"Bündnerwald" Juni 2023

Page 1

Bündner Wald

Alte Arven und Lärchen im Avers

BuWa2023-03_001 1

Jahrgang 76 | Juni 2023

06.06.2023 13:57:59


ANZEIGE

er par l a n o i g e r dei n g von Ausrüstun

Motorgerä

Kopf bis F

te un d We

p: mit E-Sho

t n er

uss

rk zeuge

.ch ca sty-shop

mit eigene

r Werk sta

tt

casty outdoor & workwear ag 081 635 14 38 I 078 635 14 38

Rossbodenstrasse 15 I 7000 Chur info@casty-shop.ch I casty-passt.ch

ANZEIGE

 NATURSTRASSENUNTERHALT

 STABILISIERUNGEN

 REKULTIVIERUNGEN

 HOLZTRANSPORTE

 HANGVERBAUUNGEN

 BÖSCHUNGSPFLEGE

 KIESAUFBEREITUNG & BAGGERARBEITEN

 FORSTMULCHARBEITEN

www.naturstrassen.ch

IHR PARTNER FÜR NATURSTRASSENUNTERHALT IN DER OSTSCHWEIZ!

COTTI VEIAS SA | PIRMIN COTTI | CALTGERA 5 | 7456 SUR | 079 745 61 21 | PIRMIN@VEIAS.CH

Inserate.indd 2

06.06.23 14:01


12 Inhalt Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Untersuchungen zur Klima-, Bestandes-, Nutzungs- und Landschaftsgeschichte im Avers . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Nutzungsgeschichte der Wälder des Avers . . . . . . . . . . . 12 Das Avers beherbergt wahre Methusalem-Bäume . . . . . . . 20 500 Jahre Walddynamik in den Lärchen-Arvenwäldern des Avers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Walddynamik verstehen, um den Waldbau anpassen zu können . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Der Wald aus der Sicht der Gemeinde . . . . . . . . . . . . . . 30 Trilogie der Entwicklung einer Lärche . . . . . . . . . . . . . . 32 Eine einmalige Waldlandschaft lebendig erhalten . . . . . . . . 34 Gebaute Vergangenheit im Avers – Baudenkmäler aus 700 Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Vielfalt der Holzkäferfauna in den Lärchen-Arvenwäldern im Avers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 «Berge, Arven und Alpenrosen sind meine Heimat» . . . . . . . 46 Die Methusalem-Arven von Celerina unter der wissenschaftlichen Lupe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Ein Porträt über die wohl mächtigste Eibe in Graubünden . . . . 56 Danke, Jörg Clavadetscher! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Forstmesse Luzern 2023 – DER Branchentreffpunkt . . . . . . . 61 Vorschau «Bündner Wald» August 2023 . . . . . . . . . . . . 63

20

23

Die Kirche von Cresta vor dem Capettawald.

BuWa2023-03_003 3

(Foto: Dr. Andreas Rigling)

06.06.2023 13:57:58


BuWa2023-03_004 4

06.06.2023 13:57:59


Der Cröterwald eingangs Madris: Uralte Methusalem­ lärchen und -arven stehen hier seit Jahrhunderten im lockeren Verbund und bilden einen Weidewald mit artenreichen Trockenwiesen. (Bild: Dr . Andreas Rigling)

BuWa2023-03_005 5

06.06.2023 13:58:02


Editorial Ehrfurcht! So beantwortete der im Avers aufgewachsene Jörg Clavadetscher meine Frage, was er beim Betrachten der uralten Bäume im Capettawald empfinde. Wie schön, dieses einfache, pure Gefühl, dieses Staunen über die Kraft der Natur auch als langjähriger Förster immer noch zu (er-) kennen! Die Wälder im Avers sind speziell, so viel ist klar. Seit Jahrhunderten fragt man sich, wieso die eine Talseite baumlos, die andere hingegen mit Wäldern voller uralter Arven und Lärchen bewachsen ist. Diese Frage, und natürlich die spektakulären und zahlreichen Methusalems selbst, zog im Rahmen einer Studie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vieler Disziplinen in ihren Bann. Diese Ausgabe des «Bündner Wald» bringt Auszüge der spannendsten Erkenntnisse. Die Studie ist 2022 als WSL-Bericht unter dem Titel «Zur Geschichte der Wälder im Avers» erschienen. Selbst führende Waldforscherinnen und -forscher sind tief beeindruckt von den Baum-Persönlichkeiten des Avers. Auch die Einheimischen kommen zu Wort und berichten über die Nutzung des Holzes, über den Weidewald und weitere, nicht-forstliche Verwendungen. Der harte Alltag hielt sie übrigens nicht davon ab, die Bäume für ihre Schönheit und Widerstandskraft zu loben. So erinnert sich etwa Anton Heinz: «Aber als wir damals in die Schule gingen, in den 40er-, 50er-Jahren, war der schon hohl, noch nicht so wie jetzt – jetzt kann man ja oben herausschauen. Und er wächst immer noch. Er ist immer noch grün! Warum soll man den fällen?» «Ich gehe durch den Capetta-Wald im Hochtal Avers, zwischen Lärchen und Arven, die zum Teil sicher doppelt so alt sind wie ich und sich gemeinsam durch ein Leben an der Baumgrenze kämpfen und einander manchmal stützen müssen, der Tannenhäher verkündet mein Kommen, und es ist mir, als betrete ich ein anderes Land mit eigenen Düften und eigenen Gesetzen, weit entfernt vom menschlichen Regelwerk mit Taktfahrplänen und Versicherungspolicen, und wenn ich durch dieses Land

gehe, werde ich nach und nach ein anderer, ein Gast des Wipfelrauschens, ein Gast des Stämmeknarrens, ein Gast der Wurzeln, ein Gast der Langsamkeit.» – Franz Hohler, aus «Fahrplanmässiger Aufenthalt» (entnommen der Umschlagrückseite des WSL-Berichts). Möge dieses Heft dazu motivieren, das Avers und seine Wälder zu entdecken, die Bäume mit Ehrfurcht zu betrachten und entschleunigende Momente zu geniessen! Redaktorin Susi Schildknecht

ANZEIGE

kompetent zuverlässig lösungsorientiert

rotex-helicopter.ch

6

BuWa2023-03_006 6

06.06.2023 13:58:02


ANZEIGE

ANZEIGE

seit 1 999

ANZEIGE

ANZEIGE

Neu in unserem Angebot:

Hydraulische Nass-Ansaat Die Methode der Anspritzbegrünung ist ideal für jedes Gelände. Sie ermöglicht es den Samen in kurzer Zeit, auch unter wiedrigsten Bedingungen, sich zu entfalten. Interessiert? Kontaktieren Sie uns! Zarucchi Gartenbau AG 7500 St. Moritz 081 837 06 65 www.zarucchi-gartenbau.ch

Inserate.indd 7

06.06.23 14:01


Untersuchungen zur Klima-, Bestandes-, Nutzungs- und Landschaftsgeschichte im Avers Das Leben im Berggebiet ist seit jeher ein forderndes und prägendes Miteinander von Menschen und der Natur. Dieses Zusammenspiel zu verstehen, ist Grundlage für ein tiefes Verständnis der heutigen Landschaft, deren Dynamik und zukünftigen Gestaltung. Dr. Andreas Rigling und Dr. Matthias Bürgi

Wieso ein Forschungsprojekt zu den Wäldern im Avers? Der Klimawandel und die sozioökonomische Entwicklung stellen das Berggebiet vor grosse Herausforderungen . Sowohl die Land- als auch die Forst-

Im Bereich der oberen Waldgrenze im Capettawald.

wirtschaft werden dadurch geprägt – einzeln, aber auch in ihrem Zusammenspiel . Diese Interaktionen zwischen Land- und Forstwirtschaft sind gerade im Berggebiet besonders relevant, wie beispielsweise beim Thema Waldweide und der seit Jahrzehnten

(Foto: Dr . Andreas Rigling)

8

BuWa2023-03_008 8

06.06.2023 13:58:04


ablaufenden Waldausdehnung. Gerade an der oberen Waldgrenze zeigt es sich, wie der Klimawandel zunehmend an Einfluss gewinnt und das Bild der alpinen Landschaften verändert. Diese Prozesse können nur verstanden werden durch die gemeinsame Betrachtung der sozioökonomischen Entwicklungen in der Land- und Forstwirtschaft und der sich verändernden Dynamik der Waldentwicklung im Kontext des Klimawandels. Dies trifft auch für die einzigartige, national bekannte Kulturlandschaft des Bündner Hochtales Avers, bestehend aus Wiesen, Alpweiden und charakteristischen offenen und artenreichen Lärchen-­ Arvenwäldern zu. Die ehemals lichtdurchfluteten Weidwälder verändern sich, sie werden zunehmend dichter und entwickeln sich mancherorts zu stammzahlreichen, dunklen Wäldern. Darin eingeschlossen finden sich zahlreiche uralte Lärchen und Arven – Relikte der Weidwälder. Beobachtungen weisen darauf hin, dass verschiedene dieser Baummonumente, wir nennen sie Methusalems, nach Jahrhunderten der Dominanz zunehmend unter Druck geraten und abzusterben drohen. Die schleichenden, doch mittlerweile deutlich sicht­baren Veränderungen in den faszinierenden Wäldern des Avers waren Auslöser für ein interdis­ ziplinäres Forschungsprojekt der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL und der ETH, in enger Zusammenarbeit mit dem Bergwaldprojekt, dem Amt für Wald und Naturgefahren, der Gemeinde Avers und dem Revierforstamt Avers/Ferrera. Die Walddynamik verstehen, um die zukünftige Nutzung anpassen zu können Ziel des Projekts war, das heutige Erscheinungsbild und die aktuelle Wachstumsdynamik in den Wäldern des Avers im Lichte der vergangenen Landnutzung und der sich verändernden klimatischen Bedingungen zu untersuchen. Darauf abgestützt sollen in enger Begleitung mit lokalen Experten Massnahmen diskutiert werden, um die Vitalität der alten Methusalems längerfristig zu verbessern

und die charakteristischen Wälder, als Bestandteil dieser einzigartigen Kulturlandschaft, nachhaltig zu sichern. Dazu wurden verschiedene natur- und sozialwissenschaftliche Forschungsansätze auf sehr unterschiedlichen Zeitskalen, von Jahrzehnten bis Jahrhunderte, kombiniert und angewendet. Fragestellungen und Methoden Das Projekt fokussierte auf die die Gebiete Capetta-, Hohenhaus- und Cröterwald, unter punktuellem Miteinbezug von Daten aus dem Furgga- und dem Leziwald. Es wurde in vier Teilprojekte unterteilt: Im Teil Klimageschichte wurde das maximale Alter der uralten Lärchen und Arven bestimmt. Anhand des Jahrringswachstums wurden zudem ­ Rückschlüsse auf die vergangenen Umweltbedingungen der letzten Jahrhunderte gezogen. Dazu wurde das Baumwachstum im Avers mit Daten aus anderen Gebieten verglichen und der Einfluss des Klimas und der Waldnutzung auf das Jahrringwachstum bestimmt. Im Teil Bestandesgeschichte wurden die Baumartenmischungen, die Bestandesund Alterstrukturen entlang von Höhengradienten untersucht, um Rückschlüsse auf die vergangene Waldbewirtschaftung abzuleiten. Im Teilprojekt Nutzungsgeschichte wurden historische Dokumente analysiert und Interviews mit Zeitzeuginnen durchgeführt, um die vergangene Waldund Alpbewirtschaftung zu rekonstruieren. Und letztlich wurde im Teil Landschaftsgeschichte anhand von alten Fotografien und Serien von Luftbildern die Veränderungen in der Waldfläche und der Dichte der Wälder dokumentiert und quantifiziert. Eine Einbettung des Projekts in die übergeordnete Siedlungsgeschichte der Region konnte in Zusammenarbeit mit dem Archäologischen Dienst GR gemacht werden. Ablauf des Projekts Das Projekt startete am 1. Dezember 2020 mit einer gemeinsamen Begehung mit den lokalen Ex-

9

BuWa2023-03_009 9

06.06.2023 13:58:04


Die Bestände im Capetta­, Hohenhaus­ und Cröterwald standen im Zentrum der Untersuchungen.

perten im Capettawald . Die Ergebnisse des Projekts wurden am 31 . Mai 2022 im Schulhaus Cresta (Avers) einer interessierten Öffentlichkeit vor­ gestellt, diskutiert und in Form eines WSL-Berichts (Bürgi und Lock 2022) und einer ETH-Masterarbeit publiziert (Carella 2022) . Durch den verfolgten inter- und transdisziplinären Ansatz konnte das Ziel, die Walddynamik im Avers und die Ursachen für die heutigen Waldstrukturen ­besser zu verstehen, erreicht werden . Wir danken dem «Bünder Wald» für die Gelegenheit, die wichtigsten Ergebnisse im Folgenden vorstellen zu k­ önnen und wünschen Ihnen viel Spass bei der Lektüre der Einblicke in unser Forschungsprojekt und den weiteren interessanten Beiträgen zum Avers .

(Karte: Dr . Andreas Rigling) Dr. Andreas Rigling ist Professor an der ETH Zürich und untersucht den Einfluss des Umweltwandels auf unsere Wälder und wie die Waldbewirtschaftung mit Blick in die Zukunft angepasst werden soll. Dr. Matthias Bürgi ist Umweltnaturwissenschafter ETH. Er leitet die Forschungseinheit Landschaftsdynamik an der WSL und ist Professor an der Universität Bern.

Literatur Bürgi M ., Lock S . (2022), Zur Geschichte der Wälder im Avers . WSL Berichte Heft 127 (mit Beiträgen von G . von Arx, A . Carella, A . Hassler, D . Nievergelt, F . Krumm und A . Rigling) . Carella A . (2022), 500 years of forest growth dynamics in the high mountain valley Avers, Switzerland . Masterarbeit ETH Zürich .

10

BuWa2023-03_010 10

06.06.2023 13:58:06


ANZEIGE

Giesserei Chur AG Eisengiesserei Modellbau

Tel. 081 286 90 50 Fax 081 286 90 59

E-Mail: info@giesserei-chur.ch

Querrinnen für Wald­ und Güterwege Neubau

- optimale Verankerung - flexible Längenanpassung - bewährter Werkstoff

Unterhalt

- problemlose Reinigung mit Pickel - keine losen Verschleissteile wie Roste, Balken usw. - auf Wunsch mit Mittelsteg für Parkplätze, Fussgängerzonen

ANZEIGE

Ihr Partner für die professionelle Holzernte im Gebirgswald. ➢ Holzernte ➢ Transporte ➢ Holzhandel Ihr FSC und PEFC zertifizierter Partner vom Wald bis ins Sägewerk.

Inserate.indd 11

06.06.23 14:01


Nutzungsgeschichte der Wälder des Avers Das Nebeneinander von baumlosen Wiesen und Weiden auf der einen Talseite und Wäldern voller uralter Lärchen und Arven auf der gegenüberliegenden Talseite, prägt die Landschaft des Averser Obertales. Mithilfe verschiedener Methoden und Quellen wurde die Nutzungs- und Landschaftsgeschichte ­der letzten 100–150 Jahre im Avers untersucht. Dr. Matthias Bürgi, Susan Lock

Eine alte Kulturlandschaft im Wandel Die Waldnutzung im Avers ist geprägt durch die geografische Situation, die Höhenlage und die relativ beschränkte Zugänglichkeit. Die nach Südwesten hin orientierte Flanke des Obertales wurde bereits im Zuge der mittelalterlichen Landnahme für die Gewinnung von Weideland und die Errichtung von Wohnhäusern und Ställen gerodet. Die auf dem Gegenhang verbleibenden Wälder standen unter einem hohen und vielfältigen Nutzungsdruck (Abb. 1). Unsere historische Analyse fokussiert auf den Zeitraum seit 1900. Räumlich konzentrieren wir uns auf die Entwicklung der drei Waldbestände Capetta-, Cröter- und Hohenhauswald. Die Verhältnisse im Hohenhauswald beschreibt Kurt Patzen in seinem Beitrag in diesem Heft (siehe auch Bildpaar 1 am Ende dieses Artikels). Daher fokussieren wir uns im Folgenden auf Aspekte der Veränderungen der beiden anderen Bestände. Wer kann Auskunft geben? In der diesem Artikel zugrunde liegenden Untersuchung (Bürgi und Lock 2022) wurde eine Vielzahl an Quellen ausgewertet. Die forstlichen Quellen, wie die Waldwirtschaftspläne von 1932, 1956 und 1980, enthalten Daten zur Waldstruktur und vor allem den forstlichen Waldnutzungen. Diese forstliche Perspektive ergänzten wir mit der lokalen Sicht auf die Wälder. Dazu konnten wir sieben Interviews mit Einheimi-

schen im Alter von 64 bis 92 Jahren durchführen. Zusätzlich geben statistische Daten zur Entwicklung der Wohnbevölkerung, der Anzahl Haushaltungen und Landwirtschaftsbetrieben und der Viehzahlen Auskunft über zeitliche Veränderungen. Als weitere wichtige Quelle für die Rekonstruktion der Waldstrukturentwicklung werteten wir Luftbilder aus den Jahren 1933 bis 2015 aus. Komplementär zum Blick auf den Wald aus der Vogelperspektive im Luftbild sind terrestrische Fotografien. Sie zeigen die menschliche Perspektive auf den Wald und geben auch die ästhetische Qualität besser wieder. Durch die Methode der Fotowiederholung können zudem strukturelle Veränderungen sichtbar gemacht werden. Die Vielfalt der Waldnutzungen Holznutzung Der Warenverkehr ins und aus dem Avers war lange Zeit durch den schluchtartigen Abschnitt des Ferreratales zwischen Innerferrera und Campsut stark eingeschränkt. Die Bevölkerung war in ihren Aussenbeziehungen über die Pässe nach Süden hin orientiert und in grossem Masse von den lokal vorhandenen Ressourcen abhängig. Generell waren die Nutzungsmengen von Holz bescheiden und beschränkten sich hauptsächlich auf die Bestände von Cröt talauswärts. Die Nutzung war durch das fehlende Wegenetz erschwert. Zahlreich sind die Schilderungen der Mühen und Strapazen, die mit dem Heranführen von Bau- und Brennholz in die

12

BuWa2023-03_012 12

06.06.2023 13:58:04


Abb 1: Während die eine Talseite des Averser Obertales waldfrei ist, finden sich auf der gegenüberliegenden Talseite Wäl­ der mit uralten Lärchen und Arven.

höher gelegenen Ortschaften verbunden waren . Nur wenig Holz gelangte in den Handel, das meiste wurde für den Eigenbedarf verwendet . Zur Brennholzversorgung war das Astholz von Bedeutung, wie auch getrockneter Schafmist, der heute noch als Zeuge der Vergangenheit an einigen Ställen ziegelförmig aufgeschichtet ist . Durch den Bau der Talstrasse in den Jahren 1890 bis 1895 drehte sich die hauptsächliche wirtschaftliche Ausrichtung des Tales von Süden nach Norden hin um . In der zweiten Hälfte des 20 . Jahrhunderts erfolgte der Bau des Kraftwerks im Valle di Lei, der den weiteren Ausbau der Strasse bis nach Juf und den Ausbau des Stromnetzes mit sich

(Bild: Susan Lock, WSL, 2022)

brachte und einen starken Wandel im Avers in Gang setzte, der sich auch auf die Nutzung der Wälder auswirkte . Der Brennholzbedarf ging stark zurück, Elektro- und Ölheizungen wärmten nun die Häuser; ausserdem konnte Brennholz sowie auch Bauholz von ausserhalb bezogen werden . Waldweide Durch die Fokussierung der Landwirtschaft auf Viehzucht standen die verbleibenden Wälder über lange Zeit unter starkem Beweidungsdruck . Die höher gelegenen Waldbestände dienten als Frühjahrs- und Herbstweide und als Wetterschutz für die gealpten Tiere und die tiefer gelegenen Wälder

13

BuWa2023-03_013 13

06.06.2023 13:58:06


Mutterkuhhaltung, ging die Zahl der Ziegen und Schafe im Tal drastisch zurück, das Waldweideverbot wurde umgesetzt und vielerorts stellte sich – wie noch zu zeigen sein wird – starke Verjüngung ein.

