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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1851 in London Die erste Weltausstellung

Jahr:

1851

1

Stadt: London Land:

Gro�britannien

Dauer: 1. Mai - 11. Oktober 1851

Copyright: Tallis 1852, Bd. 1, S. 4

Einleitung Die erste Weltausstellung setzte Maßstäbe, die nur schwer zu übertreffen waren. Der Kristallpalast des Architekten Joseph Paxton bot im Sommer 1851 im Londoner Hyde Park einen beeindruckenden Rahmen für die Darbietung der Produkte nahezu aller wichtigen Nationen. Die Architektur des Kristallpalastes orientierte sich an den großen britischen Gewächshäusern; sie wurde durch lichtdurchflutete, hohe Hallen geprägt, in denen selbst der alte Baumbestand des Parks Platz fand und auch große Maschinen in vollem Betrieb gezeigt werden konnten. Die aus aller Welt zahlreich herbeiströmenden Besucher sicherten der königlichen Ausstellungskommission sogar einen ansehnlichen Gewinn, mit dem die Vorrangstellung der einheimischen Industrie weiter ausgebaut werden konnte.

EXPOSEEUM - Das Weltausstellungsmuseum, Hannover, Expo Plaza 11 Geöffnet jeden Sonntag von 11 bis 16 Uhr


Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1851 in London

Jahr:

1851

1

Stadt: London Land:

Gro�britannien

Dauer: 1. Mai - 11. Oktober 1851

Copyright: Tallis 1852, Bd. 1, S. 4

Daten Offizielle Bezeichnung: The Great Exhibition of the Works of Industry of All Nations Ausstellungsgelände: Hyde Park Flächenbedarf: 10,5 Hektar, davon 7,2 Hektar für den Kristallpalast Ausstellungsflächen: 8,7 Hektar Ausstellungsdauer: 1. Mai - 11. Oktober 1851 Aussteller: 14.000 mit über einer Million Exponaten, davon 6.900 aus England Ausländische Teilnehmer: aus 25 Ländern und 15 britischen Kolonien Besucher: 6.039.205 Eintrittspreise: variabel, zwischen einem Pfund und einem Shilling Klassifikation: 4 Sektionen und 30 Klassen Jury: 314 Mitglieder, jeweils zur Hälfte aus England und dem Ausland Auszeichnungen: 5.130 Preise in drei Kategorien. Auszeichnungen der ersten Kategorie gehen zu 46 Prozent an Großbritannien und zu 33 Prozent an Frankreich Kosten: 913.000 Pfund Gewinn: 150.000 Pfund Der Kristallpalast Länge: 563 Meter Breite: 124 Meter Grundfläche: 71.800 Quadratmeter Höhe des Längsschiffs: 19,5 Meter


Höhe des Querschiffs: 41 Meter Gewicht der Eisenteile: 4.500 Tonnen (3.300 Säulen, 2.224 Träger, 358 Binder) Holz: 16.800 Kubikmeter Glasplatten: 293.655 (83.600 Quadratmeter) Abflussrohre: 55 Kilometer Baubeginn: 30. Juli 1850 Arbeiter: im September 1850: 39; ab Dezember 1850: ca. 2.000 Ausstellungsfläche: 92 200 Quadratmeter Honorar für den Architekten Paxton: 5.000 Pfund

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1851 in London Endloser Jubel

Jahr:

1851

Stadt: London Land:

Gro�britannien

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Dauer: 1. Mai - 11. Oktober 1851

Copyright: The Crystal Palace and its Contents, London 1852, S. 9f

Die Er�ffnung In den Frühlingsmonaten 1851 wurden die aufwendigen Einbauten und Dekorationen für die Exponate vervollständigt, die dem Kristallpalast einiges von seiner Leichtigkeit nahmen. Auch mussten die mehr als eine Million Ausstellungsstücke herbeigeschafft und platziert werden. In der Londoner Presse waren die Erwartungen hochgespannt worden, die ganze Stadt fieberte der Öffnung der Tore entgegen. Zahlreiche Handbücher und Führer wurden von offiziellen Stellen und Trittbrettfahrern angeboten, selbst ein Souvenirhandel mit Abbildungen des Kristallpalastes auf allen möglichen Gegenständen hatte sich etabliert. Bis zur Eröffnung am 1. Mai 1851 war noch längst nicht alles an seinem Platz, doch bot das festlich dekorierte Querschiff mit dem vielbewunderten Kristallbrunnen in der Mitte einen erhabenen Rahmen für die Feierlichkeiten, die mit allem viktorianischen Pomp inszeniert wurde. Selbst die Königin, wie ihrem Tagebuch zu entnehmen ist, war überaus beeindruckt. 25.000 Zuschauer füllten die Schiffe des Kristallpalastes, auf den Straßen der Stadt wartete eine unübersehbare Menge auf die Ankunft der Königin und ihres Gemahls. Pünktlich um zwölf Uhr betraten sie das Ausstellungsgebäude, begleite von Kanonendonner, Fanfarenstößen und den Hochrufen der Menge. Nach einem Gebet des Erzbischofs von Canterbury und dem von der großen Orgel und den vereinigten Londoner Sängerchören intonierten 'Hallelujah' Händels trat Prinz Albert vor und hielt als Vorsitzender der Royal Commission die Eröffnungsrede. Er beschrieb nochmals das Ziel der Ausstellung, "die gedeihliche Beförderung aller Zweige des menschlichen Fleißes und die Befestigung der Bande des Friedens unter allen Nationen der Nationen der Erde." Daran schloss sich die Besichtigung der Ausstellung an. In einer feierlichen Prozession zogen die Royal Commission mit Joseph Paxton und den Bauunternehmern Fox und Henderson an der Spitze, die Diplomaten und ausländischen Ehrengäste und schließlich die von ihrem Hofstaat begleitete Königin durch das Gebäude. Nachdem sie an ihren Thron zurückgekehrt war, erklärte Queen Victoria, abermals begleitet von Fanfaren und Geschützsalven, die 'Great Exhibiton of Works of Industry of all Nations' für eröffnet.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1851 in London Ein riesiges Gewächshaus: Der Kristallpalast

Jahr:

1851

Stadt: London Land:

Gro�britannien

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Dauer: 1. Mai - 11. Oktober 1851

Copyright: Official Catalogue 1851, Bd. 1, S. 66

Wahrzeichen Entgegen allen Gebräuchen der viktorianischen Zeit hatte Joseph Paxton bei seinem Entwurf weitgehend auf dekorative Elemente verzichtet: das Ausstellungsgebäude sollte nur einem zeitlichen bemessenen, eindeutigen Zweck dienen und daraufhin war es konstruiert worden. Einzig mit Farben wurden die Bauelemente hervorgehoben: Der Innenraum wurde weiß, rot, blau und gelb bemalt, das Äußere war in hellem Blau gehalten. Die industriellen Möglichkeiten des Landes, etwa aus dem Eisenbahnbau und in der Glasfabrikation, wurden voll ausgeschöpft: so wurde das Dach mit genormten Glasplatten im Format 124 x 25 Zentimeter gedeckt, für die ein Drittel der gesamten britischen Glasproduktion eines Jahres herhalten musste. Diese Glasplatten gaben nicht nur das Raster für das Dach, sondern auch für das ganze Gebäude vor. Nur vier Trägertypen, die zwischen sieben und 22 Meter lang waren, mussten daher entwickelt und gegossen werden. Die Säulen hingegen konnten verschraubt werden und dienten gleichzeitig als Rohrsystem zur Ableitung des Regenwassers. Die gusseisernen Säulen und Träger wurden industriell hergestellt, vor Ort noch mit einer hydraulischen Presse auf ihre Festigkeit geprüft und dann mit Kränen und Flaschenzügen montiert. Mit diesem beliebig verlängerbaren Konstruktionsraster entstand eine Struktur, die dreimal so lang war wie die St. Pauls Kathedrale. Paxton hatte ein dreistufiges Gebäude entworfen, das von einem 20 Meter hohen Hauptschiff mit 563 Meter Länge dominiert wurde. Seitlich lagerten sich 14 Meter hohe Seitenschiffe an. In das Hauptschiff wurden seitlich Galerien eingebaut, um die Ausstellungsfläche zu vergrößern. In der Mitte teilte dieses Schiff ein mit einem Tonnendach gewölbtes Querschiff. Dessen Tonnendach war ein Zugeständnis an die Natur, konnten doch nur so drei große alte Ulmen erhalten bleiben. Auch diese Rücksichtnahme trug sehr zur Popularität des Gebäudes bei. Da nur die Seitenwände der Seitenschiffe aus Holz errichtet wurden, bestand der Rest des Gebäudes ganz aus Gusseisen und Glas, durch das helles Tageslicht ungefiltert einfiel. Vor allem im 41 Meter hohen Querschiff schien sich die ganze Konstruktion in ein feines Netzwerk aus Eisen und reines Himmelslicht aufzulösen. Alle herkömmlichen Vorstellungen von Architektur - klare, die Proportionen vorgebende Wände, Fenster, die einen eindeutig gerahmten Ausblick gewährten, und ein festes, schützendes Dach - waren von Paxton ignoriert worden. Zeitgenossen hatten Mühe, diesen vollkommen neuartigen Raumeindruck im Kristallpalast zu beschreiben. Doch sollte weniger diese "zauberhafte poetische Luftgestalt", wie sie ein Kritiker zwanzig Jahre später lobte, als die industrielle Produktion der Bauteile und ingenieurmäßig geplante Errichtung des Gebäudes für die Architektur der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bahnbrechend wirken. Der enorme Zeitdruck führte allerdings zu einigen Konstruktionsfehlern. Vor allem war das Glasdach keineswegs regendicht, da die Platten nicht immer präzise angeschraubt worden waren oder bei der Montage beschädigt wurden. Kurzfristig bedrohte auch ein Streik der Bauarbeiter die termingerechte Fertigstellung. Mitten im Winter saßen die Dachdecker täglich achtzehn Stunden auf speziell konstruierten Wägelchen, mit denen innerhalb von einer Woche 18 000 Glasplatten an einem von Paxton entwickelten Trägersystem befestigt werden konnten. Für diese gefährliche Tätigkeit verlangten


die Bauarbeiter die Erhöhung des Lohns von vier auf fünf Shilling. Die Firma Fox & Henderson konnte sich in dieser Situation keine schlechte Presse leisten, also reagierte man schnell und effizient: die Anführer des Streiks wurden entlassen, den übrigen Bauarbeiter wurde gleiches angedroht, aber gleichzeitig die Möglichkeit gegeben, zu den alten Bedingungen weiterzuarbeiten. Immerhin war die Arbeitssicherheit größer als auf anderen Baustellen. In der 'Illustrated London News' wurde von nur drei schweren Unfällen berichtet.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1851 in London Eine folgenreiche Idee und ein Überraschungscoup

Jahr:

1851

Stadt: London Land:

Gro�britannien

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Dauer: 1. Mai - 11. Oktober 1851

Copyright: Tallis 1852, Bd. 2, S. 2

Vorgeschichte Die großen Pariser Industrieausstellungen, die die französische Wirtschaft maßgeblich gefördert hatten, inspirierten die britische Royal Society for the Encouragement of Arts, Manufactures and Commerce ab 1840 zu ähnlichen nationalen Ausstellungen. Eine Kommission, angeführt von Henry Cole, präsentierte am 29. Juni 1849 Prinz Albert, dem Vorsitzenden der Gesellschaft (und Ehemann Königin Victorias), den Vorschlag, diese Industrieausstellungen zu internationalisieren. Nachdem auch das Handelsministerium seine Mitwirkung erklärt hatte, schritten Cole und Prinz Albert zur Tat. Sie beschlossen, dass die Ausstellung in einem festen Gebäude stattfinden sollte, suchten ein geeignetes Gelände und beriefen in den folgenden Monaten diverse Komitees zur Finanzierung, zur Gewinnung ausländischer Teilnehmer und zur Schaffung von Auszeichnungen. Mit Zustimmung der Königin durfte der Hyde Park als Ausstellungsgelände genutzt werden. Die Finanzierung blieb Privatsache der Royal Society, denn die Regierung wollte zunächst die Sicherung des finanziellen Fundaments abwarten. Mittels Subskriptionen wurde in der Bevölkerung Kapital für den Bau des Ausstellungsgebäudes eingeworben. Die große Industrieausstellung bot besonders den bürgerlichen Kreisen die Gelegenheit, ihren Beitrag zum Wohlstand der Nation vorzuführen und gesellschaftliche Anerkennung zu gewinnen. Im Januar 1850 berief die Königin eine 24-köpfige "Royal Commission" mit Prinz Albert an der Spitze. Es war eine illustre Versammlung führender Wissenschaftler, Ingenieure, Beamter und Industrieller. Auf zahlreichen Konferenzen und Reisen warben sie für breite Unterstützung aus der Bevölkerung, die sich in 330 lokalen Komitees zur Förderung und Beschickung der Ausstellung organisierte. Für die Arbeiter wurden eigens Förderkreise eingerichtet, die sie über die Pläne informieren und ihnen Reisen nach London ermöglichen sollten. Die wichtigsten ausländischen Nationen erklärten ihre Teilnahme. Selbst Napoleon III., der ursprünglich für Paris ein ähnliches Vorhaben verfolgt hatte, sagte die Mitwirkung Frankreichs zu. Für das Ausstellungsgebäude selbst wurde erst im Juni 1850 eine Kommission gebildet. Sie prüfte 254 eingereichte Entwürfe - und verwarf sie allesamt. Ein von der Kommission selbst erarbeiteter Entwurf für eine dreischiffige, von einer gewaltigen Kuppel aus Backstein, Stahl und Eisenplatten bekrönten Halle wurde von Parlament und Presse heftig angegriffen. (Diese Monstrosität hätte auch kaum innerhalb eines Jahres gebaut werden können.) Im Parlament leisteten die Konservativen heftigen Widerstand gegen das Projekt, da die Finanzierung ins Wanken geraten war und ein großer Teil des alten Baumbestandes im Hyde Park abgeholzt werden sollte. Auch die 'Times' stellte sich auf die Seite der Gegner: Sie sah den technischen Vorsprung des Landes gefährdet, wenn das Ausland zur Industriespionage geradezu eingeladen würde. Anfang Juli legte dann der Gartenbauarchitekt Joseph Paxton der Öffentlichkeit einen Plan vor, der sich


gegenüber allen anderen Entwürfen durch seine Leichtigkeit, seine geringen Kosten und die Möglichkeit, das Gebäude schnell zu errichten und auch wieder abzureißen, auszeichnete: Paxton hatte seine Erfahrungen aus dem Bau von großen Gewächshäusern auf die neue Bauaufgabe übertragen können und arbeitete mit einigen der erfahrensten Ingenieure im Eisenbahnbau zusammen. Der Weltausstellung stand jetzt nichts mehr im Weg: Die Royal Commission wurde durch den großen Publikumserfolg des Entwurfes genötigt, ihre Zustimmung zu geben, das Unterhaus votierte mit deutlicher Mehrheit für den Ausstellungsplan. Mit der Realisierung wurde die Londoner Firma Fox & Henderson beauftragt. Noch im August wurden die ersten Betonfundamente gegossen, Ende September die ersten Säule errichtet und im Januar des folgenden Jahres stand das Gebäude, vom 'Punch' "Crystal Palace" - Kristallpalast - getauft, vor der Öffentlichkeit bestaunt, fertig da.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1851 in London Ein großer Erfolg

Jahr:

1851

Stadt: London Land:

Gro�britannien

Dauer: 1. Mai - 11. Oktober 1851

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Copyright: Official Catalogue 1851, Bd. 1, Beilage

Konzept Im Kristallpalast beanspruchte Großbritannien mit seinen Kolonien für seine 6.900 Aussteller etwa die Hälfte der zur Verfügung stehenden Fläche. In der östlichen Hälfte des Kristallpalasts stellten Firmen aus insgesamt 94 Staaten, Kolonien, sowie nichtselbständigen Fürsten- und Herzogtümern aus. Eine größere Versammlung der Nationen der Welt hatte es noch nie gegeben. Für die Präsentation der Industrieprodukte und des Kunsthandwerks hatte eine Unterabteilung der Royal Commission ein neuartiges Klassifizierungssystem entworfen. Dieses Raster musste mit der Aufteilung des Ausstellungsgebäudes nach Ländern in Einklang gebracht werden, eine nur schwer lösbare Aufgabe. Doch half dabei die klare Gliederung des Gebäudes mit seiner der Länge nach durchlaufenden Hauptachse, die ganz für Großskulpturen reserviert wurde, und mit dem gerasterten Grundriss, der in etwa 1.500 quadratische Ausstellungseinheiten aufgeteilt werden konnte. Im Querschiff wurden Palmen und andere exotische Gewächse zwischen großen Brunnen aufgestellt, die in den heißen Sommermonaten für eine Abkühlung sorgen sollten. Hier befanden sich auch Stände mit Erfrischungsgetränken und Restaurants. Weitere Lokale waren an den beiden Enden des Langschiffes untergebracht worden. Zwar fehlten bei der ersten Weltausstellung bahnbrechende neue Erfindungen, doch ließen die zahlreichen Verbesserungen bereits bekannter Geräte und Maschinen kaum Zweifel am Nutzen der Veranstaltung aufkommen. Nur hier konnte man sich in ganzer Breite über die neuen Dampfmaschinen oder die Fortschritte im Telegraphiewesen unterrichten. Ein ganzes Seitenschiff zeigte Maschinen in Bewegung, um dem neugierigen Bürgertum ungefährdete Einblicke in Produktionsprozesse zu gewähren. Zwei große Dampfkessel, die natürlich ebenfalls mit in die Präsentation integriert wurden, sorgten für die Energie, mit der alle Maschinen zentral angetrieben werden konnten. Vor allem aber wurden in überwältigender Fülle alle nur irgend verfügbaren Erzeugnisse des internationalen Gewerbefleißes, von der Lokomotive bis zur kleinsten Präzisionsuhr vorgeführt. Aus den Kolonien kamen als Exponate vor allem Rohstoffe, die kunstvoll arrangiert wurden, um den Beitrag der unterentwickelten Länder zum Weltkreislauf des Kapitalismus symbolisch vorzustellen. Beindrucken konnte man das Publikum ebenfalls mit exotischem Kunsthandwerk und mit ausgestopften wilden Tieren. Eine eigene Sektion im Klassifizierungssystem wurde dem Kunsthandwerk zugewiesen. In diesen Bereichen brillierten vor allem die französischen Aussteller, die auch bei der Produktion von Luxusgütern führend waren. Besondere Aufmerksamkeit widmete die Royal Commission der Erziehung der Arbeiterschaft. Noch waren die sozialen Unruhen der europäischen Revolution der Jahre 1848/49 in guter Erinnerung. Mit Führungen und Ermäßigungen wurde ihnen der Besuch der Weltausstellung erleichtert. Prinz Albert sorgte sich um die schwierige Wohnsituation der Arbeiter und präsentierte neben dem Kristallpalast als eigenes Ausstellungsobjekt ein von ihm entworfenes Modellhaus, das sich durch einen durchdachten Grundriss und neuartige Baumaterialien auszeichnete. Natürlich erhielt der Prinz dafür eine Große Verdienstmedaille zugesprochen.


Die Ausstellung kam beim Londoner Publikum und den ausländischen Gästen sehr gut an, täglich reisten einige Tausend Besucher aus allen Teilen der britischen Insel oder vom Festland mit verbilligten Eisenbahntarifen an. Variable Eintrittspreise kanalisierten die Besucherströme, so konnte man sich aussuchen, ob man für teures Geld ungehindert die Exponate besichtigen oder lieber am Shilling-Tag ein Bad in der Menge nehmen wollte.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1851 in London

Jahr:

1851

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Stadt: London Land:

Gro�britannien

Dauer: 1. Mai - 11. Oktober 1851

Copyright: Tallis 1852, Bd. 1, S. 4

Kommentare Queen Victoria in ihrem Tagebuch zum Tag der Eröffnung: Der Tag ist einer der größten glorreichsten in unserem Leben, der, zu meiner Freude und zu meinem Stolz, mit dem Namen meines so sehr geliebten Albert für immer verbunden sein wird! Es ist ein Tag, der mein Herz mit Dankbarkeit erfüllte. (...) Der Blick durch die Eisentore auf das Querschiff, die wogenden Palmen, Blumen, Statuen, Myriaden von Menschen, die die Galerien und alle Stühle besetzten, mit all den Fanfarenstössen der Trompeten als wir hineinkamen: dies alles gab uns ein Gefühl, das ich niemals vergessen werde. Ich war sehr bewegt. (...) Als wir in die Mitte traten, wo die Treppe und Thron (auf dem ich nicht saß) errichtet waren - genau vor uns der wundervolle Kristallbrunnen - erwartete uns ein solch zauberhafter Anblick - so überwältigend, ruhmreich, berührend. Man fühlte sich - wie so viele andere mit denen ich seitdem sprach - beseelt von Andacht, mehr als in jeder Messe, die ich bisher hörte. Die gewaltigen Hochrufe, das Glück, das aus jeder Miene strahlte, die ungeheure Größe des Gebäudes, die Mischung aus Palmen, Blumen, Bäumen, Statuen, Brunnen, die Orgel (mit 200 Registern und 600 Stimmen - sie klang wie nichts zuvor) und mein geliebter Ehemann, der Urheber dieses "friedvollen Festivals", welches den Fleiß aller Nationen der Erde vereinigt - all dies war in der Tat bewegend, und es war und es ist ein Tag, der ewig währen möchte. Gott segne meinen lieben Albert, Gott segne mein geliebtes Land, das sich heute so edel hervorgetan hat. Man fühlt sich dem großen Gott so dankbar, der alles und alle zu durchdringen und segnen schien!

Lothar Bucher, Kulturhistorische Skizzen aus der Industrieausstellung aller Völker. Frankfurt 1851: "Paxtons Kristallpalast: Die vielbesprochene und vielbestrittene Schönheit des Gebäudes, in dem wir uns bewegen, beruht meines Erachtens darauf, dass es unmöglich ist, mit dem gegebenen Material, Eisen und Glas, den gegebenen ganz singulären Zweck besser zu erfüllen, als es Paxton getan hat. (...) Wir sehen ein feines Netzwerk symmetrischer Linien, aber ohne irgendeinen Anhalt, um ein Urteil über die Entfernung desselben von dem Auge und über die wirkliche Größe seiner Maschen zu gewinnen. Die Seitenwände stehen zu weit ab, um sie mit demselben Blick erfassen zu können, und anstatt über eine gegenüberstehende Wand streift das Auge an einer unendlichen Perspektive hinauf, deren Ende in einem blauen Duft verschwimmt. Wir wissen nicht, ob das Gebäude hundert oder tausend Fuß über uns schwebt, ob die Decke flach oder durch eine Menge kleiner paralleler Dächer gebildet ist; denn es fehlt ganz an dem Schattenwurf, der sonst der Seele den Eindruck des Sehnervs verstehen hilft. Lassen wir den Blick langsamer wieder hinabgleiten, so begegnet er den durchbrochenen blaugemalten Trägern, anfangs in weiten Zwischenräumen, dann immer näher rückend, dann sich deckend, dann unterbrochen durch einen glänzenden Lichtstreif, endlich in einen fernen Hintergrund verfließend, in dem alle Körperhafte, selbst die Linie, verschwindet und nur noch die Farbe übrigbleibt. Erst an den Seitenwänden orientieren wir uns, indem wir aus dem Gedränge von Teppichen, Geweben, Tierfellen, Spiegeln und tausend anderen


Draperien eine einzelne freie Säule heraussuchen - so schlank, als wäre sie nicht da, um zu tragen, sondern nur das Bedürfnis des Auges nach einem Träger zu befriedigen. Der Lichtstreif, der die perspektivische Reihe der Träger unterbricht, ist das Querschiff. Es ist die nüchterne Ökonomie der Sprache, wenn ich den Anblick desselben unvergleichlich, feenhaft nenne. Es ist ein Stück Sommernachtstraum in der Mittagssonne."

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1851 in London Der Überraschungscoup - Der Bau des Kristallpalasts

Jahr:

1851

Stadt: London Land:

Gro�britannien

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Dauer: 1. Mai - 11. Oktober 1851

Copyright: Tallis 1852, Bd. 1, S. 4

Architektur Für das Gebäude selbst wurde erst im Juni 1850 eine Kommission gebildet, die die 254 inzwischen eingereichten Entwürfe prüfte und allesamt verwarf. Ein von der Kommission selbst erarbeiteter Entwurf mit langgestreckter, dreischiffiger Halle, die von einer gewaltigen Kuppel aus Backstein, Stahl und Eisenplatten bekrönt werden sollte, wurde von Parlament und Presse heftig angegriffen. Diese Monstrosität hätte wohl kaum innerhalb eines Jahres gebaut werden können. Im Parlament regte sich bei den Konservativen heftiger Widerstand gegen das ganze Projekt, denn die Finanzierung war ins Wanken geraten und im Hyde Park drohten alte Baumbestände großflächig abgeholzt zu werden. Auch die 'Times' stellte sich auf die Seite der Gegner und sah den technologischen Vorsprung des Landes in Gefahr, wenn das Ausland zur Industriespionage geradezu eingeladen würde. In dieser scheinbar aussichtslosen Situation legte der Gartenbauarchitekt Joseph Paxton Anfang Juli der Öffentlichkeit einen Plan vor, der sich gegenüber allen anderen Entwürfen durch seine Leichtigkeit, seine geringen Kosten und durch die Möglichkeit, das Gebäude schnell zu errichten und auch wieder abzureißen, auszeichnete. Paxton hatte seine Erfahrungen aus dem Bau von großen Gewächshäusern direkt auf die neue Bauaufgabe übertragen können und arbeitete mit einigen der erfahrensten Ingenieure im Eisenbahnbau zusammen. Daher erschien sein kühner Entwurf so schlüssig und war auch in kurzer Zeit realisierbar. Ab jetzt stand der Weltausstellung nichts mehr im Weg: Die Royal Commission wurde durch den großen Publikumserfolg des Entwurfes genötigt, ihre Zustimmung zu geben; das Unterhaus votierte mit deutlicher Mehrheit für den Ausstellungsplan; als Bauunternehmer wurde die Londoner Firma Fox & Henderson am 26. Juli mit der Realisierung beauftragt. Bereits im August wurden die ersten Betonfundamente gegossen, die ersten Säulen konnten Ende September errichtet werden und im Januar des folgenden Jahres stand das Gebäude, vom 'Punch' "Crystal Palace", Kristallpalast, getauft, vor der staunenden Öffentlichkeit fertig da.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1851 in London

Jahr:

1851

1

Stadt: London Land:

Gro�britannien

Dauer: 1. Mai - 11. Oktober 1851

Copyright: Tallis 1852, Bd. 1, S. 4

Bibliographie Richard Daniel Altick: The Shows of London. Cambridge, Mass. und London 1978. Winslow Ames: Prince Albert and Victorian Taste. New York 1968. Joseph Anthony: An Illustrated Lifeline of Sir Joseph Paxton. Aylesbury 1973. Jeffrey A. Auerbach: The Great Exhibition of 1851. A Nation on Display. New Haven und London 1999. Charles Babbage: The Exhibition of 1851; or Views of the Industry, the Science and the Government of England. London 1851. P. Berlyn und C. Fowler: The Crystal Palace, its Architectural History and Constructive Marvels. London 1851. Anthony Bird: Paxton's Palace. London 1976. Adolphe Blanqui: Lettres sur l'Exposition universelle de Londres. Paris 1851. Lothar Bucher: Kulturhistorische Skizzen aus der Industrieausstellung aller Völker. Frankfurt 1851. George Chadwick: The Works of Sir Joseph Paxton. London 1961. The Crystal Palace, and its Contents; Being an Illustrated Cyclopaedia of the Great Exhibition of the Industry of all Nations 1851. London 1852. Roger Dixon und Stefan Muthesius: Victorian Architecture. New York 1978. Charles Ryle Fay: Palace of Industry 1851. A Study of the Great Exhibition and its Fruits. Cambridge 1951. Chup Friemert: Die gläserne Arche. Kristallpalast, London 1851 und 1854. Dresden 1984. Der Führer in der großen Industrieausstellungshalle zu London. Eröffnet vom Mai bis October 1851. Leipzig, Dresden 1851. Charles H. Gibbs-Smith: The Great Exhibition of 1851. A Commemorative Album. Ausstellungs-Katalog. Victoria and Albert Museum, London 1950.


Guide-book to the Industrial Exhibition. With Facts, Figures, and Observations on the Manufactures and Produce Exhibited. London 1851. Utz Haltern: Die Londoner Weltausstellung von 1851. Ein Beitrag zur Geschichte der bürgerlichindustriellen Gesellschaft. Münster 1971. Christopher Hobhouse: 1851 and the Crystal Palace. London 1950. Jules Janin: Le mois de mai à Londres et l'Exposition de 1851. London und Paris 1851. Georg Kohlmeier und Barna von Sartory: Das Glashaus, ein Bautypus des 19. Jahrhunderts. München 1981. John Langdon-Davies: The Great Exhibition of 1851. London 1971. Eric de Maré: London 1851. The Year of the Great Exhibition. London 1972. Official Descriptive and Illustrated Catalogue of the Great Exhibition 1851. 3 Bde. London 1851. Joseph Paxton: Mr. Paxton's History of the Building for the Great Exhibition of 1851. In: Illustrated London News. Bd. 17, 19.10.1850, S. 322f. Joseph Paxton: The Industrial Palace in Hyde Park. Mr. Paxton's Lecture at the Society of Arts. In: Illustrated London News. Bd. 17, 16.11.1850, S. 385f. Joseph Paxton: What Is to Become of the Crystal Palace? London 1851. Nikolaus Pevsner: High Victorian Design. A Study of the Exhibits of 1851. London 1951. C. Sartorius: Die Industrieausstellung in London. Darmstadt 1851. John Tallis: History and Description of the Crystal Palace and the Exhibition of the World's Industry in 1851. 3 Bde. London, New York 1852. Tobin A. Sparling: The Great Exhibition: A Question of Taste. Ausstellungs-Katalog. Yale Center for British Art, New Haven 1993. Whitney Walton: France at the Crystal Palace: Bourgeois Taste and Artisan Manufacture in the Nineteenth Century. Berkeley 1992. Ernst Werner: Der Kristallpalast zu London 1851. Düsseldorf 1970. Matthew Digby Wyatt: The Industrial Arts of the Nineteenth Century at the Great Exhibition 1851. 2 Bde. London 1851-53.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1851 in London Der Kristallpalast wandert

Jahr:

1851

1

Stadt: London Land:

Gro�britannien

Dauer: 1. Mai - 11. Oktober 1851

Copyright: The Crystal Palace and its Contents, London 1852, S. 104f

Bilanz Mit der Verteilung der Auszeichnungen an die von der 314-köpfigen Jury ausgewählten Aussteller endete am 11. Oktober 1851 die erste Weltausstellung. Die meisten Preise errang naturgemäß Großbritannien, auch Frankreich schnitt mit etwa 33% Preisen der ersten Kategorie nicht schlecht ab. Die Botschaft der Ausstellung wurde schnell verstanden: In der Industrie und in der Wirtschaft war Großbritannien führend und konnte sich als Vorbild für die anderen Nationen etablieren. Auch für den Handel wurde ein deutliches Signal gegeben. Die Zeit des Protektionismus und der hohen Schutzzölle war vorbei, die weltwirtschaftliche Vernetzung war ein gutes Stück vorangetrieben worden. Mehr als sechs Millionen Besucher waren in den Kristallpalast gekommen, weit mehr, als sich die Organisatoren selbst hätten träumen lassen. Der große Erfolg der Ausstellung bescherte der Royal Commission einen beträchtlichen finanziellen Gewinn. Das Geld wurde satzungsgemäß für die Förderung der Industrie und für Landerwerb in South Kensington ausgegeben, wo Prinz Albert zur Hebung des Bildungsniveaus mehrere Museen errichten ließ. Teilweise wurden sie, wie das Victoria and Albert Museum oder das Geological Museum, mit ausgewählten Exponaten der ersten Weltausstellung ausgestattet. Der Kristallpalast selbst entging zunächst dem vorgesehenen Abriss. Eine neue Kommission, diesmal unter dem Vorsitz Paxtons, wurde eingerichtet, die schließlich die Transferierung des Gebäudes in das Parkgelände von Sydenham beschloss. Dort sollte er als dauerhafte Touristenattraktion der Volksbelehrung und -belustigung und als gewaltiges Gewächshaus dienen. Für den Umbau wurde das Gebäude noch einmal gründlich überarbeitet. Der Palast musste nicht nur winterfest gemacht und klimatisiert werden, denn es war wohl auch nur glücklichen Umständen zuzuschreiben gewesen, dass die Struktur dem enormen Massenansturm während der Ausstellung standgehalten hatte. Als Symbol des glorreichen viktorianischen Zeitalters bestand der Kristallpalast, der 1866 teilweise abbrannte, bis 1936, als er in einem neuerlichen Großbrand unterging. Seine Architektur wirkte vorbildlich für die folgenden Weltausstellungspaläste, seine Eleganz und Großartigkeit aber wurde nur selten erreicht.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1851 in London Der Architekt des Kristallpalastes: Joseph Paxton

Jahr:

1851

1

Stadt: London Land:

Gro�britannien

Dauer: 1. Mai - 11. Oktober 1851

Copyright: The Crystal Palace and its Contents, London 1852, S. 1

Biographie Aus armer Familie stammend, wurde Joseph Paxton am 3. August 1803 in Milton Bryan, Bedfordshire, geboren. Er besuchte nur kurz eine Grammar School und wurde 1818 als Hilfskraft im Battlesden Park angestellt. Er arbeitete sich schnell hoch, wurde bereits mit 23 Jahren durch den Duke of Devonshire zum Chefgärtner von Chatsworth berufen. Als echter viktorianischer Selfmademan brachte er sich nicht nur selbst den Gärtnerberuf bei, er gründete auch mehrere Zeitschriften wie 'Paxton's Magazine of Botany', schrieb ein Lehrbuch über die Dahlienzucht und ein Botaniklexikon. Für die Umgestaltung des Parks von Chatsworth ließ Paxton mit Expeditionen seltene Samen und Pflanzen aus Asien und Amerika herbeischaffen. Die Neuanlage gipfelte in dem Entwurf eines großen Sees mit einer nahezu 100 Meter hohen Fontäne. Für den Duke of Devonshire wurde Paxton bald nicht nur zum Ratgeber, Aktienhändler, Gutsverwalter sondern auch zum Freund. 1838 unternahmen sie gemeinsam die traditionelle Grand Tour, die Bildungsreise der britischen Oberklasse durch Italien und Griechenland. Bald avancierte er auch zum Direktor der Midland-Eisenbahn-Kompanie. Die Gartenplanungen brachten es mit sich, dass Paxton bald auch Entwürfe von Wintergärten und Orangerien konzipierte. 1837 entstand für Chatsworth das Great Conservatory, für das er ein patentiertes System zur Eindeckung des Glasdachs entwickelte. Sein Entwurf für den Kristallpalast profitierte in großem Maß von den Erfahrungen, die Paxton bei den Gewächshäusern hatte machen können. Zudem standen ihm bei allen architektonischen Planungen Architekten zur Seite, die seine Ideen umsetzen halfen. Nur ein eingearbeitetes Expertenteam konnte innerhalb weniger Tage Paxtons Gedankenskizze vom Kristallpalast baureif machen. Der Erfolg mit dem Gebäude für die Great Exhibition bescherte Paxton nicht nur große Prominenz und 5.000 Pfund Honorar, er wurde auch geadelt. Nachdem er noch die Neuerrichtung des Kristallpalasts in Sydenham beaufsichtigt hatte, wurde er Parlamentsabgeordneter für Coventry und war für die Ausstattung des britischen Expeditionscorps auf die Krim zuständig. In den fünfziger Jahren plante er mehrere Landhäuser und Herrschaftssitze, vor allem für die Rothschilds in Frankreich. Reich geworden und hochgeehrt starb Sir Joseph Paxton am 8. Juni 1865 in Sydenham.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1862 in London Popularisierung des technischen Fortschritts

Jahr:

1862

1

Stadt: London Land:

Gro�britannien

Dauer: 1. Mai - 1. November 1862

Copyright: Illustrierter Katalog, Leipzig 1864, Bd. 2, S. 181

Einleitung Bei dem Versuch, die sehr erfolgreiche erste Londoner Weltausstellung von 1851 noch zu übertreffen, verschätzten sich die Organisatoren der Londoner Ausstellung von 1862 gründlich. In einem wegen seiner gewaltigen Dimensionen als monströs und hässlich kritisierten Ausstellungspalast wurden zwar mehr Exponate von mehr Ausstellern aus mehr Teilnehmerstaaten gezeigt, doch in der schieren Masse konnten die herausragenden Produkte und innovativen Entwicklungen kaum mehr angemessen präsentiert werden. Allerdings trug diese Weltausstellung erheblich dazu bei, den technischen Fortschritt zu popularisieren. Die sechs Millionen Besucher sorgten außerdem dafür, dass die Ausstellung mit einem kleinen Gewinn abschließen konnte.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1862 in London

Jahr:

1862

1

Stadt: London Land:

Gro�britannien

Dauer: 1. Mai - 1. November 1862

Copyright: Illustrierter Katalog, Leipzig 1864, Bd. 2, S. 181

Daten Offizieller Titel: London International Exhibition on Industry and Art 1862 Planungsbeginn: 1858 Baubeginn: 9. März 1861 Eröffnung: 1. Mai 1862 Dauer: 1. Mai -1. November 1862 (184 Tage) Ort: Süd-Kensington, auf dem Gartengelände der königlichen Gartenbaugesellschaft Wahrzeichen: Ausstellungspalast mit den zwei größten Kuppeln der Welt Innovationen: Babbages Rechenmaschine, die Kautschukverwendung für die Gummiherstellung, das Bessemer-Stahlproduktionsverfahren Organisation: Royal Society of Arts, Manufactures and Trade; ab 1861 eine königliche Kommission Präsident: Earl Granville Architekt: Captain Francis Fowke Ausstellungsfläche: 12,5 Hektar Aussteller: ca. 29.000, davon 9.000 aus Großbritannien und 2.600 aus den britischen Kolonien Ordnung: 4 Sektionen, 40 Klassen ausländische Teilnehmerstaaten: 36 Staaten Besucher: 6,1 Millionen Eintrittspreise: tagesabhängig, zwischen einem Shilling und einem Pfund Ausgaben: 458.842 £


Einnahmen: 459.632 £ Gewinn: 790 £ Jury: zusammengesetzt aus 296 britischen und 271 ausländischen Mitgliedern, verteilt auf die 36 industriellen und landwirtschaftlichen Klassen Auszeichnungen: 7.000 Medaillen und 5.300 ehrenvolle Erwähnungen

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1862 in London Im Schatten des erfolgreichen Vorgängers

Jahr:

1862

Stadt: London Land:

Gro�britannien

1 2

Dauer: 1. Mai - 1. November 1862

Copyright: The Illustrated London News, 1.3.1862, S. 215

Vorgeschichte Anfang 1858 beschloss die Royal Society of Arts, Manufactures and Trade, eine Neuauflage der erfolgreichen Ausstellung von 1851 zu veranstalten. Gründe für eine neue Weltausstellung gab es viele. Die Pariser "Revanche für 1851" im Jahr 1855 hatte erfolgreich bewiesen, dass sich eine Schau für die ganze Welt wiederholen ließ. Zahlreiche kleinere Industrieausstellungen, etwa in Dublin, Manchester und Florenz, demonstrierten in Teilbereichen neue technologische Entwicklungen. Seit 1851 hatte sich zum Beispiel die Schwerindustrie, vor allem die Stahlproduktion enorm weiterentwickelt. Der ökonomischer und wirkungsvoller gewordene Einsatz von Dampfmaschinen für Eisenbahnen und Schiffe führte seither zu großen Einsparungseffekten. In der Chemiebranche hatte die Entdeckung des Anilins zur Revolutionierung der Farb- und Arzneimittelindustrie geführt. Auf dem Gebiet der Kommunikation hatte die Telegrafie ihren Siegeszug angetreten und die 1851 noch allzu sehr in den Kinderschuhen steckende Fotografie war inzwischen ein allseits geachtetes Bildmedium geworden. Es war also wieder an der Zeit, den Fortschritt der Technik in allen Bereichen einem großen Publikum zu zeigen. Ursprünglich sollte die Weltausstellung bereits 1861 stattfinden. Seit 1858 waren die Planungen dafür in Angriff genommen worden, das Vorhaben machte in den maßgeblichen Wirtschaftskreisen schnell die Runde und stieß auch bei den Kommissaren der Ausstellung von 1851 auf großes Interesse. Am Ende des selben Jahres wurden sie von der Royal Society of Arts um ihre Mithilfe gebeten. Der im Frühjahr 1859 ausgebrochene italienische Befreiungskrieg ließ jedoch die Vorbereitungen nahezu vollständig zum Erliegen kommen. Niemand konnte sich in London vorstellen, dass in dieser Krise genügend ausländische Aussteller zu gewinnen seien. Doch eine weitere Werbekampagne, die gegen Ende des Jahres gestartet wurde, sorgte für einen neuen Anlauf. Die Kommissare der Ausstellung von 1851 wurden gebeten, einen Teil des unter ihrer Verwaltung stehenden Geländes der königlichen Gartenbaugesellschaft in SüdKensington zur Verfügung zu stellen. Nachdem durch Subskriptionen bis zum März 1860 250.000 Pfund als Sicherheit aufgebracht worden waren, konnte von der Königin ein Erlas erbeten werden, der den Organisatoren die nötigen Vollmachten übertrug. Die Bank von England stellte einen Kredit in Höhe von 250.000 Pfund zur Errichtung des Industriepalastes zur Verfügung. Königin Victoria ernannte am 14. Februar 1861 durch eine Inkorporationsakte eine Kommission für den zweiten Wettkampf der Industrie aller Völker in London. Ihr Gemahl, Prinz Albert, der bereits 1851 maßgeblich zur Realisierung der Ausstellung beigetragen hatte, konnte sich wegen gesundheitlicher Probleme nicht mehr im gewünschten Maß für deren Neuauflage einsetzen. Als Präsident der Kommission wurde Earl Granville, der ebenfalls bereits 1851 an der Ausstellungsorganisation beteiligt war, eingesetzt. Die weiteren Mitglieder waren Sir Wentworth Dilke, der auch 1851 schon mitgearbeitet hatte, das Parlamentsmitglied Thomas Baring, William Fairbairn als Gründer der britischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, sowie der Präsident der Londoner Eisenbahngesellschaft, der Herzog von Buckingham und Chandos.


Im März 1861 begannen schließlich die eigentlichen Vorarbeiten. Das Weltausstellungsvorhaben wurde offiziell bekannt gemacht, Einladungen an andere Länder wurden verschickt und am 9. März 1861 wurde mit der Vermessung des Grundes begonnen, so dass Anfang April 1861 der Grundstein gelegt und mit dem Bau werden konnte. Obwohl die königliche Kommission nur sehr wenig Zeit zur Koordination und Planung hatte, wurde die zweite Industrieausstellung in London termingerecht am Donnerstag, den 1. Mai 1862 eröffnet.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1862 in London Ein Gang durch den Ausstellungspalast

Jahr:

1862

1

Stadt: London Land:

Gro�britannien

Dauer: 1. Mai - 1. November 1862

Copyright: Illustrierter Katalog, Leipzig 1864, Bd. 2, S. 181

Konzept Auch nach der Eröffnung waren - wie bei den meisten Weltausstellungen - noch längst nicht alle Bauarbeiten abgeschlossen und längst nicht alle Exponate an ihrem Platz. Die königlichen Kommissare hatten den Ausstellern zunächst freie Hand bei der Gestaltung des ihnen zugewiesenen Raumes gelassen. Als aber die Zeitungen die teilweise monströsen Einbauten massiv kritisierten, mussten die Kommissare auf eigene Kosten für den Rückbau sorgen. Nicht mehr beseitigt werden konnte eine Mauer, die die Franzosen errichtet hatten, um sich vom Hauptschiff abzusondern und mehr Ausstellungsfläche zu gewinnen. Sie wurde zum Symbol für den Wettstreit der Industrienationen um die Herrschaft auf den Weltmärkten. Ein Klassifizierungssystem für die Anordnung der Exponate gab es nicht, und auch die dickleibigen, durch Werbeanzeigen aufgeblähten Kataloge halfen nicht weiter, da sie ebenfalls keinen nachvollziehbaren Ordnungskriterien folgten. Im westlichen Teil des Hauptschiffs waren die ausländischen Aussteller versammelt, doch wurden die Anordnung der Nationen immer wieder durch gemischte Präsentationen von Kunsthandwerk, Schmuck und Skulpturen unterbrochen. Im westlichen Querschiff hatten die Exponate aus Österreich und Deutschland ihren Platz. Da kaum Geld für ein elegantes Arrangement der Produkte vorhanden war, mussten die Waren allein durch ihre Qualität überzeugen. Vielen Kritikern erschien die deutsche Abteilung als �ärmlich�. Die Briten dagegen scheuten sich nicht, die im Krieg gegen China (1856-1858) bei der Plünderung der kaiserlichen Paläste erbeuteten Kunstwerke und Schmuckstücke zu präsentieren. Die Kolonien der europäischen Länder wurden auf ihre Rolle als Rohstofflieferanten reduziert vorgeführt Fertigprodukte wurden nicht gezeigt, stattdessen kunstvolle Arrangements exotischer Früchte. Indische und australische Künstler durften ihre Werke nicht in der Kunstausstellung präsentieren, sondern in den Abteilungen der Kolonien. Die Kunstausstellung selbst war nach dem Muster der Pariser Weltausstellung von 1855 zur Industrieschau hinzugekommen. Mit 350 Metern Länge erreichte die Gemäldegalerie im Hauptgebäude - wie die einheimische Presse lobend hervorhob - die Länge der Grande Galerie im Pariser Louvre. Oberlichter und Shed-Dächer sorgten für die blendfreie Beleuchtung der Bilder, die nach nationalen Schulen gehängt worden waren. Nach dem Willen der Kommission sollte so der Beitrag einer jeden Nation "zum Fortschritt der Künste und zu ihrem gegenwärtigen Zustand" deutlich gemacht werden. Die Nationen durften sich jeweils einen �Gründervater� für ihre künstlerischen Traditionen auswählen und dessen Einfluß bis in die Gegenwart demonstrieren. In der britischen Abteilung wurde diese Rolle dem mit 33 Gemälden vertretenen William Hogarth sowie Joshua Reynolds und Thomas Gainsborough zugewiesen. Von ihnen ließ sich eine Linie bis zu Constable, Wilkie und den Präraffaeliten ziehen. In den seitlichen Anbauten des Ausstellungsgebäudes wurde den Besuchern dagegen �Maschinenkultur


pur� geboten. Bis zu 35 Tonnen schwere Exponate waren dort aufgestellt � bei der Weltausstellung 1851 hatte die schwerste Maschine neun Tonnen gewogen. Groß herausgebracht wurde auf der Ausstellung das Bessemer-Verfahren, das der Stahlindustrie gerade einen enormen Innovationsschub bescherte. Henry Bessemers bereits patentierter Entdeckung ermöglichte es, Stahl schneller und in größeren Mengen zu produzieren. Friedrich Krupp in Essen hatte den ersten Bessemer-Ofen allerdings bereits wenige Wochen zuvor aufgestellt. Alle Exponate wurden von einer Expertenkommission bewertet. Bereits am 11. Juli hatte die 600-köpfige Jury ihre Arbeit beendet. In den Gärten war eine provisorische Tribüne errichtet worden, auf der Earl Granville die Preise an die Aussteller verlieh. Praktischen Nutzen aus der Weltausstellung zog das breite Publikum: Erfindungen wie die Nähmaschine oder die mechanische Waschmaschine hielten bald danach Einzug in die begüterten Haushalte.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1862 in London

Jahr:

1862

1

Stadt: London Land:

Gro�britannien

Dauer: 1. Mai - 1. November 1862

Copyright: Illustrierter Katalog, Leipzig 1864, Bd. 2, S. 181

Kommentare Alphonse Esquiros: Zum Ausstellungsgebäude Die Gestalt des Gebäudes wurde allgemein kritisiert: wie bereits die Herkunft des Wortes selbst (monere) andeutet, sollte jedes Monument Ausdruck eines Gedankens sein, derjenige des Gebäudes in Süd-Kensington aber könnte gleichermaßen für einen Eisenbahnhof, für eine Kaserne wie auch für ein Mustergefängnis verwendet werden. (...) Das Innere des Gebäudes ist, was die Schönheit seiner Architektur angeht, dem Äußeren durchaus vorzuziehen. Damit möchte ich allerdings nicht sagen, dass es untadelig sei; aber die Schiffe, die sich von einem Kuppelraum bis zum anderen erstrecken, zeichnen sich, wenn sie auch von allzu schlanken Eisensäulen gestützt werden, durch ihre Größe und eine titanische Kühnheit aus, die in einem gesunden Verhältnis zu den englischen Geistesgaben und zum Ereignis, das es zu feiern gilt, stehen. Es war, so denke ich, unmöglich beim Eintreten nicht von einem tiefen und feierlichen Gefühl erfasst zu sein. Aus: Revue des Deux Mondes. Bd. 40, 1862, S. 50-90, hier S. 62.

O.A.: Zur Schließung der Internationalen Ausstellung Wir haben das Unternehmen bereits als erfolgreich charakterisiert. Wir sind uns aber nicht sicher, ob dieses Urteil so einhellig und ungeteilt bleiben wird, wie bei der Ausstellung von 1851. Damals konnte nichts die Brillanz dieses Urteilsprozesses überschatten. Diesmal aber gab es viele und schwere Rückschläge zu überwinden - diese waren so zahlreich und schwerwiegend, dass, wenn man sie hätte voraussehen können, übermenschlicher Mut, ihnen entgegenzutreten, hätte aufgebracht werden müssen. Und es ist sehr wahrscheinlich, dass man dann das Projekt als hoffnungslos aufgegeben hätte. (...) Das Unternehmen hat jedoch sehr viel größere Erfolge gezeitigt. Es übertraf seinen Vorgänger von 1851 in nahezu allen Aspekten mit Ausnahme des ihm nun fehlenden Glücks. Wie sehr auch immer dieses Lob von Verwöhnten oder Zynikern daher gemindert werden wird, als bedeutende Tatsache bleibt festzuhalten, dass die Internationale Ausstellung von 1862, trotz all der Schwierigkeiten, mit denen sie zu kämpfen hatte, ehrenvoll alle wesentliche Ziele, für sie ursprünglich vorgesehen war, erreicht hat. (...) Als vergleichende und wetteifernde internationale Ausstellung von Lebensmitteln, ingeniöser Erfindergabe, industrieller Fertigkeiten und guten künstlerischen Geschmacks wird sie, so denken wir, uneingeschränkt als ihren Vorgängern weit überlegen eingeschätzt werden müssen, als ein vollständiger und triumphaler Erfolg. Wir sind uns aber nicht sicher, ob dieser nicht ein wenig unter dem mangelhaften Arrangement gelitten hat und ob tatsächlich alles aus dieser wunderbaren Zusammenstellung interessanter, nützlicher und bezaubernder Gegenstände gemacht wurde. Das Studium der Exponate war daher nicht so einfach, wie er durch eine bessere Methode der Klassifizierung hätte erreicht werden


kรถnnen. Aus: The Illustrated London News. 8.11.1862, S. 485f.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1862 in London Kriege und der Tod Prinz Alberts - Die Weltausstellung in der Krise

Jahr:

1862

Stadt: London Land:

Gro�britannien

1 2

Dauer: 1. Mai - 1. November 1862

Copyright: The Illustrated London News,10.5..1862, S.473

Hintergrund Ziel der Weltausstellungen im 19. Jahrhundert war vor allem der friedliche Wettbewerb der Völker, der an die Stelle der kriegerischen Auseinandersetzungen treten sollte. Ein solch idealistisches Konzept musste notwendigerweise an den Machtinteressen der Nationen scheitern. Nach dem Krimkrieg Mitte der fünfziger Jahre und den Kämpfen der Briten gegen Aufständische in Südafrika gefährdete vor allem die Sezession der amerikanischen Südstaaten 1861 die Weltausstellungsidee. Zudem drohte der amerikanische Bürgerkrieg der Ausstellung in London auch unmittelbar zu schaden. Wegen des Krieges in der USA herrschte Baumwollmangel, unter dem die britische Textilbranche erheblich litt. Viele Betriebe aus diesem Bereich mussten daher wegen ihrer Finanzprobleme die Teilnahme an der Weltausstellung absagen. Auch Arbeitslosigkeit und geringere Löhne waren die Folge, was die Besucherzahlen drückte. Aufgrund des Bürgerkrieges war es auch lange fraglich, ob die USA, die 1851 noch mit einem großen Beitrag nach London gekommen waren, überhaupt teilnehmen würden. Sie waren 1862 letztlich nur mit wenigen Exponaten präsent. Der Tod von Prinz Albert am 14. Dezember 1861 belastete das Vorhaben erheblich. Albert galt als geistiger Vater der Weltausstellungsidee, nun fehlten seine Unterstützung und seine symbolische Präsenz. Die trauernde Königin blieb der Eröffnungsfeier der Weltausstellung am 1. Mai 1862 fern, ein leerer Thron und zu dessen Seiten Büsten der Königin und ihres verstorbenen Gemahls ließen jeden den Verlust für die Weltausstellung und für das Land spüren. In jeder Ansprache wurde zunächst auf Prinz Alberts Tod Bezug genommen, wurden seine Verdienste gepriesen. Auch die Choral-Ode des Hofdichters Alfred Tennyson würdigte den Prinzgemahl als den Schöpfer der weltumspannenden Ausstellungsidee.

Alfred Tennyson: Choral ode for the Inauguration Uplift a thousand voices full and sweet, In this wide hall with earth's in ventions stored, And prais th'invisible, universal Lord, Who lets once more in peace the nations meet, Where science, Art and Labour have outpour'd Their myriad horns of plenty at our feet. O, silent father of our Kings to be, Mourn'd in his golden hour of jubilee, For this, for all, we weep our thanks to thee! The world-compelling plan was thine, And lo! The long laborious miles Of palaces; lo! The giant aisles


Rich in model and design; Harvest-tool and husbandry, Loom and wheel and engin'ry, Secrets of the sullen mine, Steel and gold, and corn and wine, Fabric rough, or Fairy fine, Sunny tokens of the Line, Polar marvels, and a feast Of wonder, out of West and East And shapes and hues of Past divine! All of beauty, all of use, That one fair planet can produce, Brought from under every star Blown from over every main, And mixt, as life is mixt with pain The works of place with works of war. O ye, the wise who tink, the wise who reign, From growing commerce loose her latest cain And let the fair white-winged peacemaker fly To happy havens under all the sky, And mix the seasons and the golden hours Till each man find his own in all men's good, And all men work in noble brotherhood, Breaking their mailed fleets and armed towers, And ruling by obeying natures powers And gathering all the fruits of peace and crown'd with all her flowers. Quelle: Practical Mechanics Journal: Record of the Great Exhibition 1862. London 1863. S. 64

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1862 in London Ein kapitaler Fehlgriff: Der Ausstellungspalast

Jahr:

1862

Stadt: London Land:

Gro�britannien

Dauer: 1. Mai - 1. November 1862

1 2 3 4 5 6 7 Copyright: The Illustrated London News, 3.5.1862, S. 457

Architektur Der Ausstellungspalast von 1862 sollte den Crystal Palace von 1851 in jeder Hinsicht in den Schatten stellen. Da das Gebäude auch nach der Ausstellung für Messen und Industrieausstellungen zur Verfügung stehen sollte, kam eine reine Stahl-Glas-Konstruktion, wie sie Joseph Paxton für 1851 entworfen hatte, nicht in Frage. Die Fassaden und Eingänge mussten, dem Geschmack der Zeit entsprechend, massiv und mit skulpturalen Dekorationen errichtet werden. Captain Francis Fowke, Ingenieur und Architekt im Departement für Wissenschaft und Kunst der Regierung, der schon den Bau des Crystal Palace überwacht und bei der Pariser Weltausstellung 1855 als Sekretär der britischen Abteilung weitere Erfahrungen gesammelt hatte, war für den Plan verantwortlich. Den Auftrag für die Errichtung des Gebäudes erhielten d ie Bauunternehmer Kelk und Lucas, die bei der Ausschreibung das niedrigste Gebot abgegeben hatten. Sie verpflichteten sich, die volle Verantwortung für die Errichtung des Baus zu übernehmen, ihre Vergütung sollte sich dagegen nach den Einnahmen der Ausstellung richten. Vom Baubeginn am 9. März 1861 blieben nur noch elf Monate Zeit - doch wider Erwarten wurde der Palast am 12. Februar 1862 termingerecht übergeben. Der Gebäude war für die beengten Verhältnisse zu groß geraten: Er überdeckte 6,5 Hektar und nahm den ganzen südlichen Teil des Gartengeländes ein. Im Norden schlossen sich die Gärten der königlichen Gartenbaugesellschaft an. Der Palast bestand aus einem Hauptgebäude und zwei Seitengebäuden (für Maschinen und landwirtschaftliche Geräte), die beide nach der Ausstellung abgerissen wurden. Die 350 Meter lange Hauptfassade an der Cromwell Road wurde durch hohe Bogenfenster, Eckpavillons und einen säulen- und fahnengeschmückten Haupteingang gegliedert. Von hier gelangte man in ein breites, aufwendig geschmücktes Foyer. Das Hauptschiff des Palastes verlief als Mittelachse quer dazu von Ost nach West, es war 26 Meter breit und 35 Meter hoch, und - ähnlich wie der Kristallpalast durch eine filigrane Glas-Eisen-Konstruktion gedeckt. An beiden Enden des Schiffs öffneten sich große, achteckige Räume, über denen sich gewaltige Kuppeln erhoben. Nach Norden und Süden erstreckten sich von dort aus kürzere, aber ebenfalls 35 Meter hohe Querschiffe. So entstand ein H-förmiger Grundriss. Die Höfe dazwischen wurden mit Glas überdacht und durch Galerieeinbauten ebenfalls als Ausstellungsfläche nutzbar gemacht. Die Kuppeln aus Eisen und Glas sollten der Clou der Architektur sein, doch erschienen sie der zeitgenössischen Kritik, "weder schön noch imposant". Zwar übertrafen sie mit einem Durchmesser von 49 Metern die Kuppeln von St. Paul in London und St. Peter in Rom um einige Meter, doch waren sie mit 79 Metern nicht so hoch wie diese Dome. Daher konnte man nur von der hochgelegenen Terrasse der Gärten aus beide Kuppeln gleichzeitig sehen. Die Kosten für ihre Errichtung standen in keinem Verhältnis zu ihrem äußerst beschränkten Nutzen. Die einheimische Presse fand denn auch wenig schmeichelhafte Bezeichnungen für sie, die Kuppeln wurden als "kolossale Suppenschüsseln" und "nationale Schande" beschimpft. Von einigen ausländischen Kommentatoren wurde immerhin die Inneneinrichtung gelobt: In den Kuppelräumen war das Bodenniveau etwas erhöht worden, so dass man von dort aus nahezu die


gesamte Ausstellung überblicken konnte. Das Hauptschiff und die beiden Querschiffe wurden von niedrigeren Seitenschiffen und Galerien begleitet. Dadurch konnte zwar die Ausstellungsfläche wesentlich vergrößert werden, doch wie schon 1851 beklagten sich die dahin "abgeschobenen" Aussteller über mangelnden Publikumszuspruch. Die langgestreckten Anbauten zu Seiten des Gartenbaugeländes wurden mit Schienen bestückt, um die schweren Geräte leichter platzieren zu können. Dazwischen lagen die Dampf- und Wasserleitungen, die verschiedene Maschinen und Transmissionsmühlen antrieben und Feuerschutz bieten sollten.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1862 in London

Jahr:

1862

1

Stadt: London Land:

Gro�britannien

Dauer: 1. Mai - 1. November 1862

Copyright: Illustrierter Katalog, Leipzig 1864, Bd. 2, S. 181

Bibliographie Léon Baron de Brisse, Album de l'Exposition universelle de Londres en 1862. Paris 1864. Lothar Bucher, Die Londoner Industrieausstellung von 1862. Berlin 1863. Alphonse Esquiros: L'exposition universelle de 1862. In: Revue des deux mondes. Bd. 40, 1862, S. 50-90. Ritter Wilhelm von Hamm, Illustrierter Katalog der Londoner Industrieausstellung von 1862. 2 Bde. Leipzig 1863. John Hollingshead, A Concise History of the International Exhibition of 1862. Its Rise and Progress, its Building and Features and a Summary of all Former Exhibition. London 1862. A.J. Beresford Hope, The International Exhibition. In: Quarterly Review. Bd. 112, 1862, S. 179-214. Robert Hunt, Handbook of the Industrial Department of the Universal Exhibition 1862. 2 Bde. London 1862. Juror's Reports. International Exhibition 1862. London 1862. E. Macdermott, The Popular Guide to the International Exhibition of 1862. London 1862. Official Illustrated Catalogue of the International Exhibition London 1862. The Illustrated Catalogue of the Industrial Department. 2 Bde. London 1867. Alfred Pontecoulant, Douze jours à Londres. Voyage d'un mélomane à travers l'Exposition universelle. Paris 1862. The Practical Mechanics Journal. Record of the Great Exhibition. London 1863. Views of the International Exhibition. The Interior. London, Edinburgh, New York 1862.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1862 in London Die Popularisierung der Technik

Jahr:

1862

Stadt: London Land:

Gro�britannien

1 2

Dauer: 1. Mai - 1. November 1862

Copyright: The Illustrated London News, 30.8.1862, S. 255

Bilanz Als am 1. November 1862 die Tore der 2. Internationalen Industrieausstellung in London geschlossen wurden, waren sich alle Kritiker einig: diese Weltausstellung hatte bei weitem nicht die Bedeutung und den Erfolg der Großen Industrieausstellung von 1851. Sicherlich trugen die politischen Umstände als auch der Tod Prinz Alberts zu der schlechten Presse bei. Doch die meisten Probleme waren hausgemacht. Die Arbeit der Königlichen Kommission wurde weithin als unzulänglich beurteilt. Aussteller beklagten sich, ihnen sei zuwenig Raum zugeteilt worden und kaum jemand fand sich dafür zuständig, das umfangreiche Verpackungsmaterial beiseite zu schaffen und für Ordnung zu sorgen. Wegen der beengten Lage des Ausstellungspalastes kam es an den Eingängen immer wieder zu chaotischen Szenen. Da an manchen Tagen der Eintritt nur einen Shilling kostete, an anderen die Preise hingegen deutlich höher lagen, kam es zu Unklarheiten über die Rechte der Saisonkarteninhaber. Auch die Jurierung der Exponate und die Vergabe von Medaillen und ehrenvollen Erwähnungen rief harsche Kritik hervor. Da mehr als die Hälfte der Aussteller mit Auszeichnungen bedacht worden war, ließ sich die Prämierung kaum als seriös bezeichnen. Trends konnten aber auch aus Statistiken abgelesen werden: Frankreich hatte vier Prozent mehr Auszeichnungen errungen als Großbritannien. Übrigens wurde auch die Medaille selbst, die Britannia mit ihrem Löwen zeigte, der Personifikationen von Gewerbe, Industrie und Künsten ihre Produkte zu Füßen legten, als "zu groß und zu hässlich" abqualifiziert. Doch konnten bei aller Kritik auch positive Entwicklungen vermerkt werden. Auf dieser Weltausstellung wurden auch Laien und nicht nur Fachleute unmittelbar mit den neuesten technischen Entwicklungen und Produkten konfrontiert. Durch die Demonstration von Produktionsprozessen und die publikumswirksame Ausstellung von Maschinen besserte sich das Image technischer Geräte, die als Massenprodukte zunehmend auch in die Privathaushalte vordrangen. Die Weltausstellung bot auch den Rahmen für ein Treffen von Arbeiterdelegationen aus England und Frankreich. Die ironischerweise vom französischen Kaiser Napoleon III. finanzierte Reise französischer Arbeiter führte später zur Gründung der "Internationalen Arbeiter Association", der sogenannten 1. Internationale. Weltausstellungen ermöglichten also den breiten Austausch von Informationen und Meinungen, wo es andere Möglichkeiten der Kommunikation noch nicht gab. In Großbritannien sollte es nach 1862 keine großen internationalen Ausstellungen mehr geben, und man überließ dieses Feld Frankreich und Paris, der Weltausstellungsstadt par excellence, wo diese Veranstaltungen mit noch größerem Glanz und Pomp abgehalten werden konnten. In London sollten hinfort nur noch nationale oder fachbezogene Ausstellungen und Messen stattfinden.


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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1867 in Paris Paris "klassifiziert" die Welt

Jahr:

1867

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 1. April - 3. November 1867

Copyright: L'Illustration, Nr. 1272, 13.7.1867, S. 21f

Einleitung Ein für die zweite Pariser Weltausstellung neu entwickeltes Klassifizierungssystem für sämtliche Industrie- und Kulturgüter wie für alle Tätigkeiten der Menschen brachte auch eine revolutionäre Architektur mit sich. In einem riesigen Oval konnte man im Ausstellungspalast sämtliche Produkte einer Nation oder einer Gattung in einem Durchgang besichtigen. Rund um den Ausstellungspalast errichteten die Nationen in einem Park erstmals eigene Pavillons. Hier wurden auch künstlerische Wasserspiele, Jahrmarktbuden und fremdländische Gaststätten aufgebaut, die dem Publikum Erholung von der enzyklopädischen Mammutschau im Ausstellungspalast boten. Ein großer Erfolg war die Weltausstellung auch auf diplomatischer Ebene: nahezu alle Fürsten Europas kamen nach Paris.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1867 in Paris

Jahr:

1867

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 1. April - 3. November 1867

Copyright: L'Illustration, Nr. 1272, 13.7.1867, S. 21f

Daten Offizielle Bezeichnung: Exposition universelle de Paris 1867 Neuheiten: Klassifikationssystem, Thematische Ausrichtung der Ausstellung ("Geschichte der Arbeit"), Länderpavillons Technische Innovationen: Stahlbeton (Patent von Joseph Monier), hydraulischer Fahrstuhl Dauer: 1. April - 3. November 1867 Eröffnung am 1. April durch Kaiser Napoleon III. Ort: Parc du Champ-de-Mars, Ile de Billancourt Fläche: 68,7 Hektar, davon 15,3 Hektar für das Palais, von dessen Ausstellungsfläche knapp die Hälfte für Frankreich reserviert war Wahrzeichen: Ausstellungspalast auf dem Marsfeld Organisation: Kaiserliche Kommission (60 Mitglieder), unterteilt in elf Spezialkommittées Vorsitz: Prinz Napoleon, Cousin des Kaisers; abgelöst durch den Kronprinzen als Ehrenpräsidenten Generalkommissar: Senator Frédéric Le Play Architekten: Jean Baptiste Krantz (für den Palast), Adolphe Alfant (für den Park), Charles de Chennevières (für die Kunstausstellung) Teilnehmer: 41 Länder Aussteller: 52.000, davon 15.969 aus Frankreich Thema:Geschichte der Arbeit Besucher: Zwischen 11 und 15 Millionen Kosten: Ausgaben 22.984.000 Francs, Einnahmen 26.114.000 Francs, davon 9.283.967 Francs aus Eintrittsgeldern


Gewinn: 3,13 Millionen Francs Finanzierung: Jeweils 6 Millionen Francs Subventionen von Staat und Stadt, 8 Millionen Francs durch Subskription Klassifikation:10 Gruppen und 95 Klassen Jurys: 570 Mitglieder, davon 260 Franzosen Preise: 19.776 Preise,davon 66 Grands Prix und 1.143 Goldmedaillen; im Bereich der Schönen Künste 139 Auszeichnungen, davon 17 Grands Prix und 33 Erste Preise; Frankreich erhält insgesamt 10.103 Preise

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1867 in Paris Ein Frühlingstag im Eisenpalast

Jahr:

1867

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 1. April - 3. November 1867

Copyright: L'Illustration, Nr. 1272, 13.7.1867, S. 21f

Die Er�ffnung "Die helle Frühlingssonne des ersten April, dieses sonst von manchen Völkern argwöhnisch betrachteten und höhnisch verfolgten Jahrestages, schien lustig und fröhlich auf Paris und auf die Eröffnung der 'Allgemeinen Ausstellung' des Jahres 1867 herab. Die unzähligen National-Wimpel des eisernen Industrie-Colosseums und die Kaiseradler Frankreichs flatterten und glänzten in der plötzlich so blauen und heiteren Frühlingsluft, und auf den schnurgeraden, neugesprengten Strassen, wo in bunten Farben die Uniformen der französischen Cavallerie glänzten, zog die Menge nach diesem größten Palaste unserer Zeit, größer als Escorial und Alhambra, als das Colosseum des alten Rom oder Sanct Peters Riesendom. Es sollte die Eröffnung eines Tempels des menschlichen Fleisses und des Gedankenreichthums erfolgen, ein Cultus des Genius ächter Humanität. Durch die getroffenen Arrangements, dass auf den Palast-Revieren des Kaiserzuges allerdings nur Personen in grossen Toiletten auf specielle Billets zugelassen wurden, durch das hohe Tages-Entrée von 20 Franken pro Person u.s.w., war das anwesende Publikum ein der exklusiven Feier angemessenes und gewähltes. Der Eisen-Palast prangte dabei in einem improvisirten überraschenden Schmuck von Blumen, Flaggen, Fahnen und Decorationen, und die Arrangements, die so zu sagen über Nacht noch ausgeführt waren, bewiesen die weltberühmte Kunst der Decoration, welche die Franzosen ohne Zweifel besitzen, wiederum in einem grossartigen Beispiel. So ward denn um 2 Uhr Nachmittags, als der Kaiser Louis Napoleon, seine Gemahlin am Arm, die feierliche Promenade durch einige Theile des grossen Palastes vollführte, die Allgemeine Ausstellung von 1867 eröffnet. Dies war ein Akt von ebenso welthistorischer Bedeutung, als - so Gott will - voll segensreicher Folgen für alle Völker der Civilisation, die gern und willig im Schweisse der aufgeklärten und lohnenden Arbeit ihr Brot essen, und dabei unablässig bestrebt sind, das Leben durch einen immer grösseren Reichthum von Ideen zu verschönern und zu verbessern." Quelle: H.L. in: Deutsche Ausstellungszeitung Nr. 3, Sonnabend 6. April 1867

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1867 in Paris Die Antwort Napoleons III. auf die Londoner Weltausstellung 1862

Jahr:

1867

Stadt: Paris Land:

Frankreich

1 3

Dauer: 1. April - 3. November 1867

Copyright: Ducuing. Bd. I, S. 1

Vorgeschichte Im Januar 1863, als Frankreich die während der Londoner Weltausstellung des Vorjahres zugeteilten Preise zugestellt bekam, wurde im Parlament der Wunsch laut, die nächste Weltausstellung in Paris abzuhalten. In einem kaiserlichen Dekret Napoleon III. vom 12. Juni des Jahres wurde dem Projekt allerhöchste Unterstützung gewährt. Nachdem im Frühling 1865 eine kaiserliche Kommission mit der Leitung und Überwachung der für 1867 geplanten Universalausstellung beauftragt worden war, lud das Außenministerium die ausländischen Regierungen zur Mitwirkung ein. Am 30. März sagte Großbritannien als erstes Land die Teilnahme zu. Jede Nation akkreditierte einen Kommissar als ständigen Repräsentanten. Die 60 Mitglieder der kaiserlichen Kommission � vor allem Industrielle und Wirtschaftsexperten - wurden von der Regierung berufen. Sie konnten in finanzieller und administrativer Hinsicht vollständig autonom handeln, als Privatorganisation leitete die Kommission die Ausstellung ohne jede staatliche Kontrolle. Ebenfalls im März kam es zu einer Übereinkunft über die Finanzierung der Ausstellung. Die Kommission erhielt eine Subvention über 12 Millionen Francs von Stadt und Staat. Eine öffentliche Subskription wurde im April aufgelegt, um der Industrie und wohlhabenden Bürgern die Möglichkeit zur Beteiligung an der Finanzierung und an möglichen Gewinnen zu bieten. Sie brachte über 10 Millionen Francs ein. Der große Umfang der projektierten Ausstellung, die alle bisherigen Weltausstellungen übertreffen sollte, erforderte ein größeres Areal als das der Champs-Elysées der Weltausstellung von 1855. Ende Juni 1865, als im Parlament über den Ort der künftigen Ausstellung debattiert wurde, einigte man sich schließlich auf das Marsfeld, das sich bereits 1798 als Ort der ersten Nationalausstellung bewährt hatte und auf dem alle zukünftigen Pariser Weltausstellungen bis 1937 abgehalten werden sollten. Ein kaiserliches Dekret vom 12. Juli billigte das Reglement der Ausstellung. Im Januar des folgenden Jahres beschloss die kaiserliche Kommission eine Ausstellung zur Geschichte der Arbeit einzurichten. Am 22. Februar 1866 übernahm der jugendliche Kronprinz den Ehrenvorsitz der Kommission, nachdem der Schwager des Kaisers Prinz Napoleon nach Kompetenzstreitigkeiten zurückgetreten war. Am 3. April begann man mit dem Bau des Ausstellungspalastes auf dem Marsfeld. Ziel war es, den Ausstellern bereits Ende des Jahres Raum für ihre Exponate zur Verfügung zu stellen. Trotzdem waren die Arbeiten am Tage der Eröffnung, dem 1. April 1867, noch nicht vollständig abgeschlossen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1867 in Paris Die Antwort Napoleons III. auf die Londoner Weltausstellung 1862

Jahr:

1867

Stadt: Paris Land:

Frankreich

1 3

Dauer: 1. April - 3. November 1867

Copyright: Ducuing. Bd. I, S. 1

Vorgeschichte Im Januar 1863, als Frankreich die während der Londoner Weltausstellung des Vorjahres zugeteilten Preise zugestellt bekam, wurde im Parlament der Wunsch laut, die nächste Weltausstellung in Paris abzuhalten. In einem kaiserlichen Dekret Napoleon III. vom 12. Juni des Jahres wurde dem Projekt allerhöchste Unterstützung gewährt. Nachdem im Frühling 1865 eine kaiserliche Kommission mit der Leitung und Überwachung der für 1867 geplanten Universalausstellung beauftragt worden war, lud das Außenministerium die ausländischen Regierungen zur Mitwirkung ein. Am 30. März sagte Großbritannien als erstes Land die Teilnahme zu. Jede Nation akkreditierte einen Kommissar als ständigen Repräsentanten. Die 60 Mitglieder der kaiserlichen Kommission � vor allem Industrielle und Wirtschaftsexperten - wurden von der Regierung berufen. Sie konnten in finanzieller und administrativer Hinsicht vollständig autonom handeln, als Privatorganisation leitete die Kommission die Ausstellung ohne jede staatliche Kontrolle. Ebenfalls im März kam es zu einer Übereinkunft über die Finanzierung der Ausstellung. Die Kommission erhielt eine Subvention über 12 Millionen Francs von Stadt und Staat. Eine öffentliche Subskription wurde im April aufgelegt, um der Industrie und wohlhabenden Bürgern die Möglichkeit zur Beteiligung an der Finanzierung und an möglichen Gewinnen zu bieten. Sie brachte über 10 Millionen Francs ein. Der große Umfang der projektierten Ausstellung, die alle bisherigen Weltausstellungen übertreffen sollte, erforderte ein größeres Areal als das der Champs-Elysées der Weltausstellung von 1855. Ende Juni 1865, als im Parlament über den Ort der künftigen Ausstellung debattiert wurde, einigte man sich schließlich auf das Marsfeld, das sich bereits 1798 als Ort der ersten Nationalausstellung bewährt hatte und auf dem alle zukünftigen Pariser Weltausstellungen bis 1937 abgehalten werden sollten. Ein kaiserliches Dekret vom 12. Juli billigte das Reglement der Ausstellung. Im Januar des folgenden Jahres beschloss die kaiserliche Kommission eine Ausstellung zur Geschichte der Arbeit einzurichten. Am 22. Februar 1866 übernahm der jugendliche Kronprinz den Ehrenvorsitz der Kommission, nachdem der Schwager des Kaisers Prinz Napoleon nach Kompetenzstreitigkeiten zurückgetreten war. Am 3. April begann man mit dem Bau des Ausstellungspalastes auf dem Marsfeld. Ziel war es, den Ausstellern bereits Ende des Jahres Raum für ihre Exponate zur Verfügung zu stellen. Trotzdem waren die Arbeiten am Tage der Eröffnung, dem 1. April 1867, noch nicht vollständig abgeschlossen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1867 in Paris Harmonie für die Welt und Jahrmarktreiben

Jahr:

1867

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 1. April - 3. November 1867

Copyright: Ebeling, Anhang

Konzept Um der Welt den Glanz des Second Empire zu präsentieren, wollten die Organisatoren besonders den technischen und ökonomischen Fortschritt Frankreichs herausstellen. Kulisse der Exposition universelle war das von Baron Haussmann radikal erneuerte Stadtbild von Paris. Doch nicht nur an Größe und Besucherzahlen sollte diese Weltausstellung alle vergangenen Projekte übertreffen. Das Konzept des Kommissars der Ausstellung, Frédéric Le Play, verfügte über innovative Ansätze, die spätere Weltausstellungen maßgeblich beeinflussten. Erstmals versuchte man, durch ein umfassendes Klassifikationssystem alle Gebiete menschlicher Tätigkeit in nur zehn Gruppen zu erfassen, die wiederum in mehrere Klassen aufgeteilt wurden. Unterschieden wurden: 1. Kunstwerke, 2. Material und Anwendung der freien Künste, 3. Möbel und Hausgeräte, 4. Kleidung, Stoffe und andere Objekte die von Menschen getragen werden (zum Beispiel Schmuck und Waffen), 5. Industrieprodukte und Maschinen zur Gewinnung von Rohstoffen, 6. Instrumente und Prozesse der angewandten Künste, 7. Nahrungsmittel, 8. Landwirtschaftliche Produkte, 9. Gartenbauprodukte und 10. Gegenstände zur Verbesserung der physischen und moralischen Lage der Völker. Hier wurden nicht nur Produkte vorgestellt, sondern auch die menschlichen Tätigkeiten und ihre Bedingungen innerhalb der Gesellschaft berücksichtigt. Der Besucher sollte durch Vorführungen von handwerklicher Arbeit und maschineller Produktion Einblick in Herstellungsprozesse gewinnen. Hutmacher und Schuster boten ihre Produkte zum Verkauf an und führten Reparaturen aus. Es wurden aber auch Lehrmittel gezeigt und die Bemühungen um verbesserte Wohnkonzepte erörtert. Dass man dieses moralische Anliegen in einer Zeit sich zuspitzender sozialer Konflikte besonders hervorhob, ist auch Kaiser Napoleons persönlichem Beitrag zur Ausstellung zu entnehmen. Er präsentierte den Entwurf eines Arbeiterhauses - das von der Jury erwartungsgemäß mit einem Grand Prix ausgezeichnet wurde. Zudem präsentierte man die Entwicklung der Zivilisation aus französischer Sicht in einer Ausstellung zur Geschichte der Arbeit, für die Material von der Steinzeit bis ins 19. Jahrhundert bereitgestellt wurde. Le Play hatte für diese Bestandsaufnahme ein Raumkonzept gefunden, das alle Themen und Länder unter einem Dach versammelte, von einem bloßen Wettkampf der Nationen jedoch wegführte. Die Besucher konnten sich je nach Bewegungsrichtung im Palais entweder einem Land oder einer Produktkategorie widmen. Zur Hervorhebung der Exponate und ihrer gleichberechtigten Organisation in einem harmonisierenden Ordnungssystem musste also eine rationale Raumlösung entwickelt werden. Als Grundriss bot sich ein riesiges Oval an, dessen konzentrische Zonen Produkte derselben Gruppe aller Nationen beherbergten und dessen radiale Sektionen jeweils einer Nation gewidmet waren. Allerdings besetzte Frankreich beinahe die Hälfte des Palastes und die verbleibende Ausstellungsfläche wurde nach dem Prestige der Länder aufgeteilt. Mit der Konzeption des Ausstellungspalastes wandte sich Le Play zudem gegen die Tradition herkömmlicher Palastarchitektur, für die historische Stile adaptiert wurden und eine hierarchische Anordnung der Räume typisch war.


Wenn auch das von Frankreich gesetzte Weltmodell in seiner ringförmigen Form zur Demonstration der eigenen kulturellen Vormachtstellung benutzt wurde, war bereits die Idee späterer Themenausstellungen angelegt. Erstmals erhielten die ausstellenden Nationen die Gelegenheit, in dem den Palast umgebenden Ausstellungspark Pavillons nach eigenen Entwürfen zu errichten. Die Architektur gewordene enzyklopädische Systematisierung der Welt aus französischer Sicht stand damit zwar im räumlichen und ideellen Zentrum der Gesamtanlage, doch trug v.a. die Inszenierung im Park zum Erfolg dieser Weltausstellung bei.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1867 in Paris Erlebnisreiche Kontraste: Der Ausstellungspark

Jahr:

1867

Stadt: Paris Land:

Frankreich

1 2

Dauer: 1. April - 3. November 1867

Copyright: L'Illustration 1867, Nr. 1274, 27.6.1867, S. 56f

Gel�nde Das den Palast umgebende Parkgelände nahm zwei Drittel des Marsfeldes ein - ein einzigartiges Ensemble von Gartenanlagen und Baumgruppen, Alleen und Rasenplätzen, Seen und Brunnen mit künstlerisch gestalteten Wasserspielen als Ergänzung der nüchternen Enzyklopädie der Ausstellungshalle. Es gab Themenpavillons und ethnographischen Schaustellungen, Vergnügungsstätten für die Besucher, lebende Tiere, Pflanzen und große Exponate, die in der Ausstellungshalle keinen Platz mehr gefunden hatten. Besucher erreichten das Gelände mit Zügen oder mit Booten auf der Seine. Innerhalb des Geländes konnten sie sich mit dampfbetriebenen Bussen oder kleineren Fuhrwerken bewegen. Besonders reizvoll waren Ballonfahrten oder die Panoramafahrt auf einem der Ausflugsboote der Seine, von wo man einen einzigartigen Blick auf die Vielgestaltigkeit des Geländes genoss. Um sich vom hektischen Treiben des Ausstellungsbetriebes erholen, bot sich der 50.000 Quadratmeter "Jardin réservé" an. Wiesen und Baumgruppen, Grotten, Bäche und Wasserfälle ergaben eine abwechslungsreiche künstliche Landschaft. Für Interessenten der Zoologie und Botanik gab es Gewächshäuser und Gärten, die die Flora und Fauna verschiedener Klimazonen der Erde beherbergten: In zwei grottenähnlich inszenierten, begehbaren Aquarien ließ sich in die Welt des Süß- oder Salzwassers eintauchen und durch große Glasscheiben hindurch exotische Pflanzen, Fische und andere Wassertiere beobachten. In großen Volieren gab es Vogelarten aus aller Welt zu betrachten. Einige technische Neuerungen ließen sich im Park effektvoll einsetzen, neue Beleuchtungssysteme wie die 50 Meter hohen Leuchttürme mit elektrischem Licht. Dder Suezkanal konnte im Modell besichtigt werden und wurde zudem von seinem Ingenieur Ferdinand de Lesseps selbst erklärt. Besonderer Beliebtheit erfreuten sich exotische Gaststätten wie eine österreichische Weinstube, ein englischer Pub oder ein tunesisches Kaffeehaus. In diesen Lokalen, rund um den Ausstellungspalast, konnte man Abendkonzerten lauschen und wurde bis 23 Uhr nachts bei Gaslicht bedient. Der Park war dafür gedacht, dass sich die einzelnen Länder mit ihren Pavillons individuell präsentieren konnten. Bis zu 227 Gebäude wurden gezählt, in denen gemäß dem Wunsch der Ausstellungsorganisatoren "in deutlicher und zugleich interessanter Weise die Eigenthümlichkeiten des betreffenden Volkes in Bezug auf seine Sitten und Gebräuche, wie auf seine ganze Lebensweise" anschaulich wurden. Dieses Konzept wurde allerdings von den Nationen uminterpretiert und primär das Bedürfnis der Besucher nach exotischen Sensationen bedient. Während Italien einen pompejanischen Tempel beisteuerte, präsentierte sich Ägypten mit der Replik des Tempels von Philae. Eine Karawanserei mit importierten Kamelen stand neben einer gotischen Kathedrale als Ausstellungsraum christlicher Kunst. Die Niederlande präsentierten sich mit einer Meierei und einer dampfgetriebenen Diamantenschleiferei, während Russland Bauernhäuser aus reich


geschnitztem Holz aufgebaut hatte. Als Hauptattraktion wurde in der zeitgenössischen Literatur immer wieder auf den chinesischen Beitrag verwiesen. In dem teilweise nachgebauten Manchu-Sommerpalast wurden authentische Teezeremonien und chinesische Theaterstücke geboten. Wie auf einem Abenteuerspielplatz konnten mutige Besucher mit Fallschirmen von einem Turm springen oder Taucher in einem Wasserturm beobachten. Im Vergleich zu der vorwiegend industriellen Leistungsschau im Palast, bot sich im Park eher ein äußerst unterhaltsames Bild, das in den Kolonialabteilungen der Weltausstellungen wie 1889 oder 1900 noch auf die Spitze getrieben werden sollte. Sehr zum Bedauern des Publikums wurden fast alle Gebäude nach dem Ende der Ausstellung abgerissen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1867 in Paris

Jahr:

1867

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 1. April - 3. November 1867

Copyright: L'Illustration, Nr. 1258, 6.4.1867, S. 209

Kommentare Rede des Kaisers anlässlich der Preisverleihung am 1. Juli 1867: �Meine Herren! Nach einem Zwischenraume von 12 Jahren werde ich zum zweiten Male die Belohnungen an Diejenigen vertheilen, die die Hervorragendsten in jenen Arbeiten sind, welche die Nationen bereichern, das Leben verschönern und die Sitten veredeln. (...) Von allen Punkten der Erde sind die Vertreter der Wissenschaft, der Kunst, der Industrie um dei Wette herbeigeeilt, und man kann sagen, dass Völker und Könige in dem Gedanken der Versöhnung und des Friedens gekommen sind, die Werke der Arbeit zu ehren und durch ihre Gegenwart sie zu krönen. (...) Die Ausstellung von 1867 kann sich mit Recht die 'universelle' nennen, denn sie vereinigt die Elemente aller Schätze des Erdballs; neben den allerneuesten Vervollkommnungen der modernen Kunst sehen wir die Producte der ältesten Zeiten, so dass sie zugleich die Thätigkeit aller Jahrhunderte und aller Nationen repräsentirt. Sie ist 'universell', denn neben den Wundern, welche der Luxus für einige hervorbringt, ist sie ganz mit den Bedürfnissen der grossen Mehrzahl beschäftigt. Niemals haben die Interessen der arbeitenden Classen eine lebhaftere Sorgfalt hervorgerufen. Ihre moralischen und materiellen Bedürfnisse, die Erziehung, die Bedingungen einer billigen Existenz, die wirksamste Art und Weise des Associationswesens, sind der Gegenstand sorgsamer Untersuchungen und ernster Studien gewesen. Aehnlich wie diese gehen alle Verbesserungen ihren Weg vorwärts. Wenn die Wissenschaft, indem sie sich die Materie dienstbar macht, die Arbeit befreit, so befördert die Bildung des Herzens, indem sie das Laster, die Vorurtheile und die gemeinen Leidenschaften bezwingt, die Humanität. (...) Die Ausstellung von 1867 wird, ich hoffe es, eine neue Aera der Harmonie und des Fortschritts bezeichnen. Ueberzeugt, dass die Vorsehung die Werke aller Derjenigen segnet, welche, wie wir, das Gute wollen, glaube ich an den endlichen Triumph der grossen Principien der Moral und der Gerechtigkeit, welche, allen gesetzlichen Wünschen genugthuend, allein die Throne befestigen, die Völker erheben und die Humanität steigern können." Quelle: K.u.K. Östereichisches Central-Comitee von der Weltausstellung zu Paris 1867. Offizieller Ausstellungsbericht. Wien 1869, S. 337 f.

Eugène Rimmel über den Ausstellungspalast "Das äußere Erscheinungsbild des Baus ist wenig anziehend: wenn auch die Londoner Ausstellung von 1862 kritikwürdig war und ihre zwei würdigen Kuppeln nur die Schwerfälligkeit des Gebäudes verdeckten, so ist hier die Monotonie des grauen, langweiligen Gebäudes kaum durch die dürren Flaggenmasten gemildert, die seine einzige Verzierung bilden. Das Innere des Palastes ist nicht viel aufregender als sein Äußeres; die das Auge so ermüdenden Biegungen bieten nirgends die langen Blickachsen, die üblicherweise die Schönheit eines Gebäudes dieser Art ausmachen; der einzige Ort, der einen hübschen Anblick bietet, ist der zentrale Garten, von dem die verschiedenen Galerien


strahlenfรถrmig ausgehen."

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1867 in Paris Der Ausstellungspalast

Jahr:

1867

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 1. April - 3. November 1867

1 2 3

Copyright: L'Illustration, Nr. 1258, 6.5.1867, S. 216f.

