board des Kreativkonzerns.

Seiner Meinung nach fehlt es vor allem am Selbstverständnis des Standorts. „Frankfurt ist klein, seine Ausstrahlung geht aber in die gesamte Wirtschaftsregion hinein, bis hin nach Mainz, wo das große ZDF sitzt.

So muss man das sehen.“

Lothar Leonhard, Ex-Agenturchef von Ogilvy & Mather

In Berlin zweifeln sie hingegen selten an der Größe ihrer Stadt. Lothar Leonhard verweist auf den „Tagesspiegel“, der sich als Leitmedium einer ganzen Branche vermarkte. Und Frankfurt?

Zumindest der Lokaljournalismus kann sich mehr als sehen lassen – so viele verschiedene Medien auf engstem Raum.

Davon kann selbst die Hauptstadt nur träumen. Vom Ruhrgebiet mal ganz zu schweigen. Zur „Rhein-Mainz-Zeitung“ der FAZ, zur „Frankfurter Rundschau“ und zur „Frankfurter Neuen Presse“ gesellt sich ein Lokalteil der „Bild“-Zeitung, dazu kommen die Internetseiten von Hessischem Rundfunk und FFH, und auch beim Stadtmagazin „Journal Frankfurt“ hat das Internet den Takt beschleunigt.

Daneben gibt es etliche Tageszeitungen in der Region, die ebenfalls nach Frankfurt blicken. Und dann die Wirtschaftsdienste: Reuters, Bloomberg, Dow Jones . . . Kein Wunder, dass sich hier kaum alternative Medienplattformen etabliert haben. Blogs sind, wenn überhaupt, nur in der Nische zu

dienszene. Die Auflagen und Reichweiten der Medien in Frankfurt seien gemessen an einer Bevölkerung von mittlerweile über 700.000 und mehreren Millionen in der Region recht gering. „Das mag auch daran liegen, dass die Fluktuation recht hoch ist, ständig verlassen Menschen unsere Stadt, und neue kommen dazu.“ Zum zweiten Punkt, der fehlenden Medienszene, ist zu sagen, dass sich die Frankfurter Kreativen in der Tat wohl eher auf Terminen, also auf der Arbeit treffen als bei einem Bierchen nach Redaktionsschluss.

Der Frankfurter PresseClub mag da eine Ausnahme sein, auch der Medienmittwoch, der Webmontag, ein bis zwei Stammtische hier und da, ausgerichtet von Unternehmen aus der Gastronomie wie dem Kempinski Hotel in Gravenbruch. Doch damit erschöpft es sich schon.

Vielleicht liegt das auch daran, dass es in Frankfurt schon passieren kann, derselben Person gleich zwei- oder dreimal am Tag rein zufällig über den Weg zu laufen. „Die Stadt ist klein, die Zahl der ausschlagge-

benden Personen auch – man kann sie sich unglaublich schnell erschließen“, sagt Boris Tomic. In Berlin mal das Stadtoberhaupt treffen? Ein Ding der Unmöglichkeit.

In Frankfurt trifft man den Oberbürgermeister oder eben auch den einen oder anderen Verlagsleiter oder Chefredakteur in einem Café oder beim Gang über eine der wenigen zentralen Straßen der Stadt.

Abends das Gleiche – auf den Empfängen oder Vernissagen kommt man schnell in Kontakt mit den Entscheidern der Stadt.

So verwundert es nicht, dass Tomic – 2004 von Berlin kommend – recht schnell seinen eigenen Zirkel begründete: die sogenannte Tagliata-Runde. Wer darf kommen?

Chefredakteure oder solche, die es mal waren. Wo findet sie statt? Im wahrscheinlich kommunikativsten italienischen Restaurant der Stadt: Das „7 Bello“ in der Niddastraße ist nämlich so ein Laden, in dem sich die Branchen fröhlich mischen und man den ganzen Abend mit einem Jochen oder so über die Eintracht spricht, und wenn man am Ende dann doch Karten tauscht, steht auf seiner drauf, dass er CEO von einer Beratungsfirma mit mehreren Tausend Mitarbeitern ist. Zu den ersten Mitgliedern des unregelmäßigen Treffs gehörten Uwe Vorkötter, damals noch FR-Chef, dpa-Mann Bernd von Jutrczenka und FPC-Präsident Werner D’Inka (FAZ), der auch heute noch dabei ist und, so der Running Gag, jedes Mal kurz davor, zum Präsidenten dieses illustren Kreises gewählt zu werden. Derzeitige Stammgäste: Rainer Gefeller (FNP), Hans-Dieter Hillmoth (FFH) oder Arnd Festerling (FR).

Man redet dann über die Landespolitik, das übliche „Wer mit wem?“ und „Wer geht wohin?“ und über längst vergangene Zeiten, als es in Frankfurt noch ein Blatt namens „Abendpost Nachtausgabe“ gab.

Worüber man nicht redet: die Frage, ob Frankfurt eine Medienstadt ist oder nicht.

Vielleicht ist das auch eher eine Aufgabe der Politik. Aber die hat in Frankfurt seit Jahren genug damit zu tun, sich zu streiten, ob man nun die Finanz-, die Verkehrsoder die Kreativwirtschaft in den Fokus des Stadtmarketings stellen soll.

N i l s B r e m e r Chefredakteur „Journal Frankfurt“ nbremer@mmg.de

Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft e.V.

Impulse für den Fortschritt Die DLG wurde im Jahr 1885 von dem Ingenieur und Schriftsteller Max Eyth gegründet. Sie ist eine für jeden offene Fachorganisation der Land- und Lebensmittelwirtschaft mit über 27.000 Mitgliedern. Rund 200 hauptamtliche Mitarbeiter und 3.000 ehrenamtliche Experten erarbeiten gemeinsam Lösungen für die Herausforderungen der Branche.

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Zurück in die Zukunft 36 S c h w e r p u n k t M e d i e n s t a d t F r a n k f u r t

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Aus den beiden Frankfurter Stadtmagazinen „Pflasterstrand“ und „Auftritt“ entstand 1990 unter dem Verlegerduo Jan-Peter Eichhorn und Gerhard Krauß das „Journal Frankfurt“… und die Themen haben sich seither nur marginal verändert: Stadtentwicklung, städtische Sozialpolitik, Integration, Menschen, die die Stadt bewegen, Kulinarisches, Kunst und Kultur beispielsweise. Neben den aktuellen Reportagen wird von den Lesern besonders der umfangreiche Serviceteil mit TV-Programm, Kleinanzeigen und Veranstaltungskalender mit mehr als 2000 Terminen in Frankfurt und Rhein-Main geschätzt. Und das alle 14 Tage.

Es waren auch immer die Menschen in der Redaktion, die dem Magazin seinen ganz eigenen Auftritt gaben: „Pflasterstrand“-Gründer Daniel CohnBendit, der noch heute als Kolumnist schreibt; Matthias Horx, der als Chefredakteur ins „Journal Frankfurt“ berufen wurde, und Hartwin Möhrle, heute erfolgreicher Kommunikationsstratege, waren die Männer der ersten Stunden. Helmut Ortner war der Chefredakteur, der die Auflage des Stadtmagazins Mitte der 1990er Jahre auf sagenhafte 40.000 Exemplare pro Ausgabe steigern konnte und heute ein international gefragter Zeitschriftenentwickler ist. Boris Tomic leitete die Redaktion von 2004 bis 2009. Unter seiner Regie besann man sich im „Journal“ auf die journalistische Tradition, verpackt in einem modifizierten Layout. „Politisch nicht so weit links wie der ‚Pflasterstrand’, aber durchaus kritisch wollten wir das Blatt gestalten.“ Dem fühlt sich auch der aktuelle Chefredakteur Nils Bremer verpflichtet.

In 25 Jahren wurde von den Verlegern Eichhorn und Krauß, der Redaktion und der Medien-Marketinggruppe rund um das Stadtmagazin ein umfangreiches Printund Onlineangebot für die Leser entwickelt. Das „Journal Frankfurt“ mit diversen

Schwesterzeitschriften wie „Kino“- und „UniJournal“, das Partymagazin „Pur“ und auflagenstarke sieben(!) Sonderpublikationen wie „Frankfurt Geht Aus!“, „Rhein-Main Geht Aus!“, „Frankfurt kauft ein!“ bis hin zu regionalen Ausflugs- und Wander-Guides pro Jahr sind mittlerweile die Kernmarken des respektablen regionalen Medienkonzerns. „Ideen sind im Verlag schnell umsetzbar.

Wir haben die große Freiheit, Dinge auszuprobieren und umzusetzen, auch wenn nicht jeder Versuchsballon funktioniert.“ (Nils Bremer, Chefredakteur) Breitgefächertes multimediales Angebot Ohne Umstrukturierungen in den Redak­ tionen und des Verlagsgeschäftes kein Erfolg! Heute sitzen die Chefredakteure und der Chef vom Dienst an einem Newsdesk, recherchieren, schreiben und produzieren die Redakteure nicht nur für die Printprodukte, vielmehr auch für den täglichen kostenlosen Onlinedienst „Journal – der Tag“, der von Montag bis Freitag zur Mittagspause der mittlerweile 50.000 Abonnenten Punkt 12 Uhr online geht. „Das Onlineangebot hat uns einen wirklich großen Schub auch für die Printprodukte gebracht“, stellt Chefredakteur Nils Bremer fest. Zum Onlineauftritt gehören auch themenspezifische Einzelportale – vom Party- bis zum Gastroportal – wo Nutzer nicht nur Termine und Hintergrundinformationen abrufen, sondern auch selbst Kommentare und Kritiken schreiben können. 300.000 Onlinebesuche und mehr als sechs Millionen aufgerufene Seiten mit steigender Tendenz dokumentieren den Erfolg dieser Seiten. Natürlich wird auch getwittert und werden soziale Netzwerke wie Facebook bedient. Dem „Gezwitscher“ folgen beispielsweise 10.000 Follower.

Auf Facebook hatte das „Journal“ bei Redaktionsschluss rund 11.600 „Freunde“. Kochkurse der GenussAkademie mit

Spitzenköchen und Köchen aus der Region zu ganz unterschiedlichen Themen gehören ebenso ins Portfolio wie themenspezifische Stadtführungen. „Diese Angebote sind aus unserer Kernkompetenz, nämlich die Stadt in allen Facetten zu kennen und die Entwicklung seit 25 Jahren zu begleiten, heraus entstanden, und die Leser vertrauen dieser Kompetenz“, erklärt Nils Bremer diese überaus erfolgreichen Angebote, die Stadt zu entdecken, zu erleben und zu schmecken. Mit diesem breitgefächerten, multimedialen Angebot konnte der Verlag, dessen Kernprodukt das „Journal Frankfurt“ war, ist und bleibt, gegen den kontinuierlichen Niedergang der Printmedien – in Frankfurt beispielsweise „Frankfurter Rundschau“ und „Prinz“ – Zeichen setzen. „Prinz“ als vergleichbares Stadtmagazin, das in 13 deutschen Metropolen von Hamburg bis München, von Dresden bis ins Ruhrgebiet erschien, schrumpfte von 211.781 im 4. Quartal 2008 auf zuletzt 150.000 Exemplare. Rettungsversuche wie „Nutzwert-Journalismus“ und Pocket-Format konnten die Entwicklung nicht aufhalten. Die Printausgabe wurde Ende 2012 eingestellt. Nach IVW-Auflagenzahlen für das 3. Quartal 2015 haben Zeitungen und Zeitschriften in Deutschland auch in diesem Jahr im Schnitt weiter verloren.

Es gebe wieder weitaus mehr Verlierer als Gewinner im Printgeschäft, so der Tenor.

Unter diesen Vorzeichen freuen sich „Journal“-Chefredakteur Nils Bremer, sein Team und die Chefs der Verlagsgruppe besonders, dass unter Bremers Ägide das „Journal Frankfurt“ mit einer Auflage von 28.474 erstmals im 3. Quartal 2015 die Berliner Marktführer „Zitty“ (18.846) und „Tip“ (23.748) als auflagenstärkste Stadtmagazine überholt hat.

Ingrid Schick Freie Journalistin kontakt@ingrid.schick.de

38 S c h w e r p u n k t M e d i e n s t a d t F r a n k f u r t

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Als studentisches Quartett gingen Sebastian Turner, Stefan Kornelius, Annette Milz und Oliver Schrott 1986 mit dem „Medium Magazin“ an den Start, damalige Auflage 2.000 Exemplare. Ihre Intension: ein unabhängiges Forum für Profis und junge Journalisten zu schaffen. „Wir waren so etwas wie ein ‚Start-up’ – zu einer Zeit, als es den Begriff noch gar nicht gab“, resümiert Annette Milz mit einem Augenzwinkern.

Sie hat 1990 die Chefredaktion übernommen, das Magazin in Frankfurt angesiedelt und aus einem studentischen Hobbyblatt ein bundesweit renommiertes Fachmagazin gemacht. Seit seiner Gründung funktioniert das „Medium Magazin“ rein privatwirtschaftlich und unterscheidet sich damit ziemlich einzigartig von seinen Konkurrenten. Denn viele Branchenmagazine wie der „Journalist“ sind Gewerkschaftsblätter. „Wir wollen einen Journalismus machen, der uns maximale Freiheit gibt, auch unabhängig von Verbandsinteressen“, kommentiert Milz.

Eines ist das „Medium Magazin“ damals wie heute: ein Autorenmagazin. Keine fest angestellten Redakteure, vielmehr arbeiten die Redaktionsmitglieder frei von verschiedenen Standorten aus und mit verschiedenen Schwerpunkten. Auch die Chefredakteurin ist nicht beim österreichischen Medienfachverlag Oberauer fest

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angestellt, bei dem das Fachmagazin seit 1991 erscheint. „Freiheit und Unabhängigkeit sind für mich ein hohes Gut“, sagt Annette Milz.

Zur Daueraufgabe avanciert: Hinterfragen, wie sich Journalisten in einer völlig veränderten Informationswelt verhalten,

fugees“ vorgestellt, wird auf beispielhafte Websites hingewiesen und – in der Jahresedition „Journalistin 2015“ (als Bestandteil der Ausgabe) die „Panorama“-Moderatorin Anja Reschke zum Thema Hassmails interviewt. Zu finden sind aber auch Gespräche mit Experten wie dem Psychologen Jens

„Wir versuchen, einen konstruktiven Blick auf die Branche zu werfen. Aber es ist uns ebenso wichtig, die Haltung von Journalisten zwischen sachlicher und anwaltschaftlicher Berichterstattung zu hinterfragen.“ Annette Milz, Mitgründerin und Chefredakteurin „Medium Magazin“

wie sie es schaffen, dass notwendige Kritik gehört wird, und wie man gleichzeitig Angriffen wie „Lügenpresse“ standhalten kann. Dazu wurden beispielsweise in der Ausgabe 11/2015 unterschiedliche Blickwinkel und Beispiele aus der Praxis aufgezeigt, wie Medien ihre Glaubwürdigkeit behaupten und befördern können. Zum Titelthema „Der Hass und die Medien“ berichtet dort beispielsweise ein junger Kollege über sein Facebook-Experiment, werden Medienprojekte wie „Meet the Re-

Lönneker vom Rheingold-Institut über die Rolle der Medien in einer polarisierten Gesellschaft. „Wir wollen Aspekte und Probleme der Berichterstattung zu aktuellen Themen über den Tag hinaus weiterdrehen“, so Annette Milz.

Seine herausragende Stellung in der Branche sichert sich das Branchenmagazin auch durch die Vergabe von Preisen und durch fachspezifische Veranstaltungen.

2004 rief Annette Milz in Personalunion als Chefredakteurin „Medium Magazin“

und Organisatorin die „Chefrunde“ ins Leben. Seither tagt diese lose Veranstaltungsreihe für Fach- und Führungskräfte der Medienbranche mehrmals im Jahr. Dort werden zukunftsweisende Projekte vor Ort, so Milz, „anfassbar“ gemacht und diskutiert. Seit 2013 bietet sie mit „ChefrundeStudytouren“ Fachreisen in die USA an.

Auf dem Programm der jährlichen „crusa“ stehen Begegnungen und Diskussionen mit Vordenkern der Digitalbranche bei Unternehmen wie Google, Twitter und Facebook ebenso wie bei interessanten Start-ups im Silicon Valley oder in New York City.

Das „Medium Magazin“ ist zudem auch Kooperationspartner des seit 1999 jährlich ausgelobten „European Newspaper Award“ sowie des „European Newspaper Congress“.

Und seit 2004 Initiator und Veranstalter der Wahl der „Journalisten des Jahres“. „Inzwischen gilt dieser undotierte Preis als einer der wichtigsten in der Branche“, sagt die Journalistin nicht ohne Stolz. „Wir haben es geschafft, mit einer unabhängigen und breit aufgestellten Jury von aktuell 80 Personen den Preis als ein Kaleidoskop von Qualitätsjournalismus zu etablieren.“ Seit 2014 experimentiert das Fachmagazin auch mit E-Paper-Dossiers wie der „Ideenwerkstatt“, die alle zwei Monate erscheint. Der Fokus liegt dabei auf der praktischen journalistischen Arbeit mit jeweils sieben ausgewählten Best-PracticeBeispielen. Die „Ideenwerkstatt“ knüpft damit an das erfolgreiche Printdossier „Journalisten-Werkstatt“ an, das jeweils monothematisch zu Gebieten wie „Besser schreiben“, „Datenjournalismus“ oder „Recherche“ informiert. Das Print-Special unter Verantwortung von Annette Milz als Herausgeberin liegt jeweils dem „Medium Magazin“ bei, aber auch den deutschsprachigen Fachmagazinen „Schweizer Journalist“ und „Der Österreichische Journalist“, die ebenfalls im Oberauer Fachverlag erscheinen. „Wir haben es trotz Gratiskultur im Internet geschafft, eine konstante

Foto: Ingrid Schick

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Von Beginn an dabei: Annette Milz

Auflage zu halten und diese in Krisenzeiten der Printmedien sogar leicht zu erhöhen, weil wir einem veränderten Lesebedürfnis Rechnung tragen und in der zunehmenden Informationsflut Pausen zur Reflektion schaffen“, erläutert Annette Milz das Konzept.

Aber auch in der schönen neuen digitalen Medienwelt hinterlässt das „Medium Magazin“ seine Marke: Das Branchenmagazin gibt es längst auch im volldigitalisierten Abonnement. Und auf Twitter, das die Redaktion bereits seit Anfang 2009 nutzt, verfolgen heute gut 40.000 Follower sowie auf Facebook aktuell rund 5.400 Freunde, was das Magazin für Journalisten „postet“. „Wir verstehen uns als Trendscouts, deswegen haben wir – obwohl das Printmagazin

unsere Kernmarke ist – frühzeitig neue Nachrichtenwege und Social-Media-Kanäle bespielt“, führt Annette Milz aus. „Wir nutzen Twitter beispielsweise als Autorenkolumne, in der die Redaktionsmitglieder ausgewiesen durch eigene Kürzel regelmäßig Interessantes, Skurriles und auch Ärgerliches aus der nationalen und internationalen Medienszene aufgreifen und kommentieren.“ Mit der breiten und vielfältigen Aufstellung im Markt ist das Branchenmagazin „Medium Magazin“ flott unterwegs auf dem Daten- und Informa­ tionshighway der Zukunft!

Ingrid Schick Freie Journalistin kontakt@ingrid.schick.de

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Z e n t r a l e r M a r k t p l at z f ü r I n h a l t e U m „ d i e g r ö ss t� t e B ü c h e r s c h a u d e r W e lt “ z u s e i n , m u ss m a n n i c h t d i e höchsten Besucherzahlen haben.

Ein Porträt

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F r a n k f u r t e r B u c h m e ss e

Es gibt kaum etwas Trübsinnigeres als den Systemstand der Frankfurter Buchmesse.

Die kleinste Version umfasst einen gefühlten Quadratmeter, auf dem Platz für ein Tischchen, einen Stuhl und einen Verlagsmitarbeiter ist. Alle drei sind umgeben von Wänden, in denen viele kleine Löcher darauf hinweisen, dass der Verschlag etwas zum Zusammenstecken ist. Es gibt Stände, vor denen könnte man weinen.

Und es gibt die Eigenbaumessestände der großen deutschen und internationalen Literaturverlage, die völlig anders aussehen und sich voneinander sehr unterscheiden, Kunstwerke des selbstbewussten Auftritts, über die in den Marketingabteilungen und der Geschäftsführung lange nachgedacht worden ist, schließlich sagen sie etwas aus über das Bild, das das Unternehmen von sich selbst hat, und über das Image, das es anderen zu suggerieren wünscht an diesen Tagen, an denen es gilt, die Rechte an den eigenen Titeln möglichst teuer ins Ausland zu verkaufen und den nächsten angelsächsischen Unterhaltungsroman mit Aussicht auf einen zumindest moderaten Verkaufserfolg möglichst billig zu kriegen.

Sie alle, vom verkrachten Kleinunternehmen mit der bekloppten Nonbook-Idee bis zum marktmächtigen Verlagskonzern, kommen Jahr für Jahr auf der Frankfurter Buchmesse zusammen. Fünf Oktobertage lang drängen sich rund 7.100 Aussteller in den Hallen des Messegeländes, preisen den in Scharen anreisenden Buchhändlern aus

ganz Deutschland die Titel ihres Herbstprogramms an, die sich draußen im Land vor Weihnachten möglichst gut verkaufen sollen, geben ein bisschen an gegenüber der Konkurrenz, zeigen ihre Autoren her, um der Masse der Geschäftsreisenden nebenbei etwas Abwechslung zu bieten, und charmieren mit einer Restcrew an den beiden innig gehassten Publikumstagen des Wochenendes die erst jetzt auf die Messe strömenden Leser.

Die Messe, die alles vereint Frankfurt ist und bleibt die größte Bücherschau der Welt, auch wenn sie das von den reinen Besucherzahlen her nicht mehr ist. Es gibt mittlerweile ein, zwei größere Veranstaltungen, in China, wo ohnehin einiges größer ist als in Deutschland, aber auch in Istanbul. Aber das sind reine Publikumsmessen, die es an Marktbedeutung mit Frankfurt bei weitem nicht aufnehmen können. Das möglichst große Publikum ist es nie gewesen, das Frankfurt ausgemacht hat. Sogar die Besucherzahl der Leipziger Buchmesse, die im März 2015 bei mehr als 180.000 gelegen hat, übertrumpft die zuletzt rund 135.000 Besucher der beiden Frankfurter Publikumstage inzwischen um mehrere Zehntausend. Aber das hat die gesamte deutsche Buchbranche einschließlich der Veranstalter der Frankfurter Schau mittlerweile ohnehin eingepreist. Leipzig ist für den Kontakt der Verlage mit den Lesern, Frankfurt für den mit den Geschäfts-

partnern, also den Kontakt, ohne den die gesamte Branche ihren Lesern nichts zu bieten hätte und Leipzig gar nicht stattfinden könnte.

Auch auf dem Feld der wichtigen Geschäftsmessen gibt es Konkurrenz, von der Buchmesse in London mit wenigen Zehntausend Teilnehmern und großer Marktmacht bis hin zu speziellen Messen wie der Kinderbuchmesse in Bologna, die für ihr Marktsegment sehr bedeutend ist.

Aber Frankfurt schafft sie alle. Es ist die Messe, die alles vereint, sie ist Großmarkt, Gemischtwarenladen und ein riesiges Luxuskaufhaus für lauter spezielle Bedürfnisse in einem. Der beste Beleg? Frankfurt dürfte die einzige Buchmesse sein, die es in einen Film mit Sandra Bullock geschafft hat. In „Selbst ist die Braut“ spielt der Hollywoodstar eine kanadische Lektorin, die für einen amerikanischen Großverlag Bestseller um Bestseller heranzieht, in ihrem Privatleben aber einen Flop nach dem anderen produziert. Als ausländische Arbeitnehmerin darf sie eigentlich nicht mit nach Frankfurt fahren, tut es aber trotzdem und bekommt es daher mit der Einwanderungsbehörde zu tun, was gleichzeitig – die Wege Hollywoods sind geheimnisvoll – ihre Liebesprobleme löst.

Vermutlich spielen sich solche Geschichten unter den bei letzter Zählung 140.474 Frankfurter Fachbesuchern tagtäglich ab. Die Angehörigen der internationalen Buchbranche sind schließlich oft hübsch,

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tungen und Orte des westdeutschen Buchund Wissensbetriebs.

Nach wie vor ist der Börsenverein, zu dessen Tochtergesellschaften die Frankfurter Buchmesse zählt, der Branchenverband sowohl für Deutschlands Buchhändler als auch für seine Verleger, obwohl beide Berufsgruppen immer wieder unterschiedliche Interessen vertreten. Inzwischen haben an seinem ehemaligen Sitz die Bauarbeiten für das Deutsche Romantikmuseum begonnen, das das Frankfurter Goethehaus gemeinsam mit der Bundesregierung, dem Land Hessen und der Stadt Frankfurt errichtet. Möglich wurde das, weil der Börsenverein vor wenigen Jahren einen schön restaurierten Gebäudekomplex zwischen Berliner Straße und Braubachstraße bezogen hat, zusammen mit der Buchmesse, die lange über einer Spielhalle neben der Konstablerwache untergebracht war. Nahe der wachsenden neuen Altstadt arbeiten die Angestellten der Buchmesse das ganze Jahr über an der nächsten Bücherschau, ehe kurz vor Beginn des Spektakels in Büros auf dem Messegelände gewechselt wird.

Dort ist die Buchmesse langsam gewachsen. In Erzählungen ehrwürdiger Teilnehmer von einst ist noch von den schweren Vorhängen die Rede, die am Eingang zu der einen Messehalle, in der sich alles abspielte, die Zugluft abhalten sollten.

Zum internationalen Marktplatz musste die kleine deutsche Ruinenveranstaltung erst werden. Dabei halfen ihr der rasche wirtschaftliche Aufstieg der Bundesrepu­ blik nach dem Krieg und die Tatsache, dass der deutsche Buchmarkt, der mit derzeit etwas über 9,3 Milliarden Euro Jahresumsatz der zweitgrößte der Welt nach dem der Vereinigten Staaten ist, schon damals sehr bedeutend war.

Noch in den späten sechziger und siebziger Jahren jedoch, als die Studentenrevolution und die Politisierung der deutschen Öffentlichkeit mehrfach auf das Messegelände schwappten und die Buchmesse größere politische Bedeutung erlangte als je zuvor, war sie wesentlich kleiner als heute.

Behäbiger war sie ebenfalls. Boos erinnert sich, seine frisch ausgehandelten Verträge noch ein bis zwei Jahrzehnte später am Stand getippt zu haben, mit Kohlepapier für die Durchschläge. Für Verlage, die teilnehmen wollten, gab es damals noch Wartelisten. All das ist lange vorbei. Mit

Foto © CPN – fotolia.com

nett gekleidet, gebildet, liebenswürdig und bei den Frankfurter Taxifahrern überaus beliebt. Nicht nur weil man sie zu vielen Partys und zurück ins Hotel fahren muss und damit Geld verdienen kann, sondern auch weil sie sich, wie von den Männern am Steuer immer wieder zu hören ist, so gut benehmen. Da gibt es andere Frankfurter Messen, deren Teilnehmer ganz anders wahrgenommen werden. Fragen Sie auf der nächsten Taxifahrt mal nach.