Abb. 2: Baum mit gut sichtbaren Verletzungen am Stamm­ fuss, die ihm wohl zur Gewinnung von Holzspänen als Anfeuerungshilfe von Hirten zugefügt wurden.

(Bild: Susan Lock, WSL, 2022)

waren aufgrund ihrer Nähe zu den Siedlungen als Heimweide von grosser Bedeutung. Diese intensive­Waldweide war dem Forstdienst aufgrund der Verbissschäden ein Dorn im Auge und die Ablösung der Weiderechte gab wiederholt Anlass für Konflikte zwischen dem Forstdienst und der lokalen Bevölkerung. Neben dem Rindvieh, dessen Bestand über die Zeit recht konstant war, gab es bis nach dem Zweiten Weltkrieg im Avers auch noch viele Schafe und Ziegen. Im Zuge des Strukturwandels in der Mitte des letzten Jahrhunderts weg von kleinen Betrieben mit verschiedenen Tierarten, hin zu einzelnen grösseren Betrieben mit zunehmender Spezialisierung auf

Weitere Nutzungsweisen Über andere nicht-forstliche Nutzungen erfährt man oft auf indirekte Weise in den Verbotsartikeln der forstlichen Rechtsquellen und Waldordnungen. So wird darin das «Streu-, Gras- und Harzsammeln, Rindenschälen und Entasten von Bäumen; Kriesschneiden und Kienholzmachen und das Sammeln von Arvennüsschen» verboten. Letztere waren früher ein Handelsgut und deren Sammeln, z. B. für die Ölgewinnung, stark reglementiert, da teilweise die ganzen Äste heruntergerissen und die Bäume arg verstümmelt wurden. Unter den befragten Zeitzeugen war von diesen Nutzungsweisen nur noch das Sammeln von Arvennüsschen bekannt – als beliebtes «Naschwerk». Ebenfalls im Wald wurden viel und gern Beeren gesammelt, z. B. Preisel- und Heidelbeeren, Johannisbeeren und Roter Holunder, während Pilze für die Einheimischen keine Rolle spielten: «Der Einheimische ist kein Pilzesser.» Zu dem in den Waldordnungen erwähnten Kienholzmachen lassen sich keine weiteren Quellen für das Avers finden. Auch wurde im Erfahrungszeitraum der Interviewpartner kein Kienholz speziell in den Beständen gesammelt – diese Nutzung liegt weiter zurück in der Vergangenheit. Als weiteres Waldprodukt wurde Moos gesammelt, das zum Abdichten beim Hausbau verwendet wurde. Die an einigen der alten Bäume sichtbaren Verletzungen, die diesen eindeutig mit Werkzeugen zugefügt worden sind (Abb. 2), dienten wahrscheinlich zur Gewinnung von Spänen zum Anfeuern von Hirtenfeuern, aber auch der Förderung des Harzflusses. Harz war ein wichtiges Waldprodukt, was auch im Avers erinnert wird. So diente es als Zugsalbe, zum Schweineschlachten oder als Kaugummi, wobei grössere Mengen aus Harzgallen, z. B. in Brennholzstücken, gewonnen wurden.

14

BuWa2023-03_014 14

06.06.2023 13:58:07


Abb.  3a und 3b: Der Capettawald im Averser Obertal im Luftbild von 1957 (links) und im Vergleich des Kronenschlussgrades bis 2015 (rechts). Die roten Linien umfassen die entsprechenden Waldabteilungen.

«In den letzten 50 bis 60 Jahren ist das wie verrückt zugewachsen» Aufgrund des abnehmenden Nutzungsdruckes sind die Averser Wälder seit Mitte des letzten Jahrhunderts viel dichter geworden, was auch durch die lokale Bevölkerung wahrgenommen wird, wie das Zitat in der Kapitelüberschrift zeigt. Sichtbar wird diese Veränderung eindrücklich in den Fotowiederholungen, die in dieser Ausgabe des «Bündner Wald» enthalten sind, beispielsweise zu dem im Anschluss an den Capettawald im Obertal gelegenen Pürderwald (Bildpaar 2). Dieser Bestand weist auch im Luftbildvergleich (Waldpartie ganz

Abb. 4: Entwicklung der Stammzahlen von Lärche (braun) und Arven (grün) im Capettawald (rot umfasster Perime­ ter in Abb. 3) pro Stärkeklasse, basierend auf den Angaben in den Waldwirtschaftsplänen.

(Grafik: Dr. Matthias Bürgi und Susan Lock)

(Grafiken: © swisstopo/WSL)

rechts in Abb. 3) die meisten dunkelgrünen Kacheln auf, die für eine starke Zunahme des Kronenschlusses stehen. Die den Waldwirtschaftsplänen entnommenen An­gaben erlauben es, diese Veränderungen in den in Abb. 3 rot umzeichneten Waldabteilungen zu quantifizieren und bezüglich Baumarten zu analysieren (Abb. 4). Gerade in der Periode 1955 bis 1975 haben die Stammzahlen von Lärchen und Arven in der kleinsten Durchmesserkategorie sehr stark zugenommen. Dies ist eine direkte Folge der im Laufe des 20. Jahrhunderts schrittweise erfolgten Aufgabe der Waldweide im Capettawald. «Es heisst ja schon seit über 100 Jahren der sterbende Cröterwald» Bis heute stärker durch Weidgang geprägt ist die Waldentwicklung im Cröterwald, der in Teilen immer noch die offene und durch wenige alte Bäume geprägte Struktur aufweist, wie sie vor 100 Jahren nicht nur im Avers, sondern in vielen durch den Weidgang geprägten Wäldern der Schweiz verbreitet war. Der Bestand, der auf der Bildstrecke mit Blick ins Madris zentral im Blick ist (Bildpaar 3), kann also als kulturlandschaftliches Relikt früherer Waldzustände betrachtet werden. Das Zitat der Kapitelüberschrift zeigt, dass sich die Bevölkerung sehr wohl bewusst ist, dass der

15

BuWa2023-03_015 15

06.06.2023 13:58:09


Abb. 5a (links) und 5b (rechts): Waldbild im Cröterwald mit starker Ver­jüngung der vergangenen 40 Jahre. Die Formen der Baumwipfel zeigen, dass es sich tatsächlich um denselben Aufnahmestandort handelt. (Bilder: Johann Stoffel, 1984, Privatsammlung Rubi Brunold (5a); Susan Lock, WSL, 2022 (5b)).

Zustand des Cröterwaldes immer wieder Anlass zu Sorgen gab, der flächige Zusammenbruch jedoch aufgrund der Langlebigkeit der verbleibenden Bäume ausblieb. Zudem stellt sich in Teilen des Cröterwaldes eine dichte Verjüngung ein, was gerade durch Fotowiederholungen eindrücklich sichtbar wird (Abb. 5). Wald ist nicht gleich Wald An der Geschichte der Wälder des Avers und ihrer Nutzung zeigt sich eindrücklich, wie sich die Wälder in der Folge der Veränderungen der Nutzungsweise entwickeln. Die lokalen Bedürfnisse entsprechen nicht immer den Absichten und Zielen des Forstdienstes – auch diese Unterschiede werden in den verschiedenen Waldbildern sichtbar. Waldgeschichtliche Untersuchungen decken diese verschiedenen Perspektiven und ihre Auswirkungen auf die Wälder auf und tragen so zu einem grösseren Verständnis für die Entstehung der heu-

tigen Situation bei. Dieses Verständnis ist nicht nur für historisch Interessierte spannend, sondern ist eine wichtige Grundlage für die Suche nach zukunftsfähigen Waldnutzungskonzepten. Auch dabei gilt es, die verschiedenen Nutzungsinteressen und die darin zum Ausdruck kommenden wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Ziele zu verstehen und entsprechend zu berücksichtigen. Dr. Matthias Bürgi ist Umweltnaturwissenschafter ETH. Er leitet die Forschungseinheit Landschaftsdynamik an der WSL und ist Professor an der Universität Bern. Susan Lock ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der For­ schungseinheit Landschaftsdynamik an der WSL.

Literatur Bürgi M., Lock S. (2022) Zur Geschichte der Wälder im Avers. WSL Berichte Heft 127. www.wsl.ch/de/ publikationen/default-99c898c797.html

16

BuWa2023-03_016 16

06.06.2023 13:58:10


Bildpaar 1: Ein Luftbildvergleich 1957 bis 2015 zeigt, wie sich der Wald im Madris in den letzten 58 Jahren ausgedehnt und verdichtet hat.

(Bilder: © swisstopo/WSL)

17

BuWa2023-03_017 17

06.06.2023 13:58:12


Bildpaar 2: Der Pürderwald, die letzten Ausläufer des Capettawaldes, ist im Laufe von 72 Jahren zu einem dichten Wald geworden.

(Bild oben: Werner Nägeli, 1950, WSL Bildarchiv; Bild unten: Susan Lock, WSL, 2022)

18

BuWa2023-03_018 18

06.06.2023 13:58:14


Bildpaar 3: Im Cröterwald (Bildmitte) hat sich eine halb offene, parkartige Waldstruktur erhalten, wie sie noch Mitte des 20. Jahrhunderts für viele Wälder des Avers charakteristisch war. (Bild oben: Ernst Brunner, 1956, © Schweizerische Gesellschaft für Volkskunde; Bild unten: Susan Lock, WSL, 2022 (Ausschnitt)

19

BuWa2023-03_019 19

06.06.2023 13:58:15


Das Avers beherbergt wahre Methusalem-Bäume Bei der Einfahrt ins Madris fallen die frei stehenden Baummonumente – grossmehrheitlich Lärchen – im ostexponierten Cröterwald auf, welche wie Relikte aus längst vergangenen Zeiten wirken. Wie alt sind diese Methusaleme? Und wie vergleichbar sind sie zu anderen Lärchen und Arven im Avers? Jahrring­ untersuchungen konnten bei der Einordnung helfen. Dr. Georg von Arx, Daniel Nievergelt, Dr. Andreas Rigling, Annatina Hassler

Auf der Jagd nach den ältesten Bäumen – Jahr­ ringanalysen als Schlüssel Jahrhundertealte Bäume veranlassen zum Staunen und erwecken Ehrfurcht ob ihrer Standhaftigkeit. Darüber hinaus lassen sich vom Vorhandensein uralter Bäume Aussagen über die Waldnutzungsgeschichte und über Auftreten und Auswirkung früherer Extremereignisse auf die Walddynamik sowie die Produktivität oder Standortsgüte ableiten. Denn innerhalb der gleichen Baumart gehen harsche Bedingungen generell einher mit geringeren Wachstumsraten und höherem Baumalter (Piovesan and Biondi 2021). Dabei besteht – entgegen landläufiger Meinung – oft kein enger Zusammenhang zwischen dem Alter und der Grösse eines ausgewachsenen Baumes. Alte Bäume zeichnen sich jedoch meist durch mächtige, knorrige Äste, Astkerzen und freigelegte Wurzeln aus (Abb. 1). Aber wie alt ist alt? Dazu können Jahrringanalysen behilflich sein. Im Avers wurden dazu im Capetta-, Cröter- und Hohenhauswald die optisch ältesten Lärchen und Arven gesucht. Von diesen Bäumen wurden mit einem Zuwachsbohrer auf Brusthöhe radiale Stammbohrkerne von der Rinde bis zum Mark entnommen (Abb. 1). Im Labor wurden danach die Jahrringe vermessen und Kalenderjahren zugeordnet (siehe Beitrag Walddynamik von Carella et al., dieses Heft). Durch dieses Verfahren, der sogenannten Kreuzdatierung, können auch fehlende Jahrringe in einzelnen Proben, verursacht etwa durch partielle oder fehlende Jahrringbildung in Extremjahren, entdeckt werden. Der innerste so

datierte Jahrring entspricht jedoch noch nicht dem Keimjahr, da die Bäume nahe der Waldgrenze in der Regel einige Jahrzehnte brauchten, bis sie auf Brusthöhe herangewachsen sind. Die fehlenden Jahre seit der Keimung könnten durch einen Vergleich der Anzahl Jahrringe an der Stammbasis und auf Brusthöhe bei Stammscheiben junger Bäume vom gleichen Standort weiter eingegrenzt werden, unter der Annahme, dass die alten Bäume in ihren Jugendjahren vergleichbares Wachstum aufwiesen wie die heutigen Jungbäume. Die folgenden Altersangaben unterschätzen somit das tatsächliche Baumalter, welches noch einige Jahre bis Jahrzehnte älter sein dürfte. Wie alt sind die ältesten Bäume im Avers? Basierend allein auf den datierten Jahrringen auf Brusthöhe war der älteste Baum – eine Lärche – 2021 mindestens 661 Jahre alt (Abb. 2). Überraschenderweise stand dieser Methusalem-Baum nicht im Cröterwald mit seinen frei stehenden Kolossen, sondern im dichteren und sich verjüngenden Capettawald. Gleichwohl fällt auf, dass im Cröterwald etwa die Hälfte der beprobten Lärchen mehr als 500 Jahrringe aufwiesen. Bei der Arve mit den meisten Jahrringen, einem Exemplar im Hohenhauswald, kam die Jahrringdatierung auf 506 Jahre. Jedoch wiesen die alten Arven allesamt Kernfäule auf, wodurch die innersten Jahrringe fehlten (Abb. 1). Zwar gehören die Arven ebenso wie die Lärchen zu den Kernholzbäumen, lagern im Kernholz also Substanzen ab, welche die Zell-

20

BuWa2023-03_020 20

06.06.2023 13:58:05


Abb. 1: Typischer Habitus von alten Lärchen (oben links) und Arven (oben rechts). Für die Jahrringanalyse bei lebenden Bäumen werden Stammbohrkerne entnommen (unten links). Bei älteren Arven erschwert die Kernfäule die Alters­ abschätzung, wie in dieser Stammscheibe eines umgefallenen Baumes ersichtlich (unten rechts).

(Bilder: A . Carella (oben links), G . von Arx (oben rechts), D . Nievergelt (unten links), S . Lock (unten rechts))

wände imprägnieren und die Dauerhaftigkeit des Holzes erhöhen, im Falle der Arve jedoch nicht ausreichend . Man kann daher davon ausgehen, dass die ältesten Arven im Avers nicht weniger alt

sind als die ältesten Lärchen . Eine verlässliche Abschätzung der fehlenden Jahrringe im Stamminnern wäre aufwendig: weil die Jahrringbreiten durch Alterstrends und Umweltbedingungen, Stö-

21

BuWa2023-03_021 21

06.06.2023 13:58:06


al. 2020). Auch wenn die Umweltbedingungen und die Waldnutzung sich im Laufe der Jahrhunderte verändert haben, wäre damit eine Abschätzung der Keimjahre möglich. Die eingangs gestellte Frage kann man zurzeit also nicht abschliessend beantworten. Vermutlich halten die Avers-Methusaleme auch nicht den Altersrekord für ihre Arten (siehe Beitrag von Brodbeck et al. in diesem Heft, sowie Bott 2014). Gleichwohl ist die Häufung von solch jahrhundertealten Baummonumenten, wie sie im Avers anzutreffen sind, für den Alpenraum selten. Dr. Georg von Arx leitet die Forschungsgruppe Dendro­ wissenschaften an der WSL und befasst sich mit dem Wachstum von Bäumen in Wechselwirkung mit Umwelt­ einflüssen sowie mit Klimarekonstruktionen. Daniel Nievergelt ist technischer Fachspezialist für Jahr­ringforschung an der WSL. Er befasst sich mit der ­Beprobung, Vermessung, Analytik und Archivierung von Jahrringen. Dr. Andreas Rigling ist Professor an der ETH Zürich und untersucht den Einfluss des Umweltwandels auf unsere Wälder und wie die Waldbewirtschaftung mit Blick in ­ die Zukunft angepasst werden soll. Annatina Hassler hat Geographie und Wald und Land­ Abb. 2: Die Linien geben die Länge der Jahrringserien der

schaft studiert und ist seit Mitte Studium an ver­

einzelnen im 2021 beprobten Lärchen (oben) und Arven

schiedenen Projekten an der WSL als Aushilfe in der

(unten) an.

Datenerhebung tätig.

rungen sowie Bestandesdynamik beeinflusst werden, kann man nicht einfach von den vorhandenen auf die fehlenden Jahrringe schliessen. Durch die Beprobung einer ausreichenden Anzahl jüngerer Bäume vom selben Standort, die weniger oder keine Kernfäule aufweisen, könnte man jedoch zumindest die lokalen Alterstrends Schicht für Schicht bis zum Mark rekonstruieren, wie bei den russischen Holzpuppen (Matrjoschka) (Baudet et

Literatur Baudet, M., Josefsson, T., and Östlund, L., 2020. New insights into estimating the age of old Scots pine from increment cores with stem rot. Dendrochronologia 64:125782. Bott, G. 2014. Kugelarve in Celerina, die älteste Bündner Greisin. Bündner Wald 1:9–11. Piovesan, G., and F. Biondi. 2021. On tree longe­ vity. New Phytologist 231:1318–1337.