Architektur In Anlehnung an ein für die Londoner Weltausstellung von 1862 entwickeltes, aber nicht realisiertes Konzept, schlug Le Play einen ovalen, temporären Ausstellungspalast vor, der an das römische Kolosseum erinnerte. Mit Entwurf und Konstruktion desGebäudes wurde der Ingenieur Jean Baptiste Krantz beauftragt. Bei der Realisierung assistierten Baus Léopold Hardy, Charles Duval und der junge Gustave Eiffel. Um den An - und Abtransport der Exponate und den Besuchern den Zugang zu allen Teilen der Ausstellung zu erleichtern, verzichtete man auf einen mehrstöckigen Bau. Beim Errichten der Fundamente waren im Sommer 1865 täglich zwischen 1.200 und 1500 Arbeiter auf der Baustelle beschäftigt. Gusseiserne Säulen und schmiedeeiserne Pfeiler bildeten das Gerüst des Bau. Das Dach aus Glas und Wellblech ließ reichlich Tageslicht in die Hallen. Der Grundriss gliederte sich in sieben, nach innen schmaler werdende konzentrische Ringe, die jeweils einer Kategorie von Exponaten gewidmet waen. Radiale Gänge, die die einzelnen Galerien miteinander verbanden, teilten das Innere des ovalen Baus in "Tortenstücke", entsprechend der Zahl der ausstellenden Nationen. Breitere 'Alleen', die die Längs- und Querachse bildeten, gliederten es in ein Französisches, Englisches, Deutsches und Belgisches "Viertel". Das klare und übersichtliche Ordnungssystem ging von der Gleichberechtigung aller teilnehmenden Länder und der Ähnlichkeit der Interessen für bestimmte Produktkategorien aus. Diese gleichmäßige Raumaufteilung wurde allerdings nicht konsequent verwirklicht - Zeitgenossen schrieben von einer geradezu "unvermeidlichen Unordnung". In der Mitte des Gebäudes gab es eine "Oase" - einen 5100 Quadratmeter großen, offenen Innenhof mit Palmengarten, Springbrunnen und Skulpturen, in dem sich die Besucher vom hektischen Treiben auf der Ausstellung erholen konnten. Ein Gartenpavillon diente der Präsentation internationaler Währungen, Maßeinheiten und Gewichte. Deutete sich hier die Hoffnung auf die Entwicklung einer internationalen Währung und Maßgebung an? 1875 wurde das Internationale Büro für Gewichte und Maße in Paris gegründet. Auf dem Rückweg passierten die Besucher zunächst den innersten, der Geschichte der Arbeit gewidmeten Ring. Daran schloss sich die Abteilung der Bildenden Künste an. Freie Künste, Hausgeräte und Möbel waren die Themen der nächsten beiden Hallen. Durch einen weitere Halle gelangte man zur Maschinenhalle, die mit ihren 35 Metern Breite alle anderen Ringe an Größe übertraf. Um die Maschinenausstellung in ihrer Gesamtlänge zu erfassen, mussten die Besucher 1.200 Meter zurücklegen; von einem Gang auf gusseisernen Stützen ließ sie sich aus fünf Metern Höhe überblicken. Erstmals eingesetzte hydraulische Aufzüge brachten die Besucher auf das 25 Meter hohe Dach. Von dort bot sich ein Überblick über die zum Innenhof hin abfallenden Glasdächer und vermittelte eine Vorstellung von den Dimension des riesigen Gebäudes. Ein Glanzpunkt architektonischer Erfindungsgabe war die Konstruktion der Halle, deren gebogene


Dachhaube durch Stützen an der Außenseite gehalten wurden; auf Mittelpfeiler im Innenraum konnte verzichtet werden. Am äußeren Rand befand sich unterhalb der großen Lichtfenster und der Balustrade der Maschinenhalle ein aus Glas und Eisen konstruierter Gürtel mit Cafés und Restaurants und freischwebendem Vordach. Während in den inneren Ringen die kulturellen Errungenschaften der Welt und des Gastgebers Frankreich inszeniert waren, wurden hier der technische und industrielle Fortschritt gezeigt. Große Aufmerksamkeit erregten der Amerikaner Samuel Morse und die Entwicklung der Telegraphentechnik und die Firma Krupp für modernste Verfahren der Stahlbearbeitung. Berühmt war die "dicke Berta" - die bis dahin größte, nämlich 50 Tonnen schwere Kanone, die 1.000 Pfund schwere Kugeln abfeuern konnte. Dieses Exponat sollte drei Jahre später im deutsch-französischen Krieg zu Frankreichs Niederlage beitragen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1867 in Paris Das "Ballett der Nationen"

Jahr:

1867

Stadt: Paris Land:

Frankreich

1 2

Dauer: 1. April - 3. November 1867

Copyright: AK Bismarck Preussen Deutschland und Europa, S. 306

Programm Wie keine Weltausstellung zuvor lockte die Exposition die Regenten der Welt in die Hauptstadt des 19. Jahrhunderts. Vom Bruder des japanischen Kaisers bis zum Vizekönig Ägyptens reichte die Liste der "Potentaten". Selbst ein türkischer Sultan verließ erstmals sein Land, um am Treffen der Repräsentanten der Nationen teilzunehmen. Sechs Monate lang dauerte die Parade fürstlicher Visiten, die vom Volksmund als das "Ballett der Nationen" bezeichnet wurde. Auch die Herrscher der drei kontinentalen Mächte, die bis 1814 gegen Napoleon I. gekämpft hatten, kamen zum ersten Mal nach Paris und ins Kaiserreich zurück: der österreichische Kaiser Franz Joseph I., der preußische König Wilhelm I. und der russische Zar Alexander II. Alexander sollte diesen Besuch in denkbar schlechter Erinnerung behalten. Während der offiziellen Begrüßungszeremonie wurde er von der Menge mit den Rufen "Lang lebe Polen!" empfangen. Wenige Tage später entkam er im Bois de Boulogne nur zufällig einem Pistolenattentat des polnischen Patrioten Antoni Berezowski. Als einziger europäischer König fehlte Victor Emmanuel II. von Italien, der damit gegen die französische Intervention in den italienischen Befreiungskrieg protestierte. Die Exekution des von Napoleon III. in Mexiko eingesetzten Kaisers Maximilian, dem Bruder Kaiser Franz Josephs, durch Aufständische unter der Führung von Benito Juarez im Juni 1867 trübte die Beziehungen Frankreichs zu Österreich nachhaltig. Die Kritik an Napoleons Innen- und Außenpolitik verschärfte sich im Laufe des Jahres immer mehr. Diese diplomatischen Verwicklungen und Krisen verdunkelten den Glanz des großen Festes. König Wilhelm I. besuchte mit seinem Kanzler Bismarck und seinem Generalstabschef von Moltke im Juni die Ausstellung. Zwar hatte Preußen durch den Sieg bei Königgrätz im Jahr zuvor die Hegemonie über den Norden Deutschlands errungen, doch herrschten noch friedliche Beziehungen zwischen Frankreich und Preußen. Die preußischen Kanonen zogen sowohl die Bewunderung der Besucher als auch den Spott der Witzblätter auf sich. Ob nur Pessimisten in dieser Waffenschau ein Menetekel des bevorstehenden Krieges zwischen Frankreich und Deutschland sahen, der mit Belagerung von Paris, der Kapitulation Frankreichs und der Gefangennahme Napoleons enden sollte? Geblendet vom Glanz der Exposition universelle wollte man die alte Rivalität zwischen den Nationen vergessen, die aber trotz aller friedlichen Reden nicht zu bannen war.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1867 in Paris

Jahr:

1867

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 1. April - 3. November 1867

Copyright: L'Illustration, Nr. 1272, 13.7.1867, S. 21f

Bibliographie Jacques-Eugène Armengaud, Les progrès de l´industrie à l´Exposition universelle de 1867. Paris 18681869. 2 Bde. Pierre Aymar-Bresson, Histoire général de l´Exposition de 1867: France et puissances étrangères. Paris 1868. Arthur Chandler, Paris 1867, Exposition universelle. In: John E. Findling (Hg.), Historical Dictionary of World´s Fairs and Expositions, 1851-1988. New York, Westport Connecticut, London, 1990, S.33-43. Commission impériale, Rapport sur l´exposition universelle de 1867 à Paris. Précis des opérations et listes des collaborateurs. Paris 1869. M.D. Conway, The Great Show at Paris. In: Harper´s New Monthly Magazine, 35, Juli 1867, S. 238-253. M.D. Conway, More of the Great Show at Paris. In: Harper´s New Monthly Magazine, 35, November 1867, S. 777-792. Charles de Cuyper, Revue de l´Exposition de 1867. Paris 1870. 4 Bde. Fr. Ducuing (Hg.), L´Exposition universelle de 1867 illustrée. Paris 1867. 2 Bde. A. Ebeling, Die Wunder der Pariser Weltausstellung 1867. Köln 1867. Hippolyte Gautier, Les curiosités de l´exposition universelle 1867. Paris 1867. Robert Geißler, Plaudereien über Paris und die Weltausstellung. Berlin 1868. L´Illustration. Paris 1867. Bd. 49, 50. Raymond Isay, L´exposition de 1867. In: Revue des deux mondes, 87. Jg., 1937, S. 896-920, und 38, 1937, S. 128-143. Journal des arts, des sciènces et des lettres et de l´Exposition universelle. Paris 1867. K.u.K. Östereichisches Central-Comitee von der Weltausstellung zu Paris 1867, Offizieller Ausstellungsbericht. Wien 1869. Eugène Lacroix (Hg.), Etudes sur l´Exposition de 1867 ou les Archives de l´Industrie au XIXe siècle. Paris


1868. Le Magasin pittoresque. Paris 1867. Bd. 35. Patricia Mainardi, Art and Politics of the Second Empire. The Universal Exhibitions of 1855 and 1867. New Haven 1987. Jules Mesnard, Les merveilles de l´Exposition universelle de 1867. Paris 1869. Marie-Louise von Plessen, Bismarck, Preussen, Deutschland und Europa. Ausstellungskatalog Deutsches Historisches Museum Berlin 1990. Louis Reybaud, L´exposition du champ de Mars. In: Revue des deux mondes, Bd. 69, 37. Jg., 2. Serie, 1.Juni 1867, S. 705-737. Eugène Rimmel, Souvenirs de l´Exposition universelle de 1867. Paris 1868. Augustus George Sala, Notes and Sketches of the Paris Exhibition. London 1868. Frank Anderson Trapp, 'Expo' 1867 Revisted. In: Apollo, Februar 1969, Bd. 89, Nr. 84 (N.S.), S. 112-131.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1867 in Paris Frédéric Le Play und Michel Chevalier

Jahr:

1867

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 1. April - 3. November 1867

Copyright: L'Illustration, Nr. 1272, 13.7.1867, S. 21f

Biographie Frédéric Le Play, Generalkommissar der Ausstellung Frédéric Le Play kann als wahrer Schöpfer der Ausstellung gelten. Le Play (1806-1882) - zum Bergwerksund Hütteningenieur ausgebildet - bemühte sich seit seiner Jugend aktiv um die Bewertung und Verbesserung der industriellen Strukturen Frankreichs und Teilen Europas. Er führte aufwendige Untersuchungen sozialer Strukturen durch, die er in seinem Buch über die Lage der europäischen Arbeiter veröffentlichte. Nachdem er 1855 die Organisation der ersten Weltausstellung in Paris übernommen hatte, publizierte er in den folgenden Jahren sein Hauptwerk - Die soziale Reform in Frankreich. Schließlich wurde er mit der Einrichtung der französischen Sektion auf der Weltausstellung in London 1862 beauftragt. Michel Chevalier, der Präsident der Jury Wichtigster Partner im Organisationsteam von 1867 war Michel Chevalier, Präsident der internationalen Jury. Chevalier und Le Play führten gleichsam ein paralleles Leben. Sie wurden nicht nur im gleichen Jahr geboren, erhielten ihren Unterricht an der École Polytechnique, sondern durchliefen auch gemeinsam die Karrierestufen im kaiserlichen Funktionärsapparat. Le Play dachte in katholischen Traditionen und war für konservatives Gedankengut aufgeschlossen. Chevalier war Professor für politische Ökonomie am Collège de France und damit der offizielle Interpret der französischen Lehre des Wirtschaftsliberalismus. 1860 hatte er den Freihandelsvertrag mit Großbritannien ausgehandelt und sich daraufhin als Erforscher und Ideologe der Weltausstellung profiliert.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1867 in Paris Die Preisverteilung

Jahr:

1867

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 1. April - 3. November 1867

Copyright: L'Illustration, Nr. 1272, 13.7.1867, S. 21f

Die Preisverteilung Am 1. Juli 1867, drei Monate nach Eröffnung der Ausstellung, fand die feierliche Verleihung der Orden, Medaillen und anderen Auszeichnungen durch Kaiser Napoleon statt. Dieser "Glanzpunkt der Ausstellung" wurde offiziell als "fête de la paix" - Friedensfest - bezeichnet, für das die Ausstellungsleitung sogar eine Friedenshymne dichten ließ. Die Dichter Coppée und Chouquet gewannen den Wettbewerb, an dem 200 Dichter teilgenommen hatten. Der Ausstellungspalast der Weltausstellung von 1855 an den Champs-Elysées war für diesen Anlass auf das Prächtigste mit Draperien, Teppichen, Blumen, Goldverzierungen und Fahnen geschmückt worden. Stellvertretend für die zehn Gruppen der Ausstellung waren zehn aus Emblemen und Produkten komponierte Trophäen in der Mitte des Saales installiert, zwischen denen Bänke für die Preisträger standen. An der Längsseite befand sich eine Estrade mit drei Fauteuils für den Kaiser, die Kaiserin und den gerade anwesenden Sultan. Links und rechts nahmen die kaiserliche Familie sowie die fremden Prinzen und Prinzessinnen in Samtstühlen Platz. Unterhalb der kaiserlichen Estrade saßen die Minister und die Mitglieder der kaiserlich-französischen Ausstellungskommission. Gegenüber war eine Tribüne für das diplomatische Corps errichtet, woran sich die Plätze für die internationale Kommission anschlossen. Zwei Galerien waren für die ca. 18.000 Zuschauer reserviert. Das 1200-köpfige Orchester intonierte noch vor Ankunft des Hofes Glucks Iphigenie in Aulis. Nach dem Einzug des Kaisers und seines Gefolges erklang die von Rossini für diesen Anlas komponierte Hymne A Napoleon III et son veillant peuple. Es folgte die Ansprache von Minister Rouher an den Kaiser, der wiederum mit seiner Rede zur Preisverleihung antwortete. Höhepunkt der Veranstaltung war die Verleihung der insgesamt 19.776 Preise, von denen 10.103 französischen Ausstellern zugebilligt wurden. Der Jurypräsident führte die Preisträger vor die Estrade, wo diese sich vor dem Kaiser verneigten und ihre Auszeichnungen erhielten, während ihr Name von Rouher verlesen wurde. Zum Abschluss dieser festlichen Zeremonie, die in zeitgenössischen Berichten als "Culminationspunkt des großen Friedens- und Arbeitsfestes" gefeiert wurde, unternahm der Hof und seine Begleitung einen Umzug durch den Saal und begrüßte die internationalen Kommissionen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1867 in Paris Die Kunstausstellung - eine dekorative Nebenrolle

Jahr:

1867

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 1. April - 3. November 1867

Copyright: L'Illustration, Nr. 1272, 13.7.1867, S. 21f

Die Kunst Bereits auf der Londoner Weltausstellung 1851 polemisierte die Öffentlichkeit gegen die Degradierung der Kunst zum schmückenden Beiwerk der Industrieschau. 1867 sollte die Kunstausstellung wiederum nur eine sekundäre Rolle spielen. Obwohl Kunstwerke die erste Gruppe im Klassifikationssystem bildeten, sah die Ausstellungskommission, die in erster Linie aus Industriellen und Ökonomen bestand, für diese Abteilung nur eine der kleinsten Ausstellungshallen vor. Dies hatte zur Folge, dass die Gemälde für die Besucher kaum mehr sichtbar in fünf oder mehr Reihen übereinander hingen. Einige Länder wie Belgien, Holland, die Schweiz und Bayern installierten daraufhin ihre Kunstausstellungen in eigenen Pavillons im Park und konnten somit bis zu 200 Gemälde ausstellen. Andere Länder hingegen wie zum Beispiel die Türkei oder Brasilien mussten in der von Frankreich dominierten Ausstellung im Palast mit Platz für nicht mehr als sieben Werke auskommen. Als sehr problematisch hatte sich zudem die Zusammensetzung der Auswahljury für Malerei und Zeichnung erwiesen. Sie bestand zu gleichen Teilen aus Angehörigen der Ausstellungskommission, Mitgliedern der Académie des Beaux-Arts und Künstlern, denen bereits Medaillen zuerkannt worden waren oder die Mitglieder der Ehrenlegion waren. Repräsentative Absichten standen im Vordergrund, schließlich sollte die Jury einen konservativen und retrospektiven Ansatz der Kunstausstellung garantieren. Die jüngeren Naturalisten oder die zukünftigen Impressionisten wie Monet, Renoir, Degas, Cézanne oder Berthe Morisot fehlten. Abgesehen davon fühlte sich eine große Zahl wichtiger französischer Künstler ausgeschlossen - nach dem Vorbild von Courbet 1855 organisierten einige daraufhin ihre eigenen Ausstellungen außerhalb des Geländes. So stellte Manet in einer Galerie nahe der Pont d´Alma später berühmt gewordene Gemälde wie Das Frühstück im Grünen oder sein Panorama de l'Exposition universelle aus. In der Nähe hatte Courbet, obwohl er die Schau im Palast mit vier Gemälden beschickte, einen eigenen Pavillon installiert, der als permanente Realismus-Ausstellung gedacht war. Im Ausstellungspalast hingegen wollte man neben Landschaftsmalerei von Rousseau vor allem Exotik oder Historienbilder im akademischen, neoklassizistischen Stil sehen. Schließlich fanden sich an den Wänden überwiegend Arbeiten der Jurymitglieder, u.a. von Meissonier, Gérôme, Dupré, Bouguereau, Millet, Daubigny, Huet und Corot, die anders als Courbet alle mit zwischen acht bis vierzehn Gemälden vertreten waren. Besonders beliebt und präsent waren Genrebilder. Obwohl nur Werke gezeigt werden sollten, die nach dem 1.1.1855 ausgeführt worden waren, erwies sich die Ausstellung letztendlich als Retrospektive des Bekannten. Die Kunst war in ihrer schmucklosen, gedrängten und unkomfortablen Präsentation ein Produkt unter vielen, nur ein "gefälliges Accessoire", wie Charles Blanc, der selbst Jurymitglied war, 1867 in der Zeitung Le Temps äußerte. Die Ausstellung hatte besonders zum Erfolg von Messionier beigetragen. Mit zunehmendem Verlust der politischen Stabilität verlor die Öffentlichkeit jedoch bald das Interesse für die akademische Malerei.


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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1873 in Wien Im Schwung der Gründerzeit

Jahr:

1873

1

Stadt: Wien Land:

�sterreich

Dauer: 1. Mai - 31. Oktober 1873

Copyright:

Einleitung Ein Vergnügungsgelände war der Wiener Prater schon lange gewesen, im Sommer 1873 wurde der gründlich aufgeräumte und renovierte Park aber zum Treffpunkt der Welt. Mitten zwischen Varietees und exotische Restaurants baute der Chefarchitekt Carl von Hasenauer das Wahrzeichen der ersten Weltausstellung auf deutschsprachigem Boden: eine riesige Halle für die Industrieprodukte, die Rotunde genannt wurde. Die kühne Stahlkonstruktion wurde zur Betonung der Ingenieursleistung von außen nicht verkleidet. In den weiten Hallen des Palastes bot sich den Nationen viel Platz zur Selbstdarstellung. Die glänzende Bilanz der österreichischen Gründerjahre wurde durch den Wiener Börsenkrach und eine Choleraepidemie in ihrer Wirkung schwer beeinträchtigt.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1873 in Wien

Jahr:

1873

1

Stadt: Wien Land:

�sterreich

Dauer: 1. Mai - 31. Oktober 1873

Copyright:

Daten Offizielle Bezeichnung: Welt-Ausstellung 1873 in Wien Dauer: 1. Mai - 31. Oktober 1873 Eröffnung: 1.5.1873, um 12 Uhr in der Rotunde des Industriepalastes Ort: Prater bei Wien, ehemaliger kaiserlicher Jagdpark Thema: "Kultur und Erziehung" Anliegen. "Das Kulturleben der Gegenwart sowie die Gesamtheit der volkswirtschaftlichen Darstellungen und deren Fortschritte zu fördern" Generaldirektor. Dr. Wilhelm Freiherr von Schwarz-Senborn Fläche: 233 Hektar, davon 16 Hektar überdacht Teilnehmerländer: 35 Aussteller: 53.000, davon 9.104 aus Österreich (17 Prozent) Besucher: 7.255.000 Eintritt: Montag bis Freitag: Ein Gulden, Sonn- und Feiertage: 50 Kreuzer Eröffnungstag und Tag der Preisverleihung: 25 Gulden Kosten: Ausgaben: 19.123.270 Gulden Einnahmen: 4.256.349 Gulden Defizit: 14.866.921 Gulden Pavillons: 194 Ausstellungsorte gemäß Lageplan Wahrzeichen: Rotunde, mit der größten Kuppel der Welt Klassifikation: 26 Gruppen, 174 Sektionen


Jury: 956 Mitglieder Preise: 25.572 Medaillen, davon 6.158 für Österreich

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1873 in Wien �Vollendung eines Unternehmens�: Die Eröffnungszeremonie

Jahr:

1873

1

Stadt: Wien Land:

�sterreich

Dauer: 1. Mai - 31. Oktober 1873

Copyright:

Die Er�ffnung Am 11. Mai 1873 eröffnete Kaiser Franz Joseph in Anwesenheit von Mitgliedern des Kaiserhauses, fürstlicher Gäste und zahlreicher Regierungsmitglieder - allerdings ohne Vertreter der Kirche - die Wiener Weltausstellung. Um 11 Uhr begann bereits die "Große Praterauffahrt" mit Regierungsvertretern in Nationalkostümen. Um 12 Uhr wurde die Ankunft Ihrer Majestäten mit Erklingen der Volkshymne gefeiert und Baron Schwarz-Senborn führte die Ehrengäste in die festlich geschmückte Rotunde, wo unter Ausschluss der Öffentlichkeit die Eröffnungszeremonie gefeiert wurde. Zu Beginn begrüßte Erzherzog Karl Ludwig den Kaiser mit einer Ansprache und überreichte ihm den Generalkatalog und eine Denkschrift der Ausstellung. Bevor Ministerpräsident Adolph Fürst von Auersperg und Bürgermeister Felder zu Wort kamen, die die Ausstellung als "völkerverbindendes Friedensfest" und als "Beitrag zum Wohlstand der gesamten Menschheit" feierten, erklärte Se. Majestät der Kaiser mit folgenden Worten die Ausstellung für eröffnet: "Mit lebhafter Befriedigung sehe ich die Vollendung eines Unternehmens, dessen Wichtigkeit und Bedeutung Ich im vollsten Masse würdige. Mein Vertrauen in den Patriotismus und die Leistungsfähigkeit Meiner Völker, in die Sympathien und die Unterstützung der uns befreundeten Nationen hat die Entwicklung des grossen Werkes begleitet. Mein kaiserliches Wohlwollen und meine dankbare Anerkennung sind seinem Abschlusse gewidmet. Ich erkläre die Weltausstellung des Jahres 1873 für eröffnet." Unter der Leitung des Hof-Operntheater-Capellmeisters trugen die Gesangsvereine nun den Festgesang von Georg Friedrich Händel mit einem eigens für die Ausstellung verfassten Text vor:

Glocken klingt und Fahnen weht, Heut zu festlichem Empfang Und das Werk, das fertig steht, Grüße weihender Gesang. Weite Hallen sind bereit Rings umher grünt Baum an Baum, Eine Welt voll Thätigkeit Regt sich stolz in diesem Raum. Was der Geist ersinnt und schafft, Was gebildet Kunst und Fleiß, Mächtig Bild vereinter Kraft, Ringend nach dem höchsten Preis.


Auf, ihr Völker, kehret her Zu der großen Geisterschlacht, Euer Fortschritt, Eure Wehr Und die Bildung, Eure Macht! Arbeit ist der Staaten Grund, Gleiches Streben macht auch gleich, Einen Völkerfriedensbund Feiert heute Österreich!

Nach dem offiziellen Festakt begann gegen 12.30 Uhr der erste Rundgang der Ehrengäste durch die Ausstellung. Zwar waren bis zu diesem Tage längst nicht alle Exponate aufgestellt, doch stieß v.a. die luxuriöse Präsentation des internationalen Kunstgewerbes im Industriepalast auf große Bewunderung. Dazu gehörten auch die exotisch bunten Inszenierungen der Kolonialmächte wie und die pompösen Pappmachébauten der orientalischen Abteilung. Eine Besonderheit war die Präsentation von der Fortschritte im Bildungswesen, wo man Modelle von Kindergärten, Schulen und eine Auswahl moderner Lehrmittel kennenlernen konnte.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1873 in Wien Donauverlegung und Ringstraßenglanz: Städtebauliche Maßnahmen

Jahr:

1873

Stadt: Wien Land:

�sterreich

1 2

Dauer: 1. Mai - 31. Oktober 1873

Copyright: Leipziger Illustrierte Zeitung, 3.5.1873

Vorgeschichte Ganz dem Wunsch des Kaisers entsprechend, der bereits 1866 den Prater als Ort der Weltausstellung 1870 vorgesehen hatte, wurde 1869 das ehemalige kaiserliche Jagdrevier zum Ausstellungsgelände bestimmt. Kritiker sahen große Nachteile in der Entfernung des Parks vom Stadtzentrum und in der Überschwemmungsgefahr durch die Donau. Doch im Zuge der Stadterneuerung Wiens war das Gebiet des Prater mit in die Baumaßnahmen einbezogen worden. Die technischen Voraussetzungen für die Abhaltung der Weltausstellung in Wien waren erst seit wenigen Jahren gegeben. Zwischen 1868 bis 1873 war die Länge der österreichischen Eisenbahnlinien um mehr als das Doppelte angewachsen. Die sechs in Wien aus allen Himmelsrichtungen einmündenden Bahnstrecken schufen die Grundlage für ungehinderten Fremdenzustrom und Warentransport. Die Anzahl der Pferdetrambahnen für den innerstädtischen Personenverkehr wurde ebenfalls beträchtlich vermehrt. Für die Donau wurde ein neues Flussbett gegraben, um die jahrhundertealte Überschwemmungsgefahr der Stadt und des Praters zu bannen. Die Donauregulierung, die selbst als Exponat der Weltausstellung angemeldet wurde, ermöglichte im nördlichen Teil des Praters die Errichtung des Nordbahnhofs, von dem während des Ausstellungsaufbaus Schienenstränge selbst bis in die einzelnen Ausstellungsbauten führten. Die aus der Donauregulierung ebenfalls resultierende Absenkung des Grundwasserspiegels war eine Voraussetzung für die Verbesserung der Trinkwasserversorgung Wiens, mit der man, zusammen mit dem Bau von neuen Spitälern, die immer wieder drohende Gefahr von Epidemien wie der Cholera zu bannen suchte. Der Wurstelprater im westlichen Teil des Pratergeländes wurde im Zuge der Weltausstellung renoviert und "kultiviert". Die locker gewachsene Struktur des seit Beginn des 18. Jahrhunderts beliebten Vergnügungsparks fiel bürgerlichem Ordnungssinn zum Opfer. Unter der Leitung des Architekten Lothar Abel wurden ab 1871 Schaustellerbuden abgerissen, Straßen begradigt und verbreitert, Obdachlose vertrieben und regelmäßige Häuserzeilen nach Plan angelegt. Der Wurstelprater - nun Volksprater genannt - hatte damit für viele seinen volkstümlichen Reiz verloren, während die Befürworter mit längst überfälliger "Veredelung in den Volksvergnügungen" argumentierten. Ignorant propagierte man "eine wohlthätige Änderung in der früher ziemlich verirrten Geschmacksrichtung des Wiener Publikums" - ein charakteristisches Beispiel für die rigiden Eingriffe und kompromisslose Umgestaltung eines städtischen Organismus mit sozialpolitischen Konsequenzen. Tatsächlich kritisierten Gegner die Umgestaltung Wiens und das Projekt Weltausstellung als Fehlplanung, da nur aristokratischer Luxus kurzsichtig gefördert werde und sich vor diesem Hintergrund die sozialen Missstände potenzierten. Statt einer Eindämmung der Wohnungsnot auf die Sprünge zu helfen, investierte man für den Bau städtischer Repräsentationspaläste und Luxushotels. Selbst auf der Donau waren Hotelschiffe vor Anker gegangen, um dem erwarteten Fremdenverkehr zu begegnen. Die vielen für die Weltausstellung von auswärts Beschäftigten ließen in der Stadt die Preise für Wohnungen, Hotels und Lebenshaltung sprunghaft ansteigen. Nach Wien eingewanderte Arbeiter lebten in


Massenquartieren; Ansässigen wurden die Wohnungen gekündigt, die zu Pensionen für Weltausstellungsbesucher umgebaut wurden. Wien zog Spekulanten geradezu an. Die Propaganda der liberalen Regierung für einen auch den unteren Bevölkerungsschichten zugute kommenden Wirtschaftsaufschwung wurde in dieser Zeit für viele zunehmend unglaubwürdiger.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1873 in Wien Die Rotunde

Jahr:

1873

1

Stadt: Wien Land:

�sterreich

Dauer: 1. Mai - 31. Oktober 1873

Copyright:

Wahrzeichen Für die Konzeption der Rotunde griff Ingenieur Scott Russel auf seinen anlässlich der Londoner Weltausstellung 1851 entstandenen Entwurf einer 45 Meter hohen Kuppel zurück. Obwohl man Russel Fehler in Berechnungen der Statik und des Materialaufwandes vorwarf, stimmte auch Hasenauer dem Projekt zu und übertrug die aufwendige Realisierung dem Architekten Friedrich Schmidt, der unter anderem mit der Duisburger Stahlfirma Johann Caspar Harkort zusammenarbeitete. Tatsächlich traten beim Bau der Dachkonstruktion enorme Schwierigkeiten auf, die die Fertigstellung des Gebäudes bis zum März 1873 hinauszögerten. Auf 32 jeweils 24 Meter hohen, kreisförmig angeordneten Stützen ruhte ein enormer Zugring von 104 Metern Durchmesser, der am Boden zusammengenietet und erst dann angehoben wurde. Dieser Ring trug 41 Meter lange Radialsparren, die sich bis zum Druckring nach oben verjüngten. Zur sichtbaren Betonung der Konstruktion wurde die Dachhaut unterhalb der Balken angebracht. Oberhalb der Schräge waren zwei Laternen aufgebaut, wobei die untere immer noch einen Durchmesser von 31 Meter hatte. Ein äußerer Umgang bot den Besuchern der Ausstellung hier auf über 70 Meter Höhe einen Panoramablick über die gesamte Ausstellung, auf Wien und das Umland. Über dem Dach erhob sich die zweite Laterne mit Rundkuppel. Höchster Punkt des bis 85,30 Meter aufragenden Gebäudes - und damit der gesamten Ausstellung - war schließlich eine vergoldete und mit Steinen besetzte vier Meter hohe Nachbildung der Kaiserkrone. Ein riesiger Bau als Wahrzeichen der Ausstellung, in seinen Ausmaßen den Petersdom übertreffend - ein "Meisterwerk der Technik", Symbol für die "enormen Fortschritte des Ingenieurswesens", geschmückt mit der Krone - stand im Zentrum des gigantomanischen Selbstdarstellungstriebs des gerade zu wirtschaftlichem Selbstbewusstsein gelangten Kaiserreiches. Im Inneren der Rotunde sollten sich dekorative Elemente "dem Eisengerippe anpassen", sollte die Schönheit der Konstruktion mittels Schmuck lediglich betont werden. Gemauerte Rundbögen verbanden die Stützpfeiler, während die Blechhaut und die Eisenpfeiler mit Jute überzogen und mit Figuren geschmückt wurden. Durch große Seitenfenster und die Laterne fiel großzügig Tageslicht ein. Vier große Bäume des vormaligen Parkgeländes schmückten das Zentrum der Halle mit dem prunkvollen Zentralbrunnen von Durenne. Ein hydraulischer Aufzug brachte die Besucher zur inneren Galerie in 23 Meter Höhe, von der man nicht nur Übersicht über den Ort der schönsten Exponate und der großen Feste erhielt; ein Durchgang führte nach draußen auf das Zeltdach, wo Steigleitern die Gäste bis zur Krone geleiteten.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1873 in Wien

Jahr:

1873

1

Stadt: Wien Land:

�sterreich

Dauer: 1. Mai - 31. Oktober 1873

Copyright:

Kommentare Thronrede des Kaisers Franz Joseph I. am 5.11.1873, anlässlich der feierlichen Eröffnung des Reichsrates: �Trotz der Schwierigkeiten, mit welchen die Weltausstellung zu kämpfen hatte, ist diese große Unternehmung zu glänzender Reife und Entfaltung gediehen und zu allseitiger Geltung und Anerkennung gelangt. Ihr wohlthätiger Einfluß auf das geistige und wirthschaftliche Leben der Völker, auf die Förderung der Cultur, auf die Belebung des Erfindungsgeistes und des Gewerbefleißes, sowie auf die Wertschätzung der redliche Arbeit wird in allen Theilen der Welt dankbar empfunden werden. Mit freudiger Genugthuung vermag ich es auszusprechen, daß wir in diesem friedlichen Wettkampf mit Ehren gerungen und Erfolge erstritten haben, welche das politische Herz mit Stolz und Hoffnung erfüllen. Die Besuche, welche Mir die Herrscher benachbarter und ferner Reiche während der Weltausstellung erstatteten, haben die Bande der Freundschaft mit diesen Reichen enger geknüpft, die Bürgschaften des Friedens vermehrt und der Stellung der Monarchie im Kreise der Staaten erhöhtes Ansehen verliehen." Quelle: Richter 1877, S. 29 f.

Julius Rodenberg: �Da kam der Sturz, und da war es genau um dieselbe Zeit, als die auf die niedrigsten Leidenschaften gegründeten Truggebäude schandvoll zusammenkrachten, daß der Dom der Wiener Weltausstellung sich glorreich erhob; daß unter seiner Wölbung, von einem ahnungsvollen Licht umschlossen, die Wahrzeichen einer hohen Kultur sich versammelten und durch die weiten Hallen hin, von den tausend Stimmen ihrer Maschinen und Werkzeuge wie von einer majestätischen Symphonie begleitet, die vielfältigen Erzeugnisse der Menschenhand und die aufgehäuften Produkte des Landbaues von dem Glück und der Zufriedenheit, von der Schönheit und dem Genuß kündeten, die noch überall in der Welt, in allen Zonen und unter allen Himmelsstrichen eine Heimat haben. Da war es, daß wir - eben herausgetreten aus den kalten und öden Regionen des Nihilismus - uns plötzlich plötzlich in eine Sphäre versetzt fühlten, wo das Leben seinen Reiz wiedergewonnen, wo alles Wärme atmete und alles von Farben glänzte; und da war es endlich, wo wir die frohe Gewißheit empfingen, daß es in dieser so sehr veränderten Welt, doch immer noch einen Idealismus gibt, der allen Bedürfnissen des modernen Menschen Befriedigung verheißt, nämlich: den Idealismus der Arbeit." Quelle: Wiener Sommertage. Leipzig 1875. zit. nach Roschitz 1989, S. 171 f.

Louis Reybaud: �Unter diesen Bedingungen war der Vergleich zwischen den Nationen unmittelbar möglich; dies galt


allerdings nicht für den Vergleich zwischen den Produkten, für die keine Ordnung und keine Klassifizierung vorgesehen war, was das Studium und die Annäherung erschwerte. Aber im Ganzen war es ein schönes Spektakel, und der Spaziergang zwischen den Reichtümern, so lang er auch war, behielt bis zum Ende seine Anziehungskraft durch die Vielfalt. Für jeden Rundgang war die Rotunde Ausgangs- und Zielpunkt, man bereitete sich hier auf die Eindrücke vor oder vervollständigte sie hier. Belebt durch ein Wasserbecken, geschmückt durch eine Auswahl der Exponate, war sie ebenfalls die beste Architektur des Geländes: die Kuppel und die Ringgalerie bemächtigten sich des Blicks und in der Mitte herrschte ein mit seltenen Blumen geschmücktes Rondell, das man über wenige Stufen einer Treppe betreten konnte. Die Rotunde bot auch eine andere Art der Sensation an: sie gab Zugang zur Kuppel für die Neugierigen, die an einem solchen Aufstieg Geschmack fanden. Die Strecke war die Mühe wahrlich wert und zudem völlig gefahrlos.� Quelle: Une visite a l´Exposition de Vienne. In: Revue de deux mondes. II. Bd. 108, 1873, 43.Jg., S. 683.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1873 in Wien Eine Völkerstadt: Das Gelände der Ausstellung und ihr Thema

Jahr:

1873

Stadt: Wien Land:

�sterreich

Dauer: 1. Mai - 31. Oktober 1873

1 2 3 4 5

Copyright:

Gel�nde Obwohl Baumaßnahmen wie die Donauregulierung oder die Sanierung des Wurstelpraters sehr umstritten waren, war das Ausstellungskomitee der festen Überzeugung, im Parkareal des Praters mit altem Baumbestand und künstlich angelegten Gewässern die ideale Kulisse für das Prestigeobjekt Weltausstellung gefunden zu haben. Als der "prachtvollste natürlichste Park" bilde er "einen herrlichen Rahmen für das mächtige Culturbild" und habe dazu beigetragen, "die Wirkung der künstlerischen Arbeiten bei der Herstellung der Gebäude wesentlich zu erhöhen". Begrenzungen wie der Bahnhof im Norden, die 1867 eröffnete, mondäne Hauptallee des Praters im Süden, der Volksprater im Westen und das Heustadelwasser mit den angrenzenden Praterauen im Osten ergaben schließlich eine Fläche, die das Marsfeld der Weltausstellung in Paris von 1867 um das Fünffache übertraf. Die ursprüngliche Idee, eine "Völkerstadt" aus vielen verschiedenen Länderpavillons zu errichten, verwarf Schwarz-Senborn zugunsten zentraler Ausstellungsgebäude für Industrieprodukte, Maschinen und Kunst. Architektonischer Mittelpunkt der Ausstellung war der Industriepalast mit der Rotunde. Das Gelände gliederte sich in fünf von Süden nach Norden aneinandergereihte Zonen: Südlich lag der Park, der zum Industriepalast und den der Kunst gewidmeten Gebäuden führte. Hier fand der Besucher eine breite Palette von internationalen Gasthäusern, zum Beispiel dem chinesischen Teehaus, Beispiele diverser Wohnhäuser, Lesehallen und den Jury- und Kaiserpavillon. Die daran angrenzende dritte Zone war Ort der landwirtschaftlichen Produktschauen und Spezialausstellungen. Es folgte die Maschinenhalle und der dahinter anschließende Bereich bis zum Nordbahnhof, wo unter anderem Platz war für die Präsentation von Arbeiterhäusern verschiedener Nationen und für den Pavillon des Welthandels. Besucher konnten die Ausstellung über den Ausstellungsbahnhof im Norden, das Hauptportal im Süden, den Eingang am Rondell und vom Volksprater aus über das Westportal der Maschinenhalle und über das Westportal des Industriepalastes betreten. Zwar waren die zentralen Themen noch in den Hauptausstellungshallen untergebracht, doch deutete sich in Wien bereits eine tendenziell nationenorganisierte Ausstellungskonzeption an, die sich zunehmend weg von der reinen Produkteausstellung hin zu Selbstdarstellung der Länder in individuellen Pavillons entwickeln sollte. Dafür sprechen die großzügigen Flächen zwischen den Ausstellungshallen für Länderpavillons und Spezialausstellungen. Indiz ist auch die architektonische Gliederung des Ausstellungspalastes, in dem die Länder ihrer geographischen Anordnung gemäß von West nach Ost untergebracht waren und wo die Länder in eigenen Querhallen mit jeweils eigenem Zugang repräsentieren konnten. Allerdings ermöglichte dies keine durchwegs objektive Selbstdarstellung der Länder. Zum einen inszenierten Kolonialmächte ihren vereinnahmenden Blick auf außereuropäische Gebiete, zum anderen wurde die gesamte Ausstellung vom österreichischen Beitrag dominiert. Während die westlichen Industriestaaten vor allem technische - wie die getreue Kopie der Einfahrt des neuen Mont-Cenis-Tunnels - oder wirtschaftliche Errungenschaften zur Schau stellten, versuchten außereuropäische Gäste ihr Land und ihre Kultur folkloristisch vorzustellen. Nachbauten des Tempels von Kyoto im Industriepalast oder ein ägyptisches Zelt mit authentischer


Einrichtung und zugehörigen Kostümpuppen sollten andere Lebensweisen bildhaft näher bringen. Ferner wurde die Ausstellung � zum Beispiel von Japan durch die Präsentation von Exportartikeln - genutzt, um wirtschaftliche Kontakte mit Industrienationen zu knüpfen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1873 in Wien Rotunde und Maschinenhalle

Jahr:

1873

Stadt: Wien Land:

�sterreich

Dauer: 1. Mai - 31. Oktober 1873

1 2 3 4 5 6

Copyright: Leipziger Illustrierte Zeitung, 31.5.1873

Architektur Das Ziel der Ausstellungsorganisatoren, ein umfassendes Bild der gegenwärtigen Kultur unter dem Vorzeichen der friedvollen Verständigung der Völker auf österreichischem Boden zu liefern, setzte Carl von Hasenauer, Chefarchitekt der Ausstellung, bildhaft in ein architektonisches Konzept um. Ein riesiger Ausstellungspalast mit Festsaal im Zentrum, eine Maschinenhalle, zwei Landwirtschaftshallen und die Kunsthalle symbolisierten die zentralen Themen der Ausstellung. Von den Gastländern wurden unzählige kleinere Pavillons errichtet. Dazu gehörten ein arabisches Café und ein Indianerwigwam, Arbeiterhäuser und ein japanisches Dorf, eine Moschee und eine Kopie des altägyptischen Felsengrabs von Beni-Hassan, Brauerei-Pavillons und ein gusseisernes Palmenhaus. Die Rotunde war von dem quadratischen Hallenbau des Industriepalastes umgeben, an den sich auf der West- und Ostseite die 25 Meter hohen Langhallen anschlossen, von denen an beiden Seiten wiederum je acht Querhallen abgingen. Der Grundriss, damals als "Fischgrätensystem" bezeichnet, ging auf einen fünf Jahre alten Entwurf der Architekten Eduard van der Nüll und August Sicard von Sicardsburg zurück. Seine Übersichtlichkeit und die Möglichkeit, einzelne Länder in den Querhallen unterzubringen, sprach für diesen Plan. Außerdem konnte man bei Bedarf durch Überdachen der Höfe zwischen den Quergalerien zusätzliche Ausstellungsfläche gewinnen. Die Konstruktion des 70.000 Quadratmeter bedeckenden Ausstellungspalastes, der insgesamt 907 Meter lang und 206 Meter breit war, bestand aus schmiedeeisernen Stützen, die flachgebogene Gitterbögen trugen. Die Dächer waren mit Zinkblech verkleidet. Vier Portale im neobarocken Stil - eine Neuheit in der historistischen Formensprache öffneten sich zu den vier Himmelsrichtungen. Eine Zeichnung des Hauptportals an der Südseite zeigt dessen Dimension, deren Monumentalität an die Triumphbögen des 19. Jahrhunderts denken lässt. Parallel zum Industriepalast lag die 800 Meter lange und 50 Meter breite Maschinenhalle, die auf 40.000 Quadratmetern Ausstellungsmöglichkeiten bot. Hier sollten die "genialen Erfindungen der fortschreitenden Technik bei der ernsten Arbeit", das heißt Funktion und Arbeitsweise von Maschinen demonstriert werden. Wie die Kunsthalle und die Landwirtschaftshallen war es ein Mauerbau mit Fachwänden und blechgedeckter Dachbinderkonstruktion. Das Mittelschiff überragte die Seitenschiffe um acht Meter, wodurch Raum für große Fenster zwischen den Pfeilern war. Im Inneren waren Hauptund Nebenschiffe lediglich durch zwei Pfeilerreihen getrennt, so dass - anders als im Industriepalast - der Gesamteindruck des Raumes erfahrbar war. Längs durch die Halle verliefen zur Erleichterung der Schwermaschinentransporte zwei Schienenstränge, die von sechs Quergleisen auf Drehscheiben gekreuzt wurden. Auf dekorativen Schmuck und monumentale Portale wurde der Funktion des Gebäudes entsprechend verzichtet. Die vierschiffige Kunsthalle stand parallel zu den Quergalerien des Ausstellungspalastes und war durch hölzerne Arkadengänge mit den beiden Kunstpavillons verbunden. Besonders für die Oberlichtkonstruktion, die gekurvten Wände mit vielen Seitenfenstern und für die Anordnung der


Gebäude um einen Garten in französischem Stil, erhielt Hasenauer in der zeitgenössischen Presse viel Lob. Die Ausstellung für zeitgenössische Kunst, eine Anordnung von Historienbildern nach Nationen, war dagegen langweilig.. Als "Juwel" der Ausstellungsarchitektur galt der Kaiserpavillon; von Architekturkritikern wurde er als "von hellenistischer Grazie angehauchtes Werk Hasenauers", als "anmuthiger Mikrokosmos der ganzen großen Anlage des Ausstellungsbaues" gepriesen. Gegliedert in einen vorspringenden Mittelbau und zwei Seitenflügel mit Pavillons an den Ecken, erschien das Gebäude wie die verkleinerte Version des Industriepalastes, doch reicher geschmückt und von edelster Ausstattung im Inneren, wo sich die Privaträume des Kaiserpaares befanden.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1873 in Wien Börsenkrach und Cholera

Jahr:

1873

1

Stadt: Wien Land:

�sterreich

Dauer: 1. Mai - 31. Oktober 1873

Copyright:

Hintergrund Die prunkvollen Eröffnungsfeierlichkeiten und das anfängliche Interesse der geladenen Gäste an der Wiener Weltausstellung konnten nicht lange über die Schwierigkeiten hinwegtäuschen, die sich bereits 1872 angedeutet hatten. Seit dem Bau der Ringstraße und dem Plan, eine Weltausstellung durchzuführen, befand sich Wien in gründerzeitlicher Hochkonjunktur, was viele Börsenspekulanten und Gewerbetreibende nach Wien lockte. Doch Fehleinschätzungen der Situation, betrügerische Spekulationen und Korruption führten schließlich neun Tage nach der Eröffnung zum Zusammenbruch der Börse. Der "schwarze Freitag" oder "Wiener Börsenkrach" stürzte auf der Stelle viele Unternehmer in den finanziellen Ruin. Kritiker der Weltausstellung sahen sich bestätigt und machten die kaiserliche Entscheidung ein Projekt dieser Art durchzuführen, und ebenfalls Schwarz-Senborn für den wirtschaftlichen Zusammenbruch verantwortlich. Im Juni kam es zu einer zweiten Katastrophe, die nun auch ausländische Besucher von einer Reise nach Wien abhalten sollte. Im Weltausstellungshotel "Donau" erkrankten 13 Gäste an Cholera. Zwar waren hygienische und medizinische Vorbereitungen getroffen, doch breitete sich die Epidemie schnell aus. Trotz der verhältnismäßig geringen Zahl der Todesopfer erhielt der Enthusiasmus für die Weltausstellung einen spürbaren Dämpfer. Erst Ende Oktober, als man die Gefahr der Krankheit gebannt sah, setzte der große Besucherstrom aus ganz Europa ein, den die Organisatoren für die gesamte Ausstellungsdauer erhofft hatten. Die Schauseite der Weltausstellung waren jedoch rauschende Ballnächte und andere spektakuläre Ereignisse wie der Besuch der deutschen Kaiserin Augusta, des russischen Zaren oder von Nasr-ed-Din, dem Schah von Persien. Die Weltausstellung wurde u.a. auch als Friedensfest seitens der Politiker genutzt. Kunstvoll inszenierte Empfänge von Ehrengästen sollten Zeichen für Völkerverständigung und Frieden sein. Tatsächlich betonte der Kaiser am 5. November, bei Eröffnung des Reichsrates besonders diesen Aspekt der Weltausstellung. Nach dem Krieg zwischen Deutschland und Frankreich, der Gründung des Deutschen Reiches und den Kriegen Österreichs an den Nord- und Südgrenzen war dies von besonderer Bedeutung. Gleichzeitig jedoch wurden opulente Ausstattung und überwältigende Inszenierungen als politische Allegorie eingesetzt, um die wirtschaftliche Macht und den Aufstieg Österreichs zu demonstrieren. Die Diskrepanz zwischen Schein und Sein der Weltausstellung, zwischen der Selbstdarstellung Privilegierter und der gesellschaftlichen Realität - Verschuldung und sozialem Elend ärmerer Schichten - wurde offensichtlich.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1873 in Wien Gründerzeit und Fortschrittsglaube

Jahr:

1873

Stadt: Wien Land:

�sterreich

1 2

Dauer: 1. Mai - 31. Oktober 1873

Copyright: Leipziger Illustrierte, 24.5.1873

Geschichte Seit frühen 1860er Jahren expandierte die österreichische Wirtschaft geradezu explosionsartig, und im Wirtschaftsaufschwung dieser Gründerjahre wurde die Forderung nach einer Weltausstellung in Wien immer lauter erhoben. Bei der in jenen Jahren eingeleiteten Modernisierung Wiens konzentrierte man sich auf die anstelle der Stadtbefestigungen angelegten Ringstraße, die die Vororte an das Zentrum anbinden sollte und als Ort für öffentliche Monumentalbauten und aristokratische Stadtpalais� gedacht war. Da hier, ähnlich wie bei der radikalen Stadterneuerung in Paris durch den Baron Haussmann, Planungen im großen Stil verwirklicht wurden, schien auch die Organisation eines so ambitionierten Projekts wie einer Weltausstellung durchführbar. Die Niederlage Österreichs gegen Preußen 1866 und der Ausgleich mit Ungarn 1867 verhinderten zunächst die Durchführung des Projektes. Wenige Jahre später jedoch, begünstigt durch den Erfolg des österreichischen Beitrags auf der Pariser Weltausstellung 1867, wurde die Idee erneut aufgegriffen und als erste Weltausstellung auf deutschsprachigem Gebiet für 1873 zum 25jährigen Thronjubiläum Kaiser Franz Josephs vorbereitet. Das 1871 verfasste Programm der Ausstellung lautete: "Unter dem Allerhöchsten Schutze Sr. k. und k. Apostolischen Majestät wird im Jahre 1873 in Wien eine internationale Ausstellung stattfinden, welche das Culturleben der Gegenwart und das Gesammtgebiet der Volkswirthschaft darstellen und deren weiteren Fortschritt fördern soll." Das Projekt wurde nicht nur von führenden liberalen Politikern, sondern auch von der österreichischen Wirtschaft und Landwirtschaft forciert, da man die Möglichkeit sah, den gründerzeitlichen Aufschwung der Welt vorzuführen. Gerade nach dem Scheitern der großdeutschen Ambitionen war das Prestige aufzupolieren und ein weltoffener, international konkurrenzfähiger Staat darzustellen. Das neue Wien als Zentrum des wirtschaftlichen und kulturellen Booms demonstrierte diese Euphorie in gigantischen Bauvorhaben. So wurde die Großbaustelle Wien zu einem der wichtigsten "Exponate" der Weltausstellung. Am 24.5.1870 unterschrieb der Kaiser den Erlass für die Abhaltung der Ausstellung, die unter dem Protektorat seines Bruders, Erzherzog Karl Ludwig, stand. Zum Präsidenten wurde Erzherzog Rainer, ein Neffe Franz Josephs, ernannt. Bereits im Sommer 1870 lud man die ausländischen Regierungen zur Teilnahme ein und erhielt positive Zusagen der westeuropäischen Industrieländer und der USA, aber erstmals auch von zahlreichen Ländern des Orients und des fernen Ostens. Insgesamt 35 souveräne Staaten sollten schließlich in Wien ausstellen. Seit Januar 1871 bekleidete Dr. Wilhelm Freiherr von Schwarz-Senborn das Amt des Generaldirektors, ihm wurden uneingeschränkte Vollmachten eingeräumt. Die Organisation übernahm eine kaiserliche Kommission mit 215 Mitgliedern. Zudem wurden 28 Arbeitsausschüsse mit insgesamt 1.278 Angehörigen mit der Durchführung des Großprojektes beauftragt. Die Baumaßnahmen für die Ausstellung wurden sehr spät in Angriff genommen und obwohl man den Eröffnungstermin verschieben musste, ist die Schnelligkeit und Finanzierung der Realisierung dieses architektonischen Mammutprojektes heute kaum mehr


nachvollziehbar. Im Sommer 1871 bewilligte der Reichsrat einen Kredit über sechs Millionen Gulden. Doch die Kosten sollten die zunächst nur sehr vagen Schätzungen um mehr als das Dreifache übertreffen. 1872 wurden weitere sieben Millionen Gulden und kurz vor der Eröffnung noch einmal 9,7 Millionen Gulden gewährt.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1873 in Wien

Jahr:

1873

1

Stadt: Wien Land:

�sterreich

Dauer: 1. Mai - 31. Oktober 1873

Copyright:

Bibliographie Allgemeine illustrierte Weltausstellungszeitung. Bd. 1 und 2, Wien 1873. Maurice Block, L´exposition universelle de Vienne. In: Journal des économistes, 31, 1873, S. 194-205. Jacob Falke, Die Kunstindustrie auf der Wiener Weltausstellung. 1873. Wien 1873. Hippolyte Fontane, Description des machines les plus remarquables et les plus nouvelles à l´Exposition de Vienne en 1873. Atlas. Paris und Lüttich 1874. Heinrich Frauberger (Red.), Biographisches Lexikon der Wiener Weltausstellung 1873. 1. Bd. Heft 1 u. 2. Wien o.J. Internationale Ausstellungszeitung. Beilage zu Neuen Freien Presse. 2.5.-1.11.1873. Illustrierte Zeitung. Bd. 60, Leipzig, Januar bis Juni 1873. William M. Johnston, Vienna, Vienna. The Golden Age 1815-1914. 1980. Julius Lessing, Das Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung. 1873. Berlin 1874. Karl von Lützow (Hg.), Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873. Leipzig 1875. William H. Maw und James Dredge, A record of the Vienna Universal Exhibition of 1873. London 1874. Offizieller Ausstellungsbericht Wien 1873. August Onken, Die Wiener Weltausstellung 1873. (Deutsche Zeit- und Streitfragen. Flugschriften zur Kenntnis der Gegenwart.) Berlin 1873. Friedrich Pecht, Kunst und Kunstindustrie auf der Wiener Weltausstellung. Stuttgart 1873. Jutta Pemsel, Die Weltausstellung von 1873. Das gründerzeitliche Wien am Wendepunkt. Wien und Köln 1989. Wilfried Posch, Die Weltausstellung 1873 und die Stadtentwicklung Wiens. In: Stadtbauforum. Bauforum. Jg. 22, 1989, S. 109-118.


Louis Reybaud, Une visite à l´Exposition de Vienne. In: Revue des Deux Mondes. Jg. 43, 1873, S. 674-699. Karl Richter, Die Fortschritte in der Kultur 1873 und 1876. Prag 1877. Karlheinz Roschitz, Wiener Weltausstellung 1873, Wien 1989. Helfried Seemann, Die Wiener Weltausstellung 1873 und ihre fotografische Dokumentation. In: Fotogeschichte. Jg. 2, 1982, H. 4, S. 15-30. Fritz Steiner, Der große Krach vom Jahre 1873. In: Österreichische Rundschau. Jg. 35, 1913, S. 341-347. Franz Weller, Ausstellungsalbum. Erinnerung an Wien 1873. o.J. Wiener Weltausstellungszeitung 1873. Wien 1873. Karl Ziak, Wien vor 100 Jahren oder Rausch und Katzenjammer. Wien 1973.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1873 in Wien Der Erfinder der Rotunde und der Generaldirektor

Jahr:

1873

Stadt: Wien Land:

�sterreich

1 2

Dauer: 1. Mai - 31. Oktober 1873

Copyright: Frauberger, S. 101

Biographie Der 1808 in Schottland geborene Ingenieur John Scott Russel war bereits vor der Wiener Weltausstellung berühmt als Fachmann für scheinbar unlösbare Aufgaben. Aufsehen erregten vor allem die Konstruktion des damals größten Dampfschiffs der Welt, "Great Eastern", und die Transferierung des 'Crystal Palace' der Londoner Weltausstellung von 1851 nach Sydenham. Nach seinem Studium der Mathematik und Mechanik wurde Russel bereits mit 26 Jahren Professor für Experimentelle Physik an der Hochschule in Edinburgh. Neben seiner theoretischen Forschung bemühte er sich kontinuierlich um die praktische Umsetzung der Ideen, was sich im Bau zahlreicher Modelle für Dampfschiffe und Straßenlokomotiven niederschlug. Schließlich übernahm Russel die Leitung der CairdWerft in Glasgow, wo seine Erfindungen bahnbrechend für den modernen Schiffsbau wirkten. Der Generalkommissar der Wiener Weltausstellung Freiherr Schwarz-Senborn sah in Russel den idealen Ingenieur für die Entwicklung einer außergewöhnlichen Attraktion für das Großereignis. Schließlich übertraf der Plan alle seine bisherigen Leistungen. Mit dem Entwurf der Rotunde projektierte Russel den größten Kuppelbau der Welt.

Der Generaldirektor der Weltausstellung: Dr. Wilhelm Freiherr von Schwarz-Senborn 1816 in Wien geboren, studierte Schwarz-Senborn zunächst technische Chemie und setzte sich praktisch für die Verbreitung gewerblicher Technik ein. Als Sekretär des niederösterreichischen Gewerbevereins hatte er entscheidenden Anteil an wirtschaftlichen Reformen und wurde schließlich Sekretär im Handelsministerium. Ab 1860 war er ständiger Vertreter Österreichs bei internationalen Ausstellungen. Sein persönlicher Einsatz für die heimische Wirtschaft und die als Ausstellungskommissar gewonnenen Erfahrungen qualifizierten Schwarz-Senborn zum Berater des Kaisers in wirtschaftlichen und außenpolitischen Fragen in den Jahren zwischen 1860 und 1866. Nach der Londoner Weltausstellung 1862 wurde Schwarz-Senborn Direktor der Commerz-Kanzlei der österreichischen Botschaft in Paris. Am 9. Januar 1871 wurde Schwarz-Senborn auf Wunsch der Regierung und des Kaisers offiziell zum Generaldirektor der Weltausstellung berufen. Unter der Bedingung, völlig freie Hand bei den Entscheidungen bezüglich des Ausstellungskonzeptes zu haben, willigte er ein und folgte im Mai 1871 dem Ruf nach Wien. Am 1. August 1871 eröffnete Schwarz-Senborn an der Ringstraße sein Wiener Büro. Doch schon während der Vorbereitung der Ausstellung erntete Schwarz-Senborn heftige Kritik für seinen als eigenwillig und chaotisch beschriebenen Führungsstil. Die Regierung warf ihm ferner die Bevorzugung ausländischer, insbesondere französischer Aussteller gegenüber österreichischen Unternehmern vor. Zunächst als Ausstellungsfachmann hochgelobt, machte man Schwarz-Senborn nachträglich für die Kostenüberschreitung und den finanziellen Misserfolg der Ausstellung verantwortlich. Nach der Weltausstellung schickte man ihn 1874 für ein paar Jahre als Botschafter nach Washington. Auch nach seiner Rückkehr nach Wien konnte er seinen ursprünglichen Wunsch,


Bürgermeister zu werden und die Stadterweiterung zu vollenden, nicht mehr verwirklichen. Die großartige Karriere fand mit dem Desaster der Weltausstellung in Wien ihr vorzeitiges Ende.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1873 in Wien Eine zwiespältige Bilanz: Ende und Nachwirkungen der Ausstellung

Jahr:

1873

1

Stadt: Wien Land:

�sterreich

Dauer: 1. Mai - 31. Oktober 1873

Copyright: Pemsel, Abb. 51

Bilanz Am 2.11.1873 erlebte Wien den größten Zustrom von über 140.000 Besuchern, bevor die Ausstellung an diesem Tage ihre Pforten schloss. Heinrich Ritter Fellner von Feldegg wurde mit der Organisation des Abbaus und den noch ausstehenden Verhandlungen mit den Ausstellern beauftragt. Während alle kleineren Pavillons demontiert wurden, sorgte man dafür, dass die Rotunde, die Maschinenhalle und die beiden Pavillons des Amateurs erhalten blieben. Die letzteren wurden der Kunstakademie angeschlossen, die Maschinenhalle wurde von der Kommunalverwaltung als Lagerhalle genutzt, und die Rotunde - bald Wahrzeichen Wiens und seiner liberalen Gründer- und Ringstraßenzeit - diente bis 1937, als sie durch ein Feuer zerstört wurde, als bedeutender kultureller Veranstaltungsort. Der regulierte Volksprater wurde ohne Veränderungen an die Parkverwaltung zurückgegeben. Die schwedischen Häuser und das japanische Dorf fanden Käufer in London und die prunkvolle Ausstattung des Kaiserpavillons, dessen Abriss äußerst umstritten war, wurde dem Museum für Kunst und Industrie in Wien anvertraut. Trotz des kulturellen Erfolges der Ausstellung, die im Sinne des Liberalismus den Fortschritt der Gründerzeit in der neuen Metropole demonstrierte, unterlag das Ausstellungsprojekt schärfster Kritik. Die Ausstellung wurde als Grund für die Wirtschaftskrise angeführt, die in den Börsenkrach geführt habe. Die liberale Regierung verlor dadurch an politischem Ansehen, was auf lange Sicht das Aufkommen des Mehrparteiensystems und die Zersplitterung der Bevölkerung in nationale Gruppen förderte. SchwarzSenborn wurde finanzieller Fehlplanungen bezichtigt und für das Defizit der Ausstellung von 19 Millionen Gulden verantwortlich gemacht. Die wegen der Choleraepidemie sehr geringe Besucherzahl (man hatte 20 Millionen erwartet, sieben Millionen kamen) hatte die Bilanz noch verschlechtert. Die sozialen Probleme, die durch die plötzliche Arbeitslosigkeit nach der Ausstellung, durch immens angestiegene Mieten und Lebensmittelteuerung entstanden waren, verschärften die Kritik an dem Regime, das lediglich für Luxus und Repräsentation übersteigerten finanziellen Aufwand getrieben habe. Außerdem wurde der Beitrag der Ausstellung zu industriellem und wissenschaftlichem Fortschritt trotz der vielen gleichzeitig abgehaltenen Kongresse bezweifelt. Vergessen schien die städtebauliche Triebkraft für Wien und der Prestigegewinn Österreichs im Ausland - nicht zuletzt durch das persönliche Interesse und den Einsatz des Kaisers. Wien und das Reich konnten sich auf der bisher größten Ausstellungsfläche mit monumentalster Architektur präsentieren. Hier wurden in der vielfältigen Inszenierung eines "völkerverbindenden Festivals" entscheidende Grundlagen für Friedenspolitik, Kulturaustausch und Außenhandelsbeziehungen - z.B. mit Japan - geschaffen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1876 in Philadelphia Die erste große Weltausstellung in Amerika

Jahr:

1876

1

Stadt: Philadelphia Land:

USA

Dauer: 10. Mai - 10. November 1876

Copyright: McCabe 1876, S. 53

Einleitung Für die erste große Weltausstellung in Amerika hatte sich ihr Chefplaner Hermann Josef Schwarzmann eine einschneidende Neuerung einfallen lassen. Erstmals wurden die Exponate nicht in einem einzigen Zentralgebäude gezeigt, sondern nach Sachgruppen aufgeteilt in fünf Hallen präsentiert. Dazu kamen an die 200 Pavillons für die US-Bundesstaaten, ausländischen Nationen und Firmen. Im landschaftsgärtnerisch reizvoll gestalteten Fairmount Park wurden eher konventionell konstruierte Eisen-Glas-Hallen errichtet, die eine Fülle technischer Innovationen beherbergten. So beeindruckte die bei der Eröffnung der Weltausstellung durch den amerikanischen Präsidenten und den brasilianischen Kaiser in Gang gesetzte riesige Corliss-Dampfmaschine, mit der alle anderen Geräte in der Maschinenhalle betrieben wurden.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1876 in Philadelphia

Jahr:

1876

1

Stadt: Philadelphia Land:

USA

Dauer: 10. Mai - 10. November 1876

Copyright: McCabe 1876, S. 53

Daten Offizielle Bezeichnung: Centennial Exhibition. International Exhibition of Arts, Manufactures and Products of the Soil and Mine Thema: Hundertjahrfeier der amerikanischen Unabhängigkeit und der Unabhängigkeitserklärung vom 4. Juli 1776 Wahrzeichen: Independence Hall mit dem Tisch auf dem die Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet wurde Ort: Fairmount Park, im Nordwesten von Philadelphia Dauer: 10. Mai - 10. November 1876 (180 Tage) Fläche: 115 Hektar, davon 28,9 Hektar für Gebäude Aussteller: 30.864, davon 8.175 aus Amerika Besucher: Zehn Millionen, davon acht Millionen bezahlte Eintrittskarten Eintrittspreis: 50 Cents, freier Eintritt für Arbeiter und das Personal der Ausstellung Ausgaben: Acht Millionen Dollar Einnahmen: (Eintrittskarten und Konzessionen)3,7 Millionen Dollar Defizit: etwa vier Millionen Dollar Organisation: Kommission mit 93 Mitgliedern Präsident: General Joseph R. Hawley

Generaldirektor: Alfred T. Goshorn Finanzdirektor: John Welsh Chefarchitekt: Hermann Josef Schwarzmann


Teilnehmende Nationen: 35, davon 33 offizielle Teilnehmerländer Pavillons: 45, davon 11 Nationenpavillons, 24 Pavillons der amerikanischen Staaten und private Pavillons, sieben Regierungspavillons Klassifikation: 7 Gruppen, 340 Klassen Jury: 233 Mitglieder, davon 115 Amerikaner, eingesetzt von der Ausstellungskommission Auszeichnungen: 13.104 Diplome, davon 5.302 für Amerikaner und 1. 621 für Aussteller aus Großbritannien

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1876 in Philadelphia Unter der Dampfmaschine

Jahr:

1876

Stadt: Philadelphia Land:

USA

1 2

Dauer: 10. Mai - 10. November 1876

Copyright: Sandhurst 1876, S. 234

Die Er�ffnung Am 10. Mai 1876, dem Eröffnungstag, waren die meisten Gebäude zwar fertiggestellt, doch musste die Inneneinrichtung oft erst noch komplettiert werden. Die Exponate aus Russland und China trafen gar erst sechs Tage später ein. Tagelanger Regen hatte zu allem Unglück die Ausstellungswiesen aufgeweicht. Dennoch nahmen über 200 000 Besucher an der Zeremonie teil. Einige der Ehrengäste, unter denen sich der gesamte, in drei Sonderzügen aus Washington angereiste Kongress, hohe Beamte, Diplomaten aller 37 teilnehmenden Nationen und als einziges ausländisches Staatsoberhaupt Kaiser Pedro von Brasilien befanden, sollten sich später über die mangelhafte Organisation beschweren. So war der eigens zur Feier komponierte Festmarsch von Richard Wagner kaum zu hören, obwohl er doch, wie der 'Philadelphia Inquirer' vermeldete, als der lauteste aller Komponisten berüchtigt sei. Wagner selbst meinte, das beste an diesem Marsch sei das Honorar von 5.000 Dollar gewesen. Nach vielen Ansprachen, Gedichtvorträgen, Chorgesang und 100 Salutschüssen besichtigten die Ehrengäste in einer langen Prozession die Exponate im Hauptgebäude und in der Maschinenhalle. Im Anschluss an einen Mittagsimbiss kam es zum am häufigsten erinnerten Moment der Eröffnung: Der amerikanische Präsident Ulysses S. Grant und der Kaiser von Brasilien setzten gemeinsam die größte damals gebaute Dampfmaschine, ein 600 Tonnen schweres Ungetüm der Firma Corliss, in Bewegung. Über Antriebsriemen und Dampfleitungen wurden hunderte Maschinen und Pumpen in Bewegung gesetzt, Wasserkaskaden stürzten in ein großes Becken und die ganze Maschinenhalle vibrierte vor Lärm. Die Menge brach darauf in lauten Jubel aus und alle warfen die Hüte in die Luft.

Programm der Eröffnung: The National Commemoration, under the direction of the United States Centennial Commission. Independance Square, Philadelphia, July 4, 1876. 1. GRAND OUVERTURE, THE GREAT REPUBLIC, founded on the National Air, Hail Columbia, and arranged for the occasion by the composer, Georg F. Bristow, of New York. Orchestra - P.S. Gilmore, Musical Director for the day. 2. THE PRESIDENT OF THE COMMISSION, Joseph R. Hawley will call the assembly to order, and announce the President of the United States, or, in his absence, the Vice-President, Hon. Thomas W. Ferry, as the presiding officer of the day. 3. PRAYER, by the Rt. Rev. William B. Stevens, D.D., Bishop of Pennsylvania. 4. HYMN, WELCOME TO ALL NATIONS. Words by Oliver Wendell Holmes, of Massachusetts. Music,


Keller's Hymn. Orchestra and Chorus. 5. READING OF THE DECLARATION OF THE INDEPENDENCE, by Richard Henry Lee, of Virginia. The original manuscript will be brought forward for the purpose by his Honor the Mayor of Philadelphia, to whose care it has been intrusted by the President of the United States. 6. GREETING FROM BRAZIL, a Hymn for the First Centennial of American Independence, composed by A. Carlos Gomes, of Brazil, at the request of His Majesty Dom Pedro II., Emperor of Brazil. Orchestra. 7. POEM, THE NATIONAL ODE, by Bayard Taylor, of Pennsylvania. Introduced by John Welsh, President of the Centennial Board of Finance. 8. GRAND TRIUMPHAL MARCH, WITH CHORUS, OUR NATIONAL BANNER. Words by Dexter Smith, of Massachusetts. Music by Sir Julius Benedict, of England. Orchestra and Chorus. 9. ORATION, by William M. Evarts, of New York. 10. HALLELUJAH CHORUS, from Handel's Messiah. Orchestra and Chorus. 11. DOXOLOGY, THE OLD HUNDREDTH PSALM, in which all present are requested to join. Quelle: US Centennial Commission: International Exhibition 1876. Report of the Director-General. Vol. 1. Philadelphia 1879.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1876 in Philadelphia Eine Feier zum 100. Geburtstag der USA

Jahr:

1876

1

Stadt: Philadelphia Land:

USA

Dauer: 10. Mai - 10. November 1876

Copyright: McCabe 1876, S. 53

Vorgeschichte 1866 liefen in Philadelphia die Vorbereitungen für eine Ausstellung an, mit der der 100. Jahrestag der amerikanischen Unabhängigkeit gefeiert werden sollte. Professor J.L. Campbell vom Wabash College hatte in einem Brief an den Bürgermeister von Philadelphia die Idee dazu entwickelt. Doch erst als 1871 die Unterstützung des amerikanischen Kongresses gesichert werden konnte, gewann das Projekt feste Konturen. Nun waren auch Wissenschaftsorganisationen wie das Franklin Institute, die Smithsonian Institution und die Academy of Fine Arts bereit, die erste amerikanische Weltausstellung zu unterstützen. Der Kongress setzte die Centennial Commission ein, deren Mitglieder vom amerikanischen Präsidenten auf Vorschlag der Gouverneure berufen wurden. Das Parlament lehnte es allerdings ab, die finanzielle Verantwortung für die Ausstellung zu übernehmen. Der Centennial Commission durfte jedoch über ein Board of Finance Aktien im Wert von bis zu 10 Millionen Dollar verkaufen. Es wurde freilich nur ein Viertel der Aktien von zumeist lokalen Financiers abgerufen. Von der Stadt Philadelphia kamen 1,5 Millionen Dollar, und der Kongress stellte die gleiche Summe für die Errichtung der Ausstellungsgebäude als Darlehen zur Verfügung. Außerdem mussten noch die hohen Zollschranken für Importe in die USA gelockert werden. Auf Druck der Industrie wurde ein Kompromiss gefunden: Exponate durften zwar frei eingeführt werden, mussten aber auch wieder in die Einfuhrländer zurück gebracht werden. Am 3. Juli 1873 erließ Präsident Ulysses C. Grant eine feierliche Proklamation, mit der das Ausstellungsgelände endgültig bestimmt und der Eröffnungstag festgesetzt wurde. Grant lud gleichzeitig in Rundbriefen an die ausländischen Botschaften auch die Nationen zu Teilnahme an der Weltausstellung ein.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1876 in Philadelphia Die Independance Hall

Jahr:

1876

1

Stadt: Philadelphia Land:

USA

Dauer: 10. Mai - 10. November 1876

Copyright: McCabe 1876, S. 50

Wahrzeichen Am Feiertag der amerikanischen Unabhängigkeit, dem 4. Juli 1876, war eine eher bescheidene Anzahl von 50.000 Besuchern auf dem Ausstellungsgelände anwesend, die den Festakt zu Ehren des ideellen Mittelpunkts der Ausstellung verfolgten. Die amerikanische Unabhängigkeitserklärung, deren Original in der Halle der Bundesregierung ausgestellt wurde, wurde vor 5 000 geladenen Gästen auf dem Platz vor der Independance Hall feierlich verlesen. Im offiziellen Bericht des Director-General der Ausstellung wurde dieser Moment euphorisch ins Gedächtnis gerufen: "The enthusiasm with which the venerated relic was greeted brike out in prolonged cheering, which at a signal, culminated in a tremendous shout of welcome from all on the platform and in the Square, and was taken up and echoed back by the crowds in the streets without. Mr. Lee then read the Declaration from the old manuscript." Die Independance Hall war bereits 1734 als Regierungsgebäude nach einem Entwurf von Kearsley errichtet worden und wurde als Versammlungssaal des Kongresses Schauplatz der Unterzeichnung der Unabhängigkeitserklärung, "was dieses verehrungswürdige Gebäude auf alle Zeiten zum wahren Schrein des amerikanischen Patriotismus machte", wie ein zeitgenössischer Historiker der Weltausstellung bemerkte. Das Gebäude war bereits früh als Museum betrachtet worden, im Sitzungssaal wurden der Sessel des Kongresspräsidenten und der Tisch bewahrt, auf dem die Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet worden war. Als Wahrzeichen der Weltausstellung bot sie sich vor allem als passender Anlas für die Veranstaltung an, auf dem Ausstellungsgelände selbst war sie kaum präsent.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1876 in Philadelphia Eine kleine Ecke des Fairmount Parks

Jahr:

1876

Stadt: Philadelphia Land:

USA

Dauer: 10. Mai - 10. November 1876

1 2 3 4

Copyright: McCabe 1876, S. 319

Gel�nde Der nahezu 1 100 Hektar große Fairmount Park, nördlich vor der Stadt gelegen, bot sich als Gelände für die Ausstellungsgebäude wie von selbst an. Ein größeres stadtnahes Erholungsgebiet gab es in den ganzen USA nicht. Von ihm wurden 175 Hektar, die auf zwei durch eine kleine Schlucht voneinander getrennten Plateaus oberhalb des Schuylkill River lagen, für die Ausstellung umgestaltet und mit einem hohen Zaun umgeben. Die Verantwortung für die Herrichtung des Geländes übernahm der gerade 27 Jahre alte Landschaftsarchitekt und Chefplaner des Fairmount Parks, Hermann Josef Schwarzmann, der sich bereits bei der Gestaltung des Parks wie auch des Zoos, des ersten in den USA, bewährt hatte. Schwarzmann entwarf ein hügelig bewegtes, abwechslungsreiches Terrain, das wie ein englischer Landschaftspark mit Bäumen, künstlichen Seen und Blumenrabatten ausgestattet wurde. Eine neun Kilometer lange, dampfbetriebene Schmalspurbahn, die für fünf Cents benutzt werden konnte, erschloss den Park. Der Park selbst konnte per Dampfboot, Kutsche und Eisenbahn erreicht werden. Der Haupteingang lag direkt bei der Station der Pennsylvania Railroad. Schwarzmann schlug auch vor, anders als bei allen Vorläufern, für die Centennial Exhibition in Philadelphia kein zentrales Ausstellungsgebäude zu errichten und stattdessen die nach Themen und Länder und Themen aufgegliederten Exponate auf die Pavillons und mehrere Hauptgebäude zu verteilen. Dieses Konzept sollte die Weltausstellungen bis heute prägen. Die beiden wichtigsten und größten Gebäude waren die Maschinenhalle und das Main Hall genannte, langgestreckte Ausstellungsgebäude für die Industrieprodukte. Sie bildeten die südöstliche Hauptachse des Geländes; zwischen ihnen lag der Festplatz für die Eröffnungszeremonie. Im Nordosten gruppierten sich rund um die Halle für Landwirtschaft weitere kleine Pavillons mit Exponaten aus der Nahrungsmittelindustrie. Im Nordwesten schließlich wurden, wie Perlen einer Kette, die meisten Pavillons der amerikanischen Bundesstaaten nebeneinander platziert.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1876 in Philadelphia Konventionelle Riesenhallen

Jahr:

1876

Stadt: Philadelphia Land:

USA

Dauer: 10. Mai - 10. November 1876

1 2 3 4

Copyright: McCabe 1876, S. 99

Architektur Mehrere Wettbewerbe für die Gestaltung der Hauptgebäude erbrachten keine befriedigenden Ergebnisse, da der Kostenrahmen von den Preisträgern weit überschritten worden wäre. Es wurde daher ein großes Ingenieurbüro der Stadt, Henry Pettit and Joseph M. Wilson, mit der Gesamtplanung für die Architektur betraut, die einen Entwurf für einen Ausstellungspalast und die Maschinenhalle vorlegten und wiederum Schwarzmann mit den Entwürfen für die Memorial Hall für Kunst und die Horticultural Hall beauftragten. Insgesamt entstanden an die 200 Gebäude, Pavillons, Kioske, Erfrischungsstände und Brunnen auf dem Gelände. Das Hauptgebäude für die Industrieprodukte war eine reine Glas-Eisen-Konstruktion von 577 Metern Länge und 170 Metern Breite mit 81.600 Quadratmetern Ausstellungsfläche. Damit wurden die Abmessungen des Londoner Kristallpalastes von 1851 noch um einige Meter übertroffen. Allerdings bot die dreischiffige Halle konstruktiv keine Neuerungen. Die beiden Haupteingänge waren mit Türmchen und Fahnenschmuck akzentuiert, auch in der Mitte des Gebäudes wurde das Dach um einige Meter erhöht. Vier 41 Meter hohe Türme an den Ecken des Dachaufbaus gliederten das Gebäude und dienten gleichzeitig als Aussichtspunkte für die Besucher. Ähnlich konventionell wurde die Maschinenhalle auf einem soliden, gemauerten Sockel als Holzrahmenbau mit großzügiger Verglasung errichtet. In mehreren Anbauten konnten Maschinen wie etwa Sägemühlen in Bewegung vorgeführt werden. Die Maschinenhalle hatte direkten Anschluss an die Pennsylvania Railroad, mehrere Gleise führten direkt in das Gebäude und erleichterten den Aufbau der größeren Exponate. Die Memorial Hall steht als einziges Gebäude der Weltausstellung auch heute noch. Sie beherbergte die überaus erfolgreiche Kunstausstellung und wurde, so ihr Architekt Schwarzmann, im Stil der "modernen Renaissance" aus Granit, Glas und Eisen errichtet. Der Architekt ließ sich bei seinem Fassadenentwurf von Nicolas Escalirs Planungen für ein Ausstellungsgebäude aus einem Wettbewerb um den französischen Prix de Rome inspirieren. Für die deutsche Architektur des Wilhelminismus erlangte Gebäude noch große Bedeutung, da es Paul Wallot bei seinen Entwürfen für den deutschen Reichstag unmittelbar anregte. Unmittelbar nach dem Ende der Ausstellung wurde hier das Pennsylvania Museum eingerichtet, später stand die Memorial Hall jahrelang leer, um dann 1969 als Versammlungshalle, Basketballspielfeld und Hallenbad wiedereröffnet zu werden. Die Horticultural Hall war zwar unter den fünf großen Gebäuden der Weltausstellung das kleinste, übertraf aber in seinen Dimensionen die bedeutenden Gewächshäuser von Paris und London. Die Stahlund Glaskonstruktion entwarf Schwarzmann im "mauresken Architekturstil des 12. Jahrhunderts", für das Gebäude errang er die Ehrenmedaille der Ausstellungsjury, und ein deutscher Architekturkritiker beschrieb es als "die wahrhaftige Verkörperung der Märchen aus Tausendundeiner Nacht". Nahezu jeder amerikanische Bundesstaat baute sich einen kleinen Pavillon auf dem Gelände. Da die


meisten Firmen es vorzogen, in den großen Hallen auszustellen, wurden die Staatenhäuser für Empfänge und als Aufenthaltsräume zur Erholung der Besucher benutzt. Die meisten Pavillons wurden in Holzbauweise im modernen Stil errichtetet. Bei späteren Weltausstellungen in den USA sollten sich die Bundesstaaten nur noch Repliken prominenter Gebäude zutrauen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1876 in Philadelphia

Jahr:

1876

1

Stadt: Philadelphia Land:

USA

Dauer: 10. Mai - 10. November 1876

Copyright: McCabe 1876, S. 53

Kommentare Joaquin Miller: Song of the Centennial The Minstrel Sings: Peace on earth and harvest time! Hail the day, but heal the scars! Heavens blue, yon bannered stars Blending in the far sublime, Sing Peace on earth and harvest time! Peal the cannon! clang the bell! Wave the banners! Bow and pray. Turn in gratitude to-day To mighty men who fought and fellTo Him who doeth all things well. Peace on earth and harvest time! The farmer sings; the battle-field Bears on her breast a gleaming shield Of corn that clangs in rippled rhymeLo! peace on earth and harvest time! Quelle: Illustrated Historical Record of the Centennial Exhibition. New York 1878.

Franz Reuleaux zum Gelände und zum deutschen Beitrag: "Einen Hauptantheil an dem Eindruck hat die Größe des "Centennial"-Grundes. "Centennial" ist das Wort des Tages, das dritte Wort in der Unterhaltung, das zweite in der Lokalpresse. Centennial heißt alles Denkbare; die Wagen, die Fahnen, die Gasthöfe, alle tragen in irgend einer Weise das Wort irgendwo angeschrieben; es gibt Centennial-Pommade, Centennial-Seife, Centennial-Bier. Centennial-Ground heißt der prächtigste, frische, grünende Park, in welchem die bewimpelten Festgebäude aufgeführt sind. (...) Denken Sie sich den ganzen Festgrund, der 228 preußische Morgen umfasst, aus einem immensen, der Natur unmittelbar abgerungenen Park herausgeschnitten, ein sanft hügeliges Gelände, von zwei tiefen, mehrfach überbrückten Schluchten durchschnitten, und zwar alles in großen imponierenden Dimensionen, dazu Gruppen alter reichbelaubter Bäume neben niedrigem


Gebüsch, die zierlichste Lieblichkeit wechselnd mit bedeutenden, in sich selbst ruhenden Formen der Landschaft, so erhalten Sie eine Vorstellung von der modernen Altis, welche hier dem Industriewettkampfe freigegeben ist. Unser deutscher Pavillon liegt im Vorgrunde des schönsten landschaftlichen Theiles des Grundes und erfreut sich vermöge seiner hübschen, obwohl einfachen Form und feines freundlichen Inneren großen Beifalles. Wenn wir deutschen Jurymitglieder abends ermüdet den Heimweg antreten und unsere Blicke über die in der Abendsonne glitzernden Spitzen, Thürmchen und Galerien der Ausstellungsstadt, die zwischen den Bäumen malerisch hindurchschimmern, schweifen lassen, so entschädigt uns der Anblick für manche Mühen des Tages und hilft uns vergessen, dass Deutschland auf der Ausstellung selbst so weit hinter unseren Wünschen zurückgeblieben ist. Denn es darf nicht verhehlt, es muss sogar laut ausgesprochen werden, dass Deutschland eine schwere Niederlage auf der Philadelphier Ausstellung erlitten hat." Quelle: Franz Reuleaux: Briefe aus Philadelphia. Braunschweig 1877

Henry Adams: Mein Besuch auf der Weltausstellung (Aus einem Brief an Charles M. Gaskell, 1876): "Bei meiner Seele, ich hasse diese großen Shows. (...) Diese ist größer, lauter, belebter, und ihre Inhalte sind noch uniformer und vulgärer als jeder ihrer Vorgänger. Ich amüsierte mich auf der Ausstellung, da ich mich in angenehmer Gesellschaft befand, aber ich habe einen Eid geschworen, nie wieder eine dieser abscheulichen Darbietungen zu besuchen. Die Menge dort war erschreckend und es gab viele Krankheiten und Aufgeregtheiten. (...) Viele steckten sich mit Typhus an, und wenn man nicht viel Glück hat, bekommt man auch noch Gelbfieber dazu."

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1876 in Philadelphia

Jahr:

1876

1

Stadt: Philadelphia Land:

USA

Dauer: 10. Mai - 10. November 1876

Copyright: McCabe 1876, S. 53

Bibliographie Charles F. Adams: The Vienna Exposition and the Philadelphia Centennial. Boston 1874. Samuel J. Burr: Memorial of the International Exhibition Being a Description Written up by Buildings, by Nationalities, by Classes. Hartford 1877. Friedrich Goldschmidt: Die Weltausstellung in Philadelphia und die Industrie. Berlin 1877. Hayes Historical Journal. Nr. 1, 1977 (Sonderheft zur Centennial Exhibition). James D. McCabe: The Illustrated History of the Centennial Exhibition, Held in Commemoration of the One Hundreth Anniversary of American Independence. With a Full Description of the Great Buildings and All the Objects of Interest Exhibited in them. Philadelphia u.a. 1876. J.S. Ingram: The Centennial Exposition, Described and Illustrated. Philadelphia, New York 1876. John Maass: The Glorious Enterprise: the Centennial Exhibition of 1876 and H.J. Schwarzmann, Architect-in-chief. New York 1973. Frank Henry Norton: Frank Leslie's Historical Register of the United States Centennial Exposition. New York 1876. Robert C. Post: 1876, A Centennial Exhibition: a Treatise Upon Selected Aspects of the Great International Exhibition Held in Philadelphia on the Occasion of our Nations one-hundred Birthday. Washington D.C. 1976. Franz Reuleaux: Briefe aus Philadelphia. Braunschweig 1877. Floyd et Marion Rinhart: America's Centennial Celebration (Philadelphia 1876). Winter Haven, Fl. 1976. Phillip T. Sandhurst u.a.: The Great Centennial Exhibition Critically Described and Illustrated. Philadelphia 1876. Walter Smith u.a.: The Masterpieces of the Centennial International Exhibition 1876. Philadelphia 18761881. United States Centennial Commission. International Exhibition, 1876. Report of the Director-General, including the Reports of Bureaus of Administration. 4 Bände. Philadelphia 1879.