Wenn die Buchmesse heutzutage von sich selbst spricht, greift sie gerne zum Englischen. Dann bezeichnet sie sich als „the place to be“, was für große Teile der internationalen Buchbranche ein paar Oktobertage lang nicht weniger ist als die reine Wahrheit, und redet von sich als „world capital of ideas“. Die „Welthaupstadt der Ideen“ erwähnt ihr Direktor Juergen Boos auch gerne auf Deutsch. Und auch daran ist viel – über so viele kluge Sachbücher und erfolgreiche Romane, aus denen später Filme, Fernsehserien oder Computerspiele werden, wird an sonst kaum einem Platz verhandelt.

Angefangen aber hat dieser internationale Marktplatz sehr klein und bescheiden.

Die erste Messe gab es im September 1949 im zerstörten Frankfurt der Nachkriegszeit mit rund 200 Ständen im Rund der Paulskirche und gegenüber im Römer. SchwarzWeiß-Fotografien von damals zeigen einen Anblick, der sich von dem Aufwand, den die Messe heute für ihre Teilnehmer bedeutet, beinahe rührend unterscheidet.

Was damals begann, war eine der vielen westdeutschen Ersatzaktionen für den verloren gegangenen Vorkriegsalltag der deutschen Buchbranche in Leipzig. Von dort aus hatten die Amerikaner vor dem Tausch besetzter Gebiete mit den Sowjets und vor der endgültigen Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen noch schnell einige Einrichtungen, Archive und Personen in die von ihnen verwalteten Gebiete umgesiedelt. Zunächst ging es nach Wiesbaden, schon bald darauf aber sammelte sich die Branche in Frankfurt. Dort entstanden mit der Deutschen Bibliothek, die 1990 mit ihrer älteren Leipziger Schwester zu einer Institution vereint wurde, welche 2006 den Namen Deutsche Nationalbibliothek erhielt, und dem Sitz des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels am Großen Hirschgraben gleich zwei zentrale Einrich-

Der Hammering Man (Wahrzeichen der Industrie- und Handelsstadt Frankfurt vor den Toren der Messe) ist ein Kunstwerk des US-amerikanischen Künstlers Jonathan Borofsky in verschiedenen Städten der Welt. Es stellt die bewegliche Silhouette eines Arbeiters dar, der einen Hammer gegen ein symbolisches Werkstück bewegt.

Die Bewegung des Hammers selbst ist motorgetrieben, so dass keine schnelle Hämmerbewegung entsteht, sondern der Hammer genauso langsam gegen das Werkstück bewegt wird, wie er gehoben wird.

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den achtziger Jahren, in denen die Volkswirtschaften des Westens neben bloßem Wachstum auch auf finanzielle Expansion getrimmt wurden, ging eine lange Phase der Expansion einher, von der die Messe heute noch zehrt. Sie zeichnete sich durch einen im Wesentlichen stetigen Anstieg der Ausstellerzahlen und wachsende Besucherströme aus, unterstützt vom 1988 eingeführten Auftritt eines Gastlands, dessen Wahl und Präsentation seitdem für viele Besucher eine der interessantesten Facetten des jeweiligen Messejahres ist.

Und dann kam die Digitalisierung und wirbelte mit der Buchbranche der gesamten Welt auch die Buchmesse durcheinander – ziemlich genau in den Jahren, in denen sie vom 2005 angetretenen Boos geführt wird. Bisher hat ihr anhaltender Erfolg allerdings alle aus Sorge oder Häme geäußerten Befürchtungen widerlegt. Ihrer gab es einige. Zum Beispiel die Furcht, Frankfurt werde als zentraler Marktplatz der Branche unbedeutender werden, da die in Frankfurt ausstellenden Verlage und alle ihre Geschäftspartner durch immer neue digitale Kommunikationswege immer leichter das ganze Jahr über handelseinig werden könnten. Bei immer mehr zusammenbrechenden Verlagen und Buchhandlungen würden außerdem immer weniger Aussteller kommen und die Besucher schon bald ausbleiben. Ohnehin werde das EBook den verbliebenen Resten der Branche

noch viel gründlicher den Garaus machen als die ersten paar Digitalisierungswellen.

Entgegen all diesen Unkenrufen sind die Ausstellerzahlen stabil geblieben.

Schweizer Verlage mögen der Aufwertung des Franken wegen 2015 ausgeblieben sein, aber das machen ihre Kollegen aus Weltgegenden, in denen der Buchmarkt trotz der weltweiten wirtschaftlichen und finanziellen Krisensymptome noch wächst, mehr als wett. Die Besucherzahlen halten sich, sinken in einem Jahr und steigen im anderen. Aber Stagnation sieht anders aus, zumal das Agentenzentrum, neben dem „Frankfurter Hof“ der bedeutendste Ort für den Handel mit Rechten und Lizenzen, dessen Umfang und Intensität Frankfurt allen anderen Buchmessen voraus hat, Jahr für Jahr wächst. Und das E-Book nutzen alle, aber als tödliche Bedrohung wird es nicht mehr empfunden. Es ist ein weiteres Medium der Verbreitung und Nutzung von Inhalten geworden.

Handel mit Inhalten E-Reader, Smartphones, Computer, Spielkonsolen, Games. Auf der Buchmesse ist von Erzählformen und den Orten ihrer Darbietung die Rede, an die vor einigen Jahren noch nicht zu denken war. Ihrem Direktor hat man die von ihm mehrere Jahre lang äußerst intensiv betriebene Rede vom Handel mit Inhalten, der das Geschäft rund um das Buch abgelöst habe, durch-

aus nachgetragen. Dabei ist sie in vielem nicht mehr als die Beschreibung einer Wirklichkeit, die nicht von Boos, sondern von Großkonzernen in Übersee mit klugen Produkten und begeisterten Verbrauchern in aller Welt erzeugt worden ist. Ihr hat er in Frankfurt die Bühne zu bereiten, soll die Bücherschau nicht den Anschluss verlieren.

Dass die Messe auch aus diesem Grund wieder politischer werden sollte, hatte Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, in Frankfurt schon Anfang des Jahres verkündet. Mit der Überreichung des Friedenspreises an Navid Kermani und der Einladung an Salman Rushdie, zur Eröffnung der Buchmesse zu sprechen, ist das glänzend gelungen.

Als der Iran nach der Ankündigung von Rushdies Auftritt verkündete, die Messe boykottieren zu wollen, trat Boos mit der Bemerkung an die Öffentlichkeit, die Buchmesse sei ein Ort des Gesprächs und der Brückenschläge, bestimmte Werte wie die Meinungsfreiheit aber seien nicht verhandelbar. Einige sehr mutige unabhängige iranische Verleger reisten danach trotz des Vorgehens ihrer Regierung auf eigene Faust an. Frankfurt bleibt ein gerade für solche Teilnehmer ungeheuer wertvolles Forum des Austauschs und der Begegnung.

Man könnte es auch so ausdrücken: Was wert ist, dass Sandra Bullock seinetwegen ihren Job riskiert, kann nicht ganz falsch sein.

Der Branchenflüsterer Die Arbeit e r f o r d e rt

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Juergen Boos, Chef

d i p l o m at i s c h e s

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Geschick, Überblick

Er begrüßt die argentinische Präsidentin, den zukünftigen chinesischen Parteichef oder den indonesischen Bildungsminister. Die Staatsoberhäupter und Regierungschefs wechseln jährlich, aber Juergen Boos ist immer dabei, wenn die Frankfurter Buchmesse an einem Dienstag im Oktober im großen Saal des Kongresszentrums der Frankfurter Messe eröffnet wird. Die über zweitausend Zuhörer im Saal sind nur ein kleiner Teil des internationalen Publikums, das in den folgenden fünf Tagen die Messehallen füllt. Und für die allermeisten dieser Verleger, Lektoren, Agenten, Autoren und Buchhändler aus allen Ecken der Welt ist der Direktor der Frankfurter Buchmesse der Mann, der für sie am ehesten mit Frankfurt zusammengehört.

B u c h m e ss e

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Nerven.

Geboren wurde Boos am 9. Mai 1961 in Lörrach. Nach dem Abitur machte er eine Lehre in der Buchhandlung eines Verwandten, anschließend studierte er Betriebswirtschaftslehre in Mannheim. Im Studium führte er ein Jahr lang eine kleine Buchhandlung, vielleicht waren es die hier gemachten Erfahrungen mit dem Buchgeschäft, die ihn nach dem Ende des Studiums in die Verlagswelt wechseln ließen. Er war Verkaufsleiter bei Droemer Knaur, wechselte später zu Hanser und anschließend zu Julius Springer nach Berlin und Heidelberg. Von 1997 bis 2005 gehörte er zur Geschäftsführung des Wissenschaftsverlags Wiley VCH in Weinheim, dann suchte der Börsenverein des Deutschen Buchhandels nach einem neuen Chef für seine Buchmessentochter und fragte bei

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Unser Leben, unsere Stadtkultur, unsere Frankfurter Sparkasse „Sich um das Gemeinwohl der Mitbürger zu kümmern fordert viel private Initiative und Unterstützung. Und die bekommen wir von der Frankfurter Sparkasse.“ Die Stiftung der Frankfurter Sparkasse zeigt ebenfalls Engagement – in Kultur, Kunst und Bildung.

Clemens Greve | Geschäftsführer der Frankfurter Bürgerstiftung im Holzhausenschlößchen Kundenverbindung seit 1989

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Foto: Stephan Morgenstern

Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse

Boos an. Seit zehn Jahren reist er nun durch die Welt und verkauft das Produkt, für das er steht – auf dass die Verlage aus aller Welt auch weiterhin Frankfurt als wichtigsten Marktplatz der Branche nutzen mögen, um ihre eigenen Waren an den nächsten Verwerter zu bringen. Dass die Buchmesse in all diesen Jahren unter schwieriger werdenden Bedingungen ihre drei Leitgrößen gehalten hat – rund 7.100 Aussteller aus etwa 100 Ländern bei durchschnittlich etwa 280.000 Besuchern, manchmal mehr, manchmal weniger – liegt nicht nur daran, dass die Faktoren, die Frankfurts Erfolg ausmachen, auch weiterhin bestehen, von der leichten Erreichbarkeit des Messegeländes in der Nähe eines Flughafendrehkreuzes bis hin zum Generalistenmix der vielen kleinen in ihr enthaltenen Spezialmessen, der Frankfurt ebenfalls ausmacht. Wenn die unternehmerischen Eckdaten stimmen, dann ist auch das Verdienst des Buchmessendirektors, der den exzellenten Ruf dieser internationalsten aller Bücherschauen sorgfältig pflegt und durch immer neue Gastlandverträge weiter verbreitet. So sind im Jahr 2016 die Niederlande und Flandern Ehrengast, zum zweiten Mal nach 1993, denn die Buchbranchen haben sich in beiden Ländern ebenso sehr verändert wie in der Bundesrepublik, da kann man gut wieder einmal näher miteinander bekannt machen. Dasselbe gilt für Frankreich im Folgejahr.

Es mag an der vielen mit dem bleibenden Erfolg der Messe verbundenen Arbeit liegen, dass Boos auf die Frage, welches Buch ihn zuletzt besonders beeindruckt habe, im Fragebogen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vor kurzem geantwortet hat, es sei der Ausstellerkatalog der Bücherschau gewesen. Wenn es um Bücher geht, stellt er sich selbst sonst nicht in den Vordergrund. Viel lieber bringt er gerade gelesene Bücher aus dem nächsten Gastland zu den Frankfurter Pressekonferenzen mit, die die Buchmesse im Laufe des Sommers veranstaltet, um den Auftritt des Ehrengasts vorzubereiten.

Sein ruhiges südbadisches Temperament kommt Boos an den Messetagen zupass. Sie sind ohnehin für alle Teilnehmer der Bücherschau ein Marathonlauf, aber das gilt umso mehr für den Mann, den von den Vertretern des aktuellen und des nächsten Gastlands bis hin zu den Chefs der einflussreichsten Unternehmen der Branche viele sprechen wollen, während er selbst wiederum mit vielen anderen sprechen will. Nicht nur in diesen Tagen, sondern auch zwischendurch kann es sein, dass man dabei in der Unterhaltung auf einen Mann trifft, den gerade etwas ärgert. Dann kann er, unter stets gewahrter Höflichkeit, plötzlich kurz angebunden wirken, schärfer, abwehrend. Sein ausgeglichenes Temperament hilft ihm auch aber hier, den Augenblick schnell vorübergehen zu lassen.

Boos ist ein ernsthafter Mensch, der seine Fähigkeit zu einer geradezu jungenhaft wirkenden Freude und eine gute Portion ironischen Witzes eher im vertrauten Kreis aufblitzen lässt als in größerer Runde. Erlebt man ihn auf der Messe im Umgang mit Angehörigen seiner eigenen Branche, ist er gelöster, freundlicher und offener als in seinen staatstragenden Eröffnungsstatements, nach denen man ihm entweder den Marketingsprech, zu dem er hin und wieder neigt, oder das inhaltliche Pathos vorhalten kann, zu dem er sich von Zeit zu Zeit aufgefordert zu fühlen scheint.

Dabei benutzt er nur das Vokabular, das er verwenden muss, um in Buchbranchenmilieus für die Messe zu trommeln, die bei Frankfurt nicht in erster Linie an den Friedenspreis und die Paulskirche denken.

Die wichtigste Brücke zur Stadt hat Boos gleich zu Beginn seiner Amtszeit geschlagen – den kurz zuvor mächtig überschäumenden Drang der Buchmesse, Frankfurt zu verlassen, hat er gezähmt.

Und vor einigen Jahren einen Vertrag unterschrieben, der die Messe noch bis mindestens 2022 an ihren derzeitigen Austragungsort bindet. Es sieht so aus, als werde Boos der Direktor der Frankfurter Buchmesse bleiben.

Florian Balke Redakteur „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ f.balke@faz.de

Stand Januar 2016 | © traffiQ Frankfurt am Main

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Foto: Stephan Morgenstern

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48 S c h w e r p u n k t M e d i e n s t a d t F r a n k f u r t

Sitzen zwei Hollywoodproduzenten bei einem Drink in einer Bar am Sunset Boulevard und unterhalten sich darüber, welche Stadt wohl am ehesten als die deutsche Filmstadt zu betrachten ist.

Fällt ihnen da als Erstes Frankfurt ein? Wohl kaum. Sie werden an Berlin denken, wegen der Ufa, wegen Babelsberg (auch wenn die Studios in Potsdam liegen), wegen Marlene Dietrich, George Clooney und Tom Tykwer. Oder an München, wegen der Bavaria, wegen Bernd Eichinger, Rainer Werner Fassbinder, Wim Wenders und Ingmar Bergman. Aber Frankfurt?

Dabei sind Frankfurt und die Rhein-Main-Region durchaus ein deutsches Zentrum des Films: Nicht allein wegen des Deutschen Filmmuseums ist die Mainmetropole sicherlich diejenige Stadt in Deutschland, in der man sich, neben Berlin, am intensivsten mit dem Thema Filmbildung und -forschung, Filmerbe und -qualität auseinandersetzt, in der über das Medium nachgedacht und mit den bewegten Bildern experimentiert wird. Frankfurt trumpft auf dem Feld der Wissenschaft mit einem exzellent aufgestellten Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der GoetheUniversität, hervorragend ergänzt durch die Städelschule wie auch die Hochschule für Gestaltung in Offenbach, wo zudem die Hessische Film- und Medienakademie beheimatet ist. Film ist allmonatlich Gegenstand der wichtigsten deutschen Fachzeitschrift „epd Film“, die in Frankfurt erscheint. In Wiesbaden wiederum prüft die Deutsche Film- und Medienbewertung die Qualität der in deutschen Kinos gezeigten Filme und vergibt das Prädikat „Besonders wertvoll“, dort bestimmt auch die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft die Altersfreigaben aller Kinofilme, bewahrt und restauriert die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung bedeutende Werke des deutschen Filmerbes. Auch das „goEast“Festival des Deutschen Filminstituts lockt jedes Jahr mehr als 10.000 Filmfans ins Rhein-Main-Gebiet, ganz zu schweigen vom breiten Festivalangebot, das Frankfurt selbst zu bieten hat, von „Nippon Connection“ über das „LICHTER Filmfest“ bis hin zum Internationalen Kinderfilmfestival „LUCAS“. Und nicht zuletzt gehört das Deutsche Filminstitut selbst, das in Frankfurt das Filmmuseum und in Wiesbaden sein Filmarchiv betreibt, in dieses Netzwerk von Institutionen, deren Arbeit vom filmischen Medium in all seinen Aspekten bestimmt wird. Die 1949 gegründete älteste filmwissenschaftliche Einrichtung der Bundesrepublik nimmt gemeinsam mit dem Bundesarchiv/Filmarchiv und der Stiftung Deutsche Kinemathek, beide in Berlin, die Aufgaben einer zentralen deutschen Kinemathek wahr: das Filmerbe zu sichern, zu

erforschen und in Ausstellungen, Retrospektiven, Festivals, durch Veröffentlichungen und Internetportale lebendig zu halten. Ein wichtiges Schaufenster dieser Arbeit ist natürlich das Filmmuseum am Schaumainkai als herausragender Ort der Auseinandersetzung mit dem bewegten Bild. In seinen Ausstellungen ergründet es Geschichte und Gegenwart, Ästhetik und Wirkung des Films, porträtiert herausragende Filmschaffende (seine Kubrick-Ausstellung sorgte auch in Hollywood für Furore) und untersucht Themen wie Film noir, die Oscars oder zuletzt „Film und Games“. Im hauseigenen Kino präsentiert es Reihen zu wichtigen Filmschaffenden aus Geschichte und Gegenwart, die dort ihr Werk regelmäßig in Gesprächen mit dem Publikum diskutieren. „Die Leute trauen Frankfurt mehr zu“ Und die Filmproduktion? Natürlich hat Hessen bei der Filmförderung mit seinen 2014 vergebenen 7,7 Millionen Euro im Vergleich zu Nordrhein-Westfalen, Berlin-Brandenburg und Bayern noch sehr viel Luft nach oben, aber auch hier ist Frankfurt in Bewegung. „Mehr Budget, mehr Drehtage, mehr Aufwand, mehr Equipment und renommierte Schauspieler: Der Standort wird interessanter!“, hat der für Drehgenehmigungen zuständige Cenk Gelen vom Ordnungsamt beobachtet. „Die Leute trauen Frankfurt mehr zu.“ Was darauf hoffen lässt, dass neben Frankfurtfans wie Timo Vuorensola („Iron Sky“) oder Matthias Schweighöfer („Der Schlussmacher“) weitere spannende Regisseure den Geschmack an Frankfurt als Filmstadt finden. Viel hängt vom klugen Einsatz der begrenzten Fördermittel ab: So ging der von Hessen mitgeförderte Film „Im Labyrinth des Schweigens“ von Giulio Ricciarelli als deutscher Kandidat ins Rennen um den Oscar für den besten fremdsprachigen Film, und für den ebenfalls mit hessischem Geld geförderte „Der Staat gegen Fritz Bauer“ von Lars Kraume dürfte es nicht allein beim Hessischen Filmpreis 2015 bleiben.

Filmwirtschaftlich punkten Frankfurt und die Rhein-MainRegion aber auch in anderer Hinsicht. Schließlich sitzt hier, in unmittelbarer Nachbarschaft des Hessischen Rundfunks, die Degeto, die Filmeinkaufsorganisation der ARD, in Wiesbaden residiert seit 1950 die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft, die SPIO, wichtige US-Verleiher wie 20th Century Fox oder Universal Pictures siedelten ihre Deutschlandvertretungen in Frankfurt an.

Frankfurt, eine Filmstadt? Na klar!

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50 S c h w e r p u n k t M e d i e n s t a d t F r a n k f u r t

Am Pflug auf dem Acker der Medien m i t

Wagemut

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Fernsehspielchefin Erfolg

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Foto: Hessischer Rundfunk

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Schon damals, als junge Studentin im Deutschen Seminar der Universität Freiburg, fiel sie durch Klarheit und Meinungsfreude auf. Das hat sich nicht geändert. Wer Liane Jessen heute begegnet, erlebt eine Gesprächspartnerin, die nicht hinter dem Berg hält mit ihren Ansichten.

So erzählt sie, wie sie sich jüngst gestritten hat mit ihrem erwachsenen Sohn, weil der von Andrej Tarkowskijs Film „Andrej Rubljow“ überwältigt war. Liane Jessen aber hat in dem Meisterwerk einen Mangel an Emotionalität gefunden, auch stört sie zum Beispiel, dass die Ikonen am Ende zu lange abgefilmt werden. Emotionen aber sind für die Fernsehspielchefin des Hessischen Rundfunks unabdingbar, sind die Essenz bei den Filmen, die sie verantwortet. Dass sie damit nicht ganz falschliegen kann, zeigt die Resonanz auf ihre Arbeit. Sie hat ihrem Sender mit ihren „Tatort“-Produktionen wieder bundesweit Renommee und so einige Preise verschaffen können.

Eigentlich wollte sie zur Zeitung. Aber dann gab ihr der damalige Südwestfunk in Freiburg Gelegenheit, Filme zu machen. Über Stationen wie die Firma von Deutschlands Grande Dame der Filmproduktion, Regina Ziegler, kam sie zum ZDF. Dort hat sie dann „Arthouse“ gemacht, wie sie sagt, Filme etwa von heutigen Regiegrößen wie Jim Jarmusch oder auch Tom Tykwer mitentwickelt und betreut. Und als sie sich im ZDF nicht mehr wohlfühlte, kam der Anruf aus Frankfurt; zwei Wochen lang täglich, wie sie erzählt, meldete sich Programmdirektor Hans-Werner Conrad („Auch noch ein schöner Mann!“), der dringend seine Fernsehspielabteilung auf neue Füße stellen wollte. Sie gab dem Werben nach, obwohl sie die Familie, der Mann beim ZDF, die beiden Kinder in Mainz verwurzelt, dadurch weniger sehen konnte.

Aber die Entscheidung für Frankfurt und den HR erwies sich, wie sie heute sagt, als „das Glück meines Lebens“. Denn der Sender gestattete ihr alle Freiheiten.

Und die wollte sie nutzen. Bei sich selbst

angefangen: „Wenn ich mal Chef bin“, habe sie sich damals geschworen, „mache ich es besser als alle meine Chefs davor.“ Das sei ihr gelungen, versichert sie: „Bei mir freuen sich die Leute auf den Arbeitsanfang am Montag.“ Man ist geneigt, ihr das zu glauben, auch wenn sie im nächsten Atemzug erzählt, wie sie bei Set-Besuchen mal den einen oder anderen Praktikanten antreiben muss. Aber unter Mangel an klarer Sprache hat sie ja noch nie gelitten.

Und die Ergebnisse ihrer Arbeit scheinen sie zu bestätigen.

Es geht um Identität Die wunderbar schrägen Filme mit Ulrich Tukur, die unter dem Etikett „Tatort“ laufen, aber eigentlich Versuchsanordnungen sind, was man dem Publikum sonntags um 20.15 Uhr zumuten kann, sind ein Beleg dafür – ebenso wie die regulären „Tatort“Filme. Schon der erste von ihr entwickelte, „Oskar“, ließ den zuvor stets mit Fliege ermittelnden Kommissar Brinkmann vergessen. Und wie Tukur, Joachim Król, Nina Kunzendorf oder jetzt Wolfram Koch vermag sie auch die renommierten Darsteller der Bühne an den Main zu locken.

Dabei kann sie mit einem Pfund wuchern, das andere Anstalten verloren haben: Der HR produziert selbst, man habe alles in einer Hand. Das setze „ungeheures kreatives Potenzial“ frei, sagt sie. Denn von außen sei kaum noch Erneuerung zu erwarten.

Freischaffende Produzenten seien mehr denn je darauf bedacht, mit ihren Stoffen kein Risiko einzugehen. Genau das aber kann sich Liane Jessen leisten, und dieses „Geschenk, das zugleich Verantwortung“ sei, sucht sie in ihrer Arbeit mit Leben zu füllen.

Das mit der Verantwortung mag etwas staatstragend klingen, ist aber nicht so dahingesagt. Liane Jessen lässt kein geringes Maß an Reflexion darüber erkennen, für wen sie ihre Arbeit macht. Das Programm solle im besten Sinne „Trost und Ansprache“ für den Zuschauer sein, ohne in Eskapismus abzugleiten. Eines von drei Dingen

braucht ein Film in ihren Augen: Lebenserfahrung abbilden, eine Veränderung beim Zuschauer ermöglichen oder „gnadenlos unterhalten“.

Mit dem Fernsehen, das sie verantwortet, will sie sich „im Mittelfeld von normalen Leuten wie auf einem Acker vorwärtsbewegen“. Und das Feld, das sie dabei durchpflügt, ist weit. Sie gucke alles, gesteht sie, derzeit etwa „Big Brother“. Das sei so etwas wie der Bodensatz, nicht sozial, nicht intellektuell, sondern an alltäglichem Leben. Die „Bild“ liegt auf ihrem Schreibtisch, aber zum Repertoire gehört „InTouch“ ebenso wie die „Süddeutsche“. Der Anspruch, sich ein umfassendes Bild von Land und Leuten zu machen, erwächst auch aus der Erkenntnis: Der Sender ist heutzutage für viele weniger Institution denn Person. Es gehe um Identität, und die sei bei den Hessen und ihrer Zweiteilung in den ländlichen Norden und die Metropolenregion Rhein-Main schwierig. Weshalb die Fernsehspielchefin auch Verständnis hat für den strammen Kurs ihres Senders in Richtung Regionalisierung.

Hinter ihrem Schreibtisch hängt ein fast zwei mal zwei Meter großes Bild; es mutet wie eine Szene aus David Lynchs „Mulholland Drive“ an: Schwere Limousinen rasen bei Nacht mit weiß gleißenden Scheinwerfern auf einer Art Achterbahn heran.

Liane Jessen hat offensichtlich keine Angst, überrollt zu werden.

Daland Segler Medienexperte und Autor der FR daland.segler@t-online.de

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Drei Frankf u rt e r i m

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Verleger

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Klaus Schöffling.

Ist Frankfurt eine Medien-

Wer zu Schöffling will, muss durchs Bahnhofsviertel. An den kleinen indischen Lebensmittelläden, den Internetcafés, den Drogenkranken im Kaisersack vorbei, ein Stück die Kaiserstraße runter. Hier, wo es mittlerweile auch sehr gediegene Modegeschäfte gibt, findet sich der Schöffling Verlag. Seit 15 Jahren. Und der 61-jährige Verleger urteilt, „dass wir hier verdammt gut hinpassen“. Die Vorurteile über Kriminalität, Dreck, Prostitution, Gewalt nahe dem Hauptbahnhof tut er mit einem kleinen Lächeln ab, das für ihn typisch ist.

Eigentlich, sagt der schlanke, hochgewachsene Mann mit dem langen eisgrauen Bart, sei im Bahnhofsviertel gar nicht so viel los. Gut, einmal klingelte an der Tür des Verlages ein Mann, dem ein Messer in der Brust steckte. Aber der habe nur zum Arzt ein Stockwerk obendrüber gewollt.

Das ist so eine Episode, wie sie der gebürtige Frankfurter gerne erzählt. Er serviert trockene, kurze, selbstironische Sätze.

Vor rund 22 Jahren gründete der Arztsohn seinen eigenen Verlag, damals noch mit finanzieller Starthilfe der Frankfurter Schriftstellerin Eva Demski. Längst hat er alles Geld zurückgezahlt. Längst hat sich Schöffling unter den renommierten Belle­ tristik-Verlagen in Deutschland etabliert.

Wäre für so ein literarisches Start-up nicht Berlin der rechte Platz gewesen?