22

BuWa2023-03_022 22

06.06.2023 13:58:07


500 Jahre Walddynamik in den Lärchen-Arvenwäldern des Avers Die teilweise stark veränderte oder gar aufgegebene Nutzung der Wälder im Avers hat dazu geführt, dass sich Baumverjüngung etablieren konnte, welche die zahlreichen alten Lärchen und Arven zunehmend bedrängen. Alexander Carella, Dr. Frank Krumm, Daniel Nievergelt, Dr. Andreas Rigling

Offene, lichtdurchflutete Weidwälder entwickelten sich dadurch zu dichteren, dunkleren Beständen. So beispielsweise im Capettawald, der seit über 60 Jahren nicht mehr beweidet wird und kaum bewirtschaftet wurde. Vielerorts stieg zudem die Waldgrenze an (Abb. 1). Im Gegensatz dazu blieb im bis heute intensiv beweideten Cröterwald die Zeit gewissermassen stehen. Jahrringanalysen zeigten auf, dass sich das Jugendwachstum der Bäume im Cröterwald über die Jahrhunderte wenig verändert hat – die Lichtbedingungen sind hier also ähnlich wie vor Jahrzehnten und Jahrhunderten. Somit ist der Cröterwald ein lebender Zeuge der vergangenen, über Jahrhunderte praktizierten Waldweide. Er ist heute von hohem ökologischem Wert und enthält wertvolle Trockenweiden von nationaler Bedeutung. Doch auch hier ist nichts für die Ewigkeit: Die Stammzahl nimmt kontinuierlich ab, und es fehlt der Nachwuchs für kommende Baumgenerationen. Um eine wissenschaftliche Grundlage für die Wahl waldbaulicher Eingriffe im Avers zu schaffen, muss berücksichtigt werden wie Veränderungen der Landnutzung und des Klimas die Bestandesdynamik und das Baumwachstum beeinflussen. Hierfür ist es von grundlegender Bedeutung, wie und wann die Wälder entstanden sind und wie sie heute wachsen. Deshalb wurden in einer Masterarbeit (Carella 2022) die Verjüngungs-, Bestandes- und Wachstumsdynamik ausgewählter Waldbestände im Avers analysiert, mit speziellem Fokus auf klimatische und andere standortspezifische Faktoren, die das Baumwachstum beeinflussen. Die Ergebnisse

wurden anschliessend im Kontext der aktuellen klimatischen Bedingungen und der regionalen Landnutzungsgeschichte diskutiert und Konsequenzen für die zukünftige Bewirtschaftung abgeleitet. Bestandesdynamik In allen untersuchten Beständen wurden Bäume beprobt, die ein sehr hohes Alter aufweisen. Über 600-jährige Baummonumente («Methusalembäu­ me») sind im Avers einige anzutreffen, wie in Abbildung 2 ersichtlich ist. Dabei handelt es sich ausschliesslich um Arven und Lärchen. Das Ausbleiben

Abb. 1: Die Dynamik an der oberen Waldgrenze verändert sich: weniger intensive Beweidung und Klimawandel führen zu vermehrter Ansamung von Baumverjüngung und einer Zunahme der Bestandeskonkurrenz. Das Bild stammt aus dem Madris, an der Waldgrenze des Cröter­ und Hohenhauswaldes.

(Bild: Dr. A. Rigling)

23

BuWa2023-03_023 23

06.06.2023 13:58:07


husalembäume, werden die heute rund 100-jährigen Bäume deren Platz einnehmen. Fundamental anders sieht die Situation im Cröterwald aus. Hier hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts kein Verjüngungsschub stattgefunden, was in erster Linie auf den hohen Weidedruck zurückzuführen ist. Dadurch konnte sich ein sehr alter Bestand entwickeln, der sich seit Jahrhunderten nur punktuell verjüngen konnte. Es ist diese aussergewöhnliche Situation, die gewissermassen einen Blick in die Vergangenheit erlaubt: Basierend auf den durch dieses Forschungsprojekt gewonnenen Erkenntnissen können wir davon ausgehen, dass die Bestände im Avers in ihrer Bestandesstruktur über Jahrhunderte sehr ähnlich waren wie diejenige im Cröterwald. Um das Jahr 1900 setzte dann ein massiver Verjüngungsschub ein, der im Cröterwald nicht stattgefunden hat.

Abb. 2: Etablierungsjahr von Bäumen über einen Zeitraum von über 800 Jahren im Cröter­, Hohenhaus­ und Capetta­ wald. Jeder Kasten repräsentiert eine Probefläche (Pxy), angeordnet von unten nach oben entlang des Höhengradi­ enten. Der prozentuale Anteil der jeweiligen Baumarten ist pro Probefläche im Kreisdiagramm angegeben: Fichte (gelb), Lärche (orange), Arve (grün). Die Anzahl Bäume pro Probefläche ist mit n=xy angegeben.

(Quelle: Carella et al. 2022, abgeändert).

der Fichte im Cröter- und Hohenhauswald ist vermutlich auf die vergangene und aktuelle Bewirtschaftung zurückzuführen. Die Konsequenz der Veränderungen der Landnutzung ist im Hohenhaus- und Capettawald klar ersichtlich: Ab dem 20. Jahrhundert etablierten sich flächig neue Bäume. Sterben in naher oder ferner Zukunft die alten Met-

Waldverjüngung Die in der statistischen Auswertung verwendeten Modelle belegen in den untersuchten Beständen die generelle Bedeutung eines geringen Kronendeckungsgrades für eine erfolgreiche Baumverjüngung. In den offenen Beständen an der Waldgrenze, wo der Beweidungsdruck gering und die Lichtverfügbarkeit hoch ist, wird sich die Verjüngung auch in Zukunft weiterhin erfolgreich etablieren können – hauptsächlich Lärchen-dominiert, mit Arve und Fichte beigemischt. Im Cröterwald könnte die geringe Stammzahl dazu führen, dass Lawinen und Gleitschnee die Verjüngung daran hindern, sich in der gewünschten Geschwindigkeit zu entwickeln. In tieferen Lagen verhindert der hohe Weidedruck und das punktuelle Entfernen von Verjüngung das Aufkommen von Jungwald. Im Hohenhaus- und Capettawald bleibt die Verjüngungsdichte (abgesehen von der Waldgrenze) aufgrund des hohen Kronendeckungsgrades gering. Als stark lichtabhängige Art wird sich in diesen, inzwischen weitgehend geschlossenen Beständen, insbesondere die Lärche kaum verjüngen können.

24

BuWa2023-03_024 24

06.06.2023 13:58:07


Abb. 3. Unterschiedliche Wachstumstrends bei Lärche und

in tiefen Lagen auf Kosten der Arve ausbreiten können? Falls ja, wäre dies für die zukünftige Wald­dynamik der obersubalpinen Höhenstufe von grosser Bedeutung, doch bedarf diese These noch weiterer Aufmerksamkeit und Forschung – Vergleichende Untersuchungen in benachbarten Tälern würden es erlauben, die Resultate aus dem Avers in einen grösseren Kontext zu stellen.

Arve als möglichen Einfluss des Klimawandels auf das Baumwachstum? Die Erwärmung der letzten Jahre geht

Alexander Carella arbeitet als wissenschaftlicher Assistent

bei der Lärche einher mit einem Wachstumsanstieg, nicht

an der Professur Waldökologie der ETH. Er führt ange­

aber bei der Arve. Dargestellt ist das Jahrringwachstum als

wandte Forschungsprojekte im Lehrwald Sedrun durch

über 32 Jahre gemittelter Jahrringbreite­Index.

und betreut Lehrveranstaltungen.

(Quelle: Carella et al. 2022, abgeändert).

Baumwachstum Korrelationsanalysen zwischen Jahrringwachstum und klimatischen Parametern belegen, dass die Sommertemperaturen für das Baumwachstum in diesen Höhenlagen von entscheidender Bedeutung sind. Entsprechend zeigen v. a. die Lärchen aller untersuchten Bestände im Avers seit den 1980er-Jahren einen starken Wachstumsanstieg, der mit den ansteigenden Temperaturen im Klimawandel übereinstimmt (vgl. Abb. 3). Zudem könnten aber auch die seit 1982 ausgebliebenen schweren Lärchenwickler-Ausbrüche zu diesem Wachstumsanstieg beigetragen haben. Anders sieht es hingegen bei den Arven aus, die in tieferen Höhenlagen in den letzten Jahrzehnten einen negativen, in hohen Lagen einen positiven Wachstumstrend aufweisen. Dies könnte auf eine Empfindlichkeit der Arve gegenüber wärmeren und allenfalls trockeneren Bedingungen hinweisen. Unabhängig davon zeigen die Resultate unserer Untersuchung, dass die beiden Baumarten Lärche und Arve sehr unterschiedlich auf die sich ändernden Wachstumsbedingungen reagieren. Dies könnte langfristig einen Einfluss auf ihre Konkurrenzkraft und letztlich auf die zukünftige Artzusammensetzung der Wälder im Avers haben. Wird sich die Lärche durch ihr verbessertes Wachstum

Dr. Frank Krumm ist Wissenschaftler an der WSL und erforscht Integrative Konzepte der Waldbewirtschaftung unter Berücksichtigung der verschiedensten Ansprüche der Gesellschaft an den Wald. Daniel Nievergelt ist technischer Fachspezialist für Jahrringforschung an der WSL. Er befasst sich mit der Beprobung, Vermessung, Analytik und Archivierung von Jahrringen. Dr. Andreas Rigling ist Professor an der ETH Zürich und untersucht den Einfluss des Umweltwandels auf unsere Wälder und wie die Waldbewirtschaftung mit Blick in die Zukunft angepasst werden soll.

Literatur Carella A (2022) 500 years of forest growth dynamics in the high mountain valley Avers, Switzerland. Masterarbeit ETHZ. Carella A, Krumm F, Nievergelt D, Rigling A (2022) 500 Jahre Walddynamik im Avers. In Bürgi M, Lock S (Eds) Zur Geschichte der Wälder im Avers. WSL Ber. 127: 73–76.

25

BuWa2023-03_025 25

06.06.2023 13:58:08


Walddynamik verstehen, um den Waldbau anpassen zu können Lärche und Arve, Charakterbaumarten der oberen Höhenstufen der Alpen, zusammen wachsend, ausgedehnte Wälder prägend und doch mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften und Strategien und entsprechend differenzierter waldbaulicher Behandlung. Alexander Carella, Dr. Frank Krumm, Jürg Hassler, Enrico Netzer, Dr. Marco Vanoni, Dr. Andreas Rigling

Lärchen­Arvenwälder Die Lärche ist eine ausgesprochene Pionierbaum­ art der subalpinen und obersubalpinen Höhenstu­ fe, wobei sie auch in tieferen Lagen beigemischt vorzufinden ist. Sie ist eine Lichtbaumart und sehr genügsam bezüglich Nährstoffverfügbarkeit und sie produziert leichte, flugfähige Samen, welche erfolgreich auf Rohboden, aber weniger gut bei Humusauflage keimen. Die Lärche zeigt zudem ein schnelles Jugendwachstum und erreicht grosse maximale Baumhöhen, die es ihr erlauben, sich langfristig in der Oberschicht gegenüber der Arve zu behaupten. Die Arve hingegen ist eine Baumart der späteren Sukzessionsstadien, welche Schatten besser erträgt als die Lärche, aber anspruchsvoller bezüglich Wasserverfügbarkeit ist: Sie gedeiht am besten auf mittelfeuchten Standorten mit ausge­ glichenem Wasserhaushalt – auf Trockenstandor­ ten verliert sie an Konkurrenzkraft. Die Arve wächst bevorzugt in der obersubalpinen Stufe, wo sie sich der Konkurrenz durch andere Baumarten wie der Lärche oder der Fichte entziehen kann. Die durch den Tannenhäher verbreiteten Arvennüss­ chen keimen vorzugsweise auf stark humosen Oberböden (ETH 1995; Gugerli et al. 2023). Lär­ chen und Arven wachsen oft in Mischung, auch mit Fichte. Entscheidend für das Zusammenspiel in Mischbeständen sind neben den recht unter­ schiedlichen ökologischen Eigenschaften, der To­ pografie und dem Mikroklima die Häufigkeit von Störungsereignissen wie auch das Vorhandensein

und die Intensität von Beweidung, welche die Lär­ che generell bevorteilen. Veränderte Dynamik in den Lärchen­Arven­ wäldern im Avers Dieses Zusammenspiel von ökologischen Faktoren und den Einflüssen der Landwirtschaft und der Waldbewirtschaftung ist auch in den Wäldern des Avers zu beobachten (Lock und Bürgi 2023, die­ ses Heft). Unsere Untersuchungen konnten klar aufzeigen, dass die untersuchten Waldgebiete während Jahrhunderten stark beweidet wurden – die Bestände waren locker aufgebaut und zwi­ schen den mit grossem Abstand gehaltenen alten Lärchen und Arven (Hassler et al., dieses Heft) wuchs genügend Gras und Kräuter für das Vieh. Baumverjüngung war wenig vorhanden. Die Wäl­ der schauten vermutlich ähnlich aus wie der heu­ tige, immer noch beweidete Cröterwald (Carella et al. 2023, dieses Heft). Dieser besteht weitest­ gehend aus uralten Bäumen, eine mittelalte Baumgenera­tion fehlt vollständig und auch die Verjüngung ­ist, bis auf die wenigen eingezäunten Flächen, nur spärlich vorhanden. Ganz anders sieht es im Capetta- und Hohenhauswald aus, wo die Beweidung schon vor Jahrzehnten eingestellt wurde. Die alten Methusalems (sehr dicke, uralte Bäume mit aussergewöhnlichen Wuchsformen und vielen Mikrohabitaten (z. B. Huber 2023, die­ ses Heft) stehen hier umgeben von teilweise sehr dichter Waldverjüngung (Abb. 1), welche in den

26

BuWa2023-03_026 26

06.06.2023 13:58:09


Abb. 1: Alte Arven im oberen Capettawald, welche bis vor wenigen Jahren als dominante Einzelbäume wuchsen, werden zunehmend vom Jungwald bedrängt.

tieferen Lagen schon in den Kronenraum vorgedrungen ist und die alten Bäume bedrängen – die alten Methusalems scheinen nach Jahrhunderten der Dominanz langsam «unterzugehen» – die Konkurrenz um Licht ist gebietsweise sehr gross und im dunklen Unterwuchs mit beträchtlicher Rohhumusauflage kann sich die Lärche kaum mehr ansamen (Abb. 2). Die Arve hingegen ist erfolgreich, doch dürfte sie in Zukunft, v.a. im Hohenhauswald, mit der sich langsam aus dem unteren Avers ausbreitenden Fichte in Konkurrenz treten.

(Bilder: Dr. Andreas Rigling)

Was heisst das für den zukünftigen Waldbau? Aufgrund der vorliegenden Resultate der Waldentwicklung können waldbauliche Massnahmen abgeleitet werden, mit dem Ziel, das Leben der uralten Bäume zu verlängern und dadurch auch die für die Biodiversität wichtigen Mikrohabitate zu sichern. Gleichzeitig soll auch die nächste Generation alter Bäume gefördert, die Verjüngungssituation verbessert und insgesamt die Stabilität dieser besonderen Wälder erhöht werden: 1. Die Stammzahl im direkten Umfeld um die Baummonumente, v. a. im Capetta- und teil-

27

BuWa2023-03_027 27

06.06.2023 13:58:11


Abb. 2: Uralte, entwurzelte Arve im unteren Capettawald. Der früher lichtdurchflutete Bestand ist heute dunkel und die Lärche kann sich unter diesen Bedingungen nur noch in Öffnungen und auf Wurzelstöcken verjüngen.

weise auch im Hohenhauswald, sollte verringert werden, um die erhöhte Konkurrenz um die Ressourcen Licht und Wasser zu reduzieren . Dies ist insbesondere für die monumentalen Arven der tiefen Lagen von Bedeutung, da ihre maximale Baumhöhe geringer ist als diejenige der Lärchen und sie bereits heute mit einem reduzierten Durchmesserwachstum zu kämpfen haben . Spätestens wenn der Einwuchs junger Bäume in die Kronen der Altbäume vorstösst, sollte aufgelichtet werden . 2 . Mittels gezielter Stabilitätsdurchforstungen, v . a . im Hohenhauswald, sollten ausgewählte mittelalte Bäume zu Stabilitätsträgern herangezogen werden, um mittelfristig die Bestandestabilität

zu erhalten, wenn die alten Baummonumente mit der Zeit absterben . 3 . Unter Berücksichtigung der grossen Unsicherheiten in Bezug auf die Auswirkungen des Klimawandels sollte wo möglich die Baumartenvielfalt erhöht werden . Dabei sollte nicht nur auf die Lärche und Arve abgestützt, sondern auch die sich ausbreitende Fichte und beispielsweise auch Birke, Vogelbeere und Aspe gezielt miteinbezogen werden, um die Resilienz der Wälder zu stärken . 4 . Im Cröterwald sollten die offenen Strukturen erhalten bleiben, aber trotzdem die Nachhaltigkeit bezüglich Nachwuchs und Baumartenmischung sichergestellt werden . Dies kann und

28

BuWa2023-03_028 28

06.06.2023 13:58:12


soll dank einer Wald-Weide-Regelung bei fortgesetzter Beweidung geschehen. Dafür muss zwischen den Baummonumenten die Verjüngung punktuell gefördert oder angelegt werden – unter Berücksichtigung von Wild- und Weideschutzmassnahmen. 5. Die Steuerung der Baumartenmischung sollte im Auge behalten werden: Gerade in den tieferen Lagen des Capettawaldes, wo die Bäume sehr wüchsig, die Bestände zunehmend dichter und dunkler und die Humusauflagen immer mächtiger werden, ist eine natürliche Verjüngung mit Lärche nur mit unverhältnismässig grossem Aufwand möglich und langfristig wird sich die Arve und allenfalls die Fichte durchsetzen. Um die Lärche im Spiel zu halten, können, falls natürlicherweise nicht genügend vorhanden, Öffnungen und punktuell auch Bodenschürfungen gemacht werden. Die vorgeschlagene waldbauliche Planung versucht die Waldentwicklung so zu steuern, dass die zu erwartenden Herausforderungen trotz Unsicherheiten bezüglich Klimawandel und zukünftig nachgefragter Waldleistung erfüllt werden können – sie basiert auf einem Verständnis der aktuellen Walddynamik im Lichte der vergangenen Landnutzung unter Berücksichtigung der lokalen Traditionen und Bedürfnisse. Nicht unmittelbar berücksichtigt sind die entstehenden Kosten für waldbauliche Massnahmen und wer diese schlussendlich tragen kann, sowie übergeordnete Rahmenbedingungen und gesellschaftliche Erwartungen, die einen entscheidenden Einfluss auf die heute und zukünftig nachgefragten Waldleistungen haben dürften. Alexander Carella arbeitet als wissenschaftlicher Assistent an der Professur Waldökologie der ETH. Er führt ange­ wandte Forschungsprojekte im Lehrwald Sedrun durch und betreut Lehrveranstaltungen. Dr. Frank Krumm ist Wissenschaftler an der WSL und erforscht Integrative Konzepte der Waldbewirtschaftung

unter Berücksichtigung der verschiedensten Ansprüche der Gesellschaft an den Wald. Jürg Hassler ist als Förster beim AWN Graubünden im Bereich Waldökologie tätig. Er unterstützt die Produktver­ antwortlichen in den Themen Reservate, seltene Tier­ und Baumarten und Habitatbäume. Enrico Netzer ist Revierförster und Betriebsleiter des Revierforstamts Ferrera/Avers. Dr. Marco Vanoni leitet den Bereich Schutzwald & Waldökologie an der Zentrale des Amts für Wald und Naturgefahren in Chur. Dr. Andreas Rigling ist Professor an der ETH Zürich und untersucht den Einfluss des Umweltwandels auf unsere Wälder und wie die Waldbewirtschaftung mit Blick in die Zukunft angepasst werden soll.