Thomson Westcott: Centennial Portfolio. Philadelphia 1876.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1876 in Philadelphia Bedeutende Erfindungen

Jahr:

1876

Stadt: Philadelphia Land:

USA

Dauer: 10. Mai - 10. November 1876

1 2 3 4

Copyright: McCabe 1876, T. 2

Bilanz Unter dem großen Dach des Hauptgebäudes waren zahlreiche Erfindungen zu entdecken. Die 30.800 Aussteller zeigten etwa die ersten Nähmaschinen, die erste praktikable Schreibmaschine und Alexander Graham Bells Telephon. Die Industriemacht USA sollte sich vor dem internationalen Forum der Weltausstellung eindrucksvoll unter den führenden Nationen platzieren. Mehr als ein Drittel des Hauptgebäudes und über 80 Prozent der Maschinenhalle belegten die Gastgeber mit ihren Exponaten. Auch bei den Maschinen für die Landwirtschaft und den Landbauprodukten zeigten die USA bedeutende Entwicklungen. Die Reporter aus den anderen Nationen zeigten sich in ihren Berichten aus Philadelphia beeindruckt. Da die wenigsten Länder ihre Ausstellungshöfe mit herausragenden Objekten bestückt hatten, fiel der Triumph des Gastgebers um so eindeutiger aus. In Deutschland kam es zu einer heftigen Kontroverse über die Qualität des einheimischen Ausstellungsbeitrags. Die Briefe von Franz Reuleaux, der als Direktor des Berliner Gewerbeinstituts Mitglied der Jury in Philadelphia war, enthielten ein vernichtendes Urteil über die deutschen Industrieprodukte, die er als "billig und schlecht" bezeichnete. Damit löste er auch Angriffe gegen seine Person aus. Sein französisch klingender Name animierte die Gegner zu dem Vorwurf, er habe als Verräter Deutschland Schaden zufügen wollen. Seine Argumentation war wohl tatsächlich nicht immer fehlerfrei (in der Wirtschaftsstatistik konnten ihm Fehler nachgewiesen werden), und nicht alle Industriezweige hatten sich so schlecht dargestellt, wie Reuleaux es behauptet hatte. Doch trugen seine Worte dazu bei, die deutsche Industrie aufzurütteln und an der Verbesserung der Qualität der Produkte zu arbeiten. Reuleaux Äußerungen und seine anschließenden Aktivitäten zur Sicherung der deutschen Industriestandards trugen zur Erneuerung der Wirtschaftsgesetze bei und führten schließlich zur ersehnten Qualitätssteigerung in den 1880er und 1890er Jahren. Erst seit jenen Jahren wurde der zuvor als Warnung angebrachte Hinweis �Made in Germany� als Ausweis für hochwertige Waren verstanden. Alle Exponate der Weltausstellung waren nach einem komplexen Schema klassifiziert worden. Sieben Hauptgruppen (Bergbau und Metallurgie, Handwerk und Gewerbe, Erziehung und Wissenschaften, Kunst, Maschinen, Landwirtschaft sowie Gartenbau) wurden jeweils zweimal untergliedert. Dieses System wurde später im Dewey'schen Dezimalsystem auf alle menschlichen Tätigkeiten ausgeweitet und dient mittlerweile den meisten amerikanischen Bibliotheken als Katalogisierungsgrundlage. Besonders beliebt war neben dem Ballett der Dampfmaschinen vor allem die Kunstausstellung in der Memorial Hall - die erste vollwertige internationale Kunstpräsentation der USA -, in der nicht nur Gemälde und Skulpturen sondern gleichberechtigt Fotografien gezeigt wurden. Von besonderem Interesse war schließlich der Pavillon der Frauen, der von einem eigenen Women's Centennial Executive Committee unter ausschließlicher Mitarbeit von Frauen finanziert, eingerichtet und betrieben wurde. Eine von Emma Allison entwickelte Dampfmaschine mit sechs PS betrieb im Pavillon die Webstühle und Spinnmaschinen. Zeitgenössische Kommentatoren hoben bewundernd die Eleganz und Präzision der


ausgestellten Stick- und Webarbeiten hervor. Trotz der 9 Millionen Besucher, die bis zum 10. November die Centennial Exhibition besuchen sollten, war sie doch ein finanzieller Misserfolg. Das Defizit betrug 1,9 Millionen Dollar, und da die US-Regierung ihre Anleihe von 1,5 Millionen Dollar zurückverlangte, mussten die Aktieninhaber den gesamten Verlust tragen. Der Imagegewinn für die USA hingegen war beträchtlich, und da auch einige bedeutende Geschäftsabschlüsse in Philadelphia getätigt worden waren, zogen die meisten Amerikaner ein positives Resümee für ihre erste große Weltausstellung.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1876 in Philadelphia Hermann Josef Schwarzmann, der Architekt der Centennial Exhibition

Jahr:

1876

1

Stadt: Philadelphia Land:

USA

Dauer: 10. Mai - 10. November 1876

Copyright: McCabe 1876, S. 53

Biographie Geboren am 30.4.1846 als Sohn des Malers Joseph Anton Schwarzmann, der in München für König Ludwig I. zahlreiche Fresken geschaffen hatte, war Hermann Josef Schwarzmann bereits mit 14 Jahren als Kadett in die königlich bayerische Militärakademie eingerückt. Dort erhielt er auch eine rudimentäre Ingenieursausbildung, die er nach der bayerischen Niederlage im Krieg gegen Preußen 1866 durch ein kurzes Architekturstudium komplettierte. Bereits 1868 emigrierte er in die Vereinigten Staaten. Er ließ sich in Philadelphia nieder und bekam eine Stelle als Assistent für die Gestaltung des Fairmount Parks, des größten städtischen Erholungs- und Vergnügungsparks in den USA, und arbeitete sich stetig auf die Position des Chefgärtners vor. Bis zu Beginn der Planungen für die Weltausstellung hatte Schwarzmann zwar einen großen Teil der Landschaftsgestaltung entworfen, als Architekt jedoch konnte er nur zwei kleinere Gebäude im Park vorweisen. 1873 wurde Schwarzmann von der U.S. Centennial Commission nach Wien gesandt, um die dortige Weltausstellung zu studieren und die zoologischen Gärten zu untersuchen. Als Ergebnis dieser Studien und auf Grund seiner Erfahrungen mit der Gestaltung des Landschaftsparks legte er, inzwischen zum Chefplaner der Ausstellungskommission avanciert, 1874 den Plan für die Einrichtung des Ausstellungsgeländes vor. Nachdem dieser Entwurf angenommen war, beschäftigte er sich intensiv mit den Entwürfen für die Memorial Hall und die Horticultural Hall und reichte sie außer Konkurrenz beim Wettbewerb für diese Gebäude ein. Vor allem wegen der kostengünstigen Kalkulation konnten Schwarzmanns Entwürfe den Centennial Board of Finance überzeugen. Nach der Weltausstellung gründete Hermann Schwarzmann ein eigenes Architekturbüro in Philadelphia. Doch obwohl er sich durch seinen Erfolg auf der Ausstellung glänzende Kontakte verschafft hatte, lief dieses Büro nicht sonderlich gut. 1878 zog er nach New York um, wo er einige Gaststätten, Festsäle und Privathäuser baute. Mitte der achtziger Jahre erkrankte er schwer und erblindete, sodass er sich vom aktiven Architektenberuf zurückziehen musste. Am 2. 10. 1891 starb Hermann Josef Schwarzmann in New York.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1889 in Paris Eiffelturm und Maschinenhalle

Jahr:

1889

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 6. Mai - 31. Oktober 1889

Copyright: Revue de l'Exposition universelle de 1889, S. 248

Einleitung Mit dem Eiffelturm und der Galerie des Machines wurden für die vierte Pariser Weltausstellung gleich zwei der berühmtesten Ingenieursbauten des 19. Jahrhunderts errichtet. Vielleicht gilt die Exposition universelle auch daher als die wichtigste Weltausstellung. Zwar diente der Eiffelturm keinem bestimmten Zweck, doch als Wahrzeichen der Ausstellung und der französischen Hauptstadt funktionierte er glänzend. In der Galerie des Machines, die mit nahezu schwebend konstruierten Eisenträgern eine gewaltige Spannweite überbrückte, konnten die Ausstellungsbesucher eine Symphonie der Dampfmaschinen und Elektrodynamos erleben. Großer Beliebtheit erfreuten sich auch die Tanzdarbietungen exotischer Völker; erstmals wurden die Europäer massiv mit fremden Kulturen und Lebenswelten konfrontiert.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1889 in Paris

Jahr:

1889

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 6. Mai - 31. Oktober 1889

Copyright: Revue de l'Exposition universelle de 1889, S. 248

Daten Offizielle Bezeichnung: Exposition universelle de 1889 Anlass: Hundertjahrfeier der französischen Revolution Ort: Champs de Mars, Esplanade des Invalides, Colline de Chaillot und Seineufer insgesamt 96 Hektar, davon 60 Hektar für Gebäude Dauer: 6. Mai - 31. Oktober 1989 (180 Tage) feierliche Eröffnung am 5. Mai durch Präsident Carnot Wahrzeichen: Eiffelturm, Maschinenhalle Generalkommissar: Die Minister für Handel und Industrie, Édouard Lockroy und später David Dautresme; während der Ausstellung Pierre Tirard Kommissar der Kunstausstellungen: Antonin Proust Chefarchitekt des Geländes: Joseph-Antoine Bouvard Aussteller: 61.722, davon 33.937 aus Franreich Pavillons: Drei Französische Pavillons, 24 Themenpavillons, 18 Pavillons der Kolonien, 35 Nationale Pavillons, 30 Private Pavillons Besucher: 32.250.000 Eintrittspreis: Ein Franc Kosten: Ausgaben: 41.500.000 Francs Einnahmen: 49.500.000 Francs Gewinn: 8.000.000 Klassifikation: 9 Gruppen und 83 Klassen Preise: 33.889, davon 953 Grands Prix


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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1889 in Paris Der Eiffelturm

Jahr:

1889

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 6. Mai - 31. Oktober 1889

1 2 3

Copyright: L'Exposition de Paris de 1889. Journal hebdomadaire, S. 113

Wahrzeichen Der Eiffelturm bezeichnet nicht nur einen Gipfelpunkt in der Geschichte des Eisenbaus, er wurde auch zum Symbol für das Ingenieurzeitalter. Er leistete, wie der Kunsthistoriker Wolfgang Friebe feststellte, "seinen kunsthistorischen Beitrag in der Auflösung der Raumgrenzen zwischen Innen und Außen sowie der raumbildenden Perspektive." Jeder der vier Füße des Turms ruht auf jeweils vier Betonfundamenten von 26 Meter Kantenlänge. Die quadratische Grundfläche des Turmes hat eine Seitenlänge von 130 Metern. Von hier steigen schräggestellte Pylone auf, die in 58 Meter Höhe zu ersten Mal durch eine große Plattform zusammengefaßt werden. Hier war Platz für Restaurants, Verkaufsstände und eine große Versammlungshalle für 6 000 Personen. Die Funktion des Eiffelturms als Tor zum Marsfeld war eher marginal, nur an den Torbögen, die nachträglich unter der ersten Galerie eingezogen wurden, ließ sie sich ablesen. Bis zur zweiten Plattform in 115 Metern Höhe wachsen die Pylone in einer eleganten, flachen Kurve näher zusammen, um dann in 190 Meter Höhe endgültig zu verschmelzen. Die letzte Aussichtsplattform in 276 Metern Höhe bietet eine Fernsicht von bis zu 140 Kilometern, darüber befanden sich früher nur noch die von Eiffel eingerichteten Laboratorien. Mit Hilfe von acht Fahrstühlen oder aber über 1792 Treppenstufen kann man diesen höchstgelegenen Aussichtsbalkon von Paris erreichen. Am 31. März 1889 bestieg Gustave Eiffel die Spitze seines Turms und hisste die Trikolore. Durch von elektrische Scheinwerfern in den Farben Blau, Weiß und Rot wurde der Eiffelturm selbst zu einer großen Trikolore. Der enorme Publikumserfolg bereits während der Ausstellung sorgte dafür, dass das Bauwerk bereits im Jahr seiner Fertigstellung Gewinn abwarf. In den folgenden Jahren versuchte Eiffel, mit wissenschaftlichen Experimenten den immer vorgesehenen Abriss des Turmes zu verhindern. Doch erst die mit dem Auslaufen der Konzession sich entwickelnde drahtlose Telegraphie sorgte für eine dauerhafte Bestandsgarantie für den Eiffelturm, der aus dem heutigen Pariser Stadtbild nicht mehr wegzudenken ist.

Die Konstruktionsdaten des Eiffelturms: Höhe: 302,6 Meter (heute einschließlich Antenne 320,8 Meter) Grundfläche: 129,22 Meter 12.000 Eisenteile Gewicht: 7.350 Tonnen


1.050.846 Nieten in sieben Millionen Löchern, eingeschlagen von 200 Arbeitern tägliches Wachstum: 0,47 Meter 1. Plattform in 57,63 Meter Höhe mit 65 Metern Seitenlänge 2. Plattform in 115,73 Meter Höhe mit 30 Meter Seitenlänge 3. Plattform in 276,13 m Höhe mit 16,5 Meter Seitenlänge 1.792 Stufen Acht Fahrstühle 4.200 Personen pro Tag 3.799.040 Besucher während der Weltausstellung 1889 Eintrittspreise: Zwei Francs für die 1. Plattform Drei Francs für die 2. Plattform Fünf Francs für die 3. Plattform Sichtweite: 85 Kilometer Kosten: 7.799 .401,33 Francs; staatlicher Zuschuß: 1,5 Millionen Francs

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1889 in Paris Das Revolutionsjubiläum

Jahr:

1889

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 6. Mai - 31. Oktober 1889

Copyright: Revue de l'Exposition universelle de 1889, S. 57

Vorgeschichte Bereits bei Toresschluss der Pariser Weltausstellung von 1878 war vielen klar, dass 1889 die nächste Weltausstellung in der französischen Hauptstadt stattfinden würde. Denn es galt dann, den hundertsten Geburtstag der Großen Revolution und ihrer Errungenschaften zu feiern, darunter vor allem das von der dritten französischen Republik hochgehaltene Recht auf Arbeit. Um die europäischen Monarchien nicht zu brüskieren, durfte aber der Zusammenhang zwischen Weltausstellung und Revolution nicht allzu eng geknüpft werden. Die großen Staatsfeierlichkeiten zur Revolution fanden abseits der Exposition universelle statt, selbst wenn man überall auf dem Ausstellungsgelände an die Revolution erinnert wurde, etwa mit einem 'Panorama centennal' an den Ufern der Seine, das die Ereignisse der letzten hundert Jahre in einem großen Rundgemälde zeigte. Ferner rechnete man nach, dass bislang in Paris alle elf Jahre eine große Ausstellung stattgefunden habe und behauptete, dass sich dieser Rhythmus für die Präsentation von Fortschritt in Industrie und Künsten als sehr geeignet erwiesen habe. Dennoch konnten nicht alle Nationen überzeugt werden. Der 'Erbfeind' Deutschland fehlte wie schon 1878 auch diesmal in Paris. Gerade einmal 71 Firmen aus Deutschland wagten es, zur Weltausstellung zu kommen. Mit einem Dekret des Handelsministers Maurice Rouvier am 8. November 1884 begannen die konkreten Vorbereitungen. Ein 33-köpfiges Komitee wurde eingesetzt, dass einen Ort für die Ausstellung wählen sollte, ein Gebäudeprogamm entwickelte und den Kostenrahmen festlegte. Das von Teilen der rechten Opposition bekämpfte Gesetz zur Regelung der Finanzen für die Weltausstellung passierte schließlich doch mit breiter Mehrheit im April 1886 die beiden Parlamentskammern. Nicht mehr als 46,5 Millionen Francs sollten ausgegeben werden dürfen. Weitere Dekrete der Regierung bestimmten in den folgenden Monaten die Schwerpunkte der Ausstellung: die Kunstausstellung sollte gleichermaßen eine Retrospektive der letzten zehn wie auch hundert Jahre der internationalen Kunst sein, ferner sei eine Gesamtschau der französischen Kunst zu veranstalten. Drei Generaldirektoren wurden bestimmt, die unter der Aufsicht des als Generalkommissar fungierenden Handelsministers für Bauarbeiten, Finanzen und Management zuständig waren. Mit den Bauarbeiten wurde wie üblich zu spät begonnen, so dass in den letzten Monaten vor Öffnung der Tore, sich die Aktivitäten auf der Baustelle überschlugen. Erst am 17. März 1887 wurden die Nationen zur Teilnahme eingeladen. Das war deutlich zu spät, um noch die offizielle Mitwirkung der großen Staaten zu sichern. Von den bedeutenden Industrienationen nahmen einzig die USA mit regulärem Status an der Weltausstellung teil. Aus den meisten anderen Staaten - die nur die offizielle Teilnahme verweigerten, die Ausstellung aber nicht boykottierten - kamen aber so viele Firmen, dass doch noch ein sehenswerter Überblick über die technologischen Leistungen der letzten Jahre zustande kam. Die Finanzierung der Weltausstellung ruhte auf zwei Standbeinen. Staat und Stadt Paris trugen Subventionen in Höhe von 25 Millionen Francs bei. Auf der anderen Seite wurde eine Kapitalgesellschaft gegründet, die von insgesamt 1740 Subskribenten Anleihen in Höhe von 23 Millionen Francs aufnahm. Weitere Finanzierungsquellen waren Eintrittsgelder in Höhe von 21 Millionen Francs, Einnahmen aus


Konzessionen und, nach Ausstellungsende, aus dem Verkauf von Baumaterialien vom AbriĂ&#x; der Hallen und Pavillons. So konnte die wieder einmal teuerste Weltausstellung halberlei geregelt finanziert werden.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1889 in Paris

Jahr:

1889

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 6. Mai - 31. Oktober 1889

Copyright: Revue de l'Exposition universelle de 1889, S. 248

Kommentare Aus der Protestresolution gegen den Eiffelturm: �Wir Schriftsteller, Maler, Bildhauer, Architekten und leidenschaftliche Liebhaber der bisher unangetasteten Schönheit von Paris protestieren im Namen des verkannten französischen Geschmacks mit aller Kraft gegen die Errichtung des unnötigen und ungeheuerlichen Eiffelturmes im Herzen unserer Hauptstadt, den die oft von gesundem Menschenverstand und Gerechtigkeitsgefühl inspirierte Spottlust der Volksseele schon den Turm zu Babel getauft hat. Wird die Stadt Paris sich wirklich den überspannten, den geschäftstüchtigen Phantastereien einer Maschinenkonstruktion - oder eines Konstrukteurs anschließen, um sich für immer zu schänden und zu entehren?�

Joris-Karl Huysmans: Das Eisen Vor dem Ausstellungspalast ragt der berühmte Turm empor, von dem die ganze Welt schwärmt. (...) Er hat keineswegs, wie befürchtet wurde, einen Sturm der Entrüstung hervorgerufen; im Gegenteil, er hat zu gräßlichen, abgedroschenen Vergleichen inspiriert: "Triumphbogen der Industrie, Turm von Babel, Zyklop, Spinngewebe aus Metall, eisernes Spitzengeflecht". In (...)rührender Einmütigkeit katzbuckelt die gesamte Presse vor Monsieur Eiffel, rühmt seine Genialität. Und dabei ähnelt sein Turm einem im Bau befindlichen Fabrikschlot, einem Gerippe, das darauf wartet, mit Quadersteinen oder mit Ziegeln gefüllt zu werden. Man kann kaum glauben, dass dieses Stahlgerüst ein fertiges Bauwerk sein soll (...) Dieser gewollte Eindruck des Unvollendeten, des Skelettartigen, zeugt von einer absoluten Geschmacksverirrung in der Kunst. (...) Der Eiffelturm ist von geradezu frappierender Hässlichkeit (...) Das stählerne Netzwerk verleiht diesem angeblichen Triumphzeichen das Aussehen eines scheußlichen Vogelbauers.

Edmond und Jules de Goncourt: Tagebuch 1889-1891 Montag, 6. Mai 1889 Zu Fuß nach Auteuil zurückgekehrt, durch die Menschenmenge. Ein malvenfarbener Himmel, wie bei einem gewaltigen Brand, (...) die Place de la Concorde, eine Apotheose weißen Lichtes, in deren Mitte der Obelisk erstrahlt, rosé wie ein Champagnersorbet, - der Eiffelturm, der wie ein Leuchtturm wirkt, den eine verschwundene Generation auf der Erde zurückgelassen hat, eine Generation, die sieben Meter groß war. Donnerstag, 2. Juli 1889 Heute abend Diner auf der Plattform des Eiffelturms, mit den Ehepaaren Charpentier, Hermant, Zola und


Dayot. Die Fahrt im Aufzug: das Gefühl, ein Schiff steche in See; aber kein Schwindel. Oben bekommt man erst die richtige Vorstellung von der Größe, der Ausdehnung, der babylonischen Unermeßlichkeit von Paris, und im Schein der untergehenden Sonne sind manche Mauern und verwinkelte Gassen in ein weiches, römisch anmutendes Licht getaucht, und die klaren, geraden Linien des Horizontes werden von einer malerischen Kurve unterbrochen - dem Hügel von Montmartre, der in der Dämmerung einer großen beleuchteten Ruine gleicht. (...) Dann der Abstieg zu Fuß - ein ganz eigenartiges Gefühl, fast wie ein Sturzflug in die Unendlichkeit - diese taghellen Stufen in der Nacht, und hin und wieder ein Ausblick in den unbegrenzten Raum.

Julius Price: Vorhersagen über die Ausstellung (Pall Mall Gazette, 1889) Es wird die gewaltigste und außergewöhnlichste Ausstellung werden, die die Welt jemals gesehen hat. Die Franzosen lieben es gerne groß: sie sind wieder einmal dabei zu beweisen, dass sie sich darauf verstehen. Verglichen mit den miserablen Warenlagern, die wir in Kensington zu sehen gewohnt sind, ist ihre Ausstellung zum Hundertjährigen von 1789 bereits jetzt verblüffend. Weder Geld noch Mühen wurden gespart. Nichts Schäbiges stört den Blick. Bis hin zum kleinsten Eisengestell stechen das künstlerische Gefühl und der gute Geschmack heraus. ( ...) Falls die den politischen Himmel verdüsternden Wolken nicht in einen Sturm ausbrechen, wird die Ausstellung die halbe zivilisierte Welt nach Paris locken, und dies gewiss mit gutem Recht, denn es ist die schönste, die die Welt jemals gesehen hat.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1889 in Paris An den Ufern der Seine

Jahr:

1889

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 6. Mai - 31. Oktober 1889

1 2 3

Copyright: L'Exposition de Paris de 1889. Journal hebdomadaire. Beilage zu Nr. 26

Gel�nde Gegenüber der Weltausstellung von 1876 wurde das Gelände nochmals um 20 auf 96 Hektar vergrößert. Das traditionelle Terrain der Pariser Weltausstellungen, das Marsfeld, konnte durch mehrere Annexe erweitert werden. Auf dem anderen Seineufer, dem Marsfeld gegenüber, lag der Trocadéro, der große Ausstellungspalast der Vorgängerausstellung mit seinen zum Fluß hin abfallenden Gärten. Hier fanden die großen Versammlungen und 69 Kongresse für insgesamt 20.000 Teilnehmer statt, und hier wurde auch die Gartenbauausstellung untergebracht. Entlang der Flußufer wurden am Quai d'Orsay in langen Galerien die Produkte der Landwirtschaft und Ackerbaugeräte gezeigt. Der Architekt der Pariser Oper, Charles Garnier, zeigte hier in 49 Modellbauten eine Geschichte der menschlichen Wohnung, von der Urhütte bis zum Pariser Wohnhaus des 16. Jahrhunderts. Auf der Esplanade vor dem Invalidendom schließlich führten die französischen Kolonien ihre Rohstoffe und Produkte vor und demonstrierten der Pariser Bevölkerung in exotischen Darbietungen in großem Maßstab die Lebensweisen auf anderen Kontinenten. Um die großen Distanzen zwischen Esplanade des Invalides und Champ de Mars zu überwinden, stand die hydraulische Bahn des Ingenieurs Girard bereit. Seinerzeit noch vom Publikum rege benutzt und als "großartigste Erfindung der Neuzeit" gefeiert, konnte sich das System dennoch nicht durchsetzen: Die Bahn glitt auf einem dünnen Wasserfilm über Eisenplatten und wurde mit einem ebenfalls mit Wasserkraft angetriebenen Propellersystem in Bewegung gesetzt. Auf dem Marsfeld selbst standen den erschöpften Besuchern gepolsterte, von Bediensteten geschobene Rollstühle zum Transport zur Verfügung.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1889 in Paris Die Baugeschichte des Eiffelturms

Jahr:

1889

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 6. Mai - 31. Oktober 1889

1 2 3 4 5 6 7 Copyright: Eiffel 1900, T.4, 6-11

Geschichte Das unbestrittene Wahrzeichen der Weltausstellung, der "Clou" wie die Franzosen sagten, war der Eiffelturm, dessen Erfinder jedoch keineswegs sein Namensgeber Gustave Eiffel war. Als 1883 in Paris sich die Gerüchte verstärkten, die französische Kapitale werde zur Hundertjahrfeier der Revolution die nächste Weltausstellung ausrichten, präsentierten zwei Ingenieure aus der Firma Eiffels, Maurice Koechlin und Emile Nougier, ihm den Plan für einen 1 000 Fuß hohen Turm. Die Idee zu diesem Turm spukte bereits seit mehreren Jahrzehnten durch die Köpfe von Architekten und Visionären, bereits die Eisenteile des Londoner Kristallpalastes von 1851 sollten für einen solchen Turmbau verwendet werden, und auch für die Weltausstellung von Philadelphia 1876 gab es handfeste Turmplanungen. Die beiden Ingenieure jedoch hatten im Bau von großen Eisenbrücken so viel Erfahrung gewonnen, dass ihr Entwurf sich anders als die meisten älteren Vorschläge durch eine große Realitätsnähe auszeichnete. Eiffel lehnte es zunächst ab, sich weiter mit der Idee zu befassen, gestattete seinen beiden Ingenieuren jedoch, mit Hilfe des Architekten Stephen Sauvestre weiter an dem Projekt zu arbeiten. Erst Ende 1884, als die Weltausstellung zur Gewißheit geworden war, griff Eiffel auf die Turmidee zurück und sorgte nun für die konsequente Umsetzung des Baus. Er kaufte Koechlin und Nougier die Urheberrechte ab und setzte den Plan bei dem Organisationskomitee der Ausstellung durch. Zwar galt es, im Frühjahr 1886 noch eine öffentliche Ausschreibung zu überstehen, doch da die Pläne inzwischen zur Baureife ausgearbeitet worden waren, stand der Sieger dieses nur zweiwöchigen Wettbewerbs im Grunde bereits vorher fest. Eiffel wurden die Nutzungsrechte für den Turm bis 1910 zugestanden, dafür mußte er, abgesehen von einem staatlichen Zuschuß von 1,5 Millionen Francs alleine für die auf 6,5 Millionen Francs geschätzten Baukosten aufkommen. Für den Turmbau am Ufer der Seine, dort wo das Marsfeld begann, hatte er noch 27 Monate Zeit. 12.000 Zeichnungen waren nötig, um jedes Eisenteil und jede Verstrebung zweidimensional darzustellen. Die Bauteile wurden in Eiffels Firma in Levallois-Perret exakt vorproduziert und brauchten vor Ort, auf dem Champ de Mars nur noch montiert zu werden; bis zur Höhe von 57 Metern mußte keines der vorgestanzten Nietlöcher geändert werden. So erklärt sich - nach der etwas langwierigen Fundierung des Turms - das atemberaubend schnelle Wachstum des Turms. Der Bau erregte zunächst die Kritik führender Künstler und Schriftsteller Frankreichs. Doch sobald der Turm fertiggestellt war - übrigens sechs Wochen vor dem projektierten Termin - riß man sich darum, von diesem mit Abstand höchsten Bauwerk der Erde einen neuen Blick auf Paris zu gewinnen.

Der Eiffelturm Höhe: 302,6 m; heute (eischließlich Antenne): 320,8 m


1 792 Stufen 8 Fahrstühle Grundfläche: 129,22 m 1. Plattform: in 57,63 m Höhe mit 65 m Seitenlänge 2. Plattform: in 115,73 m Höhe mit 30 m Seitenlänge 3. Plattform: in 276,13 m Höhe mit 16,5 m Seitenlänge Bauteile: 12.000 Eisenteile 1.050.846 Nieten in sieben Millionen Löchern, eingeschlagen von 200 Arbeitern Gewicht: 7 350 Tonnen Tägliches Wachstum während der Bauarbeiten: 0,47 m Besucher: 4.200 Personen pro Tag 3.799.040 Besucher während der Weltausstellung 1889 Eintrittspreise: 2 Francs für die 1. Plattform 3 Francs für die 2. Plattform 5 Francs für die 3. Plattform Sichtweite: 85 km Kosten: 7 799 401,33 Francs; staatlicher Zuschuß 1,5 Mio. Francs

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1889 in Paris Die Galerie des Machines - Die größte Spannweite der Welt

Jahr:

1889

Stadt: Paris Land:

Frankreich

1 2

Dauer: 6. Mai - 31. Oktober 1889

Copyright: Revue de l'Exposition universelle de 1889, S. 61

Architektur Dem Eiffelturm als innovative und kühne Konstruktion ebenbürtig war die Galerie des Machines des Architekten Dutert und des Ingenieurs Contamin. Sie bildete den Abschluß des Terrains auf dem Marsfeld, davor war die Große Galerie für Industrieprodukte gebaut worden. Als die Schenkel eines sich zum Eiffelturm hin öffnenden großen U wurden die Paläste der Schönen und der Freien Künste seitlich an sie angebaut. Während für diese Hallen eher erprobte Dachkonstruktionen aus Glas und Eisen verwendet wurden, versuchten Dutert und Contamin für ihre Maschinenhalle eine möglichst große Spannweite stützenlos zu überbrücken. Dafür entwickelten sie ein in seiner Schlichtheit geniales Bindersystem aus Eisenträgern, das kaum weiterer Stützen oder Seitengalerien zur Ableitung des enormen Gewölbesschubs bedurfte. Mit Dreigelenkbögen, die mit beweglichen Auflagepunkten auf Betonsockeln ruhten, konnten 110 Meter in einer wie schwebend wirkenden Konstruktion überdacht werden. Die elegant gekurvten Bögen wurden in der Mitte mit einem Bolzen zusammengehalten, dadurch ließen sich die Bewegungen der Halle bei Temperaturschwankungen im Firstpunkt in 43 Meter Höhe auffangen. Untereinander waren die zwanzig Binder durch Fachwerkträger miteinander verbunden, insgesamt wurde so eine Gesamtlänge von 423 Metern erreicht. Das Dach wurde an den Rändern zu einem Fünftel mit Wellblech eingedeckt, die breite Mittelzone überdachten beweglich gelagerte Glasplatten. Auch die Seiten- und Stirnwände der Halle waren zwischen schmalen Eisenprofilen vollständig verglast worden. Damit schien das Dach wie schwerelos in der Luft zu schweben und sich im Gegenlicht geradezu aufzulösen. Einen ähnlichen Effekt hatte zuvor nur Joseph Paxton mit dem Kristallpalast der Londoner Weltausstellung von 1851 erreicht. Wie damals wurden die konventionellen Vorstellung aus dem Steinbau auf den Kopf gestellt. Keine festen Wände begrenzten mehr die Architektur, und da, wo die meisten Kräfte und Lasten in die Erde abgeleitet wurden, wurde die Architektur auf einen - im Verhältnis zu den ungeheuren Dimensionen der Halle winzig kleinen Auflagepunkt reduziert. Bis 1910 konnte die Galerie des Machines für weitere Ausstellungen und Massenveranstaltungen genutzt werden, dann wurde sie abgerissen - ein ebenso großer Verlust für die Architekturgeschichte des 19. Jahrhunderts wie die Vernichtung des Kristallpalastes durch einen Großbrand 1936. Viele Journalisten zeigten sich von der Leichtigkeit der Architektur so begeistert, dass sie nur mit Bedauern über die "Verschandelung" der Maschinenhalle durch die Exponate berichteten. Dabei wurden selbst die größten Elektrodynamos und Dampfmaschinen durch die Architektur der Halle zu Zwergengeräten verkleinert. Man konnte die "keuchenden, stampfenden, kurbelnden, schwingenden, Menschenarbeit verrichtenden Maschinen" auch in der Vogelperspektive begutachten. Auf Schienen fuhren bis zu 100.000 Besucher in etwa zehn Metern Höhe mit einer elektrisch betriebenen, beweglichen Plattform durch die ganze Halle. Die meisten Dynamos wurden durch Dampfmaschinen angetrieben und sorgten vor allem für eine


Revolution der Beleuchtungstechnik. Der Erfinder der Glühlampe, Thomas Alva Edison, demonstrierte auf seinem Stand die Möglichkeiten der Elektrizität auch für die Werbebranche in vollen Zügen. Auf einem Sockel stand die größte Glühlampe der Welt; rundherum leuchteten mit farbigen Lämpchen die Farben der USA und Frankreichs, die Jahreszahl 1889 und der Name des Erfinders auf.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1889 in Paris

Jahr:

1889

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 6. Mai - 31. Oktober 1889

Copyright: Revue de l'Exposition universelle de 1889, S. 248

Bibliographie 1889. La Tour Eiffel et l'exposition universelle. Ausst.-Kat. Musée d'Orsay Paris 1989. Adolphe Alphand und Georges Berger: Exposition universelle de 1889 à Paris. Palais, jardins, constructions diverses,installations générales. Paris 1892-1895. 2 Bde. Roland Barthes: La Tour Eiffel. Paris 1964. Dte. Ausgabe: München 1970. Charles Braibant: Histoire de la Tour Eiffel. Paris 1964. Philippe Bouin et Christian Chanut: Histoire française des foires et des expositions universelles. Paris 1980. Patrice Boussel: La Tour Eiffel. Paris 1973. Charles de Bures: La Tour de 300 mètres. Lausanne 1988. Jean de Cars et Jean-Paul Caracalla: La Tour Eiffel. Un siècle d'audace et de génie. Paris 1988. Amélie Chazelles: La Tour Eiffel vue par les peintres. Paris 1988. Adolphe Demy: Essai historique sur les expositions historiques de Paris. Paris 1907. François Guillaume Dumas und Louis de Fourcaud:Revue de l'Exposition universelle de 1889. Paris 1890. 2 Bde. Gustave Eiffel:La tour de 300 mètres de hauteur destinée à l'Exposition de 1889. Paris 1885. Gustave Eiffel: La Tour de trois cents mètres. Paris 1900. 2 Bde. L'Exposition de Paris de 1889. Journal hebdomadaire. 1. Ausgabe 15.10.1888. Paris 1888-89. Hippolyte Albert Gautier: Les curiosités de l'Exposition de 1889. Paris 1889. Joseph Harris: La Tour Eiffel. Paris 1977. Michael Köhler: Der Eiffelturm. Geschichte, Kuriositäten und Fakten um den berühmtesten Turm der Welt. München 1990.


Vera Kowitz: La Tour Eiffel. Ein Bauwerk als Symbol und Motiv in Litertur und Kunst. Essen 1989. François Landon: La Tour Eiffel superstar. Paris 1981. Armand Lanoux: La Tour Eiffel. Paris 1980. Bertrand Lemoine: Gustave Eiffel. Paris 1984. Dte. Ausgabe: Basel 1988. Miriam Levin: When the Eiffel Tower was New: French Visions of Progress at the Centennial of the Revolution. Ausst.-Kat. Mount Holyoke College Art Museum South Hadley, Mass. 1989. Henri Loyrette: Gustave Eiffel. Un ingénieur et son ouevre. Fribourg 1985. Dte. Ausgabe: Stuttgart 1985. Merveilles de l'Exposition universelle de Paris 1889. Paris 1889. Jacques Morlaine: La Tour Eiffel inconnue. Paris 1971. Pascal Ory: Les expositions universelles de Paris. Paris 1982. Pascal Ory: L'expo universelle. Bruxelles 1989. François Ponceton: Gustave Eiffel. Le magicien de fer. Paris 1939. Jean Prévost: Eiffel. Paris 1929. Revue de L'exposition universelle de 1889. 2 Bände. Paris 1889. Françoise Sagan: Le sentinelle de Paris. Paris 1988. Dte. Ausgabe: Frankfurt a.M. 1989.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1889 in Paris Der Ingenieur: Gustave Eiffel

Jahr:

1889

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 6. Mai - 31. Oktober 1889

Copyright: Revue de l'Exposition universelle de 1889, S. 41

Biographie Der Erbauer des bald nach ihm selbst benannten 300-Meter-Turmes entstammte der Familie Boenickhausen: deutsche Einwanderer, die sich nach der Region ihrer Herkunft, der Nordeifel, einen leichter auszusprechenden Namen zulegten. Gustave Eiffel wurde am 15. Dezember 1832 in Dijon geboren. Nach Schulbesuch und Bakkalaureat absolvierte er eine Ingenieursausbildung an der Ecole des Arts et Manufactures in Paris. Er studierte lustlos, sein Diplom im Spezialfach Chemie fiel eher mittelmäßig aus. Ein Volontariat in einer Eisenhütte bei Dijon sollte ihn an Ingenieursarbeiten im Eisenbau Geschmack finden lassen. Eiffel arbeitete sich von 1856 über mehrere Stationen hoch, seine eigene Firma konnte er bereits zehn Jahre später in Levallois-Perret bei Paris gründen. Die Societé Eiffel galt bald als Spezialunternehmen für große Eisenbauten: Brücken mit bisher nie gekannter Spannweite wie der Garabit-Viadukt, der Bahnhof in Pest oder die Kuppel des Observatoriums in Nizza. Bei Eiffels Firma konnte man auch vorgefertigte Eisenbrücken nach Katalog bestellen. Weniger seine eigenen Konstruktionsarbeiten, als seine Fähigkeit, komplexe Organisationsstrukturen zu errichten und die richtigen Mitarbeiter an die aussichtsreichsten Projekte zu engagieren, ließ Eiffel zum idealen Unternehmer für den Bau des Wahrzeichens der Weltausstellung von 1889 werden. Der Eiffelturm stellt den Höhepunkt seines Schaffens dar. Der Auftrag für den Bau von zehn großen Schleusen für den Panama-Kanal aus dem Jahr 1890 (ein in jeder Hinsicht gigantisches Projekt) geriet in den Strudel der Finanz-Affäre um den Kanalbau. Eiffel mußte seine Firma in eine Aktiengesellschaft umwandeln und zog sich aus der unternehmerischen Tätigkeit zurück. Die letzten Jahre seines Lebens widmete er sich wissenschaftlichen Fragen. Er baute ein großes Gebläse für Windkanalversuche, wo Flugzeugmodelle auf ihre Flugtauglichkeit untersucht wurden. Mit zahlreichen, bis ins hohe Alter hinein vom Eiffelturm unternommenen Experimenten zu den Fallgesetzen wollte er schließlich auch die Existenz seines Turmes dauerhaft sichern. Gustave Eiffel starb am 27. Dezember 1923.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1889 in Paris Die Ausstellung: Arbeit und Exotik

Jahr:

1889

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 6. Mai - 31. Oktober 1889

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Copyright: Revue de l'Exposition universelle de 1889, S. 377

Bilanz Natürlich waren in alter Weltausstellungs-Tradition am 6. Mai 1889, als die Exposition universelle durch den französischen Präsidenten Sidi Carnot eröffnet wurde, weder alle Gebäude fertiggestellt, noch alle Exponate an ihrem Platz. Dementsprechend zäh besucht war das Ausstellungsgelände in den ersten Tagen. Waren im Mai oft nicht mehr als 36.000 Besucher auf dem Marsfeld, so verzehnfachten sich die Zahlen bis zum Oktober. Die illustrierte Presse trug mit opulenter Bildberichterstattung sehr zur wachsenden Popularität der Ausstellung bei. Besonders viele Erfindungen oder Neuentdeckungen bekamen die Besucher allerdings nicht zu sehen. Einzig Thomas Edison präsentierte eine herausragende Neuheit, den Phonographen. Die Möglichkeit, Töne aufzuzeichnen, hatte Edison bereits 1877 erprobt. Da er aber daraus nicht wie gewünscht ein Diktiergerät entwickeln konnte, ließ er die Erfindung wieder liegen, um erst für die Pariser Weltausstellung darauf zurückzugreifen, als er nach publikumswirksamen Ausstellungsstücken suchte. Der Stand mit den Hörgeräten war immer dicht umlagert, besonders gerne ließen sich die faszinierten Besucher Aufnahmen ihrer eigenen Stimmen mitgeben. In der Kunstausstellung wurde neben den mit naturalistischen Genrebildern vollgestopften Gemäldeschauen auch die nutzbringende Anwendung neuerer Technologien vorgeführt. Der Brunnen der Stadt Paris etwa, der das Wappen der Stadt - ein Schiff, das mit zahlreichen Allegorien besetzt war ins Dreidimensionale übersetzte, wurde mit elektrischen Bogenlampen illuminiert. Besonders raffiniert war die Wirkung der unterirdisch angebrachten Lampen, deren Lichtstrahlen durch bunte Glasplatten auf Spiegel fiel und in die Delphinskulpturen entströmenden Wasserstrahlen gelenkt wurden. Jeden Abend um 9 Uhr wurden alle Brunnen der Ausstellung wie bunte Juwelen beleuchtet, dann folgte ein spektakuläres Feuerwerk, das auch den Eiffelturm mit seinen Scheinwerfern an der Spitze scheinbar zur Explosion brachte. Als ein Vorläufer der bei späteren Weltausstellungen obligatorischen Themenschauen kann die Ausstellung zur Geschichte der Arbeit gelten. In Dioramen und kleinen Modelllandschaften wurden die Tätigkeiten der ersten Menschen, die Entwicklung der Berufe von den Hochkulturen der Antike bis in die Gegenwart gezeigt. Arbeit als ein entscheidender, die Lebensverhältnisse verändernder Faktor wurde hier anschaulich gemacht und begrifflich definiert. Der optimistische Fortschrittsglaube der Zeit fand hier seine Rechtfertigung. Das Ziel der für damalige Verhältnisse recht nüchtern präsentierten Schau war die Erziehung zum sozialen Frieden zwischen den Klassen. Sehr viel populärer war die Ausstellung der französischen Kolonien und der asiatischen Nationen. In einem bunten Gemisch von Wohnbauten, Tempeln und Pavillons sollte ihre Lebenskultur vorgeführt werden. Der Reiz des Exotischen war groß. Die 'Straße von Kairo' zog neben dem Eiffelturm am meisten Neugierige an. Hier gab es erstmals in Paris einen echten Bauchtanz zu sehen, der so skandalös war, dass


die Behörden die Schließung des Etablissements in Erwägung zogen, was wiederum für noch mehr Zulauf sorgte. Ebenfalls sehr beliebt waren die javanischen Tänze im holländischen Pavillon. Bislang waren alle chinesischen und orientalischen Moden nur durch Literaten und Künstler vermittelt nach Europa gekommen. Auf der Exposition universelle wurden aber die fremden Völker leibhaftig als Exponate inszeniert vor. Erst langsam sollten sich die Europäer an den Gedanken gewöhnen, dass es noch andere lebendige Hochkulturen geben könne. Die Werte fremder Zivilisationen drangen von nun an in das selbstherrliche europäische Denken ein.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1893 in Chicago Weiße Ausstellungspaläste und ein Riesenrad

Jahr:

1893

1

Stadt: Chicago Land:

USA

Dauer: 1. Mai - 30. Oktober 1893

Copyright:

Einleitung In einer weißen Stadt aus Stahl und Gips feierte Chicago das 400jährige Jubiläum der Entdeckung Amerikas. Die riesigen, außen reich mit Skulpturen dekorierten Hallen wurden von 70.000 Ausstellern bespielt. Hier zeigte Thomas Edison seinen neuesten Phonographen und das Kinematoscop. Neben den amerikanischen Staaten und den ausländischen Nationen konnten sich viele Interessengruppen in der Lagunenparklandschaft am Michigan See eigene Pavillons bauen; erstmals gab es ein Ausstellungsgebäude von und für Frauen. Eine amerikanische Erfindung war die 'Midway Plaisance', ein Vergnügungspark, der von der Fahrt im größten Riesenrad der Welt bis zur Stripteaseshow für jeden Geschmack etwas bot und Vorbild für Rummelplätze von Coney Island bis Disney World wurde.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1893 in Chicago

Jahr:

1893

1

Stadt: Chicago Land:

USA

Dauer: 1. Mai - 30. Oktober 1893

Copyright:

Daten Offizieller Titel World's Columbian Exposition Anlass 400-Jahr-Feier der Entdeckung Amerikas durch Christoph Columbus 1492 Dauer: 1. Mai - 30. Oktober 1893, Eröffnung am 1. Mai 1893 durch Präsident Grover Cleveland Ort: Jackson Park am Ufer des Michigansees Planungs-/Baubeginn: 1882/September 1891 Wahrzeichen: "White City" , Ausstellungspaläste, Ferris Wheel - Riesenrad im Vergnügungsviertel Midway Plaisance Organisation: Nationale Kommission mit 108 Mitgliedern (Präsident: Thomas W. Palmer), verantwortlich für Grundsatzentscheidungen und Aufsicht über das Organisationskomitee, die World's Columbian Exposition Corporation: Verantwortliche des Organisationskomitees: Präsident Harlow Higinbotham, Generaldirektor der Ausstellung Colonel George R. Davis Chefarchitekten: Daniel H. Burnham, John W. Root, Charles B. Atwood Geländegestaltung: Frederick L. Olmstedt Fläche: Insgesamt 278 Hektar, davon 40 Hektar für die über 200 Ausstellungsgebäude Aussteller: 70.000, davon 25.000 aus Amerika, 4.000 aus Deutschland, 2.700 aus Frankreich, 2.200 aus Großbritannien, 1.100 aus Russland Klassifikation: 12 Sektionen, 172 Gruppen, 917 Klassen Ausländische Teilnehmerstaaten: 45 Besucher: 27.529.400, davon 4.348.760 nicht zahlende Gäste Eintrittspreise: Erwachsene: 0,50 Dollar; Kinder von 6-12 Jahren: 0,25 Dollar Ausgaben: 28.151.168 Dollar


Einnahmen: 28.448.524 US-Dollar (aus Eintrittskarten, Konzessionen, Subventionen und Subskriptionen) Kongresse: 55 Kongresse, gewidmet Themen wie "Fortschritt in Wissenschaften und Gesellschaft", "Entwicklung der Welt in intellektueller, moralischer und materieller Hinsicht" Jurymitglieder: 852 Mitglieder, aufgeteilt in 13 Komitees, entsprechend den 13 Abteilungen der Ausstellung Teilnehmer am Wettbewerb: 65.422 Aussteller Auszeichnungen: 23.757 Bronzemedaillen mit Diplom, in dem die Qualitäten des Produkts detailliert beschrieben wurden, verliehen an 21.000 Aussteller

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1893 in Chicago Eröffnung mit einem Jahr Verspätung

Jahr:

1893

1

Stadt: Chicago Land:

USA

Dauer: 1. Mai - 30. Oktober 1893

Copyright: Hillger 1893

Vorgeschichte Bereits 1882 wurde in der amerikanischen Presse die Idee lanciert, zur Erinnerung an das vierhundertjährige Jubiläum der Entdeckung des Kontinents 1892 eine Weltausstellung auszurichten. Durch den Erfolg der Centennial Exposition in Philadelphia 1876 ermutigt, stieß dieser Vorschlag in mehreren Städten wie New York, Cincinnati, St. Louis, Chicago, Philadelphia und Washington auf begeisterte Zustimmung. Sogleich wurden lokale Komitees eingerichtet, die dafür sorgen sollten, die eigene Stadt zum Ort des Ereignisses zu machen. Dieser mit Hilfe von Deputationen und Pressekampagnen erbittert geführte Wettkampf konzentrierte sich letztendlich auf die finanzstarken Metropolen New York und Chicago, die zudem über eine ausreichende Infrastruktur verfügten. Um mit der erfolgreichen Weltausstellung in Paris 1889 konkurrieren zu können, sollte das Projekt alle bisherigen Dimensionen weit übertreffen. Nachdem sich Ende 1889 im US-amerikanischen Kongress Unterkommissionen gebildet hatten, entschied sich das Repräsentantenhaus bald für Chicago, und am 25.4.1890 beschloss der gesamte Kongress offiziell die Ausrichtung einer 'Internationalen Ausstellung der Künste, der Industrie, des Handels und der Produkte des Bodens, des Bergbaus und der Meere' in Chicago. Drei Tage später billigte der amerikanische Präsident Benjamin Harrison den Gesetzesentwurf. Mit Gründung der Finanzierungsgesellschaft für die World's Columbian Exposition begannen die konkreten Vorbereitungen. Am 6.8.1890 billigte der Kongress die Kredite und eine von Präsidenten gegründete, nationale Kommission wurde mit der Organisation der Ausstellung beauftragt. Am 24.12.1890 wurden die ausländischen Nationen offiziell zur Teilnahme eingeladen, im folgenden Jahr unternahmen die Initiatoren der Ausstellung Reisen nach Europa und Asien, um die Länder nachdrücklich zur Teilnahme zu animieren. Nachdem im September 1891 die Bauarbeiten begonnen hatten, wurde am 21.10.1892 in einer feierlichen Zeremonie die Ausstellung durch den Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten in Erinnerung an Christoph Columbus geweiht. Die offizielle Eröffnung musste allerdings auf 1893 verschoben werden, zu kurz war die Vorbereitungszeit für eine termingerechte Fertigstellung der Ausstellungsgebäude gewesen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1893 in Chicago Eine elektrische Eröffnung

Jahr:

1893

1

Stadt: Chicago Land:

USA

Dauer: 1. Mai - 30. Oktober 1893

Copyright:

Der erste Tag Am 1. Mai 1893 bewegten sich die Ehrengäste und Verantwortlichen der Ausstellung in einem festlichen Zug mit 22 Wagen über die Midway Plaisance bis in den Ehrenhof, um die bis dahin größte Weltausstellung zu eröffnen. Als sich alle Beteiligten um fünf Minuten nach elf Uhr auf den Terrassen vor dem Verwaltungsgebäude versammelt hatten, gab der Generaldirektor das Zeichen für den Beginn des Festprogramms: Zur Einstimmung spielte ein Orchester den Columbusmarsch von Peine und die amerikanische Hymne. Es folgte ein ungewöhnlich langes Gebet, woraufhin die Schauspielerin Jessie Couthoui in spanischer Tracht das Gedicht 'Prophezeiung' von W.D. Croffut vortrug, der die Entdeckung Amerikas aus der Sicht von Columbus in Reime gekleidet hatte. Zeitzeugen bekamen davon aber nur einen optischen Eindruck mit: "Sie hatte mit lebhaften Bewegungen des Kopfes und offenbaren starken Pathos geredet - verstanden hatte man sie nur auf die Entfernung einiger Schritte." Nach weiteren Musikeinlagen folgte die den klassischen Mustern aller Eröffnungsreden von Weltausstellungen folgende Ansprache des Generaldirektors George R. Davis: "Es ist unsere Hoffnung, dass diese große Ausstellung der Anfang einer neuen Ära eines stabilen, materiellen Fortschritts sein werde, und dass durch die Zusammenkunft der Nationen hier wärmere und stärkere Freundschaft hergestellt und der Weltfriede dauernd gesichert werden möge." Grover Cleveland, der Präsident der Vereinigten Staaten, hob in seiner Eröffnungsrede besonders die Leistung des amerikanischen Volkes hervor: "Ich bin hier, um in die Glückwünsche einzustimmen, welche diesem Tage angemessen sind. Umgeben von den staunenswerten Ergebnissen amerikanischen Unternehmungsgeistes und amerikanischer Tatkraft und im Angesichte des herrlichen Zeugnisses amerikanischer Geschicklichkeit und Intelligenz, brauchen wir nicht zu fürchten, dass unsere Glückwünsche übertrieben sein werden. In der Gegenwart der ältesten Nationen der Erde weisen wir auf unsere hier ausgestellten Errungenschaften hin und haben nicht nötig, wegen unserer Jugend um Nachsicht zu bitten. Die Begeisterung für unsere eigenen Arbeiten erwärmt das Willkommen, welches wir denjenigen entgegenbringen, die aus fernen Landen zu uns kamen, um gemeinsam mit uns das Wachstum und die Bestrebungen auf dem Gebiet der Zivilisation vor Augen zu führen." Im Anschluss an seine Rede berührte der Präsident inmitten von Tausenden von Besuchern und Ehrengästen mit seiner rechten Hand einen elektrischen Knopf auf einem mit der amerikanischen Fahne geschmückten Tisch, wodurch sich die Ausstellungsmaschinerie in Bewegung setzte. Fontänen schossen in die Luft, Wasserfälle stürzten sich in Kaskaden herab, Fahnen wurden gehisst und Glocken läuteten. Schließlich fiel die Verhüllung der goldenen Statue der Republik. Mit Salutschüssen und einem minutenlang währenden Hurra der Menge wurde die Zeremonie beendet.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1893 in Chicago Der große Vergnügungspark - Die Midway Plaisance

Jahr:

1893

1

Stadt: Chicago Land:

USA

Dauer: 1. Mai - 30. Oktober 1893

Copyright: Unsere Weltausstellung 1893

Attraktionen Eine echte und folgenreiche Innovation der World's Columbian Exposition war die Errichtung des Vergnügungsparks Midway Plaisance, der das Vorbild für alle dauerhaften Einrichtungen dieser Art, von Coney Island in New York bis zu Disneyland werden sollte. An einer etwa eineinhalb Kilometer langen Straße waren hier populäre Attraktionen, Restaurants und Bierhallen, ethnologische Live-Shows, ein Zirkus und Amüsierbetriebe untergebracht worden. An Zerstreuungen und Amüsements gab es wahrlich keinen Mangel. In einem deutschen Dorf und in den Pappkulissen von Alt-Wien konnte man Essen und Trinken; ein türkischer Basar und eine nachgebaute Straße aus Kairo sorgten ebenso für exotischen Kitzel wie die 'Eingeborenen-Dörfer' aus der Südsee und aus Afrika. Wo konnte man sonst im Abstand von wenigen Metern einen Kamelritt wagen und Bauchtänzerinnen sehen, irisches Bier trinken, einem Schönheits- und Kostümwettbewerb zusehen, die Dressuren wilder Tiere bewundern und auf einer künstlichen Eisfläche Schlittschuh laufen. Zeitgenossen beschrieben das elektrisch beleuchtete Alpenpanorama als künstlerischen Höhepunkt, das die Besucher mit Kuhglocken, Gebirgshörnern und Jodlern am Eingang anlockte und im Inneren mit elektrischen Windmaschinen in Sturmhöhen versetzte. Alles was der Ernsthaftigkeit und dem strahlenden Glanz des eigentlichen Ausstellungsgeländes hätte abträglich sein können, wurde hierhin abgeschoben. Hier demonstrierte die weiße Rasse den Reichtum ihrer kolonialen Eroberungen, zeigte die Menschen aus Asien und Afrika wie auch die Indianer Amerikas als kuriose Exponate vor und unterwarf sie sich - auf symbolischer Ebene - ein weiteres Mal. Am Ende der Vergnügungsmeile überragte Ferris Wheel, ein 80 Meter hohes Riesenrad als ein Wahrzeichen der Ausstellung das Gelände. Mit seinen 36 pferdewagengroßen Gondeln beförderte es in sechs Monaten 1 600 000 Personen zum Preis von 50 Cents in luftige Höhen, von wo sich ein prächtiger Rundumblick auf das Ausstellungsgelände und die Stadt Chicago bot. Das Riesenrad war so erfolgreich, dass es für die Weltausstellung in St. Louis 1904 wieder aufgebaut wurde.

"Die Plaisance war ein Potpourri, ein eitler Jahrmarkt; es war dem Katalog zufolge ein 'ethnologisches Exponat', das durchgedreht war; es war ein geografischer Alptraum; aber vor allem war es ein Spielplatz, ein Tummelplatz der Nationalitäten, ein gewaltiger Wirbel des Vergnügens. (...) Diese Straße war wie ein Kessel, in den ein Riese Zutaten aller Art zusammengerührt und mit dem 'Salz der Erde' und mit einigen pfeffrigen Wildheiten gewürzt hatte. Und so war es eine brodelnde, siedende, dampfende Masse, die immer schneller umgerührt wurde, kochend, überlaufend, zischend, immer lauter, schneller, heißer, bis es in der letzten Nacht mit einem schrecklichen, qualmenden Knall explodierte und zu Dampf zerstob, den man vergeblich zu fassen suchte. Man erinnert sich nur an eine verworrene Masse von Sensationen; einen Reigen von amüsanten und interessanten Ereignissen, schneller, als dass man sie erhaschen konnte; eine Folge von Szenen, die einen zum Lachen brachten, wegen der komischen Hoffnungslosigkeit des


Versuchs, sie zu verstehen; eine Verwirrung des Lärms - nein, ein Tumult, ein Gebrüll - und ein Kaleidoskop der Farben und Bewegungen, das jemanden völlig verwirrt hätte, wenn es nicht in unheimlich kurzer Zeit dessen Blut in Übereinstimmung mit seinem eigenen verrückten Puls gebracht hätte." Aus: Charles Mulford Robinson, The Fair as Spectacle. In: Johnson 1897, Bd. 1, S. 512.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1893 in Chicago Die "Weiße Stadt"

Jahr:

1893

Stadt: Chicago Land:

USA

Dauer: 1. Mai - 30. Oktober 1893

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Copyright: Unsere Weltausstellung 1893

Architektur Die Firma Burnham & Root wurde beauftragt, die Architekten für die großen Ausstellungspaläste und die repräsentativen Gebäude der World's Columbian Exposition auszuwählen. Fünf führende Büros von der Ostküste erhielten den Zuschlag für die Bauten am Ehrenhof, fünf Firmen aus Chicago Aufträge für die übrigen Bauwerke. Burnham & Root behielten die Oberaufsicht und sorgten dafür, dass vor allem am Ehrenhof ein einheitliches Design durchgehalten wurde: Sie legten die Höhe, Breite, Fassadengliederung und die farbige Gestaltung der Ausstellungspaläste fest. (Ursprünglich sollte eine aufwendige, vielfarbige Bemalung jedes Gebäude unverwechselbar machen.) Nach dem plötzlichen Tod Roots im Januar 1891 bestellte Burnham den New Yorker Architekten Charles Bowler Atwood zum Chef-Entwerfer. Nun der neoklassische 'Beaux-Arts-Stil' mit monumentalen Portalen, Stuckaturen und üppigen Skulpturenschmuck für verbindlich erklärt und entschieden, die Fassaden der Ausstellungspaläste einheitlich weiß zu streichen. Zwar waren alle Gebäude am Ehrenhof durch Farbe akzentziert, doch dominierte die weiße Farbe den Gesamteindruck so sehr, dass das Gelände im Volksmund bald 'White City', die 'Weiße Stadt', genannt wurde. Per Dekret wurde die Verwendung von Kohleöfen verboten, damit dieser Eindruck für die Dauer der Ausstellung erhalten blieb. Die Fassaden bestanden aus 'Staff', einem leidlich haltbaren, aber auch leicht entzündlichen Materialmix aus Gips, Zement und Jutefasern. Die Bauten dahinter waren schnell montierbare, schmucklose und technisch anspruchlose Stahl- oder Holzgerüstkonstruktionen. Dies Bauschema hatte sich bereits bei der Pariser Weltausstellung 1889 bewährt, war jedoch wenig fortschrittlich: Von der modernen Hochhausarchitektur Chicagos mit ihren klaren Stahlskelettkonstruktionen wurde für die Gestaltung der Ausstellungsgebäude nichts übernommen. Die nie zuvor in solchem Ausmaß eingesetzte elektrische Beleuchtung des Ausstellungsgeländes sorgte nachts für imposante Effekte. Die Ausstellungspaläste waren größer als bei allen vorherigen Weltausstellungen. Besonders George B. Posts Halle für die Industrieprodukte beeindruckte durch ihre gigantischen Ausmaße. Zeitgenossen errechneten, dass in dem 500 Meter langen und 240 Meter breitenBau 1.000 Villen für 5.000 Menschen hätten errichtet werden können, "ohne im Platz beengt zu sein". Ein großer Fahrstuhl der Firma Otis brachte die Besucher auf das Dach der Halle, von wo sich das ganze Ausstellungsgelände überschauen ließ. Der Aufbau des großen, 112 Meter überspannenden Mittelschiffs war deutlich von der Pariser Maschinenhalle von 1889 inspiriert. Aber die großen Spannweiten wurden nicht adäquat genutzt. In alle Hallen bauten die Aussteller viele kleine Pavillons, Pagoden und Kioske zur Präsentation der Exponate, die die Dimensionen wieder auf ein menschliches Maß brachten. Charles Atwood entwarf das Gebäude für die Kunstausstellung in hellenistisch inspiriertem Klassizismus, einen Massivbau , der die Ausstellung überdauerte und bei der Weltausstellung 1933 wieder genutzt wurde, sowie den großen Säulengang, der den Ehrenhof mit seinen breiten Kanälen, Fontänen und


Denkmälern zum bläulich dahinter schimmernden Michigansee abschloss. Die großen Ausstellungshallen für Industrie, Elektrizität, Maschinenbau und Landwirtschaft und das am Ende des breiten Kanals platzierte Verwaltungs- und Empfangsgebäude waren mit Fassaden im korinthischen Stil, nach Art der Renaissance oder mit römischen Triumphbögen geschmückt, die alle durch ein ausgeklügeltes ikonografisches Programm mit Skulpturen und Inschriften verziert waren. Die Landwirtschaftshalle der New Yorker Firma McKim, Mead and White etwa war mit Statuen der Göttinnen Ceres und Diana, mit Erdkugeln tragenden Figuren, die die Rassen der Menschheit darstellen sollten, und mit Wandmalereien im pompejanischen Stil von in den USA bekannten Künstlern wie George W. Maynard, Augustus SaintGaudens und Philip Martiny ausgestattet.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1893 in Chicago Vom Sumpf zum Landschaftspark

Jahr:

1893

Stadt: Chicago Land:

USA

Dauer: 1. Mai - 30. Oktober 1893

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Copyright: Jaff� 1895

Gel�nde Erst 1890 hatte sich die Stadt Chicago für den Jackson Park als Ort der Ausstellung entschieden, eine 2,9 km² große Fläche am Ufer des Michigansees. Man folgte hier der Empfehlung des berühmten Landschaftsarchitekten Frederick Law Olmstedt, der seit 1871 mit der Erschließung dieses sumpfigen und sandigen Geländes zwischen der Stadt und dem Michigansee beschäftigt war und nun mit der Ausarbeitung des landschaftsbildnerischen Konzeptes der Ausstellung betraut wurde. Anders als bei den europäischen Weltausstellungen des 19. Jahrhunderts, die immer in das Stadtzentrum integriert wurden, errichtete man in Chicago die Ausstellung elf Kilometer südöstlich vom Stadtkern entfernt in einem bislang unbebauten Gebiet, in dem man sich ungehindert ausbreiten konnte. Entsprechend den natürlichen Gegebenheiten wurde Wasser zum wesentlichen Gestaltungselement des Parks. Kanäle und Lagunen, die mit dem See verbunden waren, zogen sich wie Adern durch das gesamte Areal und sorgten für eine effektvolle Anordnung der Gebäude. In Zusammenarbeit mit dem Chicagoer Architekturbüro Burnham & Root entwickelte Olmstedt den Plan, die Ausstellung in vier Zonen einzuteilen. Angesichts der Masse der erwarteten Exponate wurde auf die Errichtung eines einzigen, riesigen Palastes verzichtet. Entsprechend der von einer Kommission entwickelten Klassifikation, bekam jede Warengruppe ihr eigenes Gebäude. Das Zentrum des Geländes bildete ein riesiges Wasserbassin zwischen dem eigens errichteten Ausstellungsbahnhof, dem Ehrenhof und den Kolonnaden mit zwei Seitengebäuden, die das Becken zum See hin abschlossen. Ein weiterer breiter Kanal verlängerte es vor dem Ehrenhof nach Norden und Süden. Um das Becken gruppierten sich in symmetrischer Anordnung die wichtigsten Ausstellungspaläste, die vom Wasser mit importierten venezianischen Gondeln und kleinen Booten erreicht werden konnten. Um das Hauptwasserbecken auch zum symbolischen Zentrum der Ausstellung zu machen, wurden hier eine 22 Meter hohe, vergoldete Kolossalgipsstatue der Republik des Bildhauers Daniel Chester French und eine elektrisch betriebene Fontänenanlage von Frederick William MacMonnies, die das Staatsschiff Amerikas mit der Figur der Freiheit begleitet von Genien und Allegorien darstellte, errichtet. Nördlich der Ehrenhofanlage hatte Olmstedt eine große Lagune anlegen lassen, in deren Mitte eine bewaldete Insel die Produkte des Gartenbaus in quasi natürlicher Umgebung präsentierte. Um die Lagune gruppierten sich kleinere Ausstellungshallen, weiter im Norden waren die Pavillons der ausländischen Nationen und der amerikanischen Regierung platziert. Am nächsten Wasserbecken lag der Ausstellungspalast für die schönen Künste, um ihn herum die Gebäude der amerikanischen Staaten. Im oberen Drittel des Jackson Parks erhielt das Ausstellungsgelände einen langgestreckten, schmalen Ableger nach Westen, den Vergnügungspark Midway Plaisance. Die klare, übersichtliche Gliederung des Ausstellungsgeländes fand allseits Anerkennung. Vor allem die Durchgestaltung des Parks mit langen Sichtachsen, die jeweils von einem Kuppelbau, einer Kolonnade oder einem Obelisken als Sichtpunkt abgeschlossen wurden, erleichterten den Besuchern die Orientierung. Eine das ganze Gelände umfahrende elektrische Hochbahn und mehrere rollende


Gehsteige erschlossen das weitläufige Gelände.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1893 in Chicago

Jahr:

1893

1

Stadt: Chicago Land:

USA

Dauer: 1. Mai - 30. Oktober 1893

Copyright:

Kommentare Ein gemischtes Urteil über die Architektur: "Worin lag also der zwingende und packende Eindruck jener hoheitsvollen Bauschöpfungen, welche Millionen von Ausstellungsbesuchern zu staunender Bewunderung hinrissen und welche in ihrer Gesammterscheinung bei hellem und warmem, lichtdurchfluthetem Tage in derselben idealen Schönheit erglänzten wie bei sinkender Nacht, wenn die Hunderttausende von glimmenden, funkelnden und strahlenden Lichtern dieses Forum der Schönheit in ein ideales Reich erhoben, es mit träumerischem Licht übergossen, und wenn diese Formen durch Illuminationsbeleuchtung zu glanzvollster Höhe emporstiegen? Das Urtheil der gesammten Welt hat über diese Leistungen entschieden, und es hat nicht an Nörglern gefehlt, die aus allen möglichen Gründen nach Verdammungsurteilen gesucht haben und sie gefunden zu haben wähnten. Derselbe Vorgang wiederholte sich, wie bei allen besonders eigenartig hervortretenden Kunstschöpfungen. Amerikanischerseits erklärte man im Gegensatz zu der überschwänglichen Bewunderung, welche die Ausstellung theilweise fand, die gesammten Bauten als 'constructed decoration' und nicht 'decorated construction' und wollte damit auf das zu grosse Überwiegen des dekorativen Elements in den Bauten und auf die schwache Seite der Konstruktion in denselben hindeuten; gewiss ein Vorwurf, der bei Gebäuden, welche für längere Zeitdauer bestimmt gewesen wären, seine Berechtigung gehabt hätte, nicht aber bei solchen, welche, wie die Ausstellungsgebäude, nur einen Sommer über ihren Zweck erfüllen sollten. Von Anderen wurde wieder angeführt, dass die Gebäude in ihrer unwahren Erscheinung, welche grosse Paläste in Marmor durch Surrogatmaterialien, Holz und Gipsverkleidung darstelle, ein Scheinbild ergäben, welches gewissermassen für Amerika überhaupt, das Land des Scheinwesens, typisch sei." Aus: Franz Jaffé: Die Architektur der Columbischen Welt-Ausstellung zu Chicago 1893. Berlin 1895. S. VIII.

Der letzte Abend der Ausstellung "In meiner Erinnerung tritt ein Bild klarer hervor als die anderen: In der Sonntagnacht vor der Schließung der Ausstellung trat ich aus dem südlichen Ausgang des Industriegebäudes. Es war nach Sonnenuntergang, nach der Dämmerung - jener Moment, der weder Tag noch Nacht ist; wenn das warme Licht der untergegangenen Sonne verschwunden ist, und wenn sein Widerschein von der kommenden Dunkelheit verschluckt wird und ein kaltes, klares grünliches Schimmern hinterläßt. In dieser Szenerie stand gerade über der Kuppel des Verwaltungsgebäudes ein einziger Stern. Sein gelbes Licht vermischte sich mit dem blauen der Bogenlampen und berührte mit einem Funkeln die goldene


Statue, die weißen Paläste, die breiten Treppen, die zum großen Bassin führten, das Staatsschiff, den Peristyl und die Kolonnaden, aber in diesem Moment war die Flut der Menschen nicht da. Diese Ruhe kündete pathetisch von der langen Stille, die sich bald über die Traumstadt senken sollte. Das einzige Geräusch kam vom Plätschern der Wellen in der Lagune. Dann erklang ein Glockenspiel, und eine Glocke schlug die Stunde. Eine Minute später war der Bann gebrochen, aber das Bild blieb unzerstörbar. Es kann niemals vergessen werden." Aus: White City Chips. Chicago, 11/1895, S. 5. Zit. nach: Bertuca 1993, S. 371.

Ein Kommentar zur Midway Plaisance befindet sich unter dem Punkt "Attraktionen"

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1893 in Chicago Kinematoscop und Kanone - Exponate und Innovationen

Jahr:

1893

1

Stadt: Chicago Land:

USA

Dauer: 1. Mai - 30. Oktober 1893

Copyright:

Exponate Sicherlich war die Vielzahl der Weltausstellungen gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch ein Grund, warum in Chicago keine herausragenden technologischen Innovationen präsentiert werden konnten. Einige Exponate sind aber immer noch durchaus eine Erwähnung wert. Der Erfinder Thomas Edison stellte seinen neuesten Phonographen vor, mit dem man bereits ganze Opern abspielen konnte. Außerdem zeigte er mit dem Kinematoscopen ein Gerät, dass - technisch allerdings erheblich modifiziert - im kommenden Jahrhundert die visuelle Kultur bestimmen sollte. Die Firma Bell bot in Chicago erstmals Langstreckentelefonate nach Boston und New York an. Vor allem der massenhafte Gebrauch elektrischer Energie prägte die Ausstellung. Nicht mehr Dampfmaschinen sondern Dynamos trieben die Hochbahn und die vielen Maschinen in den Ausstellungshallen an, und beleuchtet wurden sie mit elektrischen Lampen. Wie bei allen Weltausstellungen wussten die Firmen aber vor allem mit der Präsentation von immer größeren und besseren Geräten oder auch einfach durch schiere Masse zu beeindrucken. Die Firma Krupp etwa stellte in einem eigenen Pavillon ihre neueste und längste Kanone aus, der Staat Kalifornien zeigte einen ganz aus Walnüssen zusammengesetzten Elefanten und ein Reiterstandbild aus Pflaumen, aus Brasilien kam ein Obelisk aus purem Gold. In der schieren Menge der Bilder und Skulpturen erstickte auch die Kunstausstellung, die ein getreues Bild des Durchschnittsgeschmacks am Ende des Jahrhunderts bot. Zur Erinnerung an den Entdecker Amerikas zeigte man nicht nur dessen Karavellen Santa Maria, Niña und Pinta im Nachbau, sondern errichtete auch eine Replik des Klosters Santa Maria de las Cuevas (La Rabida), in dem Christoph Columbus 1486 Schutz gefunden und seine Expedition über den Atlantik vorbereitet hatte. Mit Dokumenten und Memorabilia zweifelhafter Authentizität wurde dem Entdeckergeist des kühnen Seefahrers gehuldigt. Das Columbus-Kloster spielte übrigens auch bei der Weltausstellung in Sevilla 1992 eine wichtige Rolle.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1893 in Chicago Der Architekt der Ausstellung: Daniel Hudson Burnham

Jahr:

1893

1

Stadt: Chicago Land:

USA

Dauer: 1. Mai - 30. Oktober 1893

Copyright: Unsere Weltausstellung 1893

Biographie 1846 wurde Daniel H. Burnham in Henderson geboren. Burnham, dessen Schullaufbahn noch von Misserfolgen gezeichnet und dessen Studienpläne vereitelt wurden, da er bereits bei den Aufnahmeprüfungen in Yale und Harvard durchfiel, versuchte sich zunächst als Einzelhandelskaufmann in Chicago. Der Wunsch Architekt zu werden, bewog ihn bald, bei William Le Baron Jenney zu arbeiten, dessen Büro damals quasi als Lehrwerkstatt für Architekten in Chicago galt. Nach kurzer Zeit brach er die Lehre allerdings ab, um an einer Goldgräber-Expedition in den Wilden Westen teilzunehmen, die jedoch ohne jeden Erfolg blieb. Wieder nach Chicago zurückgekehrt, eröffnete er zusammen mit einem Partner ein eigenes Architekturbüro, das nach dem Brand in Chicago 1871, der beinahe die ganze Stadt zerstörte, wieder aufgegeben werden musste. Erst nach 1873 änderte sich Burnhams bewegtes und von Misserfolgen gezeichnetes Leben, nachdem er mit dem Architekten und Ingenieur John Wellborn Root eine Partnerschaft eingegangen war. Burnhams Geschick für Organisation und Verkauf wirkte mit dem künstlerischen und technischen Talent von Root äußerst fruchtbar zusammen und machte das Büro Burnham & Root zu einem der erfolgreichsten Architektenfirmen in Chicago, in dem wichtige Vorläufer für die Hochhäuser des 20. Jahrhunderts entwickelt wurden. Besonders berühmt wurde das Rookery-Building, für dessen Konstruktion Root die Stahlskelettbauweise weiterentwickelte. Die elf Geschosse wurden auf quadratischem Grundriss um einen Lichthof errichtet, der auf Höhe des zweiten Geschosses mit einer Eisen-Glas-Gewölbekonstruktion überdacht wurde. Diese neue Grundrissorganisation, die eine großzügige, natürlich beleuchtete Eingangshalle erlaubte, war attraktiv für repräsentative Geschäftshäuser und sorgte zudem für gute Beleuchtung auch der oberen Stockwerke. Der Erfolg der Hochhausentwürfe führte dazu, dass Burnham & Root mit der Planung der Weltausstellung 1893 beauftragt wurden. Für den 1891 verstorbenen Root trat Dwight Perkins in die Firma ein. Doch statt die technisch und ästhetisch innovativen Ansätze von Root bei der Ausstellungsplanung fortzuführen, bediente dieser wie der Chef-Entwerfer der Ausstellung, Charles B. Atwood, den traditionellen Publikumsgeschmack mit aus Frankreich importiertem klassizistischen Formenrepertoire, wofür er später vor allem von Frank Lloyd Wright und Louis Sullivan hart kritisiert wurde. Für spätere mit Perkins und Graham errichtete Bauten wie das Reliance- und das Fisher-Building sowie die Railway-Exchange griff Burnham auch wieder stärker auf Grundsätze der Chicago-School zurück, indem die Konstruktion der Gebäude sich auch in der Fassadengestaltung spiegelte. In den letzten beiden Jahrzehnten wandte sich Burnham städtebaulichen Planungen zu und entwarf einflussreiche Masterpläne für Washington und Philadelphia. Sein 1909, drei Jahre vor seinem Tod, entwickelter Gesamtplan für Chicago sollte auf Jahrzehnte für die Stadt verbindlich bleiben.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1893 in Chicago

Jahr:

1893

1

Stadt: Chicago Land:

USA

Dauer: 1. Mai - 30. Oktober 1893

Copyright:

Bibliographie Stanley Appelbaum: The Chicago World's Fair of 1893. A Photographic Record. New York 1980. Reid Badger: The Great American Fair. The World's Columbian Exposition and American Culture. Chicago 1979. David J. Bertuca, Donald K. Hartmann und Susan M. Neumeister: The World's Columbian Exposition. A Centennial Bibliographic Guide. Westport, London 1996. Julie K. Brown: Contesting Images. Photography and the World's Colunbian Exposition. Tucson, London 1994. Carolyn Kinder Carr und George Gorney (Hg.): Revisiting the White City. American Art at the 1893 World's Fair. Ausst.-Kat. National Museum of American Art und National Portrait Gallery of the Smithsonian Institution. Washington 1993. The Columbian Exposition Album. Containing Views of the Grounds, Main and State Buildings, Statuary, Architectural Details, Interiors, Midway Plaisance, Scenes, and other Interesting Objects which had place at the World´s Columbian Exposition. Chicago 1893. Columbische Weltausstellung in Chicago. Amtlicher Katalog der Ausstellung des Deutschen Reiches. Berlin 1893. John E. Findling: Chicago's Great World's Fairs. Manchester, New York 1994. Wend Fischer: 100 Jahre Architektur in Chicago. Kontinuität von Struktur und Form. Ausst.-Kat. Die Neue Sammlung. Staatliches Museum für angewandte Kunst. München 1973. Friedrich Haenle: Die Weltausstellung in Chicago und ihre Bedeutung für das heimische Kunstgewerbe. München 1892. Neil Harris u.a.: Grand Illusions. Chicago's World's Fair of 1893. Chicago 1993. Hermann Hillger: Die Columbische Weltausstellung Chicago 1893. Geschichte und Beschreibung. 10 Nummern. Chicago 1893. Franz Jaffé: Die Architektur der Columbischen Weltausstellung zu Chicago. Berlin 1895.


Rossiter Johnson (Hg.): A History of the World's Columbian Exposition. 4 Bde. New York 1897. M Ernest Lourdelet: Exposition de Chicago. Rapport. Paris 1893. Robert Muccigrosso: Celebrating the New World. Chicago's Columbian Exposition of 1893. Chicago 1993. A. Riedler: Ein RĂźckblick auf die Weltausstellung in Chicago. Berlin 1894. Unsere Weltausstellung. Eine Beschreibung der Columbischen Weltausstellung in Chicago 1893. Chicago 1894.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1893 in Chicago Besucherrekorde und Katastrophen

Jahr:

1893

Stadt: Chicago Land:

USA

Dauer: 1. Mai - 30. Oktober 1893

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Copyright: Unsere Weltausstellung 1893

Bilanz Die optimistische Eröffnungsfeier konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Ausstellungsgelände noch nicht vollendet war. 32 tödlich verlaufene Unfälle bei den Bauarbeiten, Streiks der Arbeiter und schlechte Witterung im Winter 1892/93 hatten die Bauarbeiten verzögert, so dass die ersten sechs Wochen noch weiter gearbeitet werden musste. Für schlechte Stimmung auf dem Ausstellungsgelände sorgte außerdem anhaltend schlechtes Wetter. Weitaus gravierender waren aber die Folgen des großen Börsenkrachs wenige Tage nach der Eröffnung, der eine der größten Depressionen der amerikanischen Wirtschaft im 19. Jahrhundert auslöste. Unter diesen schlechten Voraussetzungen litt v.a. das umfangreiche Musikprogramm, das mit einem speziell für die Ausstellung engagierten Orchester die Amerikaner mit den besten musikalischen Schöpfungen aller Völker und Zeiten bekannt machen wollte. Zahlreiche Hotels warteten anfangs vergeblich auf die angekündigten Gäste. Zum Deutschen Tag am 15. Juni, einem von den vielen Festtagen, die zu Ehren aller Länder veranstaltet wurden, waren die Arbeiten aber endlich abgeschlossen. Spezialtarife der Eisenbahnen und wärmere Witterung lockten nun immer mehr Besucher in die Ausstellung, so dass die aufwendigen Nachinszenierungen historischer Ereignisse wie die Atlantiküberquerung mit Wikingerschiffen und den Schiffen von Christoph Columbus Anfang Juli bereits vor großem Publikum stattfanden. Kurze Zeit später wurde die Aufbruchstimmung jedoch wieder getrübt, als am 11. Juli der Ausstellungskühlspeicher, der "größte Kühlschrank der Erde", abbrannte und dabei siebzehn Feuerwehrleute ums Leben kamen. Diese Katastrophe hielt die Organisatoren des Chicago-Tages am 9. Oktober jedoch nicht davon ab, eine Brandkatastrophe in Form eines abendlichen Feuerwerks künstlich zu inszenieren. Begleitet von einem Festzug, Festreden und Konzerten sollte dieses Spektakel an den Brand erinnern, der 1871 ganz Chicago verwüstet hatte. 750.000 begeisterte Besucher befanden sich an diesem Tag auf dem Ausstellungsgelände. Neben zahlreichen Kongressen, die den internationalen Austausch intensivierten, sorgten viele Sonderveranstaltungen wie zum Beispiel Wettrennen mit venezianischen Gondeln auf dem großen Bassin oder Schwimmwettkämpfe für weiteren Besucherzustrom. Umstritten blieb lange Zeit die Frage der Jurierung und Preisverleihungen, da sich die Ausstellungsorganisatoren zunächst uneinig darüber waren, ob Einzelrichter oder Jurys eingesetzt werden sollten. Dies führte dazu, dass seitens der Aussteller zahlreiche Bankette für die Preisrichter veranstaltet wurden; später deckte man zahlreiche Bestechungs- und Erpressungsversuche auf. Nur durch die große Zahl der ausgeschütteten Diplome und Auszeichnungen wurde größerer Unfriede verhindert. Die Abschlussfeier am 30. Oktober musste ausfallen, da Carter Harrison, der Bürgermeister von Chicago, zwei Tage zuvor ermordet worden war. Im Juli des folgenden Jahres kam es erneut zu einer Brandkatastrophe, die fast die gesamte Weiße Stadt um den Ehrenhof zerstörte. Fast alle anderen Gebäude wurden abgerissen. Nur der Kunstpalast, der als einziges Ausstellungsgebäude massiv gebaut


wurde, sollte als 'Field Museum' weitergenutzt werden. Benannt nach dem Besitzer eines groĂ&#x;en Kaufhauses in Chicago, waren dort eine ethnologische Sammlung und zahlreiche Objekte und Kunstwerke der Weltausstellung untergebracht worden, wo sie noch heute zu besichtigen sind.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1900 in Paris Rückblick auf das 19. Jahrhundert

Jahr:

1900

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 15. April - 12. November 1900

Copyright: Hans Kraemer: Das 19. Jahrhundert in Wort und Bild. Bd. 4. Berlin, 1900, o.S.

Einleitung Die Bilanz eines Jahrhunderts zog eine der mit 50 Millionen Besuchern erfolgreichsten Weltausstellungen. In Paris wurde im Sommer 1900 auf einem vierteiligen Gelände entlang der Seine eine Retrospektive der Superlative inszeniert. In Kunst, Technik und Wissenschaften entfalteten die routinierten französischen Weltausstellungsmacher ein übergroßes, dem Fortschritt der letzten Jahre gewidmetes Panorama. Die Ausstellung bot von allem so viel, dass ihr der Spitzname "Welttrödelbude" verpasst wurde. Architektonische Wahrzeichen oder Meisterleistungen gab es in Paris nicht zu bewundern. In einem bunten Stilmischmasch durfte alles zitiert und kopiert werden, wurden vor allem Kulissen aus Pappmaschee und Gips für Industrieprodukte und die 43 Teilnehmerländer gebaut.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1900 in Paris

Jahr:

1900

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 15. April - 12. November 1900

Copyright: Kraemer 1900, o.S.

Daten Offizieller Titel Exposition universelle et internationale de Paris, 1900 Thema: Die Bilanz eines Jahrhunderts Generalkommissar: Alfred Picard Ankündigung der Ausstellung: 13. Juli 1892 Planungsbeginn: 9. September 1893 mit Ernennung des Generalkommissars Eröffnung: 14. April 1900 durch Präsident Loubet Dauer: 15. April bis 12. November 190 Ausstellungsfläche: 120 Hektar in Paris und 110 Hektar in Vincennes (Eisenbahn, Gartenbau und Sportwettbewerbe) Ordnung: 18 Gruppen mit 121 Klassen Exponate: 83.047, davon 38.253 aus Frankreich Ausländische Teilnehmerstaaten: 43 Französische Kolonien: 20 Besucher: 50.860.801, 48.368.504 in Paris und 2.492.297 in Vincennes Ausgaben: 119.225.707 Francs Einnahmen: 126.318.168 Francs Gewinn: 7.000.000 Francs Jurymitglieder: 2.335, davon 1.422 aus Frankreich Auszeichnungen: 45.905, davon 3156 Grands Prix. Frankreich und seine Kolonien erhalten 23.619 Auszeichnungen


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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1900 in Paris Eröffnungsrede von Alexandre Millerand, sozialistischer Handelsminister am 14. April 1900

Jahr:

1900

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 15. April - 12. November 1900

Copyright: Hans Kraemer: Das 19. Jahrhundert in Wort und Bild. Bd. 4. Berlin, 1900, o.S.

Die Er�ffnung "Die Maschine ist Beherrscherin des ganzen Erdballs geworden. Sie ersetzt die Arbeiter, sie macht sie sich zur Mitarbeit dienstbar und vervielfältigt die Beziehungen der Völker. Der Tod selbst ist zurückgewichen vor dem siegreichen Fortschritt des Menschengeistes. Die medicinische Wissenschaft schreitet weiter dank dem Genie eines Pasteur, aber die Wissenschaft erweist dem Menschen einen noch bedeutsameren Dienst. Sie gibt ihm das Geheimnis für die materielle und moralische Größe der Staaten in die Hände, das in dem einen Worte "Solidarität" enthalten ist. Die Einrichtungen zur Vorsorge für Alter und für Krankheitsfälle, die Wohlfahrtseinrichtungen, überhaupt alles, was dazu bestimmt ist, die einzelnen Gruppen zu einem festen Ganzen zu verschmelzen, um so der dem einzelnen Individuum innewohnenden Schwäche Widerstand zu leisten, das alles legt Zeugnis ab von der Solidarität der Menschheit. Diese Solidarität hat sich zum Ziele gesetzt, im Schoße jeder Nation die verletzenden Ungleichheiten zu mildern, die aus der Natur der Dinge und aus der Gesellschaftsordnung sich ergeben. Sie erstrebt eine Einigung in den Banden wirklicher Brüderlichkeit. Ihre Wirkungen machen an den Grenzen nicht Halt. Interessen, Ideen, Gefühle mischen und durchkreuzen sich überall auf dem Erdball, wie jene dünnen Drähte, auf denen der menschliche Gedanke mit Blitzesschnelle dahinfliegt. Je mehr sich die aus der Vielfältigkeit der Bedürfnisse und aus der Leichtigkeit des Austausches hervorgegangenen internationalen Beziehungen ineinander schlingen, umso mehr haben wir Grund zu hoffen und zu wünschen, dass der Tag kommen wird, an dem die Welt erkennt, dass Frieden und ruhmreiche Kämpfe der Arbeit mehr Nutzen bringen, als Rivalitäten. Arbeit, du Befreierin! Du bist es, die uns adelt, die uns tröstet. Unter deinen Schritten schwindet die Unwissenheit, flieht das Böse. Durch dich wird die Menschheit aus der Knechtschaft der Finsternis befreit!" Quelle: Das XIX. Jahrhundert in Wort und Bild. Berlin 1900, S.18f.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1900 in Paris Alle Dimensionen überschreiten

Jahr:

1900

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 15. April - 12. November 1900

Copyright: Kraemer 1900, o.S.

Vorgeschichte Als bereits Gerüchte kursierten, Kaiser Wilhelm plane eine internationale Ausstellung für das Jahr 1900 in Berlin, kündigte die französische Republik am 13. Juli 1892 die Ausrichtung einer Weltausstellung an. Ein Jahr später, am 9. September 1893 wurde Alfred Picard zum Generalkommissar ernannt, und am 13. Juni 1896 beschloss das Parlament ein Gesetz über die Durchführung der Ausstellung, die auf allen Gebieten eine Bilanz des 19. Jahrhunderts bieten sollte. Um eine Synthese der Fortschritte in Kunst, Wissenschaft und Technik des vergangenen Jahrhunderts zu präsentieren, mussten alle bisher in Ausstellungen erreichten Dimensionen überschritten werden. Zur Vorbereitung wurden Kongresse abgehalten, bei denen der Forschungsstand in den einzelnen Wissenschaften oder Künsten analysiert wurde. In der zeitgenössischen Literatur wurden diese Veranstaltungen zum Wahrzeichen der Ausstellung ernannt. Als Symbol des internationalen Fortschritts plante die Kommission um Picard, Herstellungsprozesse erstmals auch auf der Ausstellung sichtbar zu machen. Das Bedürfnis, die Technik dadurch zu ästhetisieren, verlangte neben den üblichen Ausstellungsgebäuden die Errichtung von Maschinenhallen, die wie Modellfabriken für die Dauer der Ausstellung in Betrieb genommen wurden.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1900 in Paris Bühnenhafte Illusionen

Jahr:

1900

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 15. April - 12. November 1900

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Copyright: Kraemer 1900, o.S.

Attraktionen In der Pariser Ausstellung von 1900 versetzten weniger architektonische Neuerungen das Publikum in Staunen als vielmehr die bühnenhaften Illusionen. Dazu gehörten etwa die auf perpektivische Wirkung hin angelegten Straßenzüge oder Gebäudekomplexe, die mit der Wahrnehmung von Größen und Entfernungen innerhalb der Gesamtanlage spielten. Aus dem Wasserschloss von Paulin ergoss sich ein 29 Meter hoher Wasserfall, der sich vor einer reich ornamentierten Eisenbetonfassade aus einem breiten Becken in mehrere kleinere verteilte und allerlei Wasserspiele auslöste. Menschen- und Tiergestalten belebten die künstlichen Felsen und Grotten. Dicht hinter diesem Spektakel, das nachts beleuchtet wurde, befand sich das Palais de l'Electicitét, das von einer feingliedrigen, nach allen Seiten strahlenden Sternenkonstruktion aus Eisen bekrönt wurde. Die perspektivische Wirkung am Tage wurde mit elektrischer Beleuchtung bei Dunkelheit verstärkt und verwandelte zusammen mit den beleuchteten Wasserspielen das Marsfeld in ein Lichtermeer. Im Inneren wurde diese Stimmung in einem Illusionssaal wieder aufgenommen, dessen Gewölbe sich unendlich in alle Himmelsrichtungen fortzusetzen schienen - ein Effekt, der durch elektrische Beleuchtung, perspektivische Malerei und Spiegel erzeugt wurde. Außerdem gab es einen reich geschmückten Festsaal in der Maschinenhalle, der an ein riesiges Zirkuszelt mit großer bunter Glaskuppel erinnerte, die den Raum auch tagsüber mit farbigem Licht ausmalte. Während Künstler des ausgehenden 19. Jahrhunderts bereits neue bildnerische oder szenische Sprachen erprobt hatten, die von der nachahmenden Darstellung der Realität mit Hilfe von Illusionsmöglichkeiten radikal weggeführt hatten, erblühte die Gesamtheit der Weltausstellung in barockem Bühnenbildzauber, um dem Zuschauer emotionale Erlebnisse zu ermöglichen. Spielereien wie ein auf dem Kopf stehendes Haus - "le manoir à l´envers" - machten deutlich, dass aus der anfangs geplanten Bildungsveranstaltung ein Jahrmarkt großen Ausmaßes geworden war, dessen Schwerpunkte in Zerstreuung und kurzlebigen Attraktionen für ein sensationshungriges Publikum lagen. Die technischen Neuerungen wurden größtenteils eingesetzt, um durch kaleidoskopartige Blicke eine Atmosphäre des schönen Scheins zu erzeugen. Selbst für das Universum war ein überschaubares Modell auf dem Platz vor dem Eiffelturm gefunden worden. Drei einander umschließende Kugeln von 46, 36 und 8 Metern Durchmesser ergaben einen auf 60 Meter Höhe installierten Riesenglobus, dessen äußere Schicht das Universum, die mittlere das Sternensystem und innerste den Erdball symbolisierte. Über eine Wendeltreppe konnten die Besucher bis an den Nordpol emporsteigen und von dort zu Orgelmusik von Saint-Saëns einen Blick auf das gemalte, doch bewegte Firmament genießen. Eine mechanische Konstruktion, die die Kugelschalen entsprechend den Planetenumlaufbahnen zueinander in Bewegung versetzte, sorgte für den kinetischen Effekt. Ein Projekt zeigte allerdings schon damals die realen Grenzen der scheinbar unendlich unterhaltsamen Täuschungsmanöver. Entlang der Seine wollte man den Besuchern einen Spaziergang durch das Zeichnungen und Gemälden nachempfundene - "alte Paris" vor vier Jahrhunderten ermöglichen. Der


Anspruch, Geschichte durch moderne Kulissen nachzubauen und so eine historische Stadt innerhalb der Stadt auszustellen war politisch wie ästhetisch ebenso fragwürdigwie die rücksichtslose Aneignung fremder Kulturen in der Inszenierung der Kolonialausstellung vor dem Trocadéro mit Gipskopien berühmter Moscheen . Die Idee der Steigerung einer herkömmlichen Weltausstellung zu Beginn des 20. Jahrhunderts, wo sich die Entwicklung neuer Kommunikationsmittel und -möglichkeiten ankündigte, verlor sich in bombastischer, unreflektierter Kraftanstrengung. Bereits in der zeitgenössischen Kritik sprach man vom Tod der Idee der Weltausstellung - es war an der Zeit, ein neues Konzept für die großen internationalen Ausstellungen zu finden.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1900 in Paris Stadtteile verbinden

Jahr:

1900

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 15. April - 12. November 1900

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Copyright: Kraemer 1900, o.S.