Viele junge Schriftstellerinnen und Schriftsteller gingen und gehen nach Berlin. Der Verleger ist auf die Bundeshauptstadt nicht gut zu sprechen. „Zu groß, zu unübersichtlich.“ Mit zu hoher Dichte literarischer Talente. „Wenn Du da in ein Café am Prenzlauer Berg gehst, sitzen gleich zehn Autoren drin!“ Nein, Schöffling lernte und entwickelte sich in Frankfurt.

Er wollte nicht in die Fußstapfen seines Vaters treten, der Ärztlicher Direktor der Inneren Medizin an den Unikliniken war.

Der Sohn wollte mit Büchern arbeiten.

Am noblen Gagern-Gymnasium in Frank-

stadt? Diese Frage wird von unterschiedlichen Menschen mal mit Ja oder mit Nein beantwortet.

Doch was macht eine Medienstadt eigentlich aus?

In erster Linie natürlich große Medienhäuser. Da hat Frankfurt sicher weniger zu bieten als Hamburg, Berlin oder München.

Doch immerhin hat Frankfurt die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ), die „Frankfurter Rundschau“ (FR) und den Hessischen Rundfunk (HR), der in den letzten Jahren durch seine Spielfilmproduktionen und Dokumentationen viel Anerkennung erhielt. Als „Epizentrum“ des Wirtschaftsjournalismus hat Frankfurt die (Medien-)Nase ­ohnedies ganz vorne. Schaut man dann noch ein wenig über den Frankfurter Stadtrand hi­naus, dann kann man das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) auf dem Mainzer Lerchenberg getrost zum Medienstandort Frankfurt/ Rhein-Main dazuzählen. Doch kommen wir zurück nach „Mainhattan“. Das Filmmuseum am Museumsufer gehört ebenso in das Gesamtbild des Medien­ standortes wie auch die jährlich stattfindende Buchmesse mit ihrem riesigen Tross internationaler Buchverleger. Aber nicht nur das Große zählt. Viele Frankfurter, die sich auf ihre spezielle Weise ihrer Stadt widmen, sind jeder für sich genommen ein Teilchen im großen Puzzle der Medienstadt Frankfurt. Wir stellen drei von ihnen vor.

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Gespür

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Coups:

furt schloss er sich der Schülerbewegung an, wurde wegen Aufmüpfigkeit bald der Schule verwiesen, holte sein Abitur in Bad Vilbel nach.

Entscheidende Lehrzeit bei Suhrkamp Der junge Mann besaß den Mut, sich beim damals renommiertesten Verlag Frankfurts zu bewerben: bei Suhrkamp im Westend.

Schöffling holte Informationen über die Verlegerlegende Siegfried Unseld ein und erfuhr von dessen Vorliebe für den Schriftsteller Hermann Hesse. Vor dem Vorstellungsgespräch bei Unseld las er systematisch Hesse. Und prompt war der Verleger beeindruckt und engagierte ihn. Längst hat Suhrkamp Frankfurt verlassen und ist nach Berlin umgezogen. Doch Schöffling nennt die Jahre dort von 1975 bis 1982 noch immer seine entscheidende Lehrzeit. Vom Umgang mit Autoren bis zur Erstellung eines Programms habe er alles gelernt.

Mit dem eigenen Verlag gelang es ihm rasch, Aufmerksamkeit zu erlangen. Der Schriftsteller Burkhard Spinnen mit seinen ironisch-abgründigen Romanen war in den 90er Jahren sein erster BestsellerAutor. Es folgten Schriftstellerinnen wie Inka Parei, Gewinnerin des IngeborgBachmann-Preises, und Juli Zeh, aber auch die US-Amerikanerin Jennifer Egan, die den Pulitzer-Preis gewann. Später konnte er Silke Scheuermann gewinnen, die neben Prosa auch preisgekrönte Lyrik schreibt, oder den gebürtigen Duisburger Sascha Reh. Der Verlag machte Autoren vom Balkan in Deutschland bekannt, wie etwa den epischen Serben Bora Cosic oder den Kroaten Miljenko Jergovic.

Zurzeit bereitet Schöffling einen besonderen literarischen Coup vor. Im Frühjahr 2016 soll das Opus Magnum des mittlerweile 74-jährigen Schriftstellers Guntram Vesper erscheinen, ein 1000-seitiger Roman unter dem Titel „Frohburg“. Es ist der Name der westsächsischen Kleinstadt, in

Foto: Stephan Morgenstern

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der Vesper geboren wurde und aufwuchs, bevor die Familie 1957 aus der DDR in die Bundesrepublik flüchtete. 25 Jahre lang hat der Schriftsteller den Roman vorbereitet, an dem er sechs Jahre lang schrieb.

Schöffling hatte die Geduld, das Werden dieses Zeitpanoramas abzuwarten. Überhaupt zeichnet es ihn aus, dass er in den vergangenen zwei Jahrzehnten der Versuchung widerstanden hat, mit dem Verlag zu rasch zu wachsen. Etwa 30 Bücher erscheinen jährlich bei Schöffling, mehr nicht. „Das ist eine sinnvolle Größe, das ist uns gemäß“, sagt der Verleger. Gerade einmal ein Dutzend Beschäftigte zählt sein Unternehmen.

Populäres, Neuauflagen, Experimente Schöffling hat gelernt, dass vermeintlich anspruchslosere Werke literarische Experimente finanzieren. So gehören zu

den Verkaufsschlagern seines Hauses die wunderbar gestalteten und sehr beliebten Katzenkalender. Der politische Mensch Schöffling hatte sich früh mit deutscher Exilliteratur beschäftigt, mit den Autorinnen und Autoren, die vom nationalsozialistischen Terrorregime aus Deutschland vertrieben worden waren. Viele ihrer Bücher hatte er gelesen. Der Verleger erzählt gerne die Anekdote, dass er sich in der Badewanne an den Roman „Kaiserhofstraße 12“ des jüdischen Frankfurter Schriftstellers Valentin Senger erinnerte. Er rief Sengers Witwe Irmgard an, fragte nach dem Schicksal des Buches und erfuhr, dass es vergriffen war.

So entstand die Idee, an vergessene Bücher durch eine Neuauflage zu erinnern. Das Literaturfestival „Frankfurt liest ein Buch“ war geboren. 2010 organisierte es Schöffling zum ersten Mal, seither ist es gewachsen und gewachsen. Vom 11. bis 24. April

2016 ist es wieder so weit: Dann steht der Roman „Frankfurt verboten“ von Dieter David Seuthe im Mittelpunkt. Er erzählt, wie rasch und brutal die Nationalsozialisten nach 1933 in Frankfurt ihre Gewaltherrschaft etablierten…

Der Verlag Schöffling ist Teamarbeit.

Der Verleger bekennt sich aber dazu, dass er am Ende über das Programm entscheidet. Der 60-Jährige redet immer wieder einmal darüber, dass er einen Nachfolger finden müsse, der seine Arbeit fortführt.

Dann lächelt er schelmisch, dieses typische Schöffling-Lächeln.

C l a u s - J ü r g e n G ö p f e rt Redakteur FR c.goepfert@fr.de

54 S c h w e r p u n k t M e d i e n s t a d t F r a n k f u r t

D e r S ta d t t e i l h i s t o r i k e r Hansdampf

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( F r a n k f u r t e r ) G a ss e n :

H a n s Z i mm e r m a n n .

Am 29. August 1949 kam er in Frankfurt am Main zur Welt. Genau einen Kalendertag, aber 200 Jahre später als der große Sohn der Stadt: Johann Wolfgang von ­Goethe (28. August 1749), der hier das Licht der Welt erblickte. Hans Zimmermann beruft sich gerne auf dieses Tatsache, wenn man ihn nach seinem Geburtsdatum fragt. „Einen Tag und 200 Jahre nach ­Goethes Geburtstag“, sagt er dann, und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er darüber ein wenig stolz ist, zumindest amüsiert es ihn.

Das Dichten wurde dem ältesten Sohn von vier Kindern einer alteingesessenen Frankfurter Familie nicht in die Wiege gelegt, aber das Interesse an den vielen Facetten, die das Leben bietet. Und wenn auf jemanden der Begriff „Hansdampf in allen (Frankfurter) Gassen“ zutrifft, dann für Hans Zimmermann. Doch der Reihe nach.

Als Hans neun Jahre alt wird (1958), zieht die Familie in das kleine Häuschen in der Großen Bockenheimer 31, besser bekannt als „Freßgass“. Dort betreiben die Eltern Heinrich und Aenne Zimmermann die stadtbekannte Zeppelin-Metzgerei, die sie von einem Kollegen übernommen haben.

Sohn Hans absolviert Hauptschule und Gymnasium und schreibt sich nach dem Pflichtdienst bei der Bundeswehr an der Goethe-Universität im Fach Betriebswirtschaftslehre ein. Parallel aber lernt er den Beruf des Metzgers, den er schon seit frühester Kindheit kennt. Der Vater nimmt ihn schon als 8-Jährigen mit in den Schlachthof, wo der Bub kräftig mit anpacken muss. Als der Vater sechzig wird, stellt er den Sohn vor die Wahl: Entweder wird das Geschäft verkauft und der Sohn muss dann als Betriebswirtschaftler auf Jobsuche gehen, oder er übernimmt den Laden. Hans entscheidet sich für „das gemachte Nest“, macht seinen Meister und führt die Zeppelin-Metzgerei, bis er sie 1983 vermietet.

Danach erfüllt er sich einen lange gehegten Traum, den er sich als Jugendlicher und Geschäftsmann nicht erfüllen konnte.

Er reist drei Mal um die Welt, mit kleinem Gepäck und großer Neugier. Menschen, ihre Lebensweise und ihre Geschichte – das ist es, was ihn anzieht. Schon als Kind faszinierten ihn die Geschichten des Archäologen Heinrich Schliemann, des Entdeckers Trojas, und so beschließt er, das Fach zu studieren. Doch da ist das große Latinum Voraussetzung, „und das mir in meinem Alter noch mal anzutun, dazu hatte ich keine Lust“, sagt er. Und da auch Menschen immer im Fokus seines Interesses standen, entscheidet er sich für das Fach Ethnologie, das er im Mai 1993 mit dem Magister abschließt.

Eigentlich wollte er dann verbinden, was seiner Meinung nach zusammengehört: sein Studium der Ethnologie und seine Ausbildung als Metzger. „Die besten Brocken“, war der Titel seiner Magisterarbeit, für die er weltweit Fragebögen verschickte.

Er wollte wissen, welche Vorlieben beim Verzehr von Fleisch die Menschen in Südamerika, Afrika und Ozeanien haben. Der Rücklauf war ernüchternd. Zum Schluss führte die Forschung über die Fleischgenüsse der Ethnien den gelernten Metzger und Ethnologen nach Tenkodogo, einer Stadt in Burkina Faso im Westen Afrikas. „Das gefiel mir doch so gut, dass ich dort zehnmal den Hofstaat des traditionellen afrikanischen Königs Naba Tigre besuchte“, erzählt er. Im Gepäck dabei hatte er eine Sony-Kamera, mit der er die Rituale des Schlachtens und Essens aufnahm. Die geplante Doktorarbeit aber legte er zur Seite.

Parallel rutschte er in die Filmszene. In der neu gegründeten Westend-TV, einem Zweimannladen, wurde ein Kameraassistent gesucht, und da er vorher einen Filmund Kamerakurs besucht hatte, ließ er sich anwerben und stieg zum Kameramann auf – ein Job, den er im Laufe der Jahre ausbaute, bis er schließlich als Kursleiter für angehende Videojournalisten und Videoreporter für den Hessischen Rundfunk sowie für die ARD/ZDF-Medienakademie sein Wissen weitergab.

Neugier und Lust am Ungewöhnlichen Doch wer glaubt, dass damit seinem Potenzial, seiner Neugier und der Lust am Ungewöhnlichen eine Grenze gesetzt war, der irrt. Hans Zimmermann fand die nächste Betätigung. Sein Elternhaus, „das kleine Haus in der Freßgass“, war für ihn Anlass, sich als „StadtteilHistoriker“ bei der Stiftung Polytechnische Gesellschaft zu bewerben. 2007 hatte die Stiftung das Projekt aufgelegt. Es leistet einen Beitrag zur Aufarbeitung der Stadtgeschichte.

Es soll die Identifikation der Bürger mit ihrem Wohnort stärken. Die Projekte, die einer Jury eingereicht werden, entstammen ihrem Lebensumfeld und werden von ihnen selbst ausgewählt. Danach werden sie in Form einer Ausstellung, eines Films, eines Buchs oder auf einer Website vorgestellt.

Gefördert wird das Projekt einmalig mit 1500 Euro für Recherche- und Reisekosten.

Seine Idee, über das Rokokohäuschen, das laut Denkmalamt 1750 erbaut wurde, zu forschen und in diese Forschung auch die Geschichte der Freßgass einzubinden, fand bei der Jury Anklang. „Eigentlich“, so Hans Zimmermann, „beschäftige ich mich seit 57 Jahren mit dem Haus, und so lange erlebe ich auch den Wandel der Freßgass.“ Zimmermann stieg in die Archive der Stadt Frankfurt, um die wechselvolle Geschichte der Straßenzeile, die von der Börsenstraße bis zur Alten Oper eigentlich Kalbächer Gasse und Große Bockenheimer Straße heißt, genauer zu erforschen. Den Namen Freßgass erhielt sie schon im 19. Jahrhundert, als sich immer mehr Lebensmittelläden dort ansiedelten.

Zunächst, so der Stadtteilhistoriker, waren es Metzger – 19 an der Zahl –, was damit zusammenhing, dass die vorher strikte Gewerbeordnung, die für diese Zunft ausschließlich die Schirn am Frankfurter Dom zuließ, wegen des rasanten Wachstums der Stadt aufgehoben wurde. Nun konnten sie sich ausbreiten, und so etablierten sie sich in der Freßgass zusammen mit Bäckern und Fischläden, Obst- und Gemüselädchen und Weinhandlungen.

Foto: Rainer Rüffer

55

Nach dem Krieg planten die Kommunalpolitiker die autogerechte Stadt. Was vom Bombardement übrig geblieben war, wurde zwischen 1952 und 1956 abgerissen, um einer vierspurigen Autostraße zwischen Opernplatz und Zoo Platz zu schaffen. „Eine vollständig erhaltene historische Häuserzeile fiel diesem Bauboom zum Opfer“, klagt Hans Zimmermann.

Und zum Schluss hat dies nicht einmal Sinn gemacht, denn schon bald erstickte die Straße im Verkehr, und als schließlich noch die U-Bahn dort gebaut wurde, war sie gänzlich unpassierbar. 1977 wurde sie dann zur Fußgängerzone. Längst aber hatte sich eine Aktionsgemeinschaft Freßgass gebildet, der er beitrat. Sofort legte er sich mit dem Denkmalamt der Stadt Frankfurt an. Dort hatte er angefragt, in welcher Farbe er „das kleine Häuschen“ streichen solle.

Doch monatelang hatte er keine Antwort bekommen, und so beauftragte er schließlich einen Maler, die Fassade seines Häuschens in einem kräftigen Gelb/Blau zu streichen. Da erwachte das Denkmalamt, stand einen Tag später vor seiner Tür und drohte eine Geldstrafe von 20.000 Mark an. Hans Zimmermann lud im Gegenzug die lokale Presse zum Weißwurstessen ein und erzählte von seinem „Kampf“ mit

den Denkmalschützern. „Stadt hob faulen Hintern zu spät“, titelte prompt die „Frankfurter Neue Presse“. Die Stadt hisste daraufhin die weiße Fahne und suchte mit dem aufmüpfigen Hausbewohner zusammen die historisch korrekten Farben im Pastellton aus. Diese zieren bis heute „das kleine Haus in der Freßgass“.

Verquere Verhältnisse in Frankfurt Die Frankfurter hätten schon immer ein verqueres Verhältnis zu ihrem historischen Baubestand gehabt, erzählt der Stadtteilhistoriker. Schon 1920–26 bestanden Pläne, die Altstadt komplett abzureißen.

Die engen Gassen, die überfüllten Häuser ohne sanitären Anlagen waren den Stadtvätern schon lange ein Dorn im Auge, zumal sich die Wohlhabenden längst aus dem Stadtkern verabschiedet hatten und stattdessen in das heutige Westend gezogen waren, wo stattliche Villen entstanden. In der Altstadt sammelte sich das Proletariat, das dem Bürgertum nicht gerade wohlgesonnen gegenüberstand. Der Bund tätiger Altstadtfreunde und sein Gründer Fried Lübbecke verhinderten aber den Abriss, erzählt Hans Zimmermann.

Inzwischen hat der Stadtteilhistoriker sein Projekt abgeschlossen. Mit fünf

Schautafeln, die er vor seinem Haus in der Freßgass aufstellte, klärte er Interessierte über die Entwicklung der Freßgass seit dem Mittelalter auf. Mit Fotos und Text und Grafiken präsentierte er die bewegte Geschichte einer Straße, die zu Frankfurt gehört wie Banken und Bembel. Der Volksmund hat ihr den Namen gegeben, auch wenn dieser nicht immer der Realität entsprach. Mal waren mehr, mal weniger Fressgeschäfte vor Ort. Auch heute sind diese wieder in der Minderheit. Doch für die Frankfurter ist und bleibt die Straße ihre Freßgass. Und wann immer Gäste danach fragen, bekommen sie den Weg gewiesen. Wenn sie dann von der Börsenstraße kommend in der Mitte der berühmten Zeile nach links schauen, dann sehen sie zwischen zwei großen Nachkriegsgebäuden das kleine Häuschen von „Hansdampf“, dem Metzer, dem Ethnologen, dem Kameramann, dem Stadtteilhistoriker und dem Frankfurter, der fast auf den Tag genau 200 Jahre nach Goethe in der Stadt am Main das Licht der Welt erblickte.

M ONICA W E B ER - NAU Geschäftsführerin FPC info@frankfurterpresseclub.de

56 S c h w e r p u n k t M e d i e n s t a d t F r a n k f u r t

Wir

k ö n n e n e s h a lt

T a u s e n d s a ss a

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Frankfurter Kulturszene:

Michael Herl.

Dieser Mann versteht sich auf’s Tarnen und Täuschen. Zum Beispiel bei seinem Fahrrad. Kaum hat er ein neues erstanden, macht er es alt: Er bepinselt seinen fahrbaren Untersatz mit Farbe, vorzugsweise in Rottönen. Dann steht dort, wo er gerade ist, etwa am Frankfurter „Café Cardamom“, ein eher beschmiertes als lackiertes Gefährt, und nur wer ihn kennt, weiß: Michael Herl ist da. Und wer ihn nicht kennt, sieht vielleicht diesen Typen schwer gebeugt über einem Stehtisch, Zigarette und Cappuccino vor sich, den massigen Körper in schwarze Klamotten gezwängt, Jeans, T-Shirt, Lederjacke. Aber dann erkennt man das Rot-Weiß-Blau von Tommy Hilfiger auf dem T-Shirt, und nicht nur das verrät, dass dieser Mann eben doch keiner ist, der seine Tage am Wasserhäuschen zu vertreiben pflegt.

Diese Vermutung würde Michael Herl vermutlich mit einer Anekdote beantworten, die verriete, dass er sich auch in Frankfurts heiligen Hallen auskennt. Und dabei würde er sein Gegenüber mit diesen unglaublich hellblauen Augen fixieren, die erkennen lassen, dass dahinter ziemlich vieles ziemlich schnell passiert.

Wachsende Qualität von Jahr zu Jahr Das muss auch so sein, wenn Michael Herl seinen Alltag meistern will. Der Mann ist schwer beschäftigt. Dabei arbeitet er noch am wenigsten in dem Beruf, der in seinem Katalogeintrag bei der Deutschen Nationalbibliothek vermerkt ist: Regisseur. Er leitet ein Theater, er schreibt eine wöchentliche Kolumne für die „Frankfurter Rundschau“, er verfasst Stücke für das Theater, und er muss sich zurzeit damit abplagen, die Stadtregierung davon zu überzeugen, dass sie das erfolgreichste Freiluftfestival, das Frankfurt in den letzten zehn Jahren erlebt hat, nicht abwürgt.

Denn „Stoffel“ (der Name, allgemein für einen unhöflichen Menschen stehend, ist auch wieder so eine Tarnung, denn es handelt sich um die Kurzform von Stalburg Theater Offen Luft) beschert den Bürgern

alljährlich im Sommer vier Wochen Kultur umsonst im Günthersburgpark, und die Bürger wissen das zu schätzen. Sie kommen zuhauf, picknicken auf der Wiese und lauschen den Konzerten, Kabarettisten und Lesungen, deren Qualität von Jahr zu Jahr gewachsen ist. Fast logisch, dass die Besucherzahl das spiegelt: 2015 kamen erstmals mehr als 100000 auf die große Wiese.

Soziales Denken, Hang zum Widerstand „Stoffel“ ist Herls jüngste größere Unternehmung, entstanden nicht aus „Langeweile“, wie es auf der Website ironisch heißt, sondern aus Verantwortungsgefühl: Weil viele der kleinen Bühnen im Sommer mangels Arbeit ihre Mitarbeiter entlassen müssen, Herl das aber in der Stalburg nicht wollte, sei man auf die Idee zu einem Sommerfestival gekommen. Das soziale Denken hat den gebürtigen Pirmasenser geprägt, gepaart mit einem Hang zum Widerstand gegen Obrigkeit und verkrustetes Denken: So wurde Michael Herl 1986 zum Sprecher der Bürgerinitiative gegen die geplante Atomanlage im bayerischen Wackersdorf, und bei „WAAhnsinn – Der WackersdorfFilm“ führte er dann auch tatsächlich Regie. Das Ende dieses Engagements ist bekannt: Bayerns Staatsregierung scheiterte mit dem Versuch, ihrer Bevölkerung eine Wiederaufbereitungsanlage vor die Nase zu setzen.

Zum Pressesprecherjob war Herl auch gekommen, weil er von Hause aus Journalist ist. Als Absolvent der Hamburger Henri-Nannen-Schule hat er für die Großen der bundesdeutschen Zeitungslandschaft gearbeitet: „Stern“, „Süddeutsche“, „Die Zeit“, „Geo“. Er hat Reisebücher verfasst über die USA, er hat für Johnny Walker Reklame gemacht (indem er die Hauszeitschrift des britischen Konzerns produzierte); er hat Filme gedreht für diverse ARD-Sender, etwa einen Bericht aus einer geschlossenen Abteilung der Psychiatrie. Und man kann sich vorstellen, dass Herl da mit Schwejk’scher List den Kranken gegeben hat. So ähnlich, wie er bei „Late Lounge“

im HR als Roberto Cappellutis Sidekick das Faktotum „Michi“ gespielt und damit die Sendung ziemlich bereichert hat – bis er gefeuert wurde, weil er dagegen gewettert hatte, dass der konservativ beherrschte HR die beim jüngeren Publikum beliebte Sendung absetzen wollte.

Aber über einen Mangel an Beschäftigung musste Tausendsassa Herl auch danach nicht klagen: Er hatte genug zu tun mit seinem Theater. Das hatte er 1998 auf der Suche nach einer Spielstätte für seine damalige Freundin Maja Wolff und das von ihm verfasste Stück „Anton LeGoff“ gefunden: eine Apfelweinkneipe samt Saal, standesgemäß im grünen Frankfurter Nordend gelegen. Auf der Homepage des Stalburg Theaters liest sich die Einigung Herls mit dem Stalburg-Eigner Fitz Reuter heute so: „Aus dem dicken Yin und dicken Yang wurden Arsch und Eimer.“ Und aus dem Stalburg Theater eine Erfolgs­ geschichte.

Heute ist Herl Chef von 30 Mitarbeitern, der Umsatz des Hauses liegt ganz knapp unter einer Million im Jahr. Künstler wie Claus von Wagner, derzeit TV-Star im ZDF mit seiner „Anstalt“, traten zu Beginn ihrer Karriere auf, Künstler wie Ilja Richter traten zu Beginn ihrer zweiten Karriere hier auf. (Herl: „Die Leute wollten’s nicht glauben, dass er der echte ist.“) Im kommenden Januar ist das kleine Stalburg Theater mit Gianmaria Testa in der großen Alten Oper zu Gast. Es ist also nicht arrogant von der Truppe, wenn sie auf ihrer Website schreibt: „Wir können es halt.“ Und das ist weder Tarnung noch Täuschung.

Daland Segler Medienexperte und Autor der FR daland.segler@t-online.de

Foto: Stephan Morgenstern

57

Scholz & Friends

Dahinter steckt immer ein kluger Kopf.

Lang Lang spielt die Ausgabe vom 7. August 2015.

Jetzt anschauen auf www.faz.net/langlang

60 S c h w e r p u n k t M e d i e n s t a d t F r a n k f u r t

Im Geiste Gut Das Journalistische Seminar w u c h s

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Ein viel besserer Ort zur Journalistenausbildung ließe sich kaum denken. Zumindest nicht, wenn man an den Genius Loci glaubt. In der Alten Universität im Herzen von Mainz wird seit fast 400 Jahren den Dingen auf den Grund gegangen. Die Jesuiten errichteten die Domus Universitatis, um dort zu lehren und zu forschen, auf diese Weise nahm die heutige Johannes Gutenberg-Universität ihren Ursprung. Doch der Ort ist mit dem Erfinder des modernen Buchdrucks, der STUDIEREN AM somit auch ein Wegbereiter JOURNALISTISCHEN SEMINAR des Journalismus ist, nicht nur durch den Namen der Hochschule verbunden. Als JOURNALISTISCHES SEMINAR Gutenberg 1468 starb, fand

Das Journalistische Seminar der Johannes Gutenberg-Universität Mainz bietet folgende Studiengänge an: • Nicht-konsekutiver Master Journalismus (ehemals „Aufbaustudiengang Journalistik“) • Dualer Master Journalismus (in Vorbereitung) • Bachelor-Beifach Audiovisuelles Publizieren

Das Journalistische Seminar wurde 1977 gegründet.

Es ist eine Abteilung des Instituts für Publizistik und mit folgenden Professuren ausgestattet:

Der Masterstudiengang Journalismus umfasst zurzeit etwa 45 Studierende, das BA-Beifach Audiovisuelles Publizieren 50 Studierende. Der geplante duale Masterstudiengang soll im WS 2016/2017 den Lehrbetrieb aufnehmen.

Mainzer Universität

Print, Radio, Fernsehen

ü b e r s ta n d e n

• Journalismus I. Grundlagen und Strategien (N.F. Prof. Dr. Volker Wolff) • Journalismus II. Audiovisuelles Publizieren (Prof. Dr. Karl N. Renner)

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JOURNALISTISCHES SEMINAR

Johannes Gutenberg-Universität Mainz Alte Universitätsstraße 17 D 55116 Mainz Telefon: +49 6131 39-39300 journal@uni-mainz.de www.journalistik.uni-mainz.de/ www.facebook.com/journalistisches.seminar

er in der Franziskanerkirche an der Alten Universitätsstraße sein Grab.

Die Kirche gibt es längst nicht mehr.

Aber mit großer Wahrscheinlichkeit liegen Gutenbergs Gebeine immer noch dort, wo sie einst stand. Also in direkter Nachbarschaft der Domus Universitatis, in der seit 1978 auch Journalisten ausgebildet werden. Ob der Geist des Ortes für sie im Studienalltag eine große Rolle spielt, sei dahingestellt – wichtiger ist vermutlich, dass sie sich mitten im Trubel der Innenstadt befinden. So schön der Campus der Gutenberg-Universität sein mag, er befindet sich auf einem abgegrenzten Gelände in der etwas abseits gelegenen Oberstadt.