Literatur Carella A, Krumm F, Nievergelt D, Rigling A (2023) 500 Jahre Walddynamik in den Lärchen-Arvenwäldern des Avers. Bündner Wald, dieses Heft, 23–25. ETH (1995) Mitteleuropäische Waldbaumarten – Artbeschreibung und Ökologie unter besonderer Berücksichtigung der Schweiz. Professur Waldbau und Professur Forstschutz & Dendrologie. ETH Zürich, 248 S. Gugerli F, Brodbeck S, Bebi P, Bollmann K, Dauphin B, Gossner M, Krumm F, Peter M, Queloz V, Reiss G, Rellstab C, Stofer S, Von Arx G, Wasem U, Zweifel R (2022) Die Arve – Portrait eines Gebirgsbaumes. Merkblatt für die Praxis, 72. 16 p. doi: 10.55419/wsl:31959 Hassler A, Nievergelt D, von Arx G (2023) Bündner Wald, dieses Heft, 20–22. Huber B (2023) Vielfalt der Holzkäferfauna in den Lärchen-Arvenwäldern im Avers. Bündner Wald, dieses Heft, 44–45. Lock S, Bürgi M (2023) Nutzungsgeschichte der Wälder des Avers. Bündner Wald, dieses Heft, 12–19.

29

BuWa2023-03_029 29

06.06.2023 13:58:13


Der Wald aus der Sicht der Gemeinde Das Gemeindegebiet von Avers liegt grösstenteils über der Waldgrenze. Es ist nur ein kleiner Teil der Fläche bewaldet. Bereits in früheren Zeiten hatte der Wald trotzdem eine äusserst wichtige Funktion. Ihm ist die Bewohnbarkeit des Avers zu verdanken. Der Wald lieferte das Holz zum Bau und Unterhalt der Gebäude und das überlebenswichtige Brennholz. Angesichts der bescheidenen nutzbaren Waldflächen und der jeglicher Nutzung entzogenen Schutzwälder wurden die Holzbezüge sehr genau gesteuert und überwacht. Kurt Patzen

Diese Überlieferungen von Generation zu Generation sind sicher mit ein Grund, dass die wenigen Wälder, die es in der Gemeinde gibt, den Einheimischen sehr am Herzen liegen. Jedes Mal, wenn Holz geschlagen wird, kommt die Frage auf: Ist das wirklich nötig? … Muss so viel gefällt werden? Auch das Errichten eines Naturwaldreservats im Capettawald, das vom Kanton angeboten wurde,

Höjahuswald 1919.

(Fotos: Kurt Patzen)

hat die Bevölkerung abgelehnt. Sie möchte nicht, dass Fremde über den Schutz ihres Waldes bestimmen. Sie möchte soweit wie möglich selber über ihren Wald befinden, so wie es ihre Vorfahren die letzten Jahrhunderte getan haben. Und wie die Studie der Forschungsanstalt WSL gezeigt hat, ist es gar nicht so schlecht gelungen. So sind sie eben, die Walser. Ich wohne nun seit 65 Jahren beim Höjahus im Madris, einem Seitental vom Avers. Ich bin auf unserem Bauernhof aufgewachsen, der mittlerweile von meinem Sohn in 3. Generation bewirtschaftet wird. Für mich ist es heute noch der beste Ort zum Wohnen, mit allen Vor- und Nachteilen. Der Weiler Höjahus liegt auf 1800 m ü. M. Auf der linken Talseite talauswärts hat es noch etwas Wald. Ein Teil davon ist als Schutzwald ausgeschieden. Es ist beruhigend zu wissen, dass oberhalb unserer Siedlung ein intakter Bannwald steht. In schneereichen Wintern gab es schon verschiedentlich Situationen, dass ich mich dank dem Wald sicher fühlte. Die Entwicklung des Waldes, speziell des Höjahuswaldes, habe ich auf verschiedene Arten erlebt. Zum einen haben wir als Kinder auf einer markanten Arve am Waldrand eine kleine Plattform gebaut. Diese gibts heute noch. Und jedes Mal, wenn ich daran vorbeigehe, bin ich erstaunt, dass

30

BuWa2023-03_030 30

06.06.2023 13:58:13


sich die alte Arve in den 60 Jahren überhaupt nicht verändert hat. Anderseits hat in dieser Zeit die Verjüngung vor allem bei den Lärchen sehr stark zugenommen. Die Beweidung im Wald ist durch die entstandene Verbuschung immer mehr behindert worden. Der Höjahuswald ist Teil unserer Rinderalp. Die Tiere befinden sich im Frühjahr und im Herbst jeweils zwei Wochen im Waldgebiet. Diese Weideflächen sind für den Fortbestand unserer Alp von grösster Wichtigkeit. Das hat dazu geführt, dass wir in Zusammenarbeit mit dem Bergwaldprojekt über mehrere Jahre Pflege-, Entbuschungs- und Aufräumarbeiten durchgeführt haben. Solche Arbeiten sind inzwischen an mehreren Orten im Tal, wo sich Wald und Weide begegnen, vorgenommen worden oder sind geplant. Es ist wichtig, dass die Zusammenarbeit zwischen Alpwirtschaft und Waldwirtschaft gut funktioniert. Mit etwas Rücksicht beiderseits und mit gesundem Menschenverstand sind auch in Zukunft gute Lösungen erzielbar. Heute wird unser Wald gemäss Vorgaben von Bund und Kanton bewirtschaftet und gepflegt. Wirtschaftlich gesehen verursacht der Wald der Gemeinde jedes Jahr ein Defizit. Mal mehr, mal weniger. Was der Wald aber dem Tal für Vorzüge bietet, ist unbezahlbar. Nebst dem Schutz vor Lawinen im Winter ist vermehrt auch der Schutz vor Steinschlag und Rüfen in den Sommermonaten wichtig. Der Wald trägt auch zu einer guten Wohnqualität bei. Für die Menschen, die gerne Wald haben, gibt er das Gefühl von Geborgenheit. Diejenigen, die oberhalb der Baumgrenze leben und aufgewachsen sind, fühlen sich vielleicht wohler, wenn sie den Wald aus einer gewissen Distanz geniessen können. In unserem Hochtal ist nebst der Landwirtschaft der Tourismus die wichtigste Einnahmequelle. Das unbezahlbare Kapital dafür ist unsere atemberaubende und intakte Landschaft. Die verschiedenen und einzigartigen Wälder leisten dazu einen wesentlichen Beitrag. Die Gemeinde unterhält ca. zwölf Kilometer Wanderwege, die durch das Waldgebiet

Höjahuswald 2019.

führen. Diese sind bei unseren Gästen sehr beliebt und rege begangen. Es führen verschiedene, wichtige Wege über unser Wanderwegenetz. Unter anderem sind das die alte Avnerstras­se, der Walserweg Graubünden oder die Via Alpina. Es wäre nun wichtig, dass die Gemeinde dafür sorgt, dass die Wanderer auf ihrem Weg durch die Wälder auf die verschiedenen Forschungsergebnisse der WSL aufmerksam gemacht werden. Das könnte mit einem Faltblatt, mit Beschriftungen einzelner Objekte oder gar als Themenweg geschehen. Ansonsten habe ich für die Zukunft der Wälder im Avers keine Bedenken. Es besteht eher die Gefahr, dass sich der Wald zu stark ausbreitet und die Weide- und Alpwirtschaft konkurrenziert. Durch die Klimaerwärmung wird sich dieser Prozess noch beschleunigen. In dieser Hinsicht braucht es nicht nur die Pflege der Wälder, sondern auch die Pflege und Freihaltung der angrenzenden Alpweiden. Kurt Patzen, 65, ist seit 18 Jahren Gemeindepräsident der Gemeinde Avers. Er lebt als Landwirt im Ruhestand im Madris, einem Seitental des Avers.

31

BuWa2023-03_031 31

06.06.2023 13:58:14


Trilogie der Entwicklung einer Lärche

«Der war in den 50er-Jahren schon so! Aber den liess man stehen, den fällte man nicht . Vielleicht muss man ihn eines Tages einmal fällen, dass er nicht auf die Strasse fällt . Aber als wir damals in die Schule gingen, in den 40er-, 50er-Jahren, war der schon hohl, noch nicht so wie jetzt – jetzt kann man ja oben herausschauen . Und rundherum hat es vielleicht noch so viel Holz und die Rinde, und dann ist schon fertig . […] Und er wächst immer noch . Er ist immer noch grün! Warum soll man den fällen?» Anton Heinz (geb. 1939), Andeer

32

BuWa2023-03_032 32

06.06.2023 13:58:15


Die «hohle Lärche» am Eingang ins Madris, ein beeindruckendes Baumindividuum, das sowohl Fotografen wiederholt als Sujet diente, als auch bei vielen Avnern mit Erinnerungen bis in die Kindheit verbunden ist. (Bilder v .l .n .r .): Privatsammlung Jürg und Christian Stoffel (Ausschnitt); Werner Nägeli, «Madrisertal Lärche mit regeneriertem Gipfelbruch» . (1950, WSL Bildarchiv; Susan Lock, WSL, 2022)

33

BuWa2023-03_033 33

06.06.2023 13:58:17


Eine einmalige Waldlandschaft ­lebendig erhalten Die Herde der robusten Capra-Grigia war ständig unter Kontrolle. Mittlerweile sind die Lärchenweidwälder bei Hohenhaus und im Cröterwald durchforstet und die Bachalpa entbuscht. Mit dem Bergwaldprojekt im Avers wurde eine bedrängte Kultur­landschaft aufgewertet. Vor allem aber haben während zehn Jahren mehr als 300 freiwillige Helferinnen und Helfer den Wert einer einmaligen Waldlandschaft und ihre Menschen kennen- und schätzen gelernt. Martin Kreiliger

Mit den Waldfeinden kooperieren Das Bergwaldprojekt hatte bereits einige Zeit vor den Arbeiten im Avers begonnen, mit den «Waldfeinden» zu kooperieren. Damit sind Ziegen gemeint, deren Einfluss auf den Wald gemeinhin als schädlich angesehen wird. In vielen unserer Projekte – so werden bei uns die Arbeitseinsätze genannt – mähen die Freiwilligen Wiesen, roden Alpenerlen, trimmern und entbuschen, bauen Tristen auf oder fällen reihenweise Fichten. Es sind Massnahmen gegen die zunehmende Einwaldung von Freiflächen im Berggebiet und den damit einherge-

henden Verlust an landschaftlicher Vielfalt, Biodiversität, Artenreichtum und ökologischer Resilienz. Dabei beobachten wir, dass trotz viel «Man- & Womanpower» die Lichtungen und Alpwiesen rasch wieder einwachsen, wenn sie in naher Zukunft nicht gemäht oder beweidet werden. Deshalb begann das Bergwaldprojekt, auch alp­ wirtschaftliche Betriebe zu unterstützen. Die Freiwilligen führen dabei forstliche Arbeiten aus und hirten parallel dazu eine Ziegenherde. Ziegen sind nämlich auch dann nützlich, wenn Wiesen und Weiden nicht mit Gehölzen einwachsen sollen. Auf

Bei der Durchforstung fällt viel Astmaterial an, welches

Wird der Lärchenweidwald nicht gepflegt, entstehen

zur Weidepflege zu riesigen Haufen aufgeschichtet wird.

dichte und instabile Bestände, welche eine Beweidung

verunmöglichen.

(Bilder: Bergwaldprojekt)

34

BuWa2023-03_034 34

06.06.2023 13:58:17


der Suche nach neuen Alpprojekten gelangten wir ins Madris, das grösste Seitental des Avers, wo es eine besondere Form von offener Kulturlandschaft gibt, die Lärchenweidwälder. Der Lärchenweidwald droht zu verschwinden Die im Avers eingesetzten Freiwilligen lernten zuerst einmal, dass Lärchenweidwälder trotz ihres hohen landschaftlichen und ökologischen Werts nicht «Natur pur» sind, sondern im Gegenteil «agroforstliche Industriezonen». Schon zu Walserzeiten wurden sie zum Zweck der Beweidung im Rahmen der Viehwirtschaft begründet. Ihre lichtdurchflutete Struktur mit wenig Bäumen bleibt nur bestehen, wenn die konkurrenzschwache Lärche konsequent gefördert wird und die eigentliche Hauptbaumart Arve und die Fichte entfernt werden. Dazu ist viel Handarbeit notwendig, welche die moderne Landwirtschaft heute nicht mehr leisten kann. Der Hohenhauswald im Madris ist einer der wichtigsten der seit Jahrhunderten beweideten Wälder des Avers. Seine Bestockung bestand früher aus wenigen sehr alten Lärchen, teilweise auch Arven, eigentlichen Baummonumenten. In den letzten Jahrzehnten hat er sich sukzessive zu einem immer geschlosseneren Wald zurückentwickelt. Die Lärche verjüngt sich sehr stark, begünstigt durch die Bodenverletzungen infolge des Tritts der Rinder. Auch die Arve breitet sich aus. Zwischen den alten Lärchen und Arven stehen nun stammzahlreiche Verjüngungsgruppen aus meist dünnen Einzelbäumen. Sie sind empfindlich auf Schneedruck, und die gebrochenen und schrägen Stämme sind ein Hindernis für die Beweidung. Der Schutzwald hält Einzug Der Hohenhauswald bildet den unteren Teil der Alp, welche die ortsansässige Bauernfamilie bewirtschaftet. Sie konnte dort Hilfe beim Bau einer Wasserleitung brauchen und hatte eben erst begonnen, neben den Mutterkühen eine Ziegenherde zu alpen. Dies deckte sich mit der Idee des Berg-

Freiwillige beim Räumen und Durchforsten.

waldprojekts, und so startete im Sommer 2014 das neue Alpprojekt. «Seit 300 Jahren soll die Ziege raus aus dem Schutzwald. Kaum ist das gelungen, bringt das Bergwaldprojekt sie zurück!», war der nur zum Teil ironisch gemeinte Vorwurf, bevor die ersten Freiwilligen mit Pickeln, Handsägen, Bergschuhen und Feldstechern anrückten. Der Hohenhauswald ist nämlich nicht nur für den Hof Madris ein überlebenswichtiger Teil der Alp, sondern auch zu einem grossen Teil als Schutzwald ausgeschieden. Als es darum ging, die forstlichen Massnahmen und das Weidemanagement zu bestimmen, kamen deshalb die verschiedenen, teils gegensätzlichen Ansprüche an den Wald im Madris zur Sprache. In regem Austausch mit allen Beteiligten gelang es, die Interessen der Alpwirtschaft, des Natur- und Landschaftsschutzes und des Schutzwaldes unter einen Hut zu bringen, und die Arbeiten im Projekt konnten beginnen. Ziegen hüten und durchforsten Im Madris war eine Gruppe von jeweils sechs bis acht Freiwilligen wochenweise während des ganzen Sommers im Einsatz. Sie wurden von zwei

35

BuWa2023-03_035 35

06.06.2023 13:58:18


Die Capra­Grigia­Ziegen halten die Landschaft wirkungs­ voll offen.

Fachleuten des Bergwaldprojekts, darunter eine Person mit Alperfahrung, angeleitet. Sie hüteten die auf 230 Tiere angewachsene Ziegenherde. Ober- und unterhalb des Hohenhauswaldes, ausschliesslich ausserhalb des Waldperimeters, wurden so Wacholder und Alpenrose zurückgedrängt und verhindert, dass sich der Wald weiter ausdehnt. Daneben wurde die Alpinfrastruktur mit einer 1,5 km langen Wasserleitung, neuen Brunnen und einem 2,5 km langen Weg zur Alphütte verbessert. Weiter wurden die Lawinenzüge ausgeholzt und von Fallholz geräumt. Seit 2020 betreibt die Bauernfamilie die Alp wieder ohne das Bergwaldprojekt. Sie hat ein innovatives Folgeprojekt gestartet, indem sie nun mit einer Wanderherde aus 300 Ziegen das ganze Madriser-Tal auf wechselnden, gezäunten Flächen beweidet. Die wichtigsten Arbeiten fanden im Wald statt. Im Schutzwald wurde eine Stabilitätspflege durchgeführt und die Arve gefördert, dies auch im beweideten Teil. In den flacheren Partien und am unteren Rand wurde der offene Weidwald durch Ausholzen wiederhergestellt. Überall wurde darauf geachtet, dass trotz der starken Eingriffe genügend junge

Bäume als Nachfolge für den Altbestand verbleiben. Durch Entfernung der schrägstehenden oder liegenden Bäume wurde die Beweidung erleichtert oder wieder ermöglicht. Im Verlauf des Projekts fiel das Augenmerk auf weitere schöne Wälder mit Pflegenotstand. So wurde auch ob Campsut und besonders im Cröterwald mit seinen prächtigen Baummonumenten gearbeitet. Da in Letzterem die gesamte Verjüngung vom Schalenwild gefegt wird, wurden Kleinzäune gebaut, um wenigstens eine minimale Verjüngung für die Nachfolge der uralten Bäume aufzubringen. Insgesamt wurden in mehr als 4000 Arbeitstagen rund 30 ha Wald gepflegt. Aktuell liegt der Schwerpunkt der Arbeiten nicht mehr im Madris, sondern im Obertal. Während eines Monats im Sommer widmen wir uns auf der Bachalpa der Weidepflege und versuchen, die Einwaldung des Tals aufzuhalten. Da hier keine Lawinentätigkeit zu erwarten ist, wird die gesamte Baum- und Strauchvegetation entfernt. Einzelne Baumgruppen werden zur Erhöhung der Biodiversität stehen gelassen. Erbe pflegen und Entwicklungen zulassen Mit jeder weiteren Arbeit und mit jeder und jedem neuen Freiwilligen wurde klarer: Der Hohenhauswald und ebenso die anderen hochgelegenen Wälder im Avers sind durch ihr hohes Alter und die raue Schönheit eine Besonderheit, und die offene Landschaft des Hochtals ist einmalig. Diese Eindrücke haben im Jahr 2020 zum Beginn der Forschungsarbeit der WSL «Zur Geschichte der Wälder im Avers» geführt. Dass die Freiwilligen bei den Feldaufnahmen mithelfen konnten, war eine interessante Abwechslung zur anstrengenden Handarbeit. Offenheit und Eigenständigkeit der Menschen im Avers war der Schlüsselfaktor für das Gelingen des Projekts. Dass die Freiwilligen nützliche Arbeiten zugunsten der Allgemeinheit leisten wollten, wurde von den meisten Einheimischen mit einem gros­

36

BuWa2023-03_036 36

06.06.2023 13:58:19


Der Cröterwald mit seinen Baummonumenten.