Gel�nde Die Dimensionen des Vorhabens waren seit der Ausstellung von 1867 in Paris derart angewachsen, dass an eine Verwirklichung in einem einzigen dafür errichteten Hauptgebäude wie noch vor dreißig Jahren nicht mehr zu denken war. Mit Vorschlägen, die Ausstellung in Außenbezirke der Stadt zu verlegen oder nur Teile im Zentrum von Paris zu zeigen, sollte das Raumproblem umgangen werden. Die Vorbereitungskommission bestand jedoch auf einem zusammenhängenden Ausstellungsgelände im Stadtkern und entschied sich daher im November 1893 für einen eher zentralistisch organisierten Vorschlag Picards. Sein Plan sah vor, durch Einbeziehung des Flusslaufs der Seine vier ursprünglich voneinander getrennte Stadtteile miteinander zu verbinden. Durch den Neubau des Pont d´Iéna wurde das Gebiet um den Trocadéro mit dem am Ufer gegenüber liegenden Marsfeld zu einem Hauptausstellungskomplex verbunden. An den Seineufern entlang setzte sich das Gelände fort bis zum Gebiet vor dem Hôtel des Invalides, wo ein zweites Zentrum um die Achse des Flusses errichtet werden sollte. Eine neu erbaute Esplanade führte vom Hôtel des Invalides weiter über die neue Seinebrücke Pont Alexandre III. zum gegenüberliegenden Ufer. Ihre Verlängerung, die Avenue Nicolas II., verlängerte vorbei an den beiden neu zu errichtenden Kunstpalästen den Parcours bis hin zu den Champs-Elysées - eine großartige Straßenanlage, die schon früh als glänzende Erfindung der Ausstellung gelobt wurde. Der Park von Vincennes, außerhalb von Paris gelegen, spielte als zusätzlicher Ausstellungsort für Landwirtschaft und Verkehrsmittel, insbesondere für die Eisenbahn und die neuen Automobile, eine eher nebensächliche Rolle. Verkehrstechnisch wurde das innerstädtische Gesamtgelände von einer elektrischen Schienenhochbahn erschlossen, die das Marsfeld, das Seineufer und die Invalidenesplanade über einen Ringverkehr zugänglich machte. Parallel zur Hochbahn verlief der dreieinhalb Kilometer lange "trottoir roulant" - ein in zwei verschiedenen Geschwindigkeiten von vier und acht Kilometern pro Stunde rollender Bürgersteig aus Holz, der - höher als das Straßenniveau gelegen - über stufenlose Transportbänder erreicht werden konnte. Seiner Kuriosität wegen avancierte er zum beliebtesten Transportmittel - bis zu 160.000 Menschen ließen sich täglich durch das Ausstellungsgelände rollen. Innerhalb der Ausstellungspaläste wurden erstmals Rolltreppen eingesetzt, die gegen Gebühr benutzt werden konnten. Den größten individuellen Komfort boten jedoch Bedienstete, die die Besucher in Rollstühlen transportierten. Das Verkehrssystem der Stadt wurde durch die Eröffnung der ersten Metrolinien umstrukturiert. Die Metroeingänge von Hector Guimard künden noch heute vom stilistischen Durchbruch, den die Art Nouveau zur Bücherliste um die Jahrhundertwende erlebte.


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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1900 in Paris Paris als allegorische Frauengestalt

Jahr:

1900

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 15. April - 12. November 1900

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Copyright: Kraemer 1900, o.S.

Architektur Zu den Prachtbauten vorhergehender Pariser Weltausstellungen - dem Eiffelturm, dem Trocadéro und der Maschinenhalle - trat 1900 ein vielseitiges architektonisches Panorama. Die stark gestiegene Zahl der auszustellenden Themen und teilnehmenden Nationen führte zur Zusammenarbeit vieler Architekten und verhinderte die Konzentration auf ein architektonisches Wahrzeichen. Neben den beiden Kunstpalais wurden das monumentale Eingangsportal von René Binet, der in der alten Maschinenhalle errichtete Festsaal, der Palast der Elektrizität und das Wasserschloss als architektonische Attraktionen der Ausstellung gerühmt. Über ein Haupttor mit 36 Eingängen konnte man das Ausstellungsgelände betreten. Die "Porte Monumentale" - nach ihrem Architekten auch "Porte Binet" benannt - war ein Beispiel für reich ornamentierte Kulissenarchitektur, die das Erscheinungsbild der Ausstellung wesentlich bestimmte. Die Halle bestand aus drei im Dreieck miteinander verbundenen Bogen, die von einer 500 Quadratmeter Fläche überspannenden Kuppel überdacht waren. Über der Kuppel entsprang wie aus einer Knospe ein Turm, auf dessen Spitze sich die Darstellung der Stadt Paris als Gastgeberin in Form einer allegorischen Frauengestalt von Paul Moreau-Vauthier erhob. Der große Kunstpalast - Ort der internationalen zeitgenössischen Kunstausstellung - entstand aus der Zusammenarbeit von vier Architekten, deren unterschiedliche Auffassung in den vier differierenden, historisierenden Fassadengestaltungen zum Ausdruck kam. Das additive Arbeitsverfahren der Verwendung verschiedener Stile als Dekoration an einem Gebäude und die Kombination verschiedener Bautechniken - das Skelett des Gebäudes bestand aus einem Eisengerüst, das mit dem vorgeblendeten Mauerwerk kaschiert wurde - lassen den Grand Palais zum Zeichen für einen Umgang mit Architektur werden, der auf vergangene Form noch nicht verzichten wollte, neue bautechnische Erkenntnisse jedoch noch nicht entschieden handhaben konnte. Auch der kleine Kunstpalast gegenüber, in dessen Räumen die retrospektive Kunstausstellung mit einem grandiosen Überblick über die künstlerischen Höhepunkte der Vergangenheit untergebracht war, erinnerte mit ihrer Säulenvorhalle und dem Figurenschmuck an den Stil zur Zeit Ludwig XVI.; doch lobte man die Entwürfe des Architekten Girault wegen ihrer einheitlicheren Gestaltung. Durch die Verwendung und Kombination verschiedenster Bauweisen und Materialien und die Anlehnung an unterschiedliche historische und regionale Stilrichtungen dachte man, den großartigen Plänen einer Jahrhundertschau einen repräsentativen architektonischen Rahmen zu geben. Die Kürze der Bauzeit wurde nicht dafür verwendet, mit neuen architektonischen Formen für Ausstellungspavillons zu experimentieren, die ihren ephemeren Charakter zum Inhalt gemacht hätten. Vielmehr simulierte man mit hohem dekorativem Aufwand Prachtbauten aus Stein durch reich geschmückte Gipsfassaden, hinter denen sich Stahlgerüste und Drahtgitter befanden. Die Verfügbarkeit


aller architektonischen Stile der Gebäude zeigte sich nicht nur am Palais des Champagners, dessen Erscheinungsbild durch eine einzige riesige Stuck-Rocaille bestimmt war oder am Palast der Reisegesellschaften "Le Tour du Monde", dessen Äußeres mit Elefantenfriesen, steinernen Ungeheuern, chinesischen Spitzdächern Elemente aller asiatischen Stile kombinierte. Architektonische Neuerungen oder zukunftsweisende Entwürfe wurden bis auf wenige Ausnahmen vermisst. Die Konstruktionen aus Stahl und Glas für Nutzbauten, wie sie in der Gartenbauausstellung zu sehen waren, kannte man bereits von früheren Weltausstellungen, wo sie ohne Ornamentik als Vorboten einer neuen Baukunst präsentiert wurden. Diesmal dagegen verfügte man frei über alle Bauformen und Stile um die Architektur in den Dienst der Produkte zu stellen. Dies kulminierte stellenweise in einer Degradierung der Gebäude zu schmuckvollen Jugendstilverpackungen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1900 in Paris

Jahr:

1900

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 15. April - 12. November 1900

Copyright: Kraemer 1900, o.S.

Kommentare Friedrich Naumann: Ausstellungsbriefe (1908): "Was aber soll ich nun in der Ausstellung wirklich tun? Zum zweiten Male war ich durch das Chaos gerannt, auf der Rutschbahn um die schöne Welt der Industrie herum gefahren, bis zur zweiten Etage des Eiffelturms gelangt, hatte von allem etwas gesehen und war des ziellosen Plätscherns in den bunten Wassern müde. Schon dachte ich, es sei Torheit, hier etwas lernen zu wollen. Wie kann ein Kopf Einzelheiten erfassen, wenn er von einer solchen Menge von blendenden und rauschenden Dingen bis in seine obersten Regionen hin überfüllt wird, wie ein brechend volles Lagerhaus? Aber es geht alles vorüber, auch der erste blendende Schreck einer Weltausstellung. Man wird apathisch, müde gelangweilt mitten im äußersten Reichtum an Abwechslung. Auf irgendeiner Bank sagt man sich, dass man ja nicht verpflichtet sei, die Speisekarte aller Völker abzuessen." Quelle: Daidalos. 2, 1981, S.25.

Georg Malkowsky: "Dass die Bedeutung der Jahrhundertausstellung die ihrer Vorgängerinnen von 1878 und 1889 bei weitem übertrifft, ist nicht allein durch ihre räumliche Ausdehnung bedingt. Genügte doch der mächtige Rahmen kaum, um das Riesenbild zu fassen, galt es doch, die gewaltigen Fortschritte der Kunst, der Wissenschaft und der Technik innerhalb des letzten Decenniums im Zusammenhange mit der unmittelbaren Vergangenheit begreiflich zu machen. Die retrospektiven Abteilungen bildeten ein besonders charakteristisches Unterscheidungsmerkmal der Centennal-Ausstellung, sie verliehen ihr einen bleibenden ideellen Wert, der weit über das Niveau einer internationalen Schaustellung hinausging. Das Schlagwort vom "friedlichen Wettstreit der Nationen" hat sich mit der Verteilung der Medaillen und Auszeichnungen im wesentlichen erschöpft, und es mag den Ausstellern überlassen bleiben, das Maß ihrer Leistungen mit den Sprüchen der Preisrichter in Einklang zu bringen. Je mehr diese materiellen Äußerlichkeiten zurücktreten, um so augenfälliger drängt sich die ideelle Bedeutung der Pariser Ausstellung 1900 in den Vordergrund. Nicht um ein Konkurrieren allein handelte es sich, sondern vor allem um ein Lernen. Wie sehr man bestrebt war, die Arena in ein Gymnasium zu verwandeln, dafür zeugte die Unzahl der Kongresse, die Gelehrte und Techniker, Handels- und Socialpolitiker, Künstler und Literaten aller Nationen zum Austausch ihrer Meinungen und Erfahrungen auf dem Ausstellungsterrain zusammenführte. Nicht die Resultate der mächtigen Fortschrittsbewegung allein wurden zur Prüfung herbeigeschafft, ihre geistigen Urheber vereinigten sich, um sie in gemeinsamer Beratung rückblickend zu beurteilen und weit ausschauend zu regeln. Auch die Kongresse waren ein Wahrzeichen der Pariser Ausstellung von nachhaltiger Wirksamkeit, sie wiesen über die geschlossenen Pforten hinaus auf eine


zukĂźnftige Entwicklung hin. (...) Quelle: Georg Malkowsky (Hg.): Die Pariser Weltausstellung in Wort und Bild. Berlin 1900, S.V.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1900 in Paris Elektrotechnik als �Lebensnerv�

Jahr:

1900

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 15. April - 12. November 1900

Copyright: Kraemer 1900, o.S.

Programm Am Eröffnungstag, dem 14. April 1900, waren die Bauarbeiten noch nicht abgeschlossen. Kritiker nahmen diese Tatsache zum Anlas, die französische Gabe der nationalen Selbstdarstellung ironisch zu kommentieren: selbst den immensen Organisationsaufwand für die Ausstellung habe man zum Präsentationsstück machen wollen. Erst im Juni bot sich den Besuchern das vollendete Bild. Die Exponate der Ausstellung waren in 18 Themengruppen und 121 Klassen eingeteilt worden. Zum ersten Mal auf einer Weltausstellung standen Erziehung und Unterricht vom Kindesalter bis in die wissenschaftliche Lehre an erster und Kunst an zweiter Stelle der Klassifikation. Mittel und Hilfsmittel der Wissenschaften und Künste - von künstlerischen und fotografischen Techniken, einem als Attraktion gefeierten Riesenfernrohr, Musikinstrumenten, geographischen Karten und Hilfsmitteln, medizinischen und chirurgischen Geräten bis zur Bühnentechnik - folgten als dritte Gruppe. Die nächsten Abteilungen waren den drei technischen Bereichen Mechanik, Elektrizität, Ingenieur- und Transportwesen gewidmet. Die Elektrotechnik wurde als �Lebensnerv� der Ausstellung gerühmt, sie hatte für Licht, Kraft und Bewegung zu sorgen. Sie ließ die industrielle Fertigung zunehmend leistungsfähiger und ökonomischer werden, machte das Transportwesen schneller und effektiver und hatte die Palette der Kommunikationsmittel erweitert. Die Einteilung macht deutlich, dass es sich bei dieser Ausstellung nicht mehr um eine reine Gewerbeausstellung handelte, sondern dass an ihre Stelle eine allgemeine Kulturausstellung getreten war, bei der beinahe alle Bereiche des menschlichen Lebens vertreten sein sollten. Georg Malkowsky hielt dieses Vorhaben für undurchführbar - seiner Meinung nach konnte ein ausreichend großes Ausstellungsgelände nur die ganze Erde selbst sein. Sicher aber hätte eine Reise um die Welt ein anderes Bild von der Menschheit ergeben als das durch die französische Inszenierung erzeugte. Nur hier konnte man in einem Ozeandampfer - einem schwankenden Schiffsdeck, umgeben von einer 750 m langen, trickreich abrollenden Panoramaleinwand - seekrank werden. Und wenige Minuten später begab man sich übergangslos auf die Reise mit der transsibirischen Eisenbahn - einem Waggon zwischen dem russischen und dem chinesischen Pavillon - sah beim Blick aus dem Fenster in wenigen Minuten prächtige Landschaften, gestaffelt in vier Prospekten, an sich vorbeiziehen. Charakteristisch für die Pariser Ausstellung im Jahre 1900 war ein rückwärts gewandter Blick, der die Neuerungen der Gegenwart nicht sonderlich hervorhob. Durch die Überbetonung historischer Leistungen wurde Geschichte instrumentalisiert und zum Mittel der nationalen Selbstbehauptung Frankreichs gemacht. Tatsächlich übernahmen französische Kommissare die Einrichtung der retrospektiven Abteilungen, ein objektiver, distanzierter Blick auf die Geschichte war damit nicht gewährleistet. Die herausragende Rolle Frankreichs für die Entwicklung der Kultur trat vor allem in der retrospektiven Kunstausstellung des Kunsthistorikers Molinier zu Tage. Die französische Kunst wurde in eine


Entwicklungslinie vom alten Rom über das Mittelalter bis in die Gegenwart gestellt. Hier fanden Impressionisten und Symbolisten ihre verspätete Anerkennung durch die offizielle französische Kulturpolitik. Deutschland leistete in der Kunstausstellung seinen Beitrag mit einer Präsentation der Gemälde Watteaus aus der Sammlung Friedrich II. und von Rüstungen und Uniformen. Als politisch zurückhaltende Geste - zumindest für die Dauer der Ausstellung und zum Wohlgefallen der Franzosen ließ man die Ausstellung der Uniformen mit dem Jahr 1863 enden. Mit Dokumenten aus jüngerer Zeit, vom Krieg von 1870/71, wollte man nicht provozieren.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1900 in Paris

Jahr:

1900

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 15. April - 12. November 1900

Copyright: Kraemer 1900, o.S.

Bibliographie Gustave Babin: Après faillité: souvenirs de l´Exposition de 1900. Paris 1902. Gaston Bergeret: Journal d´un nègre à l´Exposition de 1900. Paris 1901. Karl Böttcher: Weltausstellung-Glossen. Kritisches Geplauder über die Pariser Weltausstellung besonders im Vergleich mit der Chigagoer. Zürich 1900. Édouard Cornély (Hg.): Le livre d´or de l´Exposition de 1900. Paris 1900. Catalogue général officiel. 20 Bde. Paris 1900. Louis Joubert: Fin de rêve. L´Exposition universelle de 1900. In: Le Corespondant. 201, 1900, S.771-784. Philippe Julian: The Triumph of Art Nouveau. Paris Exhibition 1900. London 1974. Hans Kraemer: Das 19. Jahrhundert in Wort und Bild. Bd. 4., Berlin o.J. Thomas Kuchenbuch: Die Welt um 1900. Unterhaltungs- und Technikkultur. Stuttgart 1992. Julius Lessing: Das halbe Jahrhundert der Weltausstellungen. (Volkswirtschaftliche Zeitfragen. Vorträge und Abhandlungen, 22). Berlin 1900. Richard Donald Mandell: Paris 1900: The Great World´s Fair. Toronto 1967. Georg Malkowsky (Hg.): Die Pariser Weltausstellung in Wort und Bild. Berlin 1900. Julius Meier-Graefe: Die Weltausstellung in Paris 1900. Paris und Leipzig 1900. Octave Mirbeau: Pourquoi des expositions? In: Revue des deux Mondes. 132, 1895, S.888-908. Paul Morand: 1900. Paris. Paris 1931. Alfred Picard: Rapport général administratif et technique. 8 Bde. Paris 1902-03. Alfred Picard: Le Bilan d´un siècle. 1801-1900. 6 Bde. Paris 1906. Pascale Ory: Les Expositions universelles de Paris. Paris 1982.


Woldemar von Seidlitz: Die Kunst auf der Pariser Weltausstellung. Leipzig 1901. Jules Trousset: Les Merveilles de l´Exposition de 1900. 2 Bde. Paris 1900. Eugène-Melchior de Vogüe: La défunte exposition. In: Revue des deux Mondes. 162, 1900, S.380-399. Derrick Worsdale: The Petit Palais des Champs-Elysées: Architecture and Decoration. In: Apollo. 107, März 1978, S.207-211.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1904 in St. Louis "Leben und Bewegung, Farbe und Harmonie"

Jahr:

1904

1

Stadt: St. Louis Land:

USA

Dauer: 30. April - 1. Dezember 1904

Copyright:

Einleitung Einen Beitrag zur Erziehung des "idealen Bürgers" sollte die dritte amerikanische Weltausstellung leisten. Das Unterrichtswesen nahm daher im Klassifizierungssystem der Weltausstellung von Saint Louis die wichtigste Position ein. Dass dieser Anspruch auch zur Rechtfertigung kolonialistischer Expansionsbestrebungen dienen konnte, wurde mit einer Indianerschule und einem "originalgetreuen" philippinischen Dorf handgreiflich demonstriert. Mit den zeitgleichen dritten olympischen Spielen spielte auch der Sport eine bedeutende Rolle bei dieser Leistungsschau der menschlichen Kultur. Die klassizistischen Ausstellungspaläste und Pavillons der Nationen boten wenig anregende Architektur, da die Baugerüste nur konventionell mit Gipsplatten verkleidet wurden.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1904 in St. Louis "Enter herein ye sons of men!"

Jahr:

1904

1

Stadt: St. Louis Land:

USA

Dauer: 30. April - 1. Dezember 1904

Copyright: Reid 1904, o.S.

Die Er�ffnung Am 30. April 1904 wurde die Louisiana Purchase Exposition eröffnet. Annähernd 200.000 Menschen hatten sich um das Louisiana Monument versammelt, um den Eröffnungsfeierlichkeiten beizuwohnen. Die Säule, deren Reliefprogramm nach Entwürfen des Chefbildhauers Karl Bitter den Ankauf des Louisiana-Gebietes und die Geschichte des Mississippi-Tales bebilderte, war an zentraler Stelle aufgestellt. Bekrönt von einer Viktoria mit den Ölzweigen des Friedens in 38 Meter Höhe verkörperte das Denkmal Anlass und Ziel der Ausstellung. In seiner Rede betonte David R. Francis die Bedeutung der Ausstellung als umfassende Bilanz menschlicher Zivilisation und fügte hinzu, "dass, selbst wenn alle anderen Errungenschaften der Menschheit durch eine unaussprechliche Katastrophe ausgelöscht wären, die hier durch die versammelten Nationen etablierten Daten ausreichen würden, die Zivilisation wieder aufzubauen." Der Höhepunkt der Feierlichkeiten schloss sich an die Ansprache des Verteidigungsministers William Howard Taft an, der den amerikanischen Präsidenten Theodore Roosevelt in Saint Louis vertrat. Dieser drehte im Weißen Haus in Washington einen goldenen telegraphischen Schlüssel um und gab damit das Signal zum Start der Ausstellung. Sogleich setzte sich die ganze Maschinerie in Bewegung: Ein ArtillerieBataillon feuerte nationale Grüße in Richtung Washington, David R. Francis erhob seine Hände mit den Worten: "Enter herein ye sons of men!", 10.000 Flaggen wurden aufgezogen, Fontänen schossen in die Höhe, Wasserfälle ergossen sich in Kaskaden, die Musikkapelle begann ein Platzkonzert zu spielen. Das Ergebnis von sechs Jahren Arbeit, laut Francis die Bilanz des industriellen, wissenschaftlichen und künstlerischen Fortschritts nicht nur Amerikas, sondern aller anderen Nationen seit dem LouisianaAnkauf, konnte nun von der Öffentlichkeit bestaunt werden.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1904 in St. Louis

Jahr:

1904

1

Stadt: St. Louis Land:

USA

Dauer: 30. April - 1. Dezember 1904

Copyright:

Daten Offizieller Titel: Louisiana Purchase Exposition Thema: Hundertjahrfeier der Erwerbung des Louisiana Territoriums am 30. April 1803 Eröffnung: 30. April 1904 vor dem Louisiana Monument Dauer: 30. April - 1. Dezember Ort: Forest Park, westlich von St. Louis Planungsbeginn: 22. September 1889 Wahrzeichen: Louisiana Monument, Festhalle, Vergnügungspark Pike Organisation: Louisiana Purchase Exposition Company (Gesellschaft zur Vertretung der Aktionäre) und Kommission zur Vertretung der Regierung mit neun Kommissaren Verantwortliche: Präsident der Louisiana Purchase Exposition Company: David R. Francis 1. Vizepräsident: Corwin Spencer Schatzmeister: M. H. Thompson Generalsekretär: Walter B. Stevens Bauleitung: Isaac S. Taylor Direktor der Ausstellungen/Exponate: Frederick J.V. Skiff Finanzdirektor: Norris B. Gregg Präsidentin der Board of Lady managers: Mrs Daniel Manning Ausstellungsfläche: 500 Hektar Aussteller: 15.009 amerikanische Aussteller Ordnung: 16 Departments, 144 Gruppen, 802 Klassen Chefarchitekt: Isaac S. Taylor, Assistent Emmanuel L. Masqueray Ausländische Teilnehmerstaaten: 60


Amerikanische Pavillons: 50 Internationale Themenpavillons: 14 Ausländische Pavillons: 21 Besucher: 19.694.855 (erwartet worden waren 30 Millionen) Eintrittspreise: 0,50 Dollar für Erwachsene, 0,25 Dollar für Kinder; freier Eintritt für Mitglieder der Jury, der Kongresse und für Arbeiter Ausgaben: Zwischen 25 und 31,5 Millionen Dollar Einnahmen: 26 Millionen Dollar (neben Eintrittsgeldern und Beiträgen der Aussteller je 5 Millionen Dollar von den Vereinigten Staaten und der Stadt St. Louis sowie 5 Millionen Dollar Aktienkapital Jurymitglieder: 1.048 Auszeichnungen: 39.158 Grands Prix, Gold- Silber und Bronzemedaillen; 38% aller Preise für Amerikaner: 15.009 Auszeichnungen, darunter 837 Grands Prix und 3.955 Goldmedaillen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1904 in St. Louis Der Erweiterung des Territoriums gedenken

Jahr:

1904

1

Stadt: St. Louis Land:

USA

Dauer: 30. April - 1. Dezember 1904

Copyright:

Vorgeschichte Bereits 1889 tauchten in der amerikanischen Presse erste Anregungen auf, eine Jubiläumsfeier des Louisiana-Ankaufs zu organisieren. Am 30. April 1803 hatten die Vereinigten Staaten unter Präsident Thomas Jefferson von Napoleon das zweieinhalb Millionen Quadratkilometer große Gebiet entlang des Mississippi für fünfzehn Millionen Dollar gekauft. Nachdem bereits in zwei Weltausstellungen auf amerikanischem Boden wichtige historische Ereignisse gefeiert worden waren - die Unabhängigkeitserklärung in Philadelphia 1876 und die Entdeckung Amerikas in Chicago 1893 - sollte die dritte amerikanische World´s Fair nun der Erweiterung des US-amerikanischen Territoriums gedenken. Doch erst am 7. Juni 1896 nahmen die längst lancierten Ideen konkrete Gestalt an, als der damalige Gouverneur von Missouri David R. Francis, in einer Versammlung der Business Men´s League für die Abhaltung einer World´s Fair in Saint Louis plädierte und auf den handelspolitischen und moralischen Wert einer solchen Veranstaltung hinwies. Bald nachdem sich am 23. Januar 1898 die Central Trade and Labour Union von Saint Louis dazu entschlossen hatte, das Projekt zu unterstützen, wurde auch das Interesse der Bundesregierung deutlich. Nicht nur zur Erweiterung handelspolitischer Beziehung oder zur Propagierung des technischen Fortschritts schien eine derartige Veranstaltung geeignet zu sein, sondern auch zur Überwindung innenpolitischer Schwierigkeiten und zur Rechtfertigung imperialistischer Expansionsbestrebungen. Ein Ausschuss von zehn Bürgern mit Pierre Chouteau an der Spitze wurde mit der Ausarbeitung eines Ausstellungskonzeptes beauftragt. Die Organisationsstruktur sah schließlich wie in Chicago 1893 zwei Zentralstellen vor: Die United States Government Commission und die Louisiana Purchase Exposition Company, deren Präsident David R. Francis wurde. Zusätzlich konstituierte sich als Interessensvertretung der Frauen der Board of Lady Managers mit Mrs. Blair und Mrs. Manning an der Spitze. Für die Finanzierung standen zunächst fünfzehn Millionen Dollar zur Verfügung, von denen jeweils fünf Millionen von der Regierung, der Stadt Saint Louis und privaten Subskribenten aufgebracht wurden. Am 20. August 1901 erließ Präsident McKinley eine an alle Nationen gerichtete Proklamation, die mit einer offiziellen Einladung zur World´s Fair verbunden war. Die Initiative stieß innerhalb Amerikas auf lebhaftes Interesse, sodass der Kongress und die übrigen Bundesstaaten weitere Mittel zur Finanzierung bereitstellten. 1903 - genau 100 Jahre nach dem Erwerb des Louisiana Gebietes - sollte die Eröffnung stattfinden. Da alle bisherigen Ausstellungen übertroffen werden sollten, doch das Interesse aus dem Ausland zunächst nur gering war, verschob man die Eröffnung auf 1904. David R. Francis nutzte diesen Aufschub für eine Tour durch Europa, um in einer aufwendigen Werbekampagne in den Hauptstädten nochmals zu Teilnahme aufzurufen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1904 in St. Louis Die Erziehung des idealen Bürgers - Skiffs Klassifikation der Exponate

Jahr:

1904

1

Stadt: St. Louis Land:

USA

Dauer: 30. April - 1. Dezember 1904

Copyright: Schm�lling 1904

Konzept Ausstellungsdirektor Frederick J.V. Skiff, der in seiner Eröffnungsrede den erzieherischen Wert der Ausstellung betonte, entwickelte ein zweifaches Klassifikationssystem, das die Ordnungssysteme der vergangenen Ausstellungen verbessern sollte. Eine wissenschaftliche Gliederung der Welt sollte den Menschen neue Entschlusskraft geben und "einen ausgewogenen Bürger, der für den Fortschritt empfänglich" sei, erschaffen. Zur Erziehung dieses idealen Bürgers wurden die Exponate einerseits in einer sequentiellen Übersicht der Entwicklungen, die den menschlichen Fortschritt kennzeichneten, organisiert. Dazu wurde ein übergeordnetes Arrangement gesetzt, dass das Ideal des "neu komponierten Menschen" illustrieren sollte. Dieses zusammengesetzte Portrait bestand aus sechzehn Kategorien, die den Abteilungen der Ausstellung entsprachen: Erziehung, Kunst, Freie Künste und angewandte Wissenschaften an der Spitze, die laut Skiff "den Menschen für die Schlacht ausrüsten und die Wohltaten des Lebens vorbereiten" sollten. Es folgten die den Rohstoffen gewidmeten Abteilungen wie Ackerbau, Gartenbau, Minenwesen, Forstwirtschaft, Fischereiwesen und Spiel, die zeigten, wie die Menschheit die Kräfte der Natur für ihre Zwecke bewahren. Die letzten drei Kategorien waren Anthropologie, Sozialökonomie und Körperkultur gewidmet. Obwohl alle Kategorien für gleich wichtig befunden wurden, lag in dieser Ausstellung ein Schwerpunkt auf Ethnologie und Anthropologie, was Skiffs Definition einer Weltausstellung entsprach: "Eine Weltausstellung ist ein gewaltiges Museum der Anthropologie und Ethnologie, des Menschen und seiner Werke."

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1904 in St. Louis "Weg zur Hölle" - Die Pike

Jahr:

1904

1

Stadt: St. Louis Land:

USA

Dauer: 30. April - 1. Dezember 1904

Copyright:

Attraktionen Um die Popularität und den materiellen Erfolg der Ausstellung zu sichern, wollte die Ausstellungsleitung nicht auf ein großzügiges Unterhaltungsangebot verzichten, doch sollte sich dies wie die "Midway Plaisance", das Vergnügungsviertel der Ausstellung in Chicago, auf einen abgegrenzten Bezirk konzentrieren. Die "Pike" genannte Vergnügungsmeile, die sich rechterhand vom Haupteingang 1.600 Meter bis zum Verwaltungsgebäude erstreckte, lud die Besucher zu einer fiktiven Weltreise ein, die mit der Überquerung der Tiroler Alpen nach einem Entwurf von Hermann Knauer begann. Bereits von weitem war die Bergsilhouette mit ihren schneebedeckten Gipfeln zu sehen. Eine Bergbahn führte in das teilweise massiv gebaute Gebirge hinein, dessen pittoreske Illusion durch gemalte Kulissen und folkloristische Auftritte wie Fronleichnamsprozessionen, Wandererszenen und märchenhafte Grottenspiele mit Nymphen gesteigert wurde. Durch steinerne Tunnels, dunkle Wälder, vorbei an Bergseen fuhr man bis zum Zillertal, dessen Berggipfel über einen Aufzug erklommen werden konnten. Mit Blick auf den Königsee glitt man auf Rutschen wieder ins Tal hinab. Dioramen von den bayerischen Königsschlössern oder begehbare Burgen und Bergdörfer, in deren Straßen regionale Produkte verkauft wurden oder einer Dorfkirche, die Veranstaltungsort der Oberammergauer Passionsspiele war, vervollständigten das Bild. Höhepunkt dieser Tour bildete ein im Stile König Ludwigs II. eingerichtetes Lokal, das 3.000 Besucher gleichzeitig zu Schuhplattlermusik mit Bier versorgen konnte. Ferner waren ein Eskimodorf, ein ägyptischer Bazar, ein irisches Dorf mit Spukschloss, der Löwenhof der Alhambra und mit einem Kamelritt das "geheimnisvolle Asien" zu besichtigen. Aufwendig inszenierte Zukunftsvisionen, wo Sündern ihr späteres Leben im Schatten des Hades vorgeführt wurde, Rutschbahnen und Unterwasserfahrten, dressierte Tiere und Akrobaten, indianische Völkerschauen boten außergewöhnliche Attraktionen, während an anderer Stelle zur Stärkung des Patriotismus historische Ereignisse mit modernster Technik nachgestellt wurden. So waren der amerikanische Sieg über Kuba durch eine Seeschlacht oder die Überflutung von Galveston im Jahre 1900 zu bestaunen, der 5.000 Menschen zum Opfer gefallen waren. Den Höhepunkt an Illusion bot sicherlich die Zeitreise "Creation", in der Besucher in einem Wasserkanal Jahrtausende zurück bis zu den Anfängen der Menschheit - dargestellt durch einen als Rippe Adams verkleideten Schauspieler - geführt wurden. Besonders groß war der Andrang vor dem bereits in Chicago 1893 aufgebauten "Ferris Wheel", einem Riesenrad, von dessen höchstem Punkt aus man die gesamte Ausstellung überblicken konnte. Besonders Abends, wenn die Paläste geschlossen wurden, bot sich ein prächtiger Blick auf das farbige, von Kaskaden und Fontänen bewegte Lichtermeer. Ketten von Glühbirnen illuminierten in drei verschiedenen Farben architektonische Linien, Wasserfälle waren von unten grün beleuchtet und Säulenhallen erstrahlten im Gegenlicht.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1904 in St. Louis

Jahr:

1904

1

Stadt: St. Louis Land:

USA

Dauer: 30. April - 1. Dezember 1904

Copyright: Schm�lling 1904

Kommentare Frederick J.V. Skiff über das Ziel der Ausstellung: "Der Anblick, der sich uns heute bietet, ist schöner als jener, der sich den Christen beim Anblick des Gelobten Landes bot. (...) Vor allem ist die Ausstellung das Protokoll der sozialen Lebensbedingungen der Menschheit, das nicht nur den Zustand der jetzigen Kultur registriert, sondern auch die jeweiligen Pläne andeutet, mit Hilfe derer die verschiedenen Völker und Rassen sich entwickeln mögen, oder tatsächlich schon begonnen haben voranzuschreiten, hin zu einem noch höheren Entwicklungsstand." Zit. aus: Rydell 1984, S. 159.

Friedrich von Thiersch über die Architektur: "Der erste Eindruck, den die Ausstellung mit ihren improvisierten Kolossalbauten hervorbrachte, war mächtig. Die römische Antike in französisch-italienischer Empfindung musste auch hier wieder ihre Formen und Motive dazu hergeben, um diese gewaltigen Holzhallen zu ummanteln, ganz unbekümmert um den inneren Zweck. Nach den Vorgängen von Chicago und Buffalo war es nicht anders zu erwarten. Noch begreiflicher erscheint dies Vorgehen, wenn man den gegenwärtigen Stand der amerikanischen Architektur zugleich in Betracht zieht. Amerika steht zur Zeit noch fast ausschließlich unter dem Banne der französischen Schule, welche ja mit bekannter Zähigkeit an ihren alten Idealen festhält und der Versteinerung nahe gekommen ist. Es wird kaum einen amerikanischen Architekten von größerem Einflusse geben, der nicht die École des beaux-arts besucht hat, und selbstverständlich sind auch fast alle Leiter amerikanischer Architekturschulen tüchtige französische Künstler der strengen Richtung. (...) Dass aber in der Neuen Welt, die ja aus dem bunten Mosaik der verschiedensten Elemente zusammengesetzt ist, heute noch die französische Architekturschule eine so dominierende Stellung einnimmt, bleibt erstaunlich." Quelle: Amtlicher Bericht über die Weltausstellung in St. Louis 1904, Berlin 1906, S. 179.

Rede des kaiserlichen Botschafters zum Deutschen Tag: "Meine Damen und Herren! Sie heute in St. Louis zu begrüßen und Ihnen zu Ihrem großen Werke Glück zu wünschen, ist eine besondere Quelle der Ehre und Freude für mich. Es ist wohl nie zuvor in der Geschichte dieser großen Republik vorgekommen, dass Tausende und Zehntausende Männer und Frauen deutschen Blutes so Schulter an Schulter gestanden haben. Ich bin überzeugt, dass die Millionen Deutscher, welche die Überlieferungen des Vaterlandes in das Land ihrer Wahl verpflanzt haben, wo sie


sie treulich bewahrten und auf ihre Nachkommen vererbten, heute mit Freude und Stolz aus ihrer ewigen Heimat auf die jüngste Generation herabschauen, die ihr Erbteil so ruhmvoll ausgebaut, dem deutschen Namen in Amerika hohe Ehre gebracht und ihre wertvollen Kräfte so mächtig zur friedlichen Entwicklung ihrer neuen Heimat gerührt hat. Ihre Errungenschaften haben die Herzen im Vaterlande mit Stolz und Dankbarkeit erfüllt. Viel verdankt Amerika deutschen Tugenden, wie das von den Lippen der ersten Männer dieses Landes oft verkündet worden ist. Sie alle kennen das warme Interesse, das der deutsche Kaiser an ihrem Leben und Wirken nimmt. Das von ihm geschaffene herrliche Monument deutscher Errungenschaften und deutschen Könnens glänzt als eines der Hauptkleinodien unter den blendenden Schätzen dieser Ausstellung. Es verkündet, dass sowohl das Vaterland als ihre amerikanische Adoptivheimat gleich große Dinge im Laufe ihres erstaunlichen Entwicklungsganges vollbracht haben. (...)" Quelle: Weltausstellung in St. Louis 1904. Amtlicher Katalog. 1904, S. 50 f.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1904 in St. Louis Raumkonzept und Verkehr

Jahr:

1904

1

Stadt: St. Louis Land:

USA

Dauer: 30. April - 1. Dezember 1904

Copyright: Lewald 1904, S. nach S. 172

Gel�nde Am 25. Juni 1901 war beschlossen worden, die Ausstellung zehn Kilometer westlich der Stadtgrenze von Saint Louis im Forest Park zu errichten. Abgesehen vom östlichen, der Stadt zugewandten Teil und einem westlichen Abschnitt des wilden Parks wurde das Gelände durch schonungslose Rodung alter Baumbestände für die Bauarbeiten präpariert. Bäume wurden gefällt, ganze Gebiete durch Brandrodungen eingeebnet und verbleibende Baumstümpfe mit Dynamit gesprengt. Einen natürlichen See legte man trocken, um ihn in ein künstliches Bassin zu verwandeln. Ein Hügel wurde mit dampfbetriebenen Baggern entfernt und das Bett des Flusses Des Peres verlegt, verkleinert und teilweise überbaut. Die so entstandene Baufläche betrug letztlich mehr als 500 Hektar und übertraf damit an Ausdehnung frühere Ausstellungen wie Chicago 1893 mit 256 Hektar und Paris 1900 mit 136 Hektar. Gemäß des Entwurfs von Chefarchitekt Isaac Taylor gliederte sich die Fläche in fünf Bereiche mit verschiedenen inhaltlichen und architektonischen Schwerpunkten. Im Nordwesten lag der größte Bezirk mit den großen Ausstellungspalästen, deren strenge Anordnung der Form eines Fächers glich, südlich davon die Abteilung der amerikanischen Staaten auf dem Staatenplateau. Die Gebäude der auswärtigen Staaten befanden sich wie das Stadion im nordöstlichen Teil des Geländes, südlich davon die Landwirtschafts- und Gartenbauabteilung. Der dem Vergnügen gewidmete Bereich - die Pike - war dem Gelände im Norden vorgelagert. Das Gelände war bequem mit der Bahn erreichbar, die Station lag in direkter Nähe des Lindell Entrance des Haupteinganges der Ausstellung. Von dort fuhren Busse zu den anderen Eingängen. Innerhalb der Ausstellung legten die Besucher die großen Entfernungen mit der Intramural Railway zurück, einer elektrischen Hochbahn, die in großem Bogen um das gesamte Gelände fuhr. Zwischen den einzelnen Gebäuden, sofern diese durch geteerte Hauptstraßen verbunden waren, standen Kutschen oder Automobile für den Transport zur Verfügung. Da Fahrräder verboten waren, musste an weniger zugänglichen Stellen, sowie innerhalb der Paläste, auf Rollstühle zurückgegriffen werden.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1904 in St. Louis "Ivory City"

Jahr:

1904

Stadt: St. Louis Land:

USA

Dauer: 30. April - 1. Dezember 1904

1 2 3 4 5 6 7 Copyright: Reid 1904

Architektur Eine Kommission aus Architekten und Landschaftsingenieuren entwickelte das architektonische Konzept für das "Main Picture", den im Nordosten gelegenen repräsentativen Bereich der Ausstellung mit den großen Palästen gemeint, die fächerförmig um eine höhergelegene Festhalle angeordnet wurden. Breite Boulevards, große Plätze mit Lagunen, abgesenkte Gärten und Landschaftsparks mit schattigen Plätzen sollten die Gebäude harmonisch verbinden. Da der Park nach der Ausstellung unbebaut zurückzugeben war, konstruierten die Architekten Skiff und Masqueray temporäre Bauten nach dem Vorbild französischer Kulissenarchitektur, Stahl-Holzgerüste mit Eingängen an allen Seiten, wurden mit aufwendig gestalteten Gipsfassaden verkleidet, deren Stil sich am Neoklassizismus der damals in Amerika einflussreichen École des Beaux-Arts orientierte. Die Ausstellungspaläste gruppierten sich symmetrisch um den großzügig angelegten Verbindungsweg vom Haupteingang bis zur zentralen Festhalle. Besonders der Abschnitt zwischen dem Freiheitsmonument und dem Reiterstandbild des heiligen Ludwig - dem Namensgeber der Stadt - diente repräsentativen Zwecken und war Ort von Konzerten und militärischer Paraden. Südlich dieser Achse befanden sich die Gebäude für Manufaktur, Unterrichtswesen und Sozialökonomie, Bergwerk und der freien Künste und nördlich davon die Paläste der Industrie, in dem unter anderem die Kunstgewerbeabteilung untergebracht war, der Elektrizität und der Maschinen, das Kesselhaus und der Transportpalast. Für die imposante Wirkung dieser Gebäude sorgte nicht nur ihre Größe, sondern die wirkungssteigernde Fassadengestaltung mit Türmen, Arkadengängen, aufwendigen Portalen, römischen Bögen und Eckpavillons. Zur Feier des hundertjährigen Jubiläums der Dampflokomotive war der Transportpalast als großer Bahnhof gestaltet worden. In seinem Inneren beherbergte er eine arbeitende Dampfmaschine, die als "Spirit of the twentieth century" auf einer rotierenden Plattform installiert war. Umgeben von einer sechs Kilometer langen Eisenbahnstrecke wies diese Inszenierung auf die existentielle Bedeutung der Eisenbahn - die Entwicklung des Automobils lag noch in den Anfängen und die Luftfahrt war eine Zukunftsvision - gerade für die Erschließung des amerikanischen Mittelwestens hin. Architektonisch bildete die Festhalle auf dem Art Hill hinter dem großen Bassin den Höhepunkt dieser Anlage. Der New Yorker Architekt Cass Gilbert plante diesen ornamentalen Rundbau als KonzertAuditorium für mehr als 3500 Personen mit einer Kuppel, die größer war als die von St. Peter in Rom. Hier wurden jeden Tag Konzerte auf der größten Orgel der Welt gegeben. An jeder Seite der Halle schlossen sich wie schützende Arme die leicht gebogenen Kolonnaden an, deren einzelne Bögen mit Inschriften und allegorischen Skulpturen jeweils einen der dreizehn ersten amerikanischen Staaten verkörperten. Am effektvollsten waren Masquerays Wasserspiele vor der Halle, wo drei Wasserfälle zwischen Springbrunnen und Skulpturenschmuck dank eines Pumpsystems, das 170 Liter Wasser pro Minute bewegen konnte, in das tiefergelegene Große Becken stürzten. Dieses Bassin von 180 Meter Durchmesser erweiterte sich in riesige Lagunen, die das halbe Ausstellungsgebiet entlang der


Hauptstraßen durchzogen. Die Ufer waren mit laternengeschmückten Balustraden eingefasst, die Brücken mit Skulpturenschmuck - etwa einem Kampf zwischen Eisbären und Seelöwen oder Szenen aus dem Wilden Westen - verziert. Am Abend waren die Besucher dazu eingeladen auf venezianischen Gondeln über das weiß, rot und türkis beleuchtete Wasser zu fahren und dabei mittels Einsatz von Quecksilberdünsten die Verwandlung der Kaskaden in einen feuerspeienden Vulkan zu erleben, aus dessen Glut Blumen emporstiegen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1904 in St. Louis Die zentralen Ausstellungen: Kunstgewerbe, Anthropologie

Jahr:

1904

Stadt: St. Louis Land:

USA

Dauer: 30. April - 1. Dezember 1904

1 2 3 4

Copyright: Reid 1904

Programm Die Kunstgewerbeabteilung Obwohl die modernen Entwicklungen im Kunstgewerbe ihren Ursprung in England nahmen, fehlten in der englischen Ausstellung Exponate, die die Errungenschaften auf diesem Gebiet ausführlich dokumentierten. Auch Frankreichs Beitrag zum Kunstgewerbe ging über das vier Jahre zuvor in Paris Gezeigte nicht hinaus. Der Schwerpunkt in der deutschen angewandten Kunst lag hingegen auf der umfassenden Präsentation aktuellster Ansätze, was Deutschland positive Kritiken und eine Reihe von Preisen einbrachte. In der nordöstlichen Ecke des Industriepalastes waren um einen Mittelsaal von Bruno Möhring 40 Innenräume, bevorzugt Wohnräume, installiert worden. Prominenteste Exponate waren neben Produkten des Berliner Werkrings Räume von Bruno Paul und der Bibliothekssaal von Joseph M. Olbrich. Größtes Interesse fand der mit Zedernholz verkleidete Lesesaal von Peter Behrens, dessen Hauptschmuck eine von stilisierten Frauenfiguren flankierte Uhr aus rotem Marmor mit emaillierten Zeigern und Ziffern in einer Wandnische war. Die strenge Gestaltung der Möbel setzte sich in der rechteckigen Form der Lampen aus Milchglas fort. Einfachheit, die Zurücknahme des Ornaments zugunsten der tektonischen Gestaltung, Hervorhebung von Materialien und ihrer Eigenschaften als Gestaltungsgrundlage, einheitliche Farbgebung und vor allem Zweckmäßigkeit und Bequemlichkeit waren die Vorgaben, die zu einer Qualitätssteigerung nicht nur der Wohnräume, sondern des Lebens ihrer Bewohner führen sollten.

Die anthropologische Abteilung In der Folge des spanisch-amerikanischen Krieges 1898 hatten die Vereinigten Staaten Besitzansprüche in der Karibik und im Pazifik gestellt und Protektorate eingerichtet. Die Weltausstellung war nach weit verbreiteter Auffassung die beste Gelegenheit, um diese expansive Politik vor der Welt zu rechtfertigen. So sollte die anthropologische Abteilung diesmal nicht nur wie in Paris 1900 exotische Träume aus europäischer Sicht illustrieren, sondern die angeblich hoffnungslose Rückständigkeit und Barbarei dieser Völker demonstrieren, denen nun mit Schulen der amerikanischen Regierung geholfen werden konnte. In einiger Entfernung zu den großen Palästen waren mit Unterstützung damals angesehener Ethnologen Dörfer aufgebaut worden, in denen die Eingeborenen bei ihrem Alltagsleben zu besichtigen waren. Die Gegenüberstellung neuester technischer Errungenschaften in den großen prunkvollen Palästen und den philippinischen Lehmhütten oder den indianischen Zeltdörfern dienten dazu, den menschlichen Fortschritt und damit die Überlegenheit der angelsächsischen Zivilisation überzeugend zu demonstrieren. William McGee, Direktor dieser Abteilung, brachte Ethnien wie Patagonier aus Südamerika, Cocopa-Indianer aus Nordmexiko, Kwakiutl-Indianer aus Kanada nach Saint Louis. Teilweise brauchten McGees Mitarbeiter mehrere Monate, um die Indianer zur Teilnahme an der Ausstellung zu bewegen.


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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1904 in St. Louis

Jahr:

1904

1

Stadt: St. Louis Land:

USA

Dauer: 30. April - 1. Dezember 1904

Copyright:

Bibliographie Amtlicher Bericht über die Weltausstellung in St. Louis 1904. Berlin 1906. Marc Bennitt (Hg.), History of the Louisiana Purchase Exposition. Saint Louis 1905. Eric Breitbart, A World on Display. Photographs from the St. Louis World´s Fair 1904. Albuquerque 1997. Yvonne M. Condon, St. Louis 1904 - Louisiana Purchase International Exposition. In: John E. Findling (Hg.), Historical Dictionary of World´s Fairs and Expositions, 1851-1988. New York, Westport Connecticut, London 1990, S.178-186. Timothy J. Fox, Duane R. Sneddeker, From the Palaces to the Pike. Visions of the 1904 World´s Fair. St. Louis 1997. David R. Francis, The Universal Exposition of 1904. 2 Bde. Saint Louis 1913. Führer durch die deutsche Unterrichtsausstellung in St. Louis 1904. Berlin 1904. Hermann Knauer, St. Louis und seine Weltausstellung. Eindrücke und Erlebnisse. Berlin 1904. Hermann Knauer, Deutschland am Mississippi. Berlin 1904. Peter Paret, Art and the National Image: The Conflict over Germany´s Participation in the St. Louis Exposition. In: Central European History, Bd. 11, Nr. 1, March 1978, S. 173-183. James Neal Primm, Lion of the Valley. Saint Louis 1981, S. 345-418. Robert A. Reid (Hg.), The Universal Exposition St. Louis. Beautifully illustrated. Saint Louis 1904. Robert W. Rydell, The Louisiana Purchase Exposition, Saint Louis, 1904. The Coronation of Civilization. In: Ders., All the World´s a Fair. Visions of Empire at American International Expositions, 1876-1916, Chicago, London 1984, S.154-183. Ludwig Schmülling, Deutscher Führer durch die Weltausstellung von St. Louis. St. Louis 1904. Weltausstellung in St. Louis 1904. Amtlicher Katalog. Ausstellung des Deutschen Reichs. Hg. Reichskommissar Lewald. Berlin 1904.


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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1904 in St. Louis Der Präsident der Ausstellung: David R. Francis

Jahr:

1904

1

Stadt: St. Louis Land:

USA

Dauer: 30. April - 1. Dezember 1904

Copyright: Schm�lling 1904, S. 88

Biographie David R. Francis wurde am 1. Oktober 1850 in Richmond in Kentucky geboren. Seine Schulbildung erfolgte in der Vaterstadt und in St. Louis. 1870 promovierte er an der Washington Universität. Die kaufmännische Laufbahn lockte ihn am meisten; nachdem er kurze Zeit als Schiffsprediger gewirkt hatte, begründete er 1877 ein Getreidegeschäft, das später unter der Firma D.R. Francis & Bro Commission Co. bedeutend wurde. Seine kaufmännischen Qualitäten verhalfen ihm 1884 zum Präsidenten der Börse in St. Louis, sowie zum Direktor großer Eisenbahngesellschaften und Banken. 1883 wurde er zum Mayor von St. Louis und 1888 von der demokratischen Partei zum Gouverneur von Missouri gewählt. Seine Verwaltung stellte St. Louis in die Reihe der ersten Städte der Union, die Finanzen gelangten durch seine Reorganisationen zu hoher Blüte. 1896 wurde er durch den Präsidenten Cleveland Staatssekretär des Inneren. Neben seiner aufreibenden Berufsthätigkeit fand er noch Zeit zum Studium alles dessen, was den Mann von universaler Bildung charakterisiert. Nur ein solcher Mann schien imstande, die Riesenarbeit der Organisation dieser Weltausstellung bewältigen zu können. Wo seine Fachkenntnis und Energie abprallen, setzt der Zauber seiner Persönlichkeit ein. So sicherte er von vornherein den Erfolg der Weltausstellung. David R. Francis agitierte in einer Versammlung der "Business Mens´ League" am 7. Juni 1896 lebhaft für das Zustandekommen einer World´s Fair in St. Louis, indem er besonders auf die handelspolitische Bedeutung eines solchen Unternehmens hinwies und gleichfalls den moralischen Wert mit begeisterten Worten berücksichtigte." Zit. aus: Schmülling 1904, S. 21, 23.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1904 in St. Louis 20 Millionen Besucher

Jahr:

1904

1

Stadt: St. Louis Land:

USA

Dauer: 30. April - 1. Dezember 1904

Copyright: Schm�lling 1904

Bilanz Am letzten Tag der Ausstellung, dem 1. Dezember 1904, schloss Francis seine Abschiedsrede mit den Worten "Farewell, a long farewell, to all thy splendor". Eine Band stimmte "Auld Lang Syne" an, bevor die Feierlichkeiten schließlich mit einem Feuerwerk endeten. Obwohl weder das Ausstellungskonzept noch dessen architektonische Gestaltung nennenswerten innovativen Ansätzen entsprungen war, war man sich in Amerika über ihren Erfolg einig. In sieben Monaten hatte das bisher größte Weltausstellungsgelände beinahe 20 Millionen Besucher angezogen. Um den Teilnehmern Zeit für den Rücktransport ihrer Exponate zu geben, blieben alle Gebäude bis zum Frühjahr 1905 stehen. Erst dann sollte das gesamte Baumaterial, die Dekorationsstücke und Möbel für 450 000 Dollar der Chicago Wrecking Company verkauft und mit den Abbrucharbeiten begonnen werden. Die Bemühungen eines Vereins, der für die Errichtung eines Gewerbemuseums aus den Beständen der Ausstellung in den Räumen des Deutschen Hauses eintrat, scheiterten nicht nur an den Kosten für den erforderlichen Innenausbau. Der deutsche Reichskommissar erklärte sich nicht bereit, die wertvolle Innenausstattung des Hauses kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die Ausstellungsleitung hatte sich zudem dazu verpflichtet, den Park mit Ausnahme des Kunstpalastes und den Volieren der Stadt unbebaut zurückzugeben. Der einstmals wilde und nun kultivierte Park sollte der Öffentlichkeit als Erholungsareal mit Golf- und Tennisplätzen, Picknickplätzen, Kunstmuseum und Zoo zur Verfügung stehen. Der finanzielle Gewinn der Ausstellung diente unter anderem zur nachträglichen Errichtung zweier Denkmäler: Ein Pavillon mit einer Bronzestatue von König Ludwig IX. und das Jefferson-Denkmal, das als Aufbewahrungsort der Ausstellungsberichte und der Sammlungen der Missouri Historical Society ausersehen war.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1904 in St. Louis "A strong body made for a strong mind" - Die dritte Olympiade

Jahr:

1904

1

Stadt: St. Louis Land:

USA

Dauer: 30. April - 1. Dezember 1904

Copyright:

Die Olympiade Das zukünftige Washington University Stadium (Francis Field), im Nordwesten des Ausstellungsgeländes gelegen, wurde vom 14. Mai 1904 an für sechs Monate Schauplatz der dritten olympischen Spiele. Gemäß den Forderungen des Internationalen Olympischen Komitees wurden alle Sportwettkämpfe, die während der Ausstellung abgehalten wurden, zur Olympiade gerechnet. Im Zentrum des Interesses standen jedoch Wettbewerbe in den Lauf-, Wurf und Sprungdisziplinen, die vom 29. August bis 3. September stattfanden. Ohne nationale Bindung traten die Athleten als Einzelpersonen oder als Repräsentanten von Sportclubs an. Einige bemerkenswerte Erfolge gingen in die Geschichte der Olympiaden ein. George Coleman Poage erreichte als erster teilnehmender Afroamerikaner den dritten Platz im 200 und 400 Meter Hürdenlauf. In ganz anderer Weise sorgte der Marathonlauf für großes Aufsehen, nachdem ein Läufer, der als Erster durchs Ziel gegangen war disqualifiziert werden musste, da er sich streckenweise mit dem Auto hatte transportieren lassen. Der eigentliche Gewinner Thomas J. Hicks hingegen sorgte bereits 1904 für eine erste Doping-Kontroverse. Seine Trainer hatten ihn während des Rennens mit Strychnin, Eiweiß und Brandy versorgt, um zu demonstrieren wie Chemikalien die Leistungsfähigkeit des Körpers steigern könnten. Aus heutiger Sicht besonders fragwürdig erscheint die Einrichtung der "Anthropologischen Tage", an denen Angehörige der als "primitiv" bezeichneten Völker Amerikas gezwungen wurden, in Disziplinen, für die sie nicht trainiert hatten, gegeneinander anzutreten. Zur Propagierung des Mottos "a strong body made for a strong mind" organisierte James E. Sullivan, der Leiter der Abteilung für Körperkultur, ein Beiprogramm mit Vorträgen über Gesundheit, Sport und Trainingsmöglichkeiten. Im Zuge der gesellschaftlichen Aufwertung des Sports wurden körperliche Ertüchtigung als Bedingung für Fortschritte in der Wissenschaft und als Grundlage zur Lösung sozialer Probleme interpretiert.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1904 in St. Louis Das Deutsche Haus

Jahr:

1904

1

Stadt: St. Louis Land:

USA

Dauer: 30. April - 1. Dezember 1904

Copyright:

Der deutsche Pavillon Entschiedene Verhandlungen von Reichskommissar Legwald sicherten dem Deutschen Reich als einziger ausländischer Nation einen Bauplatz in zentraler und erhöhter Lage an der Spitze des amerikanischen Staatenplateaus. Bruno Schmitz errichtete hier das Deutsche Haus, dessen Entwurf sich gemäß dem Wunsch Kaiser Wilhelms II. weitgehend an Schlüters Charlottenburger Schloss orientierte. Auf 16.000 Quadratmetern Fläche komponierte Schmitz einen von großzügigen Terrassen umgebenen zweistöckigen Hauptbau, der über monumentale Freitreppen erreichbar war und mit einen Laubengang mit einem zweiten Gebäude verbunden wurde, das als Weinrestaurant diente. Mit seinen barock geschwungenen Formen und den acht großen versenkbaren Fenstern wurde dieser filigran wirkende Pavillon zum beliebtesten Restaurant des gesamten Ausstellungsgeländes. Der 46 Meter lange und 21 Meter tiefe Hauptbau erhob sich auf einer Grundfläche von 930 Quadratmetern auf rechteckigem Grundriss. Wie in Charlottenburg wurde die Vorderfront durch einen vorgezogenen Mittelbau mit einem zweistöckigen Giebelrisalit mit großen Fenstern akzentuiert, über den sich die große Kuppel wölbte. Hier befand sich die kreisförmige Eingangshalle, von der aus die Besucher zu verschiedenen Ausstellung- oder Büroräumen und einem großen Lesesaal gelangten. Im Obergeschoss waren die Präsentationsräume eingerichtet: die achtsäulige Mittelhalle mit einer Büste des Kaisers und die Eichenholzgalerie, die zwischen Tressensaal und Brandenburger Kammer lag. Eine Tür führte von dort in einen großen Saal, in dem Gobelins aus dem Besitz des Kaisers ausgestellt waren. 1695 waren sie zur Verherrlichung der kriegerischen Taten des Großen Kurfürsten gewebt worden, sie zeigten die Schlacht bei Fehrbellin, die Landung auf der Insel Rügen, die Belagerung Stralsunds und die Beschießung Stettins. Das Dach bildete eine von einem schmiedeeisernen Geländer umgebene Plattform, von der man einen großartigen Blick über das Ausstellungsgelände hatte. Die große Kuppel wurde in 48 Meter von einer Figur der Wettergöttin bekrönt. Hier hingen die vom Bochumer Verein für Bergbau und Stahlfabrikation gegossenen Glocken, die jeden Mittag und kurz vor Sonnenuntergang sowie zu besonderen Feierlichkeiten läuteten. Auf der Hauptterrasse fand am 6. Oktober, seit 1863 Feiertag der Deutschamerikaner, eine pompöse Zeremonie mit 146.000 Besuchern statt, um das Datum der ersten großen Kolonie deutscher Ansiedler im Jahre 1863 auf amerikanischem Boden zu feiern. In ihren patriotischen Festreden wiesen Carl Schurz, Emil Preetorius und der deutsche Botschafter nachdrücklich auf die unzertrennbaren Bande zwischen Deutschland und Amerika hin. Von Zeitgenossen besonders bewundert wurde die Innenausstattung der Schlossimitation, für die man Abgüsse des Stucks der Originalräume herstellen ließ und originale Möbel, Kunstwerke und mobilen Raumschmuck von Berlin nach Saint Louis transportierte. Dem Gesamtcharakter dieser Weltausstellung entsprechend brillierte der Beitrag nicht durch einen innovativen, gegenwartsbezogenen Ansatz, sondern bemühte historische Symbole zur Selbstdarstellung: "Was Friedrich I. als glänzenden Schein vorwegnahm, erhielt einen weltgeschichtlichen Inhalt: Am Turm der Charlottenburger Schlossfront schwebt in St. Louis über dem


preußischen Wappen die deutsche Kaiserkrone. Wenn ihr jetziger Träger für dieses Haus die Kunstformen aus den Tagen seines ersten königlichen Ahnherrn wünschte, so geschah dies mit freudigem Recht des Erben am erworbenen Besitz." (Alfred Gotthold Meyer)

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1904 in St. Louis Die internationalen Pavillons

Jahr:

1904

1

Stadt: St. Louis Land:

USA

Dauer: 30. April - 1. Dezember 1904

Copyright:

Die Pavillons Der nordwestliche Teil des Geländes war den internationalen Pavillons vorbehalten, die sich um das Kongress- und Verwaltungszentrum der im englischen Tudorstil erbauten University of Washington und bis zum Olympia-Stadion im Westen verteilten. Nachbildungen nationaler Gebäude wie ein chinesischer Tempel, der Orangerie von Kensington oder einer italienischen Renaissancevilla überwogen und ließen in die Zukunft weisende architektonische Lösungen vermissen. Eine originelle Ausnahme bildete lediglich das österreichische Gebäude - ein Werk der modernen Wiener Schule. Als besonders exotisch empfanden die Besucher wohl die bewohnten Indianerzelte. Südlich davon befand sich der Geländeabschnitt mit dem Landwirtschaftspalast und der Gartenbauausstellung. Auf dem Teich wurden Rettungsübungen und Schwimmwettkämpfe vorgeführt. Zu Füßen des Landwirtschaftsgebäudes befand sich die Philippinen-Ausstellung, die von einer der alten Festung Manila nachgebildeten Mauer mit hohem Portal begrenzt wurde. Am Wasserlauf vor der Mauer lagen die schilfgedeckten Hütten. Zwischen der Staatenterrasse und dem Landwirtschaftspalast waren außer weiteren amerikanischen Staatsgebäuden die israelische Anlage und ein japanischer Garten mit Teepavillons, künstlichen Teichen, Brücken und kleineren Gebäuden zu finden. In einem amphiteatralischen Holzbau mit hohen, steilansteigenden Galerien wurde jeden Nachmittag und Abend die aufwendigste Schau der Ausstellung, eine Nachstellung des Burenkrieges, vorgeführt.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1929-1930 in Barcelona Tradition und Moderne

Jahr:

1929

1

Stadt: Barcelona Land:

Spanien

Dauer: 20. Mai 1929 - 15. Januar 1930

Copyright: Sol�-Morales 1993, S. 25

Einleitung In einem großen Parkgelände am Berg Montjuich fand die zweite Weltausstellung (nach einem wenig Aufsehen erregenden Vorgänger 1888) in Barcelona statt. Parallel dazu demonstrierten die lateinamerikanischen Staaten in Sevilla bei der ibero-amerikanischen Ausstellung ihre engen Bindungen an die alte Kolonialmacht. In Barcelona hingegen wurden der Welt spanische Kunstwerke und Industrieprodukte, sowie im Spanischen Dorf die einheimische Architekturdenkmäler in Repliken gezeigt. Von den Beiträgen der ausländischen Nationen ist auch heute noch ein architektonisches Highlight berühmt: der Pavillon des Deutschen Reichs von Ludwig Mies van der Rohe - ein hocheleganter, moderner Flachbau mit frei eingestellten Wänden aus edelsten Materialien.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1929-1930 in Barcelona

Jahr:

1929

1

Stadt: Barcelona Land:

Spanien

Dauer: 20. Mai 1929 - 15. Januar 1930

Copyright: Sol�-Morales 1993, S. 25

Daten Offizielle Bezeichnung: Exposición Internacional de Barcelona Thema: Industrie, Kunst und Sport Dauer: 20. Mai 1929 - 15. Januar 1930, Eröffnung am 19. Mai durch König Alfonso XIII. Ort: Park des Montjuich Fläche: 118 Hektar Wahrzeichen: El Palacio Nacional (mit der Ausstellung über die Kunst in Spanien mit 3.000 Exponaten), EL Pueblo Español (ein traditionelles spanisches Dorf), der Deutsche Pavillon (Architekt: Ludwig Mies van der Rohe) Organisation: Schirmherrschaft: König Alfonso XIII. Exekutivausschuss ( Leitung: Marqués de Foronda) Ehrenausschuss (Leitung: Bürgermeister von Barcelona ) Beratender Ausschuss Königlicher Generalkommissar: Albert Henri Marie de Bourbon e de Castellvi Architekten: Pedro Domenech (Chefarchitekt), Josep Puig y Cadafalch, Lluis Domenech y Montaner Teilnehmer: 14 europäische Nationen und private, internationale Aussteller Aussteller: 1.714 Exponate: 12.900 Kosten: 130.000.000 Peseten (= 25.000.000 Dollar) Finanzierung : Stadt Barcelona und Staat. Zuschüsse des Staates: 10.000.000 Peseten Klassifikation: 18 Gruppen und 116 Klassen, Unterteilung in drei thematische Sektionen: Industrie, Kunst in Spanien, Sport Preise: 1.175 Preise, davon 655 Grand Prix


Kategorie: Internationale Ausstellung zweiter Kategorie

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1929-1930 in Barcelona

Jahr:

1929

1

Stadt: Barcelona Land:

Spanien

Dauer: 20. Mai 1929 - 15. Januar 1930

Copyright: Sol�-Morales 1993, S. 25

Daten Offizielle Bezeichnung: Exposición Internacional de Barcelona Thema: Industrie, Kunst und Sport Dauer: 20. Mai 1929 - 15. Januar 1930, Eröffnung am 19. Mai durch König Alfonso XIII. Ort: Park des Montjuich Fläche: 118 Hektar Wahrzeichen: El Palacio Nacional (mit der Ausstellung über die Kunst in Spanien mit 3.000 Exponaten), EL Pueblo Español (ein traditionelles spanisches Dorf), der Deutsche Pavillon (Architekt: Ludwig Mies van der Rohe) Organisation: Schirmherrschaft: König Alfonso XIII. Exekutivausschuss ( Leitung: Marqués de Foronda) Ehrenausschuss (Leitung: Bürgermeister von Barcelona ) Beratender Ausschuss Königlicher Generalkommissar: Albert Henri Marie de Bourbon e de Castellvi Architekten: Pedro Domenech (Chefarchitekt), Josep Puig y Cadafalch, Lluis Domenech y Montaner Teilnehmer: 14 europäische Nationen und private, internationale Aussteller Aussteller: 1.714 Exponate: 12.900 Kosten: 130.000.000 Peseten (= 25.000.000 Dollar) Finanzierung : Stadt Barcelona und Staat. Zuschüsse des Staates: 10.000.000 Peseten Klassifikation: 18 Gruppen und 116 Klassen, Unterteilung in drei thematische Sektionen: Industrie, Kunst in Spanien, Sport Preise: 1.175 Preise, davon 655 Grand Prix


Kategorie: Internationale Ausstellung zweiter Kategorie

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1929-1930 in Barcelona Ein langer Weg

Jahr:

1929

Stadt: Barcelona Land:

Spanien

Dauer: 20. Mai 1929 - 15. Januar 1930

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Copyright:

Vorgeschichte Manche Weltausstellungen ziehen scheinbar automatisch eine Folgeveranstaltung nach sich. Die nur mäßig erfolgreiche Ausstellung 1888 in Barcelona weckte bei den katalanischen Kommunalpolitikern bald den Ehrgeiz, es noch einmal zu versuchen. 1913 konstituierte sich eine Junta Directiva de l´Exposicio unter dem Vorsitz des Bürgermeisters Joan Pich y Pon, um eine Ausstellung der Elektroindustrie für das Jahr 1917 vorzubereiten. Im folgenden Jahr wurde bei der spanischen Regierung eine Finanzhilfe zur Entwicklung und Verschönerung der Grünflächen der Stadt im Hinblick auf die Ausstellung beantragt. Die Regierung stellte der Stadtverwaltung das noch landwirtschaftlich und militärisch genutzte Gelände rund um die Stadtfestung auf dem Berg Montjuich zur Verfügung. Der erste Weltkrieg unterbrach jedoch sämtliche Planungen. Erst 1920 konnte das Projekt wieder aufgenommen werden und man begann mit Ausbau des Montjuich-Parks. 1923 wurden erste Gebäude im Rahmen der Internationalen Ausstellung für Möbel und Innendekoration eröffnet. Nachdem der Militärdiktator Primo de Rivera in Spanien an die Macht gekommen war, wurde der Ausstellungsplan einer Revision unterzogen. Zur Selbstdarstellung der neuen Regierung eignete sich eine große Ausstellung hervorragend. So beschloss man zwei Jahre später, eine Weltausstellung in Barcelona abzuhalten, die zeitgleich mit der Iberoamerikanischen Ausstellung in Sevilla stattfinden sollte. Bei der Bevölkerung konnte immer auf Zustimmung gerechnet werden, da die Ausstellung von 1888 der Stadt wesentliche Impulse zur Modernisierung gegeben hatte. Das Programm der Ausstellung wurde in drei Abteilungen - Industrie mit internationaler Beteiligung, Sport sowie Kunst in Spanien - aufgegliedert.

Eine Partnerveranstaltung in Sevilla: Die Iberoamerikanische Ausstellung Für eine Ausstellung über die engen Verbindungen zwischen Spanien und seinen ehemaligen amerikanischen Kolonien war Sevilla der ideale Ort, denn von hier war Christoph Kolumbus 1492 in die neue Welt aufgebrochen. Seitdem die Spanier im Krieg mit den USA 1905 ihre letzten Besitzungen in Amerika aufgeben mussten, gab es Pläne, mit einer Großausstellung zumindest die kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen zu den südamerikanischen Ländern zu festigen. Die Militärregierung in Madrid hegte Träume von einem hispano-amerikanischen Block, der in der Welt als Machtfaktor beachtet würde. Daher war die Iberoamerikanische Ausstellung - so benannt, um auch Portugal und Brasilien die Teilnahme zu ermöglichen - in Sevilla mit hohen Erwartungen befrachtet. Selbst die neue Macht in Amerika, die USA, wurden nach längeren innerspanischen Querelen eingeladen. 1926 wurde José Cruz Condé von der spanischen Regierung mit der Planung und dem Aufbau der Ausstellung beauftragt, und drei Jahre später konnte die Schau pünktlich vom spanischen König eröffnet werden. Entlang des Flusses Guadalquivir, südlich der Stadt, wurden große Flächen in eine großzügige Parklandschaft verwandelt. Der Haupteingang zur Ausstellung befand sich gegenüber der großen


Tabakfabrik, einem aus Bizets Oper 'Carmen' bekannten Wahrzeichen der Stadt. Hier hatte der Chefarchitekt Vicente Traver die sich halbkreisförmig öffnende Plaza de España angelegt. Ein hoher Turm nach Art der spanischen Renaissance überragte die anderen Gebäude, die im bunten Stilgemisch arabische, Renaissance- und Barockzitate aufwiesen. In einem breiten Arkadengang, der die Ausstellungshallen miteinander verband, erzählte ein Fries aus typisch sevillanischen Kacheln die Geschichte der spanischen Provinzen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1929-1930 in Barcelona "Punt culminant": Der Nationalpalast

Jahr:

1929

Stadt: Barcelona Land:

Spanien

Dauer: 20. Mai 1929 - 15. Januar 1930

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Copyright:

Wahrzeichen Die breite Avenida de la Reina María Cristina, die als wichtigste Straße des Ausstellungsgeländes vom Haupteingang auf den Montjuich führte, wurde vom Nationalpalast, dem größten Gebäude der Weltausstellung bekrönt. Ganz der Kultur gewidmet, sollte er ein die Nation einendes Monument sein. Die Idee für dieses Gebäude wurde von den Organisatoren der Ausstellung mehr als zwanzig Jahren debattiert. Es sollte, wie seinerzeit der Eiffelturm, das Wahrzeichen der Veranstaltung werden. Als Kunsttempel war er der Gegenentwurf zu den großen Industrieausstellungshallen der vorherigen Weltausstellungen, dem Londoner Kristallpalast von 1851 oder Wiener Rotunde von 1873. Einen ersten Entwurf legte der katalanische Architekt Puig y Cadafalch vor: einfache symmetrische Formen mit klassizistischem Formendekor. Nachdem sich in Madrid die Militärdiktatur durchgesetzt hatte, wurde jedoch erneut ein Wettbewerb zur Gestaltung des zentralen Gebäudes ausgeschrieben. Auch wenn sich die neuen Entwürfe der Sieger, Enrique Catá und Pedro Cendoya, nicht wesentlich von Puigs Konzept unterschieden, war vor allem die Gestaltung der Fassaden deutlicher als manifestartige Demonstration der spanischen Einheit gedacht. Der monumentale, achsensymmetrische Bau erinnerte mit seinem hochaufragenden Mittelteil und den betonten Eckpavillons an den Escorial, das Schloss der spanischen Könige. Die vier hohen, den Festsaal flankierenden Türme verweisen als Zitate auf die großen spanischen Kathedralen in Santiago de Compostela und Saragossa. Diese gewagte Kombination sakraler und profaner Architektur aus allen Teilen des Landes war nur möglich, indem die Architekten auf den akademischen Eklektizismus des 19. Jahrhunderts zurückgriffen. Von moderner Architektur konnte keine Rede sein. Dabei verbarg sich hinter der hochaufragenden Kuppel des Vestibüls ein durchaus mit modernen Ingenieursmitteln errichteter Festsaal für 20.000 Personen. Die diesen Saal bedeckende größte Kuppel des Landes war von der Schauseite des Nationalpalastes nicht zu sehen. Doch auch hier trugen die flachen Kuppelrippen aus Eisenbeton zehn Meter hohe, aufwendig verzierte korinthische Doppelsäulen. Die anderen Säle des Gebäudes wurden ebenfalls aus eisenarmierten Beton errichtet. Wie immer bei Weltausstellungen standen die Bauarbeiten unter größtem Termindruck. Daher wurde die gesamte Innenausstattung mit vor Ort hergestellten Gips- und Stuckpaneelen ausgeführt. Der Palast bot genügend Platz für die große Ausstellung zur spanischen Kunst, die über 5.000 aus Museen, Kirchen und Privatsammlungen zusammengetragene Objekte präsentierte, von den Kunstwerken aus dem römischen Spanien bis zu den Bildern der großen Maler von Velazquez bis Goya. Die Ausstellung erstreckte sich über zwei Stockwerke, im Kellergeschoss war die archäologische Abteilung untergebracht. Für die moderne Kunst wurde ein eigenes Gebäude hinter dem Nationalpalast errichtet. Da jedoch weder für eine ausreichende Beschilderung der Objekte gesorgt wurde noch rechtzeitig ein Ausstellungskatalog vorlag, konnten die wenigsten Besucher mit dem Dargebotenen etwas anfangen. Lehrreicher war ein Raum mit 32 Dioramen, die die wichtigsten Ereignisse in der Geschichte des Landes darstellten.


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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1929-1930 in Barcelona Eine Bühne für die Ausstellung

Jahr:

1929

Stadt: Barcelona Land:

Spanien

Dauer: 20. Mai 1929 - 15. Januar 1930

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Copyright: Exposici�n Internacional Barcelona 1929

Gel�nde Bei der Suche nach einem dem Unternehmen angemessenen Ort hatte man sich bereits früh auf den Berg Montjuich festgelegt, dessen zur Stadt hin gerichteter Abhang wie eine Bühne inszeniert werden konnte. Der 200 ha große Park - von einer Festung, die später Gefängnis und Hinrichtungsstätte genutzt wurde, bekrönt - wurde unter der Leitung von Pedro Domenech durch die Arbeit von Architekten, Ingenieuren und Gärtnern in eine Prachtkulisse verwandelt, die sich dank der Hanglage vor dem Besucher bereits am Haupteingang auf einen Blick zu entfalten schien. Am tiefsten Punkt des Geländes errichtete man diesen Haupteingang, der über einen kreisförmigen Vorplatz - die Plaza d´España - erreichbar war, an dem die Straßen der Stadt sternförmig zusammenliefen und von dem die wichtigsten Avenuen der Ausstellung ausgingen. Die hier platzierte monumentale Brunnenanlage mit den riesigen Fontänen und ihren runden Wasserbecken war somit Angelpunkt zwischen der Stadt und dem Ausstellungsgelände. Entsprechend den topographischen Gegebenheiten gliederte man das Ausstellungsgelände in drei Zonen. In der unteren lagen der Verkehrs- und Transport-Palast, Gebäude der Elektro- und Textilindustrie, der spanische Wohlfahrtspavillon und das Feuerwehrhaus. In der mittleren, höher gelegenen Zone befanden sich u.a. die Länderpavillons, der Palast für moderne Kunst, der königliche Pavillon und der Nationalpalast, der mit seiner Ausstellung "Kunst in Spanien" und dem 5000 Quadratmeter großen Festsaal Prunkstück der Ausstellung sein sollte. In der oberen Zone schließlich war das große Sportstadion zu finden, das erst zur Olympiade von 1992 wieder genutzt werden sollte. Die Gebäude waren alle in das großzügig gestaltete Parkgelände eingebettet, das durch die idyllischen Spazierwege und monumentalen Treppen, prächtig gestalteten Terrassenanlagen, Kaskaden und Gärten gegliedert war. Eine Bergbahn, die von der Calle Marqués del Duero bis zum höchsten Punkt des Montjuich-Parks - dem Paseo Central - führte, sollte den Besuchern den Zugang zu dem ansteigenden Gelände erleichtern. Vom Hauptbahnhof aus konnte man mit der Straßenbahn und mit Bussen bis zur Talstation der Bahn fahren, eine neuartige Rolltreppe erleichterte den Zugang zu den Waggons. Der obere Bahnhof am Paseo Central war mit einer Aussichtsterrasse ausgestattet: von hier waren das Ausstellungsgelände, die Stadt samt Meer und umliegenden Bergen in einem prächtigen Panorama zu sehen. Eine weitere, erst im späteren Verlauf der Ausstellung fertiggestellte Bergbahn führte von hier bis zur Festung auf den Gipfel des Montjuich. Auch in der Stadt wurde das Transportwesen einer gründlichen Modernisierung unterzogen. Mit einem neuen Flughafen und einem neuen Bahnhof sollte dem internationalen Publikum die Anreise erleichtert werden. Um die innerstädtischen Transportprobleme zu lösen, wurden einige Abschnitte der Straßenbahnlinien unterirdisch verlegt. Weitvorausschauend wurden rund um das Stadion große Flächen freigehalten, die den anwachsenden Autoverkehr aufnehmen sollten.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1929-1930 in Barcelona Die Paläste der Industrie und der Nationen und das spanische Dorf

Jahr:

1929

Stadt: Barcelona Land:

Spanien

Dauer: 20. Mai 1929 - 15. Januar 1930

1 2 3 4 5 6 7 Copyright:

Architektur Zahlreiche Hallen waren für die Exponate der spanischen und ausländischen Industrie vorgesehen. Hatte der Generalplan von Puig y Cadafalch noch eine einheitliche Gestaltung der Gebäude vorgesehen, so wurden nach den Wettbewerben für die Weltausstellung zahlreiche Architekten mit der Realisierung beauftragt. Die Auftraggeber bevorzugten monumentale Fassaden, doch in der Gestaltung der Details ließen sie freie Hand. Ergebnis war ein Konglomerat unterschiedlichster Stilzitate, die wenig miteinander harmonierten. Da im Verlauf der verwickelten Planungsgeschichte der Weltausstellung auch an eine Sonderschau der Elektro-Industrie gedacht worden war, wurde den aufstrebenden Energieunternehmen besonders großzügig Ausstellungsfläche eingeräumt. Die deutsche Elektrobranche errichtete sich einen eigenen Pavillon zur Präsentation ihrer Leistungsfähigkeit, die außerdem durch die nächtlichen Beleuchtungsspiele des Geländes unter Beweis gestellt wurden. Die ausländischen Teilnehmer erhielten wie bei den ersten Weltausstellungen in der Mitte des 19. Jahrhunderts Gelegenheit, ihre Produkte in den Themenpalästen in Konkurrenz zu den spanischen Erzeugnissen vorzuführen. Daneben wurden ganze Paläste zur Präsentation der Nationen offen gehalten. So waren die meisten Länderpavillons frei für repräsentative Aufgaben, Feste und Empfänge. In der hochgelegenen Ausstellungszone hinter dem Nationalpalast war Platz für das von Pedro Doménech entworfene große Stadion, den Ausstellungsort für die dritte Sektion: Sport. Die Tribünen boten 60.000 Besuchern Platz. Da hier den ganzen Sommer über hochkarätige Wettbewerbe abgehalten wurden, war ein ständiger Besucherstrom sichergestellt.

Das spanische Dorf Wie bei den Pariser Weltausstellungen wollte man auch in Barcelona dem Besucher einen Spaziergang durch die Geschichte Spaniens ermöglichen. Dazu wurden auf 20.000m² Fläche Nachbildungen der "schönsten und typischsten Bauwerke aller Teile Spaniens" zu einer Gesamtanlage zusammengefasst. Eine mittelalterliche Stadtmauer verwandelte das Konglomerat der Bauten in ein fiktives Dorf, das als Ort für die "malerische Darstellung des Lebens auf dem Lande" ausersehen war. Neben nahezu täglichen Trachtenumzügen, Ritterturnieren, Tanz-, Musik- und Volksfesten sowie Nachinszenierungen historischer Ereignisse engagierte man für die Dauer der Ausstellung kostümierte Dorfbewohner, um den Kulissen spanisches Leben einzuhauchen. Außerdem fanden die Ausstellungsbesucher hier Restaurants, Informationsstellen, Lebensmittelläden, Telefonzentrale und das Büro für öffentliche Führungen in verschiedenen Sprachen.


Das Dorf war in vier verschiedene Zonen aufgeteilt. Durch die genaue Kopie des mittelalterlichen Stadttores San Vicente von Avila betrat man das Pueblo Español. Dahinter gelangte man zum Kastilischen Platz. Rechts davon befand sich das Viertel der Extremadura. Durch die Kolonnaden von Sanguesa gelangte man auf den Hauptplatz, den Veranstaltungsort der Volksfeste. Diese Plaza Mayor, an dem das nachempfundene Rathaus von Valderrobles der Provinz Teruel lag, wurde von Gebäuden aus verschiedenen, überwiegend nördlichen Provinzen des Landes wie Castilla y León, Cantabria, Aragón begrenzt. Im Haus Nr. 9 waren 55 Dioramen aller spanischen Provinzen untergebracht. Die Struktur des Platzes entlehnte man der Bauweise spanischer Dörfer. Während dort jedoch keine regelmäßigen Arkaden zu finden waren, versuchte man hier mit Kunstgriffen wie Maßstabsveränderungen und vereinheitlichendem, typisierendem Bauschmuck die differenten Bauwerke zu einem homogenem Gesamteindruck zu verschmelzen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1929-1930 in Barcelona

Jahr:

1929

1

Stadt: Barcelona Land:

Spanien

Dauer: 20. Mai 1929 - 15. Januar 1930

Copyright: Barral i Altet 1992, S. 123

Kommentare Die feierliche Einweihung: "Nach Beendigung der religiösen Feier begab sich das Königspaar, begleitet vom gesamten Hofstaat, in verschiedenen Automobilen zum National-Palast. Dieser war schon vorher durch die zur feierlichen Einweihung eingeladenen Personen vollkommen besetzt. Im Hintergrunde des großartigen Festsaales war auf einer mit kostbaren Teppichen geschmückten Estrade der königliche Thron errichtet. Die Rückwand war von herrlichen Teppichen des Königspalastes bedeckt. Von der hochgelegenen Galerie grüßten die schönen gestickten Wappen der spanischen Provinzen. (...) Der Ministerpräsident, Don Miguel Primo de Rivera kam [in seiner Rede] auf die Legende von der Rückständigkeit Spaniens zu sprechen und sagte, dass die von Spanien mit so viel Fleiß organisierten Ausstellungen von Sevilla und Barcelona in ihrer Großartigkeit der beste Gegenbeweis für derartige Behauptungen seien. Er hob die geistige Bedeutung derartiger Veranstaltungen hervor und wies darauf hin, dass dieselben ein Ausdruck des Ordnungsprinzips und der Arbeitsamkeit, welche die Grundlagen der Größe eines Volkes ausmachen, sind. Der Redner erklärte, dass der augenblickliche König von Spanien durch göttliche Vorsehung auserwählt sei, der Wiederauferstehung Spaniens als Führer zu dienen. Sein Vortrag klang in den Worten aus, dass die Begeisterung Aller den Erfolg der nationalen Anstrengungen bestätigen möge. Danach begaben sich ihre Majestäten, geführt durch eine Abteilung Hellebardiers und begleitet von ihrem Gefolge, der Regierung und Behörden, zum Balkon des National-Palastes. Unter dem Jubel von mehr als dreihunderttausend Personen, die die prachtvollen Alleen und schönen Spaziergänge der Ausstellung überfluteten, sprach S.M. der König mit feierlicher Stimme die denkwürdigen Worte: "Hiermit ist die Internationale Ausstellung Barcelona 1929 eröffnet!" Quelle:Internationale Ausstellung 1929. Katalog. Barcelona 1929. S.13-15.

Alfredo Baeschlin: Das spanische Dorf "Es ist eine Geschichte der bürgerlichen Baukunst, die ihresgleichen suchen dürfte, und wer ohne Reisebeschwerlichkeiten und in kurzer Zeit, die verschiedenen regionalen Baustile der Halbinsel studieren will, darf sich füglich in diese Architekturgeschichte vertiefen. Sie wird ihm ein sicherer Führer sein. (...) Was diese Schöpfung vor allem auszeichnet, ist das zwanglose Ineinandergreifen der verschiedenen Regionen. Es sind eben nicht allein typische Häuser wiedergegeben und aneinandergereiht worden, sondern ganze Platzgestaltungen, malerische Winkel, Treppenaufgänge, Straßen in getreuer Wiedergabe mit allen Krümmungen und Höhenverschiedenheiten. (...) Alles ist vom Architekten glücklich vermieden worden, was rein theatralisch, kulissenhaft zurechtgestutzt, erscheinen könnte. Die Wiedergabe der Fassaden ist von einer fast übertriebenen Treue, so dass es recht schwierig ist, zu erkennen, ob das Ganze Wahrheit oder Fiktion ist."


Quelle: Deutsche Bauzeitung. 63, 1929, S.502 und 504. Vorwort zum Ausstellungskatalog Sevilla 1929

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1929-1930 in Barcelona Ludwig Mies van der Rohe

Jahr:

1929

1

Stadt: Barcelona Land:

Spanien

Dauer: 20. Mai 1929 - 15. Januar 1930

Copyright: Schulze 1986, S. 15

Biographie Ludwig Mies, der später den Namen seiner Mutter van der Rohe annahm, wurde 1886 als Sohn eines Steinmetzmeisters in Aachen geboren. Nachdem er zunächst in der väterlichen Werkstatt und anderen Handwerkerbetrieben gearbeitet hatte, wechselte er 1905 nach Berlin, um bei Bruno Paul zu arbeiten. Ab 1908 assistierte er zusammen mit Le Corbusier und Walter Gropius bei Peter Behrens, bevor er 1912 sein eigenes Architekturbüro eröffnete. Während er sich anfangs wie für die Planung des Kröller-Hauses in Den Haag von 1912 noch an Schinkelscher Bautradition orientierte, sollten seine Entwürfe der folgenden Jahre eine neue Architekturepoche einleiten. Für seinen Aufstieg zu einem angesehenen Architekten und wichtigen Wegbereiter der modernen Architektur des 20. Jahrhunderts waren seine Entwürfe für gläserne Hochhäuser über dreieckigen Grundrissen wie der Wettbewerbsbeitrag für das Hochhaus am Berliner Bahnhof Friedrichstraße von 1919. Acht Jahre später errichtete Mies van der Rohe ein Apartmenthaus für die Stuttgarter Weißenhofsiedlung, für deren Gesamtkoordination er ebenfalls verantwortlich war. Zur Zeit der Errichtung des Pavillons des Deutschen Reiches in Barcelona und dem Haus Tugendhat in Brünn befand er sich auf dem Höhepunkt seiner Karriere in Europa. Von 1930-33 wurde er zum Direktor des Dessauer und danach Berliner Bauhauses berufen - der Keimzelle des neuen Bauens in Deutschland. Zur Zeit des nationalsozialistischen Regimes gab es für Vertreter moderner Bauformen in Deutschland keine Aufträge mehr. 1937 emigrierte Mies van der Rohe in die USA und wurde Leiter der Architekturabteilung des Illinois Institute of Technology in Chicago, dessen Gelände er 1939/40 neu gestaltete und wofür er später weitere Gebäude plante. Nach 1945 begann in Chicago die zweite Karriere Mies van der Rohes. Zur Leitfigur für junge Architekten avanciert, prägte er das neue Bauen der Nachkriegszeit entscheidend. Neben zahlreichen Projekten in den USA, darunter Verwaltungsgebäude, Museen und Wohnblocks, entwarf er von 1965-68 die erst kurz vor seinem Tode vollendete Neue Nationalgalerie in Berlin.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1929-1930 in Barcelona

Jahr:

1929

1

Stadt: Barcelona Land:

Spanien

Dauer: 20. Mai 1929 - 15. Januar 1930

Copyright: Sol�-Morales 1993, S. 25

Bibliographie Sylvie Assassin, Sevilla. L´exposition ibéro-américaine 1929-1930. Paris 1992. Ausstellung von Barcelona. April bis Dezember 1929. Statuten und allgemeine Einteilung. 2 Bände. Barcelona 1926. Xavier Barral i Altet u.a., El palacio Nacional de Montjuic. Kat. Museo Nacional. Barcelona 1992. Juan Pablo Bonta, An anatomy of architectural interpretation. A semiotic review of Mies van der Rohe´s Barcelona Pavilion. Barcelona 1975. Barbara Borngässer Klein, u.a., Inszenierung einer Metropole: Weltausstellung und Olympische Spiele in Barcelona. In: Marion Elvers, Marianne Ritthausen (Hg.), Barcelona: Tradition und Moderne. Studien zur künstlerischen Inszenierung einer Metropole. Marburg 1992. S. 91-109. Gianni Calza, Giovanni Denti, Mies van der Rohe. Il Padiglione di Barcellona. Florenz 1989. Catálogo oficial de la Exosición de Barcelona de 1929. Oficinas de la Exposición. Barcelona 1929. Catálogo Histórico y Bibliográfico de la Exposición Internacional de Barcelona, 1929-30. Barcelona 193133. Der deutsche Reichspavillon auf der internationalen Ausstellung Barcelona. In: Die Baugilde, 25. Oktober 1929. Exposición Internacional, Barcelona: Su Significación y alcance. Barcelona 1929. Exposición internacional de Barcelona 1929. El Arte en España. Guia del museo del Palacio Nacional. Barcelona 1929. Exposición Ibero-Americana Sevilla 1929. Reprint Barcelona 1990. Ludwig Glaeser, Ludwig Mies van der Rohe. The Barcelona Pavilion. Fiftieth Anniversary. New York 1979. Carmen Grandas, L´Exposició Internacional de Barcelona de 1929. Barcelona 1988. Internationale Ausstellung Barcelona 1929. Offizieller Führer. Barcelona 1929.