Die Domus Universitatis steht dagegen im „richtigen Leben“, was nicht nur atmosphärische, sondern auch praktische Vorteile hat. Zum Beispiel wenn die angehenden Journalisten auf Recherche gehen. Wenn Sie Passanten befragen, wenn sie O-Töne oder Bilder einfangen wollen, dann können sie direkt vor der Tür damit beginnen.

Der Ort verkörpert somit ein Spannungsfeld, in dem das Journalistische Seminar auch inhaltlich steht: Auf der einen Seite die Einbettung in die Strukturen der Universität, auf der anderen Seite der enge Bezug zur Praxis. Das Seminar gehört zum Institut für Publizistik, das seinerseits dem Fachbereich Sozialwissenschaften, Medien und Sport angehört. Allerdings unterscheidet sich das Studieren im Seminar grundle-

STUDIENGÄNGE: Nicht-konsekutiver Master Journalismus Dualer Master Journalismus (in Vorbereitung) BA-Beifach Audiovisuelles Publizieren

JOHANNES GUTENBERG-UNIVERSITÄT MAINZ D 55099 Mainz Telefonzentrale: +49 6131 39-0 www.uni-mainz.de

„Nicht Interview

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Antwo

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Karl Nikolaus Renner,

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ZUR PERSON:

Kann man jungen Leuten heute überhaupt noch raten,

Karl Nikolaus Renner ist einer von zwei

Journalist zu werden?

Professoren des Journalistischen Seminars

Die Bewerberlage bei uns ist nach wie vor gut, wir haben 200 Interessenten

der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

für 20 Studienplätze.

Geboren 1949 in Ruhpolding, arbeitete er zunächst als freier Kameraassistent, studier-

Aber Sie kennen auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt.

te dann in München und wurde mit einer

Um so wichtiger ist es, dass man gut ausgebildet ist. Dazu gehört heute,

Untersuchung der Wiedergabe narrativer

wirtschaftliche Zusammenhänge zu verstehen, auch die der eigenen Branche.

Strukturen in Literaturverfilmungen promo-

Und als freier Journalist muss man seine Themen verkaufen können.

viert. In den achtziger und neunziger Jahren drehte er für das Bayerische Fernsehen

Welche Fähigkeiten sollten angehende Journalisten außerdem

kulturpolitische und wissenschaftsjournalis-

haben?

tische Beiträge, Features und Dokumenta-

Sie müssen mit Sprache umgehen können, unabhängig davon, ob sie für

tionen. 1995 wurde er nach Mainz berufen,

Print, Radio, Fernsehen oder Online arbeiten wollen. Sie müssen einen eige-

wo er Fernsehjournalismus lehrt.

nen Kopf haben, klar denken können, neugierig und offen sein.

61

enbergs gend von dem in den zumeist viel größeren Studiengängen auf dem Campus. Jedes Jahr nimmt das Journalistische Seminar nur 20 Bewerber auf, somit gibt es in der zweijährigen Ausbildung 40 Studierende, die von zwei Professoren unterrichtet in vier Lehrredaktionen das Handwerk des Journalismus erlernen.

Während sich die Ausbildung in Volontariaten und Journalistenschulen meist auf ein Hauptmedium konzentriert, werden am Mainzer Seminar Print, Hörfunk, Fernsehen und Online unterrichtet. Früher geschah das in Form eines Aufbaustudiums, seit 2002 handelt es sich um einen Masterstudiengang. Ergänzt und grundiert werden die praktischen Übungen im Seminar durch kommunikations- und medienwissenschaftliche Lehrveranstaltungen im Fach Publizistik. Außerdem müssen die Studierenden mindestens zwei Praktika in Redaktionen absolvieren.

Im Miteinander von universitärer Theorie und journalistischer Praxis kann es durchaus zu Konflikten kommen. Zuletzt

entbrannte ein Streit mit dem Institut für Publizistik um die Nachbesetzung der Professur von Volker Wolff, der am Seminar 20 Jahre lang Printjournalismus gelehrt hatte und zuvor unter anderem Chefredakteur der „Wirtschaftswoche“ gewesen war. Im Seminar ging die Befürchtung um, dass ein profilierter Journalist mit wissenschaftlichem Hintergrund nun durch einen Kommunikationswissenschaftler mit Redaktionspraktikum ersetzt werden könnte. Doch diese Sorge bewahrheitete sich nicht: Als Nachfolger Wolffs wurde Tanjev Schultz ausgewählt, der mit einer Dissertation über die Rationalität politischer Talkshows promoviert wurde und wissenschaftliche Meriten vorweisen kann, aber als langjähriger, unter anderem mit Artikeln über den rechtsradikalen NSU profilierter Redakteur der „Süddeutschen Zeitung“ auch ein erfahrener Journalist ist.

Außer dem Masterstudiengang bietet das Seminar inzwischen auch das BachelorBeifach Audiovisuelles Publizieren an, dessen Studierende beim Universitätsfern-

ten kennen, sondern die

r o f e ss o r

a m

sehen CampusTV Mainz die Praxis kennenlernen. Als Redakteure und Autoren, als Kameraleute und Cutter sorgen sie dafür, dass während der Vorlesungszeit alle zwei Wochen eine Magazinsendung entsteht.

Den Weg der Internationalisierung hat das Journalistische Seminar zusammen mit dem Department of Journalism an der University of Memphis eingeschlagen. Regelmäßig gehen Studierende und Dozenten nach Tennessee, um Auslandserfahrungen zu sammeln.

Die nächste Etappe in der Entwicklung des Journalistischen Seminars soll die Einführung eines Dualen Masters sein.

Volontäre von Medienhäusern, etwa der ebenfalls in Mainz ansässigen Sender ZDF und SWR, könnten dann in der Alten Universität studieren. Im Vergleich zu den revolutionären Taten Gutenbergs wäre das nur ein kleiner Schritt, aber er würde sich doch einfügen in die lange und wirkungsvolle Geschichte der Domus Universitatis.

Fragen“

Journalistischen Seminar

Welchen Stellenwert hat das Fachwissen?

Gegen ein Volontariat zum Beispiel ist gar nichts einzuwenden. Wenn das

Wer bei uns am Journalistischen Seminar studieren will, sollte Fachkenntnisse

jemand machen möchte, dann nur zu. Was wir unseren Studierenden bieten

aus dem Erststudium mitbringen. Früher waren unsere Bewerber oft Juristen

können, ist ein solider wissenschaftlicher Hintergrund durch die Einbindung

oder Politologen, inzwischen haben wir viele, die bereits Bachelorstudiengän-

in die Universität. Und natürlich die praktische Ausbildung in vier Medien. Wir

ge in Journalismus oder Medien absolviert haben. Ich frage sie dann, was sie

haben eine gut einspielte Zusammenarbeit mit regionalen Partnern wie SWR,

bei uns noch lernen wollen. Es geht auch um Lebenszeit.

ZDF, HR, FAZ oder „Frankfurter Rundschau“. Das gibt es in dieser Kombination in Deutschland nicht noch einmal.

Wie wichtig ist die Allgemeinbildung?

Es ist nicht entscheidend, ob jemand weiß, wann das schnellste Bundesliga-

Welche Berufswege schlagen Ihre Absolventen ein?

tor aller Zeiten gefallen ist. Die Bildung eines Journalisten muss aber so breit

Die meisten gehen in den Journalismus, und die meisten bleiben auch dort.

sein, dass er checken kann, ob eine Angabe oder eine Behauptung plausibel

Ein Drittel davon landet bei der Zeitung, ein Drittel beim Radio und ein Drittel

ist. Er muss nicht gleich die Antworten wissen, sondern die richtigen Fragen

beim Fernsehen. Es gibt aber auch welche, die andere Berufsziele erreicht

stellen.

haben – vom IHK-Sprecher bis zur Hochschulprofessorin.

Bekanntlich führen viele Wege in den Journalismus. Was spricht für ein Studium am Journalistischen Seminar?

M at t h i a s T r a u t s c h Redakteur FAZ m.trautsch@faz.de

62 S c h w e r p u n k t M e d i e n s t a d t F r a n k f u r t

Die Otto Brenner Stiftung

„Nicht Ruhe und U n t e rw ü r f i g k e i t gegenüber der

Obrigkeit…“

Auch wenn die Frage, ob Frankfurt eine Medienstadt ist, unterschiedlich beantwortet wird, so bleibt festzuhalten, dass einer der inzwischen renommiertesten Journalistenpreise und ein ebenso begehrtes Recherchestipendium in der Stadt am Main gedacht und umgesetzt wurden. Der Otto Brenner Preis für kritischen Journalismus, vergeben von der gleichnamigen Stiftung der IG-Metall.

2005, noch unter dem damaligen 1. IGM-Vorsitzenden Jürgen Peters, der das Amt von 2003 bis 2007 innehatte, wurde der Preis aus der Taufe gehoben.

Ursprünglich sollte er einmalig vergeben werden, doch wegen der spontan positiven Resonanz – 135 Einsendungen trotz der großen Zahl von Journalistenpreisen – beschlossen die Mitglieder der Jury, den Preis jährlich zu vergeben. „Kritischer Journalismus – Gründliche Recherche statt bestellter Wahrheiten“ war

und ist die Triebfeder des Engagements einer Stiftung, die sich, 1972 gegründet, in der Vergangenheit als Wissenschaftsstiftung zunächst mit der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung Deutschlands und Europas auseinandersetzte. Man folgte dem Grundsatz des 1. Vorsitzenden Otto Brenner, dass die Wirtschaft der Gesellschaft dienen solle und nicht umgekehrt.

Doch dann war es, sagte Jürgen Peters, „höchste Zeit, die öffentliche Aufmerksamkeit auf den Zustand des Journalismus in Deutschland zu lenken“. Substanzverlust, hervorgerufen durch „einen temporeichen blinden Mainstream“, verlangten aus der Sicht des Gewerkschafters eine Stärkung der Arbeitsmöglichkeiten von unabhängigen Journalistinnen und Journalisten, die nicht nur abschreiben, sondern intensiv recherchieren und hinterfragen. Dass dies in Zeiten von Sparzwang und Quotendruck oft nicht möglich ist, ließ Peters nicht

gelten. „Die Verantwortung der Medien für den demokratischen Diskurs braucht Fundamente, die Wissen, Werte und Haltung mit einbeziehen“, so sein Hinweis in der Eröffnungsrede zur ersten Preisverleihung.

Seit dieser Rede sind mehr als 80 Kolleginnen und Kollegen ausgezeichnet worden, die dieser Forderung aus Sicht der Jury gerecht wurden. Weitere 30 Journalistinnen und Journalisten kamen in den Genuss des Recherchestipendiums. Ausgezeichnet werden also zum einen veröffentlichte Beiträge in den Kategorien Otto Brenner Preis allgemein und Otto Brenner Preis Spezial, sowie ein Newcomer- und ein Medienprojektpreis.

In der Kategorie Recherchestipendien haben Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit, ein Thema vorzuschlagen, das sie intensiv recherchieren wollen. Drei der insgesamt eingereichten Vorschläge werden von einer Jury ausgewählt, die dann mit

63

Foto: Stephan Morgenstern

Jupp Legrand, Geschäftsführer der Otto Brenner Stiftung

einem Stipendium in Höhe von jeweils 5000 Euro unterstützt werden. Insgesamt werden 47.000 Euro jährlich für Preise und Stipendien ausgeschüttet.

Keine Reisestipendien Seit 2008 begleitet Jupp Legrand als Geschäftsführer der OBS das „Preisausschreiben“, vor allem die intensive Betreuung der Recherchestipendiaten. Anträge auf „Reisestipendien“ werden grundsätzlich abgelehnt, es sei denn, sie sind so nachvollziehbar wie jener der beiden polnischen Kolleginnen Katharina Zabrzynski und Maike Brzoska, die eines der Recherchestipendien 2015 gewannen. Ihr Thema: „Wer profitiert von Polens Sonderwirtschaftszonen?“ Bei diesem Thema, so Jupp Legrand, „lag es auf der Hand, dass es hier nicht darum ging, mal nett zu reisen, um die Welt kennenzulernen“. Auch der Vorschlag, ein spannendes Thema mit dem OBS-Stipendium zu recherchieren, das die Redaktion gerne bringen würde, aber nicht bezahlen will, wird kategorisch abgelehnt. „Das geht gar nicht“, macht Jupp Legrand klar, es könne nicht sein, dass über das Stipendium Etatknappheit von Redaktionen subventioniert werde.

Es ist nicht der Geschäftsführer der OBS, der die Preisträgerinnen und Preisträger aussucht. Es ist – und das seit Jahren – eine hochqualifizierte, unabhängige Jury. Neben der einzigen Frau, Sonia Seymour Mikich, Chefredakteurin des WDR, bewerten Heribert Prantl, Mitglied der Chefredaktion der „Süddeutschen Zeitung“, Harald Schumann, Buchautor und Redakteur „Der Tagesspiegel“, Volker Lilienthal, Professor am Hamburger Institut für Journalistik und Kommunikationswissenschaften, Thomas Leif, Chefreporter SWR in Mainz und Gründer von Netzwerk Recherche, sowie Detlef Wenzel, Vorsitzender des Verwaltungsrates der Otto Brenner

Stiftung, die eingereichten Arbeiten und Anträge.

Gefördert, gelobt und ausgezeichnet wurden seit 2005 neben einzelnen Kolleginnen und Kollegen auch immer wieder Redaktionen wie „Der Tag“ vom Hessischen Rundfunk, das Magazin „ZAK“ vom WDR oder auch Attac Deutschland.

Erfolgreiche OBS-Stipendiatinnen und Stipendiaten waren in der Vergangenheit zum Bespiel Golineh Atai, die jüngst durch ihre Berichterstattung über den UkraineKonflikt bekannt wurde, Astrid Geisler, die über Rechtsextremismus und Innere Sicherheit recherchierte und mit Hilfe des OBS-Stipendiums mehrere Wochen in Ostpommern recherchieren konnte. Für ihre Reportage „Das vergessene Land“ über den leisen Aufstieg der Neonazis erhielt sie 2007 dann den Theodor-Wolff-Preis. ­Daniel Dreppner und Niklas Schenck wiederum deckten mit ihrer hartnäckigen Recherche das undurchsichtige System der Sportförderung in Deutschland auf. Der nachfolgende DFB- und FIFA-Skandal bestätigt, wie notwendig ein stets kritischer Blick hinter die Kulissen des Sportbusiness ist. „Es ist der nicht übliche Blick auf Ereignisse und die Suche nach der Wahrheit“, die ausgezeichnet werden, wie Jupp Legrand deutlich macht. „Nicht Ruhe und Unterwürfigkeit gegenüber der Obrigkeit ist die erste Bürgerpflicht, sondern Kritik und ständige demokratische Wachsamkeit“, so lautet das politische Vermächtnis Otto Brenners, in dessen Namen 2016 zum zwölften Mal die Preise und Stipendien vergeben werden.

Hilfe auf dem Weg zum Erfolg Den Bewerbern für das Stipendium wird neben dem Geld ein Mentor zur Seite gestellt, erfahrene Kolleginnen oder Kollegen, die die Rechercheure auf ihrer Suche unterstützen und begleiten. Ein Jahr haben

sie dann Zeit, bis sie ihre Ergebnisse vorweisen müssen. Ein Teil des Geldes wird vorab ausgezahlt, den Rest gibt es am Ende des Weges. Da kann es passieren, dass, wie Jupp Legrand schildert, das Thema, das der Stipendiat recherchiert, plötzlich veröffentlicht wird und der dann mit leeren Händen dasteht. Ob man ihm dann trotzdem den ausgezahlten Betrag lässt oder ihn zurückverlangt, wird im Einzelfall entschieden.

Vorgekommen ist dies aber, laut Aussage des OBS-Geschäftsführers, bislang nur einmal. Dass eine Recherche ins Leere läuft, weil sich die Thesen nicht erhärten lassen, gab es auch schon das eine oder andere Mal, doch all das sind absolute Ausnahmen.

Der Otto Brenner Preis ist eine Erfolgsgeschichte, und sie zeigt, dass fundierter Qualitätsjournalismus auch durchgesetzt werden kann, wenn man ihn fördert. Das hat sich inzwischen herumgesprochen, und so gibt es inzwischen nicht nur in diversen Medienhäusern investigative Rechercheteams, sondern auch einen Expertenkreis „Stiftungen für Qualitätsjournalismus“ des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen. Der startete im September 2015 einen Aufruf an die rund 21.000 Stiftungen in Deutschland, sich auf vier Feldern des Qualitätsjournalismus verstärkt zu engagieren. „Meinungsvielfalt zu erhalten und zu ermöglichen, liegt im Interesse aller Stiftungen“, heißt es unter anderem in dem Aufruf. Zu den Unterzeichnern gehört auch die Otto Brenner Stiftung neben der Karl-Gerold-Stiftung und der Rudolf Augstein Stiftung. Man wolle, so der Aufruf, gemeinsam Lösungen finden, um den Qualitätsjournalismus in Deutschland zu sichern.

M ONICA W E B ER - NAU Geschäftsführerin FPC info@frankfurterpresseclub.de

64 S c h w e r p u n k t M e d i e n s t a d t F r a n k f u r t

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Neben Ausbildungsstipendien für angehende Journalisten vergibt die Karl-Gerold-Stiftung

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seit 2015 auch Reise- und Recherchestipendien für Jungjournalisten. Das Reisestipendium soll jungen Journalisten ermöglichen,

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selbst konzipierte Reiseprojekte anzugehen, spannende Erfahrungen zu sammeln und die gemachten Beobachtungen und Recherchen journalistisch aufzubereiten. „Die Stiftung will damit dazu beitragen, dass linksliberale Stimmen, wie sie von der ‚Frankfurter Rundschau’ verkörpert werden, kräftig bleiben und an Resonanz gewinnen. Dazu ist es wichtig, dass junge Talente gefördert werden, die einem kritischen, meinungsstarken und gleichzeitig analytisch seriösen Journalismus positive Impulse geben können“, sagt Kuratoriumsvorsitzender Richard Meng.

Das neue Stipendium soll Reiseaufenthalte im In- und Ausland mit einer Dauer von bis zu vier Wochen ermöglichen und ist mit maximal 5.000 Euro zur Deckung der Kosten dotiert.

Die Reise selbst und die damit verbundenen Erkenntnisse sollen Teil oder Gegenstand der Berichterstattung sein. Das Stipendium knüpft

Verliehen wird er von der Stiftung „Freiheit der Presse“ einmal im Jahr, an (grob zusammengefasst) laut Stiftung couragierte Reporter, die für eine saubere Verwaltung kämpfen, Übergriffen der Bürokratie oder anderer Machtgruppen auf die Spur kommen und diese schonungslos aufdecken. Hier kommt es also nicht darauf an, besonders schön zu schriftstellern, bewertet wird der Inhalt. Und so finden sich in der Liste der Preisträger und ihrer Themen neben praktisch allen großen Skandalen aus der Geschichte der Republik auch viele Berichte über lokale, sozusagen kleinere Skandale, deren Aufdeckung aber mindestens den gleichen journalistischen Mut, die gleiche professionelle Beharrlichkeit brauchte wie die jener Themen, die es in die „Tagesschau“ schaffen.

an die Reiseerfahrungen Karl Gerolds an, die seine Weltsicht nachhaltig geprägt haben. www.karl-gerold-stiftung.de

M at t h i a s T r a u t s c h Redakteur FAZ m.trautsch@faz.de

Preis für professionale Beharrlichkeit Und wie bekommt man diesen Preis? Die eigene Erfahrung zeigt: Mit Glück und Spucke! Als Beispiel mag die Geschichte des 2. Preises herhalten, den der Schreiber dieser Zeilen im Jahr 2001 erhalten hat. Die „Frankfurter Rundschau“ hatte aufgedeckt, dass die NATO oder die USLuftwaffe während des Kosovokrieges ihren Bericht über den Bombenangriff auf einen serbischen Personenzug massiv manipuliert hatte. Mindestens 14 Reisende waren

gestorben, nachdem zwei videogelenkte Bomben den Zug auf einer Brücke nahe des Ortes Grdelicka getroffen hatten.

Angefangen hatte alles mit einem Routinetermin über Kriegsdienstverweigerung, zu dem der FR-Nachrichtenredakteur Jörg Schindler geschickt worden war. Zurück kam er mit der Kopie eines anonymen Schreibens, die er dem damals fürs Militärische zuständigen Kollegen Festerling übergab. Darin stand, der NATOOberkommandierende, General Wesley Clark, habe zu eben jenem Bombenangriff Zeitrafferfilme der Bombenkameras gezeigt, um zu beweisen, dass der „Kollateralschaden“ (so wurden zivile Opfer der Angriffe von den Militärs genannt) wegen des rasend schnell auftauchenden Zuges unvermeidbar gewesen sei.

Hoppla, dachte sich der Militärfachmann und fand sich umgehend in Regionen weit jenseits der Grenzen seines militärischen Fachwissens (schließlich hatte auch er den Kriegsdienst verweigert). Und so schaute er sich im Internet wochenlang Bombenvideos an, die in den Tagen des Kosovokrieges von der NATO täglich zu Dutzenden veröffentlicht wurden. Las im Internet offizielle Mitschriften von Pressekonferenzen der NATO, des militärischen Oberkommandos Europa (SHAPE), des US-Verteidigungsministeriums. Informier-

65

te sich über Kampfflieger, Waffensysteme, Bomben (gelenkte und ungelenkte, videound lasergesteuerte). Und merkte: Ja, der Zug fährt schon rasend schnell, oder der Film läuft im Zeitraffer. Also begann die zweite, konkrete Phase der Recherche, die Zeit des Telefonierens. Gleich an deren Anfang stand ein glücklicher Zufall. Jörn Loviscach, inzwischen Professor für Ingenieurmathematik und technische Informatik an der Fachhochschule Bielefeld, damals Redakteur bei der Computerzeitschrift „c’t“, ging ans Telefon und bestätigte einige Tage und eine stupende technische Analyse später den Eindruck, der Film rase.

Wache halten und aufpassen Von da an war die NATO in Brüssel am Telefon, SHAPE in Mons oder die US Air Force Europe (USAFE) in Ramstein. „Alles Quatsch“, hieß es zunächst, aber unter dem Druck der Beweise kamen immer höhere Offiziere ans Telefon, und die gaben schließlich vieles zu. Weniger zwar, als sich in den kommenden Tagen noch herausstellen sollte, aber doch die wesentlichen Dinge: Ja, die Videos liefen zu schnell, ein technischer Fehler leider, aber ja, man habe es versäumt, darüber zu informieren, wie ärgerlich. Das gestand tags darauf auch das Pentagon in Washington. Im Lauf der nächsten Tage wurden noch viele andere Details offenbar. Sogar die ungekürzten ­Videos wurden der FR, wohl durch ein Versehen, zugänglich gemacht. Sie beweisen, dass die Filme noch viel schneller liefen, als das Pentagon es eingestanden hatte. Das anonyme Schreiben hatten natürlich auch andere Zeitungen erhalten, wie sich später herausstellte. Keine hatte das Thema beharrlich verfolgt, obwohl einige Kollegen sogar die Air Force in Ramstein besucht hatten. Nach einem Flug im Simulator waren sie laut Air Force blassgrün im Gesicht und überzeugt davon, dass im Leben ohnehin vieles viel zu schnell gehe, wieder heimgefahren und hatten die Sache auf sich beruhen lassen.

Weitere Preise HESSISCHER JOURNALISTENPREIS

DER DEUTSCHE JOURNALISTENPREIS Wirtschaft | Börse | Finanzen (djp)

Über den Preis: Der Hessische Journalisten-

Über den Preis: Der dip prämiert herausra-

preis wird für herausragende Textbeiträge in der

gende redaktionelle Beiträge in deutschspra-

Kategorie Wortjournalismus (Print/Online) von

chigen Print- und Onlinemedien zu Wirtschafts-

der Sparda-Bank Hessen eG in Kooperation mit

und Finanzthemen. Er wird ausgelobt von The

dem DJV Hessen für die herausragende textli-

Early Editors Club (TEEC), einem Netzwerk

che Darstellung hessischer Identität vergeben.

für Journalisten und Wirtschaftsvertreter zur

In der unabhängigen Jury sitzen Vertreter aus

Förderung des Qualitätsjournalismus und zum

Wissenschaft und Medienpraxis. Teilnahmebe-

gegenseitigen Informationsaustausch. Zur Be-

rechtigt sind bundesweite Wortjournalisten mit

kanntgabe und Ehrung der Sieger findet jedes

aktuellen Beiträgen.

Jahr im Herbst in Frankfurt am Main die Journalistenparty mit mehr als 200 Gästen statt.

„Ziel des Hessischen Journalistenpreises ist es, in einer Zeit fortschreitender Globalisierung

Hauptberufliche Journalisten können einen

jene auszuzeichnen, die durch ihre Arbeit zur

eigenen Beitrag einreichen, interessierte Leser

Stärkung der einzigartigen Identität Hessens

(einschließlich Journalisten) können jederzeit

beitragen“, erklärt Jürgen Weber, Vorsitzender

Beiträge Dritter empfehlen. Wer einen Beitrag

des Vorstandes der Sparda-Bank Hessen.

empfiehlt, den die Jury für den djp nominiert, erhält zwei Ehrenkarten für die Preisverleihung

Vergabeturnus: Der Hessische Journalisten-

in Frankfurt am Main.

preis wird jährlich verliehen.

Wettbewerbsbeiträge müssen in deutscher Preisgeld: Insgesamt 10.000 Euro. Zusätz-

Sprache in einem Printmedium, von einer Nach-

lich zum 1. bis 3. Platz können von der Jury

richtenagentur oder durch ein Internetportal

Sonderpreise für herausragende journalistische

veröffentlicht worden sein.

Leistungen vergeben werden.

Vergabeturnus: Der Deutsche JournalistenSeit 2011 erhält außerdem eine Persönlichkeit

preis Wirtschaft, Börse, Finanzen wird jährlich

des deutschen Journalismus den „Ehrenpreis

verliehen.

für das bisherige Lebenswerk“.

Preisgeld: 50.000 Euro (hiervon kommt knapp www.hessischer-journalistenpreis.de

ein Viertel gemeinnützigen Zwecken zugute, die die Gewinner bestimmen). Die jeweiligen Preise und Nominierungen sind mit zusammen

http://www.anstageslicht.de/

8.000 Euro pro Thema dotiert. Hinzu kommen

waechterpreis.html

2.000 Euro für den besten Zweitplatzierten. www.djp.de

Arnd Festerling Chefredakteur Frankfurter Rundschau arnd.festerling@fr.de

Heike Klauer Freie Journalistin h.klauer@googlemail.com

66 S c h w e r p u n k t M e d i e n s t a d t F r a n k f u r t

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FRANZ NESTLER,

JULIA LORENZ,

29 JAHRE

33 JAHRE

Wirtschaftsredakteur bei der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“

Redakteurin der „Frankfurter Neuen Presse“

A N T W O RT F R A G E 1 : Gerd Bucerius, Marion Gräfin Dönhoff und Rudolf Karl Augstein.

A N T W O RT F R A G E 1 : Es gibt viele gute Journalisten. Vorbilder habe ich aber nicht. Ich schreibe einfach gerne gute Texte.

A N T W O RT F R A G E 2 : Diese alte Journalistengarde hat die journalistische Landschaft wesentlich geprägt.