sen Vorschuss an Vertrauen honoriert. Wir vom Bergwaldprojekt konnten von der Erfahrung der Ortsansässigen profitieren. Viele Freiwillige haben mehrmals am Projekt teilgenommen oder sind später auch privat ins Avers gereist. Will man den berühmten Lärchenweidwald, die Baummonumente und die offene Landschaft des Avers auch in Zukunft erhalten, gilt es, teils widersprüchliche Entwicklungen zuzulassen. Die Beweidung der Lärchenwälder ist für die zukünftige wirtschaftliche, naturschützerische und kulturelle Entwicklung des Avers unerlässlich. Aber der Schutz vor Naturgefahren, insbesondere vor Lawinen, hat heute eine höhere Bedeutung als früher. Deshalb wurde der Lärchenwald auch bei Beweidung auf Stabilität gepflegt, und der Einwuchs der Arve zugelassen. Zudem wurden einwachsende Flächen mit einer Steilheit über 30 Grad, die also

lawinenfähig sind, nicht entbuscht und die Einwaldung zugelassen. Und ja, die Ziegen müssen auch in Zukunft ausserhalb des Schutzwaldes bleiben. Die Forschungsarbeit der WSL zeigt die grossen Zusammenhänge der Waldlandschaft im Avers auf und setzt so auch die Arbeit des Bergwaldprojekts von der wissenschaftlichen Seite in Wert. Dies motiviert uns, uns weiterhin für diese traditionsreiche und besondere Kulturlandschaft einzusetzen. Martin Kreiliger aus Disentis/Mustér ist Forstingenieur ETH und Geschäftsführer des Bergwaldprojekts. Das Bergwaldprojekt ist eine gemeinnützige Stiftung mit Sitz in Trin. Seit 1987 setzt sie sich mit Freiwilligenarbeit für den Erhalt und die Pflege des Waldes und der Kultur­ landschaft ein. www.bergwaldprojekt.ch/projektavers

37

BuWa2023-03_037 37

06.06.2023 13:58:20


Gebaute Vergangenheit im Avers – Baudenkmäler aus 700 Jahren Im Rahmen des Forschungsprojektes der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft ­(WSL) untersuchte das Dendrolabor des Archäologischen Dienstes in Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege Graubünden bestehende Wohn- und Wirtschaftsbauten im Avers. Dr. Mathias Seifert, Monika Oberhänsli, Christian Stoffel, Pascal Staub

Im Zusammenhang mit denkmalpflegerischen Abklärungen haben die Amtsstellen in den letzten 20 Jahren bereits an 12 Gebäuden des Tales, Wohnhäusern und Ställen, dendrochronologische Daten ermittelt, die sich auf den Zeitraum vom 14. bis 19. Jahrhundert verteilen (Abb. 1). Mit weiteren Datierungen sollte 2021 eine breitere und möglichst weit zurückreichende Datenbasis geschaffen werden, um die Siedlungsgeschichte des Tals anhand seiner Bauten genauer zu erfassen. Dazu wurden in sechs von der Denkmalpflege vorgängig

ausgewählten Häusern 25 hölzerne Bauteile beprobt. Mit den Jahrringmessungen von insgesamt 100 Balken gelang es, einen Jahrringkalender für das Avers zu erstellen, der die Zeitspanne von 1136 bis 1850 lückenlos abdeckt! Historisches zur Einwanderung und Herkunft der Walser Wann begann die Besiedlung des Avers durch die Walser und woher kamen diese? Diese Fragen treibt die Geschichtsforschung um, seit sie sich

2002–2019 untersuchte Bauten 2021 untersuchte Bauten

6 5 4 3 2 12 13

8 9

14

15 16 17

7

11 10

1

18

1 Zurstabüel 2 Campsut, Stall Nr. 220A 3 Campsut, Haus Nr. 222 4 Campsut, Stall Nr. 224A 5 Campsut, Haus Nr. 228 6 Campsut, Stall 7 Madris, Dürraboda 8 Bim Nüwa Hus 9 Cresta, Haus Nr. 120 10 Juf, Schofgada/Johanngada 11 Juppa, Loretzhaus 12 Campsut, Münzelhaus 13 Cröt, Altes Posthaus 14 Cresta, Gassahus 15 Cresta, Nüw Hus 16 Pürt, Under Hüschli 17 Pürt, Haus Nr. 90 18 Juf, Haus Nr. 18

Abb. 1: Übersichtskarte des Avers mit den dendrochronologisch datierten Wohnhäusern und Ställen (Stand 2022).

38

BuWa2023-03_038 38

06.06.2023 14:49:52


mit der Einwanderung deutschsprachiger Volksgruppen im Bündner Alpenraum beschäftigt. Inhalt dieses Beitrages ist die Charakterisierung und Datierung der Walser Wohn- und Wirtschaftsbauten im Avers und nicht die Beantwortung dieser bis heute in Fachkreisen kontrovers diskutierten Themen. Da die frühe Bauzeit einzelner Häuser, genauer einzelner Hausteile, nachgewiesen ist und sich damit die Frage nach deren Erbauer stellt, ist ein Blick auf die schriftliche Quellenlage dennoch gerechtfertigt. Im Rheinwald sind Walser urkundlich bereits für das Jahr 1274 bezeugt. Landschaften des Avers erscheinen in den Statuten von Como für das Jahr 1292. Der Historiker Lothar Deplazes hat die entsprechende Urkunde ausführlich untersucht und kommentiert: Als Wiedergutmachung wird Comaskern für den Raub von Gross- und Kleinvieh, Milchprodukten und Gerätschaften durch Leute des Bistums Chur im oberen Avers und in Bergalga die Erhebung von Zollgebühren auf Waren von Bewohnern der Stadt und des Bistums Chur gewährt. Offenbar wurden die Talschaften, vom Churer Bischof oder seinen Ministerialen verpachtet, in dieser Zeit von Personen aus der Region Chiavenna/Como alpwirtschaftlich genutzt, sie waren demnach noch nicht von Walsern bewohnt. Für das Jahr 1377 ist in einem von Rudolf Salis von Soglio ausgestellten Erblehensvertrag erstmals ein Ammann mit Namen Johannes Ossang, ministralis in valle Avero, für das Avers bezeugt. Die Landnahme und dauerhafte Besiedlung durch die Walser dürfte demnach irgendwann zwischen 1292 und 1377 erfolgt sein, die Angabe eines genauen Zeitpunktes ist nicht möglich. Denkbar ist, dass die andauernden Auseinandersetzungen zwischen dem Churer Bischof und Chiavenna/Plurs um das Madris, die 1329 in einem Waffengang im dortigen Tal gipfelten, die Ansiedlung von Walsern zur Wahrung des bischöflichen Besitzstandes zu Beginn des 14. Jahrhunderts befördert hat. Aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts stammt übrigens der

Gründungsbau der Kirche in Cresta, die den Walsern zugeschrieben wird. Hinsichtlich der Herkunft der Walser sind die Historiker zu widersprüchlichen Ergebnissen gekommen. Mit Ortschaften verbundene Personennamen, die wie im Rheinwald die Einwanderung aus dem Val Formazza im Piemont belegen, sind für das Avers nicht überliefert. Mehrheitlich wird der Zuzug aus dem Rheinwald angenommen, die Einwanderung aus dem oberitalienischen Raum ist wegen der geografischen Distanz zu den dortigen Walsersiedlungen unwahrscheinlich. Die Bevölkerung setzte sich im Avers jedoch nicht nur aus Walsern zusammen. Einzelne Häuser deuten aufgrund ihrer Bauweise (Steinbauten) auf Ansässige aus dem Süden. Da die Romanen in gleicher Weise wie die Walser bauten, ist ihre ebenfalls belegte Präsenz mit Gebäuden nicht fassbar. Im Gegensatz zu den Walsern beschränkte sich ihre Landwirtschaft nicht nur auf Viehzucht, sie betrieben auch Ackerbau, der für die untere Talstufe (Campsut) bezeugt ist. Bauernhäuser, Ställe und Speicherbauten Zum Gehöft der Walser gehören das Wohnhaus, Heu-/Viehställe und ein Speicherbau. Während erstere im Avers noch zahlreich zu sehen sind, ist von den Speichern, die auch als Schlafhäuser genutzt wurden, keiner mehr erhalten. Einer der letzten, der im Stettli im Madris stand, ist fotografisch dokumentiert (Abb. 2). Bei diesem, in der Literatur als «Speicher-Schlafhaus» bezeichnet, handelt es sich um ein für die Talschaft aussergewöhnliches Gebäude. Dreigeschossige «Schlaf-Speicherbauten» ­sind in Safien, Vals und im Tujetsch (ehemalige Walsersiedlungen) dokumentiert, stellen dort aber ebenfalls Ausnahmen im Bestand dar. Zum bäuerlichen Gehöft zählten im Avers gemeinhin Wohnhaus und Stall im Hofweiler, Aussenställe bzw. Stallanteile im Wiesland und die zur Einlagerung des Bergheues erstellen Heubargen «Bärggädemli». Wie die aus dem Wallis bekannten Speicher stand der Speicher-

39

BuWa2023-03_039 39

06.06.2023 14:49:52


Abb. 2: Ein viergeschossiger Speicherbau im Stettli im Madris.

(Bild: Sammlung Ernst Brunner, Schweizerisches Institut für Volkskunde, Basel)

bau im Stettli im Madris abgehoben auf niedrigen Mauerpfeilern. Im Gegensatz zum Wallis fehlten hier aber die dort typischen, aufgesetzten Unterlagsplatten. Wohnhäuser sind im Avers in unterschiedlicher Bauweise anzutreffen. Es gibt einerseits komplett in Stein errichtete Häuser, die in den Südtälern ihre

Entsprechung finden, andererseits Kantholzblockbauten, die nicht, teilweise oder komplett mit Mauerwerk ummantelt sind und mehrheitlich den Walsern zugeschrieben werden. Gemäss älteren Erhebungen und fotografischen Zeugnissen aus dem frühen 20. Jahrhundert standen Steinbauten in Campsut, Cresta und im Madris. Als einziger Steinbau ist das sogenannte «Höfli» in Campsut erhalten, das nach den Ergebnissen der Jahrringdatierungen in den 1490er-Jahren erbaut worden ist (Abb. 3). Bei den Wohnbauten − darunter fällt die Mehrheit der erhaltenen, historischen Wohnhäuser − handelt es sich um zweigeschossige Kantholzblockbauten, die auf einem gemauerten Kellergeschoss stehen. Ummauert ist jeweils zusätzlich der Küchenraum, nicht selten ist der Holzbau auch an den Traufseiten mit einem Mauermantel geschützt (Abb. 4). An Baumarten wurden ausschliesslich Lärchen, Fichten und Arven verbaut. Lärchenholz wurde vor allem für Schwell- und Kranzbalken, Dachpfetten und andere statisch beanspruchte Bauteile verwendet.

Spense Küche Vorhaus

Herd Ofen

Nebenstube

Stube

Abb. 4: Die in den Wohnhäusern der Walser und Romanen Abb. 3: Das Höfli in Campsut, ein Wohnhaus, erbaut in

übliche Raumgliederung (Wohngeschoss) in Mittel­ und

den 1490er­Jahren nach der im Raum Bergell/Chiavenna

Nordbünden (braun: Holz; grau: Stein).

üblichen Bautradition. (Bild: Denkmalpflege Graubünden)

(Zeichnung: Archäologischer Dienst Graubünden)

40

BuWa2023-03_040 40

06.06.2023 14:49:53


Abb. 5: Reich verzierte Gurtbalken an einem Wohnhaus in Vals, Platz.

(Bild: Archäologischer Dienst Graubünden)

Die Strickwände bestehen indes meist aus Arvenoder Fichtenholz. In der Grunddisposition der Raumgliederung mit Vorhaus, Küche, Stube und Nebenstube im Erdgeschoss und Kammer mit Nebenkammer im Obergeschoss unterscheiden sich die Wohnhäuser der Walser nicht von jenen in den benachbarten, von Romanen besiedelten Tälern in Nordbünden. In typologischer Hinsicht zeigen die Wohnbauten enge Bezüge zu jenen im Bergell, indem die Erschliessung meist frontal erfolgt und das Hauptwohngeschoss im Obergeschoss liegt. Durch eine andere Raumordnung grenzen sich hingegen die gemauerten Bauernhäuser im Engadin ab. Wohnhaus und Stall bilden dort eine Ein-

heit. Stube (stüva), Küche (chadafö) und Spense (chamindeda) reihen sich aneinander, der davorliegende, grosszügig bemessene Sulér dient als Arbeitsort, Lager und Durchfahrt in den Stall. Gegenüber den Bauten der romanischen Bevölkerung in der Surselva und der Cadi sind die Giebelund Traufseiten der Walserhäuser im Avers völlig schmucklos. Im Bündner Oberland, aber auch in den von Walsern bewohnten Tälern wie dem Vals, dem Prättigau und dem Schanfigg, die immer in intensivem Kontakt und Austausch mit den angrenzenden Tälern im Norden standen, sind unter und über den Fenstern der Wohn- und Schlafräume ab dem 16. Jahrhundert Gurtbalken zu finden, die mit Rillen- oder Würfelfriesen verziert sind (Abb. 5). Diese Art der Fassadendekoration hat sich vermutlich von der Innerschweiz (Uri, Zug, Schwyz) aus, wo sie schon im 15. Jahrhundert nachgewiesen ist, in Richtung Graubünden ausgebreitet. Das Avers war in der Zeit der saisonalen landwirtschaftlichen Nutzung und auch später, seit der dauerhaften Besiedlung durch die Walser, stärker nach den Süd- als den Nordtälern orientiert. In den Städten im Süden waren, dank gut begehbarer Passverbindungen (Forcellina, Septimer), auch die nächstliegenden Absatzmärkte für Vieh und Milchprodukte zu finden. Diese Verbindungen und Kontakte haben auch in den Zierarten an den Häusern ihren

Abb. 6a/b: Mit Kerbschnitt und Rillen verzierte Pfettenköpfe an Wohnhäusern in Bregaglia, Stampa (a) und in Avers, Am Bach (b).

(Bilder: Archäologischer Dienst Graubünden)

41

BuWa2023-03_041 41

06.06.2023 14:49:55


Die Ausnahme bestätigt die Regel: Nahe dem Podestatenhaus im Obertal steht ein Kantholzblockbau, dessen Fassade verzierte Gurtbalken romanischer Tradition aufweist (Abb. 7). Des Rätsels Lösung: Das erst 2004 von der Zimmerei Maissen in Trun gebaute Ferienhaus (Typ Maissen-Haus, Firmenwerbung) wurde auf Wunsch des im Oberland ansässigen Besitzers im gleichen Stil und mit den gleichen Verzierungen wie die im 18. Jahrhundert errichteten Bauernhäuser der Surselva gebaut: Transfer romanischer Baukultur im 21. Jahrhundert! Abb. 7: Das 2004 erbaute Ferienhaus nahe dem Podesta­ tenhaus ist mit den im 18. Jahrhundert in der Surselva typischen geschnitzten Gurtbalken verziert.

(Bild: Archäologischer Dienst Graubünden)

Niederschlag gefunden. An den meist vollständig gemauerten Wohnhäusern im Bergell und im Raum Chiavenna sind die weit vorstehenden Pfetten die einzigen an den Giebelfassaden sichtbaren Bauteile aus Holz (Abb. 6a). Diese sind häufig mit Kerbmustern und Rillen verziert. Die gleiche Dekoration ist ebenfalls an Dachträgern der Walserhäuser im Avers (Abb. 6b) und vereinzelt auch, als Beleg für die weiträumigen Kontakte, an Häusern im Rheinwald und im Schams zu finden.

Ergebnisse der dendrochronologischen ­Untersuchungen Aus dem Zeitraum vom 11. bis 13. Jahrhundert, während dem das Avers nur alpwirtschaftlich genutzt wurde, sind bisher keine Gebäude oder Reste von Bauten identifiziert worden. Die ältesten Häuser stammen aus dem frühen 14. Jahrhundert, als die Einwanderung der Walser einsetzte. Im Alters-Ranking figuriert das Münzelhaus in Campsut an erster Stelle. Von dem nachträglich komplett ummauerten Kantholzblockbau ist für einzelne, zu Balken verarbeitete Stämme das Fälljahr 1321 bestimmt (Abb. 8a). Nur wenig jünger sind Teile des Blockbaus des Alten Posthauses in Cröt, das um 1360 erbaut worden ist (Abb. 8b). Die Reihe lässt

Abb. 8a/b: Die zwei Wohnhäuser mit den ältesten Bauteilen im Avers: a Campsut, Münzelhaus (1321); b Cröt, Altes Post­ haus (1360).

(BIlder: Archäologischer Dienst Graubünden)

42

BuWa2023-03_042 42

06.06.2023 14:49:56


Abb. 9: Das Nüw Hus in Cresta, in der heutigen Erschei­

Abb. 10: Der in Holz ausgeführte Kernbau des Podestaten­

nungsform ein Bau von 1739.

hauses (1664) ist mit Mauern ummantelt.

(Bild: Denkmalpflege Graubünden)

sich vom 15. bis ins 18. Jahrhundert mit Beispielen des gleichen Bautyps von Pürt (Under Hüschli, 1430), über Cresta (Gassahus, 1509) und Juppa (Loretsch Hus, 1716) bis nach Juf (Haus Nr. 18, 1658) fortsetzen. Überblickt man die Daten der bisher untersuchten Bauten, fällt die Häufung von Fälldaten bzw. Bau- und Umbauten im 16. Jahrhundert auf. Trotz der schmalen Datenbasis mit insgesamt knapp einem Dutzend dendrochronologisch datierter Bauten ist von einem starken Zuwachs der Bevölkerung in dieser Zeit auszugehen. Neben den einfachen Bauernhäusern sind aus dem 17. und 18. Jahrhundert auch zwei herrschaftliche, nun viergeschossige Bauten, das Nüw Hus (1739) in Cresta (Abb. 9) und das noch weiter hinten im Tal gelegene Podestatenhaus (1664) zu nennen (Abb. 10). Beide besitzen einen Kernbau, der über dem gemauerten Kellergeschoss als Blockbau in Walser Tradition errichtet ist. Die vorgesetzten Mauern geben den beiden Häusern aber das Gepräge von reinen Steinbauten. Während das Nüw Hus mit dem fast quadratischen Baukörper und dem flachen Pyramidendach an Vorbildern im Bergell, Chiavenna und Veltlin orientiert ist, erinnert das Podestatenhaus mit den tiefen, trichterförmigen Fenstern und den Sgraffiti an Bauernhäuser im Engadin.