Silvio Martínez u.a., El pueblo espanol. Barcelona 1989. Francisco Narbona, Sevilla y la Exposición de 1929. Sevilla 1987. Joseph Pijoan, The Spanish Village. In: Art and Archaeology, 27, April 1929. C. Buigas Sans, Las iluminaciones de espectáculo y los juegos de aguas de la Exposición Internacional de Barcelona. In: Espana. Sus Exposiciones. Barcelona - Sevilla 1929/30. Barcelona 1930, S. 65-86. Franz Schulze, The Barcelona Pavilion returns. In: Art in America, 67, 1979, H. 7, S. 98-103. Ignasi de Solá-Morales,L´Exposició International de Barcelona, 1914-1929. Arquitectura i ciutat. Barcelona 1985. Ignasi de Solá-Morales, Cristian Civici, Fernandos Ramos, Mies van der Rohe. Barcelona Pavilion. Barcelona 1993. Nicolas M. Rubio Tudur, Le pavillon d´Allemagne à l´Exposition de Barcelone. In: Les Cahiers d´Art, Nr. 89, 1929, S. 408-411. Franz Schulze, Mies van der Rohe. A critical biography. Chicago, London. Sevilla. Exposición ibéro-americaine 1929-1930. Catalogo oficial. Welt-Ausstellung Barcelona. In: Deutsche Bauzeitung, 1929, H. 21, S. 198-200.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1929-1930 in Barcelona

Jahr:

1929

1

Stadt: Barcelona Land:

Spanien

Dauer: 20. Mai 1929 - 15. Januar 1930

Copyright: Sol�-Morales 1993, S. 25

Bibliographie Sylvie Assassin, Sevilla. L´exposition ibéro-américaine 1929-1930. Paris 1992. Ausstellung von Barcelona. April bis Dezember 1929. Statuten und allgemeine Einteilung. 2 Bände. Barcelona 1926. Xavier Barral i Altet u.a., El palacio Nacional de Montjuic. Kat. Museo Nacional. Barcelona 1992. Juan Pablo Bonta, An anatomy of architectural interpretation. A semiotic review of Mies van der Rohe´s Barcelona Pavilion. Barcelona 1975. Barbara Borngässer Klein, u.a., Inszenierung einer Metropole: Weltausstellung und Olympische Spiele in Barcelona. In: Marion Elvers, Marianne Ritthausen (Hg.), Barcelona: Tradition und Moderne. Studien zur künstlerischen Inszenierung einer Metropole. Marburg 1992. S. 91-109. Gianni Calza, Giovanni Denti, Mies van der Rohe. Il Padiglione di Barcellona. Florenz 1989. Catálogo oficial de la Exosición de Barcelona de 1929. Oficinas de la Exposición. Barcelona 1929. Catálogo Histórico y Bibliográfico de la Exposición Internacional de Barcelona, 1929-30. Barcelona 193133. Der deutsche Reichspavillon auf der internationalen Ausstellung Barcelona. In: Die Baugilde, 25. Oktober 1929. Exposición Internacional, Barcelona: Su Significación y alcance. Barcelona 1929. Exposición internacional de Barcelona 1929. El Arte en España. Guia del museo del Palacio Nacional. Barcelona 1929. Exposición Ibero-Americana Sevilla 1929. Reprint Barcelona 1990. Ludwig Glaeser, Ludwig Mies van der Rohe. The Barcelona Pavilion. Fiftieth Anniversary. New York 1979. Carmen Grandas, L´Exposició Internacional de Barcelona de 1929. Barcelona 1988. Internationale Ausstellung Barcelona 1929. Offizieller Führer. Barcelona 1929.


Silvio Martínez u.a., El pueblo espanol. Barcelona 1989. Francisco Narbona, Sevilla y la Exposición de 1929. Sevilla 1987. Joseph Pijoan, The Spanish Village. In: Art and Archaeology, 27, April 1929. C. Buigas Sans, Las iluminaciones de espectáculo y los juegos de aguas de la Exposición Internacional de Barcelona. In: Espana. Sus Exposiciones. Barcelona - Sevilla 1929/30. Barcelona 1930, S. 65-86. Franz Schulze, The Barcelona Pavilion returns. In: Art in America, 67, 1979, H. 7, S. 98-103. Ignasi de Solá-Morales,L´Exposició International de Barcelona, 1914-1929. Arquitectura i ciutat. Barcelona 1985. Ignasi de Solá-Morales, Cristian Civici, Fernandos Ramos, Mies van der Rohe. Barcelona Pavilion. Barcelona 1993. Nicolas M. Rubio Tudur, Le pavillon d´Allemagne à l´Exposition de Barcelone. In: Les Cahiers d´Art, Nr. 89, 1929, S. 408-411. Franz Schulze, Mies van der Rohe. A critical biography. Chicago, London. Sevilla. Exposición ibéro-americaine 1929-1930. Catalogo oficial. Welt-Ausstellung Barcelona. In: Deutsche Bauzeitung, 1929, H. 21, S. 198-200.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1929-1930 in Barcelona Ein Denkmal moderner Baukunst: Der Pavillon von Mies van der Rohe

Jahr:

1929

1

Stadt: Barcelona Land:

Spanien

Dauer: 20. Mai 1929 - 15. Januar 1930

Copyright: Sol�-Morales 1993, S. 25

Der deutsche Pavillon An hervorgehobener Stelle in der mittleren Zone des Geländes, doch abseits der großen Verkehrsadern, befand sich der Beitrag der Weimarer Republik mit einem von Ludwig Mies van der Rohe entworfenen Pavillon. Anders als bei den übrigen traditionell ausgerichteten Ausstellungsbauten lag hier ein neuartiges Raumkonzept vor, das in Struktur und Ausstattung Vorbildfunktion für die moderne Architektur erlangte und in der zeitgenössischen Kritik zum gefeierten Höhepunkt der Ausstellung avancierte. 1979 wurde der Pavillon, der nach Beendigung der Ausstellung abgerissen worden war, wieder nach den alten Plänen rekonstruiert. Das eingeschossige Gebäude mit einer Raumhöhe von 3,10 m erhob sich auf einem mit Travertinplatten verkleideten Sockel. Nur an den Schmalseiten des annähernd rechteckigen Grundrisses ragten Wände bis zum natürlichen Boden. Die Dachplatte ruhte auf acht kreuzförmigen Stahlstützen, sodass die Wände von ihrer tragenden Funktion befreit waren und innerhalb des Grundrisses als Raumteiler frei angeordnet werden können. Damit war das Prinzip einer damals neuartigen Raumgliederung gefunden, die ein Ineinanderfließen von Innen- und Außenraum begünstigte. Je nach Kombination erhielten die architektonischen Elemente mehrfache Funktion. Die einheitliche Bodenplatte sorgte für die übergangslose Durchdringung der Zonen, die als Terrasse oder Innenhof mit Wasserbecken gedacht waren, mit den Bereichen, die mit Möbeln und Teppichen ausgestattet als Wohnraum fungierten. An den Schmalseiten im Norden und Süden befanden sich U-förmige Wände, die jeweils von außen die Wasserbecken unfangend die Schmalseiten des Grundrisses festlegen. Alle anderen Wände aus edelsten Materialien wie goldgelbem Onyx, antikgrünem Tinosmarmor oder getöntem Mattglas waren eingestellt, ohne raumbegrenzend zu wirken. Die einzige verbindende Querwand aus Mattglas enthielt Beleuchtungskörper und dient dem Pavillon somit als künstliche Lichtquelle nach außen und nach innen. Das raumdynamisierende Prinzip, dessen "fließender Grundriss" in die Architekturgeschichte einging, beruhte auf streng geometrischer, wenn auch asymmetrischer Anordnung. Alle Linien standen entweder parallel oder senkrecht zueinander. Selbst Form und Aufstellung der Möbel, die Mies van der Rohe selbst entworfen hatte, waren dem architektonischen Konzept unterworfen. Besonders berühmt wurden die Sitzmöbel aus verchromtem Flachstahl und weißen Lederpolstern, die als Barcelona-Sessel noch heute gefertigt werden. In farblichem Kontrast zu den hellen Polstern standen die Tische mit ihren rechteckigen Platten aus schwarzem Opalglas. Die exakt kalkulierte Anordnung der Elemente in rechtem Winkel wiederholte sich selbst in den quadratischen Bodenplatten und in der Kreuzform der Stützpfeiler, die aus vier gleichschenkligen Winkeleisen zusammengesetzt und mit verchromten Winkelblechen verkleidet waren. Die einzige von diesem Ordnungsprinzip abweichende Ausnahme war eine Skulptur von Georg Kolbe - ein weiblicher Akt, betitelt mit "Der Morgen" oder "Die Tänzerin" -, die am Rand des kleinen Wasserbeckens aufgestellt wurde.


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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1933 & 1934 in Chicago Ein Jahrhundert des Fortschritts

Jahr:

1933

1

Stadt: Chicago Land:

USA

Dauer: 27. Mai - 12. November 1933 und 25. Mai

Copyright:

Einleitung Ein ehrgeiziges Ziel prägte die zweite Weltausstellung in Chicago: Mit aufwendigen Installationen und originalgetreu funktionierenden Fabriken sollten wißbegierigen Besuchern die letzten 100 Jahre in der Geschichte der Wissenschaft und deren Nutzen für die Zukunft der Menschheit vorgeführt werden. Dies war die Geburt der Themenausstellung, die für alle späteren Weltausstellungen ebenfalls unverzichtbarer Bestandteil werden sollte. Dafür entwarfen die führenden Architekten Chicagos und der USA große, moderne Hallen im Stil des Art déco, die vor allem wegen ihrer bunten Bemalung Aufsehen erregten. Ein quirliger Vergnügungspark, bei dem von der Rakentenfahrt bis zur Stripteaseshow alles geboten wurde, sorgte dafür, daß man sich auf der Weltausstellung in Chicago auch prächtig amüsieren konnte.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1933 & 1934 in Chicago

Jahr:

1933

1

Stadt: Chicago Land:

USA

Dauer: 27. Mai - 12. November 1933 und 25. Mai

Copyright:

Daten Offizieller Titel: A Century of Progress International Exposition, 1933-34 Thema: Das Jahrhundert des Fortschritts Anlass: Hundertjähriges Jubiläum der Stadtgründung Chicagos und Feier eines Jahrhunderts des Wachstums der Wissenschaften Wahrzeichen: Halle der Wissenschaft und Sky Ride Symbol: Der eingefangene Lichtstrahl des Stern Arcturus Ort: Uferpark am Michigan See, der durch drei Brücken mit einer künstlichen Insel verbunden wurde Dauer: 27. Mai - 12. November 1933 und 1. Juni - 31. Oktober 1934 (insgesamt 323 Tage) Fläche: 170 Hektar Besucher: 38.872.000, davon 22.317.221 in der ersten und 16.554.779 in der zweiten Saison Kosten: 42.900.989 Dollar Einnahmen: 43.589.154 Dollar

Gewinn: 160.000 Dollar Teilnehmer: 21 ausländische Staaten Pavillons: sieben Nationen-Pavillons, drei Pavillons von Staaten und Regionen, acht Themenpavillons, elf Firmen-Pavillons Präsident: Rufus C. Dawes Generalkommissar: Lenox R. Lohr Präsident der Architekturkommission: Harvey Wiley Corbett


Keine Klassifikationen, Juries und Auszeichnungen

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1933 & 1934 in Chicago Sternenlicht

Jahr:

1933

1

Stadt: Chicago Land:

USA

Dauer: 27. Mai - 12. November 1933 und 25. Mai

Copyright:

Die Er�ffnung Für die Eröffnung der Weltausstellung am 27.5.1933 wurden avancierteste wissenschaftliche Verfahren benutzt. Vier große Sternwarten in den USA richteten ihre Teleskope auf den 40 Lichtjahre entfernten Stern Arcturus, um dessen Lichtstrahl mit einer fotoelektrischen Zelle einzufangen. Dieses Lichtsignal wurde in Strom umgewandelt, verstärkt und dazu benutzt, die Maschinen und Beleuchtungsanlagen auf dem Gelände in Betrieb zu setzen. Da weder der Präsident noch der Vizepräsident der USA nach Chicago kommen konnten, eröffnete Postmaster General James A. Farley die Weltausstellung. In einer Parade führten 500 Personen die Trachten und Fahnen der 40 teilnehmende Nationen vor. Reden hielten der Präsident der Weltausstellung Rufus Dawes, der neue Bürgermeister Edward Kelly und der ehemalige Leiter der Yerkes-Sternwarte Edwin Frost, der die astronomischen und technischen Aspekte der Eröffnungszeremonie erläuterte. Dann zeigte sich die Schönheitskönigin Lillian Anderson der Menge, der Opernsänger Laurence Tibbett sang, begleitet von einem 2.500stimmigen Chor die Nationalhymne und die Ausstellung war eröffnet.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1933 & 1934 in Chicago Von der Hundertjahrfeier und Depression

Jahr:

1933

1

Stadt: Chicago Land:

USA

Dauer: 27. Mai - 12. November 1933 und 25. Mai

Copyright: Umschlagsabbildung des Ausstellungskatalogs

Vorgeschichte Im Jahr 1923 erhielt William E. Dever, der Bürgermeister von Chicago, mehrere Eingaben von Bürgern der Stadt mit Vorschlägen für eine Hundertjahrfeier zur Stadtgründung Chicagos 1833; Mitglieder des Stadtrates und der Handelskammer griffen die Ideen auf und sorgten für ihre Popularisierung. Am 8. April 1926 beriet der Stadtrat dann in einer Sitzung über die Planung der Feierlichkeiten und gründete dafür ein Organisationskomitee mit 100 Mitgliedern. Inzwischen war die Überlegung lanciert worden, zum Jubiläum eine Weltausstellung zu veranstalten. Gleichzeitig sollte der seit langem vorliegende 'City Beautiful'-Plan von Daniel H. Burnham, dem Chefarchitekten der Weltausstellung 1893, endlich vollständig realisiert werden und für einschneidende städtebauliche Verbesserungen sorgen. Daniel H. Burnham Jr. setzte sich in Presseerklärungen öffentlich für die Ideen seines Vaters ein. Als der neue Bürgermeister William H. Thompson 1927 auf Proteste aus Finanzkreisen eingehen wollte und sich gegen das Großprojekt aussprach, war die Öffentlichkeit jedoch nicht mehr umzustimmen. Thompson ließ also die Vorbereitungen weiter fortsetzen und ernannte im Januar 1928 Rufus C. Dawes, Manager einer Chicagoer Baufirma und Bruder des amerikanischen Vizepräsidenten, zum Präsidenten des Komitees und Lenox R. Lohr zum Generalmanager der Ausstellung. Kurz darauf bildeten sich Unterkomitees für verschiedene Aufgabenbereiche, so etwa eine Architekturkommission in der die wichtigsten Architekten Chicagos vertreten waren. Das Thema der Ausstellung wurde in Zusammenkünften von Dawes mit dem National Research Council (NRC), einer Organisation, die sich seit 1916 um die Kooperation von Wissenschaft und Industrie bemühte, entwickelt. Das NRC gründete zusammen mit den Verantwortlichen der Ausstellung das aus 32 Wissenschaftlern und Ingenieuren zusammengesetzte Science Advisory Committee (SAC), das Konzepte für die zentrale wissenschaftliche und technische Abteilung der Weltausstellung erarbeiten sollte. "Die Ausstellung wird die Leistungen der Menschheit, die durch die Anwendung der Wissenschaft in der Industrie möglich wurden, dramatisieren." ["The exposition dramatizes the achievements of mankind, made possible through the application of science to industry".] Mit diesen Worten charakterisierte Rufus C. Dawes den Kerngedanken der Weltausstellung, die ab Juni 1929 den Titel "A Century of Progress" führte. Am 5.2.1929 wurde Präsident Hoover vom amerikanischen Kongress ermächtigt, die Nationen der Welt im Namen der USA zur Teilnahme einzuladen, sobald die Ausstellungsgesellschaft ein Kapital in Höhe von 5 Millionen $ aufgebracht habe. Ein Jahr später konnte Hoover auf diplomatischem Weg die Nationen der Welt nach Chicago bitten. Zwar bedrohten der Börsenkrach und die Weltwirtschaftskrise ab Oktober 1930 ernsthaft die Finanzierung des Projekts, doch konnte man andererseits die billigen Arbeitskräfte und gesunkenen Materialpreise für die Ausstellung ausnutzen und damit die Volkswirtschaft ankurbeln helfen. Wegen der Wirtschaftskrise mussten neue Wege der Finanzierung gefunden werden. Über Anleihen für die Errichtung der großen Ausstellungshallen, durch Vermietung und Verkauf von Ausstellungsraum an


Länder, Organisationen und Firmen und durch die Vergabe von Konzessionen konnte das Projekt aber schließlich weitgehend unabhängig von staatlichen Zuwendungen verwirklicht werden. Ende 1930 begab sich eine Delegation der Ausstellungsorganisatoren nach Europa, um die Länder zur Teilnahme zu ermutigen. Im Januar 1931 empfahl das B.I.E. seinen Mitgliederstaaten die Teilnahme an der Ausstellung.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1933 & 1934 in Chicago Skyride und Enchanted Island

Jahr:

1933

1

Stadt: Chicago Land:

USA

Dauer: 27. Mai - 12. November 1933 und 25. Mai

Copyright:

Attraktionen Wie bei allen Weltausstellungen seit der Jahrhundertwende gehörte ein Vergnügungspark auch bei der Century of Progress zu den unverzichtbaren Anziehungspunkten. Um auch hier zur Belehrung des Publikums beizutragen, ließ das Team um Nathaniel Owings Repliken eines alten chinesischen Tempels, der dem Kaiser der Mandschurei als Sommerresidenz gedient hatte, des Geburtshauses des ersten amerikanischen Präsidenten Abraham Lincoln und von Fort Dearborn, der Keimzelle der Stadt Chicago errichten. Auch die ausländischen Staaten trugen mit importierten Nachbauten zum Bildungserlebnis bei. Für das Belgisches Dorf wurden von Fassaden mittelalterlicher und barocker Häuser Gipsmatrizen abgenommen und als Vorlagen für Kulissenarchitektur, hinter der sich Restaurants und Cafés verbargen, verwendet. Große Attraktion des Dorfes waren die täglich mehrmals vorgeführten Volkstänze in belgischen Trachten. Dahinter begann die nach dem Vorbild der Weltausstellung von 1893 'Midway' benannte Vergnügungszone, die Zerstreuungen aller Art bot: von einer Schlangenschau und einen Flohzirkus bis zur skandalumwitterten Striptease-Show des Showstars Sally Rand, die für ihre Darbietung zunächst mit Gefängnisstrafe bedroht wurde. Außerdem waren die von anderen Weltausstellungen her bekannten Tanzvorführungen exotischer Völker hier untergebracht. In den Straßen von Paris waren große Nachtlokale, Peepshows, Tanzhallen, eine Nudistenkolonie und Spielhöllen untergebracht. Einige dieser Lokalitäten mussten von den Behörden wegen Verstoßes gegen die guten Sitten wieder geschlossen werden, überall aber wurde mit Freibier im Herbst 1933 die Aufhebung der Prohibition gefeiert. Eigens für Kinder wurde ein großer Spielplatz mit Karussellen, Miniatureisenbahn und Ponyreitbahn gebaut, der 'Enchanted Island', die verzauberte Insel hieß. Die Kinder wurden hier von geschulten Animatoren betreut, in einem Puppentheater mit lustigen Lehrstücken unterhalten und konnten in der Kinderbibliothek Bücher ausleihen. Dadurch wurden die Kinder gleichsam selber zu Exponaten der Weltausstellung, sollten doch hier fortschrittlichste Erziehungsmethoden am lebenden Objekt demonstriert werden. Ebenfalls didaktische Ziele verfolgte die Ausstellung 'A Million Years Ago', die in Dioramen und mit mechanisch animierten, lebensgroßen Plastiken Lebewesen im Paläozoikum in ihrer natürlichen Umgebung vorführte. Auf Laufbändern wurden die Besucher an den Exponaten entlang transportiert. Doch die erwarteten Publikumsmassen blieben aus, da die Ölraffinerie Sinclair in ihrem Firmenpavillon ebenfalls bewegliche Dinosaurier zum Nulltarif vorführte. Das von den Ausstellungsarchitekten ungeliebte Wahrzeichen der Weltausstellung aber wurde der Sky Ride, eine Hochseilbahn, die über die Lagune führte. Zwei 600 Meter voneinander entfernte und 190 Meter hohe Stahlgerüsttürme überragten das ganze Gelände und zerstörten damit die Proportionen der Ausstellungsarchitektur. Den Ingenieuren der Türme waren für ihre Entwürfe keine dekorativen Zutaten


erlaubt worden, nur die bis auf 180 Meter Höhe zu einer Aussichtsplattform fahrenden, beleuchteten Aufzüge und die Flutlichter an den Spitzen schmückten die Gerüste ein wenig. In 70 Meter Höhe waren die Türme mit Stahlkabeln verbunden, an denen große Gondeln für jeweils 60 Passagiere hingen und von einem Turm zum anderen fuhren. Die Gondeln sahen aus wie Raketen und stießen bunte Rauchwölkchen aus. Nach drei Minuten allerdings war das Fahrvergnügen bereits vorbei.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1933 & 1934 in Chicago Popularisierung von Wissenschaft und Technik - Die Geburt der Themenausstellung

Jahr:

1933

1

Stadt: Chicago Land:

USA

Dauer: 27. Mai - 12. November 1933 und 25. Mai

Copyright:

Konzept Die Entscheidung, die Ausstellung unter ein einheitliches Thema zu fassen, hatte nicht nur Einfluß auf die Auswahl und Präsentation der Exponate, sondern war auch mit einschneidenden Neuerungen für die künftigen Weltausstellungen verbunden. Nun ging es nicht mehr um einen Produktevergleich oder um den Wettstreit zwischen den Nationen, die diesmal bis auf wenige Ausnahmen (Italien, Schweden, Tschechoslowakei) auf die Errichtung von Länderpavillons verzichteten. Sie lieferten stattdessen Beiträge zu den allgemeinen, zentral koordinierten Ausstellungen. Da hohe Zölle auf dem Import kommerziell verwertbarer Exponate lagen, warben die Länder mit nachgebauten architektonischen Sehenswürdigkeiten oder stellten in der Halle der Nationen im Reise- und Transportgebäude touristisch zugkräftige Attraktionen aus. Den amerikanischen Bundesstaaten wurde Ausstellungsraum in der Halle der Staaten des Regierungsgebäudes zugewiesen, einzig der Gastgeberstaat Illinois durfte ein Gästehaus errichten. International operierende Konzerne hatten zunehmend an Einfluß auf die Organisation und den Charakter der Weltausstellungen in den USA gewonnen, wobei die Präsentation einzelner Produkte wegen der industriellen Massenproduktion an Bedeutung verloren hatte. In ihren Pavillons betrieben die Großunternehmen daher Imagewerbung durch aufwendige Inszenierungen ihrer Leistungen und Zukunftsvisionen. Teilweise demonstrierten sie die Produktionsverfahren wie das Verpacken von Zahnpastatuben oder die Ölraffinierung in speziell für die Ausstellung errichteten Fabriken. Folgerichtig wurde auch auf die Einsetzung einer Jury und auf Preisverleihungen, die die Weltausstellungen bis zum Beginn des Jahrhunderts noch geprägt hatten, gänzlich verzichtet. Mit dem Plan, den allgemeinen Fortschritt der Menschheit durch Leistungen der Wissenschaft, Technik und Industrie in den letzten 100 Jahre zu präsentieren, traten außerdem die Organisatoren der Ausstellung selbst als Aussteller auf. Das Science Advisory Committee konzipierte eine enzyklopädische und populärwissenschaftliche Schau, die dem Einfluß der Wissenschaften auf die Alltagswelt gewidmet war. Ziel war es, die Herkunft oder Entstehung von Produkten bis zu deren Einsatz im täglichen Leben transparent zu machen. Durchgängig wurden anschauliche, aber sachliche Präsentationsformen gegenüber dekorativen Inszenierungen bevorzugt. Erstmals wurden auch innovative Lebens- und Wohnkonzepte in komplexen Installationen vorgeführt. In der Abteilung für das "Heim der Zukunft" wurden einige Einfamilienhäuser gezeigt, die aus Stahl, Glas und Beton und Fertigteilen zusammengebaut waren und ein besseres und billigeres Wohnen für Kleinfamilien versprachen. Trotz dieser innovativen Ansätze wurde es aber versäumt, die sozialen und politischen Auswirkungen des industriellen und technischen Fortschritts zu diskutieren. Der Zusammenbruch der New Yorker Börse, der die Weltwirtschaftskrise in Amerika und Europa ausgelöst hatte, die zunehmende Massenarbeitslosigkeit und die Zuspitzung des sozialen Elends wurden ausgeblendet, und dies in einer


Zeit, in der man dringend neuer Konzepte für die Zukunft der Menschheit bedurft hätte. Außerdem fehlten Ausstellungen oder Pavillons für Minoritäten und Frauen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1933 & 1934 in Chicago Ein langer Uferstreifen und zwei Lagunen

Jahr:

1933

Stadt: Chicago Land:

USA

1 2

Dauer: 27. Mai - 12. November 1933 und 25. Mai

Copyright: Architectural Record, Bd. 73, Mai 1933, S. 344

Gel�nde Die Weltausstellung wurde auf einem schmalen, knapp fünf Kilometer langen Uferstreifen am Michigan See zwischen der 12. und 39. Straße südlich vom Stadtzentrum errichtet. Auf diesem Terrain befanden sich bereits das Sportstadion (Soldier Field) und seit der Chicagoer Weltausstellung von 1893 das Field Museum. Der Haupteingang lag ungefähr in der Mitte des Geländes auf Höhe der 23. Straße. Zusammen mit einer dem Ufer vorgelagerten künstlich errichteten Halbinsel, die zwei Lagunen einschloss, betrug die Ausstellungsfläche insgesamt 173 Hektar. Das Gelände, das von der Stadt durch einen breiten Schienenstrang der Illinois Central Eisenbahn abgetrennt war, konnte per Boot, Eisenbahn, Bus und Auto erreicht werden. Ein großer Autoparkplatz musste also erstmals bei den Landschaftsplanungen mitberücksichtigt werden. Auf dem Gelände selbst wurden von der Rikscha bis zu umgebauten Greyhoundbussen alle möglichen Arten von Transportmitteln eingesetzt. Um die Lagunen gruppierten sich die wichtigsten zentralen Ausstellungshallen wie die Halle der Wissenschaften, das Gebäude der 'Elektrischen Gruppe' oder das Gebäude der U.S.-Regierung. Neben vielen kleineren Bauwerken waren hier auch Pavillons privater Konzerne, Restaurants und Länderpavillons zu finden. Daran schlossen sich südlich in einem langen Abschnitt Vergnügungsparks und Varieteepaläste an. Ganz im Süden war das Reise- und Transportgebäude platziert worden. Es eröffnete bereits 1931, um den Bürgern Chicagos einen Vorgeschmack auf die Weltausstellung zu bieten. Hier errichteten auch die großen Automobilfirmen ihre Pavillons. Anders als bei früheren Ausstellungen wie etwa Paris 1937 und Barcelona 1929 erlaubte das unregelmäßige Gelände, auf dem sich Straßen, Plätze und Gebäude eher organisch aneinander gereihten, keinen klaren städtebaulichen Grundriss, was vielen Besuchern die Orientierung erschwerte. Ein zentraler Platz existierte genauso wenig wie eine klare thematische Führungslinie.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1933 & 1934 in Chicago Bunte Hallen aus Stahl und Gips

Jahr:

1933

Stadt: Chicago Land:

USA

Dauer: 27. Mai - 12. November 1933 und 25. Mai

1 2 3 4

Copyright:

Architektur Wie für die Weltausstellung in Chicago 1893 wurde auch für die Neuauflage 1933 eine Kommission mit den wichtigsten Architekten Chicagos und der USA (mit Ausnahme des als allzu eigensinnig geltenden Frank Lloyd Wright) einberufen, um herausragende und innovative Baukonzepte für die Ausstellung zu finden. Gefordert waren Pläne für temporäre Bauten, da das Gelände später in einen Landschaftspark verwandelt werden sollte. Die Architekten trafen sich zwischen 1928 und 1932 jeweils viermal im Jahr, um ihre Ideen zu koordinieren und über neue Lösungen zu debattieren. Das Gelände wurde in verschiedene Sektionen aufgeteilt, für die jeweils einzelne Architektenbüros zuständig waren, doch vereinbarte man einige wenige prinzipielle Regelungen. Um die Weitläufigkeit bisheriger Weltausstellungen zu vermeiden, sollten mehrstöckige Gebäude errichtet werden, die die Exponate konzentrierten und den plastischen Gesamteindruck steigerten. Die Verwendung schnell montierbarer Stahlgerüste und neuer Baumaterialien (Asbestzement- und Gipspaneele) wurde mit einer neuen Formensprache verbunden, die sich an modernen europäischen Entwicklungen wie Neuer Sachlichkeit, Bauhausarchitektur und Art déco orientierte und auch hier den Fortschrittsgedanken der Ausstellung umsetzen sollte. Daniel H. Burnham Jr., der Vorsitzende der Architektenkommission, fasste die Ziele der Bauplanungen zusammen: "Wir werden unser Publikum nicht mit der monotonen Wiederholung veralteter Muster langweilen. Unser Fest verlangt nach einer Architektur, die Schritt hält mit dem Tempo des modernen Zeitalters." Die Halle der Wissenschaften, in der die zentrale Themenausstellung untergebracht war, überdachte 67.000 Quadratmeter Fläche. Ihr Architekt, Paul Philippe Cret, hatte einen U-förmigen Grundriss gewählt, so dass ein Mitteltrakt und zwei Seitenflügel einen nach Osten hin offenen Ehrenhof einfassten. Er bot Platz für 80 000 Personen. Breite Treppen und mehrere Terrassen erhöhten die Plastizität der Anlage. Ein 53 Meter hoher Turm an der Südwestecke fasste den weitläufigen Gebäudekomplex optisch zusammen. Zwischen den Stahlstützen, die das konstruktive Skelett des Gebäudes bildeten, wurde Holzfachwerk angebracht, das mit vorgefertigten Leichtbauplatten verkleidet wurde. Durch das Spiel von Licht und Schatten auf den großzügig und klar modellierten Wandflächen, die in den Komplementärfarben Blau und Orange gehalten waren, traten die architektonischen Formen in ein spannungsvolles Verhältnis, das sich je nach Standpunkt des Betrachters rhythmisch zu verändern schien. Die innovativste Konstruktion wagten die Architekten Bennett, Burnham und Holabird für die 39.000 Quadratmeter überspannende Halle für Reise und Verkehr. An ein zweigeschossiges Gebäude schloss sich ein 38 Meter hoher Kuppelbau von 61 Metern Durchmesser an. Zwölf, jeweils zu Dreiergruppen zusammengefasste Stahlgitterstützen waren über Kabel miteinander verspannt, an denen die aus gebogenen Eisenträgern und Blechen modellierte Kuppelschale freischwebend aufgehängt werden konnte. Dehnungsfugen in der Dachplatte erlaubten geringe Verschiebungen der Gesamtkonstruktion, die bei extremer Witterung wie Regen, Sturm oder Schnee auftreten konnten. Nach außen wurden die auf Kipplagern stehenden Stahlstützen über Kabel stabilisiert, die in versenkten Betonblöcke verankert


waren und über denen eine sieben Meter hohe Mauer als äußerer Abschluss des Gebäudes errichtet wurde. Ihr gelber Anstrich kontrastierte mit der grünen Verkleidung der Wände, die durch die sichtbar gelassenen Stahlstützen und die dazwischen liegenden vier Portale in Blau akzentuiert wurden. So entstand ein frei überspannter Raum ohne Zwischenstützen, der sich auch für ungewöhnlich große Exponate wie Lokomotiven gut eignete.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1933 & 1934 in Chicago

Jahr:

1933

1

Stadt: Chicago Land:

USA

Dauer: 27. Mai - 12. November 1933 und 25. Mai

Copyright:

Kommentare Benjamin F. Betts: Gedanken über ein Jahrhundert des Fortschritts Die Century of Progress-Ausstellung in Chicago beeindruckt durch den großen Aufschwung, den die wissenschaftlichen Entwicklungen in den letzten hundert Jahren erlebt haben. Die Wissenschaft lieferte dem Baugewerbe neues Trägermaterial; früher verschwendeter Schrott wurde wieder sinnvoll verwendet; natürliche Ressourcen wurden für neue und wertvolle Produkte erschlossen. Die Menschheit, die schon immer nach Komfort und Annehmlichkeiten strebte, kann nun die Kräfte der Natur bändigen und kontrollierte mechanische Kraft, Wärme, Kälte, Wetter, Geräusche und Licht produzieren. Errungenschaften auf diesen Gebieten wurden vor allem im letzten Drittel des Jahrhunderts gemacht. (...) In den Gebäuden der Ausstellung von Chicago, die in ihren Entwürfen durch die "moderne" Schule geprägt sind, kristallisiert sich eine Epoche der Architekturgeschichte. Dass sie nur für eine Übergangsphase stehen können, lässt sich bereits an den starken Meinungsunterschieden zu der Frage, ob sie "gute Architektur" seien, ablesen. Diese Gebäude stehen im Kontrast zu den Ausstellungsrepliken von Fort Dearborn und vom Geburtshaus Lincolns und sie erinnern uns daran, welch große Rolle mittlerweile die Wissenschaft in der Architektur und im Baugewerbe spielt. Das wahre Jahrhundert des Fortschritts hat gerade erst begonnen. Quelle: American Architect, Jg. 143, Juli 1933, S.9.

Arthur F. Woltersdorf: Karneval-Architektur Diese Farben schneiden in die Gebäude so sehr ein, dass eher eine Verwirrung der Gestaltung als Harmonie erreicht wird. Das Bundes- und Staatengebäude (Architekt Edward H. Bennett) wurde wohl sorgfältiger als die Halle der Wissenschaften nach einem einheitlichen Farbschema gestaltet, doch auch der schwarze Sockel des Bundesgebäudes lässt die Strukturen in manchen Lichtsituationen, bei denen das Schwarz verschwindet, auseinander fließen. Mr. Urban ist hierzulande vor allem wegen seiner brillanten Bühnenbilder, insbesondere für die Ziegfeld Follies bekannt. Doch die sich hier wegen der wechselnden Himmels- und Wasserfärbungen stellende Aufgabe scheint durchaus anders gelagert zu sein. Die Schwarztöne, die schweren roten und dunklen blauen Farben der Elektrischen Gruppe scheinen nahezu barbarisch; während jenseits der Lagune die Einfärbung der weißen Halle der Wissenschaften eher fad wirkt. Die blauen Bänder, die durch Rechtecke in hellem Gelb vor safrangelben Wänden unterbrochen werden und auch die Behandlung des Turms - mit Ost- und Nordfassaden in zwei Blautönen und weißen West- und Südfassaden - ruinieren das Entwurfskonzept des Gebäudes.


Quelle: American Architect. Bd. 143, Juli 1933, S. 10-21, hier S. 13.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1933 & 1934 in Chicago

Jahr:

1933

1

Stadt: Chicago Land:

USA

Dauer: 27. Mai - 12. November 1933 und 25. Mai

Copyright:

Bibliographie George A. Barclay, Modern Architecture dominates Century of Progress Exposition. In: Architect and Engineer. Bd. 113, Juni 1933, S. 11-24. The Chicagoan World's Fair Book. A complete history of the Century of Progress International Exposition. Chicago, New York 1933. Rufus C. Dawes, Report of the President of a century of Progress to the Board of Trustees. Chicago 1936. Almus Pratt Evans, Exposition Architecture 1893 versus 1933. In: Parnassus, Bd. 5, Mai 1933, S. 17-21. John E. Findling, Chicago's great world´s fairs. Manchester und New York 1994. A.M. Frankfurter, Architecture of a Century of Progress. In: Fine Arts, Bd. 20, Juni 1933, S. 5-11. E.H. Klaber, World's Fair Architecture. In: American Magazine of Art. Bd. 26. Juni 1933., S. 292-98. M. Krusemark, Die Weltausstellung in Chicago. In: Monatshefte für Baukunst und Städtebau. Juni 1933, S. 249-256. Lenox R. Lohr, Fair Management: The Story of a Century of Progress Exposition. Chicago 1952. Official Guide Book of the Fair. Chicago 1933-34. Official Book of the Fair. Giving Pre-Exposition Information 1932-33 of a Century of Progress. International Exposition Chicago 1933. Chicago 1932. Official Guide and Time Saving Trips Through the Fair. Chicago 1933. Nathaniel Owings, New Materials and Building Methods for Chicago Exposition. In: Architectural Record, Bd. 71, April 1932, S. 279-288. Nathaniel Owings, Amusement Features of the Exposition. In: Architectural Record, Bd. 73, Mai 1933, S. 355-62. August Riesch, Von der Weltausstellung Chikago 1933. In: Deutsche Bauzeitung. März 1933, Heft 13, S. 256-258.


T.V. Roelof-Lanner, Der deutsche FĂźhrer durch die Weltausstellung 1934. Chicago 1934. Robert W. Rydell, World of Fairs. The Century of Progress Expositions. Chicago 1994. Science at the Century of Progress Exposition in 1934. In: Scientific Monthly. Bd. 39, November 1934, S. 475-78. Louis Skidmore, The Architecture of the Century of Progress. In: Display World, Bd. 12, Mai 1933, S. 1015, 32. Louis Skidmore, Planning the Exposition Displays. In: Architectural Record, Bd. 73, Mai 1933, S. 342-347. Otto Teegen, Painting the Exposition Buildings. In: Architectural Record, Bd. 73, Mai 1933, S. 366-369. Shepard Vogelsgesang, Color Treatment of Exhibit Space. In: Architectural Record, Bd. 73, Mai 1933, S. 370-74. Arthur F. Woltersdorf, Carnival Architecture. In: American Architect. Bd. 143, Juli 1933, S. 10-21. J. Parker Van Zandt und Walter L. Rohe, King Customer at a Century of Progress. In: Review of Reviews, Bd. 90, September 1934, S. 22-27.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1933 & 1934 in Chicago Ersatz für Ornamente

Jahr:

1933

1

Stadt: Chicago Land:

USA

Dauer: 27. Mai - 12. November 1933 und 25. Mai

Copyright:

Farbe und Licht Um den futuristischen Charakter der Gesamtanlage zu steigern, wurde das Gelände in strahlend bunte Farben getaucht. Der New Yorker Bühnenbildner und Innenarchitekt Joseph Urban entwarf in Reaktion auf die Formen der Architektur, der Landschaft und der Beleuchtung ein Farbschema, das nicht nur auf Effektsteigerung einzelner Gebäude zielte, sondern eine durchdachte Farbtopographie für die Gesamtanlage ergeben sollte. 24 großflächig verwendete, leuchtend intensive Farben (ein Grün, zwei Blaugrüns, sechs Blaus, zwei Gelbs, drei Rots, vier Oranges, zwei Graus sowie Weiß, Schwarz, Silber und Gold), verwiesen in ihren Kombinationen auf die unterschiedlichen Funktionen der Gebäude und sollten dem Besucher die Orientierung auf dem Gelände erleichtern. Bereits 1893 hatten die Ausstellungsarchitekten in Chicago von bunt angestrichenen Pavillons geträumt, bevor sie sich mit aus finanziellen Gründen für die "White City" entscheiden mussten. Die moderne, grelle Umsetzung dieser Idee im Jahr 1933 war sehr umstritten und Anlas überaus kontroverser Diskussionen. Viele Besucher vermissten trotz der Farblenkung und der halbwegs einheitlichen Konstruktionsweise der Gebäude den harmonischen Zusammenhang und eine übersichtliche Gestaltung des Geländes. Nachts wurden die Gebäude von 15.000 Glühlampen, 4.000 Scheinwerfern, Lampenketten und bunten Leuchtstoffröhren angestrahlt. Die zwei um die Marktführerschaft in den USA konkurrierenden Firmen Westinghouse und General Electrics waren für die Ausarbeitung und Installation des Beleuchtungskonzeptes verantwortlich, für das erstmals Neongasröhren in großem Umfang eingesetzt wurden. Das Licht wurde so kombiniert, dass die unteren Zonen der Gebäude weiß, die höheren Etagen hingegen farbig strahlten. Durch die Verbindung von indirekter mit direkter Beleuchtung der Fassaden, durch gezielte Spots zur Akzentuierung wesentlicher Details, durch Glühlampenketten und 24 rotierende Suchscheinwerfer sowie durch die unter Wasser beleuchteten Lagunen behielt das Ausstellungsgelände auch nachts seine lebendige Farbenvielfalt. Lichtprojektionen auf bewegte Objekte wie Fontänen oder Rauchbomben dienten zusätzlich zur Effektsteigerung. Eine 16 Meter hohe Kaskade, die aus insgesamt 1.400 Meter langen Neonröhren zusammengesetzt war, galt als Hauptattraktion der Lichtinstallation. Erst seit der Century of Progress-Ausstellung wurde in der Werbung der Einsatz von Neongas in großem Maßstab verwendet, obwohl das Beleuchtungsverfahren bereits seit 1923 in den USA bekannt war.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1933 & 1934 in Chicago Wiedereröffnung im Juni 1934

Jahr:

1933

1

Stadt: Chicago Land:

USA

Dauer: 27. Mai - 12. November 1933 und 25. Mai

Copyright:

Die zweite Saison Bis Oktober 1933 waren 22,5 Millionen Besucher zur Weltausstellung nach Chicago gekommen, gewiss ein respektabler Erfolg, doch konnten mit den Einnahmen noch nicht alle Anteilszeichner ausgezahlt werden. Das Ausstellungskomitee beschloss daher, die Schau noch um einen weiteren Sommer zu verlängern. Obwohl die Ausstellung vor dem Hintergrund der andauernden Wirtschaftskrise fortgeführt werden musste, versprach sie weiterhin finanziellen Erfolg und große Popularität. Die halbjährige Pause diente der Überarbeitung und Ergänzung der Ausstellungen. Einige Partien wurden ergänzt, neu errichtet, andere aber abgebaut. Selbst die Lagunen und Eingänge wurden nach den Erfahrungen des ersten Sommers auf den erwarteten Besucheransturm hin umgebaut. Die meisten Aussteller verlängerten ihre Verträge, darüber hinaus konnten weitere Firmen wie zum Beispiel die Ford Motor Company hinzugewonnen werden. Diese präsentierte sich mit einem 270 Meter langen, 70 Meter breiten, vom Architekten Albert Kahn entworfenen Gebäude. In der Mittelrotunde demonstrierte eine sechs Meter hohe Weltkugel Fords internationale Aktivitäten. Ein gigantisches Wandgemälde von Walter Dorman Teague zeigte das Innere einer Automobilfabrik. Zur Verdeutlichung des enormen Fortschritts, der seine Firma an die Spitze der technologischen Entwicklung geführt hatte, ließ Ford zwei Schuppen errichten. Der erste zeigte die Scheune seines Vaters mit einfachen Handarbeitsgeräten, die andere modernste Landwirtschaftsmaschinen aus der aktuellen Fordproduktion. Ähnlich wurde der Fortschritt bei den Herstellungsmethoden von Autos kontrastiert. Ford stellte seine Werkstatt, in der er selbst in Handarbeit sein erstes Auto zusammengebaut hatte, einer modernen Fließbandmontage gegenüber, die für die Dauer der Ausstellung in Betrieb genommen wurde. Im Garten der Anlage spielte täglich das Detroit Symphony Orchestra und eine andere Abteilung zeigte 21 berühmte Autostraßen. Henry Ford selbst besuchte dreizehn Mal seine eigene Ausstellung und fand Vergnügen daran, jungen Besuchern stolz seine Exponate zu erläutern. Dass im Chryslerpavillon die Teststrecke nun für Autorennen benutzt wurde, Besucher aufgefordert wurden, Steine gegen Sicherheitsfenster zu werfen, um sich von deren Festigkeit zu überzeugen, zeigt, wie stark die Unterhaltung in der zweiten Saison ins Zentrum der Aktivitäten gestellt wurde. Zusätzlich fühlten sich einige Aussteller durch die Popularität des Belgischen Dorfes dazu angeregt, eigene Dörfer nachzubilden, um den Besuchern regionale Spezialitäten und Unterhaltungsprogramme näherzubringen. Die Pause zwischen den beiden Ausstellungsspielzeiten wurde ferner dazu genutzt, der Gesamtanlage eine neue Farbgestaltung zu geben. Den Posten als Farbenchefgestalter des zwischenzeitlich verstorbenen Joseph Urban trat Shepard Vogelgesang an. Die im Sommer 1933 arg verblassten Farben wurden nun durch nur noch zehn neue Farben ersetzt. Jedem Gebäude wurden nicht mehr als drei Farbtöne zugeordnet, zusätzlich wies Vogelgesang jeder Ausstellungszone eine Grundfarbe zu, die den Besuchern die Orientierung nochmals erleichtern sollte. Für die nächtliche Beleuchtung wurde die Anzahl der Lampen um ein Viertel gesteigert. Als neue Attraktion wurde der "größte Brunnen der Welt"


mit einem Wasserverbrauch von 300 000 Liter in der Minute und einer Beleuchtung in fünf Farben installiert. Der letzte Tag der Ausstellung, der 31.10.1934, wurde in Chicago zum Feiertag erklärt, und so kamen noch einmal 375 000 Besucher auf das Gelände. Die Stadtverwaltung ließ wegen dieses Erfolgs überprüfen, ob sich die Weltausstellung nicht auch zur Dauerattraktion eignete, doch das Ausstellungskomitee teilte lakonisch mit, dass "die Zitrone ausgepresst" sei. Einzig das Verwaltungsgebäude blieb für die Chicagoer Parkverwaltung stehen, die ihren ganzen Ehrgeiz daran setzte, in kürzester Zeit aus der bunten Weltausstellung einen ganz natürlichen Landschaftspark zu machen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1933 & 1934 in Chicago Fortschritt und Nutzen

Jahr:

1933

1

Stadt: Chicago Land:

USA

Dauer: 27. Mai - 12. November 1933 und 25. Mai

Copyright:

Die Wissenschaftsausstellung Ziel der Ausstellung in der Halle der Wissenschaften war es, die Bedeutung der Grundlagenforschung herauszustellen und deren grundlegenden Einfluß auf die Wirtschaft und das Alltagsleben zu demonstrieren. Bereits im Vorfeld sorgte eine breit angelegte Öffentlichkeitsarbeit mit einer eigens für die Weltausstellung gegründeten Zeitschrift, mit Radiosondersendungen zu Themen der Wissenschaften und mit der Bereitstellung von Material für die internationale Presse für ein aufnahmebereites Publikum. Das Science Advisory Committee (SAC) wollte fünf Ziele verwirklichen: es sollten die wichtigsten Wissenschaften und ihre Methoden demonstriert und die herausragenden Phänomene und Entdeckungen portraitiert werden. Die Abhängigkeiten zwischen dem modernen Leben und der industriellen Entwicklung wurden vorgeführt, indem neue Produkte wie Kühlschränke nicht als isolierte Schauobjekte sondern in einem idealen häuslichen Kontext gezeigt wurden. Und schließlich sollten die Ausstellungsbesucher einen Weg von der "Ignoranz und Überheblichkeit" gegenüber den Wissenschaften hin zur Anerkennung der wissenschaftlichen Methode finden. Auf Empfehlung des SAC ließen die Ausstellungsorganisatoren Lehrfilme, Dioramen und Diashows zur Vermittlung der Grundlagenwissenschaften herstellen, während die Auswirkungen der angewandten Wissenschaften auf das Wirtschaftsleben von der Industrie selbst gezeigt wurden, wobei ein Ausschuss lediglich kontrollierte, dass keine Exponate doppelt gezeigt wurden. Diese Konzeption sorgte für durchaus eindrucksvolle Präsentationen. In begehbaren Rauminstallationen konnten die Besucher etwa in der chemischen Abteilung durch ein riesiges dreidimensionales Periodensystem der Elemente gehen. Ein darüber schwebender Globus zeigte die Hauptvorkommen der Elemente an. In der medizinischen Abteilung bot der Gläserne Mensch aus dem Dresdner Hygienemuseum Einblick in die Funktion der Organe. Auch die Geisteswissenschaften konnten ihren Beitrag zur Entwicklung der Menschheit vorführen. So wurde in der Halle der Religionen demonstriert, wie die Religionen mit ihren sozialpädagogischen Aktivitäten auf die immer schnelleren Veränderungen der Welt moderierend reagieren konnten. Die amerikanische Autoindustrie wendete erheblich Mittel auf, um ihren Beitrag zum Fortschritt eindrucksvoll zu beweisen. General Motors baute den größten Firmenpavillon. Hier wurden an einem Montageband Chevrolets vollständig zusammengebaut. Der Konkurrent Chrysler bot dagegen eine 500 Meter lange Teststrecke auf, bei der die Besucher in von berühmten Renn- und Stuntfahrern gelenkten Autos mitfahren konnten. Gegen solche Attraktionen konnte die Bundesregierung nur mit einem mit Kavallerie und Artillerie bestückten Militärlager ankommen, das Einblicke in Ausbildung und Drill von Soldaten bot. Im Pavillon des Staates New York demonstrierte der alte Konkurrent Chicagos sein gewaltiges Entwicklungspotential mit wandhohen Fotografien von Edward Steichen. Das Art Institute of Chicago an der Michigan Avenue organisierte zeitgleich eine große Kunstausstellung,


die am Gewinn der Weltausstellung beteiligt wurde. Ein Busshuttle brachte die Besucher kostenlos zum Museum. Die Ausstellungsorganisatoren ersparten sich damit den Bau eines brandsicheren Kunstpalastes, ohne den es nicht möglich gewesen wäre, wichtige Kunstwerke auszuleihen. Betitelt mit "A Century of Progress in American Collecting", zeigte die Ausstellung vor allem kapitale Kunstwerke aus privaten amerikanischen Sammlungen. Für die zweite Saison 1934 wurde in einer weiteren Ausstellung die amerikanische Kunst mit europäischer Kunst, etwa den Impressionisten verglichen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1937 in Paris Im Schatten der Diktaturen

Jahr:

1937

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 25. Mai - 25. November 1937

Copyright:

Einleitung Nach achtjährigen, turbulenten Vorbereitungen wurde am 25. Mai 1937 die bislang letzte Pariser Weltausstellung eröffnet. Sie wurde durch die wachsende Macht der Diktaturen in Europa geprägt, die mit pathetischen Architekturen in Paris auftraten. Besonders die Gegenüberstellung des Pavillons des nationalsozialistischen Deutschland mit dem der Sowjetunion - beide von gigantischer, starrer Monumentalität - widersprach dem Ziel der Ausstellung, die friedliche Zusammenarbeit zwischen den Nationen zu fördern. Andere Gebäude, wie der Pavillon der Luftfahrt mit seinen dynamischen Schwüngen und der sachlich konstruierte Pavillon Spaniens, wo Picassos Protestbild 'Guernica' hing, setzten den klassizistischen Imponiergesten modernere Akzente entgegen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1937 in Paris

Jahr:

1937

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 25. Mai - 25. November 1937

Copyright:

Daten Offizielle Bezeichnung: Exposition internationale des arts et techniques dans la vie moderne Thema: Künste und Technik angewendet im modernen Leben Dauer: 25. Mai-25. November 1937 Ort: Stadtzentrum von Paris: Marsfeld, vor dem Trocadéro, an den Ufern der Seine Fläche: 105 Hektar, davon 9,5 Hektar Gebäudefläche, die zwischen Frankreich und den Gastländern aufgeteilt wurde Wahrzeichen: Palais de Chaillot mit Friedenssäule, errichtet von Jacques Carlu, Louis-Hippolyte Boileau, Léon Azéma Organisation: Oberster Ausstellungsrat (42 Mitglieder), Präsident: Der Minister für Handel und Industrie Kontrollkommission, Präsident: Joseph Caillaux Exekutivausschuss, Vizepräsident: Julien Durand Generalkommissar: Edmond Labbé, Generaldirektor für technische Erziehung Generalsekretär: Charles Ettori, Berichterstatter im Staatsrat Architekten: Leitender Architekt: Charles Letrosne (bis Nov. 1935), dann Jacques Gréber sowie Robert Martzloff für Park- und Gartenarchitektur Finanzdirektor: Henri Pignerol, Finanzdirektor der Stadt Paris Teilnehmerländer: 46 Aussteller: 11.000 Besucher: 31.040.955 Eintrittspreis: Sechs Francs Kosten (Offizielle Angaben vom 31.12.1940):


Einnahmen: 1.661.024.345 Francs Ausgaben: 1.443.288.391 Francs Gewinn: 217.735.953 Francs Finanzierung: Zuschüsse des Staates: 1.265.897.641 Francs; Subventionen der Stadt Paris: 351 Millionen Francs; Erträge der Nationallotterie: bis zu 295 Millionen Francs (gingen für drei Jahre an die Stadt Paris) Klassifikation: 114 Klassen und 14 Gruppen Kategorie: Generalausstellung zweiter Kategorie Veranstaltungen: Unter anderem 602 Kongresse im Rahmen der Ausstellung

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1937 in Paris Der lange Weg zum Erfolg

Jahr:

1937

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 25. Mai - 25. November 1937

Copyright:

Vorgeschichte Im November 1929 unterbreitete der damals amtierende Präsident der Handelskammer, Julien Durand, dem französischen Abgeordnetenhaus den Vorschlag, eine internationale Ausstellung zu veranstalten, die an die 'Exposition des Arts Décoratifs' von 1925 anknüpfen sollte. Damals hatte sich Frankreich in allen Fragen des Geschmacks und Designs als führend erwiesen. Dieses zunächst nur auf die Künste und das Kunsthandwerk konzentrierte Vorhaben erweiterte der französische Senat im Februar 1932 mit der Anregung, die Ausstellung auf alle Bereiche der Zivilisation (Wissenschaften, Sprachen, Künste und die zugehörigen Industriezweige) auszudehnen. Neben der Förderung weltweiter intellektueller Zusammenarbeit hoffte man, mit dem Großprojekt den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise auf das Land begegnen zu können. Im Juni 1932 erweiterte der Rat der Stadt Paris das Projekt um die Idee, eine Ausstellung über das Leben der Arbeiter und Bauern zu organisieren. Die Regierung führte schließlich alle drei Konzepte zusammen und reservierte am 7.10.1932 beim Bureau Internationale des Expositions (BIE) für das Jahr 1937 einen Termin für eine internationale Ausstellung, die sich vornehmlich mit den angewandten Künsten und der modernen Industrie auseinandersetzen würde. Inspiriert von den bis dahin entwickelten Ideen plante man für die bis heute letzte französische Weltausstellung eine Einteilung in drei Sektionen. Es sollte dem Generalthema eine Themenausstellung zur Geisteswelt, ein Weltfriedenskongress und eine umfassende Landwirtschaftsausstellung zur Seite gestellt werden. So kam es am 16.1.1933 zum offiziellen Beschluss der französischen Regierung, die Weltausstellung 1937 in Paris abzuhalten. Nachdem im Mai 1933 der oberste Organisationsausschuss zusammengetreten war, zog die Regierung jedoch im Januar 1934 wegen finanzieller Schwierigkeiten das Vorhaben zurück und veranlasste sämtliche Gremien, ihre Planungsarbeiten einzustellen. In Reaktion auf heftige Proteste einflussreicher Kreise einigten sich der französische Staat und die Stadt Paris ein halbes Jahr später, die Arbeiten wiederaufzunehmen, worauf das Parlament ein Gesetz zur Finanzierung der Ausstellung verabschiedete. Der ehemalige Direktor für Technikunterricht Edmond wurde zum Generalkommissar berufen und das Projekt am 23.10.1934 vom BIE als Ausstellung der zweiten Kategorie offiziell registriert. Nun konnte das Außenministerium im Dezember die in Frankreich diplomatisch vertretenen Nationen zur Ausstellungsbeteiligung einladen. Ein Regierungserlass legte das Programm, die Klassifikationen und das Generalreglement fest. Allerdings bestand zu diesem Zeitpunkt noch kein detailliertes Konzept. Übereilte Entscheidungen und improvisiertes Planen prägten die Vorbereitungen. Dies führte u.a. dazu, dass die einzelnen Pavillons nicht in ein räumliches Gesamtkonzept integriert wurden. Bürokratische Verzögerungen und Streiks der Arbeiter, die feste Arbeitsplätze auch nach der Ausstellung forderten, zwangen den Generalkommissar im Frühjahr 1937 sogar mit Rücktritt zu drohen. Erst nach mehrmaliger Verschiebung des Termins öffnete die Ausstellung am 25. Mai 1937, einzelne Pavillons wurden jedoch erst Monate später fertiggestellt.


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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1937 in Paris Das Palais de Chaillot und der Pavillon der Luftfahrt

Jahr:

1937

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 25. Mai - 25. November 1937

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Copyright: Lemoine, Paris 1987, S. 405

Wahrzeichen Obwohl man den alten Trocadéropalast von 1878 zur Disposition gestellt hatte, plante man aus Kostengründen zunächst, das zentrale Gebäude einfach nur mit neuen Fassaden zu verkleiden. Für diese Neugestaltung wurden die Architekten Jacques Carlu, Louis-Hippolyte Boileau und Léon Azéma ausgewählt. Sie änderten die ursprünglichen Vorgaben teilweise ab, indem sie den zunächst zur Weiterverwendung vorgesehenen Mittelbau zwischen den gebogenen Seitenflügeln abrissen und den großen Saal unter die Erde verlegten. So entstand ein offener Vorplatz, der von zwei pavillonartigen Kopfbauten mit kräftigen Gesimsen begrenzt wurde. Die an sie anschließenden, einen Halbkreis beschreibenden, in ihrer Raumtiefe verdoppelten Trocadéroflügel wurden durch neoklassizistische Pilaster rhythmisch gegliedert. Miit ihrer blendend weißen Steinfassade bildeten sie den großzügig bemessenen, optischen Rahmen für die breite Sichtachse zur gegenüberliegenden Seite der Seine mit dem Eiffelturm. von dem Wasserbecken mit den umliegenden Gärten auf tieferer Ebene über das Theater und monumentale Treppen bis zum Platz vor dem Palais führte, wo am Ehreneingang der Ausstellung bei der Friedenssäule sternförmig große Avenuen zusammenliefen. Unterhalb des Platzes wurde der große Theatersaal angelegt, der über zweitausend Besuchern Platz bot. Große Fenster eröffneten von den Foyers den Blick auf den Eiffelturm. Das Palais de Chaillot wurde lange Jahre von der Architekturkritik wegen seiner angeblichen Anbiederung an den Monumentalstil der Diktaturen in Deutschland und in der Sowjetunion angegriffen. Die geschickte städtebauliche Anlage des Gebäudes, das auf Sichtachsen und Flusslauf Rücksicht nimmt, und auch die aufnehmende Geste der beiden Gebäudeflügel sprechen jedoch für eine Neubewertung der Architektur, die in ihren Formen gewiss streng, jedoch nicht überwältigend wirkt. Über zwanzig Maler und vierzig Bildhauer wirkten an der Dekoration des Palais und seiner Gärten mit, der Dichter Paul Valéry verfasste die Hymnentexte für die Giebel der Pavillons. Ein technisches Glanzstück der Ausstellung war der von den Architekten Alfred Adoul, René Hartwig und Jack Gérodias auf der Esplanade des Invalides errichtete Pavillon de l'Aéronautique. In einem ersten Entwurf schlugen sie einen gewaltigen, von nur fünf bogenförmigen Stahlträgern gestützten Hangar vor, in dem die Flugzeuge wie zum Abflug bereit hätten präsentiert werden können. Das Projekt scheiterte, da die Bauform sich nach Meinung des Luftfahrtministeriums nur schlecht in die Pavillonlandschaft der Weltausstellung integrierte. Mit ihrem zweiten Versuch spielten die Architekten auf die Form eines Luftschiffs an. Eine völlig transparente Architektur, stromlinienförmig zur Seine hin als Kegelstumpf abgerundet, sollte den Besuchern den Eindruck von der Kühnheit der "Beherrscher der Lüfte" vermitteln. Daran schloss sich eine langgestreckte, flache Halle mit Galerien an. Die große Rotunde des Kegelstumpfs gestalteten Mitglieder der Künstlergruppe "Kunst und Licht", Félix Aublet und Robert Delaunay, als Ehrenhalle für den "Genius der Luftfahrt". Innerhalb von buntbemalten Ringen und einer begehbaren Spirale, die die Flugbahnen der Luftfahrzeuge symbolisierten, hing ein


Caudron-Renault-Flugzeug, das 1936 in den USA bei einem Flugwettbewerb erfolgreich gewesen war. Rundum befanden sich aus Kreisen und Bögen zusammengesetzte abstrakte Wandgemälde, die nach Meinung von Le Corbusier "dank der richtigen Verhältnisse zwischen den Farben Freude, ja gewissermaßen eine frühlingshafte Explosion, eine Erweiterung der Räume" ausdrückten. Für die Ringe, die Spirale wie auch die gesamte Außenhaut des Pavillons wurde erstmals in der Architekturgeschichte der Kunststoff Rhodoid, ein durchscheinender Wellkarton verwendet. Nachts leuchtete diese Installation durch den wie ein überdimensionales Cockpit wirkenden Pavillon und konnte so bildkräftig die Leichtigkeit des jetzt beherrschten Elements vermitteln.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1937 in Paris Eine Ausstellung inmitten einer Weltstadt

Jahr:

1937

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 25. Mai - 25. November 1937

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Copyright:

Gel�nde Für die räumliche Disposition der Schau wurde das Gelände der Weltausstellung von 1900 erweitert und teilweise neu bebaut. Wieder umfasste es den Bereich des Trocadéro mit dem gegenüberliegenden Marsfeld, erstreckte sich entlang der Uferzonen der Seine bis zur Invalidenesplanade und dem Grand Palais. Um der Ausstellung ein neues Gesicht zu geben, wurde das alte Trocadérogebäude abgerissen und auf den Fundamenten das Palais de Chaillot errichtet. Neu war außerdem die Bebauung entlang der Seine westlich des Eifelturms und der Ile des Cygnes, die zum Ort der Kolonialausstellung ausersehen wurde. Die Weitläufigkeit des Geländes mit einer Ansammlung unterschiedlichster Gebäude, die sich zudem noch in ein bestehendes Stadtbild integrieren mussten, sprach gegen die alte Idee eines fest umrissenen Raumkonzeptes mit klarer stilistischer Handschrift eines Stadtplaners. Die Zusammenstellung einzelner Gebäudegruppen jedoch, etwa die Konfrontation des sowjetischen mit dem deutschen Pavillon am SeineUfer, steht zeichenhaft für die zunehmenden politischen Spannungen kurz vor dem Zweiten Weltkrieg. Bei den Pariser Weltausstellungen des 19. Jahrhunderts hatte es immer große Hallen gegeben, bei denen die Aufteilung nach Exponatgruppen für eine gewisse Monotonie gesorgt hatte, nun gab es, neben den ausländischen Pavillons, nur noch Themengebäude - vom Gartenbau über die Werbung bis zum Transport - die nach den spezifischen Anforderungen der Ausstellungsobjekte gestaltet und einfacher in das weitläufige, zersplitterte Terrain integriert werden konnten. Die temporären Pavillons sollten in gewollter und koordinierter Vielfarbigkeit zur Entwicklung eines neuen Stils der Architektur beitragen. Zwar waren die meisten Gebäude nach dem Ende der Ausstellung zum Abriss bestimmt, doch anders als noch bei der Weltausstellung von 1900 wollte man bei diesen Gebäuden den Eindruck von Kulissenarchitektur vermeiden. Entsprechend ihrer Funktion als provisorische Ausstellungshallen wurden viele der leichten Stahl-Glas-Konstruktionen nicht mehr mit Stuckfassaden oder Pappmachée verkleidet. Am nördlichen Vorplatz des Trocadéro, vor dem Haupteingang wurde die Friedenssäule aufgestellt, die als Symbol der friedlichen Partnerschaft der Nationen die Ausstellung überragte. Der südliche Vorplatz und das gegenüberliegende Seineufer war den ausländischen Pavillons vorbehalten. Hinter dem Eiffelturm auf dem Marsfeld lagen die großen Themenpavillons und weitere Auslandspavillons. Westlich des Eiffelturms wurden die Gebäude für die französischen Regionen errichtet, im Osten fanden die Pavillons des Handwerks, der Wissenschaften und der Gartensektion ihre Aufstellung. Ein weiteres die Ausstellung überdauerndes Gebäude war das Museum der Modernen Kunst am nördlichen Hochufer der Seine. Das weitläufige Gelände vor dem Invalidendom wurde zum großen Jahrmarkt mit Vergnügungseinrichtungen und Restaurants umgestaltet, in den Grand Palais baute man das Palais de la Découverte ein, eine ebenso magische wie lehrreiche Einführung in die modernen Naturwissenschaften und die Technik.


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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1937 in Paris Das Palais de la Découverte und die Museen für moderne Kunst

Jahr:

1937

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 25. Mai - 25. November 1937

Copyright:

Architektur Das für die Weltausstellung 1900 erbaute Grand Palais wurde dreißig Jahre später wegen seiner neobarocken Formen als völlig unzeitgemäß angesehen. Die zeitgenössische Presse forderte eine neue Fassade, damit der riesige Bau im Ensemble der neoklassizistischen Ausstellungsgebäude mithalten könne. Knappe Mittel erlaubten aber nur die Erneuerung der Innenausstattung, vor allem die des gewaltigen Hauptschiffs, das für Galas, Revuen und Bankette genutzt werden sollt. Das Architektenteam Madeline, Lebout und Madelain entwarf für die schweren Formen eine reine Lichtarchitektur: Leuchtbänder zeichneten die Kreuzform des Saales nach, in dessen Mitte ein tropfenförmiger Lüster von zehn Meter Durchmesser eingehängt wurde. Eine große Treppe führte in die Galerien zum neuen Palais de la Découverte; wegen der vielen Veranstaltungen im Hauptschiff (Blumenausstellung, Tanzgalas, Zirkusfeste und Autosalon) wurde dieser Zugang jedoch nie geöffnet. Der Nobelpreisträger Jean Perrin entwickelte in weniger als einem Jahr das Konzept für die Präsentation der Wissenschaften im Grand Palais. Spektakuläre Aktionen und eine klare Didaktik sollten die neuesten Entwicklungen von der Meteorologie bis zur Kernphysik der breiten Bevölkerung nahebringen. Neben Wissenschaftlern und Architekten beteiligte sich an der Gestaltung auch der Maler Fernand Léger (der 1935 einen Artikel über die Annäherung zwischen Kunst und Wissenschaft publiziert hatte) mit dem Wandgemälde "Die Übertragung der Kräfte". Die Architekten bemühten sich, die Aufmerksamkeit der Besucher auf die technischen Geräte zu konzentrieren. Im ganz in geheimnisvolles blaues Licht getauchten Kuppelsaal wurden elektrostatische Effekte vorgeführt: Zwei große Kondensatoren in einem Gitterkäfig luden sich unter immer lauter werdendem Brummen bis zu einer Spannung von fünf Millionen Volt auf und schickten schließlich einen riesigen elektrischen Blitz in die goldbelegte Kuppel. Vielbewunderter deutscher Beitrag zur Schau war der gläserne Mensch, der heute noch im Dresdner Hygienemuseum zu besichtigen ist. Das Experiment, Wissenschaft zu popularisieren, erwies sich als so erfolgreich, dass das Palais de la Découverte zu einer Dauerausstellung umfunktioniert wurde. Da die Sammlung moderner Kunsts des französischen Staates im Palais du Luxembourg unzulänglich untergebracht war und auch die Sammlung der Stadt Paris im Petit Palais unter Platzmangel litt, wurde die Errichtung der lange geplanten Museumsneubauten in die Vorbereitungen zur Weltausstellung integriert. 1934 wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben: Beide Sammlungen sollten - in zwei voneinander getrennte Gebäude - auf einem trapezförmigem Grundstück am Hochufer der Seine untergebracht werden. Nachdem zahlreiche Entwürfe international berühmter Architekten, darunter Le Corbusier, Garnier, und Mallet-Stevens, abgelehnt worden waren, entschied sich die Kommission für das Gemeinschaftsprojekt von J.-C. Dondel, A. Aubert, P. Viard und M. Dastugue. Die Gruppe entwarf eine neoklassizistische Anlage mit zwei achsensymmetrisch angeordneten Gebäude, die an der Stirnseite durch einen höhergelegenen, offenen Säulenhof verbunden waren und sich am anderen Ende jeweils in einer Viertelkreisbiegung zur Seine hin öffnen. In der Mitte befand sich ein großes, von Skulpturen gesäumtes, Wasserbecken. Die hohen, fensterlosen Seitenwände des Peristyls zierten Flachreliefs von


Alfred Janniot, die die Kräfte der Erde und des Meeres darstellten. Die Betonung der Vertikalen durch die Säulenreihen setzte sich in hohen, schmalen Fenstern der zum Innenhof gewandten Seiten der Ausstellungsgebäude fort. An die Außenseiten der Hauptgebäude schlossen sich kammartig Seitenflügel mit hochgelegenen Fenstern an. Während die Hofsituation an die klassische französische Museumsarchitektur erinnertt, knüpft die Erschließung der überwiegend vom Tageslicht erhellten Galerieräume durch seitliche Gänge an die Formensprache der internationalen Moderne an.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1937 in Paris

Jahr:

1937

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Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 25. Mai - 25. November 1937

Copyright: Generalkatalog, Paris 1937, S. 3

Kommentare Aus dem Grußwort des Handelsministers Fernand Chapsal: "Die Ausstellung von 1937 hat an den Ufern der Seine die Fahnen von mehr als vierzig Nationen versammelt. Diese Tatsache überragt alle anderen. Dieser Charakter einer internationalen Zusammenarbeit gibt ihr ihre Bedeutung und Tragweite. Sie erscheint gleichsam als Unternehmen, bei dem die Nationen repräsentiert sind, nicht nur durch die Menschen sondern auch durch ihre Leistungen. Und man muß dieses Wort in seinem erhabensten und weitesten Sinne verstehen. Indem sich Frankreich für diese großartige Veranstaltung in unsicheren und schwierigen Zeiten entschied, gab es den Beweis des Vertrauens in sein Schicksal und an die Zukunft des Friedens. Indem die Völker dem Aufruf folgten, bewiesen sie, dass sie sich diesem Vertrauen anschließen und in gleiche Richtung streben wollen. Eine Ausstellung würde ihr Ziel verfehlen, wenn es nur ein Spektakel wäre, so brilliant es auch sein sollte. Sie muß ein Ort der Zusammenkunft sein, wo man Erfahrungen und Anstrengungen vergleicht, wo die Menschen in ihren Werken Gründe finden, sich einander anzunähern, sich einander besser zu verstehen und gleichzeitig das exakte Maß für ihre eigenen Talente finden. Dies ist ein Markstein für den Fortschritt und ein Ansatzpunkt für das gemeinsame Bemühen." Quelle: Exposition internationale des arts et des techniques dans la vie moderne. Catalogue général officiel. Paris 1937, Bd. 1.

Die Kritik eines Künstlers: Amedée Ozenfant "1937 ist der Zeitpunkt an dem alle Kräfte zusammengeführt wurden und sich zum Teil neutralisierten, ein herrschender Stil, ohne Dornen, blüht und gedeiht. Ein herausragender Stil, z.B. der Schweizer Pavillon von klarer, konstruktiven Proportionen, von Bauformen, die sich durch gesunde Atmung auszeichnen, dann der österreichische Pavillon, und so weiter. Vielleicht bei den Holzkonstruktionen Japan und Finnland vor allem - findet man die innovativsten Ingenieurslösungen. Denn Ingenieure und Architekten spielen mit dem Stahl in ungezwungener Kühnheit - Beweis der perfekten Kenntnis der Grenzen des Möglichen und folgerichtig belohnt die Eleganz alle extremen Lösungen. Die mit Holz und Eisen arbeitenden Architekten und Ingenieure erreichen die Meisterschaft ihrer gotischen Vorfahren, die in der Sainte Chapelle das Licht über die Materie triumphieren ließen." Quelle: Amedée Ozenfant. Notes d´un touriste à l´exposition. In: Cahiers d´art, Jg. 12, 1937, S. 243.


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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1937 in Paris Zum Programm der Ausstellung

Jahr:

1937

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 25. Mai - 25. November 1937

Copyright:

Programm "Ihre Aufgabe ist es, eine Kundgebung der Eintracht und des Friedens zu sein, indem sie sich bemüht zwischen den Menschen nicht nur den wirtschaftlichen Austausch zu steigern, sondern auch den Austausch der Ideen und der Freundschaft. Im Reich des zeitgenössischen Denkens und der Wissenschaften bleibt ihr kein Fortschritt, der erreicht wurde, fremd. Im Bereich der Industrie und des Handels begrüßt sie alle Formen der Aktivität. Im Bereich der Künste und der Technik ehrt sie besonders die Berufe der Kunst und des Kunsthandwerks, indem sie zur engen Zusammenarbeit zwischen Künstlern und Kunsthandwerkern ermutigt. Sie wird versuchen das Aufblühen neuer Stilrichtungen zu begünstigen und zu beweisen versuchen, dass die Originalität und die Feinheit des Geschmacks ebenso wie die Gewissenhaftigkeit in der handwerklichen Fertigung sich im Gebrauchsgegenstand, in der häuslichen Umgebung begegnen können, um zu beweisen, dass das Schöne und das Nützliche nicht unvereinbar sind. Die internationale Ausstellung von 1937 möchte also eine Synthese des gesamten durch unsere Generation erreichten Fortschritts darstellen. Sie wird somit eine Bilanz der Zivilisation unserer Welt ziehen. Diese Bilanz wird jedes Volk unterrichten, ihm zeigen auf welche Bereiche es seine Anstrengungen richten muss, um seinen Rang zu bewahren oder einen besseren zu erlangen. Quelle: Paris 1937. Exposition internationale arts et techniques. S. 1.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1937 in Paris Der Generalkommissar der Ausstellung: Edmond Labbé

Jahr:

1937

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 25. Mai - 25. November 1937

Copyright: Generalkatalog, Paris 1937, S. 5

Biographie "Sohn einer bescheidenen Familie Pariser Handwerker, widmete sich Edmond Labbé dem Beruf des Lehrers. Er stieg die Leiter der Hierarchien unserer Schulen Schritt für Schritt empor. Bei Kriegsausbruch kümmerte er sich als Generalinspektor der technischen Erziehung um die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung, die im feindlich besetzten Norden ansässig war und wusste sich in dieser Rolle Respekt und Gehör bei den feindlichen Truppen zu verschaffen. Nach Kriegsende wurde Labbé zum Chefingenieur des Wiederaufbaus dieser verwüsteten Provinzen ernannt. 1920, als das Parlament das Gesetz über die technische Erziehung verabschiedete, war der Posten des Generaldirektors für technische Erziehung vakant. M. Edmond Labbé erschien als geeignete Persönlichkeit, um das neue Gesetz zu beleben und einen wahrhaftig professionellen Unterricht einzuführen, der bis dahin nur vereinzelt verwirklicht worden war. Er wurde daher zum Generaldirektor für technische Erziehung ernannt und bekleidete dieses Amt bis 1933. 1931 erhielt er die höchste Auszeichnung für Beamte in Frankreich: das große Kreuz der Ehrenlegion. Nach seiner Pensionierung ehrte die Regierung ihn von neuem, indem sie ihm erstmals in Frankreich - den Titel eines Beraters auf Lebenszeit beim Minister für Erziehung verlieh. Am 15. Juli 1934 wurde er zum Generalkommissar für die Weltausstellung berufen." Quelle: Text des Werbebüros der Ausstellung, Archives Nationales F1212231. Zit. nach AK Paris 1987, S. 38, Anm. 10.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1937 in Paris

Jahr:

1937

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 25. Mai - 25. November 1937

Copyright:

Bibliographie Josefina Alix Trueba, Pabellon Español, Paris 1937. AK Centro de arte reina Sofia 25.6. - 15.9. 9. Madrid 1987. Hans Bernoulli, Paris 1937. In: Das Werk. Dezember 1937, H. 12, S. 336-373. Léon Blum (Vw.), Exposition internationale des arts et des techniques. Album, Programm. Paris 1937. E.F.B., Die Expo bei Nacht. In: Das Werk, 1937, Nr. 11, S. 349-351. Exposition Paris 1937. In: L´Illustration, Sonderalbum 1937. Exposition internationale des arts et des techniques dans la vie moderne Paris 1937. Catalogue officiel. Bd. 1 Liste des Exposants. Bd. 2 Catalogue par pavillons. Paris 1937. Exposition internationale. Arts et techniques. [Kurzführer] Paris 1937 Expositions internationales, Paris 1937, New York 1939, Paris 1938. In: Arts et métiers graphiques, Nr. 62, Paris 1938. Jean Favier, L´Architecture. Exposition internationale. Paris 1937. 3 Bände. Sigfried Giedion, Sind Ausstellungen noch lebensfähig? In: Schweizer Bauzeitung. 109, 1937, H. 7, S. 7377. Guido Habers, Streifzug durch die Pariser Weltausstellung 1937. In: Der Baumeister. 35, 1937, H. 9, S. 269-278. Jürgen Harten / Hans-Werner Schmidt / Marie Luise Syring (Hg.), "Die Axt hat geblüht". Europäische Konflikte der dreißiger Jahre in Erinnerung an die frühe Avantgarde. AK Städtische Kunsthalle Düsseldorf. Düsseldorf 1987. Gustav R. Hocke, Das geistige Paris 1937. Leipzig 1937. Heinrich Hoffmann, Deutschland in Paris. Ein Bildbuch. München 1937. Heinrich Hoffmann, Die Weltausstellung. 100 Raumbild-Aufnahmen. Diessen 1937.


Raymond Isay, Panorama des expositions universelles. Paris 1937. Edmond Labbé (Hg.), Exposition internationale des arts et des techniques dans la vie moderne, Paris 1937. Rapport général. 11 Bände. Paris 1940. Bertrand Lemoine, Cinquantenaire de l´exposition internationale des arts et des techniques dans la vie moderne. AK Institut Français d´Architecture et Paris Musées, Musée d´Art Moderne de la Ville de Paris. Paris 1987. Livre d´or officiel de l´Exposition internationale des arts et techniques dans la vie moderne. Paris 1937. Henri Martin (Hg.), Exposition 1937. 3 Bände. Paris 1937. Peter Meyer, Weltausstellung Paris 1937. In: Das Werk. 24, November 1937, H. 11, S. 321-351. Joseph Ney, Réflexions sur l´architecture à propos de l´exposition 1937. In: Cahiers d´art, 10, 1937, S. 248-304. Pascal Ory, Les Expositions universelles de Paris. Paris 1992. Amedée Ozenfant, Notes d´un touriste à l´expo. In: Cahiers d´art, 10, 1937, S. 242-247. Reichskommissar für die Internationale Ausstellung Paris 1937 (Hg.), Internationale Ausstellung Paris 1937 für Kunst und Technik. Deutsche Abteilung. Berlin 1937. Pierre Verger, Exposition 37. 60 photographies de Pierre Verger. Paris 1937.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1937 in Paris Das nächtliche Meer der Lichter - Die Lichtfeste

Jahr:

1937

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 25. Mai - 25. November 1937

Copyright:

Lichtfeste Um der Vielfalt der Pavillons auch nachts eine attraktive Erscheinung zu verleihen und die neuentwickelten virtuosen Möglichkeiten von Wasserspielen und Elektrizität zu präsentieren, wurden zahlreiche Lichtfeste veranstaltet. Zu diesen Anlässen beleuchtete man die Fontänen der Wasserspiele, verwandelte die Seine in eine bewegte, glitzernde Lichtstraße, illuminierte Straßenzüge und die Gebäude von innen und außen mit farbigen Scheinwerfern und akzentuierte das Lichtmeer durch Feuerwerk. Schwärme von Ballons stiegen den Nachthimmel empor, von farbigen Scheinwerfern angestrahlt. Besonders prächtig wirkte der Vorplatz des Trocadéro mit dem Blick zur Friedenssäule und die bunte Inszenierung des Eiffelturmes, an dessen Stützbogen ein dreifarbiges Lichtmuster erstrahlte, das aus mehr als 10.000 Neonröhren komponiert worden war. Zusätzlich versprühten bis zur Spitze des Turms verteilte Feuerwerkskörper bei Nacht funkelnde Farbkaskaden. Die zweihundert bis zu sechzig Meter hohen Fontänen auf der Seine mussten wegen des Schiffsverkehrs versenkbar eingebaut werden. Die Synchronisation von Licht, Ton und Feuerwerk wurde mit zwei hochmodernen elektrischen Schaltstationen realisiert. Zu speziell für die Lichtfeste von avantgardistischen Musikern wie Milhaud, Auric und Honegger komponierten Partituren verwandelten die Scheinwerfer das Ausstellungsgelände in ein phantastisches Kaleidoskop. Nachts schien die Materie beinahe aufgelöst, das Gelände mit dem Durcheinander der verschiedenen Pavillons wurde in eine einheitliche Inszenierung überführt. Paris war tatsächlich wieder einmal die "Stadt der Lichter". Dieses Spektakel, das präzise wie ein Uhrwerk ablief, hatte intensiver Vorbereitungen bedurft und war gleichzeitig mit den ersten architektonischen Planungen begonnen worden. Der Architekt Granet war eigens für die Illumination des Eiffelturms angestellt worden; die Architekten Beaudouin und Lods experimentierten zwei Jahre, um den Gesamtablauf zu perfektionieren.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1937 in Paris Der deutsche und der sowjetische Pavillon: Denkmale der Diktaturen

Jahr:

1937

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 25. Mai - 25. November 1937

1 2 3

Copyright:

Der deutsche Pavillon Schon aus zeitgenössischer und erst recht aus heutiger Sicht widerspricht die architektonische Inszenierung des deutschen Beitrags in direkter Nachbarschaft zu dem sowjetischen Pavillon dem Ziel der Ausstellungsorganisatoren, ein Zeichen für friedliche Zusammenarbeit der Nationen zu setzen. Beide Gebäude waren mit ihrer Natursteinverkleidung auf starre Monumentalität angelegt, um den zu vertretenden Ideologien nicht nur durch die bronzenen, ins Überdimensionale vergrößerten politischen Symbolen Reichsadler mit Hakenkreuz sowie Hammer und Sichel den Anschein von Macht und Dauer zu verleihen. Errichtet auf erhöhten Sockeln vergleichbaren Grundrisses, verschlossen sich die Pavillons mit ihren wuchtigen, fensterlosen Mauern der Umgebung. Sein Architekt Albert Speer, dem der sowjetische Entwurf im Vorfeld bekannt geworden war, interpretierte dessen Bauplastik - eine Gruppe schreitende Figuren als sowjetischen "Ansturm" auf Deutschland. So konnte die massive Machtdemonstration des "Deutschen Hauses" - "als eine in schwere Pfeiler gegliederte kubische Masse" (Albert Speer) - von seinem Architekten als notwendige Abwehrgeste gegenüber dem sowjetischen Pendant gerechtfertigt werden. Für den deutschen Bau, bestehend aus einem Quader, der an der vorderen Schmalseite mit einem ebenfalls quaderförmigen Turm abschloss, bediente sich Speer eklektizistisch formaler Details aus verschiedenen Kulturen und Zeiten wie antiken Tempelbauten, Grabmalskunst, Festungsbauten. Die Vermischung christlicher und profaner Herrschaftsikonographie bildete die Projektionsfläche für die Propaganda des deutschen Reiches. So erinnert der Grundriss mit Langhaus und Turm an Kirchenbauten, die veränderten Proportionen und die fensterlosen Mauern erwecken jedoch eher den Eindruck einer Trutzburg. Der Turm mit kannelierten Pilastern aus massiv wirkenden Steinquadern und abgestuftem Gebälk geht auf antike Tempelhallen zurück, doch wird hier auf die Idee, den Stützen ein menschliches Proportionssystem zugrunde zu legen, verzichtet, um mit den in die Höhe gezogenen Pfeilern dem Reichsadler mit Hakenkreuz einen bombastischen Sockel schaffen. Auf Abbildungen erkennt man heute kaum die nachts beleuchteten Mosaikwände zwischen den Pfeilern, sondern eher den harten schwarzweiß Kontrast der streng vertikal gegliederten Fassade, der den Blick des Betrachters sogartig zu dem in der Höhe thronenden Adler führt. Der gegenüberliegende sowjetische Pavillon von Boris Iofan wirkte ebenfalls wie ein überdimensionaler Sockel für Vera Muchinas Kolossalfigurengruppe "Kolchosbäuerin und Arbeiter", die vorwärtsstürmend Hammer und Sichel in den ausgestreckten Armen trugen. Auf keilförmigem Grundriss werden Wandscheiben nach vorne stufenweise ansteigend so gestaffelt, dass sich die Bewegung der Figuren mit ihren wehenden Kleidern aus dem Gebäude zu entwickeln scheint. Anlässlich des zwanzigsten Jahrestages der Oktoberrevolution wurde dieser Aufbruchsstimmung im Inneren des Pavillons in großen Wandgemälden mit Szenen vom kommenden Sozialismus Ausdruck verliehen. Kostbarstes Exponat war eine riesige, aus reinem Gold getriebene Landkarte der Sowjetunion, in die die großen Bauprojekte für Staudämme und Industrieanlagen durch eingelassene Edelsteine symbolisiert wurden.