Augstein hat den „Spiegel“ mit Ende 20 gegründet. Das fand ich beeindruckend, und ich hatte mich zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn gefragt, welche neuen Wege ich wohl gehen werde. Bei der FAZ bieten sich viele Chancen. Beim Streik der GdL beispielsweise habe ich live über den Schlichtungsprozess getwittert. Auf einem Liveblog wurde von der BloccupyBewegung berichtet. Die Koordination der mobilen Redaktion lag wesentlich in meiner Verantwortung. Darüber hinaus hatte ich Gelegenheit, vor Ort in Griechenland von der Wahl Bericht zu erstatten. Aktuell wirke ich daran mit, ein neues digitales Format zu entwickeln.

A N T W O RT F R A G E 3 : Fachjournalismus für Politik und Wirtschaft an der Kölner Journalistenschule und parallel dazu Volkswirtschaftslehre an der Kölner Universität.

A N T W O RT F R A G E 2 : Während meines Volontariats beim „Journal Frankfurt“ habe ich einen intensiven Einblick in das lokale Tagesgeschehen erhalten. In dieser Zeit entstanden zahlreiche Kontakte zur Stadtpolitik. Das Volontariat hat mich vielschichtig ausgebildet. Im Anschluss habe ich für das Stadtbüro Frankfurt von „Die Welt kompakt“ gearbeitet.

Seit April 2012 bin ich feste Redakteurin der „Frankfurter Neuen Presse“. Auch hier bin ich für die lokale Berichterstattung verantwortlich, insbesondere für den Frankfurter Süden, den Frankfurter Flughafen, einer meiner Hauptschwerpunkte. Weitere Themen sind Politik und Medizin. Es ist ein Job, bei dem ich eigene Schwerpunkte setzen kann. Besonders interessant sind immer wieder die Geschichten der Menschen dieser Stadt, die ich in persönlichen Porträts vorstelle.

A N T W O RT F R A G E 3 : Fachjournalistik Geschichte, Justus-LiebigUniversität Gießen.

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D E N I S E P E I K E RT,

DUNJA SADAQI,

JENNIFER WIEBKING,

29 JAHRE

28 JAHRE

29 JAHRE

Freie Redakteurin bei der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“

Freie Journalistin des Hessischen Rundfunks, Radioreporterin, Fernsehwissenschaft und Kultur

Redakteurin des „FAZ-Magazins“ und der „Frankfurter Allgemeinen Sonntags­ zeitung“

A N T W O RT F R A G E 1 : Generell starke Journalistinnen wie Anne Will, Dunja Hayali, Anja Reschke.

A N T W O RT F R A G E 1 : Suzy Menkes, ehemals „International Herald Tribune“, jetzt „International Vogue“, und Vanessa Friedman, „New York Times“.

A N T W O RT F R A G E 1 : Holger Gertz, „Süddeutsche Zeitung“, und Carolin Emcke, Autorin, u. a. „Die Zeit“.

A N T W O RT F R A G E 2 : Die beiden Journalisten sind sehr gute Reporter, das imponiert mir. Sie haben einen charakteristischen Stil und ein gutes Gespür für Menschen. Ihre Texte erzählen im Kleinen von den großen Entwicklungen in unserer Gesellschaft. Lange bevor die Flüchtlingsdebatte im Sommer 2015 hochkochte, hat sich Carolin Emcke für eine Reportage aus einer Flüchtlingsunterkunft genau mit den Menschen beschäftigt, die zu uns kommen. Sie hat in dem Text viele Fragen gestellt, vor allem an sich selbst. Das machen auch die Reportagen von Holger Gertz aus: Der Autor weiß und reflektiert, dass eigenes Denken und Fühlen im Journalismus immer eine Rolle spielen. Das bedeutet für mich gutes und ehrliches Schreiben. Ich versuche, mir davon für meine Arbeit als Reporterin für Justiz- und Panoramathemen in der FAZ etwas abzugucken.

A N T W O RT F R A G E 3 : Im Bachelor Medienmanagement, im Master Journalismus in Kombination mit einer Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule in München.

A N T W O RT F R A G E 2 : Es sind vor allem die sichtbaren Beispiele wie Moderatorinnen, die mich bislang beeindruckt haben: Anne Will, die in ihrer Talkshow stets mit einem freundlichen Lächeln auch schwierige Themen und Interviewpartner zu meistern weiß. Dunja Hayali, die aktuell auf allen Social-MediaKanälen zu Pegida und zur Flüchtlingsdebatte konstruktiv Stellung bezieht. Ebenso Anja Reschke, die sich als Medienvertreterin verantwortungsvoll verhält. Diese TVJournalistinnen ragen hervor und regen an.

Als Journalistin nehme ich wahr, dass die Themenvergabe durchaus geschlechtsspezifisch erfolgt. „Harte“, kritische Themen werden vorzugsweise von jungen männlichen Kollegen bearbeitet. Frauen werden oft einfachere Themen zugesprochen, sie müssen sich erst beweisen.

Ich beobachte und erfahre, was es heißt, weiblicher Journalist zu sein. Während meines Volontariats hatte ich sehr hilfsbereite Kolleginnen, die mich bei meiner journalistischen Entwicklung unterstützt, ihr Wissen weitergegeben und auch nach Dienstschluss mit mir Beiträge überarbeitet haben. Mittlerweile arbeite ich als freie Journalistin für Funk und Fernsehen, mache aktuelle Berichterstattung für die Radiowellen des Hessischen Rundfunks und erstelle wissenschaftliche sowie kulturelle Beiträge für den HR und Arte.

A N T W O RT F R A G E 3 : Online-Journalismus, Hochschule Darmstadt.

A N T W O RT F R A G E 2 : Es sind vor allem Modejournalistinnen aus dem angloamerikanischen Raum, die mein eigenes Schreiben beeinflusst haben.

Suzy Menkes zählt zu den einflussreichsten Modekritikerinnen. Sie war viele Jahre für den „International Herald Tribune“ tätig, heute arbeitet sie für „International Vogue“. Mode beschreibt sie detailliert und anschaulich. Für sie ist Mode Ausdrucksmittel der Gesellschaft. Ebenso ordnet Vanessa Friedman Mode ein. Friedman ist Modekritikerin der „New York Times“ und für die Modebranche genauso einflussreich wie Menkes, wenn nicht sogar noch wichtiger. Sie betrachtet Mode nicht nur als Luxusgut: Nach Friedman spiegeln sich darin vielmehr gesellschaftliche Phänomene wider, ist Mode Ausdruck kultureller, sozialer oder politischer Identität.

A N T W O RT F R A G E 3 : Modejournalismus an der University for the Creative Arts, London.

Stephanie Aurelia Runge Freie Redakteurin für Public Relations info@textbausatz.de

68 S c h w e r p u n k t M e d i e n s t a d t F r a n k f u r t

A f g h a n i s ta n : Ein Land voller Inseln E i n A R D - R e p o r t er

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Afghanistan vergessen? Das geht nicht. Auch nicht im Intercity, der durch das verregnete Deutschland rollt. Ein Flüchtling, vermutlich ein Afghane, sitzt auf meinem Platz. Er schaut ängstlich, wirkt verloren. Reagiert nicht auf das, was ich sage. Eigentlich will ich nur meinen Sitzplatz. Dabei bin ich auch neugierig: Was ist passiert? Kundus? Kabul? Dschalalabad? Wie geht es der Familie? Ich ärgere mich, dass ich nicht Dari spreche. Wir können nicht wirklich kommunizieren. Ein Bild, das viel sagt. Über den Westen und Afghanistan. Was wird aus diesem wunderschönen Land? Das ich liebe. Oder das mich verzweifeln lässt.

Zum ersten Mal habe ich 2015 eine Afghanistanreise abgesagt.

Es tut mir weh, und ich empfinde es als Niederlage. Doch kurz vor der Reise war eine deutsche Entwicklungshelferin in Kabul entführt worden. Wir saßen mit den Korrespondentenkollegen zusammen und beschlossen, nicht zu fahren. Das Thema, das wir umsetzen wollten, schien uns zu gefährlich. Nun berichte ich aus unserem Studio in Delhi über ein Land, das ich gut kenne. Das mich nie kaltlässt. Gerade haben die Taliban Kundus erobert. Ich spreche mit Freunden. Auch mit Aliullah, einem ehemaligen Bundeswehr-Übersetzer, der nach Hamburg geflohen ist. Er sorgte sich um seinen Onkel, der in Kundus lebt und den er tagelang nicht erreichen konnte. Jetzt weiß er, er hat überlebt. Aliullah habe ich 2013 in Kundus kennengelernt. Die Taliban bedrohten ihn. Wir begleiten ihn in unserem Projekt „Afghanisches Tagebuch“ (www. tagesschau.de/afghanistan). Und ja, er ist auch ein Freund geworden. Einer, der sich auch mal am späten Abend meldet. Und fragt: Soll mein Onkel die gefährliche Flucht über die Türkei wagen?

Er wartet seit Wochen auf ein deutsches Visum. Was nur soll ich raten?

Fast jeder hat eine Meinung über Afghanistan. Die einen sagen: „Nichts ist gut.“ Die anderen versprechen baldige Demokratie.

Beides stimmt nicht. Aber wieso glaubt jeder, das Land zu ver-

Krisengebiet

stehen? Eine Frage, die ich auch Politikern stelle. Sie schicken deutsche Soldaten in das Land, überweisen Milliarden für die Entwicklungshilfe. Aber wenn sie Afghanistan bereisen, fliegen sie ins vergleichbar sichere Feldlager der Bundeswehr in Masar-e Scharif.

Ein riesiges Camp, ein Flughafen, Container. Es könnte auf den ersten Blick auch ein deutsches Gewerbegebiet sein. Auch wir sind oft in dieses Lager geflogen.

Und immer wieder haben Journalisten sich Afghanistan über die Bundeswehr genähert. Das ist ein Weg, und es ist wichtig, über den Einsatz der deutschen Soldaten zu berichten. Aber wer sich darauf beschränkt, greift zu kurz und wird das Land nicht verstehen. Immer wieder haben wir das Lager verlassen, um mit den Afghanen zu sprechen. Mittlerweile reisen wir meist unabhängig. Was ich oft als sicherer empfinde. Denn in einem unauffälligen Toyota Corolla (gefühlt 99 Prozent der Autos in Afghanistan) fühle ich mich viel besser als in einem gepanzerten Fahrzeug.

Der Tod, der Terror sind immer nah Afghanistan ist nicht schwarz oder weiß. Weder gut noch böse.

Afghanistan ist kompliziert. Stämme prägen das Land. Warlords sind hochgerüstet und wurden vom Westen nicht entmachtet. Die Politiker sind korrupt und treten die Demokratie mit Füßen. Bei der Präsidentschaftswahl 2014 wurde massiv betrogen. Millionen Afghanen, die zwei Mal ihre Leben riskierten, um zu wählen, sind bitter enttäuscht. Das Land hat wieder mal eine Chance verspielt,

Fotos: ARD

und der Westen färbt schön und spricht vom ersten demokratischen Machtwechsel in der Geschichte des Landes.

Das macht traurig, dabei gibt es auch so viel, was Hoffnung macht. Die junge Afghanin Sahar zum Beispiel. Sie will nicht mehr schweigen, sie ergreift ihre Rechte als Frau. Das heißt rausgehen, arbeiten, studieren. Aufschreien, wenn sie sexuell belästigt wird. Oder auch nur einfach Fahrrad fahren. Sie sagt, es sei schwer, das Land zu verändern.

Unmöglich ist es nicht. Sahar ist heute um die 20. Die erste Generation, die nach dem Sturz der Taliban herangewachsen ist.

Die von einem offenen, demokratischen Afghanistan träumt.

Es gibt die positiven Geschichten. Auch in Bamyan auf der Skipiste. Ein paar Handvoll Afghanen rasen die Berge hinunter. Die Landschaft ist wunderGabor Halasz und Kollegen im Einsatz. schön und tief verschneit. Sie wollen hier einfach nur Frieden.

Wie die meisten Afghanen haben sie den Krieg satt. In Bamyan lässt sich ahnen, wie Afghanistan sein könnte. Aber die Region ist nur sicher mit Flugzeugen zu erreichen. Auf dem Landweg warten die Taliban.

Auch Taqi ist ein Freund. Der Schriftsteller ist um die 30.

Er lebt in Kabul, und auch ihn begleiten wir in unserem „Afghanischen Tagebuch“. Taqi besuchte im Dezember 2014 eine Theatervorstellung, gespielt wurde im Französischen Kulturzentrum – einem hochgesicherten Ort. Das Stück drehte sich um den täglichen Terror in Afghanistan. „Die Stille nach der Explosion“

– ein Titel, der auf einmal wahr wurde. Denn während der Vorstellung sprengte sich ein Attentäter in die Luft. Taqi wurde verletzt und sagt selbst, er sei ein Stück weit gestorben. Was er meint, ist, dass er wieder ein wenig mehr den Glauben an sein Land verloren hat. Dass der Tod immer nah ist. Dass jeder Afghane jeden Tag zur falschen Zeit am falschen Ort sein kann. Auch wir als Journalisten. Wir flogen nur wenige Tage nach der Explosion im Theater nach Kabul. Was wäre gewesen, wenn wir am Tag der Aufführung schon da gewesen wären? Wahrscheinlich wären wir mit Taqi ins Theater gegangen. Der Tod, der Terror sind immer nah. Journalisten werden immer öfter das Ziel. Ein lokaler Mitarbeiter von uns wurde 2013 in Herat niedergeschossen, nur Stunden nachdem wir die Stadt verlassen hatten. Wir hatten über Tage mit ihm zusammengearbeitet.

Vor jeder Reise prüfen wir die Sicherheitslage. Wir reden mit unseren Kontakten im Land und außerhalb des Landes. Vor Ort versuchen wir, uns so zu bewegen, dass keiner uns durchschauen kann. Das heißt, wir verlassen nicht jeden Tag zur selben Zeit unser Hotel. Wenn wir drehen, bleiben wir selten länger als 15 Minuten. Wenn einer im Team ein schlechtes Gefühl hat, brechen alle ab. Im Auto liegen Splitterschutzweste und Helm, die ich zum Glück noch nie gebraucht habe. Am Ende ist es immer ein Kompromiss. Es gibt keine sicheren Orte in Afghanistan, auch kein sicheres Hotel. Schon längst aber besteht das Land für uns nur noch aus Inseln. Wir können uns kaum raus aus Kabul bewegen. Nicht in den Süden, nicht in den Osten. In Kundus war ich zuletzt vor einem guten Jahr. Geschichten, die wir erzählen müssten, können wir nicht realisieren. Es fällt schwerer, Afghanistan gerecht zu werden.

Gabor Halasz ARD-Fernsehen-Korrespondent gabor.halasz@hr.de

70 S c h w e r p u n k t M e d i e n s t a d t F r a n k f u r t

U n e r l ä ss l i c h e Annäherungen an die Wahrheit Y o u t u b e - V e r i f i k at i o n Tag für Tag werden fast 8.000 Stunden Video auf die Plattform Youtube hochgeladen. Immer häufiger finden Amateurfilme so ihren Weg ins Programm. Terrornetzwerke wie der Islamische Staat setzen darauf, dass ihre Videosequenzen von Fernsehsendern aufgegriffen werden. Wie können Redaktionen des ZDF sicherstellen, dass sie keiner Propaganda aufsitzen und kein Material senden, das alt, in den falschen Zusammenhang gestellt oder schlicht gefälscht ist?

Amateurmaterial nutzen ist gefährlich, aber immer öfter unumgänglich. Gefährlich, weil es meist aus Ländern oder Situationen stammt, zu denen Journalisten keinen Zugang haben. Und unumgänglich, weil die Präsenz solcher Videos im Internet Fernsehsender zwingt, auch auf solches Material zurückzugreifen, wenn es kein anderes gibt. Denn: Wer zu lange zögert, hat den Wettlauf um das Interesse von Nachrichtennutzern ganz schnell verloren.

Die Gewalt in Irak und Syrien mit Hunderttausenden Opfern ist das aktuellste und zugleich schwierigste Beispiel. Nur sehr wenige Journalisten hatten seit Beginn des Krieges in Syrien Zugang zum Land geschweige denn zu Kampfgebieten. Und einige haben dabei ihr Leben verloren.

Die Amateure, meist junge Männer mit Handy- oder kleiner Digitalkamera, sahen in ihren Aufnahmen den unbewaffneten Kampf gegen das Regime von Präsident Assad. Sie dokumentierten ernsthaft und nannten zu Beginn jedes Videos Ort und Datum.

Mit steigenden Totenzahlen und dem Ausbleiben einer Reaktion der Weltgemeinschaft aber wuchs die Verzweiflung: Da wurde die grausame Realität manchmal übertrieben, mal ein älteres Video „recycelt“. Nicht wenige der bewährten Quellen ließen ihr Leben, etliche verließen das Land.

Also sitzen ZDF-Redakteure oft vor Material, dessen Urheber sie nicht kennen und das sie nicht unabhängig (vor Ort) überprüfen können. Das gilt für Kriegsvideos, aber auch für solche von Flugzeugabstürzen, Naturkatastrophen, Polizeivergehen, Terroranschlägen. Und natürlich auch für allerlei Spaßvideos von unglaublichen Dingen, die durch ihre ebenso unglaubliche Reichweite im Internet irgendwann Gesprächs- und damit Nachrichtenwert erreichen.

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ZDF

Zwar kommt mittlerweile eine immer größere Zahl von Amateurvideos bereits gecheckt über die Agenturen Reuters und AP bzw. den Austausch der European Broadcasting Union (EBU).

Allein darauf wollten sich die ZDF-Nachrichten aber nicht verlassen. Die Hauptredaktion Aktuelles des ZDF entschied, eigene Kompetenz für den Umgang mit Videos von Youtube und anderen Plattformen wie Vimeo, Vine, Facebook oder Sendvid aufzubauen. In Schulungen wurden bislang 380 Mitarbeiter in die Lage versetzt, Videosequenzen inhaltlich und technisch zu überprüfen, bevor sie sie verwenden – oder eben entscheiden, dies aus journalistischen Gründen nicht zu tun. Die Schulungsunterlagen werden laufend aktualisiert, und in naher Zukunft sollen mit Webinaren auch Studios fernab der Zentrale erreicht werden.

Die Motivation einer Quelle hinterfragen Redakteure haben so gelernt, wie sich herausfinden lässt, wann und von wem ein Video zum ersten Mal gepostet wurde, um festzustellen, ob die Bilder aktuell sind und aus dem genannten Kontext stammen – und ob es sich nicht etwa um alte Aufnahmen aus einem anderen Konflikt oder von einem früheren Hochwasser handelt. Die sogenannte „Umgekehrte Bildsuche“ mit einem Standbild aus dem Video gibt Aufschluss. Oder die Redakteure überprüfen unbekannte und unerreichbare Quellen mit Hilfe vor allem der sozialen Netzwerke. Sie lernen Videos zu geolokalisieren und dann mit Hilfe weiterer Quellen im Umkreis gegenzuchecken.

Videos verifizieren heißt auf Feinheiten achten. Feinheiten, die auf mögliche Manipulationen hinweisen können: Schnitte, unterlegte Musik, unlogisches Kameraverhalten. ZDF-Redakteure lernen, mit verschiedenen Tools und Tricks Photo- bzw. Videoshopping aufzudecken: Pausehause.com, Imageedited.com oder fotoforensics.com sind da hilfreiche Anwendungen. Das Verifizieren ist eine Mischung aus technischem Know-how und journalistischem Verstand.

Immer dabei ist die Frage nach der Motivation einer Quelle.

Denn in einem Konflikt ist niemand neutral, jeder hat eine Agenda. Im Krieg ist es meist Propaganda. Freizeit-Youtube-Nutzer

Beim Landeanflug wurde bei Birmingham eine Boeing 737 offenbar drei Mal in kurzen Abständen vom Blitz getroffen. Nachdem es erst nur Fotos gab, hatten n-tv und Spiegel.de bald bewegtes Material, Quelle: Youtube.

Ein „heute“-Redakteur sah sich nach dieser Schulung das Video kritisch an

Dieses Video soll zeigen, wie eine Hamas-Rakete ein prominentes Hoch­haus in Tel Aviv trifft, während der

und entlarvte es in 4 Minuten als Fälschung: Er las in den Kommentaren, dass es sich hier um einen Airbus 380 handeln müsse. Das Video, das er unter „A380 lightning“ fand, ist offenbar das Original von 2011 aus Heathrow.

Das Video, das Spiegel und n-tv und RTLaktuell weiter verwendeten, ist die gespiegelte Fälschung!

Gaza-Offensive im November 2012.

Wie die umgekehrte Bildsuche ergibt, existierte das Video aber schon 2008.

wollen in der Regel vor allem viele Klicks für ihre Videos. Ein irgendwo anders heruntergeladenes, „recyceltes“ Video von einem Flugzeugwrack oder einer Tsunamiwelle mit aktueller Überschrift bringt diese Klicks. Ganz davon abgesehen, dass es vielen auch (Schaden-)Freude macht, Journalisten reinzulegen.

Das Verifizieren scheint vielen Redakteuren erst mal sehr komplex und zeitintensiv, oftmals reicht aber auch schon eine einfache Google-Suche, um ein Video zu disqualifizieren. Ergebnis: Es haben sich bereits andere mit dem fraglichen und fragwürdigen Video beschäftigt. Gute Fundstellen für solche Informationen sind Plattformern wie mimika.at oder emergent.info, die sich dem Entlarven von „Fakes“ verschrieben haben. Kollegen, die mehr mit der Thematik zu tun haben, haben sich im Open Newsroom von Storyful (einer Agentur, die unter anderen für die EBU, BBC und die NYT Videos überprüft) eingeklinkt und beteiligen sich am gemeinsamen Prüfen, Übersetzen und Fragen-Stellen.

Hier wurde ein Helikopterabschuss in Syrien auch im Ukrainekonflikt benutzt.

Nicht wenige Sender sind darauf reingefallen – nicht zuletzt weil die Nachricht (Heli-Absturz) stimmte. Nur

eben das Bild nicht. Aus dem längeren Original wurde in der Mitte ein „störender“ äußerst bärtiger Dschihadist herausgeschnitten und die Tonspur von wenig zweideutigen Allahu-AkbarRufen bereinigt.

Dieses Video aus 2011 zeigt angeblich, wie ein syrischer Medienaktivist durch Assad-Schergen begraben wird, bei lebendigem Leibe.

Tatsächlich ist das Video höchst fragwürdig. Auffällig ist bei sehr schlechtem Bild der zu gute Ton, da man den Mann so deutlich vernimmt, als hätte

er ein Mikrofon. Außerdem der Schnitt: Das Video hört genau in dem Moment auf, in dem die letzte Schippe Sand fliegt. Man sollte sich immer fragen: Wer hat gegebenenfalls ein Interesse?

Wollen Assads Medienspezialisten hier vielleicht zeigen, was mit oppositionellen Medienaktivisten passiert?

Dennoch: Eine Hundert-Prozent-Gewissheit bringen auch all diese Bemühungen nicht. Sie bleiben immer nur eine Annäherung an die Wahrheit mittels Indizien. Und so bleibt bei jedem Video ein Restrisiko. Wie groß das sein darf, ist eine immer neu zu treffende redaktionelle Entscheidung. Und dann bleibt noch die Frage, wie man die Bilder, die man verwendet, aufbereitet und einordnet. Den Zuschauer über die Herkunft der Bilder aufzuklären, ist Pflicht, und das kann durchaus kreativer und aussagekräftiger sein als ein stereotypes „Diese Bilder konnten wir nicht unabhängig überprüfen“. Amateuraufnahmen wie die aus Syrien haben einen unbestreitbaren dokumentarischen Wert. Sie kategorisch nicht zu nutzen, wäre falsch.

V o n A n n e W a l k e mb a c h & A x e l Z i mm e r m a n n , ZDF, Hauptredaktion Aktuelles Walkembach.A@zdf.de, Zimmermann, A.@zdf.de

Fotos: ZDF/Rossival

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72 S c h w e r p u n k t M e d i e n s t a d t F r a n k f u r t

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nicht auszuschließen. „Ich habe sie auch mal mit in die Redaktion genommen, sie kennen meine Mitarbeiter. Das hier – mein Umfeld – zu kennen, war wichtig. Ich habe die Kinder nie versteckt.“

Kinder und Karriere unter einem Hut Dem zugute komme natürlich, so Marx, dass der Journalismus prinzipiell eine familienfreundliche Branche sei. Man könne zeitautark arbeiten, habe die Möglichkeit, flexible Schichtdienste zu belegen, sich für Teilzeitstellen zu entscheiden. Und: „In einer Führungsposition ist man Herr über seinen Kalender.“ Das alles könne man für die Planung nutzen. „Um alles zu organisieren, mussten mein Mann und ich natürlich immer viel besser funktionieren als andere. Deswegen waren das sehr anstrengende Zeiten. Aber auch sehr intensive“, erklärt Marx, und man erkennt, dass sie sich gern erinnert. In der Rückschau kann sie sagen, alles richtig gemacht zu haben. Die Kinder, weiß sie aus Gesprächen mit ihnen, seien sehr froh darüber, dass sie immer berufstätig war. „Die beiden könnten sich eine Mutter, die die ganze Zeit zu Hause sitzt, gar nicht vorstellen.“ Katja Marx, Hörfunk-Chefredakteurin und Programmchefin hr-iNFO beim Hessischen Rundfunk Beruflich habe man ihr nie einen Stein in den Weg Hut zu bringen, unter dem für gewöhnlich gelegt, wenn sie mal wegen der Familie immer irgendwer oder irgendwas auf der wegmusste. „Für meine Chefs war das ein Strecke bleibt? absolutes Selbstverständnis, dass man als „Als das Angebot kam, die Chefstelle zu Mutter kleiner Kindern auch mal flexibel übernehmen, waren die Kinder noch klein. reagieren muss. Wenn ich also dringend zu Anderthalb und vier Jahre alt. Das war Hause gebraucht wurde, dann ging das.“ schon manchmal ein Drahtseilakt.“ Dank Sie kam ja stets wieder und machte ihre Kinderfrau und später mit Au-pairs hat Fa- Arbeit. Dass die am Ende erledigt war, milie Marx das gut hinbekommen. „Dabei darauf konnte man sich immer verlassen. war immer oberstes Gebot, dass ich stets Für ihre Mitarbeiter heute ist es ebenso erreichbar für meine Kinder bin. Sie haben selbstverständlich, private Anliegen zur mich immer ans Telefon bekommen.“ Sprache zu bringen und Lösungen im Team Wichtig war Katja Marx auch, die Kinder zu finden.

Wir treffen Katja Marx in ihrem Büro im Sender. Eckschreibtisch, dahinter eine Säule mit Erinnerungen, viele Karten und Fotos.

Weiter im Raum: ein ovaler Besprechungstisch, TV-Gerät, Regale. An der Wand: ein Plakat von Mark Rothko, Abstrakter Expressionismus. Ob sie Kunst mag? „Ich mag alles, was ästhetisch ist“, sagt sie.