(Bild von 1910, Archiv Christian Stoffel)

Ställe aus historischer Zeit finden sich verteilt über das ganze Avers. Ihr Aufbau folgt dem üblichen Schema des alpinen Bautyps (Abb. 3): Der talseitig zugängliche Viehstall steht als dicht geschlossener Kantholzblockbau auf dem in den Hang gesetzten Mauersockel. Im darüber liegenden Rundholzblockbau gewährleisten die Abstände zwischen den Balken die Belüftung des dort eingelagerten Heus. Stallbauten aus der Gründungszeit der Walsersiedlungen sind bisher nicht gefunden worden. Die dendrochronologischen Untersuchungen ergaben für die Balken einzelner Ställe ungleiche Daten, d. h. bei Umbauten und dem immer wieder erfolgten Ab- und Wiederaufbau baufälliger Gebäudeteile wurden die noch verwertbaren Balken wiederverwendet, die schadhaften durch solche aus frisch gefällten Stämmen ersetzt. Die ältesten, die aus dem 16. Jahrhundert stammen, fanden sich in Ställen in Campsut, zusammen verbaut mit Balken aus dem 19. Jahrhundert. Dr. Mathias Seifert, Monika Oberhänsli (M.A.), Pascal Staub (Archäologischer Dienst Graubünden) und Christian Stoffel (M.A.) (Denkmalpflege Graubünden) haben diesen Beitrag gemeinsam erarbeitet. Literaturverzeichnis und weiterführende Informationen auf www.buendnerwald.ch

43

BuWa2023-03_043 43

06.06.2023 14:49:57


Vielfalt der Holzkäferfauna in den Lärchen-Arvenwäldern im Avers In den Jahren 2014–2015 wurde im Avers die Holzkäferfauna an Arven und Lärchen untersucht. Dabei gelangen Nachweise von vielen seltenen Käferarten sowie zwei Erstnachweise für die Schweiz. Barbara Huber, Romano Costa

Das Wissen über die Käferfauna in Arvenwäldern ist in Europa sehr gering . Das Forschungsprojekt in den Lärchen-Arvenwäldern im Avers ist die erste systematische Untersuchung dazu . Während den Vegetationsperioden der Jahre 2014 und 2015 wurden in der obersubalpinen Höhenstufe im Avers an zwei Standorten Käfer erhoben . Der erste Standort lag zwischen 1800 –2100 m ü . M . im «Capettawald» gegenüber von Cresta, mit rund 34 ha Arvenwald am Nordosthang des Haupttales . Der zweite Standort befand sich zwischen 1740– 2000 m ü . M . im Lärchen-Weidwald «Cröt» am Osthang eingangs des Val Madris . Bei den untersuchten Standorten handelt es sich um frühere Bannwälder (Furrer 1955) mit uralten Bäumen . Das heisst, die Waldbestände standen unter Schutz und es durfte kein Holz genutzt werden . Der altund totholzreiche Lebensraum für die Holzkäferfauna bestand somit bereits seit Jahrhunderten . Die Käfer wurden an fünf Standorten mit jeweils drei verschiedenen Fallentypen gefangen (1,5 m über Boden sowie im Kronenraum) . Ebenfalls wurden Handfänge und Rindengesiebe-Proben durchgeführt . Ast­ material und Pilzkörper, die Frassspuren aufwiesen, wurden in geschlossenen Behältern aufbewahrt und die darin sich entwickelnden Käfer «ausgebrütet» . Das Forschungsprojekt hatte vor allem die Erfassung der Holzkäferarten zum Ziel . Es wurden aber auch sämtliche übrigen gefangenen Käferarten erfasst und auf die Art bestimmt . So konnten 294 Käferarten aus 40 Käferfamilien nachgewiesen werden . Davon gelten mindestens 95 Käferarten als Holzkäfer . Die übrigen Arten sind nicht unbedingt Offenlandarten,

Uralte Arve bei Capetta.

(Bild: B . Huber)

Lärchen­Weidwald Cröt.

(Bild: B . Huber)

44

BuWa2023-03_044 44

06.06.2023 13:58:22


Symbiotes armatus, ein sehr seltener Stäublingskäfer, welcher in einer hohlen Lärche gefunden wurde. (Bild: @ A. Szallies)

sondern Käfer, die ebenfalls den Lebensraum Wald nutzen, aber sich zum Beispiel von den Nadeln der Bäume, von der Krautflur, von Pflanzensamen, Aas oder Dung ernähren oder in Ameisenbauten oder Nestern leben. Erstaunlich ist, dass 22 Arten nachgewiesen wurden, die Wildlosung (oder Kuhfladen) für die Larvenentwicklung benötigen. Das heisst, die Käfer legen ihre Eier in den Dung. Die Larven entwickeln sich darin und ernähren sich davon. Vieles sind auch Bodentiere, die sich von Pflanzenwurzeln, Detritus (vergärte Pflanzen) ernähren oder räuberisch leben. Eine Kurzflüglerart, Atheta reissi, lebt wahrscheinlich in Murmeltierbauten. Die gefundenen Käferarten wurden sogenannten Substratgilden (Schmidl & Bussler 2004) und Ordnungsgruppen (Möller 2009) zugeteilt. Auffallend ist die breite Palette an Substrat- und Habitatbindungen, welche die Käferarten aufweisen. Neben den Frischholzbesiedlern überwiegen Arten, welche typisch sind für alte Wälder. So zum Beispiel Besiedler von stehenden oder liegenden Totholzstrukturen mit starken Dimensionen oder Bewohner von Holzpilzen. Es zeigte sich, dass beide Waldgebiete, Cröt und Capetta, aus Sicht des Artenschutzes sehr wertvoll sind. Bei zwei Käferarten handelt es sich um Erstnachweise für die Schweiz: Corticaria orbicollis, ein Schimmelkäfer (Lathridiidae) und Ischnoglossa elegantula, ein Kurzflügler (Staphylinidae). Mindestens drei Arten gelten als sogenannte Urwaldrelikt-Arten (Eckelt et al. 2017), Corticaria orbicollis, der Schnellkäfer Ampedus auripes und der Kurzflügler Lordithon speciosus. Für all diese seltenen Käferarten gibt es keine deutschen Namen. Ebenfalls wurde eine Vielzahl von Käferarten nachgewiesen, über welche noch sehr

wenig Wissen existiert und/oder welche bisher erst mit sehr wenigen Exemplaren in der Schweiz nachgewiesen werden konnten. All dies zeigt, wie wenig Wissen über diese Bewohner der höchstgelegenen Gebirgswälder bisher vorhanden ist. Nur sehr wenige Käferarten sind fast ausschliesslich an die Arve oder Lärche als Brutbaum gebunden. Fast alle davon konnten aber in Capetta und Cröt nachgewiesen werden. So zum Beispiel Episernus angusticollis, ein Nagekäfer, sowie der Kleine Arvenborkenkäfer (Ips amitinus). In so hohen Lagen wird nur eine Generation Borkenkäfer pro Jahr angelegt. Insgesamt wurden in Capetta und Cröt 15 Borkenkäferarten nachgewiesen mit knapp 600 Individuen. Gleichzeitig konnten mindestens elf Käferarten mit insgesamt 170 Individuen nachgewiesen werden, welche räuberisch von Borkenkäfern leben (Antagonisten). Der Individuenanteil bei den Antagonisten ist im Vergleich zu den Borkenkäfern hoch. Wir vermuten, dass dies ebenfalls ein wesentlicher Faktor eines über Jahrhunderte wenig beeinflussten Lebensraums ist – die Nahrungskette ist ausgeglichen und keine Gruppe kann schnell Überhand nehmen. Fazit: Der Artenreichtum in Capetta und Cröt ist tiefer als in wärmeren Lagen. Die beiden Waldgebiete beherbergen aber viele bisher selten nachgewiesene Kältespezialisten mit alpiner oder boreomontaner Verbreitung. Das heisst, dass sie ausser in den Alpen einzig allenfalls noch im hohen Norden vorkommen. Barbara Huber, Forstingenieurin ETH aus ­Thusis, ist selbstständig erwerbend ­ und ­arbeitet im Bereich Waldökologie. Romano Costa, Forstingenieur ETH/SIA, arbeitet bei der Abenis AG in Chur. Der Balkenbohrer Calopus serraticornis, mit 2,5 cm Körper­ länge einer der grössten nachgewiesenen Käfer im Avers.

(Bild: @ A. Szallies)

45

BuWa2023-03_045 45

06.06.2023 13:58:23


«Berge, Arven und Alpenrosen sind meine Heimat» Jörg Clavadetscher (53), unseren Leserinnen und Lesern bestens bekannt als langjähriger «Bündner Wald»­Redaktor, ist im Avers aufgewachsen. Auch während seiner Lehr­ und Wanderjahre kehrte er jedes Wochen­ ende heim. Seit er vor 27 Jahren als Förster ins Münstertal zog, fährt er ins Avers, um seine Eltern zu besuchen, zum Wandern und Jagen. Ein lockeres Gespräch. Susi Schildknecht

Jörg Clavadetscher, deine Averser Wurzeln sind offenbar stark, du kehrst immer gerne zurück. Ja, das ist so. Für die Lehre zog ich zwar mit etwas über 15 Jahren aus dem Tal. Doch auch danach kehrte ich jeweils fürs Wochenende zurück. Definitiv weggezogen bin ich erst mit 27 Jahren, als ich als Förster ins Val Müstair wechselte. Das war vor 26 Jahren. Welches waren und sind denn deine beruflichen Stationen? Zuerst absolvierte ich eine Lehre als Forstwart in Andeer. Danach arbeitete ich drei Jahre als Forstwart im aargauischen Staffelbach im Suhrental, wo ich ganz neue, wertvolle Erfahrungen sammeln konnte. Es gab dort kleine Täler und Hügel und natürlich ganz andere Baumarten. Diese Stelle vermittelte mir mein Lehrmeister Fritz Ruf in Andeer. Wir genossen ein angenehmes Arbeitsklima, und ich denke heute noch sehr gerne an diese Zeit zurück. Doch irgendwann zog es mich zurück nach Graubünden, und ich heuerte von 1991 bis 1995 bei der Forstunternehmung Florinett AG in Bergün an. In dieser Zeit absolvierte ich auch die Försterschule in Maienfeld. Danach arbeitete ich kurze Zeit im Safiental und nochmals zwei Jahre in Andeer. Von dort zog ich nach Müstair im Val Müstair. Ich hatte die ausge-

schriebene Försterstelle trotz zahlreicher Bewerbungen erhalten, obwohl ich nicht katholisch bin und auch nicht Romanisch sprach. Zuerst war ich dort Förster bei einem von drei Forstbetrieben, später im fusionierten Revier Val Müstair, und vor zwei Jahren konnte ich als Betriebsleiter nachrücken. Warum hast du dich für den Försterberuf entschieden? Es war immer schon mein Wunsch, draussen arbeiten zu können. Im Wald hatte es mir stets gefallen, und eine körperliche Arbeit an der frischen Luft war mehr nach meinem Geschmack als eine Tätigkeit, bei der ich den ganzen Tag drinnen bin. Mein Vater war als Tal-Lehrer in der Averser Gesamtschule zwar auf einem ganz anderen Gebiet tätig, beschäftigte sich hobbymässig aber immer sehr gerne im Wald und schreinert bis heute gerne. Früher gab es im Avers etwas ganz Spezielles, man konnte dürre oder gefallene Bäume ganten, also auf einer Versteigerung kaufen. Jedes Jahr fand im Oktober im Schulhaus eine Holzgant statt. Der Förster erstellte eine Liste mit den nummerierten Bäumen und beschrieb anhand der Flurnamen, wo im Wald sie zu finden waren. Zum Beispiel: Nr. 57, «ein Arv», Platta Turra, 150 Meter oberhalb der Waldstrasse, bodenliegend oder stehend. So konnten wir Einheimischen im Vorfeld den Baum aufsuchen, anschauen und überlegen, wie viel er uns wert wäre und am Tag X entsprechend bieten. So wurde einer nach dem andern versteigert. Mein Vater kaufte jeweils auch den einen oder andern Baum, meist «einen Arv» an der oberen Waldgrenze. Danach machte sich unsere ganze Familie gemeinsam daran, den Baum aufzurüsten und ihn talwärts zu ziehen. Das war eine schöne Arbeit, die mich als Bub sicher geprägt hat. Soviel ich weiss, gibt es diese Averser Holzgant heute aufgrund mangelnden Interesses nicht mehr.

46

BuWa2023-03_046 46

06.06.2023 13:58:22


Welche Baumart ist dir am liebsten? Nun, das ist ganz klar «der Arv» . Wieso nicht «DIE Arve»? Ich glaube, es war in den meisten Walser Tälern so, dass man vom «Arv» und vom «Lärch» sprach, nicht von «die Arve» oder «die Lärche» . Ob das heute noch so ist, weiss ich nicht, denn selbst im Avers wandelt sich der Dialekt . Es ist wie überall, mit der willkommenen Blutauffrischung vermischen sich die Dialekte, die Eigenheiten verwischen sich . Wann hast du bemerkt, dass im Avers speziell viele alte Arven und Lärchen stehen? Für mich war es normal, dass der Capettawald so war/ist, wie er ist . Dass der «Capettawold» etwas Spezielles ist, merkte ich dann in der Lehre, als ich zwar täglich im Wald, aber höchst selten zwischen den Arven arbeitete . Hast du die erwähnten lichtdurchfluteten Weid­wälder noch persönlich gekannt? Den Capettawald, wo ich mich als Kind hauptsächlich bewegte, habe ich nicht als beweidet in Erinnerung . Hingegen erinnere ich mich, dass in meiner Kindheit unterhalb der Capettahütte ein Drahtseilbock stand und ein Seil oder eher ein 7-mm-Draht daran befestigt war . Auch einen Galgen sah man noch lange . Natürlich war das nicht ein Galgen für Hinrichtungen, sondern eine Stütze für die Seilbahn oder das Seil . Was dort genau am Seil runtergelassen wurde, weiss ich nicht, ich vermute Heu oder andere Futtermittel für das Vieh . An anderen Orten, insbesondere oberhalb von Cresta, war es üblich, dass die Bauern am Berg oben Heuballen machten und diese danach am Seil runterliessen . Eine wunderschöne Arbeit, bei der ich auch noch mithelfen durfte! Früher, also vor meiner Zeit, sollen Lausbuben das Seil auch zum Runtersausen benutzt ha-

Im Capettawald bei der Gantholzsuche.

(Foto: T . Clavadetscher)

ben («Ich nicht», lacht Jörg) . Übrigens wird heute noch an einer einzigen Stelle oberhalb von Cresta das Heu am Seil heruntergelassen . Übrigens, «seilen» bedeutet im Avner Deutsch nicht Heu transportieren und noch viel weniger Holz, sondern das «Vieh von einem Gaden zum andern zügeln» . Woher der Ausdruck stammt, weiss ich nicht . Wenn oben ausgehirtet war, zogen die Bauern mit ihren Tieren weiter zum nächsten Gaden . Gaden bedeutet Stall, «Gädamli» ist ein kleiner Stall . Dort oben lagerte man das Heu, bis es im Winter im Tal unten benötigt wurde . Das Heu wurde dann vor dem «Gädamli» in grosse Ballen «gefasst» . Auf einen grossen, viereckigen Ballen legte man einen weiteren und band das Ganze zusammen . Dann musste man anstossen, und wenn die Fuhre Fahrt aufnahm (Originalton: «z Loch aab ganga isch»), konnte man sich, auf den Knien halb stehend, am Ballen festhalten und mitrutschen . So wurde der Ballen gesteuert wie ein grosser Schlitten . Das habe ich auch noch erlebt, das war schön! Trotzdem bist du nicht Bauer geworden, sondern Förster. Sind die Erkenntnisse der Avers-­

47

BuWa2023-03_047 47

06.06.2023 13:58:23


Studie relevant fürs Val Müstair, also für deine Arbeit? Ich verfolge das Projekt natürlich mit grossem Interesse, auch aus persönlichen Gründen . Die Wälder sind nicht wirklich vergleichbar . Die Standorte im Avers sind rauher, aber weniger trocken, und der Talboden ist höher . Punkto Baumarten: Arven und Lärchen haben wir im Val Müstair ebenfalls, Fichten ohnehin, auch Föhren, von denen es im Avers höchstens ganz wenige gibt . Es wird sicher interessant sein zu beobachten, wie «der Arv» sich entwickeln kann angesichts des Klimawandels . Ob er es schafft, in die Höhe zu wandern . Die Frage ist auch, ob man das zulässt, denn schliesslich ist dort oben Viehweidegebiet . Oberhalb dem Capettawald weiden die Kühe bis hinauf zum Grat, die Schafalpen sind dahinter . Interessant ist zudem die Frage, wie stark die Konkurrenz der hinaufwandernden Fichte wird . Ich habe schon vor 30 Jahren bemerkt, dass die Waldgrenze im Capettawald nach oben wandert, und ich erinnere mich, wie mich das freute . Die «Arvatschli» (kleine Arven) gediehen schön, obwohl wir damals während einiger Jahre viel Rotwild im Gebiet hatten . Interessanterweise überwinterten zu jener Zeit bis zu 50 Hirsche am oberen Rand des Capettawalds . Als ich dann mal im Frühling dort hinaufstieg, war ich ganz überrascht, die Arven wenig betroffen zu sehen . Was die Hirsche aber kräftig abgeknabbert, zum Teil beinahe kahlgefressen hatten, waren die Wacholderbüsche, speziell deren Nadeln . Später gab es zwei Winter mit viel Schnee, worauf schätzungsweise bis zu 90 % der jungen, 50 bis 130 cm hohen Arven am Schneeschimmel zugrunde gingen . Wenn du im Avers freizeitmässig unterwegs bist, wie schaust du dir den Wald an? Ich kann gut durch den Wald laufen, ohne dessen Zustand zu beurteilen . Entweder bin ich als Förster unterwegs oder in meiner Freizeit, das

Im Capettawald.

(Foto: F . Clavadetscher)

sind für mich zwei Paar Schuhe . Natürlich schau ich mir den Wald auch auf meinen Freizeit-Streifzügen an, aber aus ganz anderer Optik . Nie würde ich mich in die Arbeit eines lokalen Försters einmischen oder diesbezügliche Kommentare abgeben . Wenn ich beispielsweise im Capettawald unterwegs bin, schaue ich mir die Bäume mit einer gewissen Ehrfurcht an . Siehst du als erfahrener Förster, wie ein Wald gepflegt wird? Ja, das sehe ich . Obwohl wir grundsätzlich dieselbe Ausbildung genossen haben, heisst es noch lange nicht, dass Förster in vergleichbaren Berggebieten auch gleich oder ähnlich handeln . Man hinterlässt schon eine eigene Handschrift, und die ist erkennbar . Wenn ich in einem Wald ausserhalb meiner Zuständigkeit forstliche Massnahmen sehe, überlege ich mir schon, was der verantwortliche Förster damit erreichen wollte . Wenn mir das klar ist, schau ich mich auch um, ob dieses Ziel erreicht wurde . Dabei geht es mir darum, allenfalls Leh-

48

BuWa2023-03_048 48

06.06.2023 13:58:24


ren für meine Arbeit ableiten zu können. Ich überlege dann, hätte ich das auch so gemacht, ähnlich oder ganz anders? Und führten die Massnahmen zum gewünschten Resultat oder eben nicht, und allenfalls warum nicht? Ganz ablegen lässt sich der Försterhut also nicht. Siehst du, ob in einem bewirtschafteten Wald das Thema Schutzwald oder die Biodiversität im Vordergrund steht? Ja, auch das ist erkennbar. Man handelt unter­ schiedlich, ob der Schutzwald oder eben ein Biodiversitätsthema wie etwa Auerhuhnförde­ rung im Vordergrund steht. Im Val Müstair su­ chen wir teilweise einen Kompromiss, wobei die Schutzwaldfunktion natürlich immer obers­ te Priorität hat. Was beobachtest du heute im Avers punkto Wald? Was ich sehr schön finde, ist, dass sich auf der heute beinahe kahlen Sonnenseite «der Arv» wieder einstellt. Das ist eindeutig dem Tannen­ häher zu verdanken. Er sammelt die Arvennüss­ chen und versteckt sie auf der anderen Talsei­ te, wo weniger Schnee liegt. Ich glaube, es gibt heute mehr Tannenhäher als in meiner Kind­ heit. In den 50er-Jahren war dieser Vogel in Forstkreisen nicht beliebt, weil er eben Arven­ nüsschen frisst. Erst ein WSL-Projekt anfangs der 60er-Jahre konnte dessen positiven Nutzen aufzeigen. Die 10 % der Nüsschen, die der Tannenhäher nicht mehr findet, haben gute Chancen zum Keimen. Obwohl das Gebiet be­ weidet wird und so eine gewisse Konkurrenz Wald – Landwirtschaft besteht, vermögen sich da und dort kleine Arvenhorste zu entwickeln. Das ist nicht nur landschaftlich attraktiv. Ich kann mir gut vorstellen, dass, wenn die Klima­ szenarien Recht behalten und die Windstärken zunehmen, wir diese Wäldchen dereinst auch als Windschutz schätzen werden.