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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1937 in Paris Lebendiges Holz - Der finnische Pavillon

Jahr:

1937

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Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 25. Mai - 25. November 1937

Copyright:

Der finnische Pavillon Wegen seiner geglückten Verbindung von traditioneller und moderner Architektur wurde der PavillonHugo Alvar Aaltos in der zeitgenössischen Presse durchgängig als einer der besten Ausstellungsbauten gelobt. Für den Finnland zugewiesenen Platz in der Nähe des Trocadéro hatte alto einen großen Hauptbau mit abgerundeten Ecken und Flachdach entworfen, dem mehrere überdachte Terrassen zugeordnet wurden, die sich optimal in das parkähnliche Gelände mit altem Baumbestand einfügten. Aalto verknüpfte einen funktionalistischen Konstruktionsansatz mit dem in Finnland traditionellen Baustoff Holz. Die Holzindustrie erhielt folgerichtig im Pavillon auch breiten Raum für ihre Selbstdarstellung. Holz wurde als Material nicht nur für die tragenden Teile des Baus eingesetzt, sondern auch für die Verkleidung der Außenwände, für die Raumteiler und die Gestaltung des Interieurs verwendet. Große Oberlichter sorgten für eine dem Baustoff angemessene milde Beleuchtung. Einige weiße Wände setzten wirkungsvolle Kontraste. Stilistische Eigenarten Aaltos wie der Einbau von wellenförmigen Decken und fließende Wänden dienten der modernen Darstellung der Baueigenschaften des Materials Holz und seiner lebendigen Qualitäten. Da der größte Teil des Gebäudes bereits in Finnland vorgefertigt worden war, mussten vor Ort nur noch Montagearbeiten durchgeführt werden.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1937 in Paris Werbung für die Volksfront: Der spanische Pavillon

Jahr:

1937

1

Stadt: Paris Land:

Frankreich

Dauer: 25. Mai - 25. November 1937

Copyright:

Der spanische Pavillon Spanien befand sich seit 1936 im Bürgerkrieg. Die heftigen Kämpfe auf der iberischen Halbinsel hatten das anfängliche Interesse der Republik an einem würdevollen Auftreten auf der Weltausstellung vollständig in den Hintergrund treten lassen. Erst als der spanische Gesandte in Paris den großen propagandistischen Wert der Ausstellung zur Beeinflussung der Weltöffentlichkeit erkannt hatte, wurde die Errichtung eines spanischen Pavillons wieder mit großem Nachdruck betrieben. Der Beitrag sollte die Weltöffentlichkeit für die zugespitzte Lage in Spanien sensibilisieren, die sich seit der Intervention der deutschen und italienischen Regierungen zu einem europäischen Konflikt entwickelt hatte. Man wollte vor den Gefahren des Faschismus warnen und das Image der republikanischen Regierung durch Präsentation ihrer Errungenschaften verbessern. Heutzutage ist der spanische Pavillon vor allem wegen eines Exponats bekannt - Pablo Picassos "Guernicá": In Erinnerung an den Angriff einer deutschen Fliegerstaffel auf die baskische Stadt hatte Picasso ein großes Wandbild geschaffen, das zum Sinnbild für alle Kriegsgräuel im 20. Jahrhundert wurde. Doch schon die zeitgenössische Kritik lobte den spanischen Beitrag angesichts seiner architektonischen Konzeption in Verbindung mit den herausragenden Kunstwerken als Meisterstück avantgardistischer Pavillongestaltung. Die Architekten Jose-Luis Sert und Luis Lacasa waren für den Entwurf des Gebäudes verantwortlich. Nach der Grundsteinlegung im Februar 1937 wurde das Gebäude in einer außerordentlichen Kraftanstrengung in nur fünf Monaten fertiggestellt. Ein Rundgang sah zunächst den Weg durch den Garten mit Skulpturen in den Raum vor, der das Wandgemälde Picassos Guernica und den Quecksilberbrunnen von Alexander Calder beherbergte. Direkt daneben befand sich ein überdachter Hof mit einer Bar und Bühne, wo u.a. Filme von Luis Buñuel gezeigt wurden. Quer über dem Erdgeschoss lagen zwei rechteckigen Stockwerke, die über eine hufeisenförmige Rampe erreicht werden konnten. Zuerst erreichte man die oberste Ausstellungsebene mit der Folkloreausstellung und einer Auswahl von aktuellen Kunstwerken, die in Reaktion auf die Schrecken des Bürgerkriegs entstanden waren. Vorbei an dem großformatigen Gemälde "Der Schnitter" von Miró - eine weitere Auseinandersetzung mit dem Krieg in Spanien -, gelangte man eine Ebene tiefer, wo mit Fotomontagen über das soziale, wirtschaftliche und politische Leben Spaniens informiert wurde. Durch eine einfache Metallträgerkonstruktion waren Räume geschaffen, deren Wände zum Teil transparent blieben oder selbst auf ihrer Außenseite Fläche für Fotomontagen oder Texte boten. Bereits von Weitem konnten die Besucher wie in einer bunten Illustrierten etwas über dessen Inhalte erfahren. Anders als bei einer schlichten Illustration einer Ideologie oder der Demonstration elitären Machtanspruchs durch klassizistische Kulissenarchitektur entstand hier durch die intellektuelle Zusammenarbeit von Künstlern, Filmemachern, Schriftstellern, Politikern und den Architekten ein


vielfältiges Bild spanischer Kultur. Die von Leichtigkeit geprägte, durchlässige Architektur, die räumlich die Grenzen von Innen und Außen aufhob, hatte für die Kommunikation der verschiedenen Bereiche und Medien den idealen Ort geschaffen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1939 & 1940 in New York Die Welt von morgen bauen

Jahr:

1939

1

Stadt: New York Land:

USA

Dauer: 30. April - 31. Oktober 1939 und 11. Mai

Copyright:

Einleitung Die New Yorker Geschäftskreise, die 1939 die erste bedeutende Weltausstellung in der größten Stadt der Welt organisierten, hatten ein klares Ziel: sie wollten demonstrieren, dass die Welt der Zukunft nur durch die mächtigen Firmen gebaut werden konnte. Dafür räumten sie den Automobil- und Elektrokonzernen viel Platz zur Selbstdarstellung ein, der von ihnen für visionäre Shows und die Präsentation von echten Neuheiten wie dem Fernsehgerät genutzt wurde. Dieses Konzept wurde in zwei Jahren von 50 Millionen Besuchern begeistert angenommen. In der Mitte des Ausstellungsgeländes in Flushing Meadows stand das Wahrzeichen der Ausstellung, Trylon und Perisphere, ein spitzer Obelisk und eine riesige weiße Kugel, in der Democracity, die Stadt der Zukunft gezeigt wurde.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1939 & 1940 in New York

Jahr:

1939

1

Stadt: New York Land:

USA

Dauer: 30. April - 31. Oktober 1939 und 11. Mai

Copyright:

Daten Offizielle Bezeichnung: New York World´s Fair 1939-1940 Anlass: 150-Jahrfeier des Amtsantritts von Präsident George Washington Thema: Building the World of tomorrow Kategorie: Allgemeine Ausstellung der 2. Kategorie Wahrzeichen: Trylon und Perisphere Ort: Flushing Meadows Park, Queens Dauer: 30.4.-31.10.1939 und 11.5.-27.10.1940 (351 Tage) Eröffnung: 30. April 1939, in Anwesenheit von Präsident Roosevelt Fläche: 500 Hektar Präsident der Ausstellung: Grover Loysius Whalen Präsident der Parkgesellschaft: Robert Moses Architekt des Themenparks: Wallace K. Harrison und Jacques André Fouilhoux Aussteller: 1.500 Angestellte: 50.000 Besucher: knapp 45 Millionen (1939: 25,8 Millionen, 1940: 19,14 Millionen) Organisation: private Messegesellschaft Eintrittspreis: 75 Cents, Dauerkarte 15 Dollar Ausgaben: 125 Millionen Dollar Defizit: 18 Millionen Dollar


Teilnehmer: 54 Nationen in 22 Nationenpavillons, 26 Pavillons amerikanischer Staaten, zahlreiche Firmenpavillons - insgesamt 300 Gebäude Klassifikation: keine Jury: keine

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1939 & 1940 in New York Eine Geburtstagsfeier für die USA

Jahr:

1939

Stadt: New York Land:

USA

1 2

Dauer: 30. April - 31. Oktober 1939 und 11. Mai

Copyright:

Vorgeschichte Die 'Century of Progress'-Weltausstellung in Chicago von 1933/34 ließ einflußreiche New Yorker Geschäftskreise vor Neid erblassen: so etwas mußte doch auch in New York möglich sein und zur Verbesserung der durch die Weltwirtschaftskrise angeschlagenen Wirtschaftslage beitragen können. Dass New York schon lange eine Weltausstellung verdient hatte, alle Anläufe dazu aber - mit Ausnahme einer schwachen Antwort auf die Londoner Ausstellung von 1851 zwei Jahre später - bislang in einem frühen Stadium gescheitert waren, konnte sie nicht abschrecken. Ein Anlaß war auch schnell gefunden. Am 30. April 1939 jährte sich zum hundertfünfzigsten Mal der Amtsantritt des ersten amerikanischen Präsidenten George Washington, dies ließ sich als der Geburtstag der USA auslegen. Einige einflußreiche Bankiers und Industrielle, unter ihnen der Direktor des Kaufhauses Macy's T. Percy Strans und der Präsident der Title Guarantee und Trust Company George Mac Aneny, ließen ihre Verbindungen nach Washington spielen und konnten 1935 die Unterstützung von Präsident F.D. Roosevelt erlangen. Auch Gouverneur Lehmann und der New Yorker Bürgermeister La Guardia zeigten sich dem Weltausstellungsplan gegenüber aufgeschlossen. Bald darauf wurde eine 96-köpfige Gruppe von Architekten, Intellektuellen und Wissenschaftlern aktiv, die das Thema der Ausstellung entwickelte und Realisierungsmöglichkeiten ermittelte. Die Weltausstellung sollte die Beiträge eines demokratischen Regierungssystems, der Wissenschaft und der Technik für die Zukunft der Menschheit vorführen. Eine Pressekampagne, die noch im September 1935 gestartet wurde, sorgte für eine günstige Stimmungslage in der amerikanischen Bevölkerung. Gleichzeitig wurde die Begründung der New York Fair Society als organisatorischer Basis bekanntgegeben; ihr Direktor, der Geschäftsmann Grover Whalen wurde später auch zum Präsidenten der Weltausstellung ernannt. Schon damals war klar, dass die Ausstellung auf einer ehemaligen Müllkippe im Stadtteil Queens stattfinden und wie in Chicago zwei Jahre lang laufen sollte. Auch die Finanzierung lehnte sich an das Chicagoer Modell an. Mit Subskriptionen wurde das nötige Kapital für die Themenausstellung und repräsentative Gebäude aufgebracht. Die mit vier Prozent Zinsen ausgestatteten Anleihen fanden reißenden Absatz: 27 Millionen Dollar konnten auf diese Art eingenommen werden. Außerdem stellten einheimische Millionäre Kapital zur Verfügung, investierte die Stadt New York über 26 Millionen Dollar für Infrastrukturmaßnahmen und durften Konzessionäre gegen Gebühren Ausstellungsbeiträge - vom Firmenpavillon bis zur Imbißbude in eigener Regie anbieten. Bereits ein halbes Jahr später verabschiedete der amerikanische Kongreß ein Gesetz für die New Yorker Weltausstellung, das den finanziellen Beitrag der Bundesregierung regelte und es der New York Fair Society erlaubte, das Gelände für die Dauer der Ausstellung zu pachten. Wiederum ein halbes Jahr später, am 16. November 1936, lud Roosevelt mit einer Proklamation die Nationen der Welt nach New York ein; Grover Whalen reiste mehrfach nach Europa, um der Einladung Nachdruck zu verleihen. Die Anstrengungen waren von Erfolg gekrönt: 58 Länder meldeten sich zur Teilnahme an. Die New York World's Fair wurde vom B.I.E. im Mai 1937 als eine Weltausstellung der zweiten Kategorie registriert.


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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1939 & 1940 in New York Trylon und Perisphere

Jahr:

1939

1

Stadt: New York Land:

USA

Dauer: 30. April - 31. Oktober 1939 und 11. Mai

Copyright:

Wahrzeichen Im Zentrum des Geländes stand das von überall sichtbare Wahrzeichen der Ausstellung - Trylon und Perisphere genannt - bestehend aus einem 212 Meter hohen, dreiseitigen Obelisken und einer Kugel mit 65 Meter Durchmesser, in der die Themenausstellung untergebracht war. Zwar wurden die beiden Gebäude von der 'New York Times' "Das Ei und die Reißzwecke" getauft, doch hatte sich ihr Architekt Wallace K. Harrison eigentlich von einer Haarnadel und einer Kittkugel für seinen Entwurf inspirieren lassen. Zusammen mit seinem Partner Jacques André Fouilhoux schuf er das populärste Wahrzeichen einer Weltausstellung seit dem Eiffelturm, das in seiner rein geometrisch-abstrakten Form und seiner blendend weißen Erscheinung mehr an riesige Skulpturen denn an Ausstellungsgebäude erinnerte. Die Architekten ließen als Fundament zahlreiche Holzpfähle in den sumpfigen Boden rammen, die die 10.000 Tonnen schwere Stahlgerüstkonstruktion trugen. Nach Abschluß der Bauarbeiten ergab sich dann ein ganz anderes Bild - der Obelisk ragte kühn in den Himmel und die Kugel schien, wie von Wasserfontänen getragen, in der Luft zu schweben. Über eine Rolltreppe erreichten die Besucher die Rampe auf 20 Meter Höhe, die zum Eingang der Perisphere führte. Im Inneren betraten sie zwei übereinanderliegende rotierende Balkone, die scheinbar stützenlos im Raum unter der blau beleuchteten Kuppel schwebten. Sechs Minuten dauerte die Drehung der Balkone, ebenso lang wie die Film-, Licht- und Musikperformance, die pro Tag 120 Mal wiederholt wurde. Von dieser erhöhten Position aus blickte man auf das visionäre Modell von 'Democracity', einer Stadt im Jahre 2039. Alle Wohnhäuser, Fabriken und Verkehrswege und Verwaltungsgebäude dieser Zukunftsstadt waren so platziert worden, dass den Bewohnern lange Wege erspart blieben und die Umwelt wenig Schaden nahm. Ein am Fluß gelegenes Kraftwerk produzierte den Strom für die ganze Stadt. Während einer Umdrehung erlebten die Zuschauer einen Tagesablauf in Zeitraffer. In der Kuppel wurde es langsam Nacht, Lichter leuchteten auf und erste Sterne erschienen am Himmel. Zehn Filme projizierten, untermalt von Musik, eine mitreißende Vision an die Kuppel. Die Stimme des populären Radiomoderators H.V. Kaltenborn kündigte die Arbeiter der idealen Stadt an, die in zehn Marschkolonnen anrückten, sich zu einem Kreis formierten und sich dann in einer Sinfonie der Farben vermischten und auflösten. Diese überwältigende Propaganda sollte den Besuchern von den unbegrenzten, heilbringenden Möglichkeiten und der demokratisierenden Kraft des technischen und industriellen Fortschritts überzeugen. Ein ganz ähnliches Konzept verfolgte die Ausstellung im Pavillon von General Motors, die mit ihrem Futurama ebenfalls eine ideale Zukunft im Modell präsentierte. Bis zu 27 500 Besucher pro Tag schwebten auf 552 beweglichen Sitzen über eine detailreiche, animierte Miniaturwelt von im Jahr 1960: weite Landschaften, Industriegebiete und eine Stadt, deren ausgeklügeltes Verkehrssystem mit ferngesteuerten Autos in zeitgenössischen Berichten immer wieder besondere Erwähnung fand. Clou der Performance war allerdings, daß die Zuschauer nach dem Ende der Vorstellung in die Zukunft versetzt fühlen mußten - denn das letzte Bild der Vorführung zeigte genau die Straßenkreuzung, auf der sich die Besucher nach Verlassen des Futuramas wiederfanden.


Eleganz, Wohlstand und Mobilität als Folge des industriellen und technischen Fortschritts, beeindruckende Wolkenkratzer, komplexe Verkehrssysteme und neue leistungsstarke Beleuchtungssysteme kennzeichneten auch die Stadtvisionen anderer Aussteller. Doch der Blick war nicht nur in die Zukunft gerichtet. Um die Errungenschaften der Elektroindustrie zu feiern, präsentierte die Consolidated Edison eine Nachbildung der Skyline von Manhattan, in der eine aufwendige Beleuchtungsanlage alle Lichtstimmungen eines Tages simulierte, von der Morgendämmerung über gleißend helles Sonnenlicht bis zum nächtlich funkelnden Lichtermeer.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1939 & 1940 in New York

Jahr:

1939

1

Stadt: New York Land:

USA

Dauer: 30. April - 31. Oktober 1939 und 11. Mai

Copyright:

Kommentare Aus Präsident Roosevelts Eröffnungsrede: �Alle, die zu dieser Weltausstellung kommen, seien auf das Herzlichste willkommen geheißen. Sie werden feststellen, dass die Augen der Vereinigten Staaten auf die Zukunft gerichtet sind. Unser Waggon fährt auf einen Stern zu. Dies ist aber der Stern des internationalen guten Willens, ein Stern des Fortschritts für die Menschheit, ein Stern für größeres Glück und weniger Not, ein Stern des internationalen guten Willens und vor allem ein Stern des Friedens. Mögen die kommenden Monate uns auf den Strahlen dieser Hoffnung vorantragen. Hiermit widme ich die New York World's Fair von 1939 und erkläre sie für die ganze Menschheit geöffnet.�

Gardener Harding in Harper's Magazine, Bd. 179, Juli 1939, S. 193-200: Wenn man, (..) vom Interborough Tor eintritt, so erhält man einen atemberaubenden ersten Eindruck davon, welch herausragenden Gebrauch die Architekten der Weltausstellung von den heute zur Verfügung stehenden Mitteln machten, um auf diesem einst so kahlen und öden Marschland ihre Ideale einer Stadt der Zukunft zu entwerfen. Hohe Pylone tragen die Augen über die flachen Dächer der Ausstellungsgebäude. Große kuppelartige Strukturen, halbiert und an den flachen Seiten durch hohe Rampen mit dem Boden verbunden, laden zum Besuch der massiven Gebäude der großen Aussteller. Bogenförmige Dächer, die an riesige Bahnhofsstationen erinnern, ragen über die Transportabteilung. Kühne Farbakzente fangen überall das Licht ein. (...) Für den durchschnittlichen Betrachter ragt unter den einnehmenden Schönheiten der verschwenderische Gebrauch der Farben heraus. Durch ihren Zauber verlieren große Wandflächen ihre Monotonie, und die Flachheit der nicht selten mehr als fünfzehn Meter hohen Gebäude wird mit Vitalität und Schönheit belebt. Nachts werden Quecksilberröhrenlampen und Quecksilberdampflampen in so großem Maßstab verwendet, dass unsere Vorstellungen über den Gebrauch von Licht revolutioniert werden. Ein gedämpftes, aber dennoch brillantes Leuchten, ohne alle grelle Akzente ( ...), verteilt das Licht über die Farben, sodass diese zu eigenem Leben erweckt werden.

Edgar L. Doctorow: Das Futurama (aus: Weltausstellung. Reinbek 1995. S. 279ff.): Wir liefen los und belegten die Plätze, Sessel mit hohen Seitenlehnen, in die Lautsprecher eingebaut waren. Die Sessel schauten alle in dieselbe Richtung und befanden sich auf einer Schiene. Die Lichter verloschen. Musik ertönte, und die Sessel ruckten an und begannen, sich seitwärts zu bewegen. Vor uns leuchtete eine ganze Welt auf, als flögen wir über sie hinweg (...) eine ganze Stadt mit Wolkenkratzern und vierspurigen Schnellstraßen, auf denen in verschiedener Geschwindigkeit echte kleine Autos fuhren (...). Die Autos wurden ferngesteuert, die Fahrer lenkten nicht einmal mehr! Diese Miniaturwelt führte


vor, wie alles geplant war, die Leute wohnten in diesem stromlinienförmig gewellten Gebäude, von denen jedes die Bevölkerung einer Kleinstadt aufnehmen konnte und alles enthielt, was sie nur brauchen konnten, Schulen, Lebensmittelgeschäfte, Wäschereien, Kinos und so fort, und sie würden nicht einmal mehr ins Freie müssen. (...) Und wir kamen über Brücken und Flüsse, an automatisierten Farmen und Flughäfen vorbei, in denen Flugzeuge mit Aufzügen aus unterirdischen Hangars hinaufbefördert wurden. Und es gab erleuchtete und rauchende Fabriken, und Seen und Wälder und Gebirge (...). In den Städten der Zukunft verbanden Fußgängerbrücken die Gebäude, und die Fahrbahnen verliefen tief darunter. Niemand würde in dieser futuristischen Welt überfahren werden. Es war alles sehr einleuchtend, ... ?die? Arbeitsplätze ?der Leute? befanden sich gleich da, wo sie wohnten. (...) Und dann kam der verblüffende Schluss, man sah im Modell eine ganz bestimmte Straßenkreuzung, und die Vorstellung war vorbei, und mit seinem "Ich habe die Zukunft gesehen" - Button in der Hand trat man hinaus in die Sonne und stand an exakt der Kreuzung, die man eben gesehen hatte."

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1939 & 1940 in New York Von der Müllkippe zum Park

Jahr:

1939

1

Stadt: New York Land:

USA

Dauer: 30. April - 31. Oktober 1939 und 11. Mai

Copyright:

Gel�nde Das für die Weltausstellung ausgesuchte Terrain lag im geographischen Zentrum New Yorks und war auch nur zwanzig U-Bahn-Minuten vom Herzen Manhattans entfernt. Die Long Island Rail Road Company hatte das sumpfige Marschland jedoch jahrelang als Schrottplatz benutzt. Erhebliche Anstrengungen waren also nötig, um die Müllkippe in den Park Flushing Meadows zu verwandeln. Der nach Long Island führende Grand Central Parkway durchschnitt bereits das etwa fünfeinhalb Kilometer lange Gebiet und auch eine Eisenbahnlinie führte vorbei, doch mußten nun beim größten Landschaftsumbau in den östlichen USA innerhalb von drei Jahren tausende Tonnen Schrott beseitigt, der Müllberg 'Mount Corona' abgetragen, Sumpfland trockengelegt, Wasser-, Gas- und Stromleitungen verlegt und 10.000 ausgewachsene Bäume gepflanzt werden. Zwei große Seen gliederten den Park. Die treibende Kraft für die Neugestaltung war New Yorks Parkdirektor Robert Moses, der das Weltausstellungsgelände anschließend als Landschaftspark erhalten wollte. Er entwarf ein Konzept für die verkehrstechnische Erschließung des Gebiets, das per Auto, Bahn, U-Bahn und vom Wasser her zugänglich war. Das Terrain wurde für die Weltausstellung in neun Zonen aufgeteilt. In der Mitte stand die zentrale Themenausstellung mit dem Wahrzeichen Trylon und Perisphere, darum lagerten sich die Bereiche für Kommunikations- und Wirtschaftssysteme, für soziale Einrichtungen, Ernährung, Verwaltung, Medizin und Gesundheit, Produktion und Verteilung, Wissenschaft und Erziehung sowie für Verkehr an. Die Hauptachse des Geländes nannte sich Constitution Mall. Sie führte von Trylon und Perisphere über den Washington Square, der von einer 18 Meter hohen Statue des ersten amerikanischen Präsidenten von James Earle Fraser dominiert wurde, zum See der Nationen, um den sich die Länderpavillons gruppierten. Ein breiter Boulevard trennte die südlich gelegene Vergnügungszone vom Rest des Geländes. Ein Farbschema sollte den Besuchern die Orientierung auf dem Gelände erleichtern. Die um das strahlend weiße Wahrzeichen gruppierten Gebäude waren in hellen Farben gehalten, je weiter man sich zur Peripherie begab, umso dunkler wurden auch die Ausstellungshallen. Dem Official Guidebook zufolge sollten Besucher dank dieser Planung "zum ersten Mal der geistigen Verwirrung und der physischen Erschöpfung entgehen können, die bisher immer frühere Anläufe behindert hatten, eine große Ausstellung zu sehen und zu verstehen." ["the visitor to escape, for the first time, much of the mental confusion and the physical exhaustion which have invariably hindered his previous attempts to see and understand a great exposition."] Robert Moses erreichte sein Vorhaben nicht im ersten Anlauf, da die Ausstellungsverwaltung wegen des großen Defizits kein Geld für die Umwandlung des Ausstellungsgeländes in einen Park zur Verfügung stellen konnte. Erst 1964, nach der zweiten Weltausstellung auf diesem Gelände, bei der Moses selbst die Leitung übernahm, konnte er seinen Traum verwirklichen, einen Park zu errichten, der heutzutage vor allem wegen der großen Baseball- und Tennisstadien von der New Yorker Bevölkerung frequentiert wird.


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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1939 & 1940 in New York Pappmoderne und Repliken

Jahr:

1939

1

Stadt: New York Land:

USA

Dauer: 30. April - 31. Oktober 1939 und 11. Mai

Copyright:

Architektur Die Pavillons der Nationen und vor allem der großen Konzerne waren fast alle als temporäre Ausstellungsbauten konzipiert worden. Allerdings gab es - anders als noch in Chicago 1933 - nur wenige architektonische Neuheiten oder kühne Bauwerke zu bewundern. Bei ihren Konstruktionen bevorzugten die meisten Ausstellungsarchitekten Stahlgerüste, die mit leichten Gipsplatten und Glaswänden verkleidet werden konnten. Solche Bauten waren in nahezu jeder denkbaren Form möglich, so wurde der Pavillon der Radio Corporation of America einer Radioröhre nachempfunden. Kaum ein Gebäude täuschte eine solidere Bauweise vor. Repliken von Gebäuden wurden nur in zwei Zonen zugelassen. In der Vergnügungszone, wo den Konzessionären ohnehin kaum Vorgaben gemacht wurden, gab es das übliche, beliebte Sammelsurium. Hier reihten sich chinesische Tempel an englische Häuser aus dem Mittelalter, Fallschirmsprungtürme an das Kinderparadies 'Liliput'. Dies waren zumeist bei vorigen amerikanischen Weltausstellungen bewährte Attraktionen, die nach Ende der New York World's Fair teilweise in den Vergnügungspark auf Coney Island wanderten. Der zweite Bereich mit Nachbauten historischer Gebäude war der Platz der amerikanischen Bundesstaaten. Über dreißig von ihnen waren der Einladung des Gouverneurs von New York gefolgt. Die meisten Pavillons wurden in drei Baustilen entworfen, mit denen die wesentlichen Strömungen der amerikanischen Architektur des 18. und 19.Jahrhunderts aufgegriffen wurden: spanischer Kolonialstil, französischer Klassizismus und britisches Georgian. Der Bundesstaat Pennsylvania ließ eine Replik der Independance Hall errichten, um nochmals den Anlaß der Weltausstellung, die Begründung der USA hervorzuheben. Merkwürdig war der Kontrast zur Inneneinrichtung, wo die Ausstellungsdesigner zu einer ausgesprochen modernistischen Formensprache griffen, indem sie etwa im Inneren mit einer elegant geschwungenen, an wenigen Drahtseilen aufgehängten Stahlbrücke die Halle der Demokratie und die Halle der Tradition miteinander verbanden.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1939 & 1940 in New York

Jahr:

1939

1

Stadt: New York Land:

USA

Dauer: 30. April - 31. Oktober 1939 und 11. Mai

Copyright:

Bibliographie Stanley Appelbaum (Hg.), The New York World's Fair 1939/40. In 155 Photographs by Richard Wurts and Others. New York 1977. Barbara Cohen, Steven Heller und Seymour Chwast, Trylon and Perisphere. The 1939 New York World's Fair. Edgar Lawrence Doctorow, Weltausstellung. Reinbek 1995. Jacques Greber u.a.: L'Exposition internationale de New York. In: L'Illustration. Bd. 203, Nr. 5023, 10.6.1939, S. 196-236. F.A. Gutheim, Buildings at the Fair. In: The Magazine of Art, Bd. 32, Mai 1939, S. 286-97. Gardner Harding, World's Fair New York. In: Harpers Magazine, Bd. 179, Juli 1939, S. 193-200. D. Haskell, Tomorrow and the World's Fair. In: Architectural Record, Bd. 88, August 1940, S. 65-72. Helen Harrison, Dawn of a New Day. The New York World's Fair 1939-40. Ausst.-Kat. Queens Museum New York, New York 1977. The New York Fair. In: Architectural Forum, Juni 1939, S. 395-462. Sidney M. Shalett, Epitaph for the World's Fair. In: Harper's Magazine, Bd. 182, Dezember 1940, S. 22-31. Jacques Sorbets, Prélude a l'Exposition Internationale de New York. In: L'Illustration, Bd. 203, Nr. 5011, 18.3.1939, S. 338f. Symphonies in Sight and Sound Designed by J. Labatut. In: The Magazine of Art, Bd. 32, Mai 1939, S. 290. Ed Tyng, Making a World's Fair. New York 1958. Grover Whalen, Mr. New York. New York 1955. Larry Zim, Mel Lerner und Herbert Rolfes, The World of Tomorrow. The 1939 New York World's Fair. New York 1988.


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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1939 & 1940 in New York Die Macht der Konzerne

Jahr:

1939

Stadt: New York Land:

USA

Dauer: 30. April - 31. Oktober 1939 und 11. Mai

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Copyright:

Bilanz Zwar bot die New Yorker Schau einerseits noch die klassische Form einer Weltausstellung, eine Leistungsschau der Industrieprodukte, deren Funktion mit Schautafeln und Fotos erläutert wurde, andererseits prägten jedoch vor allem spektakuläre Inszenierungen der Großkonzerne das Gesicht der New York Fair. Die Technik wurde als das Wundermittel für die Gestaltung einer glücklichen Zukunft gefeiert: mit Robotern und ferngesteuerten Maschinen sollten den Menschen die Lasten des Alltags abgenommen werden. Erste Schritte hin zur technikdominierten Zukunft wurden im Kommunikationssektor gemacht. Auf der New York World's Fair erblickte ein neues Massenmedium das Licht der Welt: die Firma R.C.A. übertrug die Eröffnungszeremonie der Weltausstellung live im Fernsehen. Das war zunächst natürlich nur ein auf New York beschränktes Ereignis, denn die Sendung wurde nur von den Antennen des Empire State Building ausgestrahlt. Außerdem konnten sich nur wenige den sehr teuren Fernseher leisten, doch auf dem Messegelände selbst waren die Geräte ständig von Besuchern umlagert. Mit dem Faxgerät wurde ein anderes, aus dem heutigen Leben nicht mehr wegzudenkendes Kommunikationsgerät ebenfalls 1939 erstmals einem breiten Publikum vorgestellt. Kaum ein Industriezweig hatte sich in den letzten Jahrzehnten so stürmisch entwickelt wie die Elektroindustrie. Im elegant mit einer gläsernen Fassade verkleideten Pavillon des Elektrokonzerns Westinghouse wurden gleich zwei innovative Exponate präsentiert. In der Mitte des Gebäudes war der 'Singende Lichtturm' [Singing Tower of Light] aufgestellt worden, der die Besucher auf die Halle der elektrischen Kraft und die Halle des elektrischen Lebens neugierig machen sollte. In diesem mit mechanischen und elektrischen Wunderdingen geradezu vollgestopften Pavillon konnten gleichzeitig die Möglichkeiten elektrischer Ausstellungsarchitektur unter Beweis gestellt werden. Die zweite Attraktion bei Westinghouse war die Zeitkapsel, die in einer fünfzehn Meter tiefen Gruft versenkt wurde. Angefüllt mit Gegenständen des täglichen Bedarfs, Warenproben, Büchern, Münzen und Mikrofilmen soll sie erst nach 5000 Jahren, im Jahr 6039 wieder geöffnet werden. Die zweite Industriebranche, die das Gesicht des 20. Jahrhunderts prägen sollte, die Automobilindustrie, hatte in New York einen nicht weniger beeindruckenden Auftritt. Die drei großen Konzerne, General Motors, Chrysler und Ford, bauten die größten Pavillons. Der Chefdesigner bei General Motors, Norman Bel Geddes, formulierte ihr Motto: "Heute ist Geschwindigkeit der Schrei unseres Zeitalters." [Today, speed is the cry of our era.] Die Ära der Eisenbahn war in den USA bereits vorbei, und die Flugzeugindustrie steckte noch in den Kinderschuhen, also verkörperte das Auto ideal den amerikanischen Traum von ungehinderter Mobilität. Henry Ford höchstpersönlich hatte wie schon sechs Jahre zuvor in Chicago die Idee für den Pavillon seiner Firma. Die Besucher standen Schlange, um auf einer Spirale, der "Straße der Zukunft", die


neuesten Automodelle Probe zu fahren. Im Inneren des Pavillons konnte man sich über den Ford'schen Produktionszyklus informieren. Auf einer 150 Tonnen schweren, kegelförmigen Drehbühne zeigten kleine Modelle mit beweglichen Puppen die Entstehung eines Fordautos, vom Abbau der Rohstoffe bis zum fertigen Produkt, dass auf der Spitze des Bühnenaufbaus ausgestellt wurde.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1939 & 1940 in New York Im Schatten des Weltkrieges

Jahr:

1939

1

Stadt: New York Land:

USA

Dauer: 30. April - 31. Oktober 1939 und 11. Mai

Copyright:

Die zweite Saison Der zweite Weltkrieg hatte erhebliche Auswirkungen auf die zweite Ausstellungsperiode im Sommer 1940. Zwar waren die USA noch nicht der Anti-Hitler-Koalition aktiv beigetreten, doch war nun auch die Bedrohung Amerikas nicht von der Hand zu weisen. So wurde die Stimmung auf dem Ausstellungsgelände oft mit dem vielzitierten Tanz auf dem Vulkan verglichen. Dazu passte, dass das in 'Great White Way' umbenannte Vergnügungsviertel erheblich vergrößert wurde. Vor allem bei den Pavillons der Länder gab es erhebliche Veränderungen. Nach dem deutschen Überfall wurde der polnische Pavillon, in dem schon 1939 für die demokratische Verfassung des Landes geworben worden war, zu einem Hauptanziehungspunkt der Weltausstellung. Die um den Weltfrieden besorgten Besucher wollten sich aus erster Hand über die Lage in Europa informieren. Ihnen wurden Fotografien mitgegeben, die den Zerstörungsfeldzug der deutschen Wehrmacht in Polen dokumentierten. Der Architekt Kamil Roskot hatte für die tschechoslowakische Republik eine praktische Kiste entworfen, in der vor ansprechendem Design die Produkte des Landes aus Glas, Keramik, Stahl und Textil gezeigt worden waren. Nun wurde auch dieser Pavillon zum Mahnmal der durch die Diktaturen bedrohten Demokratie. Der sowjetische Pavillon hingegen war bereits nach der ersten Saison abgerissen worden und wurde in Moskau als Museumsgebäude wieder errichtet. Von den Gebäuden der Weltausstellung blieb nur die große Halle der Stadt New York bestehen, die inzwischen als Museum des New Yorker Stadtteils Queens genutzt wird und in der bis heute eine Dauerausstellung zur New York Fair 1939 und zu seinem Nachfolger von 1964 besichtigt werden kann.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1939 & 1940 in New York Die Pavillons der Länder

Jahr:

1939

Stadt: New York Land:

USA

Dauer: 30. April - 31. Oktober 1939 und 11. Mai

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Copyright:

Die Pavillons Bei den Länderpavillons standen sich rund um die Lagune der Nationen zwei Architekturschulen gegenüber: der radikale, aller Zierelemente beraubte Klassizismus (den wegen seiner Monumentalität vor allem von den Länden mit autoritären Regimes geschätzt wurde) und die auf klare Formen setzende Moderne. Der sowjetische Pavillon von Boris Iofan, der bereits den erstaunlich ähnlichen Vorläufer für die Pariser Weltausstellung von 1937 entworfen hatte, stand für den ersten Stil. Zwei mit Arkaden verbundene, dynamisch vorwärtsstrebende Blöcke aus Marmor und Granit umschlossen einen Ehrenhof mit einem 80 Meter hohen Pylon, auf dem sich die Edelstahl-Statue eines Arbeiters mit rot leuchtendem Stern in der erhobenen Rechten befand. Einen modernen Pavillon leisteten sich nur wenige Länder. Für Finnland hatte Alvar Aalto seinen Pariser Entwurf mit freischwebenden, wellenförmig bewegten Holzwänden im Inneren nochmals weiterentwickeln konnte. Eher unentschieden aber auch damit repräsentativ für die Beiträge der Länder wirkte der britische Pavillon von Stanley Hall. Die weißen und gekurvten Wände, schräg eingestellte Stützen und das schwebende Dach des Portikus sowie geschwungenen Treppen waren Zitate der avantgardistischen Architektur eines Le Corbusier. In der Kombination mit einer monumentalen Eingangshalle verschob sich aber diese Architektursprache hin zu starrer Repräsentation. Die UdSSR hatte als erste Nation die Bereitschaft zur Teilnahme übermittelt und einen vier Millionen Dollar teuren Pavillon versprochen. Damit sahen sich die meisten anderen europäischen Nationen herausgefordert, ebenfalls bedeutende Summen in die Weltausstellung zu investieren. Von den großen Ländern blieb einzig Deutschland der New York Fair fern, obwohl 1937 ein Beitrag angekündigt gegeben worden war. Die wachsenden Proteste der amerikanischen Anti-Nazi-Gruppen provozierten die Absage des Deutschen Reiches mit der Begründung, das Kapital für die Errichtung des Ausstellungsgebäudes könne nicht aufgebracht werden. Im September 1939 wurde jedermann deutlich, wofür die Deutschen das Geld gespart hatten.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1939 & 1940 in New York Kapitalismus oder Nationalismus?

Jahr:

1939

1

Stadt: New York Land:

USA

Dauer: 30. April - 31. Oktober 1939 und 11. Mai

Copyright:

Die Pavillons der Konzerne Die Firmenpavillons waren sehr viel zahlreicher und auch besser platziert worden als die Gebäude der ausländischen Nationen, da nach Ansicht der Ausstellungsorganisatoren der Kapitalismus eher als der Nationalismus den Fortschritt der Menschheit beförderte. Dennoch boten die Pavillons der amerikanischen Konzerne nicht immer die fortschrittlichste Architektur. Eine der seltenen Ausnahmen war die Halbkugel der United States Steel. Das Architekturbüro York & Sawyer konstruierte den Pavillon ganz aus Stahl. An den sichtbar gelassenen Fachwerkträgern wurde die Kuppel aus Stahlplatten eingehängt. Nachts tauchten Neonröhren die Träger in blaues und weißes Licht, was die Struktur beinahe immateriell erscheinen ließ. Die Halle der Kommunikationsindustrie der Architekten Keally und Dean war, wie die meisten anderen Pavillons, nicht mehr als eine dekorierte Kiste. Da im Inneren eine Multimedia-Show die Geschichte der Überwindung von Raum und Zeit präsentierte, waren keine Fenster und kaum Einbauten nötig. Die gekurvte, glatte Außenwand bot Platz für ein riesiges Wandbild von Eugene Savage, dass in leuchtkräftigen Farben die Kommunikationsmittel der Menschheit der Vergangenheit und Gegenwart vorführte. Zwei fünfzig Meter hohe Pylone flankierten den Eingang und die 'Speed' betitelte Statue von Joseph Renier. Sie waren knallrot bemalt und wurden nur errichtet, um die Besucher auf die Kommunikationsausstellung aufmerksam zu machen. War bereits das Farbschema für die Gestaltung der Fassaden vom Board of Design, der Kommission für die Ausstellungsarchitektur, besonders lange diskutiert worden, so suchte man für die nächtliche Beleuchtung noch intensiver nach wirkungsvollen Effekten. Trylon und Perisphere wurden Nacht für Nacht durch ein ausgefeiltes Beleuchtungsprogramm variabel illuminiert. Daneben gab es nur einige wenige Architekturen, die angestrahlt werden durften. Zu ihnen zählte der Sternenpylon in der Nähe des Casinos der Nationen, der ein Symbol für die Leistungsfähigkeit der Elektrizität sein sollte. Ein hoher, mit tiefen Kurven profilierter Mast aus dem Holz der Douglastanne wurde durch Neonröhren beleuchtet. Wie reine Lichtbahnen leuchtete der Pylon, hell wie 100.000 Glühlampen, nachts in den Himmel. Die Ausstellungsorganisatoren hatten sich für die nächtlichen Feuerwerke von der Pariser Weltausstellung von 1937 inspirieren lassen. So wurde zum ersten Mal in den USA jeden Abend eine 'Son et lumière'Schau veranstaltet.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1958 in Brüssel Jahrmarkt des Atomzeitalters

Jahr:

1958

1

Stadt: Br�ssel Land:

Belgien

Dauer: 17. April - 19. Oktober 1958

Copyright: Le Memorial officiel de l'Exposition universelle et internationale de Bruxelles 1958-1962, Bd. 4, S.

Einleitung In Brüssel 1958 überwog die Euphorie über neue technische Möglichkeiten gegenüber Versuchen, den technologischen Fortschrittsgedanken einer kritischen Revision zu unterziehen. Der Rüstungswettlauf zwischen Ost und West hatte die Kontroverse über den Einsatz atomarer Energie verschärft. Doch das Atomium, Symbol des atomaren Zeitalters und Wahrzeichen der Expo, führte nur die friedliche Nutzung der Atomkraft vor. Überwältigende Multimedia-Spektakel feierten den Beginn des elektronischen Zeitalters, Modelle der Sputniks demonstrierten die Leistungen der Raumfahrt. Als futuristische Raumskulpturen standen die Pavillons für die unbegrenzten Möglichkeiten neuer Bautechnologien, die kühnen Hängekonstruktionen symbolisierten Geschwindigkeit und Überwindung der Schwerkraft.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1958 in Brüssel

Jahr:

1958

1

Stadt: Br�ssel Land:

Belgien

Dauer: 17. April - 19. Oktober 1958

Copyright: Le Memorial officiel de l'Exposition universelle et internationale de Bruxelles 1958-1962, Bd. 4, S.

Daten Offizielle Bezeichnung: Exposition universelle et internationale de Bruxelles, Wereldtentoonstelling Brussel 1958 Symbol: Stern mit fünf unregelmäßigen Strahlen, von einer Erdkugel begleitet Dauer: 17. April - 19. Oktober 1958 Ort: Heysel-Park, sieben Kilometer nordwestlich der Brüsseler Innenstadt Thema: "Bilanz der Welt für eine menschlichere Welt", "Technik im Dienste des Menschen. Fortschritt der Menschheit durch den Fortschritt der Technik" Generaldirektor: Baron Georges Moens de Fernig Generalsekretär: Charles Everaerts de Velp Fläche: 200 Hektar, davon 74 Hektar für die belgischen Ausstellungen, 60 Hektar Gartenfläche Straßen: 25 Kilometer Parkplätze: 45.000 Restaurants: 75 Teilnehmerländer: 51 Nationen, sieben internationale Organisationen Aussteller: 4645 Besucher: 41.454.412 Eintritt: 30 Belgische Francs (= 15 US-Dollar) Kosten: Ausgaben 2.530.500.000 Belgische Francs, Einnahmen: 2.571 890.000 Belgische Francs Gewinn: 41.390.000 Belgische Francs Pavillons: Circa 112


Wahrzeichen: Atomium Klassifikation: neun Sektionen, 52 Gruppen, 291 Klassen Kongresse: 426 Jury: 65 Jurys Preise: 3.961 Preise, davon 1.003 an belgische Aussteller

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1958 in Brüssel Eröffnungsrede König Baudouins

Jahr:

1958

1

Stadt: Br�ssel Land:

Belgien

Dauer: 17. April - 19. Oktober 1958

Copyright:

Die Er�ffnung "Es genügt, einen Blick auf das Ausstellungsgelände zu werfen, das durch das Atomium als Symbol der Wissenschaft von morgen dominiert wird, um die Summe der Intelligenz, des Wissens und der Arbeit zu erkennen, die notwendig war, um den Heyselpark in einen Mikrokosmos der Welt von heute zu verwandeln. Die Menschheit ist in eine neue Ära ihrer Geschichte eingetreten. Stärker als je zuvor scheint die Zivilisation durch die Wissenschaft bestimmt zu werden. Die Kräfte ihrer Möglichkeiten, die sich niemand noch vor einem Vierteljahrhundert hätte vorstellen können, wurden in die Verfügungsgewalt der Menschen gegeben; aber zwei Wege eröffnen sich vor uns: Der einer Rivalität, die zu immer gefährlicherem Wettrüsten führt, und sie droht, dass die Entdeckungen, die dem Genie der Wissenden entsprangen, gegen die Menschheit selbst entfesselt werden. Und der Weg, der es erlaubt, wie immer auch die Unterschiede in den sozialen, politischen und geistigen Konzeptionen sind, sich für die Verständigung zu engagieren, die als einzige zu wahrem Frieden führen kann. Das Ziel dieser Ausstellung ist es, meine Damen und Herren, eine Atmosphäre der Zusammenarbeit und des Friedens zu erwecken. Die größten Kräfte des Westens und des Ostens, alle Völker, alle Rassen sind hier prächtig vertreten. (...) Die Technik allein genügt nicht, um eine Zivilisation zu erschaffen. Damit sie Element des Fortschritts sein kann, bedarf es der gleichzeitigen Entwicklung unserer moralischen Standpunkte und unseres Willens, gemeinsam eine konstruktive Anstrengung zu unternehmen. Dies ist, meine Damen und Herren, die große Idee, die das belgische Volk inspirierte, die Welt zur Verbrüderung bei dieser Ausstellung einzuladen, die wir heute eröffnen. Meine Damen und Herren, mit dieser großen Hoffnung, von der ich gerade sprach, erkläre ich die universelle und internationale Ausstellung von Brüssel des Jahres 1958 für eröffnet. Quelle: Exposition universelle et internationale de Bruxelles 1958. Les messages et les congrès. Brüssel 1960, S. 7f.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1958 in Brüssel Das Atomium - Wahrzeichen des Atomfestivals

Jahr:

1958

Stadt: Br�ssel Land:

Belgien

Dauer: 17. April - 19. Oktober 1958

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Copyright: Le Memorial officiel de l'Exposition universelle et internationale de Bruxelles 1958-1962, Bd. 4, S.

Wahrzeichen Als Symbol des Atomzeitalters und der friedlichen Nutzung der Atomenergie entwarf André Waterkeyn Ingenieur und Direktor der Firma Fabri Métal - ein Gebäude in der Form eines hundertmilliardenfach vergrößerten Eisenmoleküls mit kristalliner Struktur: Das Atomium. Diese Idee machte ein unvorstellbar kleines Element zu einem begehbaren Riesenpavillon, dessen Atomkugeln Platz für Ausstellungen boten. Um ein zentrales Atom gruppieren sich in kubenförmiger Grundform acht weitere zweistöckige Atome von je 18 metern Durchmesser, die untereinander durch 3,30 Meter dicke und 22 bis 29 Meter lange Rohre mit Rolltreppen im Inneren verbunden sind. Der ursprüngliche Plan sah vor, die 2.400 Tonnen schwere Konstruktion lediglich über das mittlere Rohr im Fundament zu verankern, doch mussten aus sicherheitstechnischen Gründen nachträglich optisch unattraktive Stützen an drei Kugeln montiert werden. Im mittleren Rohr befindet sich ein Aufzug, der die Besucher in 25 Sekunden zum Restaurant in der obersten Kugel auf 102 m Höhe bringt, von wo man das gesamte Ausstellungsgelände überblicken konnte. Während drei der oberen Kugeln leer blieben, befanden sich in der Basiskugel und vier weiteren Atomen vor allem internationale Ausstellungsbeiträge zum Thema der friedlichen Anwendung der Kernphysik. Die ursprünglich auf 8,4 Millionen Mark veranschlagten Baukosten wurden um fast das Doppelte überschritten. Um eine optisch attraktive Wirkung zu erzielen, wurden die Kugeln mit einer hochglänzenden Aluminiumlegierung verschalt. Während sich tagsüber in den Kugeln das Licht und Teile des Geländes spiegelten, steigerte sich die Wirkung des Gebäudes bei Dunkelheit, wenn die um die Atome kreisenden Elektronenbahnen in Form von Lauflichterketten zu erkennen waren. Die modellgetreue Vergrößerung eines Eisenmoleküls verhalf nicht nur der belgischen Metallindustrie zu einem Prestigeobjekt, sondern führte durch seine Monumentalität den Besuchern die zentrale Bedeutung der Atomforschung plakativ vor Augen. Inwiefern hier ein Zeichen für die friedliche Nutzung der Atomenergie gesetzt wurde, war jedoch nur den Ausstellungsbeiträgen im Inneren der Kugeln zu entnehmen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1958 in Brüssel Zehn Jahre Vorbereitung

Jahr:

1958

Stadt: Br�ssel Land:

Belgien

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Dauer: 17. April - 19. Oktober 1958

Copyright: Le Memorial officiel de l'Exposition universelle et internationale de Bruxelles 1958-1962, Bd. 1, S.

Vorgeschichte Bereits am 7. Mai 1948 bestimmte die belgische Regierung auf Vorschlag des Brüsseler Bürgermeisters Paul-Henri Spaak die belgische Hauptstadt zum Ort der nächsten Weltausstellung. Drei Jahre später, im November 1951, wurde der ehemalige Minister Baron Moens de Fernig zum Generalkommissar der Ausstellung ernannt. Das Wirtschaftsministerium übernahm die Verantwortung für die Durchführung der Ausstellung. Ein zu Beginn des Jahres 1952 vom Parlament gebilligtes Gesetz regelte die Finanzierung des Ausstellungsprojektes. Neben der Bewilligung außerordentlicher Kredite und der Einrichtung einer Koloniallotterie wurden die Gelder auch dem regulären Haushalt entnommen. Am 20. Juli 1952 setzte man den Zeitpunkt der Ausstellung für das Jahr 1958 fest. Nachdem im November 1953 die Ausstellung durch das Bureau Internationale des Expositions (BIE) offiziell registriert war, konstituierte sich im März 1954 die "Gesellschaft der universellen und internationalen Ausstellung Brüssel 1958". Zum Generalsekretär wurde Charles Everarts de Velp gewählt. Baron von Fernig sandte einladende Botschaften an die in Belgien vertretenen ausländischen Nationen und an die internationalen Organisationen. Bereits kurze Zeit später, am 24. September 1954, kam es im Heysel-Park zur Grundsteinlegung für die Weltausstellung. Ein Erlass des Generalkommissars vom 29. 7. 1957 regelte die Klassifikationen der Ausstellung, die in neun Sektionen, 52 Gruppen und 291 Klassen gegliedert wurde.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1958 in Brüssel Zukunftsmusik

Jahr:

1958

1

Stadt: Br�ssel Land:

Belgien

Dauer: 17. April - 19. Oktober 1958

Copyright: Le Memorial officiel de l'Exposition universelle et internationale de Bruxelles 1958-1962, Bd. 4, S.

Architektur Die Länderpavillons waren primär als "Hülle" für die Themenausstellungen konzipiert. Jedoch sollten kühne Formen, die sich mit an Stützkonstruktionen aufgehängten Dächern dem Bauprinzip der "Schwebearchitektur" bedienten, die Vorstellung von einer neuen, zukunftsweisenden Raumsprache vermitteln. Statt mächtiger Säulenhallen oder Kuppelbauten als Apotheosen des industriellen Fortschritts oder imperialer Machtträume, beherrschte der Eindruck von der Suche nach einer neuen Freiheit die Architekturen des Ausstellungsgeländes. Obwohl Marcel von Goethem, der leitende Architekt der Ausstellung, den ausländischen Teilnehmern absolute Freiheit in der Gestaltung ihres Beitrages zusicherte, beherrschten Begriffe wie Geschwindigkeit, Überwindung der Schwerkraft, Leichtigkeit und Transparenz die Entwürfe der meisten Architekten. Gemeinsames Gestaltungsprinzip war der Verzicht auf die statische Einheit von tragenden Wänden und Dächern und die Konzentration der Kräfte auf wenige statische Punkte, ohne dass sich jedoch daraus ein "Internationaler Stil" mit verbindlichem Formenkanon entwickelt hätte. Ein Entwurf für eines der zehn Eingangstore in das Gelände zeigte ein in fünf Meter Höhe schwebendes deltaförmiges Schutzdach mit Flügeln von 55 und 37 Metern Länge, das mit Kabeln an einem einzigen 50 Meter hohen - Mast aufgehängt war, der selbst von fünf Seilen im Gleichgewicht gehalten wurde. Bei den Pavillons hängte man die Dächer an speziell angefertigte Stützkonstruktionen, nichttragende Wände konnten somit verglast, freistehend und unabhängig von der Form der Dächer auf unterschiedlichsten Grundrissen errichtet werden. Die Gebäude sollten nicht mehr durch bloße Abgrenzung nach Außen Innenraum erzeugen, sondern durch Modellieren mit Licht und Raum, in einer offenen Struktur Innenund Außenraum verbinden. Der weltberühmte Architekt Le Corbusier ließ mit seinem Konzept des Philips-Pavillons den Traum vom Gesamtkunstwerk wieder aufleben. Als Symbol für das beginnende elektronische Zeitalter, dessen neuartige technische Möglichkeiten die Wahrnehmungsgewohnheiten und damit den Alltag der Menschen grundlegend reformieren würden, entwarf Le Corbusier in Zusammenarbeit mit Jannis Xenakis für den niederländischen Elektronik-Konzern ein "elektronisches Gedicht" - eine Choreographie aus "Licht, Farbe, Bild, Rhythmus, Ton und Architektur". Für den Pavillon entwickelte der Maler, Theoretiker, Bildhauer und Architekt auf der Grundlage von hyperbolischen Parabeln eine freitragende Dachkonstruktion, die sich über eine in den Erdboden versenkte Betonplatte spannte. 40 Zentimeter dicke Betonpfeiler waren kreuzförmig aufgestellt und in unterschiedlichen Abständen mit sieben Millimeter dicken Ringeisen so verspannt, dass sie sich zu einem netzartigen, schwungvoll gebogenen Gerüst fügten, das mit dünnen Betonplatten abgedeckt wurde. Mit silbernem Anstrich versehen, ergab sich der Eindruck einer schwebend leichten Raumskulptur, die mit ihren hautartigen Dächern den idealen Klangraum für das multimediale Spektakel im Inneren bildete. Dort wurden nämlich keine "Fabrikationsgegenstände" ausgestellt, sondern die Synthese aus elektronisch vermittelten,


automatisierten, im Raum bewegten Licht- und Ton-Effekten erlebbar gemacht. Vorbei am Regieraum mit den technischen Geräten gelangten die Besucher über einen schlauchförmigen Eingangsbereich in eine Halle mit organischem, magenförmigen Grundriss, in der bis zu 500 Personen gleichzeitig in eine magische Welt tauchen konnten. Sphärische Klänge der Kompositionen von Edgar Varèse verbanden sich mit filmischen Projektionen auf Panoramaleinwänden und abstrakten Farblichteffekten im Raum zu einem achtminütigen "Elektronischen Gedicht", das unter Einsatz modernster elektronischer Medien eine visionäre Geschichte der menschlichen Entwicklung darstellte.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1958 in Brüssel Eine grasende Kuh

Jahr:

1958

Stadt: Br�ssel Land:

Belgien

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Dauer: 17. April - 19. Oktober 1958

Copyright: Das Bayerland, Jg. 60, 1958, H. 6, S. 228

Gel�nde Zum Veranstaltungsort wurde das Plateau von Heysel ausgewählt, ein Parkgelände in der Nähe des königlichen Schlosses Laeken im Nordwesten der Stadt. Mit einer Ausdehnung von 200 Hektar umfasste das Gelände etwa ein Drittel der Fläche der Brüsseler Innenstadt. Der Grundriss des Ausstellungsparks wurde immer wieder mit der Form einer Kuh verglichen. Im Rumpf der "Plankuh" war die belgische Sektion untergebracht, wo im Umkreis einer Empfangshalle Ausstellungsräume errichtet waren, in denen die wirtschaftlichen, sozialen, technischen und wissenschaftlichen Errungenschaften Belgiens präsentiert wurden. Dazu kamen umfangreiche Ausstellungen über die Entwicklung und Kultur von Belgisch Kongo sowie Ruanda und Burundi, den beiden afrikanischen Kolonien Belgiens, wo unter anderem Nachbauten afrikanischer Dörfer und Beispiele der tropischen Vegetation gezeigt wurden. In direkter Nachbarschaft befand sich die folkloristische Abteilung "Belgien 1900", der Nachbau einer belgischen Kleinstadt der Jahrhundertwende aus Gips und Pappmaché, in der Schauspielertruppen alltägliche Feste zwischen den Bürgerhäusern mit ihren Handwerkern, Gastwirten und Gauklern mimten. Als Zeichen für die angestrebte weltweite Zusammenarbeit waren erstmals auch internationale Organisationen wie UN und Benelux, OEEC und Europarat, die Montanunion, der Rat der Zollkooperation und das Internationale Rote Kreuz mit eigenen Beiträgen vertreten. In der internationalen Abteilung wurden in den Hallen der Brüsseler Weltausstellung von 1935 umfangreiche Ausstellungen der Künste und der Wissenschaften gezeigt. Während sich die Kunstausstellung in die beiden Bereiche "Moderne Kunst" und "Mensch und Kunst" gliederte, sollte die internationale Halle der Wissenschaften den Besuchern in vier Abteilungen - Atom, Molekül, Kristall und lebende Zelle - ein umfassendes Bild neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse vermitteln. Im Kopf und im Schulterbereich der Kuh waren die Beiträge der verschiedenen Nationen untergebracht. Um die belgische Abteilung mit den im öffentlichen Teil des königlichen Parks gelegenen ausländischen Beiträgen zu verbinden, wurde eine 450 Meter lange Laufbrücke auf 15 Meter Höhe über hügeliges Gelände gebaut, von der die Besucher einen guten Überblick auf die verschiedenen Pavillons und weitläufigen Gartenanlagen erhielten. Zudem konnte man sich mit einem Sessellift und einer kleinen Ausstellungsbahn das Gelände erschließen. Von den zehn Eingangsportalen, dem Hubschrauberlandeplatz im hinteren Bein und dem Busbahnhof im Schwanz der Kuh führten Alleen gleich Adern zum Herzen der Ausstellungskuh, dem Atomium, das als Wahrzeichen der Schau bis heute erhalten blieb.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1958 in Brüssel

Jahr:

1958

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Stadt: Br�ssel Land:

Belgien

Dauer: 17. April - 19. Oktober 1958

Copyright: Le Memorial officiel de l'Exposition universelle et internationale de Bruxelles 1958-1962, Bd. 4, S.

Kommentare Karl Pawek: Die Architektur als Balanceakt "Ist die Architektur auf der Expo wirklich "Architektur"? Ist sie nicht eher Akrobatik und Äquilibristik? Natürlich ist sie auch Zirkusnummer - es liegt im Wesen der Ausstellung, dass sie ihre eigene Baukunst hervorbringt. Trotzdem zeigt die Expo architektonische Lösungen, die für die Zukunft brauchbar erscheinen und die eine gewisse Bilanz des freien architektonischen Erfindens zu ziehen gestatten. Das Hauptmerkmal der Pavillons und Hallen ist ihr "Luft-Wesen". Sie scheinen zu schweben, sie erscheinen schwerelos, entmaterialisiert, sie sind aufgehängt, sie lasten nicht, sie ruhen auf einem Punkt auf; sie balancieren. Im Zeitalter der Düsenflugzeuge und Raumraketen vermitteln sie die Illusion: Los von der Erde!"

Zwischen Schrecken und Souvenir Die Nationen haben sich verabredet, in Brüssel ein lächelndes Gesicht zu zeigen, die Atombombe zu verstecken und so zu tun, als würden sie das Wort "Rüstung" überhaupt noch nie gehört haben. Von der gesamten weltweiten Industrie des Todes stellen die Russen ein paar alte Jagdflinten aus, mit denen man vielleicht noch ein paar Vögel schießen kann. Es scheint, als ob die Expo 58 von den Psychoanalytikern erfunden worden wäre, um den Menschen die Angst vor dem "Atom" zu nehmen. Brüssel wird in die Geschichte der Menschheit mit der Erinnerung eingehen, dass dort der "Spaß mit dem Atom" begann. Noch aber bestehen die Assoziationen der Menschen. Sie wissen, wozu Sputniks in die Welt gejagt werden. (...) An die reine Wissenschaft glauben sie nicht. Der Untergrund bleibt auch in Brüssel apokalyptisch. Quelle: Magnum. Juni 1958, H. 18, S. 20, 36.

Werner Hofmann: Architektur als Substitut der Wirklichkeit "Was die Panoramen und Dioramen mit den Möglichkeiten deillusionistischen Rundgemäldes vor Augen führen, versucht die Ausstellungsstadt mit wesentlich drastischeren Mitteln: sie baut entlegene Welten, exotische Landschaften, Aquarien und Kultgebäude, Festungen und Paläste vor den Augen der staunenden Masse auf; sie gibt ihrer Illusion den Charakter handgreiflicher, dreidimensionaler Realität. (...) Ungeachtet dieser 'Handgreiflichkeit' sollte man den Wirklichkeitsbezug dieser Weltausstellungen nicht überschätzen: was sie mit theatralischer Gebärde errichten, ist eine Architektur von Emblemen und Schaufassaden, die sich als 'Substitut' der profanen Wirklichkeit ausgibt. Jede Weltausstellung ist eine


Erinnerung an den Turm von Babel und eine Verkündigung des Neuen Jerusalems. Was sie dem Auge bietet, sind dokumentarisch belegte Träume, die nicht auf den Boden der Tatsachen zurückzuführen, sondern dem Fiktiven die Rechtfertigung des Tatsächlichen geben. (...) Auch die 'Expo 58', dem Dogma der Menschheitsbeglückung gewidmet, postuliert eine Retortenwelt, aus der man ohne Bedauern in die Wirklichkeit zurückkehrt." Quelle: Werner Hofmann, Emblematische Architektur der Weltausstellungen. In: Das Werk, Jg. 45, 1958, H. 10, S.351.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1958 in Brüssel "Dieser Welt das Menschliche zurückgeben"

Jahr:

1958

1

Stadt: Br�ssel Land:

Belgien

Dauer: 17. April - 19. Oktober 1958

Copyright: Le Memorial officiel de l'Exposition universelle et internationale de Bruxelles 1858-1962, Bd. 4, Ti

Thema Spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg war die Idee der vergangenen Weltausstellungen, den technischen Fortschritt bedingungslos zu feiern, fragwürdig geworden. Die Motivation für die Ausrichtung dieser Großprojekte im Zeitalter der Massenmedien musste neu überdacht werden. In diesem Sinne versuchte man in Brüssel - wo 1958 die erste Weltausstellung nach dem Krieg stattfinden sollte - zumindest rhetorisch den Menschen in den Mittelpunkt des Interesses zu rücken. Allerdings war allein durch die Ankündigung noch kein innovatives Konzept gefunden oder eine neuartige Aufgabe für eine Weltausstellung entwickelt. Mit dem Motto: "Der Fortschritt und der Mensch" sollte eine kritische Prüfung des wissenschaftlichen Fortschritts aus anthropologischer Sicht angeregt werden: "Wir wollen eine Bilanz menschlichen Wirkens auf allen Gebieten in der modernen Welt aufstellen: den Völkern klar und dynamisch zum Bewusstsein bringen, dass sie verpflichtet sind, dieser Welt das Menschliche zurückzugeben. (...) 'Brüssel 1958' will also eine vollständige Bilanz der modernen Welt aufstellen, aus dieser Bilanz die positiven Elemente herausgreifen, die großen Strömungen, die heute die Menschheit führen, ins Licht stellen und von dieser Synthese ausgehend, der menschlichen Tätigkeit eine neue Orientierung verleihen. Wir wünschen vor allem, dass dieses Zusammentreffen unter dem Zeichen einer klaren, friedlichen Heiterkeit steht." Das graphische Erkennungszeichen dieses Konzeptes zeigte das Brüsseler Rathaus inmitten eines Sterns, der mit seinen fünf unregelmäßigen Strahlen Licht auf die benachbart dargestellte Erdkugel wirft. Diese Akzentverschiebung, die in Ansätzen bereits für das Programm der Pariser Weltausstellung von 1900 formuliert wurde, führte allerdings zu einer einseitigen, beschönigenden Sicht der Dinge. Die meisten Aussteller hüteten sich davor, negative Folgen technischer Entwicklungen zu diskutieren oder die gesamte Bandbreite der Motive für den Fortschritt der Wissenschaften zu dokumentieren. So inszenierte man in der Ausstellung nur die "friedliche Nutzung der Atomkraft", während gerade 1957 die "Göttinger 17" - eine Gruppe von Naturwissenschaftlern in Deutschland - vor dem militärischen Einsatz atomarer Waffen gewarnt und damit heftige politische Debatten ausgelöst hatte. Den zeitgenössischen Quellen zufolge wurden solche kritischen Ansätze in Brüssel eher vernachlässigt. Die architektonischen Beiträge rückten in den Mittelpunkt des Interesses und wurden zum vieldiskutierten Hauptanziehungspunkt der Ausstellung, die als "Jahrmarkt des Atomzeitalters" in die Geschichte der Weltausstellungen einging.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1958 in Brüssel

Jahr:

1958

1

Stadt: Br�ssel Land:

Belgien

Dauer: 17. April - 19. Oktober 1958

Copyright: Le Memorial officiel de l'Exposition universelle et internationale de Bruxelles 1958-1962, Bd. 4, S.

Bibliographie Ach, das könnte so schön sein. Anmerkungen zur Weltausstellung Brüssel 1958. In: Bauwelt, Jg. 49, 1958, S.467-469. Ansprache zum Deutschen Tag. In: Der Architekt. Jg. 7, 1958, S.220-223. Babel in Beton. In: Der Spiegel. Jg. 12, 9.April 1958, S.41-53. Brüssel ist zur Weltausstellung mehr als eine Reise wert. In: Der Architekt. Jg. 7, 1958, S.32-33. Der deutsche Beitrag zum Generalthema in Brüssel. In: Der Architekt. Jg. 7, 1958, S.209-219. Deutschland in Brüssel. In: Werk und Zeit. Sondernummer Brüssel 1958. Guide officiel, Exposition universelle et internationale de Bruxelles 1958. Brüssel 1958. Introduction à l'Expo. In: Zodiac, 1958, S.136-148. Der japanische Pavillon in Brüssel. In: Bauwelt, Jg. 49, 1958, , S.876f. Der Pavillon Jugoslawiens in Brüssel. In: Bauwelt. Jg. 49, 1958, S.1264-1265. Le Memorial officiel de l'Exposition universelle et internationale de Bruxelles 1958-1962, 8 Bände: For a more human world. Message to Youth.1959. Les sciences. 1959. Les arts. 1960. L'architecture, les jardins et l'éclairage. 1960. les messages et les congrès. 1960. L'organisation et le fonctionnement. 1961. Les participations étrangères et belges. 1961. Synthèse. 1962. Weltausstellung Brüssel "Expo" 1958. In: Der Architekt. Jg. 7, 1958, S.151-174. Die Weltausstellung 1958 in Brüssel. In: Naturwissenschaftliche Rundschau, Jg. 11, Juni 1958, S.212240.


Korbinian Baier, Auf der Expo '58. In: Das Bayerland, Jg. 60, 1958, S.217-228. Jacques de Bary, L'Architecture à l`Exposition universelle. In: L'Oeil, Jg. 40, April 1958, S.96-103. Hans-Werner Bobran, Le Corbusiers "Elektronisches Gedicht". In: Bauwelt, Jg. 49, 1958, S.880-883. Rémy le Caisne, Alexandre Persitz, Souvenirs de l'Exposition de Bruxelles 1958. In: L'Architecture aujourd'hui, Nr. 81, 12/1 1958/59, S.94-103. B. Delépinne, Cas Oorthuys, Das ist Brüssel und die Weltausstellung. Berlin 1958. Wend Fischer, G.B. von Hartmann, Deutschlands Beitrag zur Weltausstellung in Brüssel 1958. Ein Bericht. Hrsg. v. Generalkommissar der BRD bei der Weltausstellung in Brüssel Düsseldorf 1959. Gesellschaft der Weltausstellung Brüssel (Hg.), bearb. von A. Donckier de Donceel, Y. Destrée, Brüssel 1958. Brüssel 1958. Gavin Gordon, Die Weltausstellung. In: Merian, Jg. 11, Juni 1958, S.57-60. Claudia Hoff, Das Brüsseler Welttheater. In: Bauwelt, Jg. 49, 1958, S.470-473. Werner Hofmann, Emblematische Architektur der Weltausstellungen. In: Das Werk. Jg. 45, 1958, S.349351. Benedikt Huber, Architektur im Spiegel der Brüsseler Weltausstellung. In: Werk, Jg. 45, 1958, S.337-351. Hans-Dietmar Klug, Weltausstellung Brüssel 1958. In: Bauen und Wohnen, Jg. 1958, S.23-30. Udo Kultermann, Ausstellungsarchitektur Brüssel. Ein Vorbericht. In: Baukunst und Werkform. Jg. 11, 1958, S.350-352. Karen Michels, Le Corbusier: Poème Electronique. Die Synthese der Künste im Philips Pavillon, Weltausstellung Brüssel 1958. In: Idea. Jg. 4, 1985, S.147-163. Karl Pawek (Hg.), Sonderheft zur Brüsseler Weltausstellung 1959. Magnum. Juni 1958, H.18. Günther von Pechmann, Idee und Ziel der Weltausstellung. In: Das Bayerland, Jg. 60, 1958, S.192-195. Paulhans Peters, Weltausstellung Brüssel 1958. In: Baumeister, Jg. 55, ( 1958), S.176-179 und S. 391-427 J.W. Ratzkewitsch, Die Konstruktion des UdSSR-Pavillons auf der Brüsseler Weltausstellung 1958. In: Bauplanung und Bautechnik, Jg. 12, Dezember 1958, S.530-533. Wulf Schirmer, Egon Eiermann 1904-1970. Bauten und Projekte. Stuttgart 1984. Dolf Sternberger, Weltausstellung Brüssel 1958, Deutschland. Düsseldorf 1958, 2 Bde. Marc Treib, Space calculated in seconds. The Philips Pavilion, Le Corbusier, Edgar Varèse. Princeton 1996. Janis Xenakis, Le Corbusiers 'Elektronisches Gedicht' für Brüssel '58. In: Bauwelt, 49. Jg., 1958, S.3-5. Norbert Zimmer, Brüssel 1958. Bd. 4. Pforzheim 1958.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1958 in Brüssel Die Architekten des deutschen Pavillons

Jahr:

1958

1

Stadt: Br�ssel Land:

Belgien

Dauer: 17. April - 19. Oktober 1958

Copyright: Fischer 1959. o.S.

Biographie Egon Eiermann, der durch seine sachlich-kühlen und funktionalen, Stahlgerüstbauten von transparenter Leichtigkeit bekannt wurde, studierte von 1923-27 an der Technischen Hochschule in Berlin Architektur. 1925-28 war er Meisterschüler von Hans Poelzig. Bereits während des Studiums entwarf er Szenenbilder für die Babelsberger Filmproduktion "Der rosa Diamant". Von 1928 bis 1930 arbeitete Eiermann für die Hamburger Karstadt AG und die Berliner Elektrizitätswerke. 1931 machte er sich' in Berlin selbstständig. Bis 1936 - seiner ersten USA-Reise - arbeitete er in einer Bürogemeinschaft mit Fritz Jaenecke. 1941 entwarf Eiermann die Bühnenbilder für Gründgens Inszenierung "Alexander" im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt. 1945 wird sein Beelitzer Büro zerstört, ab 1946 setzt er seine Arbeit in Mosbach als Leiter der Staatlichen Bauberatungsstelle, ab 1948 in Karlsruhe als freier Architekt und Hochschuldozent für Architektur fort. Bis 1965 arbeitete er dort in einem gemeinsamen Büro mit Robert Hilgers und wird Mitarbeiter der Architekturzeitschrift "Baukunst und Werkform". 1954 leitet Eiermann den Aufbau der Deutschen Abteilung der X. Triennale in Mailand. 1956 erhält Eiermann den Auftrag für den Expo-Pavillon in Brüssel, zusammen mit Sep Ruf und Paul Baumgarten gehört er zum Planungsrat für den Neubau des Deutschen Bundestages in Bonn. Kurz vor seinem Tod im Juli 1970 wurde Eiermann Gründungsmitglied des Instituts "Wohnen und Umwelt" der Hessischen Landesregierung und Mitglied des Ordens Pour le Mérite. Besonders in seinen letzten Bauten für Olivetti in Frankfurt und IBM in Stuttgart sowie dem Abgeordnetenhochhaus in Bonn kamen die Grundsätze eines Architekten, der sich immer gegen Effekthascherei und Monumentalität und für Funktionalität ausgesprochen hatte, zu voller Entfaltung: "Bauen in unserer Zeit bedeutet, ... Ordnungen zu setzen und ... . (...) ... in denen die Logik, die Reinheit, die Klarheit, ... der ethische Begriff der Wahrheit die entscheidende Rolle spielen. Wahrheit ist ein Bestandteil des Schönen, die Vorraussetzung des Künstlerischen." (Eiermann in einem Brief an Josef Neckermann vom 19.3.1960) Sep Ruf arbeitete nach seinem Architekturstudium an der Technischen Hochschule in München (19261931) zunächst als freier Architekt, baute Wohnhäuser und 1934 die Hugo-Junkers-Siedlung in München. Nach dem Kriegsdienst (1938-45) und Wiederaufbauarbeiten trat er 1947 eine Professur für Architektur und Städtebau an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg an, deren Neubau 1950 seinen Entwürfen folgt. Nach mehreren Wohnungsbauprojekten entwarf Ruf, seit 1953 Professor für Architektur und Städtebau an der Münchner Akademie, den Bebauungsplan für das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg und begann mit dem Bau der Maxburg in München sowie der ZwölfApostel-Kirche in Laim. Zusammen mit Egon Eiermann erhielt Rud den Auftrag für den Expo-Pavillon in Brüssel. Ein Jahr später begann er mit dem Bau des Max-Planck-Instituts, des Amerikanischen Generalkonsulats und der Erweiterung der Bayerischen Staatsbibliothek (alle in München). 1962 wurde er Mitglied des Planungsrates für die Neubauten des Bundestages in Bonn, 1963 entwarf er Kanzlerbungalow. Nach Planung des IBH-Rechenzentrums in München, der Deutschen Botschaft in Wien und des Verwaltungsgebäudes Ost der Bayerischen Vereinsbank ging Ruf 1971 eine Partnerschaft mit


vier weiteren Architekten ein, aus der bis 1981 unter anderem das Landtagsgebäude in Düsseldorf, die Luft- und Raumfahrthalle des Deutschen Museums in München sowie Bauten für das BavariaFilmgelände hervorgingen. Besonders Rufs Fähigkeit, mit Architektur auf die vorgefundene landschaftliche oder städtebauliche Situation zu reagieren und neben funktionalen Überlegungen einen Dialog zwischen diesen Elementen zur Grundlage seiner Entwürfe zu machen, verschaffte ihm internationale Anerkennung.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1958 in Brüssel Das belgische Ausstellungskonzept

Jahr:

1958

1

Stadt: Br�ssel Land:

Belgien

Dauer: 17. April - 19. Oktober 1958

Copyright: Le Memorial officiel de l'Exposition universelle et internationale de Bruxelles 1958-1962, Bd. 4, S.

Bilanz Ob die architektonischen Beiträge den Beginn einer neuen Epoche der Raumgestaltung einleiten würden oder lediglich unerhörte Effekthascherei durch neue Verpackung bewährter Konstruktionsprinzipien darstellten, wurde in der zeitgenössischen Fachwelt lebhaft diskutiert. Die Kritik reichte vom Vorwurf "neoexpressionistischer Trapezakrobatik" bis hin zum Anprangern oberflächlicher "Kirmes-Sensationen". In vielen Beispielen der formal kühnen Bauten, die sich durch Transparenz, Dynamik der mehrfach gebogenen Flächen und Hängekonstruktionen auszeichneten, ist ein Ansatz zu erkennen, der mehr auf skulpturale Gesamtwirkung ausgerichtet war, denn auf konzeptuelle Raumaufteilung hinsichtlich der im Inneren verteilten Exponate. Damit rücken die Leistungen der Architektur und deren Symbolsprache in den Mittelpunkt der Ausstellung. Nicht immer war der Mensch Maß dieser Bauten, sondern die Demonstration der unbegrenzten technischen Möglichkeiten und damit die Illustration der Aufbruchsstimmung in ein neues Zeitalter. Das belgische Organisationskommitee stand 1958 vor einer schwierigen Aufgabe. Einerseits sollte die Expo gerade dieser positiven Aufbruchsstimmung Ausdruck verleihen, gleichzeitig war jedoch ein kritischer Umgang mit den Folgen des technischen Fortschritts gefordert. Über die Verwendung der Atomenergie existierten scharfe Kontroversen. Die politische Ausgangslage nach dem Krieg war von Spannungen zwischen den Blockmächten geprägt, der kalte Krieg führte zu einem Rüstungswettlauf zwischen Ost und West. Dieser Zwiespalt spiegelte sich auch in der Rede des belgischen Königs Baudouin zur Eröffnung der Ausstellung. Zu alledem musste die Frage gestellt werden, ob eine Weltausstellung noch zeitgemäßes Kommunikationsmedium sein könne. Sowohl Teile der belgischen Ausstellung wie auch andere Beiträge erinnern an Ansätze des 19. Jahrhunderts, wo man sich die Welt im Modell auf unterhaltsame Weise an einem Ort zugänglich machte. Die Präsentation der belgischen Kolonialgebiete in einer Zeit der Dekolonialisierung - zwei Jahre später wurde der Kongo unabhängig -, wie auch die Erlebnisarchitektur der Modellbauten einer belgischen Kleinstadt oder "Klein-Holland" im niederländischen Pavillon mit nachgebautem Deich, Leuchtturm und simuliertem Wellengang knüpfen an die Inszenierungen vergangener Zeiten an. Obwohl bereits nach der Pariser Weltausstellung von 1937 die Grenzen dieser Vermittlungsform deutlich wurden, hatte für Brüssel 1958 noch keine entscheidende Reformierung der etwa 100 Jahre alten Idee der Weltausstellung stattgefunden. Der internationale Gedankenaustausch blieb in seiner Ansammlung von Monumenten äußerlich den überlieferten Formen verpflichtet. Obwohl in Brüssel ein humanitärer und pazifistischer Ansatz vertreten wurde, wurde der Anlas benutzt für die Demonstration nationalen wirtschaftlichen Wachstums oder für die Propaganda von rivalisierenden politischen Systemen, wie die Pavillons der USA und der Sowjetunion zeigten. Dieser Jahrmarkt mit bunt beleuchteten Wasserspielen, beweglichen, blinkenden Lichterketten an Bauten von verspielter,


ausgefallener Gestalt verlieh dem ersten Zusammentreffen der Nationen auf einer Weltausstellung nach dem Weltkrieg immerhin in einen heiteren Anstrich, der fĂźr eine friedliche Zukunft stehen sollte.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1958 in Brüssel Überwindung der Schwerkraft

Jahr:

1958

Stadt: Br�ssel Land:

Belgien

Dauer: 17. April - 19. Oktober 1958

1 2 3 4

Copyright: Le Memorial officiel de l'Exposition universelle et internationale de Bruxelles 1958-1962, Bd. 3, S.

Die Pavillons Bei dem Entwurf von Guillaume Gillet für den französischen Beitrag ragt ein 130 Tonnen schwerer Stahlpfeiler bogenförmig in den Himmel, um eine weitgespannte Halle mit zwei riesigen, gebogenen Satteldächern zu balancieren. Während der Bauphase mussten jedoch die Außenwände abgestützt werden, da sich die allzu kühnen Planungen als unrealisierbar erwiesen hatten. Mit seinem Durchmesser von 104 Meter war der amerikanische Pavillon von Edward Stone die damals weltgrößte Rotunde. Die Konstruktion trug ein freischwebendes Dach, das, konzentrisch eingehängt, auf Stahlkabeln ruhte. Als netzartiges Gewebe blieb es transparent und besaß in der Mitte eine kreisförmige Öffnung, sodass der 26 Meter hohe Bau selbst eine stehen gebliebene Baumgruppe des königlichen Parks beherbergen konnte. Gegenüber befand sich der gewaltige sowjetische Stahl- und Glaskubus, der über weit ausladenden Freitreppen thronte. Konstruktionsgrundlage waren im Abstand von 48 Metern aufgestellte Stahlstützen, an denen Aluminiumdachbinder in 20 Meter Höhe über ein symmetrisches Verspannungssystem angebracht waren. Die Innenseite dieser Querarme trug das leicht gebogene transparente Dach, während an den äußeren Punkten die Aluminium-Glas-Fassade aufgehängt war. Vielmehr Interesse als die sichtbare Konstruktion dieser Halle erweckte jedoch die Ausstellung im Inneren des Gebäudes, wo unter anderem neueste Erkenntnisse aus der Weltraumforschung präsentiert wurden. Besonders die Originalmodelle der Erdsatelliten Sputnik und Sputnik 2 avancierten zu einer der Hauptattraktionen der Expo 58. Gerade die Gegenüberstellung der amerikanischen und sowjetischen Pavillons war Zeichen für die politische Konstellation der 50er Jahre. Um dem humanistischem Motto der Ausstellung zu entsprechen, verzichtete man sowohl auf eine selbstkritische Bilanz der Vergangenheit und der gegenwärtigen politischen Situationals auch auf die öffentliche Demonstration einer kritischen Haltung dem technischen Fortschritt gegenüber. Dass dieser im Wesentlichen durch den Rüstungswettlauf motiviert war und gerade zu dieser Zeit die Diskussion über die Stationierung atomarer Waffen das Verhältnis von Ost und West bestimmte, wurde ausgeblendet. So präsentierten die Amerikaner einen für die Stromversorgung der Menschen nützlichen Atomreaktor und priesen ihr Gesellschaftssystem durch die Ausstellung elektrischer Wahlzählmaschinen und die symbolhaltige kreisförmige architektonische Anlage als demokratisch und freiheitlich. Damit rivalisierend vermittelte man auf der sowjetischen Seite mit monumentaler, doch neuartiger architektonischer Sprache die eigene Modernität. Im Inneren deuteten unter anderem heroische Arbeiterstatuen und Arbeitsmaschinen auf Grundlagen der Ideologie hin, die zu wissenschaftlicher und kultureller Blüte des Ostens geführt habe. Gerade die publikumswirksame Dokumentierung der erfolgreich abgeschlossenen Raumfahrtexperimente, erlangte dafür besondere Bedeutung.


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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1958 in Brüssel Eine "saubere Bodennummer"

Jahr:

1958

Stadt: Br�ssel Land:

Belgien

1 2

Dauer: 17. April - 19. Oktober 1958

Copyright: Le Memorial officiel de l'Exposition universelle et internationale de Bruxelles 1958-1962, Bd. 4, S.

Der deutsche Pavillon Im Gegensatz zu den technizistischen Entwürfen, die von dynamischer Spannung oder schwebender Leichtigkeit charakterisiert waren, beriefen sich andere Architekten - an die Tradition der Bauhausarchitektur anknüpfend - auf einfache, geometrische Formen. Zahlreiche Länder, darunter die Schweiz und Japan, verzichteten auf Riesenbauten, um sich mit rhythmisch in den Park eingebetteten Pavillongruppen auch Teile des Geländes individuell zu erschließen. Prominentes Beispiel für die Verbindung dieser Ansätze war der Entwurf von Sep Ruf und Egon Eiermann, die 1956 den Auftrag erhielten, in gemeinsamer Arbeit den deutschen Pavillon zu entwerfen. Entgegen der ursprünglichen Idee, ein langgestrecktes Gebäude zu konstruieren, entschied man sich für eine geschlossene Kette kleinerer Bauten. Acht auf quadratischem Grundriss errichtete ein- bis dreistöckige Gebäude waren am Hang des Parc Royal zu einer rechtwinkligen Anlage gruppiert, die einen Garten mit altem Baumbestand einschloss. Die Konstruktion der Einzelgebäude beruhte auf Stahlstützen, die von der Außenflucht gesehen drei Meter nach innen gerückt waren. Davor befanden sich die transparenten Wände aus Spiegelglasscheiben, die mit schmalen Stahlrahmen eingefasst waren und zum Zwecke der natürlichen Raumbelüftung 50 Zentimeter unter der Decke endeten. Zwischen der Außenflucht mit schwarz bemalten Deckenbalken und angeschweißten weißen Rohren, war Platz für einen 1,20 Meter breiten Zierbalkon, der den strukturellen Eindruck drei übereinander schwebenden Dachscheiben verstärkte. Alle Montageteile wurden in Deutschland hergestellt, um in Brüssel nur noch verschraubt zu werden. Um die Pavillongruppe formal zusammenzufassen und trotz Hanglage leicht begehbar zu machen, waren die Gebäude auf Höhe des zweiten Stockwerks über Stege miteinander verbunden. Vom Hang aus betrat man das Gelände von oben über eine Brücke, die mit drei Seilpaaren an einem 50 Meter hohen nadelartigen Stahlpylon aufgehängt war und über eine Treppe zu den Verbindungsstegen führte. So erschloss sich den Besuchern zunächst der klare Grundriss der Anlage, bevor sich aus tieferer Perspektive die Abgrenzungen der Einzelgebäude in ihrer unendlichen Transparenz aufzulösen schienen. Dieser Effekt setzte sich selbst in der Gartengestaltung Walter Rossows fort, wo sich - ganz im Gegensatz zu riesigen, bunt beleuchteten Fontänen anderer Länder Geländepartien in flachen runden Steinen reflektierten, deren glattgeschliffene Oberflächen mit einem dünnen Wasserfilm überspült wurden. In der zeitgenössischen Presse erhielt der deutsche Beitrag seiner zurückhaltenden Einfachheit und Präzision wegen großes Lob, jedoch wurde stellenweise auch "Mittelmäßigkeit" und "biedermännische Bescheidenheit" vorgeworfen. Der klare, streng formalistische Ansatz des Raumkonzeptes zusammen mit der bemüht lehrreichen Ausstellung "Leben und Arbeit in Deutschland" sollte in bewusstem Gegensatz zu der deutschen Machtdemonstration des Pavillons von Albert Speer in Paris 1937 stehen, doch vermissten die Zeitgenossen den selbstreflexiven Umgang mit den Folgen des Nationalsozialismus und eine kritische Auseinandersetzung mit der Frage des geteilten Deutschland.


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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellungen 1962 in Seattle und 1964 in New York Wettbewerb zwischen zwei Städten

Jahr:

1962

1

Stadt: Seattle Land:

USA

Dauer: 21. April - 21. Oktober 1962

Copyright:

Einleitung Ganz im Zeichen der Raumfahrt standen die beiden bislang letzten Weltausstellungen in den USA. Obwohl die �Century 21 Exposition� in Seattle offiziell als Weltausstellung anerkannt wurde, zog ihre eher kommerziell orientierte Konkurrentin in New York weitaus mehr Besucher an. In Seattle wurde versucht, den Beitrag der Wissenschaften und der Forschung zum amerikanischen 'Way of Life' herauszuheben, um den Schock über die sowjetischen Erfolge in der Raumfahrt lindern zu helfen. Bei der World's Fair in New York hingegen ging es den meisten an der Ausstellung beteiligten Firmen nur darum, ihr Image mit möglichst spektakulären Pavillons und Shows aufzupolieren. Als schwächere Neuauflage ihres Vorläufers von 1939 variierte sie zu viele Ideen von gestern und entwickelte keine eigenen Visionen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellungen 1962 in Seattle und 1964 in New York

Jahr:

1962

1

Stadt: Seattle Land:

USA

Dauer: 21. April - 21. Oktober 1962

Copyright:

Daten Offizielle Bezeichnung: Century 21 Exposition Wahrzeichen: Space Needle Thema: Der Mensch im Zeitalter der Raumfahrt Ort: 1,5 Kilometer nördlich vom Stadtzentrum Fläche: 30 Hektar Kategorie: Generalausstellung der 2. Kategorie Dauer: 21. April - 21 Oktober 1962 (184 Tage) Aussteller: 50 Nationen, 4 internationale Organisationen, 152 amerikanische Unternehmen Besucher: 9.609.969 Eintrittspreis: Erwachsene: 2 Dollar, Kinder bis 13 Jahre: Ein Dollar, Saisonkarte: 50 Dollar Kosten der Bauvorhaben und Präparierung des Geländes 23.000.000 Dollar Pavillons: Fünf permanente Gebäude, zehn internationale Themenpavillons, 26 Nationale Pavillons, vier internationale Organisationen, 49 amerikanische Aussteller Klassifikation: Gliederung in fünf Themenbereiche Organisation: La Century 21 Exposition Inc. mit 124 Mitgliedern, von einem Verwaltungsrat kontrolliert Schutzherrschaft: Ex-Präsident Dwight D. Eisenhower Ehrenpräsident: Albert D. Rosellini, Regierungschef des Staates Washington Chefarchitekt: Paul Thiry Chefdesigner der Ausstellung: Herb Rosenthal


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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellungen 1962 in Seattle und 1964 in New York Ein Symbol der Raumfahrt - Die Space Needle

Jahr:

1962

Stadt: Seattle Land:

USA

1 2

Dauer: 21. April - 21. Oktober 1962

Copyright: Progressive Architecture. Juni 1962

Wahrzeichen Zum Wahrzeichen der Weltausstellung avancierte John Grahams Space Needle - ein 185 Meter hoher Turm mit einem verglasten Drehrestaurant an der Spitze, das mit als Raumkapseln verkleideten Außenaufzügen erreicht werden konnte. Um das damals höchste Gebäude westlich des Mississippi zu stabilisieren, wurden drei Doppelstahlbeine, die aus 30 Meter langen Einzelteilen zusammenmontiert waren, in insgesamt 6.000 Tonnen schweren Ankern aus verstärktem Zement in zehn Metern Tiefe versenkt. Durch diese tiefe Verankerung lag der Schwerpunkt des Turmes nur knapp über dem Erdboden. Um die Sicherheit der Konstruktion zu garantieren, wurden Sachverständige des California Institute of Technology und von der Universität von Washington hinzugezogen. In aufwendigen Modellversuchen prüften sie den Turm auf Windfestigkeit und Erdbebensicherheit. Architekt John Graham resümierte stolz: "Bei der Konstruktion der Space Needle sind wir über alle maximalen Sicherheitsvorschriften hinausgegangen. Außerdem war es unser Bestreben, das beste architektonische Denken in der Nation uns dienstbar zumachen, denn ein Bauwerk dieser Art ist bisher noch nie gebaut worden." Das für 300 Gäste geplante Lokal, in dem sich ein äußerer Ring innerhalb einer Stunde um 360 Grad drehte und in dem man von Hostessen in goldenen hautengen Overalls bedient wurde, lag wie eine fliegende Untertasse auf den Stahlstützen. Oberhalb des Restaurants befand sich eine Aussichtsplattform mit Andenkengeschäft und einem kleinen Automatenrestaurant. Bekrönt wurde dieses avantgardistische Symbol der Raumfahrt von einer 15 Meter hohen Spitze aus rostfreiem Stahl, die abwechselnd in den Farben Grün, Blau, Rot und Gelb beleuchtet wurde.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellungen 1962 in Seattle und 1964 in New York Sputnik-Schock und eine moderne Kopie

Jahr:

1962

Stadt: Seattle Land:

USA

1 2

Dauer: 21. April - 21. Oktober 1962

Copyright: Parkhurst, 1959

Vorgeschichte Die Century 21 Exposition in Seattle war auch eine Reaktion auf den Sputnik-Schock. Wenige Tage nachdem die Sowjetunion im Oktober 1957 den ersten Satelliten ins All geschossen hatte, trafen sich Wissenschaftler der National Science Foundation und des Verteidigungsministeriums, um Gegenmaßnahmen für den Prestigeverlust der USA zu erörtern. Eine Weltausstellung erschien gerade richtig, um die industrielle und wissenschaftliche Leistungsfähigkeit der Nation weltweit zu demonstrieren. In Seattle hatten sich bereits ab 1955 Stadtplaner darum bemüht, den Bau eines Kulturzentrums zu finanzieren; dazu sollte eine internationale Ausstellung zum 50. Jahrestag der Alaska-Yukon-Pacific Exposition von 1909 abgehalten werden. Die Projekte in Seattle und New York wurden miteinander kombiniert. Ende 1956 nahm eine Gesellschaft zur Vorbereitung der Weltausstellung die Arbeit auf und entwickelte ein Konzept für die �Century 21 Exposition�. Der amerikanische Kongress billigte im Juli 1959 das Vorhaben und Präsident Eisenhower lud die Nationen zur Ausstellung ein. Im September stellte die amerikanische Regierung neun Millionen Dollar zur Finanzierung der Themenausstellung "The World of Science" und 3,5 Millionen Dollar für den Pavillon der amerikanischen Wissenschaft bereit. 4,5 Millionen Dollar wurden durch Anleihen und Garantiefonds eingeworben. Die Stadt Seattle und der Staat Washington trugen für längerfristige Investitionsmaßnahmen insgesamt 15 Millionen Dollar bei, der Vorverkauf von Eintrittskarten erbrachte weitere acht Millionen. Damit stand die Century 21 Exposition auf einer soliden Finanzgrundlage.(Die amerikanische Regierung knüpfte ihre Unterstützung aber an die Bedingung, dass nicht nur technologische Errungenschaften gezeigt werden, sondern auch der Beitrag der Wissenschaften zum Fortschritt und zum Frieden vorgeführt werden sollte.) Um den Regularien des B.I.E. zu entsprechen, wurde sie für die Jahre 1961 und 1962 geplante Ausstellung auf das Jahr 1962 beschränkt.