Katja Marx, Jahrgang 1965, liebt das Reisen, kocht und liest gern. Sie ist Mutter zweier Kinder, eines Sohns und einer Tochter, 20 und 17 Jahre alt. Und sie ist Chefredakteurin Hörfunk und Programmchefin hr iNFO. Sie liebt ihren Beruf. Sie liebt ihre Familie. Für Katja Marx gab es nie die Frage des Entweder-oder. Wie ist ihr das gelungen – zwei Kinder und eine beachtliche Karriere unter den einen berühmten

„Mir geht das Herz auf, wenn mein Team seine Gestaltungsspielräume nutzt! Ich finde nichts langweiliger als ein vorhersehbares, uninspiriertes Programm.“

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Preisgekrönt Nachdem sie ihr Studium der Politikwissenschaft und der Slawistik an der Universität Tübingen absolviert und mit Magister Artium abgeschlossen hatte, besuchte Katja Marx die Deutsche Journalistenschule in München. Sie arbeitete zunächst als Redakteurin, Korrespondentin und Moderatorin. Lange schrieb sie für „Die Zeit“. Für das ARD-Studio Moskau war sie von 1992 bis 1994 als Korrespondentin tätig – „ein Traumjob für einen politischen Journalisten“. 1995 erhielt sie den KurtMagnus-Preis, der für überdurchschnittliche Leistungen im Hörfunkjournalismus verliehen wird. Das war während ihrer Zeit beim SWR. Dort ereilte sie auch der Ruf des Hessischen Rundfunks. Seit 1999 ist sie nun hier in Frankfurt; zuerst als Nachrichtenchefin, seit 2006 als Hörfunk-Chef-

redakteurin und seit 2009 als Programmchefin hr-iNFO. Die Schönheit der Sprache ist auch der Grund, weswegen Marx keine Freundin des Versalien-I in Texten ist. Sie selbst bezeichnet sich im Gespräch immer wieder als „Journalist“ und benützt das generische Maskulinum. „Im Fließtext verwende ich die männliche Form, weil es einfach schöner ist. Wichtig ist doch, wie man im Alltag miteinander umgeht, und nicht, ob ein INNEN am Wort dranhängt.“ Tag für Tag ins Zeug legen Auch die Quotenfrage sieht Marx entspannter als viele ihrer Kolleginnen: „Ich bin kein Anhänger der Frauenquote. Ich finde, jeder sollte die Chance bekommen, den Job machen zu können, den er am besten kann, egal ob Mann oder Frau.

Am liebsten arbeite ich in durchmischten Teams. Da mischen sich die guten Eigenschaften, die Männer und Frauen mitbringen, am besten, der Spirit stimmt, und die Stimmung ist konstruktiver und kreativer.

Reine Männer- oder Frauenrunden finde ich häufig schwierig und wenig inspiriert.“ Und was freut sie besonders im alltäglichen Schaffen im Sender? „Mir geht das Herz auf, wenn mein Team seine Gestaltungsspielräume nutzt! Ich finde nichts langweiliger als ein vorhersehbares, uninspiriertes Programm. Und da ich bei hriNFO jeden Tag das Gegenteil erlebe, bin ich noch immer jeden Tag stolz auf dieses Programm und meine Mitarbeiter. Die legen sich Tag für Tag ins Zeug und machen richtig guten Qualitätsjournalismus. Dabei schaffen sie es immer wieder, die Hörer zu überraschen. Und mich auch. Das finde ich wunderbar.“

Heike Klauer Freie Journalistin h.klauer@googlemail.com

Liebt die Schönheit der Sprache: Katja Marx

Foto: Hessischer Rundfunk

Während des Gesprächs vermittelt Katja Marx den Eindruck eines Menschen, auf den man sich, egal ob Familienmitglied, Freund oder Kollege, verlassen kann. Jemand, dessen Wort zählt, der verbindlich ist, besonnen und gut strukturiert. So jemand plant doch bestimmt auch seine Laufbahn, oder? Das Gegenteil ist der Fall. Die steile Karriere bis hinauf zur Führungsebene war kein Plan, keine Berechnung. Für Katja Marx gab es keine taktischen Überlegungen. „Alles, was ich aus tiefstem Herzen wollte, war, ein guter Journalist zu sein und eine Familie zu haben.“ Deswegen hatte sie auch am Anfang eine Abwehrhaltung gegen die damals noch neue Führungsaufgabe. „Um eben das nicht zu verlernen, was ich wirklich gut kann: ein Journalist zu sein.“ Genau das nämlich war schon seit jeher ihr Traumberuf. „Ich war immer sehr an Politik und am aktuellen Geschehen interessiert. Und ich habe den Umgang mit Sprache geliebt: geschrieben und gesprochen. Es fasziniert mich sehr, wenn ein Mensch dicht, verständlich und interessant formulieren kann.“

74 S c h w e r p u n k t M e d i e n s t a d t F r a n k f u r t

Recherche, die Schule macht Ob NSU-Mordserie, D o p i n g i m F u ssb a l l o d e r Deutschlands marode S t r a ss e n : Der Radiosender a u c h e i n e

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Redakteur Oliver Günther Ein beliebiger Wochentag, morgens, 9:30 Uhr: Die Redakteure der „hr-iNFO StoryRedaktion“ kommen zusammen, um den Tag zu besprechen. Ein Informant hat sich gemeldet mit Neuigkeiten zu dubiosen Geschäftsbeziehungen eines Unternehmens. Das Interview mit einem Aussteiger aus der Neonaziszene muss noch vorbereitet werden. Ein Redakteur präsentiert die Planung für einen hr-iNFO-Thementag zum Stichwort „Marode Straßen“: Was können wir unserem Programm und anderen hr-Medien anbieten? Welche News haben wir, die als Meldung rausgegeben werden kann?

Eigene Geschichten für hr-iNFO, unabhängig von der aktuellen Lage und dem Mainstream – mit diesem Ansatz ist die „hr-iNFO Story-Redaktion“ im Sommer 2009 an den Start gegangen. Dazu kam aber von Anfang an noch ein zweiter Gedanke: In hr-iNFO soll neben der aktuellen Berichterstattung auch die langfristige Recherche ihren Platz haben. Die Themen durchdringen, Zusammenhänge – gerade wenn sie komplex sind – verstehen und den Hörern verständlich machen, aber auch Interessen offenlegen und Missstände benennen, für Katja Marx, Chefredakteurin des hr-Hörfunks und Leiterin von hr-iNFO, sind das die zentralen Aufgaben der „StoryRedaktion“: „Sie gehört für mich zum journalistischen Kern von hr-iNFO. Gründlich

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zu recherchieren, hinter die Fassade zu schauen, unbequeme Fragen zu stellen und sich nicht mit der schnellen Antwort zufrieden zu geben. Das können die Hörer von hr-iNFO erwarten, und in der ‚StoryRedaktion‘ schaffen wir die Möglichkeiten und den Raum. Das ist mir wichtig!“

Henning Steiner (links) und Oliver Günther – die Redakteure der „hr-iNFO Story-Redaktion“

Die Voraussetzungen dafür sind gerade bei einem öffentlich-rechtlichen Sender wie dem Hessischen Rundfunk gut. Das dichte Korrespondentennetz in der Region und in den politischen Zentren von Wiesbaden bis Washington bietet nicht nur viele Kontakte und jede Menge Kompetenz. Gerade die Reporter vor Ort wissen häufig am besten, wo eine Recherche lohnt und welche Kontakte man nutzen muss, um hinter die Kulissen zu schauen. Aus diesem Grund versteht sich die „Story-Redaktion“, die im

Kern derzeit aus zwei Redakteuren besteht, ganz bewusst nicht als isolierte „Rechercheredaktion“ in hr-iNFO, sondern eher als Knotenpunkt für Recherche-„Netzwerke“.

Die Idee: für jede Recherche das passende Team zusammenzustellen, das dann für die Dauer des Projekts zusammenarbeitet.

Geht es um das heikle Thema Doping im Fußball, gehört zum Beispiel ein Mitglied der hr-Sportredaktion genauso zum Team wie der Doping-Experte des ARD-Hörfunks. Als die Redaktion vor zwei Jahren „Die Spur des Geldes“ recherchierte und dabei den Weg der Euro-Rettungsmilliarden verfolgt hat, war eine hr-Wirtschaftsredakteurin mit dabei.

Tiefgründige Recherche Zum „Netzwerk“ gehören aber nicht nur die eigentlichen Rechercheure. Geschichten recherchieren ist das eine, Rechercheergebnisse gut erzählen – auch und gerade im Radio – das andere. Deshalb gehört zu jeder Recherche der „Story-Redaktion“ auch das passende Storytelling, vom Texten bis hin zur akustischen Umsetzung mit Tönen, Geräuschen. Entsprechend früh müssen Produzenten, Sounddesigner und Techniker eingebunden werden, um zum jeweiligen Inhalt die beste Form zu finden.

Und schließlich müssen die fertigen Produkte auch noch ins aktuelle Programm eingebunden werden. Das ist gar nicht so

Fotos: Hessischer Rundfunk

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Auf der IAA 2015 Thema einer Podiumsdiskussion: die Recherchen der „hr-iNFO Story-Redaktion“ zu Missständen bei Planung und Bau von Verkehrswegen

einfach, wenn zum Beispiel plötzlich eine neunminütige Reportage Platz haben soll zwischen den üblichen Formaten eines Inforadios von zwei bis vier Minuten. Auf der anderen Seite: Gerade der Formatbruch schafft wieder Aufmerksamkeit.

Und Aufmerksamkeit ist eine wichtige Währung. Nicht nur bei den Hörerinnen und Hörern. Daher gehört die Vermarktung der eigenen Geschichten längst zu jeder Rechercheredaktion, die relevant sein will. Welche überregionale News können wir tagesschau.de anbieten? Welcher Aspekt ist eine Pressemitteilung wert, die die Agenturen aufgreifen? Was könnte das hrfernsehen interessieren? Und ist das Thema auch was für hr3, hr1 oder hessenschau.de?

Hinzu kommt der rasante Aufstieg von „Social Media“ in den vergangenen Jahren.

Facebook, Twitter und Co. spielen bei der Verbreitung von Recherchen und Rechercheergebnissen längst eine besondere Rolle.

Auch da arbeitet die Redaktion intensiv mit den Online- und Social-Media-Redak-

teuren von hr-iNFO zusammen. All das macht deutlich, dass die Recherchen der „Story-Redaktion“ vor allem eines sind: Teamwork, damit am Ende das bestmögliche Produkt für die Hörerinnen und Hörer entsteht.

Große Bandbreite bei den Themen Im Mittelpunkt steht aber nach wie vor die „Story“, die journalistische Recherche, die spannende Geschichte, die auch für die Macher ganz unterschiedliche Facetten bereithält. Mal ist es die wochenlange trockene Recherche in Handelsregistern, an deren Ende aber eine brisante Wirtschaftsstory steht. Mal ist es das Interview mit einem international tätigen Fußballmanager im Restaurant eines Londoner Nobelhotels über fragwürdige Praktiken im internationalen Transfergeschäft mit Spielern – neugierig beäugt von den Fußballern der brasilianischen Nationalmannschaft, die ebenfalls hier abgestiegen sind. In den vergangenen sechs Jahren hat die „hr-iNFO

Story-Redaktion“ rund dreißig Rechercheprojekte realisiert. Die Bandbreite reicht von Tabuthemen wie Pädophilie in Sportvereinen über investigative Recherchen rund um die Terrorserie des rechtsextremistischen NSU bis hin zu „interdiszi­plinären“ Recherchen, die die Redaktion mit wissenschaftlichen Partnern umgesetzt hat.

Gemeinsam mit Wirtschaftsinformatikern der TU Darmstadt untersuchte hr-iNFO zum Beispiel den Wert persönlicher Daten in der Internetökonomie unter dem Titel „Der Preis des Kostenlosen“.

Die Ergebnisse stießen nicht nur auf ein großes mediales Echo. Am Ende wurden aus der Kombination von journalistischer Recherche und wissenschaftlicher Untersuchung sogar Materialien für den Schulunterricht in Hessen entwickelt. Journalistische Recherche, die Schule macht.

Oliver Günther Redakteur der „hr-iNFO Story-Redaktion“ oliver.guenther@hr.de

76 S c h w e r p u n k t M e d i e n s t a d t F r a n k f u r t

Der Radio-Macher Er i n

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Wer Hans-Dieter Hillmoth verärgern will, braucht ihn nur auf seine Pensionierung in zwei Jahren anzusprechen. An die Zeit im Ruhestand mag der 63-Jährige keinen Gedanken verschwenden. Zu viele Zukunftsthemen des Radios entscheiden sich in den nächsten Monaten und Jahren, und da will „HDH“, wie er im Sender heißt, mittun. Der Webradio-Aggregator „Radioplayer“ ist sein derzeitiges Herzensprojekt. Wenn es nach Hillmoth geht, werden in den nächsten Wochen und Monaten nicht nur alle deutschen Privatradios mit um die 300 Streams aufgeschaltet, sondern auch die 62 ARD-Programme, die immerhin die Hälfte des Marktes hierzulande ausmachen. Gespräche mit den Öffentlich-Rechtlichen dazu führt er seit längerem. Doch Hans-Dieter Hillmoth wäre nicht Hans-Dieter Hillmoth, wenn er im Kopf nicht schon ein ganzes Stück weiter wäre: Als Geschäftsführer der Radioplayer Deutschland GmbH rennt er nicht nur Autobauern die Tür ein, sondern auch Elektronikkonzernen wie Apple mit dem „Apple CarPlay“-System, Telekommunikationsunternehmen, die Handys verkaufen, und Produzenten von Smartwatches. Alles mit dem Ziel, der „Radioplayer“-App einen festen Platz in den Fahrzeugen und auf den Endgeräten zu sichern und somit ein Stück weit die Zukunft des Radios. Denn die liegt Hillmoth intensiv am Herzen.

Deshalb ist nach dem deutschen auch ein europäischer „Radio­ player“ angedacht.

Der Arbeitstag von Hans-Dieter Hillmoth in seinem eigenen Sender in Bad Vilbel beginnt um acht. Dann gibt es kaum etwas, das der FFH-Chef nicht macht: von Promotionaktionen bis zur Technik, von redaktionellen Belangen bis hin zur Außenvertretung, alles fällt in seinen Aufgabenbereich. „In einem mittelgroßen Laden hat man zwangsläufig überall seine Finger drin“, kommentiert er lakonisch, „und man weiß morgens nicht, was abends ist.“ Das Unvorhersehbare habe ihm von Anfang an Spaß gemacht und nie den Reiz verloren. Angebote, in Medienkonzerne zu wechseln, habe es gegeben, sagt Hillmoth, doch die Angst, „30 Prozent seiner Zeit mit Revierkämpfen zu vergeuden“, habe ihn letztlich immer von einem Wechsel abgehalten. 27 Jahre ist der gebürtige Westfale am 1. April dieses Jahres bei FFH, eine Zeitspanne, die er sich selbst nie hätte träumen lassen. Denn eigentlich sollten es nur fünf werden. Als er 1989 mit vier Leuten in Frankfurt-Rödelheim den Sendebetrieb aufnahm, war nicht abzusehen, dass FFH zwei Jahre später bereits die Marktführerschaft in Hessen übernehmen und bis heute dem Hessischen Rundfunk (HR) gegenüber behaupten würde. 2,6 Millionen Hörer schalten den Sender laut Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse täglich ein.

Wer mit Hillmoth über die Gründungszeit spricht, erfährt vom Engagement der damaligen CDU-Regierung Wallmann und von FDP-Mann Wolfgang Gerhardt, die den gesetzlichen Rahmen

für Privatradio in Hessen geschaffen und ausreichend Frequenzen zur Verfügung gestellt hatten, und vom finanziellen Risiko, das die hessischen Verleger eingegangen waren, denen der Sender bis heute mehrheitlich gehört. Über seine eigene Rolle redet Hillmoth dagegen weniger gern. Dabei wäre FFH ohne ihn, ohne sein Gespür für das, was die Hörer wollen („Vertrautheit, aber dass immer auch etwas Neues passiert“), nicht das, was es ist. Anders als der Hessische Rundfunk zum Beispiel hat FFH stets die Relevanz der Region fest im Blick behalten und an seiner Präsenz dort festgehalten. Denn im Unterschied zu so manchem Verleger und zur Konkurrenz aus der Frankfurter Bertramstraße ist Hillmoth nie der Versuchung der Zentralisierung erlegen. Der FFH-Chef glaubt an „Bindung und Nähe“, die nur dadurch entstehen, dass man vor Ort ist, „auch wenn die Regionalisierung im Wort mit einem Zehntel der Ausgaben ein teures Vergnügen ist“. Bei 20.000 ­empfangbaren Webradios, 2.700 allein in Deutschland, sei die Nähe zum Hörer durch nichts zu ersetzen.

Das scheint auch für die Nähe zu Politik, zur Wirtschaft und den Medien zu gelten. Denn wenn Hans-Dieter Hillmoth das FFH-Sendezentrum in Bad Vilbel gegen 18 Uhr verlässt, dann selten Richtung Heimat im Hintertaunus, sondern meist zu einer der vielen Abendveranstaltungen, wo Verbindungen geknüpft und Zukunftsfragen der Branche diskutiert werden. Als Vorstandsmitglied des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) trommelt der als bestvernetzter Medienmanager im Rhein-MainGebiet geltende Hillmoth hier für den privaten Rundfunk im Allgemeinen, als Geschäftsführer und Programmdirektor für FFHInteressen im Besonderen. Heiß umkämpftes Gebiet seit Jahren ist die Rundfunkfinanzierung – bei den öffentlich-rechtlichen Sendern über Werbung und Gebühren, bei den Privaten nur über Werbung. Ein „Geburtsfehler im dualen System“, wie Hillmoth findet, der „endlich bereinigt gehört“.

Burgfriede statt Grabenkämpfen Doch die Zeiten haben sich geändert: Angesichts der Herausforderungen für die Radiobranche sind die Grabenkämpfe zwischen den Wettbewerbern einer Art Burgfrieden gewichen, denn weder die privaten noch die öffentlich-rechtlichen Sender können wichtige Zukunftsprojekte wie den „Radioplayer“ alleine zum Erfolg führen. So erklärt sich auch, dass Hillmoth den Öffentlich-Rechtlichen beim Thema Digital Audio Broadcasting (DAB) entgegenkommen will, obwohl das „weder mehr Geld noch mehr Hörer bringt, sondern Geld kostet“. Als Aufsichtsratsmitglied des Radio Marketing Service (RMS) hat er ein ureigenes Interesse daran, dass der „Radioplayer“ ein Erfolg wird, um dem „letzten Massenmedium neben dem Fernsehen“, wie Hillmoth das Radio nennt, statt

der bisherigen sechs oder sieben Prozent des nationalen Werbekuchens künftig vielleicht sogar acht oder neun zu beschaffen.

Der Start in den Markt der Radio-Aggregatoren ist laut Hillmoth gelungen. Mit 11 Mio. Sessions pro Monat zog er bereits vier Monate nach dem Start eine positive Bilanz. „On Air“ ist Hillmoth genau einmal im Jahr: am 24. Dezember, wenn er von 17 Uhr bis Mitternacht die „Hessische Weihnacht“ moderiert. „Dann tropft und trieft es aus den Lautsprechern“, wie Hillmoth selbst findet, der die FFH-Sendung komplett alleine, auch ohne Unterstützung der Musikredaktion fährt. Seine Mitarbeiter staunten nicht schlecht, als er sie im Gründungsjahr von FFH 1989 erstmals nach Hause schickte und selbst zum Mikro griff. Doch für ihn wäre es nicht zusammengegangen, ein junges Team motivieren zu wollen, „während der Chef zu Hause sitzt, Glühwein schlürft und in der Ente stochert“. Seither sitzt der Senderchef Jahr um Jahr am Heiligen Abend im „Turm“, um die Hessen mit Zithermusik und Jingle Bells durch den Weihnachtsabend zu begleiten. Hillmoths Frau Ursula hat sich daran gewöhnt, dass die Weißwürste mit Lebkuchensauce nach dem Rezept ihrer Schwiegermutter, die aus Schlesien stammt, erst gegen zwei Uhr nachts auf den Tisch kommen. Und die Hörer lieben die Show, wie die vielen Anrufe und Mails zeigen, die trotz Kirchenbesuch, Festessen und Bescherung im Studio ankommen. Öfter als einmal im Jahr will sich Hillmoth trotzdem nicht präsentieren. Er wirke lieber „hinter den Kulissen“, kokettiert der FFH-Außen- und Radio-Zukunftsminister.

Privat ist Hans-Dieter Hillmoth übrigens gern auf Reisen. Geradezu euphorisch spricht er von Begegnungen mit Menschen, die ihn beeindruckt haben, wie der „George Clooney des Vatikans“, Kurienerzbischof Georg Gänswein, den er beim Frühstückstreffen der Frankfurter Volksbank, wo er im Aufsichtsrat sitzt, kennenlernte. Dann ist Hillmoth ganz Journalist, interessiert an Leuten und ihren Ansichten, und es wird klar, warum er das Ingenieurswesen nur einen Tag nach Erhalt des Diploms aufgegeben hat, um ein Volontariat zu machen. Er wollte mit Papier und Stift Geschichten einfangen, schreiben, Menschen erreichen. Und wie Hillmoth so nachdenkt, fällt ihm zum Schluss noch ein, was er nach der Pensionierung mit 65,9 Jahren machen könnte: „Zurück zu den Wurzeln, schreiben, ein Buch vielleicht. Oder eine eigene Promotionagentur gründen, die dann natürlich für FFH arbeitet.“

K at y W a lt h e r Medienjournalistin in Frankfurt katy.walther@gmx.de

Foto: Hit Radio FFH

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78 S c h w e r p u n k t M e d i e n s t a d t F r a n k f u r t

„Ich konnte schon als Kind keine Ungerechtigkeit e rt r a g e n “ Esther Schapira, Leiterin Politik

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Obwohl ich zum Gesprächstermin ein paar Minuten zu früh komme, lässt mich Esther Schapira nicht warten. Die Leiterin der Fernsehabteilung Politik und Gesellschaft hat Chefspielchen nicht nötig. Auch dass sie nicht das übliche graue Business-Outfit trägt, sondern eine rote Hose, zeigt, dass es in ihrer Redaktion eher locker zugeht. Auf jeden Fall ist die rote Hose weder politisches Statement noch Warnsignal an die Gesprächspartnerin.

Wer die journalistische Laufbahn von Esther Schapira kennt, ihre Filme gesehen und ihre Artikel gelesen hat, weiß allerdings, dass sie keiner Konfrontation aus dem Weg geht. Doch dazu benötigt sie keine Symbole.

1961 wurde sie in Frankfurt am Main als Tochter einer Serviererin und eines selbstständigen Geschäftsmanns geboren.

Der Vater war als Jude nur knapp dem Tod im KZ entkommen. Das prägte sie nachhaltig. „Ich konnte schon als Kind keine Ungerechtigkeit ertragen“, sagt sie.

Dass sie einmal Leiterin der Fernsehabteilung Politik und Gesellschaft des Hessischen Rundfunks werden würde und eine vielfach preisgekrönte Journalistin, wurde ihr jedoch nicht an der Wiege gesungen. Der Vater, dessen Lebensweg brutal beschnitten wurde, und die Mutter, deren bäuerliche Herkunft vor allem in der Nachkriegszeit keine höhere Schulbildung für Mädchen vorsah, konnten die Tochter auf ihrem intellektuellen Werdegang nicht unterstützen.

Doch schon früh machte sich ihr Interesse am Schreiben bemerkbar. Als Schülerin der Frankfurter Helmholtzschule – eines naturwissenschaftlich- neusprachlichen Gymnasiums – war ihr Lieblingsfach Deutsch: „Mit großer Begeisterung schrieb ich Aufsätze.“ Was lag da näher, als in der Redaktion der Schülerzeitung „Holtzwurm“ mitzumachen. Schnell war sie auch Klassensprecherin, dann Schülervertreterin.

Die achtziger Jahre waren geprägt durch Demonstrationen gegen Gorleben und die Startbahn West, gegen Atomkraft und für den Frieden. Es war das Jahrzehnt, in dem das Vermummungsverbot in Kraft trat und der NATO-Doppelbeschluss die Menschen auf die Straße trieb. Für die junge Esther, deren „politische Sozialisation“, wie sie sagt, schon in der Schule begann, eine bewegte Zeit. 1983 aber starb ihr Vater, und sie sah sich auch in der Verantwortung als „Lebensversicherung“ für ihre Mutter, um die sie sich bis heute intensiv kümmert.

Parallel zu ihrem Studium der Germanistik, der Anglistik sowie der Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, das sie 1987 mit dem Staatsexamen für das Lehramt Sekundarstufe II abschloss, bewarb sie sich als freie Autorin beim „Pflasterstrand“, dem linken Frankfurter Spontiblatt. Eigentlich wollte sie journalistisch gleich ganz oben einsteigen, im Feuilleton der FAZ. Doch Marcel Reich-Ranicki antwortete auf ihr Bewerbungsschreiben, dass „ihr Wunsch noch verfrüht“ sei und

sein Name außerdem falsch geschrieben, weil mit „y“. Esther entschuldigte sich dafür und bat erneut um Mitarbeit. Aber auch der zweite Brief des großen ReichRanicki war eine freundliche Absage, erweitert um den Tipp, sie solle es zunächst bei „kleineren Zeitungen versuchen“. Dann werde man weitersehen. Sie nahm den Rat an und schickte dem „Pflasterstrand“ eine Rezension des Buchs von Peter Sichrovsky,

Foto: Stephan Morgenstern

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„Wir wissen nicht, was morgen wird, wir wissen wohl, was gestern war“, ein Buch über „Junge Juden in Deutschland und Österreich“. Der Beitrag wurde gedruckt, und sie bot weitere Themen an.

Vom „Pflasterstrand“ zum HR Ihre erste Lektion in Sachen kritischer Journalismus erhielt sie von Redakteur Albert Sellner, als sie ihm nach einem

Besuch bei Margarete Buber-Neumann, die sowohl unter Stalin als auch unter Hitler im Lager gesessen hatte, sagte, sie könne kein Porträt von ihr im linken „Pflasterstrand“ schreiben, „denn die Frau ist ja in der CDU“, das passe doch nicht.

Sellner fragte, ob sie den Grund für die Mitgliedschaft in der konservativen Partei erfragt habe, und forderte sie auf, nach dem Grund zu forschen. „Journalismus heißt

nicht, die richtigen Antworten zu kennen, sondern die richtigen Fragen“, machte er deutlich. Die Erklärung von Margarete Buber-Neumann zeigte, wie richtig dieser Satz war. Esther erfuhr beim nächsten Treffen mit der über Achtzigjährigen, dass nur die Christdemokraten einst bereit gewesen waren, ihre Lebensgeschichte unzensiert zu akzeptieren. Die Kommunisten lehnten sie ab, weil sie in der Frau eine Trotzkistin

80 S c h w e r p u n k t M e d i e n s t a d t F r a n k f u r t

sahen, die Sozialdemokraten wollten, dass der Einseitigkeit in sich zusammen. Sie „Deutschland ist ein Einwanderungsland“, sie ihr Leid in Stalins Gulag verschwieg. selbst nimmt für sich in Anspruch, eine schreibt sie in der FAZ, „und ein erhebli„Ich bin gegen jede Art von Ideologie“, Gegnerin jeder Form von Indoktrination cher Teil der Einwanderer sind Muslime sagt Esther Schapira heute, auch wenn ihr und damit Vertreterin eines Journalismus (…). Sie werden nicht gnädig geduldet, im Laufe der Zeit immer mal wieder unter- zu sein, der sich mit niemandem gemein sie gehören dazu. Mit allen Rechten und stellt wurde, parteiisch zu sein. Vor allem macht, aber Haltung zeigt.