Was zieht dich immer wieder ins Avers? Vor allem besuche ich meine Eltern, beide 79, die noch immer im Avers wohnen. Jeden Herbst gehe ich hier zusammen mit meinem Vater eine Woche auf die Jagd. Seit 30 Jahren! In dem Gebiet, in dem ich jage, kenne ich wirk­ lich jeden Stein. Auf der Jagd bewege ich mich im Gebiet, welches von Cresta aus zu Fuss gut erreichbar ist. Meine Frau ist in Zermatt aufge­ wachsen, und wir haben zwei Töchter. Berge, Wald und das Avers sind auch für sie von grosser Bedeutung. Unsere ältere Tochter kann sich vorstellen, selber Jägerin zu werden, die jüngere will die Jagdprüfung vielleicht machen, aber hauptsächlich um etwas zu lernen. Schön ist, dass mich beide regelmässig auf die Jagd begleiten. Jagdlicher Erfolg hat für uns den an­ genehmen Effekt, mit gutem Gewissen gesun­ des Fleisch essen zu dürfen. Der Sommer steht bevor, was empfiehlst du Wanderlustigen? Eine schöne Genusswanderung führt von Bivio über den Stallerberg nach Juf (8,4 km, 3 ½ Stunden, 841 Höhenmeter aufwärts, 481 ab­ wärts). Deutlich weniger Leute trifft man auf der Strecke von Avers Cresta hinauf zu den Bandseen (total 9,3 km, 3 ¾ Stunden, 740 Hö­ henmeter auf-/abwärts). Familien mit kleinen Kindern machen den «Murmata» (Murmeltier) Lehrpfad, vom Loretschhus in Avers-Juppa zur Alp Bergalga (3 km, 3 Stunden einrechnen, in­ klusive gemütliche Beobachtungen). Meine absolute Lieblingswanderung führt rund um den Weissberg herum, zuerst via Wanderweg bis auf den Büel, dann ohne markierten Pfad einfach weiter. In meiner Kindheit wanderten wir da zwei bis drei Stunden fast ausschliesslich auf dem Firn. Heute läuft man ebenso lange durch grobe Geröllfelder, welche teils auf dem noch spärlich vorhandenen und gut versteck­ ten Eis lagern. Der Klimawandel lässt grüssen!

49

BuWa2023-03_049 49

06.06.2023 13:58:25


Die Methusalem-Arven von Celerina unter der wissenschaftlichen Lupe Seit Jahrhunderten wachsen einige Riesenarven südlich der Gemeinde Celerina am oberen Waldrand des God Plazzers. Diese urwüchsigen, knorrigen Altarven sind eindrückliche Mahnmale der harten Lebensbedingungen an diesem Standort und erzeugen beim Betrachten Ehrfurcht und Nachdenken. Sie geben seit Langem einige Rätsel auf, die dank neuen Unter­suchungen teilweise geklärt werden konnten. Sabine Brodbeck, Giachem Bott, Jennifer Stucki, Dr. Georg von Arx, Dr. Felix Gugerli

Rätsel um die Riesenarven Die Riesenarven von God Plazzers oberhalb der Gemeinde Celerina sind wahre Baumriesen . Sie stehen an der Waldgrenze in Muottas da Schlarigna auf einer Höhe von 2100 bis 2200 m ü . M . in einem Wald mit auffällig vielen sehr alten Arven . Mit Stammdurchmessern von über zwei Metern und ihren ausladenden, kandelaberförmigen Wuchsformen sind diese Bäume beeindruckend und ge-

«Kugelarve» (links) und «Rikli­Arve» (rechts) im Winter.

hören zu den ältesten Bäumen der Schweiz (Bott 2014) . Sie werden sowohl von der lokalen Bevölkerung als auch von Touristen geschätzt und gezielt besucht . Dem Autorenteam sind knapp zehn solcher Riesenarven bekannt, was in dieser Dichte auch für das gesamte Arvenareal aussergewöhnlich ist (Lock & Bürgi 2022) . Zwei der Riesenarven, hier als «Kugelarve» und «Rikli-Arve» bezeichnet, sind äus­serst spektakulär . Die Rikli-Arve wurde be-

(Bilder: Sabine Brodbeck)

50

BuWa2023-03_050 50

06.06.2023 13:58:24


Eindrückliche Wulstbildungen am Stamm der «Kugelarve».

(Bild: Giachem Bott)

reits vom früheren Eidgenössischen Forstinspektor Johann Coaz im Jahr 1896 mit Foto im Baum-Album der Schweiz dokumentiert und im Standardwerk zur Arve erwähnt (Rikli 1909). Damals wie heute interessiert die Frage nach dem Alter dieser Bäume, wie sie so lange an diesem Standort überdauern konnten und ob es sich jeweils tatsächlich nur um ein einzelnes oder um mehrere, zusammengewachsene Individuen handelt. Hohes Alter – langsames Wachstum Das Alter von Methusalem-Arven zu ermitteln ist eine schwierige Aufgabe. Arven werden mit zunehmendem Alter und Dicke innen meistens hohl, bedingt durch Kernfäule. Dies verunmöglicht eine einfache, verlässliche Altersbestimmung anhand von Jahrringen. Dies ist auch bei den Riesenarven in Muottas da Schlarigna der Fall. Um dennoch eine Altersschätzung vorzunehmen, sind andere Ansätze als die übliche Bohrkernanalyse nötig: mit Wachstumskurven von Vergleichsbäumen aus der

Umgebung wird das Alter hochgerechnet, oder man zählt die Jahrringe an einem möglichst tief liegenden, dicken Ast («Astmethode») und erhält so ein – in jedem Fall unterschätztes – Minimalalter. Dokumentiert sind zwei Versuche, das Wachstum und somit das Alter der Riesenarven mit den genannten Methoden zu bestimmen. Der Engadiner Riet Ganzoni erarbeitete 1985 eine Maturaarbeit an der Academia Engiadina, welche sich mit den Arven des God Plazzers und mit der Altersbestimmung der Riesenarven befasste (Ganzoni 1985). Mittels Stammbohrkernen an je drei kleineren Vergleichsbäumen ohne Hohlkern auf zwei verschiedenen Höhenstufen wurde der durchschnittliche Jahrringzuwachs in mm/Jahr auf der jeweiligen Meereshöhe bestimmt. Diese Bohrkerne ergaben für den oberen Waldrand auf 2200 m ü. M. – dem Standort der Riesenarven – eine durchschnittliche Zuwachsrate von 0,7 bis 0,9 mm/J. Mit diesem Wert kann das Alter der Kugelarve hochgerechnet werden: Bei einem Brusthöhendurchmesser von 200 cm ergibt sich ein Alter von 1100 b i s 1400 Jahre. Jedoch ist bei dieser Hochrechnung nicht berücksichtigt, dass die Jahrringe mit zunehmender Dicke des Baumes generell schmaler werden. Das Alter der Riesenarven dürfte damit tendenziell noch höher liegen. Die für die Hochrechnung verwendeten Zuwachsraten erlauben auch lediglich Aussagen über die letzten 200– 400 Jahre. Es ist möglich, dass im Mittelalter das Wachstum grösser war, da damals das Klima wärmer war, sodass im Oberengadin Gerste und Roggen angebaut werden konnte. In der «kleinen Eiszeit» von 1200 bis 1860 war das Klima aber kälter als heute, weshalb ein geringeres Dickenwachstum als heute anzunehmen ist. Auch die Waldnutzung und natürliche Störungen können das Wachstum in der Vergangenheit beeinflusst haben, womit die Unsicherheit in der Hochrechnung weiter erhöht wird. Mit der Astmethode konnten bei einer 1995 umgefallenen Riesenarve am oberen Waldrand an einem dicken Ast auf zwei Metern Stammhöhe

51

BuWa2023-03_051 51

06.06.2023 13:58:25


Wieviele Individuen? Eine genetische Untersuchung kann hier Antwort geben: Die Arve links besteht aus einem Individuum (4 Proben untersucht), während die Arve rechts aus zwei zusammengewachsenen Individuen­ ­besteht (2 Proben untersucht).

850 Jahrringe gezählt werden . Berücksichtigt man, dass es 100 bis 200 Jahre dauert, bis eine Arve überhaupt zwei Meter hoch ist, kommt man auf ein mutmassliches Mindestalter von 950 bis 1050 Jahre . Die Riesenarven sind somit je nach Schätzmethode zwischen knapp bis weit über 1000-jährig . Das bedeutet, dass sie im Frühmittelalter in der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends gekeimt sind, einer Zeit, in der die ältesten Klöster der Schweiz gegründet wurden . Einsiedler oder ehemalige Jugendgruppe? Nebst ihrem hohen Alter ist für alle Riesenarven im God Plazzers charakteristisch, dass der eigentliche Hauptstamm auf ungefähr zwei Metern Höhe mehrfach verzweigt ist . Dieser Kandellaberwuchs und die starken Wulstbildungen an den Stämmen könnten ein Hinweis darauf sein, dass es sich bei

(Bilder: Sabine Brodbeck)

den Riesenarven um jeweils mehrere Individuen handelt, deren Stämme im Lauf der Jahrhunderte zu einer «Baumeinheit» verwachsen sind . Diese Vermutung kann mit einer genetischen Untersuchung überprüft werden: Sollte es sich tatsächlich um verwachsene Einzelbäume handeln, wären diese genetisch verschieden . Um dieser Frage nachzugehen, wurden im Frühling 2022 bei vier Riesenarven Nadelproben von möglichst allen dominanten Ästen entnommen (bis zu acht Proben pro Baum) . Zusätzlich wurden zwölf mehrstämmige Bäume in der Umgebung der Riesenarven ebenfalls genetisch untersucht . Von jeder Nadelprobe wurde ein genetischer Fingerabdruck erstellt mit einer Methode, wie sie in der Kriminalistik oder bei Vaterschaftsbestimmungen angewendet werden (sogenannte Mikrosatelliten) . Die Analyse zeigt, dass alle Proben einer

52

BuWa2023-03_052 52

06.06.2023 13:58:26


Fotografischer Zeitvergleich: 1896 stand die «Rikli­Arve» mit ausgeprägtem Kandelaberwuchs auf 2120 m ü. M. inmitten eines lichten Jungwaldes, und sie konnte in ihrer ganzen Grösse fotografisch dokumentiert werden (links). 125 Jahre spä­ ter ist ein Foto wie zu Coaz’ Zeiten nicht mehr möglich (rechts). Dieselbe Arve steht inmitten eines ungefähr gleich hohen Arvenwaldes. Man beachte, dass das Originalfoto (links) seitenverkehrt ist und für den Direktvergleich gespiegelt wurde.

(Bild links: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv; Bild rechts: Sabine Brodbeck)

Riesenarve denselben genetischen Fingerabdruck aufweisen, also genetisch identisch sind. Bei den zwölf Kontrollbäumen wies die Hälfte ebenfalls nur einen Genotyp auf, diese Bäume entstanden also trotz teilweise deutlicher Mehrstämmigkeit aus nur einem Keimling. Bei den anderen sechs Kontrollbäumen wurden zwei oder drei genetisch unterschiedliche Individuen gefunden; sie sind also aus unterschiedlichen Samen gekeimt und am Stammfuss zusammengewachsen. Die Resultate der Kontrollbäume bestätigen, dass mit der verwendeten Methode unterschiedliche Individuen zuverlässig festgestellt werden können. Dass einzelne Bäume so nahe beieinanderstehen und zusammenwachsen können, hat einen guten Grund: Arvensamen werden vorwiegend durch den Tannenhäher ausgebreitet. Der Tannenhäher legt Tausende Nahrungsverstecke mit

jeweils mehreren Arvensamen an. Das führt häufig dazu, dass Jungarven gemeinsam aus einem nicht genutzten Versteck aufwachsen (Gugerli et al. 2022). Solche «Hähersaaten» kann man vielerorts innerhalb des Waldes wie auch über der Baumgrenze beobachten. Mehrstämmigkeit kann aber auch durch Schäden am Haupttrieb entstehen: Verbiss, Schneebruch, Blitzschlag und andere äussere Einflüsse können dazu führen, dass mehrere Wipfeltriebe nebeneinander auswachsen. Eine Vermutung zur Entstehung der eigenartigen Wuchsform der Riesenarven ist, dass in ihrer ­Jugendzeit eine Schneehöhe von ungefähr zwei Metern und starker Wind dazu geführt haben, dass die Baumwipfel wiederholt geschädigt wurden. So konnte sich eine eigenartige, auffallend in die Breite gehende Wuchsform mit mehreren Seitentrieben ausbilden.

53

BuWa2023-03_053 53

06.06.2023 13:58:27


Besonders, aber genetisch unauffällig Sowohl Rikli als auch Ganzoni vermuteten, dass die Riesenarven aufgrund ihrer besonderen Wuchsform und ihrer Widerstandsfähigkeit einer eigenen Varietät angehören könnten. Ein Vergleich der genetischen Daten der vier Methusalem-Bäume, der Kontrollbäume und aus weiteren Engadiner Beständen zeigt jedoch keine Auffälligkeiten. Die besondere Form und das hohe Alter sind somit wohl in erster Linie den lokalen Standortbedingungen geschuldet. Langlebig dank Aberglauben, gezielter (Nicht­) Nutzung oder Zufall? Wie kam es dazu, dass vereinzelte Arven in God Plazzers derart lange überleben konnten? Wie schafften sie es, sowohl der Unbill der Natur zu trotzen und die ab dem 13. Jahrhundert einsetzenden grossflächigen Rodungen zur Gewinnung von Alpweiden und Nutzholz zu überstehen? Eine gewagte Erklärung wäre, dass man im Aberglauben und um die Naturgeister zufrieden zu stellen einige grosse Arven am oberen Waldrand als «Opfer» oder als Samenbäume, Wind-, Wetter- oder Lawinenschutz stehen liess. Oder waren die Riesenarven schon als Jungbäume derart knorrig, dass man sie wegen des langen und mühseligen Transports bis nach Celerina lieber stehen liess und handlicheres Brennholz aus dem nahen Stazerwald bevorzugte? Auf diese Fragen gibt es keine belegbaren Antworten, und vielleicht ist es nur Zufall, welche Bäume stehen gelassen wurden und dann ein derart hohes Alter erreichen konnten. Sicher ist aber, dass die Riesenarven in God Plazzers äusserst wertvoll sind; als Naturdenkmäler und Symbolbäume haben sie einen hohen ästhetischen Wert, sie sind Lebensraum für unzählige Arten, und sie tragen zur genetischen Vielfalt der Arve bei. Zurzeit sind diese einmaligen Bäume nicht speziell geschützt. Es wäre aus den oben genannten Gründen erstrebenswert, sie als Habitatbäume zu bezeichnen und vertraglich zu sichern, oder sie grosszügig

mit dem umliegenden Wald als Altholzinseln oder Naturwaldreservat auszuscheiden. Sabine Brodbeck, Jennifer Stucki, Dr. Georg von Arx, Dr. Felix Gugerli arbeiten an der Eidgenössischen For­ schungs­anstalt WSL in Birmensdorf. Giachem Bott war bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2015 Regional­ forstingenieur beim AWN Region Südbünden in Zuoz.

Literatur Bott G. (2014) Kugelarve in Celerina, die älteste Bündner Greisin. «Bündner Wald» 1/2014, 9–11. Bott G., Bisaz J. A. (2016) Forstlicher Betriebsplan Gemeinde Celerina, Periode 2015 bis 2026. Bott G. (1994) Älteste noch lebende Arve in Graubünden. «Engadiner Post» 151 vom 31.12.1994. Bürgi M., Lock S., 2022: Zur Geschichte der Wälder im Avers. WSL Berichte 127. 80 S. Coaz J. (1896/1900) Baum-Album der Schweiz – Bilder von Bäumen, die durch Grösse und Schönheit hervorragen oder ein besonderes geschichtliches Interesse bieten. Schweizerisches Departement des Innern, Abteilung Forstwesen, Bern. Ganzoni R. (1985) La creschentscha dal dschember a maun dals dschembers dal God da Plazzers. Maturaarbeit, Academia Engiadina, Samedan (Deutsche Übersetzung: G. Bott 2022). Gugerli F., Brodbeck S., Bebi P., Bollmann K., Dauphin B., Gossner M., Krumm F., Peter M., Queloz V., Reiss G., Rellstab C., Stofer S., von Arx G., Wasem U., Zweifel R. (2022) Die Arve – Portrait eines Gebirgswaldbaums. Merkblatt für die Praxis 72: 1–16. Rikli M. (1909) Die Arve in der Schweiz. Neue Denkschrift der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft 44: 1–455.

54

BuWa2023-03_054 54

06.06.2023 13:58:27


ANZEIGE

Für jeden Einsatz haben wir die passende Maschine. • • • • • • • •

Eco-log 590e mit Traktionswinde Eco-log 560e mit Mehrbaumaggregat John Deere 1510E mit Traktionswinde John Deere 1010E Eco Log 574 F mit 800er Bereifung Hacker Albach Diamant 2000 Spezialschlepper mit 9+13t Seilwinde und starkem Kran mit Greifersäge Bobcat mit Seilwinde und Zubehör

Ihr Spezialist für die vollmechanisierte Holzernte am Hang! Volktrans GmbH

Neulöserweg 5 7205 Zizers Tel: 079 246 52 16 Mail: info@volktrans.ch

www.volktrans.ch

ANZEIGE

Sie suchen Querabschläge aus Eisenbahnschienen?