Robert Moses, der für die Ausrichtung der Ausstellung in New York 1964/65 verantwortlich war, bestand darauf, eine zweite Saison veranstalten. Da das dem internationalen Reglement widersprach, lehnte das B.I.E. die Registrierung ab - nach dessen Regularien durften ohnehin nicht zwei Weltausstellungen so kurz nacheinander im gleichen Staat stattfinden. Während die meisten europäischen Länder ihre Exponate lieber nach Seattle schickten, beteiligten sich an der New Yorker Ausstellung vor allem die asiatischen Schwellenländer; die Länder Zentralamerikas und einige afrikanische Nationen präsentierten sich in Gemeinschaftspavillons. Die Weltausstellung 1964/65 in New York war eine moderne Kopie der von 1939: Sie fand auf dem gleichen Gelände, dem Park Flushing Meadows im Stadtteil Queens, statt und war ebenso stark kommerziell ausgerichtet wie ihre Vorgängerin. Auf die Entwicklung eines Themas für die Ausstellung wurde verzichtet. Weder deren Anlass - der 300. Geburtstag der Gründung New Yorks � noch das Motto 'Peace Through


Understanding' wurden durch Exponate oder Themenausstellungen fruchtbar gemacht. Allein der technische Fortschritt sollte Attraktion genug sein, um die Massen anzulocken: Moses und sein Team rechneten mit 73 Millionen Besuchern. Es kamen aber nur mehr als 50 Millionen. Sie machten die nicht registrierte Weltausstellung zwar zu einer großen Schau, sie warf aber keinen Gewinn ab. Elf Aussteller gingen im Verlauf der World's Fair bankrott, die Veranstalter mussten eigenen Mittel einsetzen, um die Pavillons offen zu halten. Negativ vermerkt wurde, dass Projektgelder ohne Ausschreibung an Subunternehmer vergeben und den Ausstellern für Dienstleistungen wie Versicherungen, Transport und Müllabfuhr weit überhöhte Preisen abverlangt wurden. Die World's Fair hatte eine durchgehend schlechte Presse, selbst eine aufwendige PR-Kampagne der teilnehmenden Konzerne unter dem Motto "Come to the Fair" vermochte nicht, das negative Image zu verbessern.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellungen 1962 in Seattle und 1964 in New York Raketen und Atomkraftwerke

Jahr:

1962

1

Stadt: Seattle Land:

USA

Dauer: 21. April - 21. Oktober 1962

Copyright:

Attraktionen Wie schon 1962 in Seattle war auch die Weltausstellung in New York 1964/65 ein ideales Forum für die neue Raumfahrtindustrie. Nahezu überall waren die Beiträge der nationalen Organisationen, der Konzerne und des Verteidigungsministeriums zum Vorstoß ins All zu bestaunen. Im Space Park standen gleich alle bisher von den USA entwickelten Raketen und viele Satelliten. Mit simulierten Raketenstarts, Multimediashows über Raketenflüge und künstlichen Mondlandschaften wurden die Besucher der World's Fair gleich mit in die Erdumlaufbahn geschossen. Mit gleicher Energie wurden die Segnungen des Atomzeitalters von den großen Kraftwerksherstellern und Betreibern vorgeführt. Der Konzern General Electric demonstrierte in einer von Disney entworfenen Show die Geschichte der Elektrizität, die in einer künstlichen Kernfusion gipfelte. In einem extrem starken Magnetfeld wurde für den Bruchteil einer Sekunde durch die Verschmelzung von Deuteriumkernen eine Temperatur von 100 Millionen Grad erzeugt. Disneys animierte Figuren wurden auf der New York World's Fair das erste Mal in großem Maßstab getestet. So rezitierte im Pavillon des Staates Illinois eine Lincoln-Puppe Redeauszüge des amerikanischen Präsidenten. Ähnliche Animationen wurden später in den Disney Parks eingesetzt. Der erfolgreichste Pavillon der Weltausstellung war auch der größte, das Futurama von General Motors. Mehr als 29 Millionen Besucher wollten sich die Stadt der Zukunft vorführen lassen. Waren in General Motors' Futurama von 1939 noch die Superhighways der sechziger Jahre optimistisch imaginiert worden, so musste nun eine Prognose für das 21. Jahrhundert abgegeben. werde. Auch für das neue Futurama wurden moderne Architekturformen, eine bogenförmige Riesenleinwand, ein Restaurant in Form eines Science-Fiction-Raumschiffs wie in Zitaten zusammencollagiert. Wie 1939 wurden die Zuschauer in mit Lautsprechern versehenen Sesseln über eine Modelllandschaft geführt. Doch diesmal fuhren sie über eine Forschungsstation in der Antarktis, in die Tiefsee und selbst zu einer Raumstation bis ins All. Kühl konstruierte Megastädte und wie schwebend in der Luft hängende Betonstraßen prägten das Gesicht dieser Zukunftsvision. In dieser Landschaft war kein Platz mehr für Urwälder; mit einer riesigen 'Dschungelstraßenbaumaschine', die in einem Arbeitsgang die Wälder mit Laserkanonen rodete, das Terrain planierte und eine fertige Straße hinter sich ließ, wurde die Natur endgültig beseitigt. Schließlich bot auch die Radio Corporation of America wieder, wie bereits 1939, eine technologische Innovation auf dem Fernsehsektor. Diesmal übertrug R.C.A. die Ausstellungseröffnung durch Präsident Lyndon B. Johnson in Farbe über Satellit in die ganze Welt. So konnte überall gesehen werden, dass bei schlechtem Wetter und unter der Drohung von Demonstrationen der Bürgerrechtsbewegung enttäuschend wenige Besucher nach Queens gekommen waren. Immerhin aber besuchten einige ausländische Staatsoberhäupter die World's Fair: der Schah von Persien, der Staatspräsident Koreas und der ägyptische Premierminister. Und auch Papst Paul VI. kam bei seinem ersten USA-Besuch nach Flushing Meadows. Im Pavillon des Vatikan stand als sicherlich kostbarstes Exponat der ganzen


Weltausstellung die 'PietĂ ' von Michelangelo aus dem Petersdom.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellungen 1962 in Seattle und 1964 in New York Das Ziel der Ausstellung

Jahr:

1962

1

Stadt: Seattle Land:

USA

Dauer: 21. April - 21. Oktober 1962

Copyright:

Kommentare Der Mensch steht vor einer neuen Grenze. Die Century 21 Exposition wird über diese Grenze hinaus in das Zeitalter des Weltraums blicken. Sie wird einen Einblick in die Welt des 21. Jahrhunderts geben, eine Vision des menschlichen Lebens der Zukunft, wie es sich wohl durch unsere heutigen Anstrengungen und unseren Erfindungsreichtum entwickeln wird. Noch nie zuvor war die Zivilisation der Welt wohl so sehr von ihrer eigenen Zukunft eingenommen. Die Raketen, die der Mensch in den Himmel schießt, bereiten ihm den Weg, dem er folgen wird. Er scheint sich von den Banden der Erde zu lösen. Es ist das Ziel der Century 21 Exposition, ein Portrait dieser neuen Ära zu schaffen - die Millionen Besucher aus allen Kulturen der heutigen Welt sollen in eine vielfältige Projektion dessen, was vor ihnen liegt, geführt werden - um vorherzusehen wie der Mensch im Jahr 2000 arbeiten, spielen und leben wird. In dieser Hinsicht, wird sich Century 21 von vergangenen Ausstellungen unterscheiden, indem sie nämlich nicht einen Rückblick auf den Fortschritt der Menschheit bietet, sondern einen Einblick in ihre Zukunft, ein Portrait des Lebens im 21. Jahrhundert - "Der Menschheit im Zeitalter des Weltraums". Die Besucher werden ein weitgefasstes Programm nationaler und internationaler Exponate sehen, kulturellen und unterhaltsamen Events beiwohnen und ein Feuerwerk köstlicher Vergnügungen in einer einzigartigen und bunten Inszenierung des strahlenden Reiches der Zukunft erleben." Quelle: Ken Parkhurst (Hg.), Century 21 Exposition. Seattle 1959.

James T. Burns, jr.: Die Architektur der Century 21, in: Progressive Architecture. Bd. 43, Juni 1962, S. 4264, hier S. 49, 64. Die Space Needle ist selbstverständlich der physische Höhepunkt der Ausstellung. Als Symbol funktioniert sie gut, besser sogar, als ich erwartete. Selbst wenn sie in dieser Hinsicht nicht mit dem Eiffelturm konkurrieren kann, so ist die Nadel durchaus beeindruckend, und der Genus des panoramatischen Blick zusammen mit einem Martini im Drehrestaurant macht tatsächlich glücklich. Dennoch mag der Wert dieser Konstruktion nach der Ausstellung in Frage gestellt werden. (...) Die Ausstellung bietet eine Menge zeitgenössischer Architektur, die für professionelle Architekten von großem Interesse sein sollte, und die, so steht zu hoffen, einigen die Augen für heutiges Design öffnen wird. Ich kam nach Seattle in der Erwartung, dass zuviel Gewicht auf das Grelle und das Oberflächliche gelegt werden würde, war aber sehr erfreut über das im Allgemeinen hohe Designniveau bei dieser Ausstellung.

Russell Lynes: Die Welt des 21. Jahrhunderts, in: Harper´s Magazine, Juli 1962, S. 23.


Im großen und ganzen war das, was ich vom 21. Jahrhundert sah, reichlich altmodisch, wenn es auch größtenteils viel Spaß machte. Im von Paul Thiry entworfenen Washington State Coliseum, einer weiten hyperbolisch-paraboloiden Ausstellungshalle unter einer Zementmuschel gab es eine Ausstellung zum Thema "Die Welt des 20. Jahrhunderts". Diese befindet sich weit oben unter der Decke in einer Konstruktion aus Aluminiumkisten zu denen man gelangt, indem man eine kreisförmige Plattform betritt, die von einer Halbkugel aus Glas oder Plastik überdacht wird. "Treten sie an den Rand der Kuppel", sagt der Mann, der diesen aufwärtsschießenden Aufzug bedient. Er trägt graue Jeans mit Silberstreifen an den Seiten und eine silberfarbene Jacke, da jedermann gerne etwas aus Science-fiction-Comics sieht. Bei Ankunft im 21. Jahrhundert entdeckt man eine Serie von Schaukästen und Transparentfotos, die gelegentlich aufleuchten; die Moderation kommt in einer übertrieben salbungsvollen Tonlage vom Tonband. Man fühlt sich wie in einer Sonntagsschule, in der man von Buck Rodgers unterrichtet wird.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellungen 1962 in Seattle und 1964 in New York Planung für die Zukunft

Jahr:

1962

Stadt: Seattle Land:

USA

Dauer: 21. April - 21. Oktober 1962

1 2 3

Copyright: National Geographic. September 1962

Gel�nde In Seattle wurde eine etwas heruntergekommene Gegend zwischen dem Stadtzentrum und dem Hafen durch Geländezukäufe zum Terrain für die Weltausstellung arrondiert. Dort standen bereits das alte Opernhaus, ein baufälliges Stadion und die Armory, das alte Zeughaus der Stadt. Die intensiven Überlegung zur Nachnutzung des Geländes brachten der Stadt ein neues Stadtviertel mit zahlreichen Gebäuden, die für Kultur und Sport genutzt werden konnten. In New York behielt man für die Weltausstellung 1964/65 die Infrastruktur aus dem Jahre 1939 weitgehend bei. Das Parkgelände in Flushing Meadows wurde kaum verändert, allerdings wurden die Pavillons etwas lockerer gruppiert. Die Abteilung für das Verkehrswesen und der deutlich geschrumpfte Vergnügungspark blieben an ihren alten Plätzen. Zwei Bereiche wurden miteinander vertauscht: Die Pavillons der ausländischen Teilnehmernationen gruppierten sich um die Unisphere, alle anderen Sektionen der Weltausstellung 1939 wanderten als �Zone der Industrie� in die östliche Hälfte des Parks, wo die Pavillons um die zum �Pool der Industrie� umgetaufte, ehemalige �Lagune der Nationen� angeordnet waren. Das Gelände wurde durch eine auf Betonstelzen installierte, elektrische Monorailbahn erschlossen, die auf Gummirädern ihre zwei Kilometer lange Strecke in nur 96 Sekunden bewältigte. Eine quer über die Pavillons gespannte Seilbahn bot prächtige Ausblicke auf das Expo-Terrain und die Stadt. Die temporären Ausstellungsbauten waren oft nur bescheiden dimensioniert, Erfrischungsstände und Restaurants wurden unter bunten Zeltdächern platziert, nicht wenige ausländische Teilnehmernationen mieteten sich in barackenähnlichen Holzpavillons ein. Die fehlenden Bauvorschriften sorgten für ein kunterbuntes Durcheinander auf dem Gelände. Weder gab es ein Farbschema, das den Besuchern die Orientierung erleichtert hätte, noch wurde auf eine Abstimmung der nebeneinander liegenden Gebäude geachtet. So wetteiferte jeder Pavillon mit aufwendigen Spielereien um die Gunst der Besucher, die laute Musik und die Exponate selbst trumpften möglichst grell auf.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellungen 1962 in Seattle und 1964 in New York Der Mensch im Zeitalter der Raumfahrt

Jahr:

1962

1

Stadt: Seattle Land:

USA

Dauer: 21. April - 21. Oktober 1962

Copyright:

Thema Das Thema der Weltausstellung Seattle 1962 "Man in the Space Age" bot den Rahmen für die Demonstration amerikanischer Fähigkeiten. Sie sollte die Grundlage für eine visionäre Inszenierung des menschlichen Lebens im Jahre 2000 darstellen. Dank der Unterstützung durch das B.I.E. traten nicht weniger als 49 Nationen als Aussteller auf. Sie errichteten ihre Pavillons rund um den Internationalen Brunnen mit seinen bis zu dreißig Meter hohen Fontänen und zogen ihre Flaggen an den Masten auf dem Festplatz auf. Dazu kamen zahlreiche Firmenpavillons amerikanischer Konzerne, darunter ein Kuppelgebäude von Ford und ein Gebäude von IBM, in dem die ersten Computer vorgeführt wurden, sowie ein greller Werbestand für die Konkurrenzveranstaltung in New York 1964. Das Thema der Ausstellung wurde in fünf Kapitel gegliedert: Die Welt der Wissenschaft (als weitaus umfangreichste Abteilung), die Welt des 21. Jahrhunderts, die Welt des Handels und der Wirtschaft, die Welt der Kunst und die Welt des Spektakels.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellungen 1962 in Seattle und 1964 in New York Konventionelle Bauten und bunte Mischung

Jahr:

1962

Stadt: Seattle Land:

USA

1 2

Dauer: 21. April - 21. Oktober 1962

Copyright:

Architektur Das Herz der Ausstellung in Seattle war eine Gruppe von fünf strahlend weißen, kistenartigen Gebäuden, die den U.S. Science Pavilion bildeten. Hier sollte der "große praktische Wert der Wissenschaft für Friedensbestrebungen" dargestellt werden. Die Fassaden der vom Architekten Minoru Yamasaki um ein großes Wasserbassin mit Springbrunnen angeordneten Gebäude waren mit neogotischen, floral ineinander verschlungenen Bögen verziert, deren Form in zahlreichen Varianten am ganzen Gebäude, vom Türgriff bis zum Treppengeländer, wieder auftauchte. Auch die fünf freistehenden Bögen im Innenhof, "Science Arches" genannt, schlossen mit neogotischen Archivolten ab. Sie überragten sie die Gebäude und lockerten die Monotonie der Anlage etwas auf. Eine ausgesprochen moderne Formensprache verwendete der Architekt Paul Thiry für das Washington State Coliseum, eine Sporthalle für 18.000 Zuschauer: Ein an Spannbeton- und Stahlträgern stützenfrei aufgehängtes paraboloides Aluminiumdach überspannte 16.000 Quadratmeter Fläche. Hier wurde die �Welt der Zukunft� gezeigt, zum Beispiel selbststeuernde Autos ohne Räder oder solarbeheizte Wohnhäuser mit Wänden aus Luft. In den Bibliotheken der Zukunft wurden die Bücher von Computern exzerpiert, so dass die Leser die von ihnen ausgewählten Textabschnitte zu bestimmten Themenbereichen elektronisch abrufen konnten. Zumindest diese Prognose kam der heutigen Wirklichkeit erstaunlich nahe. In New York wurden Trylon und Perisphere, die Wahrzeichen der Weltausstellung von 1939, durch die Unisphere ersetzt, ein zwölf Stockwerke hohes Modell der Erdkugel (aus 470 Tonnen rostfreiem Stahl), das über einem flachen Wasserbassin auf drei Stahlträger montiert worden war. Drei um den Globus gelegte Ringe standen für die Umlaufbahnen künstlicher Satelliten. Durch innovative Architektur zeichneten sich die wenigsten Bauten aus. Die Konzerne präsentierten sich immerhin mit eleganten, durchaus gelungenen Bauten in moderner Formensprache und einige Länder beeindruckten durch saubere Konstruktionen. So wurde die Holzkiste des österreichischen Pavillons an drei Dreiecksträgern aus Schichtbalken aufgehängt. Die spitzwinklig zusammenstoßenden Träger ließen sich durchaus symbolisch - als abstrahiertes Sinnbild der Alpen - verstehen. Solch �sprechende Architektur� war jedoch selten. Die Pavillons bestanden zumeist aus Stahlrahmenkonstruktionen, über die geschwungene Blechhäute gezogen wurden. Ebenfalls zum Standard gehörte es, die Gebäude über flachen Wasserbassins �schweben� zu lassen und mit Lichtspiegelungen zu arbeiten. Einige Gebäude nutzten die neuen Möglichkeiten leichter Dachtragwerke aus Fiberglas und Plastikpaneelen. Manche Dächer wurden mit Tragluftsystemen gestützt oder waren als Zelte konstruiert. die auf allen Weltausstellungen so beliebten Repliken traditioneller und exotischer Architektur Reproduktionen alter Tempel und Kirchen sowie ein Belgisches Dorf aus der Zeitum 1800 � und einen


Vergnügungspark. Beim Ausstellungsdesign ließen sich viele Firmen von der gerade aufblühenden Pop Art inspirieren. Neben bunten Lichterorgien, Fotobildwänden und gigantisch aufgeblasenen Firmenlogos waren auch gemalte Autoreifen und Mondoberflächen im Stil der Gemälde von James Rosenquist und Roy Lichtenstein zu sehen. Die Künstler selbst waren auch auf der Messe vertreten. Allzu kritisch oder ironisch gegenüber dem �American Way of Life' durften sie allerdings nicht sein. Andy Warhols monumentales Wandgemälde 'Thirteen Most Wanted Men', das die meistgesuchten Verbrecher der USA zeigte, hing nicht lange an der Außenwand des Pavillons des Staates New York. Warhols Vorschlag, die Kriminellen durch Porträts von Robert Moses zu ersetzen, stieß ebenfalls auf wenig Gegenliebe.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellungen 1962 in Seattle und 1964 in New York

Jahr:

1962

1

Stadt: Seattle Land:

USA

Dauer: 21. April - 21. Oktober 1962

Copyright:

Bibliographie James T. Burns, The Architecture of Century 21. In: Progessive Architecture. Bd. 43, Juni 1962, S. 49-64. Department of Commerce, United States Science Exhibit. Seattle World's Fair, Souvenir Guide Book. Seattle 1962. Department of Commerce, United States Science Exhibit. Seattle Worlds Fair, Final Report. Washington 1963. Morris Dickstein, From the Thirties to the Sixties. The World's Fair in its own Time. In: Rosemarie H. Bletter (Hg.), Remembering the Future. The New York Word's Fairs from 1939 to 1964. Ausst.-Kat. Queens Museum. New York 1989. S. 21-43. Russel Lynes, Seattle will never be the same. In: Harper's Magazine, Bd. 225, Nr. 1346, Juli 1962, S. 20-25. Murray Morgan, Century 21: The Story of the Seattle World's Fair. 1963 Ken Parkhurst (Hg.), Century 21 Exposition. Seattle 1959. Carolyn Bennett Patterson, Seattle Fair Looks to the 21st Century. In: National Geographic, Bd. 122, September 1962, Nr. 3, S. 402-427. Sheldon J. Reaven, New Frontiers. Science and Technology at the Fair. In: Rosemarie H. Bletter (Hg.), Remembering the Future. The New York Word's Fairs from 1939 to 1964. Ausst.-Kat. Queens Museum. New York 1989. S. 21-43. S. 75-103. Seattle World's Fair 1962. Masterpieces of Art. Ausst.-Kat., Pavilion of Fine Arts. Seattle 1962. Seattle World's Fair 1962. Official Guidebook. Seattle 1962. W. Schweisheimer, Von der Weltausstellung in Seattle. In: Baukunst und Werkform. September 1962, S. 516-520. Athelstan Spilhaus, Seattle World's Fair. Seattle 1962. James Bentley Tayler, Science on Display: A Study of the United States Science Exhibit, Seattle World's Fair. Seattle 1963.


Paul Thery, A Tour of Century 21. In: Architectural Record, Bd. 151, Nr. 7, Juni 1962, S. 141-48.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellungen 1962 in Seattle und 1964 in New York Grundlagen und Horizonte

Jahr:

1962

Stadt: Seattle Land:

USA

1 2

Dauer: 21. April - 21. Oktober 1962

Copyright: Spilhaus 1962

Die Wissenschaftsausstellung In den kistenartigen Bauten des U.S. Science Pavilion bot sich drei der bekanntesten Designer Amerikas, Charles Eames, Raymond Loewy und Walter Dorwin Teague, die Gelegenheit, modernstes Ausstellungsdesign zur Rechtfertigung amerikanischer Wissenschaftsförderung einzusetzen. Eames produzierte als Einleitung in das Thema einen fünfzehnminütigen Film für sieben Leinwände auf einer langen gekurvten Wand, 'The House of Science' genannt, der die Grundlagen und die Horizonte der Wissenschaften entfaltete. Zeitgenössische Kritiker lobten sowohl die Schönheit der Bilder - Nahaufnahmen sich entfaltender Blüten und kochender Lavaströme, dazu die beobachtenden und im Labor experimentierenden Wissenschaftler � als auch die technische Perfektion der Projektion mit zurückhaltend eingesetzten Kommentaren und "angemessener elektronischer Musik". Für den Rückblick auf die Leistungen der Wissenschaften seit der Antike wurden bedeutende Versuchsaufbauten nachgestellt; das Kontrastprogramm dazu bildeten Räume, in denen die Laborarbeit der Gegenwart vorgeführt wurde. 28 verschiedene Forschungsprojekte gingen den Fragen der Menschheit nach, etwa �Welchen Umfang hat die Erde?� oder �Wie finden Lachse an ihre Laichplätze zurück?�. Besonders beliebt waren verhaltensbiologische Tierversuche mit lernwilligen Tauben, die für ihre Testleistungen mit Futter belohnt wurden. Die großen Systembeschreibungen der Physik und Biologie, das Mendeleev'sche Periodensystem der Elemente und das Spiralmodell der DNA von Watson und Crick hingen als dreidimensionale Modelle in den Ausstellungshallen. Hinzu kamen viele Installationen, bei denen die Besucher aufgefordert wurden, natürliche Phänomene neu kennen zu lernen, etwa Räume in denen das menschliche Wahrnehmungsvermögen mit Experimenten auf die Probe gestellt wurde. Die Raketen- und Raumfahrtshow wurde maßgeblich von der NASA finanziert und ausgestattet, denn die amerikanische Raumfahrtbehörde wollte die immensen Ausgaben für das von Präsident Kennedy beschlossene Mondlandeprogramm rechtfertigen. Spektakulärer Höhepunkt der Darbietung war die Simulation des Starts einer Saturn-Rakete mit einer Licht-Ton-Anlage. Der Flugzeugbauer Boeing lockte dazu in seinem �Spacearium� mit einer intergalaktischen Raketenreise in zwei Millionen Lichtjahren entfernt liegende Sternensysteme, bis zum Spiralnebel Andromeda. Die Reiseillusion wurde mit Hilfe der größten Filmprojektorlinse und einer riesigen Leinwand so perfekt vorgetäuscht, dass die meisten Besucher nach Halt bietenden Geländern greifen mussten. Der Andrang zum Science Pavilion war immer sehr groß; alle zwanzig Minuten wurde ein weiterer Schub Menschen durch die Show geschleust. Insgesamt wurden 6.748.000 Besucher im Pavillon gezählt. Einen Tag nach Schließung der Weltausstellung leaste die Regierung die Gebäude zum symbolischen Preis von einem Dollar im Jahr und richtete darin das Pacific Science Center ein, das sich seither weiter um die Vermittlung der Erfolge der Wissenschaften in breiten Bevölkerungsschichten bemüht. Die Raumfahrt wurde übrigens auch in den ersten Wochen der Ausstellung im Vergnügungspark 'Gayway'


thematisiert � allerding für fragwürdiges Amüsement. Auf dem 'Planeten Eva' verzauberten einige barbusige Showgirls aus den Tiefen des Weltraums Astronauten in glitzernden Plastikraumanzügen. Die Show wurde bereits Mitte Mai aus "professionellen und nicht etwa moralischen Gründen" geschlossen, wie ein Pressesprecher der Weltausstellung verlauten ließ.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1967 in Montreal Terre des hommes

Jahr:

1967

1

Stadt: Montreal Land:

Kanada

Dauer: 28. April - 27. Oktober 1967

Copyright:

Einleitung Die größte Weltausstellung auf dem amerikanischen Kontinent zog auch die meisten Besucher an. Allerdings kostete die Expo '67 in Montreal auch sehr viel mehr Geld als ihre Vorläufer. Durch ein gut ausgewähltes Motto, das die Wirkungsbereiche des Menschen in den Vordergrund rückte, sorgten die Kanadier für eine rege Beteiligung der Nationen und für spannende Themenausstellungen. Auf zwei Inseln mitten im Sankt-Lorenz-Strom bot ein reich gegliedertes und bis in kleinste Detail gestaltetes Ausstellungsgelände attraktive Bauplätze für die Pavillons der Länder. Die Architektur der Weltausstellung prägten leichte Raumtragwerke, filigrane Netzdächer und große Glaskuppeln, die aber nicht immer mit den darunter eingestellten Einbauten für die Exponate harmonierten.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1967 in Montreal

Jahr:

1967

1

Stadt: Montreal Land:

Kanada

Dauer: 28. April - 27. Oktober 1967

Copyright:

Daten Offizieller Titel: Exposition universelle et internationale Montreal 1967 / Universal and International Exhibition Montreal. Expo '67 Thema: Der Mensch und seine Welt. Hundertjahrfeier Kanadas Kategorie: Universalausstellung der 1.Kategorie Eröffnung: 27. April 1967 Dauer: 28. April - 27. Oktober 1967, 183 Tage Ort: Halbinsel Cité du Havre, Insel Saint Hélène und Insel Notre-Dame auf dem Sankt-Lorenz-Strom Wahrzeichen: 'Der Mensch', Skulptur von Alexander Calder Planungsbeginn: 4. Dezember 1959 Organisation: Leitung durch einen von der kanadischen Regierung berufenen Minister. Vorbereitung, Organisation Durchführung durch die Compagnie canadienne de l'Exposition universelle, deren Präsident gleichzeitig das Amt des Generalkommissars der Ausstellung bekleidet Generalkommissar: Pierre Dupuy Chefarchitekt: Édouard Fiset Ausstellungsdirektor: Andrew G. Kniewasser Ausstellungsfläche: 400 ha, davon 48,5 Hektar für Ausstellungsgebäude Ausstellungsfläche der kanadischen Ausstellung: 14,5 Hektar, jeweils die Hälfte für die offizielle Ausstellung der Regierung und für private Aussteller; ausländische Aussteller: 18 Hektar Aussteller: 60.845 Exponate aus 62 Nationen und von 268 Firmen Klassifikation: 9 Sektionen, 52 Gruppen, 291 Klassen, entsprechend dem Ordnungssystem der Ausstellung in Brüssel 1958 Pavillons: 51 nationale Pavillons, 25 Firmenpavillons, 17 Themenpavillons, 6 kanadische Pavillons, 5


Pavillons amerikanischer Staaten, 3 Pavillons internationaler Organisationen sowie Pavillons der Städte Paris und Wien Besucher: 50.306.648 Eintrittspreise: Tageskarte: 2,50 Kanadische Dollar, Kinder 1,25 Wochenkarte: 12 Kanadische Dollar, ermäßigt 10, Kinder 6 Saisonkarte: 35 Kanadische Dollar, ermäßigt 30, Kinder 17 Ausgaben: 431.904.683 Kanadische Dollar Einnahmen: 221.239.872 Kanadische Dollar Verlust: 210.664.811 Kanadische Dollar

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1967 in Montreal Ein Fest für die Unabhängigkeit Kanadas

Jahr:

1967

Stadt: Montreal Land:

Kanada

1 2

Dauer: 28. April - 27. Oktober 1967

Copyright:

Vorgeschichte Wie so oft bei Weltausstellungen bot ein Jubiläum auch für die Expo '67 in Montreal den passenden Anlass, denn Ende der fünfziger Jahre wurde in Kanada nach einer würdigen Feier zum hundertjährigen Bestehen des Bundesstaates gesucht. Nach dem Besuch des kanadischen Präsidenten Marc Drouin auf der Expo 1958 in Brüssel und seinem euphorischen Bericht waren bald Politiker in der Stadt, im Bundesstaat Quebec und im ganzen Land als auch die Geschäftswelt Montreals für den Plan, eine Weltausstellung zu veranstalten, eingenommen. Politisches Ziel war es, die brüchige Konföderation Kanada der Welt als geschlossene Nation zu zeigen. Der Bürgermeister der Stadt Montreal zeigte sich indessen überzeugt, dass die Stadtentwicklung durch die Ausstellung entscheidende Impulse erfahren würde. Nachdem 1959 die Bundesregierung, die Regierung des Staates Quebec und die Stadt finanzielle Unterstützung zugesichert hatten, wurde Ende des Jahres die Bewerbung Montreals für eine Weltausstellung der ersten Kategorie beim B.I.E. eingereicht. Bei der nächsten Generalversammlung des B.I.E. im Mai 1960 fiel die Entscheidung jedoch auf die von der Sowjetunion abgegebene Kandidatur Moskaus, mit der der fünfzigste Jahrestag der Oktoberrevolution gefeiert werden sollte. Doch Montreal hatte Glück: Nachdem die UdSSR im April 1962 ihre Bewerbung zurückzog, kandidierte die Stadt erneut und wurde im November 1962 als Veranstalter der Expo '67 beim B.I.E. registriert. Ein Gesetz der zweiten Kammer des Bundesparlaments in Ottawa bildete das rechtliche Fundament für die im Dezember 1962 gegründete "Compagnie canadienne de l'Exposition universelle et internationale de 1967". Zum Generalkommissar berief man den Montrealer Geschäftsmann Paul Bienvenu. Bereits im Januar 1963 ergingen Einladungen an 150 ausländischen Nationen; bald darauf wurden zwei Inseln inmitten des Sankt-Lorenz-Stromes zum Ausstellungsgelände auserkoren und die ersten Baumaßnahmen eingeleitet. Nach dem Rücktritt Paul Bienvenus im September 1963 übernahm Pierre Dupuy, Botschafter Kanadas in Paris, das Amt des Generalsekretärs. Während mehrerer Reisen auf alle Kontinente entfachte er mit Erfolg eine Kampagne für die Weltausstellung: Bis Mitte 1965 sagten zweiundfünfzig Staaten ihre Teilnahme an der Expo '67 zu.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1967 in Montreal Die gescheiterte Avantgarde

Jahr:

1967

1

Stadt: Montreal Land:

Kanada

Dauer: 28. April - 27. Oktober 1967

Copyright: Baumeister, Bd. 64, Juli 1967, S 875

Konzept Ursprünglich hatte sich eine kleine Gruppe von Mitgliedern des Organisationskomitees das ehrgeizige Ziel gesteckt, die Nationenpavillons abzuschaffen. Sie entwarfen eine komplexe Struktur großer, etwas amorpher Themenpavillons, in denen die Länder je nach ihren Bedürfnissen sich mit eigenen Architekturen oder auch nur mit Ausstellungsbeiträgen hätten einbringen können. Jedes Gebäude sollte die Exponate in vertikaler und horizontaler Kontinuität vorführen, dort wo eine Firma oder ein Land einen speziellen Aspekt eines Themas hätte intensiver vorführen wollen, war die Möglichkeit zur Erweiterung der Gebäude vorgesehen. Dieses avantgardistische Konzept musste trotz des begeisterten Zuspruchs einiger ausländischer Teilnehmer an den wirtschaftlichen und politischen Realitäten scheitern. So blieb es bei der altbekannten Mischung aus Nationen- und Firmenpavillons, die durch die Themenausstellung ergänzt wurden. Die finanziellen Probleme, die im Laufe der Ausstellungsvorbereitung auftraten, ließen die für die Themenausstellungen vorgesehenen Gebäude zusehends schrumpfen und ihr Konzept verwässern. Nur einige Nationen beteiligten sich noch mit bedeutenden Exponaten, so wie Frankreich, das Relikte von Yves Cousteaus Unterwasserforschungen für den Komplex 'Der Mensch und das Meer' beisteuerte. Aus den Niederlanden kam ein Modell der Zuidersee, das die Fortschritte bei der Landgewinnung demonstrierte. Großfotos von Ozeanen und Tauchern in einem riesigen Glaszylinder veranschaulichten die Dimensionen der Unterwasserwelten. Das Problem einer jeden Themenausstellung war es daher, die gewiss beeindruckenden, aber auch relativ beliebigen Exponate und die bruchstückhaften Informationen zu einem einheitlichen, niveauvollen und grafisch ansprechenden Komplex zusammenzuführen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1967 in Montreal Eine Reise durch das Weltall

Jahr:

1967

Stadt: Montreal Land:

Kanada

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Dauer: 28. April - 27. Oktober 1967

Copyright: Progressive Architecture, Bd. 48, Juni 1967, S. 166

Attraktionen Auf dem Vergnügungspark La Ronde, der auf der östlichen Hälfte der Insel Sainte-Hélène untergebracht worden war, gab es nicht nur die üblichen Fahrgeschäfte, Restaurants und Bierhallen, einen Jachthafen und einen Nachbau des Forts Edmonton, das etwas Wild-West-Atmosphäre und Verruchtheit mit einer Stripteaseshow im Saloon heraufbeschwören sollte. Der Chefarchitekt der Expo '67, Eduard Fiset, und sein Team hatten mit großer Sorgfalt auch hier gearbeitet, kleinere Objekte wie Kassenhäuschen und auch größere Gebäude wie das Aquarium mit seiner Delphinschau nach einheitlichen Maßstäben entworfen. Die Perle des Geländes wurde das Gyrotron, in dem eine sechsminütige Reise durch das Weltall und in den Schlund eines Vulkans mit Hilfe von Klang- und Filminstallationen geboten wurde. Nachts wurde die Aluminiumrahmenkonstruktion in attraktives rotes Licht getaucht, tagsüber erstrahlte sie in gleißendem Silber.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1967 in Montreal Landgewinnung inmitten eines Flusses

Jahr:

1967

Stadt: Montreal Land:

Kanada

Dauer: 28. April - 27. Oktober 1967

1 2 3

Copyright: Progressive Architecture, Bd. 48, Juni 1967, S. 128f

Gel�nde Die Weltausstellung wurde in Hafennähe auf zwei Inseln inmitten des durch Montreal fließenden, 1.700 Meter breiten Sankt-Lorenz-Stromes errichtet. Der Landschaftsarchitekt Frederick G. Todd schlug vor, die Insel Sainte-Hélène, die als Naturerholungspark für die Stadtbewohner genutzt wurde, zu erhalten und durch Aufschüttungen für die neuen Gebäude zu erweitern. Südlich davon wurde in Ufernähe die Insel Notre-Dame neu angelegt. Monatelang wurde aus dem Fluss Bodenschlick gefördert und mit Lastwagen zum künftigen Ausstellungsgelände transportiert. Insgesamt 1,2 Millionen Kubikmeter Erde mussten bewegt werden, um 120 Hektar Neuland zu gewinnen. Den dritten Teil des Ausstellungsgeländes bildete der Mackay Pier am Hafen, der ebenfalls erweitert und in Cité du Havre umbenannt wurde. Auf dieser Halbinsel errichtete man die städtebaulich innovative Wohnanlage Habitat 67, Verwaltungsgebäude, das Stadion und das Expo-Theater. Die Inseln wurden über Brücken miteinander verbunden. Entsprechend der abwechslungsreichen Geländestruktur wurden die Pavillons in vier Gruppen eingeteilt, zwischen denen sich Wasser- oder Grünanlagen befanden. In die Planungen eingeschlossen waren über 600 Projekte zur Verbesserung der Infrastruktur in der gesamten Provinz, wie die Errichtung von Park- und Wohnanlagen, Kulturzentren und eine grundlegende Erneuerung und Erweiterung des öffentlichen Nahverkehrs. Dazu zählte auch der Bau einer Autobahn und der Concordia-Brücke über den Fluss und die großzügige Erweiterung der U-Bahn. Um den Besuchern den Zugang zum Ausstellungsgelände zu erleichtern, wurde eine Haltestelle am Hauptparkplatz und eine auf der Insel Sainte-Hélène eröffnet. Alle drei Inseln wurden außerdem mit dem Expo-Express, einem computergesteuerten Nahverkehrsschnellzug an den vier wichtigsten Punkten der Ausstellung verbunden. Von hier konnte man in Monorailbahnen, schienenlose Kleinzüge, Vaporetti, motorbetriebene venezianische Gondeln und Fahrradrikschas umsteigen, um sich auf dem Gelände fortzubewegen. Die Monorailbahnen fuhren manchmal mitten durch die Pavillons hindurch. Die Wege und Straßen innerhalb der Ausstellung waren für Fußgänger reserviert. Für die Expo '67 wurde ein grafisches Leitsystem entworfen, das den Besuchern die Orientierung auf dem Gelände erleichtern sollte. Bei der Verwendung eines einheitlichen Schrifttyps wie auch bei der Gestaltung der Straßenmöblierung, der Bänke, Telefonzellen, Straßenlampen und Abfalleimer, sorgte ein strenger Formwille für eine wohltuend sachliche Gestaltung des Expo-Geländes.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1967 in Montreal Raumtragwerke und Zeltdächer

Jahr:

1967

Stadt: Montreal Land:

Kanada

Dauer: 28. April - 27. Oktober 1967

1 2 3 4

Copyright:

Architektur Die Architektur der Expo '67 wurde von der zeitgenössischen Kritik wohlwollend rezensiert. Gewiss, es gab auch in Montreal die bei Weltausstellungen üblichen Tricks und Ablenkungsmanöver der Architekten zu beobachten, die vor allem spektakuläre Raumeindrücke unter Verschleierung der oft nur konventionellen Konstruktionen bieten wollten. So sah der französische Pavillon von außen wie eine in sich verdrehte, auseinanderstrebende Spirale aus, bot im Inneren rund um ein mit Kabeln verspanntes, zum Oberlicht hin geöffnetes Treppenhaus die größte Ausstellungsfläche, war aber von seiner Konstruktion her nur ein ganz gewöhnlicher Betonfachwerkbau. Auch der Versuch der Japaner, traditionelle Bauformen überdimensioniert in Beton nachzuahmen und durch Beleuchtung von innen schwerelos erscheinen zu lassen, fand kaum Beifall. Insgesamt aber beherrschten Leichtbaukonstruktionen die Ausstellungsarchitektur. Der temporäre Charakter der Expo '67 wurde bei vielen Pavillons durch den Einsatz schnell zu montierender und auch wieder abzubauender Gerüste betont. Am beliebtesten waren Raumfachwerke aus Stäben und Verbindungsknoten zusammengesetzte Konstruktionen -, die nur wenige Auflagenpunkte benötigten und ein hohes Maß an Stabilität aufwiesen. Meist wurden die Dächer und Wände aus kleinen, selbsttragenden Einheiten, die zu beliebigen Figuren zusammengesetzt werden konnten, entwickelt. Durch den Einsatz neuer Baustoffe - der kanadische Konzern Alcan etwa subventionierte großzügig Gebäude, die mit Aluminiumgerüsten und -platten gebaut wurden - ließen sich größere Spannweiten als je zuvor überdachen. Allerdings führte die Leichtigkeit, mit der nun die Formen gebildet werden konnten, zumeist dazu, dass die äußere Erscheinung eines Pavillons nur sehr wenig mit dessen Innenarchitektur und auch der Ausstellungspräsentation zu tun hatte. Der Wettstreit der Nationen verlagerte sich in Montreal von der Konkurrenz um das innovativste und aufwendigste Exponat hin zu einem Schönheitswettbewerb um den aufregendsten Pavillon. Der italienische und der sowjetische Pavillon konkurrierten um den Preis für das größte freitragende Dach; Kuba und Venezuela zeigten die schlichtesten Ausstellungskisten; der britische Pavillon versuchte durch rüde Asbestplattenverkleidung und den höchsten, von einem dreidimensionalen Union Jack bekrönten Turm zu gefallen; die Kanadier schließlich boten gleich einen ganzen Gebäudekomplex für ihre Selbstdarstellung an, flankierten ihn mit Pavillons für die einzelnen Bundesländer und krönten ihn mit dem Katimavik (benannt nach dem Eskimowort für einen Versammlungsort), einer auf die Spitze gestellten Pyramide, die als Aussichtsturm diente. Der Pavillon der UdSSR beeindruckte durch eine klare Konstruktion im Stil der 50er Jahre: auf zwei gewaltigen, V-förmigen Stützen ruhte das nach hinten abfallende, weit auskragende, über 900.000 Quadratmeter große Dach aus Aluminiumplatten. Von hier konnte eine Glasfassade mit dünnen Stahlprofilrahmen abgehängt werden. Im Inneren wurden drei Ausstellungsgeschosse eingezogen, die durch Überschneidungen, Öffnungen und Galerien auch optisch miteinander verbunden wurden. Die drei


Ebenen erleichterten die Präsentation der sehr unterschiedlichen Exponate, die mit naturgetreuen Modellen, Diagrammen und Statistiken lehrreich ergänzt wurden. Besonders zugkräftig war die dritte Ebene, die den Beitrag der Sowjetunion zur Erforschung des Weltraums darstellte. Das Original der Weltraumkapsel, mit der Juri Gagarin als erster Mensch die Erde umkreist hatte, war ständig umlagert. Der Pavillon zog über 13 Millionen Besucher an und gehörte zu den größten Publikumsattraktion der Expo '67.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1967 in Montreal

Jahr:

1967

1

Stadt: Montreal Land:

Kanada

Dauer: 28. April - 27. Oktober 1967

Copyright:

Kommentare Sibyl Moholy-Nagy: Expo '67 Praktisch gesehen ist diese Darbietung eine Kakophonie von architektonischen FUN HATS - komischen Hüten, in Stahl, Beton, Stein, Holz, Plexiglas und Kunststoff, symbolisch unterstrichen durch unzählige Verkaufsbuden, die groteske Kopfbekleidungen in unüberbietbarer Albernheit anbieten. Die letzte Weisheit der Dewey'schen Erziehungsphilosophie: dass Lernen Spiel sein sollte, hat hier ihre sublimierte Widerlegung gefunden. Es besteht nämlich nicht die geringste Beziehung zwischen der Form und dem Ausstellungsmaterial der Pavillons, von einigen Ausnahmen abgesehen. (...) Im Rahmen der technischen Experimente und Verwirklichungen ist Fullers kolossale Seifenblase bei weitem die überholteste. Niemand wird leugnen, dass der geodätische Dom den größten Kubikinhalt mit dem geringsten Materialaufwand umschließen kann, aber wir wissen auch, dass es nicht nur das kostspieligste, sondern auch das unvariabelste Struktursystem ist. Wie Gertrude Stein so richtig bemerkte: Ein Tetraeder ist ein Tetraeder ist ein Tetraeder - und es gibt nur eine einzige Lösung, sie zu einer Kugel zusammenzufügen, die schon Leonardo da Vinci bekannt war. Der Propagandalärm hat nur mit einer Eigenschaft des amerikanischen Prunkpalastes zu tun - Größe! Es ist der größte geodätische Dom (20 Stockwerke hoch, 76 m Durchmesser), der teuerste Dom (9,3 Millionen Dollar) und - was will man mehr? - der leerste geodätische Dom." Quelle: Bauwelt, Bd. 58, 1967, Nr. 28/29, S. 687-696, hier S. 688 und 692.

O.A: Habitat Das Habitat benannte und von Moshe Safdie entwickelte Wohnungsprojekt der Expo kann aus mehreren Gründen gelobt werden: als ein visuell beeindruckendes Ausstellungsobjekt; als Vehikel, den Besuchern Möglichkeiten des Planens, Entwerfens und Bauens von Wohnungen vorzuführen und ihnen zu demonstrieren, wie viele Alternativen es zu dem Althergebrachten gibt; als Mittel, die Richtigkeit neuer Techniken des vorfabrizierten Bauens zu erproben. Die Tatsache, dass dieser Versuch ökonomisch bedeutungslos ist, - die Kosten für jede gebaute Wohnung bewegen sich in der Luxuskategorie - kann in diesem Kontext nicht berücksichtigt werden. Der Zweck der Ausstellung ist es, Experimente in Bereichen vorzuführen, die in anderen Zusammenhängen ökonomisch nicht gerechtfertigt wären. Als Pilotprojekt betrachtet, haben die Habitathäuser bereits demonstriert, dass einige Aspekte neu untersucht werden müssten, falls das Experiment einen wirklichen Beitrag zum Wohnungsbau leisten soll - jenseits der Notwendigkeit, das ökonomische Fundament rationeller einzurichten. (...) Der bereits jetzt erkennbare Hauptfehler des Entwurfs ist das Fehlen von Privatheit - allzu viele Dachterrassen und selbst Wohn- und Schlafzimmerfenster wurden zu nah aneinander gerückt. Selbst wenn eine ausführliche Analyse noch


aussteht, so ist klar, dass der Hauptfehler der technischen Realisierung darin liegt, dass der ursprünglich beabsichtigte, hohe Grad der Vorfabrikation (es war vorgesehen, bereits vor der Platzierung der Baukörper alle Installationen und Einbauten abzuschließen) sich als nicht praktikabel erwies. Die Montage der vorfabrizierten Baukörper dauert länger als ihre Herstellung, was einen ökonomischen Arbeitsablauf erschwert. Auch scheint die frühere Begeisterung über die vermeintlich unbegrenzten Möglichkeiten der Montage der Boxen, die es erlauben sollten, Siedlungen unterschiedlichen Aussehens und verschiedener Größen zu erbauen, dazu geführt zu haben, dass nahezu jede Box neu entworfen werden musste. Der Vorteil, standardisierte Komponenten einsetzen zu können, wurde dadurch erheblich gemindert. Quelle: Architectural Review, Bd. 142, August 1967, S. 143-146, hier S. 143.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1967 in Montreal Der Mensch im Mittelpunkt

Jahr:

1967

1

Stadt: Montreal Land:

Kanada

Dauer: 28. April - 27. Oktober 1967

Copyright: Architectural Review, Bd. 142, Nr. 846, August 1976, S. 99

Thema Mit einer Konferenz führender Intellektueller, Universitätsangehöriger, Künstler und Schriftsteller begann im Mai 1963 in Quebec die konzeptionelle Arbeit am Ausstellungsthema. Dieser 'Braintrust' suchte nach einer modernen, die ganze Entwicklung der Menschheit erfassenden Aufgabenstellung für die Expo '67. Nicht mehr der wissenschaftliche, technologische und industrielle Fortschritt allein, sondern auch die soziale Verantwortung des Menschen und der gewissenhafte Umgang mit der Umwelt sollten in der Ausstellung gezeigt und gefördert werden. Die Kommission fand das passende Leitmotiv im Titel des Roman "Terre des Hommes" von Antoine de Saint-Exupéry; ins Deutsche übersetzt wurde es mit "Der Mensch und seine Welt". Saint-Exupéry definierte in seinem Buch den für ihn wesentlichen Charakterzug eines Menschen: "Ein Mensch zu sein, bedeutet zu spüren, dass man durch den eigenen Beitrag die Welt erbauen hilft." ["To be a man is to feel that through one's own contribution one helps to build the world."] Das Motto wurde für die Themenausstellungen in neun Pavillons mit siebzehn Bedeutungskreisen aufgefächert, die den Menschen in all seinen Wirkungsbereichen vorführen sollten: als Schöpfer und Forscher, als Produzenten und Erzeuger, als Gemeinschaftswesen. Sie zeigten die Bedingungen des menschlichen Lebens und setzten sich mit seiner Gesundheit und dem Schutz seiner Umwelt auseinander. Humanitäre Ziele und Grundsätze gewannen angesichts des technologischwissenschaftlichen wie auch des politisch-wirtschaftlichen Wettbewerbs zwischen den Nationen und Machtblöcken in den sechziger Jahren an Bedeutung, und so wurde die Völkerverständigung als Ziel der Veranstaltung definiert. Damit stand man in der Tradition der Brüsseler Weltausstellung, doch angeboten wurden wiedervor allem technikorientierte und dirigistische Lösungen für die Probleme der Menschheit. Natürlich wurde auch versucht, im Logo für die Expo '67 das Thema gleichnishaft auszudeuten. Julien Hébert, ein Grafikdesigner aus Montreal, verwendete dafür ein uraltes, grafisch eingängiges Symbol für Menschen, die von ihm paarweise in einem Kreis arrangiert wurden. Dieses leicht zu verstehende Zeichen für die Zusammenkunft der Menschheit erfreute sich großer Beliebtheit. Wahrzeichen der Weltausstellung sollte die über zwanzig Meter hohe und 60 Tonnen schwere, 23 Meter hohe Plastik 'Der Mensch' von Alexander Calder sein, die der Künstler in rostfreiem Stahl für den kanadischen Nickelkonzern entworfen hatte. In einfachen, stark abstrahierten Scheibenformen stellte sie eine Menschengruppe dar, die durch parabelförmige Platten und Stützen zusammengehalten wurde. Die Pavillons für die Themenausstellungen folgten zumeist dem allgemeinen Trend der Expo '67, große stützenlose Innenräume mit Hilfe leichter Raumtragwerke zu überdachen. Im Pavillon 'Mensch und Gemeinschaft' der Architekten Erikson & Massey wurde das Dach mit Hilfe von sechseckigen, übereinander gestapelten Balkenkränzen gebildet, die sich nach oben parabelförmig verjüngten. Da die Balkenkränze versetzt angeordnet wurden, entstanden Zwischenräume, die mit Lattenrosten und


gewellten, halbdurchsichtigen Plastiksegmenten gedeckt wurden. Der Blick in den tiefen Trichter bis in Dachspitze ließ bei manchem Besucher Schwindelgefühle aufkommen. Diese gewagte Konstruktion überdachte eigentlich nur einen mit Wasserflächen, wenigen Bänken und Pflanzen möblierten Ruheraum, die eigentlichen Ausstellungshallen wurden dahinter auf einem hexagonalen Grundriss errichtet und ebenfalls mit einer Balkendeckenkonstruktion überdacht.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1967 in Montreal Zum Nutzen der Menschheit und der Stadt

Jahr:

1967

1

Stadt: Montreal Land:

Kanada

Dauer: 28. April - 27. Oktober 1967

Copyright:

Bilanz Zur Weltausstellung wurde zeitgleich ein 'World Festival' veranstaltet, ein sechsmonatiges Kulturfest, dass mit über 20.000 Veranstaltungen für weiteren Besucherzustrom sorgte. Von Ballett- und Theatervorführungen bis hin zu Konzerten und beliebten Musicals wie 'Hello Dolly' wurde insgesamt 16,5 Millionen Besuchern eine reichhaltige Palette arrivierter Hochkultur präsentiert, für die eigens ein Expo-Theater auf dem Ausstellungsgelände errichtet wurde. Bei den Besucherzahlen für die Expo '67 wurde beinahe der Rekord der Pariser Weltausstellung 1900 eingestellt. Nie hatten mehr als die 62 diesmal teilnehmenden Nationen bei einer Weltausstellung mitgemacht. Die Expo '67 kostete viermal soviel wie die Weltausstellung in Brüssel 1958. Aber die großen Anstrengungen zur Verbesserung der Infrastruktur sollten sich aber langfristig für Montreal auszahlen. Das neue Land und einige Gebäude auf der Insel Notre-Dame konnten für die Olympischen Sommerspiele 1976 und die Gartenbauausstellung Floralie 1980 nochmals verwendet werden. Auch einige Themenpavillons und die Gebäude in der Cité du Havre, wie etwa das Kunstausstellungsgebäude (in dem allerdings nie wieder eine solch beeindruckende und wertvolle Präsentation von Kunstwerken aus der ganzen Welt stattfinden sollte) wurden weiter genutzt. Das Vergnügungsgelände La Ronde wurde, kontinuierlich um weitere Attraktionen ergänzt, auch in den folgenden Jahren von den Bürgern Montreals intensiv frequentiert. Die neue Metro erschloss in der Stadt ein System unterirdischer Einkaufszentren, Passagen und Tiefgaragen, die in den folgenden Jahrzehnten kontinuierlich ausgebaut wurden. Nun kann man den strengen kanadischen Wintern entgehen, und muss - wenn man es nicht unbedingt will - wochenlang nicht mehr nach draußen gehen... Die Weltausstellung wies mit ihren neuen architektonischen Raumstrukturen und den innovativen Verkehrskonzepten bis hin zu den Weltraumfahrtvisionen einen technologischen Weg für die Bewältigung der zukünftigen Zivilisationsprobleme. Der Mensch und seine Welt - das bedeutete bei der Expo '67 immer noch: Der Mensch beherrscht die Natur.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1967 in Montreal

Jahr:

1967

1

Stadt: Montreal Land:

Kanada

Dauer: 28. April - 27. Oktober 1967

Copyright:

Bibliographie O.A., The Architect's Expo. In: Progressive Architecture. Bd. 48, Juni 1967, S. 126-167. O.A., Brilliantly Ordered Visual World. Expo '67. In: Architectural Record. Bd. 142, Juli 1967, S. 115-126. O.A., Expo '67. A special issue of the Architectural Review. Bd. 142, August 1967, Nr.846. O.A., Expo '67 Montreal - Deutscher Pavillon. Dokumentation über das Bauwerk, Düsseldorf 1967. Thérèse Bernard (Hg.), Expo '67. Official Guide, Toronto 1967. André Bouchet, L´exposition universelle et internationale. Expo67 à Montreal. In: La Technique des Traveaux. Bd. 43, Juli-August 1967, S. 194-218 und September-Oktober 1967, S.277-297. Canadian Corporation for the World 1967 Exhibition, General Report on the 1967 World Exhibition, Ottawa 1969. Denys Chevalier, Les Arts Plastiques à L'Exposition universelle de Montreal. In: Jardin des arts. Bd. 154, 1967, S. 72-85. Pierre Dupuy, Expo 67 ou la découverte de la fierté, Montreal 1972. Robert Elie, Man and his World. International Fine Arts Exhibition. Expo '67, National Gallery of Canada, Montreal 1967. Robert Fulford u.a., Portrait de l'Expo, Toronto 1968. Jean-Louis de Lorimor (Hg.), Expo '67. Memorial Album of the First Category Universal and International Exhibition, Montreal 1968. Sibyl Moholy-Nagy, Expo '67. In: Bauwelt. Bd. 58, 1967, Nr. 28-29, S. 687-696. Paulhans Peters, Expo 67. In: Baumeister. Bd. 64, Juli 1967, S.851-879. Guy Robert, International Exhibition of Contemporary Sculpture, Montreal 1967. Werner Ruhnau, Lobbrief auf Klimaschutzhüllen, oder auch: ein Contra auf Sibyl Moholy-Nagy's ExpoKritik. In: Bauwelt. Bd. 58, 1967, Nr. 34-35, S. 854f.


Peter von Siemens (Hg.), Deutschland heute. Expo '67 Montreal, DĂźsseldorf 1967. Nicholas Taylor, Crowd scenery at Expo. In: Design. Bd. 224, 1967, S. 22-36. Karin Wilhelm, Architekten heute. Portrait Frei Otto, Berlin 1985.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1967 in Montreal Gestapelt wie Bauklötze - Die experimentelle Siedlung Habitat

Jahr:

1967

1

Stadt: Montreal Land:

Kanada

Dauer: 28. April - 27. Oktober 1967

Copyright: Architectural Review, Bd. 142, Nr. 846, August 1967, S. 147

Wohnungsbau Die Habitat genannte Wohnanlage auf der Halbinsel Cité du Havre war der Versuch, dem Wohnungsbau mit einem konsequent nach dem Baukastenprinzip gestalteten Entwurfsverfahren neue Anregungen zu liefern. Es sollten dabei nicht nur die individuellen Bedürfnisse unterschiedlichster Bewohner unter Beibehaltung hoher Wohndichte berücksichtigt werden, sondern auch moderne und kostengünstigere serielle Herstellungsverfahren für das Baugewerbe erprobt werden. In einer eigens dafür errichteten Fabrik ließen die Architekten, der nur 29jährige Moshe Safdie und sein Kollege David Barrott, Betonboxen mit fünf mal elf Metern Kantenlänge und drei Metern Höhe gießen. Von den ursprünglich geplanten 1350 Kisten wurden aus Kostengründen nur 354 Raumelemente vorfabriziert und mit Spezialfahrzeugen zur Baustelle transportiert. Zunächst plante Safdie die 85 Tonnen schweren Boxen an riesigen, umgekehrten V-förmigen Betonträgern aufzuhängen. Doch nach einer Revision des Entwurfes wurden die Einheiten nur noch mit einem Kran wabenartig zu einer komplexen zwölfgeschossigen Struktur übereinander gestapelt. Asymmetrische Auskragungen, auf denen Dachterrassen und Loggien eingerichtet wurden, konnten durch nachgespannte vertikale Kabel gesichert werden. Was im Detail scheinbar wie beliebig zusammengesetzt wurde, ergab in der Gesamtform eine dynamischrhythmische Struktur, die einen spannungsvollen Kontrast zu den historischen Hafenanlagen bildete. Je nach Kombination der Kisten konnten fünfzehn verschiedene Wohnungstypen - vom EinzimmerApartment bis zur Luxuswohnung über zwei Etagen - angeboten werden, die alle über Klimaanlagen verfügten und mit einer Zentralheizung versorgt waren. Letztendlich entstanden für 700 Bewohner 158 Wohnungen, die so geschichtet waren, dass alle über Terrassen und ausreichend Licht verfügten. Innen- und Außenräume der Wohnungen wurden geschickt miteinander verzahnt. Zwischen die Wohnkisten schob sich auf allen Ebenen ein System von mit Plexiglas überwölbten 4,57 Meter breiten Fußgängerwegen, den 'sky streets'. Im Erdgeschoss wurden Parkplätze angelegt, dort verlief auch die Versorgungsstraße. Angegliedert waren ein über 3.720 Quadratmeter großer Spielplatz mit einem großen See, der die Klimaanlage des Gebäudes versorgte. Einige Wohnungen waren möbliert und standen während der Expo '67 zur Besichtigung offen. Ferner dokumentierten Modelle das neuartige Herstellungsverfahren der Baustruktur, zeigten, wie die Kisten armiert, gegossen und transportiert worden waren. Habitat musste natürlich im Laufe der Jahre den Anforderungen an modernes Wohnen angepasst werden, doch ist es, vor allem wegen der Lage am Flussufer immer noch ein beliebtes Wohnquartier. Inzwischen sorgt eine Mieterversammlung in Selbstverwaltung für den Erhalt des Gebäudekomplexes.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1967 in Montreal Der US-Pavillon von Buckminster Fuller

Jahr:

1967

Stadt: Montreal Land:

Kanada

Dauer: 28. April - 27. Oktober 1967

1 2 3

Copyright:

Der US-Pavillon Mit dem US-Pavillon konnte Buckminster Fuller seine größte geodätische Kuppel verwirklichen. Schon in den fünfziger Jahren hatte der visionäre und wortgewaltige Architekt mit räumlichen Tragwerken experimentiert, die für stützenfreie und gleichzeitig klimatisch geschützte Räume in gewaltigen Dimensionen sorgen sollten. Die Kuppel für Montreal stützte sich auf Stahlsockeln, die im 60 Zentimeter starken Ringfundament aus Stahlbeton eingelassen waren. Das Tragegerüst bestand aus einem Leichtbaugestänge, das über Knotenpunkte zusammengeschweißt wurde. Insgesamt mussten die Stäbe mit 5.900 Knoten, von denen es 82 verschiedene Typen gab, verbunden werden. Das Raumfachwerk setzte sich an der Außenseite aus Dreiecken an der Innenseite aus Sechsecken zusammen. Am inneren Rahmen wurden 1.900 gewölbte Acrylglassegmente in die Sechsecke eingepasst. Diese netzartige, filigrane Struktur fügte sich in fünfmonatiger Bauzeit zu einer 61 Meter hohen Dreiviertelkugel mit 76,25 Metern Durchmesser. Per Computer wurde die komplexe Konstruktion errechnet, berücksichtigt werden mussten dabei Trage-, Wind- und Schneelasten ebenso wie die Öffnungen für Eingänge und Durchlässe für die Monorailbahn, die mitten durch die Kuppel fuhr. Es entstand ein lichtdurchfluteter Innenraum von 190.000 Kubikmetern Volumen, in den etwas grobschlächtige, mehrgeschossige Einbauten aus Betonstützen und -platten mit Rolltreppen eingezogen wurden. Diese Ausstellungsplattformen standen wie eine Großplastik frei im Raum, ohne die beinahe schwerelos wirkende Kuppel zu berühren. Um das Sonnenlicht und die Hitze zu steuern, wurden die Scheiben grün und bronzen getönt. Zusätzlich waren einige Segmente im Zenit der Kuppel mit Sonnensegeln aus aluminiumbeschichtetem Gewebe ausgestattet worden, die sich mit einem Motor je nach dem Sonnenstand entfalteten. Besonders reizvoll sah der Pavillon nachts aus, wenn die Kugel von Innen heraus wie ein facettierter Kristall strahlte.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1967 in Montreal Der deutsche Pavillon von Frei Otto

Jahr:

1967

Stadt: Montreal Land:

Kanada

1 2

Dauer: 28. April - 27. Oktober 1967

Copyright:

Der deutsche Pavillon Ein Zelt als Ausstellungsgebäude hatte es bisher auf Weltausstellungen noch nicht gegeben. Dabei drängte sich diese Konstruktionsform, als leichte, schnell montierbare und beliebig formbare Struktur für temporäre Ausstellungszwecke geradezu auf. Unter dem Vorsitz von Egon Eiermann, der für den deutschen Pavillon in Brüssel 1958 zuständig gewesen war, wählte eine Jury 1965 einen Entwurf für den deutschen Beitrag in Montreal von Frei Otto und Rolf Gutbrod aus, der diesen Anforderungen ideal entsprach. An der Spitze der Insel Notre-Dame waren 8.000 Quadratmeter zu überdachen. Otto und Gutbrod legten ein Stahlseilnetz über acht bis zu 38 Meter hohe Stützen. An drei Punkten wurde das Netz bis zum Boden gezogen, um das Regenwasser abzuleiten. So entstand eine frei bewegte Dachlandschaft mit dynamischeleganten Kurven, die den Kräftelinien folgten - dies war der unmittelbare Vorläufer für die Dächer des Münchner Olympiageländes 1972. Mit 30 Randseilen wurde die Konstruktion stabilisiert, sie leiteten mit Schlaufen die Zugkräfte in massive, skulptural gestaltete Betonfundamente ab. Die Maschen des komplett in Deutschland produzierten und vor Ort aufgespannten Netzes maßen 50 Zentimeter im Quadrat, so konnte es während der Montage bequem bestiegen werden. Darunter wurde mit Kleeblatttellern eine Membran aus PVC-beschichtetem, teils durchsichtigem, teils lichtdurchlässigem Polyestergewebe gespannt. Zahlreiche Modellversuche und Computerberechnungen waren nötig, um die bei dieser innovativen Konstruktion auftretenden Belastungen und Kräfte abschätzen zu können. Dabei sah Frei Otto diesen Entwurf nur als Vorstufe für größere Projekte an. Der Kontaktarchitekt Ottos in Kanada kolportierte Journalisten, dass er mit seinen Zelten zwei Täler in der Schweiz überdachen wolle. Der Raumeindruck im Inneren des Pavillons wurde natürlich durch die außergewöhnliche Dachlandschaft bestimmt. Die Schwünge und steilen Kurven der weißen Haut hoben jedes Gefühl für Distanzen und Maßstäbe auf. Ursprünglich hatten Otto und Gutbrod geplant, eine grüne Parklandschaft unter das Zelt zu schieben, um die Probleme der Klimatisierung leichter meistern zu können. Davon blieben aber nur einige Wasserflächen übrig; außerdem konnten an den Rändern die Zeltbahnen zur Durchlüftung hochgeklappt werden. Für die Exponate musste eine eigenständige Architektur aus Plattformen, Stegen, Treppen und geschlossenen Kuben aus Stahlfachwerk eingebaut werden. Die starren Rechteckformen standen in gewolltem Kontrast zum Zeltdach und ermöglichten den Besuchern einen freien, nicht gelenkten Zugang zur Ausstellung. Der Raum erwies sich allerdings als zu groß für die Exponate, deren Präsentation nicht weniger als zwölf Designern überlassen worden war. Also wetteiferten Fotowürfel, blasenförmige Diaprojektionen, Litfasssäulen und semitransparente, schwebend aufgehängte Schrifttafeln um die Aufmerksamkeit der Besucher. Viele kleine, durchaus ansprechend gestaltete Einzelheiten und Exponate, vom Lufthansa-Essbesteck bis zu Gutenbergs Druckpresse, mussten allzu aufwendig präsentiert werden; es fehlte ein Koordinator, der der kühnen äußeren Form ein entsprechendes Ausstellungskonzept hätte


entgegen stellen mĂźssen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1970 in Osaka Fortschritt und Harmonie

Jahr:

1970

1

Stadt: Osaka Land:

Japan

Dauer: 15. M�rz - 13. September 1970

Copyright:

Einleitung Bei der ersten asiatische Weltausstellung sollte der technologische Fortschritt kritisch gewürdigt und nicht mehr nur einseitig gefeiert werden. Von den 77 teilnehmenden Nationen waren Diskussionsbeiträge für eine nach menschlichen Maßstäben geplante, friedliche Zukunft erbeten worden. Dafür stellte das Expogelände mit dem von Kenzo Tange entworfenen zentralen Symbolbereich einen Denkanstoß bereit. Unter einem riesigen, 300 Meter langen Raumtragwerk wurde in der Themenausstellung die Evolution der Menschheit vorgeführt und boten Japans führende Wissenschaftler und Architekten Ausblicke auf die Welt von morgen. Ebenfalls wegweisend war Tanges Gestaltung des Expogeländes, mit seinem vielschichtigen Beförderungssystem für die Bewältigung des Besucherandrangs.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1970 in Osaka

Jahr:

1970

1

Stadt: Osaka Land:

Japan

Dauer: 15. M�rz - 13. September 1970

Copyright:

Daten Offizielle Bezeichnung: Nippon Bankoku Hakurankai Japan World Exposition (Expo �70) Dauer: 15. März - 13. September 1970 (183 Tage) Eröffnung: 14. März 1970 , 11 Uhr Thema: Jinrui no Shinpo to Chowa (Fortschritt und Harmonie für die Menschheit) - Hin zu größerer Lebensfreude - Für eine bessere Nutzung der Natur - Für eine bessere Organisation des Lebens - Für besseres gegenseitiges Verständnis Träger: The Japan Association for the 1970 World Exposition Präsident: Taizo Ishizaka Ort: Hügel von Senri bei Osaka, Japan Fläche: 330 Hektar, davon 228 Hektar Ausstellungsfläche, 186 Hektar für ausländische Aussteller Eingeladene Teilnehmer: 126 Länder und 21 internationale Organisationen Teilnehmer: 77 Länder, vier internationale Organisationen, 32 japanische Unternehmen und öffentliche Institutionen sowie 10 Provinz- und Städtepavillons, insgesamt 1.040 Aussteller Besucher: 64.218.770, davon 62.515.770 Japaner und 1,7 Millionen Ausländer; 835.832 Besucher am 5. September Eintrittspreis: 800 Yen (= 2,17 US-Dollar) Kosten: Baukosten: 36.891.240.784 Yen Betriebskosten: 52.219.664.871 Yen Gewinn: 19.439.402.017 Yen (= 52.820.000 US-Dollar) Gebäude: 32 japanische und 84 ausländische Pavillons


Klassifikation: 9 Sektionen, 56 Gruppen, 320 Klassen

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1970 in Osaka Neuer Anlauf nach dem Krieg

Jahr:

1970

1

Stadt: Osaka Land:

Japan

Dauer: 15. M�rz - 13. September 1970

Copyright:

Vorgeschichte Nachdem die Planungen für eine japanische Weltausstellung 1912 wegen des Todes de Kaisers Meji und 1940 wegen des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges abgebrochen werden mussten, begann man 1963 erneut mit Planungen für eine Weltausstellung auf japanaischem Boden. Dieser dritte Versuch wurde im Mai 1965 beim Bureau International des Expositions (B.I.E.) in Paris offiziell registriert. Nicht nur die zwei vergeblichen Anläufe, sondern vor allem der wirtschaftliche Aufstieg Japans nach dem Krieg und die erfolgreiche Ausrichtung der Olympiade in Tokio 1964 hatten zu dieser Entscheidung des B.I.E. beigetragen. Das hochindustrialisierte Osaka, die zweitgrößte Stadt Japans, sollte Gastgeber der erste Weltausstellung in Asien sein. Die Hügel von Senri, einer Satellitenstadt etwa 15 Kilometer nördlich der Stadt, wurden zum Gelände der Ausstellung bestimmt, die unter dem Motto "Progress and Harmony for Mankind / Fortschritt und Harmonie für die Menschheit" stehen sollte. Während die japanische Regierung für die Finanzierung und Kontrolle zuständig war, wurde die neugegründete �Japan Association for the 1970 World Organisation� mit der Vorbereitung, Planung und Durchführung der Ausstellung beauftragt. Im Oktober 1966 legten Kenzo Tange, Uzo Nishiyama und Kazumi Iinuma den Masterplan für die Geländenutzung vor. Für die Errichtung des Ausstellungsgeländes wurde ein Komitee unter der Leitung von Shigeru Ito einesetzt. Im Januar 1968 lagen die endgültigen Konstruktionspläne vor. Am 14. März 1970 wurde die Expo '70 durch den Kaiser und die Kaiserin von Japan eröffnet.

Planungsetappen: 23.4.1964 Gisen Sato, Gouverneur von Osaka, und Daizo Odawara, Präsident der Industrie- und Handelskammer von Osaka, fordern in einem Brief an die japanische Regierung die Ausrichtung einer internationalen Ausstellung in Osaka 8.1.1965 Japan ratifiziert die Konvention von 1928 über die internationalen Ausstellungen 3.4.1965 Das Ministerium für internationalen Handel und Industrie bestimmt als Ort der Ausstellung die Hügel von Senri 12.5.1965 Die japanische Ersuchen, eine internationale Ausstellung in Osaka 1970 auszurichten, wird offiziell vom BIE akzeptiert 15.10.1965 Schaffung der "Japan Association for the 1970 World Exposition" 2.11.1965 Die "Association" hält ihre erste Direktorenversammlung ab und entscheidet über das


Grundkonzept für das Thema der Ausstellung 25.11.1965 Taizo Ishizaka wird zum Präsidenten der "Association" berufen 7.4.1966 Versammlung des Komitees für das Thema der Ausstellung, die über die Errichtung eines Themenpavillons in Zusammenarbeit mit allen Nationen entscheidet 11.5.1966 Offizielle Registrierung der Ausstellung durch das BIE 3.9.1966 Das Außenministerium lädt alle Länder und alle durch Japan anerkannten internationalen Organisationen offiziell zur Teilnahme an der Ausstellung ein 15.3.1967 Grundsteinlegung 15.3.1968 Kronprinz Akihito wird Ehrenpräsident der Ausstellung 31.10.1068 Beginn des Verkaufs von Eintrittskarten 5.12.1969 Der Premierminister Eisaku Sato wird Präsident der Ausstellung

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1970 in Osaka Die Pavillons

Jahr:

1970

1

Stadt: Osaka Land:

Japan

Dauer: 15. M�rz - 13. September 1970

Copyright:

Architektur Das Regelwerk der "Japan Association for the 1970 World Exposition" sah keinerlei Vorschriften für Größe und Höhe der Pavillons vor. Stattdessen wurde empfohlen, die Gebäude so einzigartig, farbenprächtig und ausdrucksvoll wie möglich zu gestalten, damit die Expo-Strukturen durch ihr Flitterwerk wie ein Weihnachtsbaum geschmückt würden. Die meisten Architekten kamen diesen Anforderungen entgegen. Besonders die Gebäude der großen japanischen Unternehmen reizten die Kommentatoren zu drastischen Kommentaren. Die konstruktiv neuartigen, parabelförmigen Luftbögen des Fuji-Pavillons wurden mit einem gigantischen Kaffeekannenüberzug oder einem knallbunten Planwagen verglichen, der Pavillon der Mitsui-Gruppe erinnerte angeblich an einen Riesenstaubsauger mit Schleusen, der äußerlich als Stahl-Beton-Kopie einer traditionellen japanischen Pagode gestaltete Komplex der Furukawa-Gruppe bot in seinem Inneren modernste Computerelektronik. Die größten ausländischen Pavillons errichteten die Sowjetunion und die USA, denen die prominentesten und größten Bauplätze zugestanden worden waren. Das amerikanische Gebäude des Architektenbüros Davis-Brody konnte eine der raren konstruktiven Neuerungen auf der Expo '70 vorweisen. Ein dünnes, etwa eine Fläche von zwei Fußballfeldern überdeckendes Fiberglasdach wurde allein durch Kabelverspannung und Luftdruck getragen. Da der größte Teil der Ausstellung mit so attraktiven Exponaten wie Mondgestein und den Raumfahrkapseln, sowie Memorabilia der Baseballgeschichte unterirdisch präsentiert wurde, war die Gebäudestruktur nur von der Luft erkennbar. Sie bot den denkbar größten Gegensatz zum sowjetischen Pavillon der Architekten Possochin, Swirski und Kondratjew, der als eine 107 Meter hohe in den Landesfarben bemalte entfaltete Fahne gestaltet war und von Hammer und Sichel bekrönt wurde. Im Inneren wurde, so die Meinung westlicher Kommentatoren, öde politische Indoktrination etwa zum 100. Geburtstag Lenins geboten. Die von Buckminster Fuller auf der Weltausstellung in Montreal 1967 errichtete geodätische Kugel fand zahlreiche Nachfolger. Der französische Pavillon bestand aus drei ineinander geschobenen Kugeln. Die Kugelkuppel von Fritz Bornemann für die Bundesrepublik Deutschland bot ein elektronisches Ton-LichtSpektakel des Studios für experimentelle Musik der TU Berlin, das durch Musikprogramme von Karlheinz Stockhausen ergänzt wurde. Einhelliges Lob fanden die Pavillons Kanadas und der Schweiz. Vier pyramidenförmige Baukörper, die an ihren Seitenwänden spektakulär verspiegelt waren, ließen im Inneren des vom Büro Erickson-Massey entworfenen kanadischen Gebäudes Platz für eine holzverkleidete Großbühne, die von fünf sich drehenden Großschirmen überdacht wurde. Die Kanadier investierten einen großen Teil ihres Etats in die Bühnenshows, auf die das japanische Publikum bereits im voraus mit einem durch das Land fahrenden Werbebus vorbereitet worden war. Der von Willi Walter entworfene Schweizer Pavillon nahm das Baummotiv des Symbolbereichs in anderer Interpretation auf. An einer Säule wurde ein filigranes, 55 Meter breites Aluminium-Gitterwerk als "strahlende Struktur" aufgehängt, dessen 60.000 Platten


lebhaft Sonne, Himmel und Wolken spiegelten. Elektronische Musik aus verborgenen Lautsprechern schien den Baum vielgestaltig klingen zulassen. Die Tonkombinationen wurden nachts verändert und 32.000 Lämpchen ließen den Baum erstrahlen und ihn im vorgelagerten Weiher spiegeln. Nach der Expo '70 wurden die meisten Pavillons wieder abgerissen. Der Park wurde in einen nationalen Kulturpark mit diversen Museen und einem Ausstellungsgebäude zur Erinnerung an die japanische Weltausstellung verwandelt. Die wesentliche Verbesserung der Infrastruktur der Osaka-Kobe Region gehört zu den bleibenden Beiträgen der Expo '70. Nicht nachweisbar ist, ob sich die Hoffnungen der zahlreichen Teilnehmerländer auf Verbesserung des Handelsergebnisses mit der drittgrößten Industrienation durch die Ausstellung erfüllten.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1970 in Osaka Verbesserung der Infrastruktur Osakas

Jahr:

1970

1

Stadt: Osaka Land:

Japan

Dauer: 15. M�rz - 13. September 1970

Copyright:

Hintergrund Die negativen Folgen des industriellen Fortschritts bestimmten Ende der sechziger Jahre auch den Alltag des "Neuen Japan": Umweltzerstörung, die Degradierung der japanischen Kultur zur luxuriösen Freizeitware, die Bevölkerungszunahme in unwirtlichen Ballungszentren und die Technisierung des Alltags als Kompensation stellten für die Ausstellungsplaner, die für die Verschmelzung von "asiatischer" Harmonie und westlichem Fortschrittsdenken eintraten, eine große Herausforderung dar. Die Expo-Planungen beschränkten sich nicht ausschließlich auf das Ausstellungsgelände in den Hügeln von Senri. Die Veränderungen von Osaka selbst sollten zum Exempel werden für die Verbesserung der Lebensbedingungen durch strukturelle Maßnahmen. Während die Industrie weitgehend aus der Stadt verbannt wurde, sollten mit Alleen und Parkanlagen am Fluss Oasen in der Stadt geschaffen werden. Durch gezielte Umweltschutzmaßnahmen wie Kläranlagen und Filtersysteme konnte die Wasser- und Luftverschmutzung wesentlich reduziert werden. Längst geplante Veränderungen im Transportsystem, wie die Errichtung eines hochmodernen Flughafens oder der Ausbau der Untergrundbahn und deren Koordinierung mit den Expressbahnen, wurden bis zur Eröffnung der Expo '70 realisiert. Die "Shin-MidoSuji"-Autostraße und eine zwischen deren Fahrspuren verlaufende Eisenbahnlinie verbanden das Zentrum der Stadt mit dem Expo-Gelände. Der Verkehr wurde mit einem neuartigen Computersystem überwacht. Ein hochmodernes Telekommunikationsnetz, Nachrichtenübermittlung mit Laserstrahlen und der Einsatz von über 100 Computern stellten die elektronische Innovationskraft Japans unter Beweis. Zwischen der Stadt und dem Expo-Gelände entstand von 1963 bis 1969 die künstliche Wohnstadt Suita. Mit einem architektonischen Konzept, das die Erhaltung von Grünanlagen bei Verdichtung der Wohnfläche ermöglichte und eine gute Verkehrsanbindung an die Innenstadt garantierte, wollte man gegen die Bevölkerungsdichte Osakas angehen. Die Gesamtkosten für die Verbesserung der Infrastruktur beliefen sich auf 2,3 Milliarden Dollar.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1970 in Osaka Programm der Eröffnungszeremonie

Jahr:

1970

1

Stadt: Osaka Land:

Japan

Dauer: 15. M�rz - 13. September 1970

Copyright:

Programm Datum: 14. März 1970 Zeit: 11 Uhr Ort: Festival Plaza 1. �Ettenraku� - eine Komposition kaiserlicher Hofmusik 2. Einzug Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin, Ihrer kaiserlichen Hoheiten des Kronprinzen und der Prinzessin und anderer Mitglieder der kaiserlichen Familie 3. Kimigayo� - die japanische Nationalhymne und Hissen der japanischen Flagge 4. Hissen der Flaggen der teilnehmenden Nationen 5. Hissen der Flagge der Weltausstellungen und der Flagge der Expo �70 6. Rede des japanischen Premierministers Rede des Präsidenten der Expo �70 Association Botschaft des Präsidenten des Bureau International des Expositions 7. Feierliche Erklärung der Eröffnung der Expo �70 8. Fanfare, Kanonade, Feuerwerk, Konfetti, Luftballons Inbetriebnahme der Expo-Fontäne Beleuchtung der elektrischen Anzeigetafel �Fortschritt und Harmonie für die Menschheit� 9. �Prélude für das Festival� - musikalisches Programm 10. Parade Welt �70 11. Abreise Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin, Ihrer kaiserlicher Hoheiten des Kronprinzen und der Prinzessin und anderer Mitglieder der kaiserlichen Familie 12. Musik und Feuerwerk

Quelle: Expo �70. Official Guide. Osaka 1970. S.2.


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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1970 in Osaka �Fortschritt und Harmonie für die Menschheit"

Jahr:

1970

1

Stadt: Osaka Land:

Japan

Dauer: 15. M�rz - 13. September 1970

Copyright:

Thema Mit dem Ausbau des Flugverkehrs und der Entwicklung moderner Kommunikationsmedien musste sich nach 1950 die Bedeutung einer Weltausstellung ändern. In einer Zeit, in der Informationen weltweit leicht zugänglich geworden waren, entsprach eine Gesamtschau von Produkten oder nationalen Entwicklungen nicht mehr dem Bedürfnis des Publikums. Vielmehr sollten Errungenschaften und Kulturen in einen gemeinsamen Kontext gestellt werden, um Fragen von internationalem Interesse diskutieren zu können. Mit dem Thema der Weltausstellung �Fortschritt und Harmonie für die Menschheit" sollte wie bereits 1958 in Brüssel oder 1967 in Montreal ein kritischer Umgang mit den Auswirkungen der Ideologie des Fortschritts demonstriert werden. Man bezog sich auf die gesellschaftlich negativen Folgen der Industrialisierung, auf den Zweiten Weltkrieg als Beispiel für destruktiven Einsatz wissenschaftlicher Erkenntnisse und auf die kontinuierliche Umweltzerstörung durch Technisierung des Alltags. Nicht als Grundlage des ökonomischen oder politischen Wettstreits sollten moderne Entwicklungen dienen, sondern als Möglichkeit, die Lebensqualität aller Menschen zu verbessern und damit die Grundlage für Frieden in der ganzen Welt zu schaffen. Zum visuellen Symbol dieses Anliegens entwarf Takeshi Ohtaka als Zeichen tiefster Harmonie eine abstrahierte Kirschblüte, der bekanntesten aller japanischen Blumen. Fünf Blütenblätter für die fünf Kontinente reihen sich um das Zentrum der Blüte, das heißt um Japan als Ort der Zusammenkunft. Die weiße Zone um den Mittelpunkt, die durch gleichmäßige Gruppierung der Kreise entsteht, symbolisiert den gemeinschaftlichen Raum des Fortschritts, der durch die Zusammenkunft bei der Weltausstellung entsteht. Das Logo der Expo '70 sollte für den japanischen Regierungspavillon auch die Planungsgrundlage bieten. In der dreidimensionalen Realisierung erinnerte dies dann, wie ein zeitgenössischer Kritiker formulierte, unglücklicherweise eher an gewaltige Öltanks als an eine zarte Kirschblüte. Fortschritt als positiv bezeichnete Grundlage für die Entwicklung hin zu einem "Goldenen Zeitalter" der Humanität, müsse jedoch - so die Veranstalter - hinsichtlich der Vergangenheit kritisch beleuchtet und unter neuen, zukunftsorientierten Vorzeichen gefördert werden. Als Grundlage für den beabsichtigten Bewusstseinswandel propagierte man in Osaka vier Themenkreise, die als Anreget aller wissenschaftlichen oder technologischen Prozesse gelten und die Teilnehmer der Ausstellung zu neuen Ideen inspirieren sollten. Um Harmonie mit Fortschritt zu versöhnen, wurde dem Thema "Hin zu größerer Lebensfreude" die Schlüsselrolle zugewiesen. Die Achtung des individuellen Lebens und der Gleichheit aller Menschen wurde dabei als Grundlage verstanden für Wissenschaften wie Anthropologie, Medizin oder Psychologie wie für Konzepte der Bildungs- und Erziehungspolitik, Freizeitgestaltung und Sport. Das Verhältnis von


Mensch und Natur behandelte der zweiten Themenblock "Für eine bessere Nutzung der Natur". Der Kampf gegen Umweltzerstörung und daraus resultierende Gefahren für kommende Generationen sollten bei der Erforschung der Natur und ihrer Ressourcen für den Menschen eine zentrale Rolle spielen. Auch der dritte Bereich, "Für eine bessere Organisation des Lebens" betitelt, stand in engem Zusammenhang mit technologischen Entwicklungen. Von Kleidung über Nahrung, Architektur, Verkehrswesen, Stadtund Raumplanung, Werkzeug und Maschinen bis hin zu einer besseren Nutzung des abstrakten Phänomens "Zeit", umfasste dieser Bereich die materielle Gestaltung der Lebensbedingungen. Das vierte Thema "Für besseres gegenseitiges Verständnis" widmete sich schließlich den Formen und Mitteln der Kommunikation. Gesprochene und geschriebene Sprache, technische Systeme der Informationsübertragung, Massenmedien, soziale Einrichtungen, Kunst und Theater, internationale Zusammenarbeit und Kulturaustausch wurden in diesen Kontext gestellt.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1970 in Osaka Ein Symbol für die ideale Stadt der Zukunft

Jahr:

1970

Stadt: Osaka Land:

Japan

Dauer: 15. M�rz - 13. September 1970

1 2 3 4 5 6 7 Copyright:

Gel�nde Das Vorhaben, mit der Expo '70 ein Symbol für die ideale Stadt der Zukunft zu schaffen, spiegelte sich in der Raumplanung von Kenzo Tange wider. Anders als bei den Weltausstellungen in Paris, London oder New York, wo man auf bestehende Stadtstrukturen Rücksicht nehmen musste, wählte man in Osaka ein Gebiet außerhalb der Stadt, das mit seiner Hügelstruktur als Grundlage für die räumliche und architektonische Inszenierung von Ideen weitgehend offen stand. Das Gelände wurde durch die neue Ringautobahn Osakas und die Eisenbahnlinie in zwei Zonen aufgeteilt. Im südlichen Bereich wurden der Vergnügungspark "Expoland" und die Verwaltung angesiedelt, im Norden war Platz für einen großen japanischen Garten und die Pavillons, die von einer Monorail-Bahn umkreist wurden. Kenzo Tange verband beide Zonen mit einem etwa einen Kilometer langen und 150 Meter breiten Streifen, dem "Symbolbereich". In dem von ihm proklamierten städteplanerischen Idealbild eines in voller Blüte stehenden Baumes entsprach dieser Bereich dem des Baumstamms: Von dort erstreckten sich als Äste Verbindungsstraßen und auf einer zweiten Ebene klimatisierte Transportrollbänder, die in sieben nach den Wochentagen benannten Plätze mündeten. Die Pavillons - kleinere Gebäude um einen sich quer zum Symbolbereich erstreckenden künstlichen See gruppiert, größere Bauten auf den Hügeln am Rande des Geländes - sollten die Blüten dieses Baumes symbolisieren. Die Strenge dieses von klaren Konstruktionen und einer zurückhaltenden Farbgebung geprägten Konzepts wurde allerdings durch die vielen effekthaschenden Pavillon-Blüten konterkariert und verwässert. Das entsprach aber sowohl dem Thema der Ausstellung als auch Tanges Raumkonzept. Denn anders als in Montreal 1967, wo strenge Vorgaben die Gestaltungsfreiheit der einzelnen Länder stark eingeschränkt hatten, sollten in Osaka die Individualität und Verschiedenartigkeit gefördert und die unterschiedlichsten Ideen formal in einen Zusammenhang gebracht werden. Das Zentrum des Symbolbereichs, die "Festival Plaza", wurde von einem gewaltigen Polyesterdach mit einer Stahlrohr-Unterkonstruktion - 108 Meter breit und 292 Meter lang - überdeckt. Es wurde vor Ort am Boden montiert und an den nur sechs Stützen auf 30 Meter Höhe emporgehoben. Trotz dieser gewaltigen Dimensionen wurden die Ausmaße des Crystal Palace der Londoner Weltausstellung von 1851 bei weitem nicht erreicht. Gigantische Roboter als Symbolfiguren der Science-Fiction-artigen Architektur übernahmen Dienstleistungen, von der Beleuchtung bis zu Fernsehaufnahmen. Das Dach wurde von dem Themenpavillon, dem 70 Meter hohen "Turm der Sonne", durchstoßen. Taro Okamoto, der "Picasso Japans", entwarf diesen Turm als ein monströses Wesen mit drei Gesichtern. Über seine willkommen heißenden , ausgebreiteten Arme konnten die Besucher die Dachzone Tanges betreten, in der weitere Exponate ausgestellt waren. Zeitgenossen bezeichneten ihn allerdings als "gigantischen Gartenzwerg" oder einen "schmelzenden Schneemann mit Kartoffelnase". In seinem Inneren konnten die Besucher mittels Rolltreppen den Baum des Lebens erklimmen, der eine Reise durch die Zeit als effektvoll ausgestattete Geschichte der menschlichen Evolution ermöglichte.