Pflichten.“ Damit steht sie an der Seite all dann, wenn es um Juden oder Israel ging. jener Menschen, die deutlich machen, dass Ihr Film „Drei Kugeln und ein totes Kind Prix Europa für Theo-van-Gogh-Doku unsere Werte und Gesetze nicht verhandel– Wer erschoss Mohammed al-Dura?“ löste Die zeigt sie bei ihrem Engagement gegen bar sind. „Wenn es uns nicht sehr schnell heftige Reaktionen von Zuschauern aus Ausländerfeindlichkeit, aber auch mit ihgelingt, allen, die bei uns leben wollen, und Hasszuschriften bis hin zu Morddrorem kritischen Blick auf die Flüchtlingspo- dies klarzumachen, dann haben wir sehr hungen wegen vermeintlich zionistischer litik der Bundesrepublik und die Frage der bald ein massives Problem.“ Eine Politik Propaganda. In dem Film setzte sie sich Integration der Muslime, die in Deutschdes Wegduckens, der Verdrängung und mit der Frage auseinander, ob die Filmseland leben wollen. Mit diesem Thema hat Beschwichtigung stärke nur die Gegner quenz von 1:15 Minuten, die der Sender sich Esther Schapira schon vor Jahren in unserer Freiheit.

France 2 am 30. September 2000 ausgeeiner Dokumentation von ihr und Kamil strahlt hatte, tatsächlich zeigt, dass der Taylan über die Ermordung des niederBildungsfernsehen im besten Sinne zwölfjährige Mohammed, der gemeinsam ländischen Filmemachers Theo van Gogh Im November 2012 übernimmt sie die mit seinem Vater im Gazastreifen in einen auseinandergesetzt. Dieser hatte gemeinLeitung der Abteilung Politik und GeSchusswechsel zwischen Palästinensern sam mit der Muslimin Ayaan Hirsi Ali den sellschaft, einer Institution im Hessischen und israelischer Armee geraten war, von Film „Submission“ gedreht, in dem sie die Rundfunk, die bis dahin von Männern wie israelischen Soldaten Emil Gregor Walther und erschossen wurde. Diese Georg M. Hafner geleitet Szene, die damals weltweit wurde. Wohin geht ihre ausgestrahlt wurde, sorgte Reise, was will sie anders nicht nur international für machen als ihre Vorgänger, Empörung gegenüber Israwelchen Realitäten muss els Politik, sondern machte sie sich stellen?

Mohammed al-Dura zur Als Erstes verweist sie Ikone der Intifada. Die auf den Quotendruck: „Es Recherchen des HR-Teams gab eine Zeit, da hatten Esther Schapira, Leiterin der Fernsehabteilung Politik und Gesellschaft kamen zu dem Ergebnis, Einschaltquoten kaum des Hessischen Rundfunks dass es nicht nur höchst Einfluss auf das Prounwahrscheinlich ist, dass gramm, heute spielen sie der Junge von Israelis erschossen wurde, Unterdrückung der Frau durch den Islam in unseren Planungen eine wichtige Rolle.“ sondern dass es nicht einmal einen einthematisierten. Nach seiner Ausstrahlung Ein Film wie „Zeinabs Wunden“, in dem deutigen Beweis dafür gibt, dass er überkam es zu schweren Ausschreitungen von sie über den ersten folgenreichen Brandanhaupt erschossen wurde. Die Israel-Gegner Muslimen, und 2004 wurde Theo van schlag gegen Asylbewerber berichtete, bei reagierten wütend und unterstellten der Gogh öffentlich von einem 26 Jahre alten dem ein libanesisches Mädchen schwere Filmemacherin Einseitigkeit. Es ist ein Amsterdamer marokkanischer Herkunft Brandverletzungen erlitt, lief 1993 noch Vorwurf, der sie politisch ebenso umtreibt getötet. Schapiras und Taylans beklemmen- um 20.15 Uhr in der ARD. „Heute wäre wie die Frage, warum die Emotionen de Dokumentation „Der Tag, als Theo van es wohl nur noch eine Meldung“, bedauert gerade bei Israel so hochschlagen. Sie hat Gogh ermordet wurde“ war auch ein Film sie. Aber auch Budgetkürzungen, wähsich mit dieser Frage in dem Buch „Israel über die internationale Vernetzung des rend Produktionskosten ständig stiegen, ist an allem schuld. Warum der Judenstaat islamischen Terrors und wurde 2007 mit belasteten die Arbeit. Dennoch müssten so gehasst wird“ auseinandergesetzt, das sie dem wichtigen europäischen Fernsehpreis, neue Weichen gestellt werden, sagt die mit Georg M. Hafner schrieb. dem Prix Europa, ausgezeichnet.

Abteilungsleiterin und verweist darauf, Esther Schapira nannte den Mord an dass heute eine viel klarere Ausrichtung Journalismus, der Haltung zeigt Theo van Gogh eine Kriegserklärung an des Programms erforderlich ist. „Früher haJa, der Vater von Esther Schapira war den Westen und forderte die Muslime ben wir Filme gemacht, die vor allem der Jude – ein verfolgter obendrein. Doch ist auf, Stellung zu beziehen. „Wer“, so ihre Neigung der Autoren und der Redakteure sie deshalb automatisch befangen? Ihre Frage, „zitiert den Koran richtig: Dschientsprachen – Umweltthemen, RechtsraMutter ist Protestantin, und Esther wurde hadisten oder Friedfertige?“ Das aber dikalismus, Kernenergie. Heute müssen konfirmiert, war also bis zu ihrem Kirchen- werde angesichts von voraussichtlich mehr wir unser Augenmerk viel mehr auf die austritt Mitglied der christlichen Gemeinals einer Million Einwanderern heute die Themen Wirtschaft und Finanzen legen.“ schaft. Spätestens hier fällt der Verdacht Kernfrage, die uns alle beschäftigen müsse.

Börse, Bundesbank und die Europäische

„Deutschland ist ein Einwanderungsland, und ein erheblicher Teil der Einwanderer sind Muslime (…). Sie werden nicht gnädig geduldet, sie gehören dazu.

Mit allen Rechten und Pflichten.“

81

Zentralbank in Frankfurt, der Stadt, die ohnedies als Zentrum der Finanzwirtschaft gilt, bestimmen die neue Ausrichtung der Redaktion. Das aber erfordere Autoren, die sich in diesem Bereich auskennen. Bankenskandale, Griechenlandkrise, Staatsschulden sind Themen, in die man sich einarbeiten muss. „Hartes Brot“, wie sie es nennt. Was sind Zertifikate, was Swap-Papiere? Auch Esther Schapira hat „in kürzester Zeit einen Crashkurs durch den Finanzdschungel“ machen müssen. Doch wenn es gelinge, diese Themen den Zuschauern zu vermitteln, ohne sie zu überfordern, „dann haben wir Bildungsfernsehen im besten Sinne gemacht“, so ihre Gewissheit. Es sieht so aus, als liege sie richtig. Der „SparReport“, ein Beitrag über die „Schwarze Null“, zeigt, dass es gelingen kann. Die Frage, ob Schäubles Sparpolitik funktioniert, ohne dass das Land auseinanderbricht, wurde in einer 45-Minuten-Dokumentation zu später Stunde präsentiert und hielt dennoch über eine Million Zuschauer vor dem Bildschirm. Und die Beichte eines

Ex-Bankers in „Master oft the Universe“, der schonungslos die fehlende Moral seiner Branche offenbart, wurde sogar mehrfach ausgezeichnet.

Eine zweite Ausrichtung sieht Esther Schapira in Themen zur inneren Sicherheit, Migration und Integration. Der dritte Schwerpunkt aber liegt ihr besonders am Herzen. Es sind die sogenannten „Leuchtturmproduktionen“. Das war das im Februar zur besten Sendezeit ausgestrahlte Dokudrama „Meine Tochter Anne Frank“.

Die Koproduktion von HR, WDR, RBB und der Berliner Produktionsfirma AVE war „ein Triumph eindringlicher Fernsehbescheidenheit“, wie es in der Presse hieß.

Gezeigt wurde der kurze Lebensabschnitt des jüdischen Mädchens aus Frankfurt in seinem Amsterdamer Versteck. Solche „Leuchttürme“ des öffentlich-rechtlichen Fernsehens sollen möglichst alle zwei Jahre dem Publikum geboten werden. Zur Finanzierung ist die gemeinsame Anstrengung mehrerer Sender nötig. Auch bei internationalen Partnern oder der Filmförderung wird angeklopft.

Die richtigen Fragen stellen, nicht an der eigenen Meinung entlangrecherchieren, sich mit keinem gemein machen, aber Haltung zeigen, um auch dem Vorwurf „Lügenpresse“ entschieden entgegenzutreten, das ist Esther Schapiras Anliegen.

Das ist bei Budgetzwängen, Quotendruck und stets wachsender Kritik der Öffentlichkeit gegen das „Staatsfernsehen“, dem Druck durch kommerzielle Sender, aber auch durch eine steigende Informationsflut via Internet kein einfacher Job. Und auch wenn sie kein Universalmittel gegen all diese Beschwernisse kennt, so ist sie dennoch überzeugt, dass guter Journalismus die beste Waffe im Kampf gegen Überflutung und Verflachung ist. Und es sieht so aus, als gelinge ihr nicht nur der mediale Salto mortale, sondern als mache ihr der Job richtig Spaß.

M ONICA W E B ER - NAU Geschäftsführerin FPC info@frankfurterpresseclub.de

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82 S c h w e r p u n k t M e d i e n s t a d t F r a n k f u r t

Mit Bouffiers Bild Pitt a u s

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„Frankfurter Rundschau“

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Pitt von Bebenburg berichtet seit 2005 für die „Frankfurter Rundschau“ aus dem Hessischen Landtag. Er schreibt bereits seit 1980 für die FR, mit Stationen unter anderem als stellvertretender Nachrichtenchef und Hauptstadtkorrespondent in Berlin. 2014 erhielt er den Hessischen Journalistenpreis für seine Berichterstattung über die erste schwarz-grüne Koalition.

An meiner Bürotür hängen die schönsten Fundstücke aus zehn Jahren im Landtagsbüro der „Frankfurter Rundschau“. Da­ runter ist eine Titelseite der „Hessischen Polizei-Rundschau“, die von unfreiwilliger Komik geprägt ist. „Was ist unter Innenminister Volker Bouffier passiert?“, lautet die Schlagzeile – und man sieht Roland Kochs Innenminister und Nachfolger, den heutigen Ministerpräsidenten, mit einer Tüte Eis, gemeinsam mit drei Streifenpolizisten, die ebenfalls Eis schlecken. Weiter ist also nichts passiert?

Das schräge Foto nimmt einen Ehrenplatz ein neben denkwürdigen Abbildungen von Bouffiers früherem Stellvertreter Jörg-Uwe Hahn. Ausgerechnet der FDP-

Politiker, ein energischer Vertreter der Marktwirtschaft, ließ sich stolz fotografieren vor den Büsten der Kommunisten Mao Zedong in China und Ho Chi Minh in Vietnam. Und ließ diese Aufnahmen als Pressefotos verschicken, als Beweis für seine bedeutsamen Reisen.

Landespolitik im Parlament und auf dem Fußballplatz Bouffier, Hahn und die anderen hessischen Landespolitiker gehören zu meinem journalistischen Alltag, nicht nur weil ihre Konterfeis vom Schreibtisch aus zu sehen sind. Der Arbeitsplatz im Hessischen Landtag ist ein besonderer journalistischer Arbeitsplatz. Als Landeskorrespondenten

der „Frankfurter Rundschau“ beobachten meine Kollegin Jutta Rippegather und ich die hessische Politik ganz aus der Nähe. Hier erleben wir mit, wie politische Entscheidungen entstehen und wer sie wie umsetzt.

Anders als im Bundestag, aus dem ich früher berichtet habe, laufen uns Journalisten die Abgeordneten, Minister, Pressesprecher und Interessenvertreter hier oft zufällig über den Weg. Man trifft sie alltäglich im Landtagsrestaurant und auf den Fluren.

Oder auf dem Sportplatz. In der Landtagself, der Fußballmannschaft des Parlaments, kicke ich seit 2006 in der Abwehr.

Mittendrin sein, lautet das Prinzip – um den Leserinnen und Lesern der FR eine Berichterstattung zu bieten, die nahe dran ist an den handelnden Personen und ihren politischen Vorhaben. Die Nähe besitzt, zumindest für einen Journalisten mit dickem Fell, mehr Vor- als Nachteile. Natürlich muss man sich dabei ständig selbst überprüfen, damit die Unabhängigkeit gewahrt bleibt. Aber Politiker wissen, dass sie es aushalten müssen, in der Zeitung für ihre Politik kritisiert zu werden, selbst wenn sie auf dem Sportplatz einen schönen Pass gespielt haben.

Man gewöhnt sich an diesem Korrespondentenplatz daran, seinerseits kritische Töne der Akteure zu hören, weil die eine oder andere Pressemitteilung nicht berücksichtigt wurde oder ein Kommentar scharf ausgefallen ist. Es kommt auch vor, dass Politiker die Journalisten von einer Recherche abbringen wollen, die doch gar nicht so wichtig sei. Das sind interessante Erfahrungen, die einen Reporter erst richtig wachrütteln für ein Thema, das offenbar als brisant gilt. Ob es um hessische Steuerfahnder geht, um die Umtriebe einer hohen Richterin und ihres Mannes oder um die Vorgänge an einer Privathochschule.

Im Grunde aber zeigen diese Konflikte, wie wichtig die kontinuierliche Bericht-

Fotos: Stephan Morgenstern

83

Mittendrin im Landtag – und in der Landtagself

erstattung der Zeitungen im Parlament genommen wird. Davon zeugt auch, dass die Politiker in ihren Reden oft auf Zitate aus der FR oder der FAZ zurückgreifen.

Längst verbreiten die Parteien und Politiker ihre Äußerungen über Twitter und Facebook. Aber die traditionellen Medien besitzen hier weiterhin einen besonderen Stellenwert. Sie erreichen auch ein anderes Publikum als bloß die eigenen Anhänger.

Zudem wissen Abgeordnete nur zu gut, dass sich die Landtagskorrespondenten schon seit Jahren mit der Landespolitik befassen, mit Schul-, Polizei- und sogar mit Finanzfragen. Kein Wunder, dass die Landespolitiker alarmiert sind über die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Zeitungen.

Landesberichterstattung: Service für die Menschen der Region Eine Unterstützung leisten sie bereits seit Jahren. Das Parlament stellt der Landespressekonferenz, also den fest im Landtag akkreditierten Journalisten, für ihre Arbeit Büros zur Verfügung. Das ist in anderen Parlamenten nicht die Regel und beweist die Wertschätzung des Landtags für die Arbeit der Reporter. Trotzdem werden es immer weniger. Das ist nicht nur ein Zeichen für die Krise, in der die Zeitungen stecken. Es ist auch ein Alarmsignal für die Landespolitik. Denn die Aufmerksamkeit für sie schwindet. Im Vordergrund stehen für die meisten Medien die Krisen und Kriege der Welt, die Politik von Obama

bis Merkel und die Stars und Sternchen der Unterhaltungsindustrie. Auf der anderen Seite hat die Lokalberichterstattung einen Schub bekommen, weil Leserinnen und Leser nah an ihren Nachbarn in der Region sein wollen. Irgendwo zwischen dem Globalen und dem Lokalen wird die Landespolitik zerrieben. Wer erinnert sich schon daran, dass die Bundesrepublik in ihren Wurzeln eigentlich ein Zusammenschluss von Ländern ist?

An meiner Schranktür hängt die Abschiedszeitungsseite, die wir für die frühere Korrespondentenkollegin Petra WettlauferPohl geschrieben und layoutet haben. Ihre Zeitung hat das Büro im Landtag aufgegeben. In ihr früheres Zimmer ist ein Kollege der Landtagsverwaltung eingezogen.

Die Schar der festen Korrespondenten im Parlament wird kleiner. Wo früher die Nachrichtenagentur AP saß, die „Hessische Niedersächsische Allgemeine“ oder das „Darmstädter Echo“, ist heute kein Korrespondent mehr zu finden. Kein Wunder, dass Ministerpräsident Bouffier deutliche Worte des Bedauerns und auch des Unverständnisses fand, als die HNA-Kollegin gehen musste, die zudem Vorsitzende der Landespressekonferenz gewesen war.

Da waren wir uns sogar mal mit Bouffier einig.

Pitt von Bebenburg Landeskorrespondent der FR p.bebenburg@fr.de

Foto: Stephan Morgenstern

84 S c h w e r p u n k t M e d i e n s t a d t F r a n k f u r t

Mittagspause in einer Pizzeria am Bahnhof

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Lokalchef

85

Was waren das für goldene Zeiten: Im Jahr 1991 hatten die ­Tageszeitungen in Deutschland eine tägliche Auflage von rund 27,3 Millionen Exemplaren. Die Verleger, so geht die Mär, fuhren damals das verdiente Geld in Schubkarren vom Hof. Alles vorbei!

20 Jahre später lag die verkaufte Auflage bei weniger als 19 Millionen Exemplaren, mittlerweile saust die Zahl mit ordentlichem Tempo abwärts Richtung 13 Millionen. Tendenz: Weiter fallend.

Die Auflagen sinken im Osten übrigens deutlicher als im Westen. Rezepte der Verlagshäuser zur Kompensation des verschwundenen Anzeigengeschäfts, des Rückzugs der Abonnenten und der sinkenden Käuferzahl lassen auf sich warten. Onlineauftritte galten eine kurze Zeit als große Hoffnung – mittlerweile aber hat die R ­ ealität diese Blauäugigkeit eingeholt. Die allermeisten Onlineauftritte deutscher Redaktionen verbrennen Geld und holen pekuniär nur Peanuts in die Verlagsetagen.

Also zurück zu Bewährtem. So gilt die Berichterstattung über die Ereignisse vor Ort, der „sublokale“ Journalismus, wieder als eine große Hoffnung. Dort erfährt man, welche Premiere gerade mit welchen Promis gefeiert wurde, welche Restaurants angesagt sind, wie die Schul- und Verkehrssituation im Stadtteil ist und wie lange die Baustelle ein paar Straßen weiter noch Stau auslöst. Das Prinzip funktioniert aber nicht in jedem Fall. Während es Zeitungen in Kleinstädten tendenziell wieder besser geht, zieht die Idee in Großstädten seltsamerweise nicht. Fast scheint es, als habe der moderne Großstadtmensch nicht mehr die Zeit, sich um seinen Stadtteil, den Kindergarten oder die Baustelle vor der Haustür zu kümmern. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die Bindung an das Umfeld längst nicht mehr so groß ist.

Steigende Belastungen, fallende Etats Frankfurt ist da keine Ausnahme. Hier haben alle Titel mit relevanten Lokalstrecken, also auch die FNP, mit Auflagenrückgängen zwischen drei und sieben Prozent zu kämpfen. Jahr für Jahr. Die Zeiten sind rauer geworden, die Belastungen für die Kollegen steigen – bei fallenden Etats.

So selbstverständlich es war, dass man sich die Zeit nehmen konnte, zu einem Termin zu gehen, eine Story intensiv zu recherchieren und diese dann in aller Ruhe am Schreibtisch aufzubereiten, so sehr gibt es dies heute nur noch in Ausnahmen. Aber diese Ausnahmen pflegen wir bei der FNP. Denn heute besteht die Kunst darin, ein Blatt zu konzipieren, in dem sich gründlich recherchierte längere Artikel und Meldungen zu den tagesaktuellen Ereignissen, die über Pressemitteilungen, Telefon und Mail in die Redaktion kommen, ablösen. Die FNP versucht, diesem Ideal so nahe wie möglich zu kommen, und zum Glück ist die Redaktion personell so aufgestellt, dass wir dieses leisten können.

Anstrengend aber ist es auf jeden Fall, denn in der Regel arbeiten alle Kollegen für die Lokalstrecken nicht mehr nur tag-, sondern mittlerweile stundenaktuell. Hier sind die Fotografen nicht ausgenommen. Zu sportlichen Großereignissen wie dem „Iron Man“ oder dem „Frankfurt Marathon“ ist es selbstverständlich,

dass die Zeitung online zeitnah berichtet. Bei Demonstrationen ebenfalls. Ein gutes Beispiel waren auch die Feierlichkeiten rund um „25 Jahre deutsche Einheit“ – in diesem Fall bedienten drei FNP-Teams (Text/Foto) den Onlinekollegen mit kleinen Geschichten rund um die offiziellen Feierlichkeiten für einen Liveticker – alles selbstredend kostenfrei für den User. . .

Für meinen ganz persönlichen Geschmack ist etwas zu viel Fatalismus in die journalistische Denke und in die agierenden Köpfe eingezogen. Schließlich gab es im Jahr 2013 in der Bundesrepublik 322 Tageszeitungstitel, die aus rund 120 Redaktionen gemacht wurden. Das ist im europäischen Vergleich eine Topzahl. Diese sogenannten Zentralredaktionen produzieren den Mantel, also in der Regel die Politikseiten, selbst – und sehr häufig für andere Blätter mit. Das ist ein übliches Verfahren, um zu gewährleisten, dass es nach wie vor sehr viele regionale Tageszeitungen gibt. Die Frankfurter Societäts-Medien GmbH, bei der die FNP erscheint, hat in diesem Jahr das „Rüsselsheimer Echo“ erworben und verfährt dort ebenso: Die Lokalredaktion sitzt vor Ort, der Mantel kommt vom „Mutterblatt“ aus der Frankenallee.

Das Credo für die Zukunft – und ich bin davon überzeugt, dass Printtitel eine Zukunft haben! – kann meiner Meinung nach nur lauten: Wir müssen unseren Leserinnen und Lesern Geschichten bieten, die sie überraschen, begeistern, ihren Horizont erweitern, ohne erhobenen Zeigefinger. Wir müssen sie zum Lachen oder zum Nachdenken bringen und ihnen so die Möglichkeit geben, sich mit ihrer Stadt zu identifizieren. Um das zu erreichen, müssen wir zwangsläufig anspruchsvoller werden. Die Herausforderung an Lokalredaktionen steigt proportional zur sinkenden Auflage.

Die Ausstattungen dieser Redaktionen sind nicht ideal, aber zum Glück noch weit entfernt von dem, was mittlerweile Standard etwa bei Privatsendern oder Anzeigenblättern ist. Eine Lokalredaktion hat die Möglichkeit, mit Hilfe des „Sublokalen“ zu überleben.

Noch erreichen die Geschichten aus dem ganz normalen Leben die Menschen auf dem Papier, weshalb sich auch lokale Onlineportale so schwertun. Da geht es zurzeit noch eher nach dem Spruch von Friedrich K. Waechter zu: „Wahrscheinlich guckt wieder kein Schwein.“ Es sind zu wenig Klicks. Onlineportale sind zumeist Selbstausbeutungsportale von ehemaligen Redakteuren, die – weil irgendwann freigesetzt – sich eine neue Beschäftigung auf dem Feld suchten, das sie beherrschen. Geld lässt sich damit aber nicht verdienen. Wohl aber mit einer gut gemachten Printausgabe, die nebenbei das „Sublokale“ online „mitfeaturen“ kann. Einem Supermarkt gleich bietet die leserfreundliche lokale Zeitung alles an, was im Sortiment der Neuigkeiten interessant ist. Aber anders als im Onlinebereich kann man das Produkt, auch bei nur speziellem Interesse an einem bestimmten Stadtteil, eben nur als Ganzes erstehen – was die Existenz des Blattes sichert. Und in der Konsequenz auch die des mitlaufenden Onlineportals.

Boris Tomic Lokalchef der „Frankfurter Neuen Presse“ boris.Tomic@fnp.de

86 S c h w e r p u n k t M e d i e n s t a d t F r a n k f u r t

F r a n k f u rt – d i e H a u p t s ta d t d e s W i rt s c h a f t s ­ j o u r n a l i sm u s w e n n

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So vieles ist vorzubereiten, bis stets an einem Februartag der Vorstandsvorsitzende der Commerzbank den versammelten Journalisten in einem Sitzungssaal in 200 Metern Höhe erklärt, wie die Geschäfte des Konzerns im zurückliegenden Jahr gelaufen sind. Welche Botschaft soll der Chef vermitteln? Welche Zahlen bedürfen einer besonderen Erläuterung? Welche bohrenden Fragen werden vermutlich gestellt?

Schon im Herbst haben die Vorarbeiten begonnen. Es musste festgelegt werden, wer außer dem Vorstandsvorsitzenden noch auf der Bühne Platz nimmt. Wie überhaupt die Bühne aussehen soll. Wer eingeladen wird. Rund 300 Journalisten stehen auf dem Verteiler der Commerzbank, etwa 100 von ihnen sitzt der Vorstandsvorsitzende bei der regelmäßigen Bilanzpressekonferenz zu Jahresbeginn dann tatsächlich gegenüber. Es ist ein Kraftakt für beide Seiten. Zwei Stunden kann es schon dauern, bis alle Fragen beantwortet sind, und danach bitten noch die Vertreter der Fernsehsender zum Interview.

Die Bilanzpressekonferenzen der großen Banken sind nach wie vor die Hochämter des Wirtschaftsjournalismus in Frankfurt, eine große Bühne nicht nur für die Manager, sondern auch für die schreibende und sendende Zunft. Die Berichterstattung über die Kreditinstitute gilt als die Königsdisziplin, vielen der dafür zuständigen

Journalisten fehlt es weder an Sachkenntnis noch an Selbstbewusstsein, wenn sie auf Vorstandsvorsitzende und Finanzchefs treffen, und manche hochbezahlte Führungskraft, die sonst wenig fürchtet im Leben, atmet durch, wenn alles vorbei ist. Neuauflage in zwölf Monaten. Im Frühjahr ist Bilanzsaison, und an Bilanzpressekonferenzen ist in Frankfurt kein Mangel. Nicht nur weil sich hier in Sichtweite Großbank an Großbank reiht, sondern auch weil es die Manager von Konzernen, deren Sitz sich irgendwo in den Weiten der Bundesrepu­ blik findet, vorziehen, ihre Geschäftszahlen nicht zu Hause, sondern in der Mainmetropole zu erläutern, weil sie hier die fachkundigen Journalisten finden, die ihre Bilanz einzuordnen wissen.

Weg von der Firmenberichterstattung – hin zur Analyse So ist Frankfurt die Hauptstadt des Wirtschaftsjournalismus in Deutschland, jedenfalls insoweit, als hier sich die großen Ereignisse der Zunft abspielen. Wie viele Wirtschaftsjournalisten tatsächlich in der Stadt tätig sind, vermag gleichwohl niemand zu sagen, keiner hat sie je gezählt.

Doch es müssen Hunderte sein. Allein 170 sind im Internationalen Club Frankfurter

Wirtschaftsjournalisten organisiert, dessen Mitgliederliste die Breite des Berufsstands spiegelt. Es finden sich dort Redakteure der großen Zeitungen und Zeitschriften vom „Handelsblatt“ bis zum „Spiegel“, der großen Sender von der ARD bis zu N-TV, der Nachrichtenagenturen und der Fachmagazine und auch zahlreiche Journalisten, die für ausländische Medien tätig sind, für die „Neue Zürcher Zeitung“, die „Financial Times“ und „Les Echos“, für das „Wall Street Journal“ und CNBC. Dem Club gelingt es immer wieder, ranghohe Manager für Vorträge zu gewinnen. Dann sitzen die alten Hasen der Branche beisammen – eine Ausnahme, denn sonst geht doch jeder seiner Wege. Zu viel Korpsgeist sollte man auch unter dieser speziellen Sorte Journalist nicht vermuten. Nur die alte Regel, wonach dem Vertreter der „BörsenZeitung“ die erste Frage bei den großen Pressekonferenzen zusteht, wird allgemein respektiert.