Wir haben handelsübliche Längen sofort verfügbar / Spezial-Längen in kurzer Zeit Spaeter AG Raschärenstrasse 34 7001 Chur Tel. 081 286 35 55 Bau@spaeter.ch www.spaeter.ch

...von Profis für Profis…

Inserate.indd 55

06.06.23 14:01


Ein Porträt über die wohl mächtigste Eibe in Graubünden Grosse und besondere Bäume, die durch ihren überdurchschnittlichen Stammdurchmesser oder ihre Wuchsform auffallen, beeindrucken die Menschen seit jeher. Wenn seltene Baumarten zu monumentalen Bäumen heranwachsen, ­ist dieser Umstand besonders beeindruckend. Jürg Hassler

In einem Seitental im Prättigau steht die mit grosser Wahrscheinlichkeit mächtigste Eibe im ganzen Kanton Graubünden. Angesichts ihres beeindruckenden Stammdurchmessers sucht man ihresgleichen weit herum vergeblich. Sie wächst zuoberst an einem steilen Abhang, der nach NW exponiert ist und ist umschlossen von Fichten und einzelnen Buchen. Gemäss Standortshinweiskarte des Kantons Graubünden wächst sie im Heidelbeer-Tannen-Fichtenwald, Ausbildung mit Buche (46F) auf einer Moräne. Dank den ausgiebigen Niederschlägen, die die Voralpen prägen, konnte die Eibe auf diesem Standort auf 1230 m ü. M. über Jahrhunderte zu ihrem heutigen Volumen heranwachsen. Durch ihre breite Krone gelang es ihr, einen Lichtschacht nach oben offen zu halten. Der Baum konnte über all die Jahre eine leicht unterdurchschnittlich vitale Krone erhalten. Die Krone hat sehr wenige dürre Äste. Trotzdem wirkt sie eher schütter. Der Kronenverlichtungsgrad wird auf ca. 80 % geschätzt. Der Baumwipfel ist abgeflacht. Daher ist kein eindeutiger Terminaltrieb bestimmbar. 2022 konnte die Eibe durch den Autor und Flurin Guidon ausgiebig beschrieben und vermessen werden (Abb. 1). Dabei ist auffallend, dass sie durch ihr Alter und ihre Mächtigkeit sehr viele ökologische Werte aufweist. Der Stamm ist stark drehwüchsig. Er dreht sich auf ca. 2,50 m um ein Viertel des Stammumfanges. Die Wülste der Spannrückigkeit sind teilweise stark eingetieft. Es ist eigenartig, dass sich die Spannrückigkeit nicht über den ganzen Stammumfang ausdehnt, sondern auf der Ostseite des

Abb. 1: Vermessung der wohl mächtigsten Eibe Graubündens.

(Foto: Flurin Guidon)

Stammes am stärksten ist. Auf der Westseite beginnt die Spannrückigkeit erst auf etwa 1,30 m über Boden. Es sind keine Wurzelanläufe vorhanden. Der Stamm wächst zylindrisch aus dem Boden. Dadurch, dass die Rinde durch Wind und Niederschläge natürlicherweise stark erodiert, sind keine Flechten und nur wenig Moose am Stamm vorhanden. Die Moose bedecken ausschliesslich den Stammfuss. Flechten sind auf den Unterseiten alter Äste in der Krone zu finden. Weder die Flechten noch die Moose wurden bestimmt. Die Krone ist mehrstämmig.

56

BuWa2023-03_056 56

06.06.2023 13:58:27


Technische Angaben

Ökologische Werte

Stammumfang auf Brusthöhe (1,30 m): 307 cm

Baummikrohabitate (Habiapp):

Brusthöhendurchmesser (BHD) auf 1,30 m: 88 cm; mit der Bündner Stufenkluppe bergseits gemessen, Stufe 19

Spannrückigkeit: Exp: Hauptsächlich gegen Osten

BHD über den Umfang errechnet: 97,72 cm

Freiliegendes Kern­ und Splintholz: Am Stamm; Starkastbruch mit freiliegendem Kernholz gegen Südost auf ca. 2,50 m

Stammumfang am Boden: 343 cm Stammdurchmesser am Boden errechnet: 101 cm

Mulhöhle: Gross, nur ein kleiner Schlitz gegen aussen offen

Stammumfang beim Kronenansatz: 309 cm

Wuchs: Drehwuchs; auf ca. 2,50 m Höhe eine viertel Drehung des Stammdurchmessers

Durchmesser am Kronenansatz errechnet: 91 cm

Stamm: Mehrwipflig

Baumhöhe: 13,50 m

Kronentotholz: Ein toter Ast Durchmesser > 10 cm gegen Südost auf ca. 2,50 m

Stammlänge bis zum ersten Ast: 2 m Stammlänge bis zur Aufteilung in mehrere Stämme: ca. 2,50 m Kronenlänge: 11,90 m, tiefster Astansatz am Stamm Anzahl Wipfel (Zwiesel): 3 Anzahl Stämmchen innerhalb der Krone: 4 Kronendurchmesser N­S: 16,79 m bei 51,5 % Neigung; Horizontaldistanz: 14,92 m Kronendurchmesser O­W: 14,39 m bei 53,4 % Neigung; Horizontaldistanz: 12,69 m

Kleine Maserknolle: Am Stammfuss gegen Nord Moose und Flechten: Sehr wenig, nur am Stammfuss Vertiefungen: Rindenbedeckte Vertiefungen am Stamm in Schaftbereich auf ca. 5 m gegen Nord Stammfusshöhle: Keine vorhanden Frischer Bruch: Zwei Wipfel sind gebrochen auf ca. 13 m Bruchstellen ca. 15–18 cm Durchmesser Rinde: Schuppig Stammform: Leicht oval gegen die Talseite

Höhe Kronenansatz: (Tiefhängende Äste) 1,60 m

Wuchsform: Senkrecht am Hang

Geschätztes Stammvolumen: 2,50 m3

Geschlecht: Männlich

Wobei die «Mehrstämmigkeit» erst ab einer Höhe von ca . 2,50 m beginnt . Darunter handelt es sich um einen Einzelstamm . Der Stamm beinhaltet eine mächtige Mulmhöhle, die durch eine kleine Öffnung am Stammfuss einsehbar ist . Die Öffnung ist gegen Westen offen, hat eine Höhe von ca . 30 cm und an der breitesten Stelle am Boden eine Weite von ca . 6 cm . Von dieser spitzförmigen Öffnung zeigt sich nach oben ein fortlaufender, geschlossener Riss bis zum ersten Astansatz auf etwa 1,80 m .

Wie alt sind monumentale Bäume? Das Alter der Eiben kann in keiner Weise bestimmt oder angegeben werden . Dafür fehlen die nötigen Voraussetzungen . Die Bäume sind weder dokumentiert noch kann eine Altersbestimmung mittels einer dendrochronologischen Untersuchung (Zuwachsbohrung) gemacht werden . Vier der fünf beschriebenen Bäume sind hohl . Bei einem sind keine Angaben über die Stammqualität vorhanden . Die hohlen Eiben lassen jedoch auf ein beachtliches, sehr hohes Alter schliessen . Dies, wenn man weiss, dass Eibenholz sehr dauerhaft und sehr resistent gegen Fäulnis ist . Man könnte, mit der Annahme eines mittleren Zuwachses in Millimeter pro Jahr, anhand des heutigen Durchmessers, das Alter errechnen . Aber schon die Annahme des mittleren Zuwachses in Millime-

Weitere grosse Eiben in Graubünden Es gibt nur sehr wenige monumentale Eiben in Graubünden, die jedoch nicht annähernd an die Erscheinung der beschriebenen Eibe herankommen (Abb . 2–6) .

57

BuWa2023-03_057 57

06.06.2023 13:58:27


Abb. 2. Die beschriebene Eibe in ihrer ganzen Erscheinung,

Abb. 3: Diese Eibe steht im Albulatal (Umfang 3,80 m,

wie sie sich auf ihrem Standort präsentiert.

errechneter BHD 111 cm). Ihr Stamm ist hohl, nach oben

(Bild: J . Hassler)

offen und nicht so lang wie die oben beschriebene Eibe im Prättigau. Die Eibe wird sehr stark durch Steinschlag beschädigt.

(Bild: J . Hassler)

Abb 4a/b: Auch im Prättigau steht dieses Exemplar (BHD 58 cm). Der Stamm ist gänzlich hohl. Ein Blick in das ­Innere des Stammes zeigt die Bildung von Adventivwurzeln. Der Stamm ist nach oben offen.

(Bilder: S . Krättli/J . Hassler)

58

BuWa2023-03_058 58

06.06.2023 13:58:29


Abb. 5: In der Mesolcina steht diese mächtige Eibe. Ob

Abb. 6: Dieses beeindruckende Exemplar steht im

sie noch lebt, ist ungewiss. Sie ist seit Jahren in einem

Bünd­ner Rheintal. Sie hat einen Durchmesser von ge­

Fichten­baumholz eingeschlossen, welches ihr das Licht

schätzten 105 cm. Der Stamm ist jedoch sehr kurz

nimmt.

und nur noch zur Hälfte erhalten. Er besteht nur noch

(Bild: Th . Käthner)

aus der Hälfte des Stammmantels, da das Innere

ter kann je nach Standort sehr unterschiedlich sein . Das heisst, die Wuchsbedingungen wie Licht- und Wärmegenuss, aber auch die Bodenqualität ist bei jedem der beschriebenen Bäume anders . Gleichzeitig müsste man auch den Umstand miteinbeziehen, dass das Jugendwachstum bei Bäumen immer um ein Vielfaches grösser ist, als dies bei alten Bäumen beobachtet werden kann . Dies verunmöglicht im Allgemeinen die Einschätzung, den Zuwachs über die Jahre zu ermitteln, da man nicht weiss wie lange die verschiedenen Wachstumsperioden gedauert haben . Zudem weiss man auch nicht, was das absolute Maximum oder das absolute Minimum der Jahrringbreiten war . Es wäre absolut irreführend, wenn man die Jahrringbreiten der letzten Jahrzehnte nehmen würde, um das Alter mit dem aktuellen Durchmesser zu bestimmen . Diese Jahrringe sind vermutlich die schmalsten, die der gesamte Querschnitt dokumentiert .

gänzlich hohl und verfault ist.

(Bild: J . Hassler)

Jürg Hassler ist als Förster beim AWN Graubünden im Bereich Waldökologie tätig. Er unterstützt die Produktver­ antwortlichen in den Themen Reservate, seltene Tier­ ­ und Baumarten und Habitatbäume. Literaturverzeichnis und weiterführende Informationen auf www.buenderwald.ch

59

BuWa2023-03_059 59

06.06.2023 13:58:30


Danke, Jörg Clavadetscher! Laudatio zur Übergabe des Anerkennungspreises an Jörg Clavadetscher anlässlich der Generalversammlung des Vereins Graubünden Wald am 2. Juni 2023 in Savognin. Hansjörg Weber

Jörg Clavadetscher – Förster aus dem Avers – Walser durch und durch. So hat es sich 1997 nach dem Vorstellungsgespräch für die frei gewordene Revierförsterstelle in Müstair angefühlt. Nach seiner Wahl hat Jörg in kürzester Zeit Jauer und Südtiroler Mundart gesprochen und Vallader Romanisch geschrieben. Vorerst wurde er mit laufenden technischen Projektarbeiten in den Murganggebieten Val Brüna und Taunter Ruinas sowie in den Waldbrandflächen God Ars so stark beschäftigt, dass seine Qualitäten als feinfühliger Waldbauer, Natur-Beobachter sowie seine Interessen für den Naturpark Biosfera Val Müstair, die Lehrlingsausbildung und Adminis­ tratives nur allmählich wahrgenommen wurden. Aus Diskussionen um Optimierung der Forstbetriebe Val Müstair entstand 2007 der «Bündner Wald»-Redaktor Jörg Clavadetscher. Sandro Krättli schreibt: «Er verkörpert als hölziger Avner mit angeeignetem Rätoromanisch den perfekten «Bündner Wald»-Redaktor. Stets wahrte er die Balance zwischen Tradition und Innovation in der Zeitschrift. Die Zusammenarbeit mit Jörg war stets konstruktiv und mit der nötigen Prise Humor sehr gewinnbringend für die Sache. Jörg durchschiffte in seiner Zeit als Redaktor viele turbulente Momente. Im Spannungsfeld der verschiedenen Träger und der Leserschaft war er aber immer die besonnene und verbindende Stimme. Dabei blieb er konstruktiv und vermittelte, ohne seine eigene, ehrliche Haltung für den Wald und den Forstdienst zu opfern.» Die Optimierung der Forstbetriebe Val Müstair erfolgte 2009 mit der Gemeindefusion Val Müstair und der Zusammenfassung der drei Forstreviere zu einem Betrieb, den Jörg heute leitet. Die guten und vielseitigen Kontakte und Beziehungen, die Jörg in der

Zeit als «Bündner Wald»-Redaktor knüpfen konnte, brachten Experten und Fachleute aus dem In- und Ausland für verschiedenste Lösungsfindungsprozesse, für forstliche, betriebliche, biodiverse oder persönliche Fragen ins Val Müstair. Diskussionen mit Inputs und Themen aus den «Bündner Wald»-Zeitschriften während Schlaganzeichnungen, Projektbegehungen oder Teamanlässen bleiben den aktiven und pensionierten Forstdienstmitarbeitenden der Val Müstair in bester Erinnerung. Jörg verlässt nun das Redaktionsteam «Bündner Wald» – die Diskus­ sionsgrundlagen bleiben uns jedoch erhalten. Jörg, grazia fich per tuot teis ingaschamaint a bön dal God Grischun. Hansjörg Weber ist langjähriger Regionalforstingenieur in der Val Müstair.

60

BuWa2023-03_060 60

06.06.2023 13:58:27


Forstmesse Luzern 2023 – DER Branchentreffpunkt Die internationale Forstmesse Luzern ist in der Schweiz die grösste Messe für Wald und Holz und ein unverzichtbarer Branchen-Event von Profis für Profis. Nach langem Warten kann sich die Schweizer Holz- und Waldwirtschaft vom 24. bis 27. August 2023 endlich wieder zur 26. Ausgabe in Luzern treffen. Die diesjährige Messe steht im Zeichen von Mensch und Maschine und präsentiert Neu- und Weiterentwicklungen in der Waldbewirtschaftung sowie Trends in der Holzerntetechnik und Forstlogistik. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, es werden 20 000 Besuchende erwartet. Die Vorfreude bei Messeleiter Andreas Hauenstein ist deutlich spürbar: «Die Fachmesse ist der unerlässliche Branchentreffpunkt für die Förster-Kommune und bildet den idealen Rahmen, den Puls der Branche zu spüren.» Bezüglich den Messe-Inhalten verrät André Biland, Messeveranstalter der Forstmesse, Folgendes: «Auch in diesem Jahr ist Codoc mit der klassischen Sonderschau «Treffpunkt Forst,

Forêt, Foresta» wieder Ansprechpartner für forstliche Ausbildungsfragen. Auf dem Aussengelände versprechen die Holzhauerei Schweizer Meisterschaften und die Stihl Timbersports Schweizer Meisterschaft Spektakuläres, wobei die qualifizierten TeilnehmerInnen in verschiedenen Disziplinen um den begehrten Titel des Schweizer Meisters/ der Schweizer Meisterin kämpfen.» Wer sich für neue und nachhaltige Geschäftsbeziehungen interessiert, sich für die Holz- und Waldwirtschaft begeistert oder dem spannenden Messe-Programm beiwohnen möchte, ist vom 24. bis 27. August 2023 ­an der 26. internationalen Forstmesse in Luzern genau richtig.

ANZEIGE

BuWa2023-03_061 61

06.06.2023 13:58:29


ANZEIGE

HOCHBAU TIEFBAU TRANSPORTE SCHWERTRANSPORTE KUNDENMAURERSERVICE

Darüber hinaus bieten wir individuelle Lösungen für: − Verankerte Stützwände − Arbeiten am hängenden Seil − Felsräumungen − Sprengarbeiten − Hangsicherungen − Steinschlagverbauungen − Lawinenverbauungen − Anker- und Vernagelungsarbeiten / Mikropfähle / Litzenanker − Inklinometer − Sondier- und Abtastbohrungen − Gunit- und Spritzbetonarbeiten Ihr Partner für höchste Ansprüche: www.vetsch-klosters.ch info@vetsch-klosters.ch Telefon 081 422 14 48

ANZEIGE

Kraft Präzision Verlässlichkeit

Wir sind genau, effektiv und modern. Zudem zeichnet uns das spezielle Transportsystem, die Arbeitssicherheit sowie das umweltschonende Arbeiten aus.

Tabrec Recycling AG Industriestrasse 19 . CH-7304 Maienfeld Telefon +41 81 303 73 60 . r.kollegger@tabrec.swiss

Inserate.indd 62

06.06.23 14:01


Vorschau «Bündner Wald» August 2023 Waldpflege Waldpflege hat vielfältige Aspekte. Welcher Wald geniesst welche Pflege und wie viel und warum? Gibt es neue Methoden, vielleicht «grünere» Massnahmen? Wir werden lesen können, welcher Aufwand zukunftsfähigen Einzelbäumen gewidmet wird und was bei der Heckenpflege im Fokus steht. Spielt die Wahrnehmung der Öffentlichkeit eine Rolle? Ein wichtiges Thema ist, wie die Waldpflegekurse für die angehenden Forstwartinnen und Forstwarte gestaltet sind, und auch die Lernenden selbst werden sich dazu äussern. Redaktion: Susi Schildknecht Vorschau auf die nächsten Nummern: Oktober 2023: Holzenergie Redaktion: Laura Brunner Redaktionsschluss: 3. August 2023 Dezember 2023: Neues aus der Waldplanung Redaktion: Susi Schildknecht Redaktionsschluss: 9. Oktober 2023

Herausgegeben von Graubünden Wald und der SELVA. Verlag: © Somedia Production AG, CH-7007 Chur Sekretariat: SELVA, Bahnhofplatz 1, CH-7302 Landquart, ­Telefon + 41 (0) 81 300 22 44, buendnerwald @ selva-gr.ch Redaktoren: Redaktion: Susi Schildknecht, susi.schildknecht@bluewin.ch, Laura Brunner, laurabrunner@bluewin.ch. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge in nicht verlangter ­Form ohne Rückfrage zu ändern. ­Herstellung: Viaduct AG, 7000 Chur. Erscheint sechsmal jährlich. Auflage: 1400 Exemplare Inserate: Somedia Promotion AG, Telefon + 41 (0) 81 650 00 70, thusis @ somedia.ch Abonnementspreise: CHF 60.– (inkl. MwSt. für Mitglieder Verein Graubünden Wald) Abonnemente/Adressände­rungen: Telefon 0844 226 226, abo @ somedia.ch, www.buendnerwald.ch Für Inseratetexte übernimmt die Redaktion keine Verantwortung, auch muss die Meinung der Beiträge nicht mit der Ansicht der Redaktion übereinstimmen. Schreibende, die zu obenstehenden Themen publizieren möchten, sind herzlich eingeladen, ihre Vorschläge der Redaktion einzureichen.

63

BuWa2023-03_063 63

06.06.2023 13:58:30


ANZEIGE

ZUVERLÄSSIGER ALS NORMEN ES FORDERN ROCCO® Steinschlagbarrieren Die weltweit ersten und einzigen Systeme, die vollen Schutz auf der gesamten Netzfläche bieten. Geobrugg mit neuem Logo: Safety is our nature. Brugg is our family.

Weitere Informationen: www.geobrugg.com/de/rocco

Inserate.indd 64

06.06.23 14:01


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.