Die Themenausstellung konnte so auf drei Ebenen platziert werden: Die - unterirdische - Welt der Geheimnisse ermöglichte einen Blick in die Vergangenheit. Das Bodenniveau stand mit allen Pavillons für die Gegenwart einer Welt der Harmonie. Im Dach wurde mit futuristischer Architektur und Maschinen die Welt der Zukunft und des Fortschritts präsentiert. An das Dach angelagert waren die große ExpoHalle, ein temporäres Museum der Bildenden Künste mit Meisterwerken aller Weltkulturen, auf dem Südgelände ein internationaler Basar und die Verwaltungsgebäude. Den Abschluss bildete der 120 Meter hohe, mit drei schlanken Pfeilern konstruierte Expo-Turm, der von zahlreichen Plattformen Aussicht auf das Expo-Gelände und die Ebene von Osaka gewährte.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1970 in Osaka

Jahr:

1970

1

Stadt: Osaka Land:

Japan

Dauer: 15. M�rz - 13. September 1970

Copyright:

Kommentare Die Botschaft des Kronprinzen Akihito: �Das 20. Jahrhundert war ein Zeitalter großer Erfolge. Die bemerkenswerten Errungenschaften, die hier farbenprächtig unter dem Thema �Fortschritt und Harmonie für die Menschheit� ausgestellt werden, haben mich durch die unbegrenzten Möglichkeiten des menschlichen Wissens beeindruckt. Ich glaube, dass der wahre Fortschritt der menschlichen Gesellschaft nur unter dem Vorzeichen der Harmonie erreichbar ist, die jedoch so leicht verloren gehen kann in diesem Zeitalter des schnellen Fortschritts. Ich hoffe aufrichtig, dass mit der Expo �70 als Anregung, die Völker der Erde ihr gegenseitiges Verständnis vertiefen und dass dies ein Schritt zu wahrem Frieden und Fortschritt für alle sein wird.�

Bundespräsident Gustav Heinemann - Auszug aus einer Rede anlässlich des �Deutschen Tages� am 13.5.1970 "Der deutsche Beitrag soll belegen, wie die Entwicklung der technologischen Wissenschaft und ihre wirtschaftlicher Gebrauch Bedingungen dafür schaffen, die Forderung nach Ausrottung der Armut untergraben, die auch heute noch in weiten Gebieten der Welt herrscht. Auch der zweite Teil des Mottos, das als Leitgedanke für diese Ausstellung dient, die "Harmonie" wird von uns vollständig berücksichtigt. Der Gegenbegriff für diesen der Musikwelt entnommenen Terminus ist Dissonanz. Wenn wir beide Konzeptionen in die politische und soziale Begriffswelt übertragen, lautet die Alternative: zusammen Hand in Hand voranschreiten oder gegeneinander stehen. Falls diese Ausstellung dazu beitragen sollte, das Wissen und die Erkenntnis zu festigen, dass Konfrontation sowohl auf sozialer als auch auf politischer Ebene unsere Welt in unabsehbare Katastrophen treiben, dann müssen wir alle unsere Anstrengungen vervielfältigen, um die Möglichkeit gemeinsamen Voranschreitens zu erreichen - und dann wird die Expo '70 der Menschheit einen Dienst erwiesen haben."

Peter Blake "Die Japaner sind glücklich, Gastgeber für die erste Weltausstellung auf asiatischem Boden zu sein - und Kurokawa meinte, dass diese Art verrückter Festlichkeit ein ganz großer populärer Erfolg sei. Als Mittel der Kommunikation mag sie weniger erfolgreich sein, denn es gibt wohl leichtere Wege, sich über Ideen und Images klar zu werden, als stundenlang Schlange zu stehen, um dann durch einen MultimediaPavillon zu hasten.


Trotzdem hat die Expo ihr Versprechen auf verschiedene Weise erfüllt. In der Entwicklung der Konstruktionen hat sie uns das räumliche Tragwerk des Daches von Kenzo Tanges Themenpavillon und das aufblasbare Dach des US-Pavillons gebracht; im Bereich theatralischer Innovation hat sie uns den kanadischen Pavillon geschenkt; und auf dem Gebiet des Urban Design erhielten wir Tanges vielschichtiges Raster von Bewegungs- und Beförderungsbändern. Und in keines dieser Dinge hätte die Welt des praktischen Bauens und Stadtplanens Geld investiert, nur in der unwirklichen Welt einer WeltMesse werden sie wirklich gebaut." Bauwelt, 18.5.1970, S.797.

Paul Liner: "Die Weltausstellung ist in dieser Form bestimmt überholt. Das positivste an der ganzen Schau war wohl, dass durch die Expo der Wunsch, den Fernen Osten zu besuchen, unter finanziell tragbaren Bedingungen erfüllt wurde. Dies wäre allerdings auch durch andere Maßnahmen realisierbar. Und die nächste Ausstellung? Vielleicht wäre es denkbar, dass die verschiedenen Kontinente unter Verzicht auf nationale Interessen gemeinsam ihre Probleme studierten und mögliche Lösungen darstellten? Dazu eignen sich Konferenzräume wohl besser als Weltausstellungen. Oder: nochmals eine Weltausstellung? Wäre es möglich, die Ausstellung auf die Behandlung einiger wesentlicher Probleme zu reduzieren und alle, die etwas beitragen möchten, herzlich dazu einzuladen? Ihnen einen geeigneten Platz in der Gesamtstruktur anzubieten? Übrigens, beinahe hätte ich's vergessen. Überzeugend waren die Österreicher, sie verzichteten auf die Teilnahme!" Werk, Nov. 1970, S.727.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1970 in Osaka

Jahr:

1970

1

Stadt: Osaka Land:

Japan

Dauer: 15. M�rz - 13. September 1970

Copyright:

Bibliographie Expo �70. In: Architectural Design, 6,1970, S. 288-309. Expo �70. Osaka. In: Form, 5, 1970, S. 201-211. Expo �70: Structure, space, Mankind. Tokyo 1970. 2 Bde. Japan World Exposition, Osaka, 1970. In: The Japan Architect, Jg. 45, Nr. 164, 1970, S. 23-190. Alastair Best: Expo �70, market, place and festival. In: Design, 259, 1970, S. 23-73. David Butwin: Meet me at the Fair (If You´ve Got the Yen). In: Saturday Review, 13.9.1969, Jg. 52, Nr. 37, S. 42-97. Ervin Galantay: Designing the Environment. In: The Nation, 31. 8. 1970, Bd. 211, Nr. 5, S. 134-138. Japan Association for the 1970 World Exposition (Hg.): Japan World Exposition Osaka 1970. Expo �70. Osaka 1969. 2 Bde. Japan Association for the 1970 World Exposition (Hg.): Expo �70 Official Guide. Osaka 1970. John-Franklin Koenig: Expo 70 Osaka. In: Cimaise, Nr. 98, 1970, S. 11-25. Paul Liner: Osaka 70. Die letzte Weltausstellung. In: Werk, Nov. 1970, Jg. 57, Nr. 11, S. 715-733. Eleanor C. Munro: The Orient Express. In: Artnews, Sommer 1970, Jg. 69, Nr. 4, S. 48-51, 72-75. Michel Ragon: Le pavillon français à l'exposition universelle d'Osaka. In: Jardin des arts, Nr. 184, 1970, S. 5461. Kenzo Tange, Koichi Sone, Noburu Kawazoe: Osaka 70. In: L'Architecture d'aujourd'hui, Nr. 152, 1970, S. 97-112. Fritz Winckel, Peter Blake, Nikolai Guljanizki: Expo Osaka - die Stadt der Viertelmillion. In: Bauwelt, 18.5.1970, Jg. 61, Nr. 20, S. 779-799.


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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1970 in Osaka Der Chefentwerfer: Kenzo Tange

Jahr:

1970

Stadt: Osaka Land:

Japan

Dauer: 15. M�rz - 13. September 1970

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Copyright:

Biographie Kenzo Tange wurde am 4.9.1913 in Imabari geboren. 1935 begann er an der Universität in Tokio sein Architekturstudium, seine Abschlussarbeit wurde 1938 mit dem Tatsuno Preis ausgezeichnet. Danach arbeitete er im Büro von Kunio Maekawa und unterrichtete neben der Fortsetzung seiner eigenen Studien an der Universität in Tokio. In den Kriegsjahren plante Tange verschiedene Projekte für die Stadt Tokio - und gewann drei Wettbewerbe - , die jedoch nicht ausgeführt wurden. Erst mit der Realisierung seines Entwurfs für das Friedenszentrum in Hiroshima, der Gründung eines eigenen Architekturbüros und einer Professur an der Universität in Tokio entwickelte sich seit 1949 Tanges Laufbahn hin zu einem der einflußreichsten Architekten, Stadtplaner, Architekturhistoriker, -theoretiker und -pädagogen des 20. Jahrhunderts. Es folgten zahlreiche Aufträge, Ehrungen - ab 1953 auch auf internationaler Ebene -, eigene Veröffentlichungen, Gastprofessuren und Mitgliedschaften in verschiedenen internationalen Architektenvereinigungen.

Die vom Strukturalismus geprägte Phase Tanges äußerte sich dagegen formal durch Fragmentierung einer Gebäudeeinheit und deren Einbindung in die Umgebung. In der Stadtplanung entsprach dies dem Bedürfnis nach einer offenen, dynamischen Struktur, die auf höchstem technischen Niveau der permanenten Veränderung der Umwelt gewachsen sein müsse. Tange sympathisierte hier mit der metabolistischen Bewegung in Japan, die als Antwort auf den wirtschaftlichen und technologischen Fortschritt visionäre Konzepte für die Raumplanung formulierte. Während die Traditionsdebatte der 50er Jahre die Frage nach der eigenen Identität bestimmt hatte, wurde eine Stadt nun als ständig wachsender, technologisch hochentwickelter Organismus verstanden. Nach einer einjährigen Gastprofessur am Massachusetts Institute of Technology in Boston veröffentlicht Tange 1960 seinen Plan für die Neuordnung und Erweiterung der japanischen Hauptstadt Tokio. Ein Jahr später gewinnt Tange den Wettbewerb zum Wiederaufbau der von einem Erdbeben 1963 zerstörten Stadt Skopje, bevor er 1966 den Auftrag annimmt, den Gesamtplan für die Expo '70 in Osaka zu entwerfen. Zwischen 1968 und 1971 veröffentlicht Tange seine Theorie zu Tokaido-Megalopolis "Das japanische Inselreich der Zukunft". In dieser Schrift fordert Tange die Verbindung der großen Stadtgebiete der Ostküste Japans - Tokio, Osaka und Nagoya zu einer einheitlichen Region - zu einer Megalopolis. Grundlage dafür war die Verbesserung der Infrastruktur, die Verbindung elementarer Strukturen und die Errichtung großzügiger Verkehrslösungen. 1977 und 1978 kommt es zum Bau des Sogetsu Center in Tokio und dem Hanae Mori Building in Omotesando. In den 80er Jahren werden Tange mehrere Auszeichnungen zuerkannt (u.a. der Pritzker Preis) und er wird Präsident der Japan Architects Association und der Japan Institutes of Architects. Die


Reflektion der Japanischen Entwicklung in Raumkonzepten und der Anspruch Tanges, einen humanitären Ansatz mit dem Einsatz modernster Technologien in der Raumplanung zukunftsorientiert zu verbinden, musste dem Planungskomitee der Expo für die visuelle Formulierung ihrer Utopie "Fortschritt und Harmonie für die Menschheit" entgegenkommen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1992 in Sevilla Das Zeitalter der Entdeckungen

Jahr:

1992

1

Stadt: Sevilla Land:

Spanien

Dauer: 20. April - 12. Oktober 1992

Copyright:

Einleitung Um das 500jährige Jubiläum der Entdeckung Amerikas zu feiern, wurde - wie schon 1929 - eine Weltausstellung in Sevilla unter dem Motto "Die Geburt einer neuen Welt" ausgerichtet. Die altstadtnahe Insel 'La Cartuja', von der Columbus zu seiner Reise auf den neuen Kontinent aufgebrochen war, bot das ideale Ausstellungsgelände. Mit Hilfe großzügiger Umbaumaßnahmen und mit einem neuen Verkehrssystem wurde Sevilla für die Herausforderungen der Weltausstellung gerüstet und zu einer hochmodernen Großstadt ausgebaut. Zur Rechtfertigung der immensen Kosten sollten einige der spektakulären High-Tech-Pavillons für einen Technologie- und Wissenschaftspark dauerhaft weiter genutzt werden - ein Plan, der immer noch nicht vollständig realisiert werden konnte.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1992 in Sevilla Die Eröffnungsrede des Königs Juan Carlos:

Jahr:

1992

1

Stadt: Sevilla Land:

Spanien

Dauer: 20. April - 12. Oktober 1992

Copyright:

Die Er�ffnung "Die Weltausstellung in Sevilla, die wir heute eröffnen, ist die größte Ausstellung der Geschichte, nicht nur wegen ihrer Größe oder der Anzahl der Aussteller, sondern auch auf Grund der Vielfalt und der Qualität der hier präsentierten Aktivitäten. Im Jahre 1992 sich neben anderen einer solchen Herausforderung gestellt und sie bewältigt zu haben, erfüllt uns mit Stolz. So sollen meine ersten Worte doch die des Dankes an die Tausende Menschen sein, die mit ihrer Arbeit, ihrer Intelligenz, ihrer Kreativität und ihrem Einsatz dieses wichtige Ereignis ermöglicht haben. Es gibt wenig Städte auf der Welt, die so geeignet sind, eine Weltausstellung auszurichten wie Sevilla: das römische Sevilla, das arabische, das jüdische, das christliche und das amerikanische Sevilla haben das kulturelle Erbe geschaffen, das wir Spanier dieses Jahr den Gästen aus aller Welt vorstellen können. Ziel der Weltausstellung ist es, ihren Besuchern die Idee der Vielfalt und des Reichtums der verschiedenen Kulturen der Menschen, die Idee der menschlichen Erfindungsgabe und auch die Idee der Toleranz, des Respekts vor der Pluralität und der internationalen Solidarität zu zeigen. Die Brücken, die die Cartuja-Insel mit der Stadt Sevilla verbinden, sind daher glanzvolle Symbole dessen, was Spanien von sich zeigen möchte: die Verbindung von Vergangenheit und Zukunft, von Kunst und Technologie, Orte der Begegnung für unsere Gäste, mit denen wir Freundschaften schließen und kommunizieren wollen. Die Königin und ich werden, wie viele andere Spanier, Sevilla zu unserer Wahlheimat machen, um voller Stolz diese Weltausstellung mit den Gästen gemeinsam erleben zu dürfen. Ich bin sicher, sie alle werden feststellen, dass Gastfreundlichkeit und Edelmut Charaktereigenschaften unseres Volkes sind. Ohne Zweifel werden dies Monate harter Arbeit sein, in denen wir das Beste unserer selbst, das Beste Spaniens, beweisen müssen. Das Ergebnis dieser Anstrengungen kann aber nichts anderes als der Erfolg sein. Hiermit sei die Weltausstellung eröffnet." Quelle: ABC, 21.4.1992

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1992 in Sevilla

Jahr:

1992

1

Stadt: Sevilla Land:

Spanien

Dauer: 20. April - 12. Oktober 1992

Copyright:

Daten Anlass: 500-Jahr-Feier der Entdeckung Amerikas Thema: Das Zeitalter der Entdeckungen Dauer: 20. April bis 12. Oktober 1996 Gelände: 215 Hektar auf der künstlichen Insel 'La Cartuja' Bebaute Fläche: 650.000 Quadratmeter Pavillons: 101 Pavillons, davon 87 Länderpavillons Bäume: 32.616; sowie 597.871 andere Gewächse von 1.480 verschiedenen Spezies Schatten: 50.000 Quadratmeter durch begrünte Pergolen und Sonnensegel Brunnen: 117 Beschäftigte: 7.000 Firmen mit 20.000 Mitarbeitern Besucher: 18,5 Millionen; davon 66,5 Prozent spanische Besucher, die die Expo 42 Millionen Mal aufsuchten; ca. 232.000 Besuche pro Tag; Rekordtag am 3. Oktober mit 629.845 Besuchen Eintrittspreise: Tageskarte ca. 65 DM; Saisonkarte ca. 480 DM Information: Verteilung von 10.235.907 Informationsbroschüren Verkehr: 132.000 Busse und 2,6 Millionen Pkw auf dem Expo-Parkplatz Wasserverbrauch: Täglicher Trinkwasserverbrauch von 150.000 Kubikmetern; zusätzlich 100.000 Kubikmeter Wasser aus dem Guadalquivir Wasserleitungen: 134 Kilometer Stromleitungen: 120 Kilometer Telefonleitungen: 36 Kilometer


Gasleitungen: 34 Kilometer Müll: 16.813 Tonnen Kosten: Die Zahlen schwanken zwischen 2,65 und 2,86 Milliarden DM (Stand Oktober 1992) für die Expo; circa 30 Milliarden DM wurden für die Verbesserung der Infrastruktur der Stadt und Andalusiens ausgegeben.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1992 in Sevilla Chronologie

Jahr:

1992

1

Stadt: Sevilla Land:

Spanien

Dauer: 20. April - 12. Oktober 1992

Copyright:

Vorgeschichte 31. Mai 1976: Der spanische König Juan Carlos I. regt bei einem Staatsbesuch in Santo Domingo die Ausrichtung einer internationalen lateinamerikanischen Ausstellung an. Dezember 1981: Die USA teilen dem Bureau International des Expositions (B.I.E.) in Paris mit, dass Chicago eine Weltausstellung zum Andenken an die 500-jährige Wiederkehr der Entdeckung Amerikas abhalten möchte. 3. März 1982: Der spanische Botschafter in Paris übergibt dem Präsidenten des B.I.E. einen Brief mit dem Wunsch der spanischen Regierung, 1992 in Sevilla eine Weltausstellung mit dem Thema "Die Geburt einer neuen Welt" zu organisieren. 17. Juni 1982: Die spanische Regierung präzisiert gegenüber dem B.I.E., dass als Ausstellungsgelände in Sevilla die Insel La Cartuja vorgesehen ist. 8. Dezember 1982: Die Generalversammlung des B.I.E. entscheidet, dass die Ausstellung auf zwei Orte verteilt, nämlich Chicago und Sevilla, stattfinden solle. 15. Juni 1983: Die Delegationen Spaniens und der USA präsentieren dem B.I.E. das Generalreglement der Ausstellungen. In Sevilla soll die wichtige Rolle Spaniens und der Stadt selbst bei der Entdeckung Amerikas dargestellt werden; in Chicago hingegen seien die Fortschritte der Welt auf dem kulturellen und wissenschaftlichen Gebiet zu präsentieren. Als Thema der Ausstellungen wird "Das Zeitalter der Entdeckungen" vorgeschlagen. 7. November 1984: Manuel Olivencia Ruiz wird zum Generalkommissar der Ausstellung in Sevilla ernannt. 10. April 1985: Per Dekret der spanischen Regierung wird die Organisationsstruktur der Ausstellungsorganisation eingesetzt. Gründung der Firma Sociedad Estatal para la Exposición Universal Sevilla 92 SA, die Arbeiten für die Ausstellung durchführen wird. 15. Februar 1986: Der spanische Ministerrat billigt den Generalplan der Weltausstellung. 15. Juli 1986: Juryspruch im Ideenwettbewerb zur Gestaltung des Ausstellungsgeländes. Der erste Preis geht ex aequo an Emilio Ambasz und Fernández Ordoñez/Junquera/Pérez Pita. Juli 1987: Der Stadtrat von Sevilla billigt den überarbeiteten Generalplan für die Stadt. Beginn der verkehrstechnischen und infrastrukturellen Bauarbeiten für die Expo 92.


4. Dezember 1987: Chicago gibt den Auftrag zur Ausrichtung der Weltausstellung an das B.I.E. zurück. Gründe dafür sind Schwierigkeiten in der Verwaltung zwischen der Stadt Chicago und dem Staat Illinois und die Bildung einer ökologischen Protestbewegung gegen das vorgesehene Ausstellungsgelände am Michigansee. Juli 1988: Beginn der Bauarbeiten an der Barqueta- und Cartuja- Brücke. März 1989: Beginn der Bauarbeiten am World Trade Center Expo 92. Zug um Zug werden die Bauarbeiten an den Pavillons und Verkehrssystemen aufgenommen. 2. Mai 1991: Eröffnung des neuen Bahnhofs Santa Justa und des neuen Teatro de la Maestranza durch Königin Sophia. - Mai 1991 - Die bis jetzt bebaute Fläche ist bereits doppelt so groß wie das im Generalplan von 1987 vorgesehene Expo-Gelände. 19. Juli 1991: Manuel Olivencia Ruiz tritt vom Posten des Generalkommissars zurück. An seine Stelle rückt Emilio Casinello Auban. 31. Juli 1991: Eröffnung des neuen Flughafenterminals. 18. September 1991: Gründung der Sociedad Estatal Cartuja 93 SA, die das Gelände nach Beendigung der Ausstellung übernehmen soll. November 1991: Mit dem japanischen Pavillon wird der erste ausländische Pavillon fertiggestellt. 19. April 1992: Aufnahme des Hochgeschwindigkeitsbetriebs zwischen Madrid und Sevilla mit dem AVEZug. 20. April 1992: König Juan Carlos I. eröffnet die Weltausstellung Sevilla 1992. Waren im ersten Generalplan von 1987 noch 60 Teilnehmer vorgesehen, so sind nun 108 Staaten, 17 autonome Regionen, 23 internationale Organisationen und 7 Unternehmen mit einem eigenen Pavillon vertreten. 12. Oktober 1992: Schließung der Expo 92.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1992 in Sevilla Der Umbau Sevillas zur modernen Metropole

Jahr:

1992

1

Stadt: Sevilla Land:

Spanien

Dauer: 20. April - 12. Oktober 1992

Copyright:

Konzept Am 31. Mai 1976 trat der spanische König Juan Carlos I. erstmals mit seiner Idee an die Öffentlichkeit, eine internationale lateinamerikanische Ausstellung in seinem Land auszurichten. Anlass sollte die 500-JahrFeier der Entdeckung Amerikas sein. Sechs Jahre später erhielt das Bureau International des Expositions (B.I.E.) einen Brief durch den spanischen Botschafter in Paris, in dem die spanische Regierung bekannt gab, sie wolle im Jahre 1992 eine Weltausstellung mit dem Thema "Die Geburt einer neuen Welt� in Sevilla durchführen. Da Kolumbus genau 500 Jahre vorher vom Binnenhafen der Stadt nach Amerika aufgebrochen war, glaubte man, hier den idealen Ort für die Ausstellung 1992 gefunden zu haben. Angeknüpft wurde an die iberoamerikanische Ausstellung von 1929 in Sevilla, die die große Weltausstellung des gleichen Jahres in Barcelona begleitet hatte. Trotz der anfänglichen Skepsis der Spanier wurde das Projekt für die Sozialisten in Madrid unter dem gebürtigen Sevillaner Felipe Gonzales zu einem willkommenen Wahlkampfthema. Durch eine Weltausstellung als Symbol für technischen Fortschritt sollte zum einen der Welt ein modernes Spanien präsentiert und des weiteren der Süden Spaniens wirtschaftlich aufgewertet und an den Norden angebunden werden. Sevilla, sich seiner ehemaligen historischen Bedeutung bewusst, konnte sich dabei selbst als moderne Metropole darstellen. Natürlich war die nur 700.000 Einwohner zählende Stadt Großereignissen dieser Art nicht ohne weiteres gewachsen. Anlass und Vorraussetzung für die Ausstellung an diesem symbolischen Ort war daher ein Umbau Sevillas, der die Rekonstruktion der Altstadt, eine Stadterweiterung und Erneuerung der Infrastruktur umfassen sollte.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1992 in Sevilla Das Programm der Eröffnungsfeier am 20.4.1992

Jahr:

1992

1

Stadt: Sevilla Land:

Spanien

Dauer: 20. April - 12. Oktober 1992

Copyright:

Programm Ankunft Ihrer Majestäten gegen 11.30 Uhr Ehrenbezeugungen Abschreiten der Ehrenkompanie und Parade Ihre Königlichen Hoheiten betreten das Festzelt und nehmen ihre Plätze ein Hissen der Fahne des Internationalen Ausstellungsbüros und der der Weltausstellung von Sevilla zu den Klängen des Stücks 'Sevilla' (Suite Española, Nr. 3) von Albéniz Reden: - des Generalkomissars der Ausstellung - des Bürgermeisters von Sevilla - des Präsidenten der Regionalregierung von Andalusien - des Regierungspräsidenten - Seiner Majestät des Königs Juan Carlos I. Zum Abschluss wird durch den König die Weltausstellung 1992 von Sevilla für eröffnet erklärt Abspielen der Nationalhymne Eine Artilleriebatterie feuert 21 Ehrensalven Gegen 12.15 Uhr öffnen die Pavillons ihre Pforten; 38 Glocken der Kirchen und Klöster Sevillas beginnen zu läuten; mehr als hundert Großluftballons, die in den Farben der teilnehmenden Ländern gehalten sind, steigen empor; 5.000 Tauben fliegen in die Luft Ihre Königlichen Hoheiten ziehen sich in den königlichen Pavillon zurück Empfang

Quelle: ABC. 20.4.1992

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1992 in Sevilla

Jahr:

1992

1

Stadt: Sevilla Land:

Spanien

Dauer: 20. April - 12. Oktober 1992

Copyright:

Kommentare Walter Haubrich: "Die Ausstellung wirkt auf den ersten Blick wie ein Sammelsurium vieler unterschiedlicher Baustile, die durch ihre räumliche Nähe sich aufheben, ja fast erdrücken. Doch ist das bunte Nebeneinander von kubischen und mathematisch strengen Gebäuden über traditionelle Formen exotischer Länder, selbstironisch verspielter Pavillons bis zu den Popart-Bauten auch eine der Reize dieser Weltausstellung. (...) Die Welt bietet sich in Sevilla viergeteilt dar: Im Mittelpunkt stehen die Länder der Europäischen Gemeinschaft, um sie herum die übrigen wohlhabenden Staaten des Planeten mit ebenfalls großen Bauten: Australien, die Vereinigten Staaten, Kanada, Japan, die skandinavischen Länder, die Schweiz. Dann, dank Unterstützung durch das Veranstalterland auf bevorzugtem Platz, die lateinamerikanischen Nationen, schließlich die ärmeren Länder aus Osteuropa, Afrika und Asien. Die meisten Pavillons beherbergen Restaurants mit den Spezialitäten ihres Landes. Im Kulturprogramm sind fast 50.000 Veranstaltungen geplant, von Opernaufführungen mit Stars wie Placido Domingo und José Carreras, über Konzerte, Ballette, Straßentheater bis zu Kinoaufführungen, Flamenco- und Rockmusik. Mehrere Theaterstücke erleben ihre Uraufführung in den nächsten sechs Monaten in Sevilla. Bekannte Orchester aus aller Welt haben ihren Besuch zugesagt. Dass die Expo auch ein kommerzielles Festival werden wird, ist nicht zu übersehen. Fast überall wird kräftig geworben und einige multinationale Firmen haben ihre eigenen Ausstellungsgebäude, die, als ob diese Großunternehmen Staaten wären, mitten unter den Landespavillons stehen. Da wollte auch die Selbsthilfeorganisation der spanischen Blinden nicht zurückstehen: Sie hat einen der größten Pavillons ganz im Einklang mit ihrer Bedeutung als großes Wirtschaftsunternehmen errichtet. Und ein Jahrmarkt ist die Expo 92 ohnedies." Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 21.4.1992

Andrea Hessel "Summa summarum: die Expo hat als weltweite beschäftigungstherapeutische Maßnahme Menschen Arbeit gegeben und sie amüsiert. Das ist ihre einzige Rechtfertigung. Sie hat einmal mehr gezeigt, dass der moderne Multimedia-Mensch so ziemlich alles zu schlucken bereit ist, solange die Form hübsch bunt und schillernd ist - nur kompliziert sein sollte es nicht. Die Masse will, ja sie muss ohne große Denkleistung unterhalten werden. Das Motto ist dabei völlig nebensächlich - 'Vorwände' finden sich immer. Viele verdienen gut daran und die gelangweilte Gesellschaft hat ein Gesprächsthema. Aber die Expo hat Auswirkungen, absehbare und unabsehbare, von lokaler, regionaler und nationaler Tragweite. Also, Hannover: aufgepasst und vorgewarnt!" Quelle: Garten und Landschaft. 1/1993, S.23.


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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1992 in Sevilla Ein symbolträchtiger Ort

Jahr:

1992

1

Stadt: Sevilla Land:

Spanien

Dauer: 20. April - 12. Oktober 1992

Copyright:

Gel�nde Ein Jahr nach der offiziellen Bewerbung Sevillas wurde am 7. November 1984 Manuel Olivencia Ruiz zum Kommissar der Weltausstellung ernannt. Bald waren eine Durchführungsgesellschaft für die Ausrichtung der Schau gegründet und ein Logo dazu entworfen. Als Ausstellungsgelände bot sich ein 215 Hektar großer Teil der zwischen zwei Armen des Guadalquivir liegenden Insel 'La Cartuja' in unmittelbarer Nähe zur Altstadt an. Mit dem stark renovierungsbedürftigen Kartäuserkloster 'Santa Maria de las Cuevas' befand sich auf diesem Areal ein für den Anlass der Weltausstellung historisch bedeutsamer und symbolträchtiger Ort: Christoph Columbus lebte mehrere Jahre auf der Insel und bereitete vom Kloster aus zusammen mit den Mönchen seine Reise in die unerforschten Länder jenseits des Atlantik vor. Im Wettbewerb von 1986 wurden 20 Architekturkonzeptefür die Gestaltung des Expo-Geländes vorgestellt; die Jury vergab zwei erste Preise: an José Antonio Fernandez Ordoñez und an Emilio Ambasz. Wichtigste Kriterien für die Auszeichnungen waren die Berücksichtigung der klimatischen Bedingungen der Region und Ideen für die nachträgliche Nutzung der Anlage. Der Entwurf von Ordoñez sah vor, die Pavillons innerhalb eines rechtwinkligen Planrasters zu verteilen. Entlang des Flusses sollte ein Park entstehen und südlich des Klosters, gegenüber dem alten Bahnhof, der zentrale Pavillons platziert werden. Als architektonisches Symbol der Ausstellung sollte eine riesige Sphärenkugel mit knapp hundert Metern Durchmesser, Aussichtsplattformen und einem Planetenmodell - als Antwort auf das Atomium der Brüsseler Weltausstellung von 1958 - errichtet werden. Ambasz legte bei seiner Konzeption weniger Wert auf architektonische Einzelelemente, sondern vielmehr darauf, das Gelände landschaftsarchitektonisch so zu gestalten, dass nach der Weltausstellung weder eine Geisterstadt noch eine Bauwüste zurückbliebe. Grundlage seines Ansatz war das Wasser als Symbol für die Verbindung von Spanien und der Neuen Welt. Die Pavillons wurden entlang des Guadalquivir um drei künstliche Seen angeordnet und so wäre das Ausstellungsgelände nach dem Vorbild Venedigs vom Wasser aus erreichbar gewesen. Auf den Neubau eines aufwendigen und nach der Expo überdimensionierten Straßennetzes hätte verzichtet werden können und die Seenlandschaft sollte später zu einem großen Park weiter entwickelt werden. Schon während der Ausstellung sollte die gesamte Anlage bewaldet sein und über ein Rohrsystem aus 35 Metern Höhe bewässert werden, um die Temperaturen zu senken. Beide Entwürfe enthielten eher utopisch anmutende Ideen, die die Kosten für die Expo hätten explodieren lassen. Daher wurden in dem 1987 vorgestellten Generalplan des Spaniers Julio Cano Lasso lediglich Einzelelemente der beiden preisgekrönten Konzepte übernommen. Die von Ambasz vorgesehene Parklandschaft wurde zugunsten einer großflächigeren Verteilung der Gebäude aufgegeben. Ordoñez' rasterhafter Grundriss wurde aufgelockert und parallel zum Fluss verschoben. Von der Altstadt Sevillas nurmehr durch den Fluss getrennt, erschien das Neubaugelände eher als Anbau der Stadt denn als eigenständiges Gegenüber. Eine Querzeile im Westen und ein See, der Lago de España,


im Osten bildeten den jeweiligen Abschluss. Die Nord-Südachse bestand aus begrünten Rankendächern und Pergolen mit aufwendigen Bewässerungssystemen, während fünf breite Straßen das Ost- und Westende verbanden.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1992 in Sevilla Vielfalt der Pavillons

Jahr:

1992

Stadt: Sevilla Land:

Spanien

Dauer: 20. April - 12. Oktober 1992

1 2 3 4

Copyright:

Architektur Während sich die Stadt Sevilla mit ihrer neugestalteten Infrastruktur, dem neuen Flughafen und dem neuem Bahnhof Santa Justa in ihrer Gesamtheit als "Pavillon" präsentierte, hatte Spanien das größte Ausstellungsgebäude der Anlage, entworfen von Julio Cano Lasso, vorzuweisen. Am Lago de España zentral gelegen, befand es sich in der Nähe der um den See gruppierten Pavillons der autonomen Regionen Spaniens. Das neu renovierte Kloster sollte als vorübergehender Wohnsitz des spanischen Königs an die historische Bedeutung der Stadt erinnern. Im Kernbereich des Klosters wurde zu diesem Zweck eine Ausstellung für die Renovierungsgeschichte des Gebäudes eingerichtet. Zwar gab es wie bei den direkt vorangegangenen Weltausstellungen kein Gebäude, das zum architektonischen Wahrzeichen der Expo in Sevilla wurde, doch vermittelten vier große Pavillons die Idee der Ausstellung. Die mit attraktiven Exponaten bestückten Pavillons der Entdeckungen, des 15. Jahrhunderts, der Gegenwart und der Zukunft bildeten das geistige Zentrum des Ausstellungsgeländes.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1992 in Sevilla

Jahr:

1992

1

Stadt: Sevilla Land:

Spanien

Dauer: 20. April - 12. Oktober 1992

Copyright:

Bibliographie Emilio Ambasz: Inventions. The Reality of the Ideal. New York 1992. Hartwig Berger: Expo 92 - Disneyland im Kalifornien Europas. In: Dieter Haller, Brunhilde Romer (Hg.): Sevilla Stadtbuch. Kassel 1992. S. 19-31. Jürgen Bruchhaus u.a.: Spanien, EG und die 500-Jahrfeiern. Köln 1992. Régis Debray (Hg.): La France à l'Exposition Universelle Séville 1992. Facettes d'une Nation. Paris 1992. Teja Fiedler: Sevilla 92 - Das Weltspektakel. In: Stern. 22/1992, S.56-58. Rainer Franke: Der Welt eine Vision - eine Vision der Welt? In: Bauwelt. 24/1992, S.1385-1408. Masao Furuyama: Tadao Ando. Zürich 1993. Walter Haubrich: Eine Insel für die Welt. Erster Blick auf die Expo'92. In: Franfurter Allgemeine Zeitung. 21.4.1992. Walter Haubrich: Die meisten Besucher gaben der Ausstellung gute Noten. Die Expo 92 in Sevilla schließt ihre Tore. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 12.10.1992. Andrea Hessel: Sevilla nach der Expo. In: Garten und Landschaft. 1/1993, S.18-23. Volker Mauersberger: Schöne neue Welt auf spanisch. In: Die Zeit. 1.5.1992. Antonello Monaco, Antonio Tejedor: Sevilla, die Weltausstellung und die Vision von der Großstadt. In: Bauwelt. 24/1992, S.1378-1384. Peter Nigst (Hg.): Rafael Moneo. Bauen für die Stadt. Kat. Akademie der Bildenden Künste Wien. Stuttgart 1993. Oficina del Comisario General. Area de Asuntos Culturales: Documentos: Bd.1: Proclamación de la sede de Sevilla; Bd.2: Plan de reforestación del Polígono de La Cartuja; Bd.3: Tribunas de Progreso; Bd.4: Expoforum; Bd.5: Plan de Contenidos Exposición Universal Sevilla 1992. Sevilla 1989. Kenneth Powell, Rowan Moore: Struktur, Raum und Haut. Nicolas Grimshaw and Partners. Bauten und Projekte. Berlin 1993.


Raúl Rispa, Cesar Alonso de los Rios, Maria José Aguaza: Expo '92 Siviglia. Architettura e design. Sevilla, Mailand 1992. Pauline Saliga, Martha Thorne (Hg.): Building in a New Spain. Chicago 1992. Manfred F. Schröder: Sevilla: Eröffnung der Weltausstellung. Die vergebliche Suche nach der neuen Welt. In: Süddeutsche Zeitung. 21.4.1992. Sociedad Estatal de Gestión de Activos (Hg.): Offizieller Expo '92 Führer. Sevilla, Mailand 1992. Ulrike Stark: Weltausstellung 1992 - Sevilla. (IRB-Literaturauslese 3401) Stuttgart 1992. L. Calvo Teixera: Universal Exhibitions. The World in Seville. Barcelona 1992. Alexander Tzonis, Liane Lefaivre: Movement, Structure and the Work of Santiago Calatrava. Basel 1995. O.A.: Weltausstellung. Aha, die Deutschen. In: Der Spiegel. 34/1990, S.164-166.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1992 in Sevilla Eine neue Infrastruktur für die Stadt

Jahr:

1992

Stadt: Sevilla Land:

Spanien

1 2

Dauer: 20. April - 12. Oktober 1992

Copyright:

Eine neue Infrastruktur Mit Hilfe eines Generalplans sollte Sevilla für die Herausforderung der Weltausstellung gerüstet und zu einer hochmodernen Großstadt ausgebaut werden. Der Plan sah die Erneuerung und den Ausbau des Straßen- und Schienennetzes innerhalb der Stadt vor, wodurch eine engere Verbindung der Stadtteile miteinander erzielt und der Durchgangsverkehr reduziert werden sollte. Hinzu kam die Umgestaltung zahlreicher öffentlicher Plätze. Durch eine veränderte Trassenführung der Eisenbahn wurde die Anbindung an das nationale Schienennetz verbessert, wurden Reisezeiten verkürzt und die Gleise, die zuvor die Innenstadt in zwei Hälften trennte, konnten unterirdisch verlegt werden. Die beiden ursprünglichen Bahnhöfe wurden dadurch überflüssig und mit dem Neubau der Station Santa Justa von Antonio Cruz und Antonio Ortiz ersetzt. Dieses mit Anklängen an die Zeit des Art déco entworfene Verkehrsbauwerk der zwei Architekten aus Sevilla gilt als eines der architektonisch markantesten Bauwerke, die im Zusammenhang mit der Expo entstanden. Neben den zahlreichen neuen Autobahnen wurde die neue Schnellzugstrecke AVE von Madrid nach Sevilla, die die Fahrtzeit von zehn auf nur drei Stunden verkürzen sollte, geradezu als Sensation angekündigt. Zu alledem kam noch der Neubau eines Flughafenterminals nach einem Entwurf von Rafael Moneo und der Ausbau des Hafens im Süden der Stadt, der in Erwartung lebhaften Frachtverkehrs großzügig dimensioniert wurde. Die neuerbaute Avenida Torneo, ein Straßenzug, der auf dem Gelände der ehemaligen Eisenbahnstrecke errichtet wurde, erschloss nun das Viertel, das dem Ausstellungsgelände am Guadalquivir gegenüberliegt. Die Flussseite selbst wurde durch Terrassen und Alleen attraktiver gestaltet. Um die Expo leicht von der Stadt aus erreichbar zu machen und dem Fluss wieder seine Bedeutung als wichtiges urbanes Element zurückzugeben, wurden zudem sieben neue Brücken gebaut. Den Hauptzugang des Areals bildet eine Brücke, die von der Innenstadt zum Kloster führt. Die bewusst zurückhaltende Konstruktion mit einem asymmetrischen Kastenträger wurde von Luis Viñuela und Fritz Leonhardt entworfen. Nördlich davon befindet sich die Barqueta-Brücke nach den Entwürfen von Juan Arenas und Marcos Pantaleón, erkennbar an ihrem langgezogenen, Zugseile tragenden Bogen, der sich an den Enden oberhalb der Straßenebene jeweils zum Durchgang öffnet. Gleichsam als Ersatz für die fehlende Symbolarchitektur der Expo ist der Entwurf von Santiago Calatrava für eine große Autobahnbrücke anzusehen. Er errichtete die Alamillo-Brücke mit einem 140 Meter hohen, schräggestellten Pylon, der einseitig von diagonalen Zugseilen fixiert wird, die sich quer über den Fluss bis ans andere Ufer spannen. Um dem erhofften, doch überaus großzügig kalkulierten Andrang der Ausstellungsbesucher begegnen zu können, wurden um das Ausstellungsgelände 40.000 Parkplätze für PKW und 1.100 für Busse errichtet. Den Besuchertransport innerhalb des Expo-Areals übernahmen eine Magnetschwebebahn, eine Gondelseilbahn, Busse, Elektroautos für Angestellte, Boote und ein Catamaran.


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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1992 in Sevilla Von Pagoden und Containern

Jahr:

1992

1

Stadt: Sevilla Land:

Spanien

Dauer: 20. April - 12. Oktober 1992

Copyright:

Die Pavillons Einen weitaus größeren Eindruck beim Fachpublikum hinterließ jedoch der japanische Beitrag. Von den Ausstellern als "größtes Holzbauwerk der Welt" bezeichnet, avancierte dieser Pavillon von Tadao Ando zu einem Höhepunkt der Expo 92. Lediglich ergänzt durch Beton und Faserzement für den Sockel und die Seitenwände, erinnert die hauptsächliche Verwendung von Holz an die traditionelle Bauweise Japans. Die pagodenartig geschwungene Form des vierstöckigen Pavillons mit konkaven, völlig geschlossenen Holzfassaden aus Stäbchenplatten wurde von außen nur an der Frontseite durch eine Brückenwölbung ohne Sockel unterbrochen. Die Rückbesinnung auf die traditionellen japanischen Werte bestimmte auch die Auswahl der Exponate. Götterfiguren, Schriftzeichen und alte Ritterrüstungen führten zur Entdeckung der "einfachen Kultur des wahren Japan". Dieser kontemplative Ansatz stand ganz im Gegensatz zu dem gigantischen Bildschirm, den die Firma Sony am anderen Ende des Geländes aufstellte, um über eine Closed-circuit-Schaltung ein Spiegelbild des Geschehens vor dem Bildschirm zu liefern. Der High-Tech-Entwurf des britischen Architekten Nicolas Grimshaw für den Pavillon seines Landes war in der ideellen Nachfolge des Kristall-Palastes als ein nur auf kurze Dauer bestehendes Gebäude geplant. Die vollständig verschraubbare Konstruktion wurde in Einzelstücken nach Sevilla verschickt und die Bauelemente konnten nach der Expo wieder für andere Aufgaben benutzt werden. Die ganze Westwand des Pavillons etwa bestand aus mit Wasser gefüllten Containern, die die Tageshitze absorbierten. Ergänzt durch eine mit einem achtzehn Meter hohen Wasservorhang gekühlte Wand passte sich der Bau den inhaltlichen und klimatischen Bedingungen der Ausstellung an. Ebenfalls auf das Bild des Temporären verweisend und anknüpfend an die Tradition der Toldos, jener Sonnensegel, die in Sevilla wegen der Sonnenhitze Straßenpromenaden überspannen, fungierten vorgespannte Segeltücher. Sie bedeckten die Pavillonkonstruktion als schwebend leichtes Dach und schlossen die Nord- und Südseite des Gebäudes ab. Verstellbare Lamellen über dem Dach sorgten für optimalen Sonnenschutz zu jeder Tageszeit. Das gelungene Projekt, eine Oase in der Sonnenhitze mittels anspruchvoller architektonischer Gestaltung zu schaffen, machte den britischen Pavillon selbst mehr denn seine wie in einem Warenhaus präsentierten Exponate zum Ereignis. Weniger die eigene fortschrittliche Technologie preisend noch das Thema der Expo architektonisch inszenierend, stellte sich Chile mit einem anderen Anliegen vor - mit einer Aktion, die selbst für mehrere Wochen zum Medienereignis wurde. Ein Eisberg aus der Antarktis wurde nach Sevilla transportiert, um dort stellvertretend für die chilenische Natur ausgestellt zu werden. Zusammen mit dem beeindruckend filigranen Holzpavillon mit flachem Kupferdach, der das Licht durch Lamellen und Oberlichtgaden gefiltert in den großen Innenraum fließen ließ, war dieser Ort ein beliebtes Ziel der Besucher, um dem hektischen Treiben der Umgebung zu entfliehen. Die Schweizer Ausstellungskommission dagegen verwarf ihren ursprünglichen Plan, einen Turm ebenfalls aus Eis aufzustellen. Das Konzept dieser sehr vergänglichen Festarchitektur musste aus pragmatischen Gründen einem weithin sichtbaren und


ebenfalls vergänglichen Turm aus weißem Papier weichen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1992 in Sevilla Wassergekühlte Stahlträger und schwenkbare Sonnensegel

Jahr:

1992

1

Stadt: Sevilla Land:

Spanien

Dauer: 20. April - 12. Oktober 1992

Copyright:

Der deutsche Pavillon Eine zuvor heftig umstrittene Kompromisslösung war der deutsche Pavillon. Im Herbst 1989 gewannen die Stuttgarter Architekten Fritz Auer und Carlo Weber, Partner von Günter Behnisch beim Bau des Münchner Olympiaparks, den ersten Preis im Wettbewerb für die Gestaltung des deutschen ExpoBeitrags. Ihre filigrane Konstruktion mit wassergekühlten Stahlträgern und schwenkbaren Sonnensegeln sollte über einem künstlichen See errichtet werden. Der im Frühling 1990 bereits in Sevilla präsentierte Entwurf wurde jedoch aus zwei Gründen nachträglich abgelehnt. Zum einen missfiel die selbstironische Inszenierung der "Deutschlandschaft" des Münchner Bildhauers Albert Hien, der von den Architekten mit der Ausgestaltung beauftragt worden war. Schließlich stellte die Bundesbaudirektion in ihren Berechnungen fest, dass die Kosten für den Pavillon den vorgesehenen Etat von 27 Millionen Mark um mehr als das Doppelte überschritten hätte. Der im Gegenzug präsentierte Ersatzpavillon stammte aus der Schublade des die Jury beratenden Architekten Georg Lippsmeier, der diesen Entwurf bereits 1988 für eine deutsche Industrieschau in NeuDelhi konzipiert hatte. Besonders die markante Dachkonstruktion verlieh dem Gebäude seine einprägsame Form. Ein schrägstehender, 54 Meter hoher Pylon trug azentrisch ein riesiges ovales Luftkissendach aus Segeltuch. Das Dach überdeckte eine offene, von allen Seiten zugängliche Struktur aus vier übereinander gestapelten Terrassen. Da Lippsmeier allzu direkt in das Wettbewerbsverfahren eingebunden war, übernahm die Radolfzeller Firma IPL mit Harald Mühlberger die Planung und Ausführung des Pavillons, der für etwa 30 Millionen DM errichtet werden konnte. Auf dem ebenfalls vom Sonnendach beschatteten Platz vor dem Gebäude wurden die Besucher von bayerischer Gastronomie empfangen. Dazu drehte sich ein Narrenkarussell mit den Helden spanischer und deutscher Schelmenromane wie Till Eulenspiegel, dem Baron von Münchhausen oder Don Quijote. Im Inneren wurden die obligatorischen Stücke der Berliner Mauer aufgestellt und in einer Inszenierung der Berliner Bühnenbildner Harald Koppelwieser und Manfred Gruber ein Spaziergang durch die deutsche Kulturgeschichte angeboten: vom mit Geistesgrößen bevölkerten Gelehrtenzimmer Alexander von Humboldts über den Lilienthalschen Hängegleiter bis zum einem Videofilm über deutsches Familienleben.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1998 in Lissabon Das Jahr der Ozeane

Jahr:

1998

1

Stadt: Lissabon Land:

Portugal

Dauer: 22. Mai - 30. September 1998

Copyright: Luiz Trigueiros und Claudio Sat: Architecture. Lisbon Expo'98. Lissabon, 1998, S.76

Einleitung Anlass für die Expo '98 war die 500-Jahrfeier der Indienreise Vasco da Gamas, die Lissabon zu einer der wichtigsten Hafenstädte gemacht hatte. Mit dem Motto "Die Ozeane, Erbe für die Zukunft" sollte weltweit zum Schutz der Meere aufgerufen werden. War die Umsetzung der Thematik in vielen Exponaten meist rein spielerischer Natur, so untermauerte der begleitende "Welt-Meer-Gipfel" das Anliegen aber auch wissenschaftlich und führte zur Gründung einer europäischen Ozeanagentur. Lissabon nutzte die Expo als entscheidenden Impuls für die Stadtentwicklung, zur Rückgewinnung der großen Industriebrachen am Ufer des Tejo. Hier wurde das Ausstellungsgelände implantiert, das von Beginn an als dauerhafter und integrativer Bestandteil eines neu zu bauenden Stadtviertels geplant wurde.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1998 in Lissabon

Jahr:

1998

1

Stadt: Lissabon Land:

Portugal

Dauer: 22. Mai - 30. September 1998

Copyright: Official Catalogue, 1998 Lisbon World Exposition. Pavilion of the Future. Lissabon 1998

Daten Offizielle Bezeichnung: Exposicao mundial de Lisboa, Expo '98 Ort: Zentrum von Olivais am Ufer des Tejo im Nordosten der Stadt Fläche: 65 Hektar Anlass: 500-Jahrfeier der Entdeckung Indiens durch Vasco da Gama Thema: Die Ozeane, ein Erbe für die Zukunft Ziel: Gründung einer europäischen Ozean-Agentur, Verabschiedung eines internationalen Abkommens zur Nutzung und zum Schutz der Weltmeere Wahrzeichen: Vasco da Gama-Turm, Aquarium Organisation: Staatliche Planungsgesellschaft Parque Expo 98 S.A. Ausstellungskommissar: Antonio Mega Ferreira Geländeplanung: Manuel Salgado Stadtentwicklung: Erweiterung des Nahverkehrsnetzes und Bau des Ostbahnhofs, Planung des neuen Stadtviertels Olivais Dauer: 22. Mai - 30. September 1998 (132 Tage) Eröffnung: 21. Mai 1998 durch Staatspräsident Jorge Sampaio Teilnehmer: 155 Nationen Erwartete Besucher: 15 Millionen Besucher: 8 Millionen Eintrittspreis: 5.000 Escudos (= 50 Mark)


Kosten: 3,7 Milliarden Mark

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1998 in Lissabon Investitionen für die Zukunft

Jahr:

1998

Stadt: Lissabon Land:

Portugal

Dauer: 22. Mai - 30. September 1998

1 2 3

Copyright: Luiz Trigueiros und Claudio Sat: Architecture. Lisbon Expo'98. Lissabon, 1998, S.41

Vorgeschichte Anlass für die, "Die Ozeane, ein Erbe für die Zukunft" betitelte, Weltausstellung 1998 war die 500Jahrfeier der Indienreise Vasco da Gamas, die Lissabon zu einer der wichtigsten Hafenstädte der Welt gemacht hatte. Dabei wurde die Expo von Beginn an vor allem als Impulsgeber für die Stadtentwicklung gesehen. Brachliegende Hafen- und Industrieanlagen am Ufer des Tejo im Nordosten der Altstadt sollten im Zuge der Ausstellungsplanung saniert, umstrukturiert und wieder an die Stadt angebunden werden. Da der Hafen nach dem Erdbeben im 18. Jahrhundert, der Erschließung des Hinterlandes, der Industrialisierung und dem Verlust der Kolonien an Bedeutung verloren hatte, war das Gebiet teilweise von Raffinerien, Schlachthöfen oder als Mülldeponie genutzt worden. Die Stadt, die traditionell auf das Wasser ausgerichtet war, sollte nun durch einen aufwendigen Umbau diese Bindung zurückgewinnen. Erste konkrete Planungen für das Vorhaben der Expo begannen 1987, als die Architektenkammer einen städtebaulichen Wettbewerb zur Umgestaltung der Gebiete am nördlichen Tejo-Ufer ausschrieb. (Zwei Jahre später beherrschte das Thema Stadtplanung den Kommunalwahlkampf.) Die Hafenbehörde zeigte sich offen für das Projekt, entwickelte ein eigenes Strukturkonzept und stellte leerstehende Hafenanlagen für den Umbau zur Verfügung. Im Bereich des ehemaligen Wasserflughafens wurde eine 600 Meter breite Uferzone gefunden, die durch den Bau der 17 Kilometer langen Vasco da Gama-Brücke über den Tejo auch an den Süden des Landes angebunden werden konnte. Andererseits sollte die Verlängerung der Nahverkehrslinien von der Stadt aus für die Erschließung des Geländes sorgen. Mit diesem ersten Konzept des städtischen Planungsamtes bewarb sich Lissabon 1992 erfolgreich beim B.I.E., das die Ausrichtung einer Fachausstellung mit dem Thema "Ozeane" in Lissabon für 1998 registrierte. Kurze Zeit später wurde die staatliche Entwicklungsgesellschaft 'Parque Expo 98 S.A.' gegründet, die von nun an für die konkrete Planung verantwortlich war und der große Teile der 330 Hektar großen Fläche übertragen wurden. Finanziert werden sollte die Umstrukturierung aus dem Verkauf von Grundstücken oder Gebäuden, während die Veranstaltungskosten der Expo mit den Eintrittsgeldern gedeckt werden sollten. Gemäß dem inzwischen erstellten Masterplan sollte das Gelände bis zum Jahre 2010 in ein neues Stadtviertel umgestaltet werden: mit Wohnungen für 25.000 Menschen, Grünanlagen, Büros, Schulen, Kindergärten, einer Klinik, Restaurants, Cafés und einem zentralen Einkaufszentrum. 65 Hektar der Gesamtfläche waren für die Gebäude der Expo vorgesehen, die nach der Ausstellung zu einem multifunktionalen Stadtzentrum umgebaut werden würde. Der Masterplan gliederte die fünf Kilometer lange und 800 Meter breite Gesamtfläche, die von einer Ringstraße, einer Bahnlinie und dem Ufer des Tejo begrenzt wird, nach dem Prinzip der Blockrandbebauung entlang dreier Straßenachsen. Zur Verkehrsberuhigung sah der Plan den Ausbau des Nahverkehrsnetzes vor, das mit dem neuen


Ostbahnhof eine moderne Schnittstelle für alle Verkehrsmittel erhielt. Besonders diese Ergänzungen der Verkehrslinien, die überall den Bau von neuen Stationen nach sich zog, verwandelten die ganze Stadt in eine Großbaustelle. Das Expo-Gelände konnte von der Lissabonner Altstadt aus auch direkt mit Schnellfähren angesteuert werden.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1998 in Lissabon

Jahr:

1998

1

Stadt: Lissabon Land:

Portugal

Dauer: 22. Mai - 30. September 1998

Copyright: Official Catalogue, 1998 Lisbon World Exposition. Pavilion of the Future. Lissabon 1998

Kommentare Paula Santos, Rui Ramos und Miguel Guedes: Zur Architektur des Pavillons der Zukunft Es besteht bei Weltausstellungen heutzutage die wachsende Tendenz, sich darauf zu konzentrieren, was auf ihnen tatsächlich ausgestellt wird. Die Gebäude hingegen werden eher als 'Container' oder 'Lagerräume' betrachtet, während die Inhalte und der erklärende Diskurs bei der Bedeutung und dem Interesse an erster Stelle stehen. Schließlich ist dies der Hauptgrund, weshalb die Menschen vor allem hier hin kommen ( .. .) Was ... benötigt wurde, war eine klare Abfolge der Räume (...) Im Verlauf des Reifungs- und Konsolidierungsprozesses wuchs die Idee der Form des Gebäude und seines Konzepts, indem wir uns zunehmend der Vorstellung eines 'Lagerraums' für die Ausstellung entledigten. Das Design entwickelte ein eigenes Leben und gewann an individueller Ausdruckskraft, die es relativ unabhängig von allen Themen und Diskursen machten, die ihm hätten entgegen stehen können. Gleichzeitig gewann es eine Form als mannigfaltiges und strukturiertes Konzept.

Wolfram Weimer: Angstschreie, Fiepsen und der Liebeslaut der Delphine (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. Juni 1998) " (. .. ) Der Versuch, die uns entwachsene Welt - oder auch nur seine Ozeane - wieder auf dem Gelände einer hübsch dekorierten Messe einzufangen, ist naiv und muß scheitern. Der in Lissabon allenthalben spürbare Versuch, den Sinnlichkeitsverlust durch moderne Technik virtueller Welten zu kompensieren, macht die Sache nur schlimmer. Man kann auf der Expo an Dutzenden von Computern ins Internet surfen - nur dazu braucht man nicht nach Lissabon. Diese Weltausstellung nutzt nicht nur in übertriebener Weise das Internet - sie ist wie das Internet selbst. Sie verbreitet die Suggestion des Omnipotenten, die Idee der Welt als Dorf, die Vorstellung einer totalen Verfügbarkeit.

Filippo Beltrami Gadola: Der Pavillon der Utopie ... Der utopische Aspekt des Pavillons besteht darin, dass er in großem Maßstab ein verantwortungsvolles, konkretes Öko-Design verkörpert, das eine effektive, ökonomische Lösung für die Anforderungen einer Welt bietet, die besorgt ist über die Erneuerung ihrer Energiequellen und die Konsequenzen und Folgen des Fortschritts, so wie er seinen scheinbar unabwendbaren Gang geht. Eine Welt, die ängstlich zumindest einige klare Zeichen für einen Wechsel der Richtung, wenn nicht für eine drastische Wende erwartet.


Florian Rötzer: Das Aquarium Auch bei der Weltausstellung in Lissabon will man nicht nur ein Meer in der künstlichen Biosphäre anbieten, sondern man will, um sie attraktiver für das erlebnishungrige Publikum zu machen, das durch Medien und Ortlosigkeit verwöhnt, stets fragt, warum es gerade hierher kommen soll, gleich alle Ozeane vorführen. Eingebettet in eine permanente Tonkulisse tauchen die Besucher "völlig in die Anblicke, Geräusche und Gerüche der natürlichen Umgebungen" ein, von denen sie nur durch Glas getrennt sind, woran sie, reichlich vor ihren Bildschirmen sitzend, ja schon gewöhnt sind. Weil das Wasser aber schon zu verschmutzt ist, bereitet man das notwendige Naß für die fünf Habitate aufwendig aus dem Lissabonner Trinkwasser auf und salzt es ein. Übrigens sind die "Felsen" der Azoren und die antarktischen Klippen aus Zement, die langen Kelpalgen aus Kunststoff, das Korallenriff ist auch ein Fake, die Meereskulissen sind gemalt. Aber die Natur, wenn sie auch noch so künstlich ist, reicht für das virtuelle Zeitalter nicht aus, das sich gerne futuristisch gibt. (...) wenn man in der virtuelle Realität der Ozeane eintaucht und eine virtuelle Kamera benutzt, kann man sogar wieder in die wirkliche Welt blicken. Ein barockes Unternehmen." Quelle: Emília Ferreira und Klaus von Gaffron, Circuitos d´Água. Ausst.-Kat. Instituto de Arte Contemporanea, Lisboa 1998, S. 7.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1998 in Lissabon Im Reich des Virtuellen - Die internationale Ausstellung

Jahr:

1998

Stadt: Lissabon Land:

Portugal

1 2

Dauer: 22. Mai - 30. September 1998

Copyright: Luiz Trigueiros und Claudio Sat: Architecture. Lisbon Expo'98. Lissabon, 1998, S.189

Gel�nde Für die Expo '98 waren keine eigenständigen Länderpavillons vorgesehen. Den ausländischen Teilnehmern wurden stattdessen in den großen Ausstellungshallen im Norden und Süden des Geländes Flächen zugewiesen. Die vier, je 10.000 Quadratmeter großen Hallen im Norden standen im Abstand von 25 Metern hintereinander. Hier wurden 54 Nationen untergebracht. Mit unterschiedlich hohen Raumfachwerkdächern wollten die Architekten bildhaft die Wellenbewegung des Wassers aufgreifen und den riesigen Kästen ein dynamischeres Aussehen verleihen. In einem südlichen Anbau richteten die Architekten in Hinblick auf die spätere Nutzung der Hallen für das Messegelände Lissabons eine Post, Banken, ein medizinisches Zentrum, Verwaltungs- und Konferenzräume ein. Ein Personenförderband ermöglichte von dort den schnelleren Zugang zu den Ausstellungen. Die Südhallen von Manuel Salgado, deren Grundriss mit Wegen und Plätzen strukturiert war, bedeckten 50.000 Quadratmeter für 43 Nationen. Als nur temporäre Gebäude sollten sie nach der Ausstellung durch Wohnflächen ersetzt werden. Die meisten teilnehmenden Nationen versuchten mit ihren Exponaten, einen Bezug zum Weltausstellungsthema 'Die Ozeane' herzustellen. Die Ansätze und Ideen reichten vom angeblich interaktiven Delphinarium - einem riesigen dreidimensionalen Computerspiel, bei dem die Besucher verschiedene Delphinlaute vor einer Großleinwand abrufen konnten - bis zum Vorschlag Russlands, einen Eisberg an die Mündung des Tejo zu versetzen, der aus finanziellen Gründen jedoch aufgegeben werden musste. Die meisten Ausstellungen nutzten neue audiovisuelle und computergestützte Medien für ihre Rauminstallationen, bei denen durch technische Tricks neue sinnliche Erfahrungen simuliert werden sollten. Das Erscheinungsbild der Installationen lag zwischen Werken der Videokunst der 1980er Jahre und der Ästhetik von Computerspielen. Videoprojektionen auf und unter Wasserflächen, Vermischung von realen Gegenständen wie Booten mit Computersimulationen oder ein 3D-Kino unter künstlichem Regen, versetzten die Zuschauer in eher dekorative Unterwasserwelten, Forschungsatmosphären und auf Seefahrten. Die verspielte Umsetzung des Themas zeigte sich auch in Details der Geländeausstattung wie den vielen Brunnen oder den wellenförmigen Sitzbänken auf der Hauptpromenade 'Wasserweg'. Im deutschen Pavillon in den Nordhallen tauchte der Besucher auf 1.620 Quadratmetern dank einer Computersimulation in die 100 Meter tief gelegene Meeresforschungsstation 'Oceanis'. Möwengeschrei, Wind- und Wasserrauschen am Eingang der Fahrt wurden abgelöst von immer dumpfer werdendem Motorenbrummen und an den Fenster vorbeiziehenden Fischschwärmen. Unten angekommen, führte ein Tunnel zum 'Archiv des Meeres', in dem über ökologische Fragen zu deutschen Küsten, über Umweltschutz auf hoher See, über Fragen der Klima- und Polarforschung oder Möglichkeiten der Überwachung der Seefahrt informiert wurde. Dabei konnten sich die Besucher auf einem Forschungsschiff über ein virtuelles Meer befördern lassen. Die technische Abteilung zeigte Beispiele der


industriellen Nutzung der Ressourcen des Meeres. Hier wurden Techniken der Ölabschöpfung, Chemikalientanker und luxuriöse Kreuzfahrtschiffe präsentiert. Danach fuhr der Expo-Jet schließlich mit den Besuchern an Bord wieder nach oben, zurück zur Wasseroberfläche, von da hob er ab, raste durch Luft und Zeit, um auf der Expo 2000 in Hannover zu landen.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1998 in Lissabon Ein Bahnhof für die EXPO

Jahr:

1998

Stadt: Lissabon Land:

Portugal

1 2

Dauer: 22. Mai - 30. September 1998

Copyright: Luiz Trigueiros und Claudio Sat: Architecture. Lisbon Expo'98. Lissabon, 1998, S.76

Architektur Dank der Offenheit, der Transparenz und der dynamischen Einbindung in das städtische Umfeld schlug 1994 beim Wettbewerb für den neuen Ostbahnhof Santiago Calatravas mit seinem Entwurf so berühmte Konkurrenten wie Nicholas Grimshaw oder Ricardo Bofill aus dem Feld. 1995 begannen die Bauarbeiten am westlichen Rand des Expo-Geländes. Der Bahnhof zum multifunktionaler Verkehrsknotenpunkt für die östlichen Stadtteile werden. Autobahn, S- und U-Bahn, Regionalbahn, Buslinien, die Verbindung zum nahegelegenen Flughafen, Parkplätze und Taxistände sollten dort zusammengefasst werden. Dazu mussten alle Verkehrslinien ausgebaut und erweitert werden und das komplexe System musste an diesem Punkt auch koordiniert werden. Um ein belebter Mittelpunkt des neuen Stadtteiles werden zu können, musste der Bahnhof darüber hinaus den Fahrgästen und den Bewohnern des neuen Stadtteils eine attraktive Infrastruktur bieten. Calatrava wählte für diese vielfältigen Anforderungen das Prinzip mehrerer übereinanderliegender Plattformen mit unterschiedlichen Funktionen, die über breite Treppen, Galerien, Balkone und tunnelartige Wege miteinander verbunden waren. Die Zugtrassen, die vorher eine Barriere zwischen der Stadt und dem Hafengelände bildeten, wurden auf vierzehn Meter Höhe verlegt, so dass sich Fußgänger im Bereich des Bahnhofs auf mehreren Ebenen unter den Gleisen bewegen können. Felder aus Glasbausteinen, die in die Bahnsteige eingelassen wurden, und eine langgestreckte Passage aus geätztem Glas sorgen für die natürliche Beleuchtung tieferliegender Zonen. Auf dem Straßenniveau wurden drei breite Passagen - eine davon nur für Fußgänger � angelegt, die die Stadtteile miteinander verbinden. Zum beherrschenden Motiv des 238 Meter langen Bahnhofgebäudes sollte die transparent und kristallin wirkende Dachlandschaft werden. Auf 60 vegetabil geformten Stahlmasten, die sich wie Bäume in den Kronen verzweigen und zu einem Netz aus feinen Stahlträgerästen verbinden, liegen die pyramidalen Glaselemente. Durch Verwendung der traditionellen Pflasterung der Böden mit sandfarbenem, mit Intarsien aus schwarzem Basalt geschmückten einheimischem Kalkstein, auch innerhalb des Bahnhofs, scheint sich das Bahnhofsgelände optisch mit den umliegenden Wegen und dem Expo-Gelände zu verbinden. Von den Bahnsteigen aus führen breite Treppen zur mit flachen Stahlbetonträgern gestützten Eingangshalle mit Fahrkartenschaltern, Bars und Kiosken. In Richtung Osten erweitert sich diese Ebene durch eine Geschäftsgalerie bis zu dem parabelförmigen Platz. Der Bahnhof wurde so zum Eingang der Expo und zum Foyer des neuen Stadtviertels Olivais. Von der Haupthalle gelangen die Fahrgäste über glasüberdachte Stege zu den Busstationen, die an den 112 Meter langen, auf flach gebogenen Stahlträgern liegenden Dächern zu erkennen sind. Wie riesige Flügel ragen diese wellenförmig gebogenen Glasdächer scheinbar schwerelos weit über ihre Stützen hinaus. Unter der Busstation verbirgt sich das Parkhaus für mehr als 2.000 Autos. 25 Meter unterhalb der Gleise schließlich fährt die


U-Bahn. Von deren Bahnsteigen aus gelangen die Fahrgäste über Rolltreppen ins Freie, zu den Bussen oder in die zentrale Halle. In seiner konstruktiven Klarheit, Funktionalität und Offenheit der Umgebung gegenüber scheint der Bahnhof alle zukünftigen Anforderungen an ein lebendiges Zentrum für Olivais erfüllen zu können.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1998 in Lissabon Die Pavillons der Ozeane und der Meereskunde

Jahr:

1998

Stadt: Lissabon Land:

Portugal

Dauer: 22. Mai - 30. September 1998

1 2 3

Copyright: Luiz Trigueiros und Claudio Sat: Architecture. Lisbon Expo'98. Lissabon, 1998, S.143

Thema Mit dem Pavillon der Ozeane, dessen Aquarium fünf Millionen Liter Wasser fasst, übertraf der Architekt (und begeisterte Taucher Peter Chermayeff) selbst sein Aquarium für Osaka, das bis dahin als das größte der Welt galt. Den Bau platzierte er mitten im Becken des ehemaligen Wasserflughafens, das als Doca dos Olivais im Zentrum des Ausstellungsgeländes lag. Der auf Stelzen errichtete, würfelförmige Pavillon, der nur über Stege erreichbar ist, scheint wie ein Schiff im Wasser zu schwimmen. Ein 6.000 Kubikmeter großes Wasserbecken und vier Einzelaquarien an den Eckpunkten beherbergen etwa 15.000 Fische aus 200 Arten. Hier wird modellhaft versucht, die unterschiedlichen Biosphären des Atlantiks und des Pazifiks, des indischen Ozeans und der Antarktis zu simulieren. Die Besucher gehen durch dunkle, kühle Gänge, die per Lautsprecher mit Meeresgeräuschen beschallt werden, an den Sichtfenstern vorbei, um einen Blick in die Tiefen der Unterwasserwelten zu werfen. In anderen Pavillons wurde versucht, das Thema Ozeane eher über neue audiovisuelle Medien, Fundstücke aus den Meeren oder Modellbauten zu vermitteln. Für den Pavillon der Meereskunde wählte sein Architekt João Luîs Carrilho da Carça zwei weiße Kuben - einen liegenden Block und einen 12 Meter hohen, schmalen Turm. Beinahe ohne Öffnungen war das Gebäude in seiner schlichten Klarheit als Ruhepol innerhalb des bunten Expo-Gewimmels gedacht. Nachts eignete sich die Fassade als Fläche für Großprojektionen. An der Nordseite befand sich ein quadratischer Hof mit einer Rampe, die zum Eingang im ersten Stock führte. Von dort gelangte der Besucher jeweils durch schmale Korridore mit Projektionen in die verschiedenen Ausstellungsräume. Die Innenarchitektur richtete sich im Gegensatz zu den klaren Außenwänden ganz nach den von den Exponaten gestellten Anforderungen und nach der an einer Führungslinie ablaufenden Ausstellungskonzeption. Trotzdem behielten die Architekten die spätere Nutzung des Gebäudes als Forschungs- und Wissenschaftszentrum des Pavillons im Auge. Der Sektor der Schifffahrt, in dem riesige Schiffsrümpfe zu sehen waren, war der Geschichte früher Navigationssysteme und der Schiffstypen gewidmet. Durch einen Gang, in dem mit alten Weltkarten an die erste Weltumsegelung Magellans 1519/20 erinnert wurde, gelangten die Besucher in den der Kartographie und Untersuchung physikalischer Phänomene zugedachten Sektor der Forschung, in dem Karten von Kolumbus und Vasco da Gama auf den Boden und an die Wände projiziert wurden. Der nächste Sektor informierte über das Tiefseetauchen und die Technik von Unterwasserbooten. Im Erdgeschoss schließlich befand sich die Ausstellung über die Nutzung der Ressourcen des Meeres, die in die Bereiche Hafen, Fischfang und Ölgewinnung eingeteilt war. Im zentralen, 35 Meter hohen Hauptraum des Pavillons schließlich wurde ein riesiges Schiff installiert, dessen Bauphasen abschnittweise offengelegt waren. Weitere Schiffe in Originalgröße konnte man noch im Pavillon der Schifffahrt an der ehemaligen Werft sehen.


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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1998 in Lissabon

Jahr:

1998

1

Stadt: Lissabon Land:

Portugal

Dauer: 22. Mai - 30. September 1998

Copyright: Official Catalogue, 1998 Lisbon World Exposition. Pavilion of the Future. Lissabon 1998

Bibliographie Rui Cardoso (Red.), The Official Expo Guide. Lissabon 1998. Expo '98. Forma e Personalidade. Lissabon 1998. Emília Ferreira und Klaus von Gaffron, Circuitos d'Água. Ausstellungs-Katalog. Instituto de Arte Contemporanea, Lisboa 1998. Filippo Beltrami Gadola, La chiglia rovesciata. Utopia Pavilion, Expo 98, Lisbon. In: L'Arce, Nr. 126, Mai 1998, S. 76-83. Christian Gänshirt, Fragile Monumentalität. Der Portugiesische Pavillon von Alvaro Siza. In: Bauwelt, Bd. 89, Nr. 26, 10.7.1998, S. 1498-1503. Werner Jakob, Im gläsernen Geäst der Zukunft. Ein verkehrsberuhigender Wiedergänger des Kristallpalastes: Lissabons neuer Ostbahnhof von Santiago Calatrava. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8.7.1998. Friedrich Kassebeer, Der Wellenschlag der Zukunft. In: Süddeutsche Zeitung, 20./21.5.1998. Ders., Portugals Fähigkeit zu großen Werken. Virtuelle Realität der Unterwasserwelt. In: Süddeutsche Zeitung, 22.5.1998. Barbara Keiler, Pavillon der Meereskunde. Ein Museum von Joao Luis Carrilho da Graca. In: Bauwelt, Bd. 89, Nr. 26, 10.7.1998, S. 1504-1507. Dies., Bleibendes und Temporäres. Die internationalen Expohallen. Ebd., S. 1508-1510. Dies., Estacao do Oriente. Der Bahnhof von Santiago Calatrava. Ebd., S. 1514-1516. Reiner Nagel, Expo der Weltmeere. Zur Weltausstellung in Lissabon. In: Bauwelt, Bd. 89, Nr. 26, 10.7.1998, S. 1492-1497. Official Catalogue, 1998 Lisbon World Exposition. Portuguese Pavilion. Lissabon 1998. Official Catalogue, 1998 Lisbon World Exposition. Pavilion of the Future. Lissabon 1998.


Official Catalogue, 1998 Lisbon World Exposition. Knowledge of the Seas Pavilion. Lissabon 1998. Luiz Trigueiros und Claudio Sat (Hg.), Projects. Lisbon Expo 98. Lissabon 1996. Dies. (Hg.), Architecture. Lisbon Expo '98. Lissabon 1998. Wolfram Weimer, Angstschreie, Fiepsen und der Liebeslaut der Delphine. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.6.1998. Ders., Ozeane. In: Deutschland, August 1998, Nr. 4, S. 18-23.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1998 in Lissabon Ein Stadtzentrum für Olivais: Ein Stadtzentrum für Olivaes

Jahr:

1998

Stadt: Lissabon Land:

Portugal

Dauer: 22. Mai - 30. September 1998

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Copyright: Luiz Trigueiros und Claudio Sat: Architecture. Lisbon Expo'98. Lissabon, 1998, S.198

Eine neue Infrastruktur 1993 wurde der Portugiese Manuel Salgado als Sieger eines internationalen Ideenwettbewerbs mit der Planung für das Expo-Gelände beauftragt. Sie stand in engem Zusammenhang mit einer städtebaulichen Veränderung Gesamt-Lissabons. Salgados Plan sah vor, neben dem portugiesischen Pavillon vier Themenpavillons zu errichten, die nach der Ausstellung von zentraler Bedeutung für die Infrastruktur des neuen Stadtteils Olivais sein würden. Im Pavillon der Ozeane sollte ein Aquarium für Lissabon eingerichtet werden, der Pavillon der Utopie sollte als Mehrzweckhalle und der Pavillon der Zukunft als Museum genutzt werden. Aus dem Pavillon der Meereskunde sollte ein Forschungs- und Wissenschaftszentrum werden. Zwischen den im Norden und Süden des Geländes untergebrachten Ausstellungsbereichen für die ausländischen Teilnehmerstaaten befand sich das Wasserbecken Doca dos Olivais, in dessen Mitte das Oceanarium errichtet wurde. Gegenüber dem Eingangsbau dieses Aquariums entstand das Jules-VerneTheater mit 1.000 Sitzplätzen. An der westlichen Seite wurde das Expo-Gelände von dem neuen Ostbahnhof begrenzt, an dem alle Nahverkehrslinien zusammentrafen und sich die Taxistände sowie die großen Parkplätze befanden. Das Gelände selbst wurde von zwei Hauptwegen erschlossen. Die Uferpromenade am Tejo wurde mit Restaurants und Imbissständen ausgestattet und bot einen Blick auf die Vasco da GamaBrücke. Parallel dazu verlief 300 Meter weiter westlich der sogenannte �Wasserweg� mit einem Kühle spendenden Kanal und einigen Brunnen, der an den wichtigsten Ausstellungsgebäuden vorbeiführte. Zwei Aussichtstürme überragten das Gelände. Während ein alter Raffinerieschornstein am Südportal an die ehemalige industrielle Nutzung des Areals erinnerte, wurde der am Nordende an der Uferpromenade des Tejo von Leonor Janeiro (Profabril) und Nick Jacobs (Skidmore, Owings and Merril) erbaute, 140 Meter hohe Vasco da Gama-Turm einem Schiffsmast nachempfunden.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1998 in Lissabon Würdevolle Formen

Jahr:

1998

1

Stadt: Lissabon Land:

Portugal

Dauer: 22. Mai - 30. September 1998

Copyright: Luiz Trigueiros und Claudio Sat: Architecture. Lisbon Expo'98. Lissabon, 1998, S.123

Der portugiesische Pavillon Der berühmteste lebende Architekt des Landes, Alvaro Siza, baute das Ausstellungsgebäude des Gastgeberlandes. Diese Aufgabe war besonders schwierig, da die Auftraggeber zunächst nicht wussten, welchen Funktionen das Gebäude während der Expo '98 und nachher dienen sollte. Also konzentrierte sich Siza zunächst ganz auf die Gestaltung der Fassaden. Der portugiesische Pavillon besteht aus zwei durch eine überdachte, zwei Meter breite Fuge deutlich voneinander getrennten Gebäudeteilen. Jede Seite des Pavillons wurde anders gestaltet, durch den umlaufenden Steinsockel und die blendend weiß verputzten Wände werden sie optisch zusammengehalten. Im Norden etwa öffnet er sich mit einem Uförmigen Hof hin zu Olivenbaumgärten, die durch übermannshohe Mauern voneinander getrennt sind ein Zitat der alten Olivenhaine, die dem Stadtviertel Olivais den Namen gaben. Zur Hafenseite hin gliedern monumentale Arkaden die Fassade, deren strenge Pfeilerreihung durch die unterschiedlichen Querschnitte der Stützen ein wenig gemildert wird. Das Hauptgebäude wurde mit einem Grundmodul von fünf mal siebeneinhalb Metern proportioniert, dessen Maße dem Stützenraster der Tiefgarage entlehnt sind. Die hohen Innenräume lagern sich um einen quadratischen Innenhof, ein traditionelles Motiv der portugiesischen Architektur. Hier wurden die Empfangsräume für die Ehrengäste und ein Restaurant untergebracht. Die Ausstellung gestaltete Edouardo Souto de Moura, der, da hier vor allem vor allem Filme und Multimedia-Shows gezeigt wurden, drei Black Boxes in die Räume Sizas stellte. Nach der Expo '98 und einem Umbau soll der portugiesische Pavillon von dem Ministerrat der Regierung genutzt werden. Der zweite Gebäudeteil ist der überdachte Festplatz, der auch für die Eröffnungszeremonie der Weltausstellung benutzt wurde. Zwei mächtige, fünfzehn Meter hohe Portiken tragen die nur 20 Zentimeter dünne Betondecke, die mit sie verstärkenden Kabeln aus rostfreiem Stahl an den Mauern aufgespannt wird. Wie ein mächtiges Segel spannt sich das Dach über den 65 mal 50 Meter großen Platz, leicht und frei von Beleuchtungsinstallationen oder Entwässerungsanlagen. Das Regenwasser sammelt sich wegen des leichten Gefälles auf der Seite des Hafenbeckens und fällt frei zur Erde. Siza gelang es mit den beiden Gebäudeteilen, den Anspruch der portugiesischen Demokratie auf würdevolle Repräsentation in klare aber nicht einschüchternde Architektur zu übersetzen. Auf dem Festplatz etwa wird der Besucher durch das immerhin um drei Meter sich zur Mitte absenkende Dach nicht erdrückt, da es nicht unmittelbar an den sie haltenden Mauern aufgehängt wurde. Das hier zwischen den Stahlkabeln einfallende Licht verleiht der ganzen Konstruktion eine schwebende Leichtigkeit.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 1998 in Lissabon Die Pavillons der Utopie und der Zukunft

Jahr:

1998

Stadt: Lissabon Land:

Portugal

Dauer: 22. Mai - 30. September 1998

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Copyright: Luiz Trigueiros und Claudio Sat: Architecture. Lisbon Expo'98. Lissabon, 1998, S.149

Die Pavillons Mit ihrem Pavillon der Utopie schufen der Architekt Regino Cruz und das Büro Skidmore, Owings and Merril eine Mehrzweckhalle für 16.500 Zuschauer, in der während der Expo Multimedia-Shows gezeigt wurden. Das ovale Gebäude, das - nach Auskunft der Architekten - sowohl einem umgedrehten Schiffsrumpf aus der Zeit Vasco da Gamas als auch dem Panzer einer Hufeisenkrabbe nachempfunden wurde, besteht aus der großen ovalen Halle 'Atlantico' und einem kleineren rechteckigen Nebengebäude 'Tejo'. Wie ein mit dem Kiel nach oben schwimmendes Boot ruht die gewölbte Dachkonstruktion der Halle auf gebogenen, knapp 120 Meter langen, laminierten Holzbindern, die ähnlich den Eisenbindern der Galerie des Machines bei der Weltausstellung 1889 in Paris über bewegliche Gelenke mit den Betonfundamenten verbunden sind. Darüber liegt eine aerodynamisch wirkende Haube aus silbrig glänzendem Zinkblech, das von außen eher an ein futuristisches Raumschiff erinnert. Die gewölbten Bögen der Holzkonstruktion im Inneren stellen hingegen den Bezug zum Schiffsbau her. In die Arena sind die Tribünen hufeisenförmig eingestellt worden. Die Multimedia-Show während der Expo beleuchtete mit extravaganten Methoden die kulturhistorische Dimension des Ausstellungsthemas. Zehn 'Bilder' versetzten die Zuschauer in die Geschichte der Entstehung der Ozeane und ihrer Mythen. Das Programm reichte vom Urknall, über die Entdeckungen der großen Seefahrer bis zu einer Reise nach Atlantis. Die sich treffend JUSTE POUR RIRE nennenden Organisatoren der Show boten weniger Belehrung als vielmehr ein großes Spektakel. Von den fünf großen Pavillons der Expo '98 war nur der Pavillon der Zukunft ein temporäres Gebäude, das nach der Ausstellung abgerissen werden sollte. Die Architekten Paula Santos, Rui Ramos und Miguel Guedes versuchten die drei Funktionsräume ihres Gebäudes mit semitransparenten Fassaden aus wellenförmig geschnittenen Polycarbonat in die Blockrandbebauung des Geländes zu integrieren. Der zylindrische Eingangsbereich wurde ganz mit Holz verkleidet. Breite Rampen führten von hier zum trapezoiden Auditorium, das die Besucher in die Ausstellung einführte. Von hier konnte die eigentliche Ausstellungshalle - eine schlichte Kistenarchitektur - über Galerien erreicht werden. Die Architekten arbeiteten mit starken Lichtkontrasten: Aus dem dunklen Auditorium ging es über die natürlich beleuchteten Galerien in eine tief dunkelblaue getönte Ausstellungsspirale, die mit Balkonen, Rampen und überwölbten Gängen erschlossen wurde. Das Thema des Pavillons war eine Reise durch die Zeit, die von der Entstehung der Erde und der Meere bis zu einem hoffnungsfrohen Ausblick in die Zukunft reichte. Insbesonders der Beitrag der Menschen und der anderen Lebewesen auf dem Planeten für die weitere Entwicklung der Meere wurde dabei herausgestellt. Wie auch in den anderen Themenpavillons wurde intensiv mit Klang-, Licht- und Bildinstallationen gearbeitet. Das von den Ausstellungsdesignern propagierte Ziel unterschied sich kaum von der Botschaft der ganzen Expo '98: "Wir wollen die Wahrnehmung und Haltung des durchschnittlichen Besuchers gegenüber den Ozeanen


verändern, indem wir zeigen, dass der Schutz der Meere eine gemeinschaftliche Aufgabe ist." Wie in den anderen Themenausstellungen wurden die Besucher mit auf eine "Reise" genommen, konnten als "Forscher und Entdecker" den Reichtum der Meere aufspüren und wurden auf ihre zukünftigen Aufgaben beim Umweltschutz der Ozeane vorbereitet. Einzig an den unterschiedlichen Architekturen und dem Design konnte der "durchschnittliche Besucher" überhaupt erkennen, ob er sich nun gerade im Pavillon der Utopie oder der Zukunft befand.

EXPOSEEUM - Das Weltausstellungsmuseum, Hannover, Expo Plaza 11 Geöffnet jeden Sonntag von 11 bis 16 Uhr


Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 2000 in Hannover Mensch - Natur - Technik

Jahr:

2000

1

Stadt: Hannover Land:

Deutschland

Dauer: 1. Juni - 31. Oktober 2000

Copyright:

Einleitung Die EXPO 2000 ist die erste Weltausstellung in der fast einhundertfünfzigjährigen Geschichte der Weltausstellungen, die in Deutschland stattfindet. Sie präsentiert gleich zwei Neuheiten. Diese Weltausstellung findet nicht nur in Hannover statt, sondern überall auf der Welt, wo Menschen Ideen für die Zukunft entwickeln und umsetzen: Das Konzept der Weltweiten Projekte bindet Modellvorhaben aus aller Welt in die Präsentation ein und trägt auf dese Weise die Weltausstellung in die Welt hinaus. Neu ist auch der eigene Beitrag der EXPO 2000, der Themenpark. Während bei den bisherigen Weltausstellungen der Schwerpunkt auf der Präsentation technischer Fortschritte lag, stehen bei der EXPO 2000 Lösungen für die Zukunft im Mittelpunkt: Lösungen für die aktuellen Probleme in Umwelt und Entwicklung. Unter ihrem Leitthema �Mensch-Natur-Technik - Eine neue Welt entsteht� zeigt die EXPO 2000 anschaulich, konkret und unterhaltsam, wie die großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts weltweit erfolgreich gemeistert werden können. Die EXPO 2000 findet vom 1. Juni bis zum 31. Oktober 2000 statt. Mehr als 180 Nationen haben ihre Teilnahme zugesagt. Die Veranstalter rechnen mit 40 Millionen Einzelbesuchen. Während der Weltausstellung werden täglich 30.000 Menschen im Einsatz sein. Zum Gelände gehören das 100 Hektar große Messegelände und 60 Hektar neu erschlossener Fläche. Das Herzstück des Ausstellungsgeländes ist die EXPO Plaza.

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Die Geschichte der Weltausstellungen Die Weltausstellung 2000 in Hannover Chronologie

Jahr:

2000

1

Stadt: Hannover Land:

Deutschland

Dauer: 1. Juni - 31. Oktober 2000

Copyright:

Geschichte 1987: Am 28. Mai wird die Idee der späteren EXPO 2000 geboren. 1988: Am 14. Dezember präsentiert sich die Bundesrepublik Deutschland auf der 104. Generalversammlung des Bureau International des Expositions (B.I.E.) in Paris mit einer Einladungsbroschüre; die Bundesregierung bewirbt sich offiziell um die Ausrichtung einer Universalen Weltausstellung in Hannover für 1999 oder 2000. 1989: Auf der 106. Generalversammlung des B.I.E. in Paris wird am 13. Dezember die Bewerbung für die EXPO2000 in Hannover vorgestellt. 1990: Am 14. Juni erhält die Bundesrepublik Deutschland durch die 107. Generalversammlung des B.I.E. den Zuschlag für die Ausrichtung einer Weltausstellung in Hannover im Jahr 2000. 1991: Der Rat der Stadt Hannover beschließt den Standort der Weltausstellung: Als Planungsgebiet für das Hauptgelände werden das Messegelände und der Kronsberg festgelegt. 1992: Das Architektenbüro Arnaboldi/Cavadini aus Locarno gewinnt den internationalen Ideenwettbewerb zur Gestaltung des Expo-Geländes (Masterplan). Die erste Gesamtkonzeption der EXPO 2000 in Hannover wird erarbeitet. Am 12. Juni wird das Ergebnis einer vom Rat der Stadt Hannover beschlossenen Bürgerbefragung zur EXPO bekannt gegeben: 51,5 Prozent der Befragten hatten ihr zugestimmt. Zum Ende der Weltausstellung in Sevilla findet am 2. Oktober eine symbolische Übergabe-Aktion der EXPO 92 an die EXPO 2000 Hannover statt. 1994: In Bonn wird am 5. Mai die Gesellschaft zur Vorbereitung und Durchführung der Weltausstellung EXPO 2000 in Hannover, kurz: EXPO 2000 Hannover GmbH, gegründet. Der Aufsichtsrat der EXPO 2000 Hannover GmbH konstituiert sich unter Vorsitz von Helmut Werner am 8. Juli in Hannover. Am 8. August nimmt die EXPO 2000Hannover GmbH ihre Tätigkeit mit fünf Mitarbeitern auf. Die Bundesregierung beruft am 15. September Birgit Breuel zur Generalkommissarin der EXPO 2000. Durch Beschluss der 116. Generalversammlung des B.I.E. wird in Paris die erste Weltausstellung in Deutschland am 7. Dezember offiziell registriert. 1995: Mit dem Ideenwettbewerb "Stadt und Region als Exponat" startet am 30. Oktober die Auswahl der Weltweiten Projekte der EXPO 2000. Am 22. Dezember beschließt der Aufsichtsrat das Konzept für den Themenpark. 1996: Am 22. April beginnen die Bauarbeiten zur Erschließung des Geländes am Kronsberg.


1997: Die Geschäftsführung wird neu geordnet. Expo-Generalkommissarin Birgit Breuel wird zusätzlich Geschäftsführerin der EXPO 2000 Hannover GmbH und Sepp Heckmann tritt als Vorstandsmitglied der Deutschen Messe AG in das Management der EXPO ein. Bereits seit dem 10. August 1996 ist Dr. Reinhard Volk Mitglied der Geschäftsführung. Mit einem dreitägigen Fest wird Anfang September der Countdown "Noch 1000 Tage bis zur EXPO" eingeläutet - rund um den Maschsee in Hannover feiern eine halbe Million Besucher. Am 17. November erfolgt der erste Spatenstich für einen internationalen Pavillon der EXPO 2000: den Pavillon der Niederlande. 1998: Die ersten offiziellen Teilnahmeverträge der EXPO 2000 werden am 2. April geschlossen: Mit Äthiopien, Jordanien, Kanada, Usbekistan, dem Heiligen Stuhl und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Am 1. Juni beginnt weltweit der Kartenvorverkauf für die EXPO 2000. Auf der Weltausstellung in Lissabon wird im Deutschen Pavillon � einem der meistbesuchten auf der Ausstellung - die EXPO 2000 präsentiert. Am 30. September, dem Schlusstag der Expo 98, wird Birgit Breuel die Expo-Fahne übergeben. Am 28. Oktober findet in Hannover der erste Spatenstich für den Deutschen Pavillon auf der EXPO 2000 statt.

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