Die „Börsen-Zeitung“ ist so etwas wie der Nukleus des Wirtschaftsjournalismus in Frankfurt, sie genießt wegen der Tiefe ihrer Analysen unter Kollegen höchstes Ansehen, auch wenn sie mit ihren Bleiwüsten wie aus der Zeit gefallen

Illustration © claer – fotolia.com

Manch

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scheint und um ihre Auflage ein großes Geheimnis macht. Die „Börsen-Zeitung“ ist eine Nachkriegsgründung, von 1952, ebenso wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, das zweite Blatt am Ort mit großer Wirtschaftskompetenz, das allerdings schon 1949 auf den Markt kam. Die Gründungsgeschichte der FAZ zeigt den fast familiären Neuanfang des Wirtschaftsjournalismus nach dem Krieg; gerade zwei Wirtschaftsredakteure hatte die Zeitung zunächst: „Stand hoher Besuch ins Haus, etwa Ludwig Erhard, der das marktwirtschaftlich ausgerichtete Blatt sehr begrüßt hatte, versuchten wir die magere personelle Ausstattung der jungen Zeitung zu verschleiern“, berichtete einer der beiden später. Mangels Konjunkturprognosen sahen sich die Redakteure in den frühen Jahren auf der Zeil und auf den Messen um, wenn sie herausbekommen wollten, wie es um die entstehende Volkswirtschaft stand. Und natürlich in der Börse.

Heute ist jemand, der etwas über den Aktienmarkt erfahren will, in der Börse verloren. Das Parkett dient vornehmlich

als Kulisse für das Fernsehen. Die Sender treiben einen beachtlichen Aufwand, um über den aktuellen Stand des DAX zu berichten, allein das kleine Format „Börse vor acht“ beschäftigt ein Dutzend Frauen und Männer. Ein weiteres Dutzend liefert täglich Beiträge aus Frankfurt für ARDaktuell und damit zum Beispiel für die „Tagesschau“, und auch das sind in erster Linie Wirtschaftsberichte. Der öffentlichrechtliche Rundfunk zählt neben den großen Zeitungen und den Nachrichtenagenturen zu den Säulen der Wirtschaftsberichterstattung in Frankfurt; so produziert der Hessische Rundfunk auch Sendungen der Reihe „Plusminus“ für die ARD. Die Deutsche Presse-Agentur wiederum beschäftigt allein bei dpa-AFX in Frankfurt mehr als 30 Mitarbeiter, weitere vier sind im Landesbüro für Wirtschaft zuständig.

Der Wirtschaftsjournalismus in Frankfurt hat aber noch beträchtliche Verästelungen. So hat der Deutsche Fachverlag hier seinen Sitz, der angesehene Publikationen wie die „TextilWirtschaft“ und die „Lebensmittel Zeitung“ herausgibt, die

„Frankfurter Rundschau“ hat ihren Sitz gleich nebenan, und auch eine Regionalzeitung wie die „Frankfurter Neue Presse“ leistet sich eine kompetent besetzte Wirtschaftsredaktion. Das Interesse an den Unternehmen lasse keineswegs nach, berichten Pressesprecher. Wohl aber wandelt sich der Wirtschaftsjournalismus – weg von der reinen Firmenberichterstattung hin zur Analyse der wirtschaftlichen Zusammenhänge.

Zugleich wird er speziell in Frankfurt internationaler, vor allem durch die Ansiedlung der Europäischen Zentralbank. Die Welt hat Frankfurt im Blick: Der Stoff ist in der Hauptstadt des Wirtschaftsjournalismus noch selten ausgegangen.

Manfred Köhler Leiter der Wirtschaftsredaktion Rhein-Main, FAZ m.köhler@faz.de

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88 S c h w e r p u n k t M e d i e n s t a d t F r a n k f u r t

U n v e r ä n d e rt e r A n s p r u c h , v e r ä n d e rt e S t r u k t u r e n J o u r n a l i sm u s Einblicke

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Wandel: Sportredaktion

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„Frankfurter Rundschau“.

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Einige hassten sie, andere gingen in ihr richtig auf, für den Rest war es wöchentliche Routine: Die Wochenkonferenz der Sportredaktion der „Frankfurter Rundschau“. Jeden Montag wurde ab 10 Uhr diskutiert: Was wird in den kommenden Tagen wichtig?

Welchen Schwerpunkt kann man legen? Wie kann man ein Thema besonders schön gestalten? Vor acht Jahren, der Schreiber dieser Zeilen war gerade Praktikant, waren immer mindestens sechs Redakteure da, um die Zeitung zu planen. Heute hat die Sportredaktion der FR nicht einmal mehr sechs fest angestellte Redakteure. Die Wochenkonferenz gibt es zwar noch, ist aber aufgrund der kleineren Besetzung gestraffter. Größere Planungen, wie etwa zur Fußballweltmeisterschaft oder zum Start der Bundesliga, werden vorbesprochen und über den Mailverteiler kommuniziert.

Weniger Leute bei gleichem Arbeitsvolumen Mit einem Drittel der Mannschaft von einst, insgesamt waren es im Jahr 2008 zwölf Sportredakteure, wird die gleiche Zeitung wie damals gemacht – zumindest vom Umfang her. In der Zwischenzeit ist viel passiert: die Syndikation der Mantelredaktionen mit den DuMont-Zeitungen „Berliner Zeitung“, „Kölner Stadtanzeiger“, „Mitteldeutsche Zeitung“, die Insolvenz und die darauffolgende Übernahme durch den Verlag der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Nicht zu vergessen die Umzüge vom Walther-von-Cronberg-Platz ins Depot in der Textorstraße und 2013 in die Mainzer Landstraße. Seitdem gibt es für die Sportredaktion im Gegensatz zu den Politik- und Wirtschaftsredaktionen keinen Textaustausch mehr mit den Sportredaktionen der DuMont-Zeitungen. Eine Ausnahme war zuletzt die Fußball-WM in Brasilien.

Die FR hat aktuell vier fest angestellte Sportredakteure, zwei Autoren, einen Pauschalisten und vier freie Mitarbeiter, die manchmal auch in der Redaktion sind. Dazu kommen noch vier weitere Freie, die sich um den regionalen Sport kümmern. Die tägliche Zeitung wird in der Regel von vier Mitarbeitern gemacht.

Einem Macher, einem Autor für die Frankfurter Eintracht, einer Allzweckwaffe fürs Redigieren, Kommentieren oder Schreiben eines aktuelles Themas und einem Spätdienst. Es kommt nicht selten vor, dass nur ein Redakteur am Tag da ist und die restlichen drei entweder Pauschalisten, Autoren oder freie Mitarbeiter sind, die oft gar nicht in die Redaktion kommen.

Wenn alle fest angestellten Redakteure in der Woche anwesend sind – was aufgrund von Urlaubstagen oder angesammelten freien Tagen eher die Seltenheit ist –, werden ab und an freie Mitarbeiter hinzugezogen, damit die Festangestellten auch mal Zeit haben, eine Geschichte zu recherchieren oder ein größeres Interview zu führen. Im Normalbetrieb ist das kaum möglich. Da geht es darum, so schnell wie möglich die Seiten fertig zu machen, um den Redaktionsschluss von 16.45 Uhr einzuhalten. Vor nicht allzu langer Zeit war dieser noch um 18 Uhr. Für mehr Personal reicht das knappe Budget nicht, von dem freie Mitarbeiter für die Redaktionsdienste, für Texte, vor allem für den regionalen Sport oder ab und an für schöne Lesegeschichten bezahlt werden, um nicht zu viele Agenturstücke im Blatt zu haben. Allerdings lässt es sich kaum vermeiden, dass seit dem Ende der Syndikation mehr Texte der Deutschen Presse-Agentur und des Sport-Informations-Dienstes (SID) als eigene Autorenstücke im Sportteil der FR stehen.

Fundierte Analysen, gute Kommentare, pfiffige Überschriften Die FR-Sportredaktion hat weiterhin einen inhaltlich hohen Anspruch und versucht, sich den veränderten Organisationsstrukturen anzupassen. Die Dienstpläne werden wöchentlich gemacht, um flexibel Termine wie Länderspiele, Champions League, englische Wochen oder große Turniere zu koordinieren. Das ermöglicht es auch den freien Mitarbeitern und Pauschalisten, kurzfristig auf aktuelle Geschehnisse zu reagieren. Natürlich hat das mit sehr viel Eigeninitiative zu tun.

Die Redaktion ist sich jedoch bewusst, dass sie in der internetgetriebenen Zeit kaum noch eine Chance auf Exklusivität hat. Das geht eigentlich nur noch bei Eintracht Frankfurt und den anderen regionalen Vereinen, wobei nur die Eintracht eine überregionale Strahlkraft hat. Exklusive Meldungen wie Trainerentlassungen oder Spielerverpflichtungen beim Bundesligisten werden deshalb auch schon tagsüber für das Internet geschrieben und über die sozialen Netzwerke geteilt, um einen kleinen Vorsprung vor der Konkurrenz zu haben.

In allen anderen Bereichen ist die Sportredaktion darum bemüht, mit fundierten Analysen, guten Kommentaren, pfiffigen Überschriften sowie Bildauswahl und Layout die Leser an das Blatt zu binden. Einfach ist das nicht.

Timur Tinç Autor der „Frankfurter Rundschau“, Freier Journalist t.tinc@fr.de

90 S c h w e r p u n k t M e d i e n s t a d t F r a n k f u r t

Das Wesen des Feuilletons ist die Kritik Der

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Kulturredaktion Rhein-Main

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FAZ .

Wenn das Telefon penetrant klingelt, und am anderen Ende meldet sich eine forciert freundliche Stimme, die den ihr persönlich nicht bekannten Redakteur sogleich mit Vornamen anredet und duzt, weiß dieser sofort: Es ruft wieder eine PR-Agentur an, die dringend einen mehr oder weniger unbekannten Namen aus dem weiten Gebiet der Unterhaltungsmusik in der Zeitung gedruckt sehen will. Im Zweifelsfall hat die engagierte Mitarbeiterin schon eine E-Mail geschickt. Und einen Brief. Und ein, ja, das gibt es auch noch, Fax. Gerne werden Konversationen dieser Art so eingeleitet: „Hast du meine E-Mail bekommen?“ Diese Frage gibt es auch mit „Sie“. Es handelt sich mittlerweile wohl um die am meisten gehörte in Kulturredaktionen. Schließlich versuchen immer mehr PR-Leute, ihre Botschaften an die Redakteure zu bringen.

Und Galeristen. Und Künstler. Und Verleger. Und Leser, die auf dem Dachboden einen interessanten Fund gemacht haben.

Die Standardantwort lautet: „Dafür haben wir keinen Platz.“ Tatsächlich muss eine Kulturredaktion aus einem großen und längst kaum noch überschaubar gewordenen Angebot an kulturellen Ereignissen eine Auswahl treffen. Denn die Zahl der Zeitungsseiten ist begrenzt. Und es gibt gewisse Qualitätsansprüche.

Das leuchtet nicht allen ein, zum Beispiel dem Maler nicht, der in einer erstklassigen Pizzeria seine farbenfrohen Bilder ausstellt. Und „wirklich etwas ganz Tolles“ macht. Aber das sagen alle, die dringend ins Blatt wollen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Redaktion ein Genie durch die Lappen geht, ist gering.

Bei einem kommerziellen Aussteller schaut sie darauf, ob seine Arbeit einen kulturellen Mehrwert hat, ob er also kontinuierlich relevante künstlerische Positionen vorstellt. Es gibt durchaus Kriterien. Auch wenn der Kulturbegriff mittlerweile ins Unendliche erweitert sein mag: Ein regionales Feuilleton kommt gar nicht umhin, die großen, öffentlich subventionierten Institutionen, die sich den traditionellen künstlerischen Sparten wie Musik, Theater, bildender Kunst widmen, besonders zu berücksichtigen. Zum einen werden hier die künstlerischen Maßstäbe gesetzt, zum anderen bildet ihr Publikum eine Schnittmenge mit den Nutzern eines Publikationsorgans wie der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

Sie hat viele kulturaffine Leser. Und solche, die sich für bestimmte Nischen interessieren. Von der Barockmusik bis zur aktuellen Malerei.

Der tägliche Kampf um die Plätze Im Kulturteil der „Rhein-Main-Zeitung“, des Regionalteils der FAZ, arbeiten derzeit fünf Redakteure an Seiten und Themen für sieben Ausgaben einschließlich der Sonntagszeitung. Sie schreiben, redigieren, treffen die Bildauswahl, umbrechen das Blatt, halten den Kontakt mit den freien Mitarbeitern, die für einen Kulturteil unerlässlich sind. Gerade am Wochenende ballen sich die Premieren an den großen Theatern der Region, und es gestaltet sich oft schwierig, alle Termine zu besetzen. Dabei haben die Redakteure den Anspruch, das Kulturleben im Rhein-Main-Gebiet so gut es

Foto: Stephan Morgenstern

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geht abzubilden, und dazu gehören unter anderem die Neuinszenierungen an den Städtischen Bühnen Frankfurt, an den Staatstheatern in Wiesbaden, Darmstadt und Mainz, aber auch die Produktionen der vor allem in Frankfurt starken freien Theaterszene, des Künstlerhauses Mousonturm und anderer experimenteller Bühnen.

Natürlich hat man mit vielen Pressesprechern und Öffentlichkeitsarbeitern, die etwa Institutionen wie Museen, Konzerthäuser, Theater oder auch große Musikveranstalter vertreten, gute Arbeitsbeziehungen. Aber das Missverständnis, eine Kulturredaktion sei der verlängerte Arm der Presseabteilungen, hat sich gerade auch in den bedeutenden Kultureinrichtungen festgesetzt. Nicht nur die Wirtschaftskonzerne behielten allzu gerne die Kontrolle über den Informationsfluss, auch Museen, Opern, Konzerthäuser versuchen zunehmend, die Berichterstattung zu lenken, und haben „exklusive Geschichten“ parat, die in der Regel vor allem geeignet sind, die entsprechende Einrichtung ins rechte Licht zu setzen.

Gewiss decken sich mitunter die Interessen. Ein Vorbericht über die Hängung einer Ausstellung in der Schirn kann ein gutes Reportagethema sein und zugleich, ganz im Sinn der PR-Abteilung, die Aufmerksamkeit auf eine Kunstschau lenken, die demnächst eröffnet wird. Für einen regionalen Kulturteil ist es ohnehin ein ständiger Balanceakt: Man versucht, den Abstand zu den Veranstaltern zu wahren, und ist doch auf die Zusammenarbeit mit ihnen angewiesen. Das Ideal eines ehemaligen Theaterkritikers, nur in die jeweilige Vorstellung und niemals auf die daran an-

schließende Premierenfeier zu gehen, lässt sich auf lokaler oder regionaler Ebene schwerlich verwirklichen. Manchmal gibt es gerade auf einer Premierenfeier entscheidende Informationen. Auch wiegt die Chronistenpflicht oft mehr als die ästhetische Bewertung: Für kleine Kulturinitiativen eignet sich nicht der große Verriss.

Dass das Wesen des Feuilletons die Kritik ist, geht dabei gelegentlich unter. Freilich ist dies die ursprüngliche und nach wie vor wesentliche Aufgabe des Kulturjournalismus: die Beurteilung ästhetischer Phänomene, die Kritik von Literatur, Theater, Oper, Tanz, klassischer Musik, Pop und Rock und manch anderer künstlerischer Äußerungen. Die Liaison zwischen Zeitung und Kultur datiert aus einer Zeit, als die bürgerlichen Freiheiten nur als Forderungen existierten. Der kritischen Betrachtung der politischen Verhältnisse, der die Zensur Einhalt gebot, ging die Literaturkritik voraus – sie war gleichsam das Übungsfeld für gesellschaftliche Debatten, die von der Obrigkeit unterbunden wurden. Bis heute gilt das Feuilleton als das Ressort mit den meisten Freiheiten innerhalb einer Zeitung, stilistisch wie thematisch. Blätter, die meinen, darauf verzichten zu können, verlieren ihr Profil. Auch für einen regionalen Kulturteil gilt: Der etwas andere Blick auf die Dinge eröffnet ungewohnte Perspektiven.

Michael Hierholzer Leiter der Kulturredaktion Rhein-Main der FAZ m.hierholzer@faz.de

92 S c h w e r p u n k t M e d i e n s t a d t F r a n k f u r t

„Ich

k a n n wa s b e w i r k e n ! “

Wilde Wahrheiten

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Frankfurter Schülerinnen g e b n i ss e

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Es gibt sie noch, die gute alte Schülerzeitung, gedruckt auf Papier, produziert von engagierten Schülerinnen und Schülern, die ihre Themen diesseits und jenseits der Schulmauern finden und oft selbst Zeitungsleser sind. Spricht man mit den Schreibern, gerät das Bild ins Wanken, das über Jugendliche kursiert: digital natives, zu Hause im weltweiten Netz, halb verwachsen mit ihrem Smartphone und thematisch vor allem an sich selbst interessiert. Es gibt also auch noch andere Jugendliche, die sich von Politik bis Kultur für viele Themen interessieren, darüber für andere schreiben und ein zeitaufwendiges Projekt wie eine Schülerzeitung in Gang halten.

Das ist die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht: Es ist eine Minderheit. Von den gut 20 Frankfurter Gymnasien hat nur etwa die Hälfte eine eigene Zeitung. Was nicht unverständlich ist. Die Schüler ächzen unter G8 und verbringen ihre knappe Freizeit lieber mit Dingen, die nichts mit Schule zu tun haben. Umso beachtlicher, dass immer noch gut gemachte und umfangreiche Publikationen entstehen.

Das wird honoriert von Schülern, Lehrern, Eltern und auch von der „Frankfurter Neuen Presse“ und der Stiftung der Frankfurter Sparkasse, die gemeinsam jedes Jahr den Schüler-Presse-Preis vergeben. Ihnen geht es dabei um die Lese- und Schreibförderung. „Selbst schreiben zu können, auch über komplexere Themen, ist ein wichtiger Prozess in der Entwicklung von Jugendlichen“, sagt Astrid Dienst, die bei der Frankfurter Sparkasse für den Presse-Preis zuständig ist. In der Schulform Gymnasien wurden 2015 die Max-Beckmann-Schule, die Musterschule und die Wöhlerschule ausgezeichnet. Die Hefte der Preisträger

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Muster –

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Schüler Zeitung

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zeigen die Vielfalt der inhaltlichen Ausrichtungen und optischen Anmutungen.

Mal politisch ambitioniert, mal eher schulorientiert, mal Farbdruck, mal klassisch schwarz-weiß.

Schulthemen und große Politik Gemessen an den Bildungszielen, die Astrid Dienst formuliert, ist Senthan Shanmugalingam ein würdiger Preisträger. Er ist bei „Beckmann’s“ eher so reingerutscht, aber jetzt immer noch dabei, obwohl er mittlerweile die Schule verlassen hat und Medizin studiert. Für Politik und Wirtschaft interessierte er sich anfangs nicht die Bohne. Er durfte aber in der Zeitung Comics zeichnen, „das war der Einstieg“, sagt der 21-Jährige. „Beckmann’s“, das als Schulzeitung firmiert, weil auch Lehrer mitarbeiten, erscheint seit Frühjahr 2000 drei bis vier Mal im Jahr mit bis zu 38 Seiten Umfang. „Klein, aber fein“ nennt der betreuende Lehrer Christian Bromig das Projekt. Das ist etwas untertrieben, denn es ist ein Blatt mit hohem Anspruch.

TTIP, Europakrise, Flüchtlingsdrama: In den Artikeln wird kenntnisreich berichtet und argumentiert. Mit durchschnittlich 250 verkauften Exemplaren zum Preis von 20 bis 30 Cent wird knapp die Hälfte der Schüler des Oberstufen-Gymnasiums erreicht.

Um mitreden und mitschreiben zu können, begann Senthan Shanmugalingam, sich zu informieren in Zeitungen und anderen Medien, und fuchste sich zudem in ein Layoutprogramm ein. Er ist zum Zeitungsleser geworden, die „taz“ ist sein Favorit.

Von seinen politischen Analysefähigkeiten zeugt etwa ein umfangreicher Leitartikel zum Terroranschlag auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“. „Ich bin froh und stolz über meine Entwicklung“, sagt er. Es hätte sie ohne „Beckmann’s“ nicht gegeben.

In „Wöhlers Wilde Wahrheiten“ werden die Akzente etwas anders gesetzt. „Wir wollen, dass die Themen möglichst etwas

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mit unserer Schule zu tun haben“, berichtet Helene Spieles. Um ein Titelthema, etwa Freizeit, Religion in der Schule, Freundschaft, ranken sich mehrere Beiträge, die so angelegt sind, „dass es die Schüler direkt etwas angeht“. Helene Spieles gehört mit ihren 14 Jahren zu den jüngeren Redaktionsmitgliedern, wagt sich aber an große und kontroverse Themen. So kommentierte sie die Streitfrage G8/G9 und das verschärfte Handyverbot an der Wöhlerschule.

Mit ihrer Verteidigung des Verbots dürfte sie sich nicht nur Freunde in der Schülerschaft gemacht haben. Aber es gab in derselben Ausgabe ja noch einen gegenläufigen Kommentar. Pluralität muss sein in „Wöhlers Wilden Wahrheiten“.

Die Neuntklässlerin kam auf Empfehlung ihrer Deutschlehrerin, der ihr Talent in der fünften Klasse aufgefallen war, in die Redaktion der Schulzeitung. Ihr mache „Schreiben großen Spaß“, beschreibt die 14-Jährige ihre Motivation. Irgendwann fiel dem Team aber auf, dass nicht nur schöne Texte und brisante Themen den Erfolg ausmachen. Deshalb wurde ein Relaunch beschlossen. „Von der grauen Maus zum Hochglanz-Magazin“ lautet der Titel eines Artikels, der diesen Prozess in der jüngsten Ausgabe rückblickend beschreibt.

Die Zeitung, die mit einer Auflage von gut 1.200 Gratisexemplaren erscheint, wurde farbig und auf das Format A5 umgestellt.

Ein neues Layout entstand, die Texte wurden kürzer und zahlreicher. Der Wandel trug Früchte. 2012 gewann „Wöhlers Wilde Wahrheiten“ erstmals den SchülerPresse-Preis.

In der Max-Beckmann-Schule und in der Wöhlerschule begleiten Lehrer die Zeitungsprojekte. Die Redaktion der Musterschule entschied sich gegen dieses Modell.

Fotos: Rainer Rüffer

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Das Redaktionsteam der Schülerzeitung der Musterschule

„Das Muster“ sei ein Blatt „von Schülern für Schüler, ohne Lehrer und ohne Unterstützung der Schule“, erläutert die 14-jährige Mascha Jackel die Grundhaltung der Redaktion. Der Wunsch nach Unabhängigkeit entsprang dem „Ziel, die Schule und das Schulsystem zu kritisieren“, ergänzen ihre 18 Jahre alten Mitstreiter Jakob Zeisberger und Clara Bühring-Uhle. „Das Muster“ als schulische Gegenöffentlichkeit, so ging die Zeitung im März 2013 an den Start. Blättert man die bislang erschienenen Ausgaben durch, spiegelt sich diese Haltung allerdings selten in den Themen wider. Nur einmal gelangte ein schulintern kontrovers diskutiertes Thema auf das Cover. „Alkoholproblem in der Musterschule?!“ lautete der Titel im Juli 2014.

Der kritische Anspruch der Macher findet sich stärker in Beiträgen zu allgemeinpolitischen Themen, etwa über die Olympischen Winterspiele in Russland, die Tierschutzorganisation Sea Shepherd und Organhandel in China. Letzteren verfasste Clara BühringUhle. Der Artikel wurde Unterrichtsthema.

Ein schöner Erfolg und die Erfahrung „Ich kann was bewirken!“, sagt die Schülerin, der man schnell anmerkt, dass sie ein sehr politischer Mensch ist.

Die Verbreitung des Magazins lag zwischenzeitlich bei 300 bis 400 Exemplaren.

Nicht nur viele der etwa 1.000 Schüler kauften es für einen Euro, sondern auch Lehrer und sogar Eltern. Alles gut also?

Leider nicht. „Das Muster“ ist seit kurzem Geschichte. Die Redaktion gab aus mehreren Gründen auf. Die Auflage sank, es gab Streit bisweilen unter den Machern, und die spärlichen Reaktionen aus der Schülerschaft „waren schon frustrierend“, berichtet Mascha Jackel. Auch der Umstand, dass das maximal zehnköpfige Team mit großem Aufwand alles allein stemmte, spielte eine Rolle. Bei Mascha Jackel, Clara Bühring-Uhle und Jakob Zeisberger ließen die Schulleistungen ziemlich nach, und es reifte die Erkenntnis: „Das schaffen wir so nicht mehr.“ Die drei bedauern das. Clara Bühring-Uhle formuliert es so: „Wenn ich mich in den vergangenen Jahren fragte: Schreibe ich jetzt eine Gedichtinterpretation für die Schule oder einen Artikel?, habe ich mich eher für den Artikel entschieden.

Das war ein eigenes Werk.“ Immerhin: Das letzte Wort ist vielleicht noch nicht gesprochen. Es gibt vage Pläne für einen Neustart des Magazins.

Um zeitintensive Dinge wie SeitenLayout, Druck und Vertrieb wie die Musterschüler müssen sich die Schreiber der Liebigschule nicht kümmern. Der „Liebigstar“ erscheint ausschließlich online. Auf der Website der Schule kann man sich durch die Rubriken Aktuelles, Fun, Medien, Sport, Mode & Trends sowie Umfragen & Interviews klicken. „Jeder macht Vorschläge, um die Rubriken zu füllen“, erzählt Nele Nentwich. Das klappe

ganz gut. Die 14-Jährige verfasst gern Musik- und Buchbesprechungen. Kürzlich schrieb sie einen Bericht über die Buchmesse. Die größte Wirkung habe bislang ein Beitrag über Cyber-Mobbing gezeigt, das Belästigen und Beleidigen im Internet.

Ein Thema, das an vielen Schulen virulent ist. Wie die Resonanz auf den „Liebigstar“ insgesamt ausfällt, kann die Redaktion nur grob einschätzen. Eine Kommentar-Funktion besteht auf der Website bislang nicht.

So unterschiedlich die Ansätze der Zeitungen sind, so verschieden sind auch die beruflichen Pläne ihrer Macher.

Ob hier der journalistische Nachwuchs in den Startlöchern sitzt, ist ungewiss.

Clara Bühring-Uhle und Nele Nentwich sind fest entschlossen, Journalistinnen zu werden. Andere befragte Schüler sind unentschieden oder streben andere Berufe an. Was sie vereint, ist ein großes Interesse am Tagesgeschehen und an medialer Information. Viele der befragten Schüler lesen klassische Printprodukte wie Zeitungen und Magazine. SZ, „Die Zeit“, FAZ, „Der Spiegel“. Die Jüngeren nennen zudem „Dein Spiegel“ und „Zeit Leo“. Auch wenn sie ihre eigene Zukunft nicht im Journalismus sehen – als Leser bleiben sie, hoffentlich, den Medien erhalten.

V o l k e r M a z a ss e k Freier Journalist vmazassek@googlemail.com

94 D e r V o r s t a n d , d i e G e s c h ä f t s f ü h r u n g , d a s I m p r e s s u m

I m p r e ss u m

Ausgabe Das Magazin

2016

des F R A N K F U R T E R P R E S S E C L U B S

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Medienstadt Frankfurt

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